DER HUNGER IST WEIBLICH Liebe Leserin, lieber Leser
Nr. 1 | 2012
Joseph Deiss: «Zentrale Rolle der Frauen» Erfolgreich gegen Armut sind Länder, die auf Gleichstellung setzen, sagt der Ex-Bundesrat. Seite 2 Klimawandel oder bloss Wetterkapriolen? Dürre in Kenia, Taifun auf den Philippinen – ist die Häufung von Naturkatastrophen bloss Zufall? Seite 7 Neue Publikationen Ob erster Einblick in unsere Arbeit oder Vertiefung zur Kampagne – unsere neuen Publikationen. Seite 8
«Mehr Gleichberechtigung heisst weniger Hunger» – mit dieser Feststellung regt unsere ökumenische Kampagne zum Nachdenken an. Nach den teils ausschweifenden Fasnachtstagen folgt die Zeit der persönlichen Einkehr. Fastenzeit als Pause von der Alltagshektik – Ein solches Timeout ist gerade in der heutigen Zeit wieder angebracht: Einmal im Jahreszyklus lohnt es sich, inne zu halten und nach den eigentlichen Grundlagen unseres Lebens zu fragen. Angesichts weltweiter Krisen und Unsicherheiten ist nicht nur unsere Solidarität sondern auch unser kritischer Geist gefragt. Wir Menschen sind in unantastbarer Würde als Frau und Mann erschaffen. Viele Menschen leben allerdings unter menschenunwürdigen Bedingungen. Armut und Hunger sind mehrheitlich weiblich. Dagegen wollen wir mit Ihnen etwas tun, denn wo Menschen leiden, leidet Christus! Es braucht unseren unermüdlichen Einsatz, unser kritisches Hinhören und Mitdenken. Gute Beispiele gibt es viele, wie die Geschichten der sechs Frauen. Wir laden Sie ein, einer von ihnen Ihre Stimme zu geben. Fastenopfer, Brot für alle und Partner sein möchten mit Ihnen bewusst ein Zeichen der Hoffnung setzen. Danke dass Sie die Arbeit des Fastenopfers kräftig mittragen!
Antonio Hautle, Direktor Fastenopfer
3 Fragen
GERECHT UND NACHHALTIG 70 Prozent der weltweit Hungernden sind Frauen. Die ökumenische Kampagne rückt die Gleichberechtigung in den Fokus und zeigt Ursachen sowie Lösungsansätze auf. Dabei spielen Sie eine entscheidende Rolle.
«Wir Frauen dürfen kein Land be-
Joseph Deiss, ehemaliger Bundesrat
Welcher der sechs Frauen von «A Voice in Rio» geben Sie Ihre Stimme und weshalb? Ich möchte meine Stimme allen sechs Frauen geben. Alle versuchen mit ihrem persönlichen Engagement selbständige Lösungen zu fördern und verdienen deshalb Unterstützung. 70 Prozent der weltweit Hungernden sind Frauen. Was sagen Sie dazu? Hunger ist in jeder Hinsicht der grösste Skandal unserer Zeit, für jede und jeden, welchen es trifft. Umso mehr als es eigentlich genügend Nahrung für alle Menschen gäbe. Letztes Jahr präsidierten Sie die Uno-Generalversammlung. Welche Vorteile hinsichtlich globaler Geschlechtergerechtigkeit erhoffen Sie sich aufgrund der Bündelung innerhalb der Uno in der Fachstelle «UN Women»? Das Gipfeltreffen im Jahre 2010 zu den Millenniums-Entwicklungszielen hat eindeutig gezeigt, dass jene Länder, welche im Bereich der Gleichberechtigung der Frauen am meisten Fortschritte gemacht haben, auch jene sind, welche bei der Bekämpfung von Armut und Hunger am erfolgreichsten sind. Die zentrale Rolle der Frauen ist damit bewiesen und es war für mich eine grosse Motivation, bei der Gründung von «UN Women» mit dabei zu sein. Aufgezeichnet: Patricio Frei
sitzen. Vom Dorfältesten bekommen wir nur Ödland zugeteilt. Wir düngen es und machen es fruchtbar. Aber sobald das Land genug Ertrag abwirft, teilt es der Dorfälteste einem männlichen Clanmitglied zu. Dann fangen wir Frauen wieder von vorne an. Haoua Ouédraogo, Mutter und Animatorin bei UGRF, Burkina Faso
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Limitierter Zugang zu Land und Wasser, zu landwirtschaftlichem Wissen und modernen Technologien gehört zu den Ursachen, weshalb 70 Prozent der Hungernden Frauen sind. Hätten diese Frauen den gleichen Zugang zu den Produktionsmitteln wie die Männer, könnten sie den Ernteertrag ihrer Felder um 20 bis 30 Prozent steigern. Damit liesse sich der Anteil Hungernder weltweit um über 100 Millionen Menschen reduzieren, gemäss der Welternährungsorganisation FAO. Zudem werden die meist von Frauen unentgeltlich geleisteten Arbeiten, sogenannte Sorge- und Versorgungsarbeiten (Care-Ökonomie), die für die Erhaltung der Gesellschaft und
der Umwelt überlebenswichtig sind, kaum wahrgenommen und nur wenig wertgeschätzt. Ein Umdenken ist nötig. Es braucht Wirtschaftsmodelle, die auf eine Verlagerung vom ressourcenintensiven Materialismus hin zu einem ökonomisch, ökologisch und vor allem sozial nachhaltigen Lebensstil, der sich am Wohl aller Menschen orientiert, abzielen. Fastenopfer und Brot für alle wollen zwischen Frau und Mann eine ge-
rechte Verteilung von Ressourcen, Verantwortung und Macht. Im Zentrum der ökumenischen Kampagne stehen sechs Frauen, die sich mit ihren Projekten für Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit einsetzen (siehe InfoPlus). Eines dieser Projekte werden wir im Rahmen der UnoNachhaltigkeitskonferenz Rio+20 (siehe Kasten) im Juni einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Machen auch Sie mit: Geben Sie einem Projekt Ihre Stimme – entweder in der Agenda, an einem Suppentag oder auf dem Internet. www.rechtaufnahrung.ch Romana Büchel, Gender
Die Hand eines Manns und einer Frau teilen Brot: Kampagnensujet 2012.
RIO+20: WORUM ES GEHT Vor 20 Jahren fand in Rio de Janeiro die als Erdgipfel bekannte Uno-Konferenz zur Nachhaltigkeit statt. «Nachhaltige Entwicklung» wurde damals deiniert als eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der aktuellen Generation entspricht, ohne diejenigen künftiger Generationen zu gefährden. Die Staatengemeinschaft einigte sich auf drei Dimensionen für eine nachhaltige Entwicklung: Ökologie, Ökonomie, Soziales.
Dennoch verfolgten viele Staaten seither eine einseitig auf ökonomisches Wachstum ausgerichtete Entwicklung, die neue Ungleichgewichte zwischen Armen und Reichen förderte und die Umwelt über Gebühr strapazierte. Viele der damaligen Ziele wurden nicht erreicht. Die globalen Herausforderungen aber sind – angesichts der Auswirkungen von Klimawandel, Ernährungs- und Finanzkrise – gewachsen.
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Bei Rio+20, dem Nachfolgetreffen diesen Juni, sind die Staatschefs erneut gefordert: Sie müssen Weichen stellen, um allen Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen, wie es in den Menschenrechten verankert ist. Und sie müssen dafür sorgen, dass die Erde auch künftigen Generationen genügend Nahrung, saubere Luft und frisches Wasser zur Verfügung stellen kann. Markus Brun, Bereichsleiter Entwicklungspolitik
BLOSS WETTERKAPRIOLEN? Dürre in Kenia, Taifun auf den Philippinen – ist die Häufung von Naturkatastrophen bloss Zufall oder ein Zeichen für den Klimawandel?
Einzelne Ereignisse sind keine Zeichen für den Klimawandel, auch wenn sie grossen Schaden anrichten. Deshalb lautet die Antwort kurz und bündig: Nein. Allerdings mit einem Aber: Die Häuigkeit, mit welcher solche Ereignisse auftreten, und ihre Stärke deuten eher auf eine Änderung des Klimas hin. So steht die Trockenheit in Ostafrika in einer Reihe von Dürren und ist die stärkste seit 60 Jahren. Und die Philippinen wurden nicht zum ersten Mal von einem verheerenden Taifun heimgesucht. In Kenia als auch auf den Philippinen unterstützt Fastenopfer die lokale Bevölkerung im Kampf gegen Armut und Hunger. So führen wir Trainings zum Klimawandel durch. Dabei lernen die Mitarbeitenden der Partnerorganisationen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Lebensgrundlagen der Bevölkerung haben könnte und die Projektaktivitäten besser darauf abzustützen. Meistens verursacht der Klimawandel nicht grundlegend neue Proble-
Die Zahl:
100 000 000 Ausgehend von den Geburtsstatistiken müssten heute 100 Millionen Frauen mehr leben. Doch Mädchen werden aufgrund ihres Geschlechts tagtäglich vernachlässigt. Sie werden kürzer gestillt, seltener geimpft, erhalten weniger zu essen und müssen härter arbeiten. Jährlich sterben 1,5 Millionen Kinder, weil sie Mädchen sind. Und 450 Millionen Frauen sind durch Mangelernährung im körperlichen Wachstum zurückgeblieben. (Quelle: Unesco Education Server 2011)
me. Sondern er verschärft bestehende Schwierigkeiten, gerade bei einer nicht nachhaltigen Bewirtschaftung. Frauen sind von den Folgen oft stärker betroffen: durch ihren eingeschränkten Zugang zu Bildung und Informationen (z. B. Frühwarnsystemen), durch biologische Faktoren (z. B. eine erhöhte Anfälligkeit für Malaria während der Schwanger-
schaft). Darum schult Fastenopfer Projektmitarbeitende, die unterschiedlichen Lebensgrundlagen und Folgen des Klimawandels für Männer und Frauen in der Projektarbeit zu berücksichtigen. Damit trotz Klimawandel ein Leben in Würde möglich wird. Evelyn Kamber, Klimafonds Helfen Sie den Menschen, die vom Klimawandel betroffen sind: PK 30-763778-3.
Klimaopfer auf den Philippinen: Rene Calmarez in den Trümmern ihres Hauses in Cambatong.
ERSTE BILANZ DER NOTHILFE Was die Fastenopfer-Nothilfe für die Philippinen und Kenia bewirkt.
900 Häuser zerstörte Taifun Washi in der Region des Projektpartners Cerd. Auch Sparcdev und Masipag waren betroffen. Algenfarmen wurden kurz vor der Ernte weggespült und Felder mit Schlamm zugedeckt. Fastenopfer versorgte 5000 Personen mit Lebensmitteln und hilft nun mit Material beim Wiederaufbau. In Kenia erhielten 5000 Kinder während drei Monaten an der Schule täglich eine Mahlzeit und Bauernfamilien dringend benötigtes Saatgut. Wie dramatisch die Situation ist,
Südsicht
zeigt das Beispiel einer Frau aus St. Anthony: «Ich bin dankbar für die Bohnensamen. Aber wie sollte ich alles anbauen, wenn wir zwei Tage hintereinander ohne Mahlzeit waren? Also habe ich für meine Kinder ein Kilo der Saat gekocht. So habe ich ihnen das Leben gerettet. Das andere Kilo habe ich geplanzt. Nun hoffen wir, dass es bald zu regnen anfängt.» 100 000 Franken für die Philippinen, 120 000 Franken für Kenia – bei der Nothilfe ist Fastenopfer auf grosszügige Spenden angewiesen. Spenden Sie: PK 60-19191-7.
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Frauen in Entwicklungsländern tragen doppelte Verantwortung. Sie sorgen für das Wohlergehen der Familie und sind für die Sicherung der Ernährung zuständig. Frauen als eigentliche Ernährerinnen ihrer Familien haben Schwierigkeiten, Zugang zu Land zu erhalten. Dies ist jedoch Voraussetzung für die Produktion von Nahrung. Den Frauen wird der Besitz von Land verwehrt. Die Arbeit im Distrikt Kajiado hat mir gezeigt, dass Frauen nur dann über Land verfügen können, wenn sie verheiratet sind oder ältere Söhne haben, die sich in einem Farmregister eingetragen haben. In der Knappheitszeit führen die fehlenden Lebensmittel in manchen Haushalten zu Konlikten. Die Gewalt gegen Frauen hat seit Beginn der Dürre zugenommen. Viele Frauen haben deshalb ihren Mann verlassen. Für mich als Kenianerin bleibt der Bezug zwischen Nahrung und Geschlechtergleichstellung zentral. Ich erinnere mich an die Aussage einer Frau in Kitui: «Wenn Frauen Zugang zu Informationen über Niederschlagsmengen, Saatgut und Technologie hätten, gäbe es weniger Hunger.» So haben in der Gemeinde St. Anthony einige Frauen rechtzeitig die richtigen Samen gesetzt und gewusst, wann es regnen wird. So konnten sie trotz der anhaltenden Dürre etwas Getreide ernten. Dies zeigt: Frauen können viel erreichen, wenn sie einen besseren Zugang zu Ressourcen haben. Stellamaris Mulaeh, Koordinatorin des Fastenopfers in Kenia
Blickfang
17. März ist Rosentag
Agenda
160 000 Rosen machen den Samstag, 17. März zum Rosentag. Über 5000 Freiwillige an 700 Verkaufsorten werden sie zu Gunsten benachteiligter Menschen in Entwicklungsländern für fünf Franken verkaufen. Die Max-Havelaar-zertiizierten Rosen sind ein Geschenk der Migros. Machen Sie sich und anderen eine Freude und kaufen Sie eine Rose – oder gleich einen ganzen Strauss … rechtaufnahrung.ch/rosen
17. März, ganze Schweiz: Rosenaktion: Verkauf von 160 000 Rosen für das Recht auf Nahrung.
Einblick zu Gender Die Lebenswelten von Männern und Frauen sind noch immer von ungerechten Strukturen geprägt. Der aktuelle EinBlick plädiert für mehr Gleichberechtigung, mit fundierten Artikeln und Fallbeispielen. Er schafft den Bezug zur Green Economy und zum Weltgipfel in Rio. Wer Vertiefung zum Thema der ökumenischen Kampagne sucht, wird hier fündig. fastenopfer.ch/einblick Bestellen (Fr. 5.–): 041 227 59 59 EinBlick
Gendergerechtigkeit als Strategie gegen Hunger, Armut und Klimakrise
«So stärkt Fastenopfer Menschen» heisst die neue Broschüre des Fastenopfers. Sie vermittelt einen ersten Einblick in die vielfältige Arbeit des Hilfswerks. Das Beispiel der Kleinbäuerin Hélène Ravao aus Madagaskar zeigt auf, wie Fastenopfer Menschen ein Leben in Würde ermöglicht. Erklärt wird auch, weshalb sich Fastenopfer nicht allein auf die Projektarbeit konzentriert. Bestellen unter 041 227 59 59 oder mail@fastenopfer.ch
25. Mai, Luzern: Missionstagung Nah und anders: Christinnen und Christen aus Afrika, Asien und Lateinamerika mitten unter uns (Romerohaus, 9–17 Uhr). missionskonferenz.ch, 041 227 59 62
Impressum
Madagaskar: 50 Jahre Zusammenarbeit
KONZERNE AN DIE LEINE Ob Spaziergang am WEF in Davos mit imaginären Hunden an der Leine oder der Videospot mit Lorenz Kaiser – die Kampagne «Recht ohne Grenzen» von Fastenopfer und 50 weiteren Organisationen entwickelt sich zum echten Hingucker. Mittlerweile haben mehr als 35 000 Personen die Petition unterschrieben. Doch das reicht noch nicht.
24. bis 31. März, Fribourg: Internationales Filmfestival, u. a. mit Preis der Ökumenischen Jury. iff.ch, 026 347 42 00
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Auf gleicher Augenhöhe
NICHT NUR PROJEKTE
20. März, Bern: Fachtagung «Klare Regeln für Schweizer Konzerne. Weltweit» (Hotel Bern, 9.15 bis 15.45 Uhr). rechtohnegrenzen.ch, 031 390 93 36
Fordern auch Sie den Bundesrat auf, verbindliche Regeln für multinationale Unternehmen mit Sitz in der Schweiz einzuführen. Denn skrupellose Konzerne erzielen nicht selten ihre Gewinne auf Kosten der Menschen und der Umwelt in Entwicklungsländern. Verlangen Sie Gerechtigkeit: www.fastenopfer.ch/rog
Gion Cabalzar, Ethnologe und Schweiz–Madagaskar seit mehr als Die Geschichte einer Zusammenarbeit zehn Jahren Koordinator für das Fastenopferprogramm in Madagaskar, hat die Geschichte von 50 Jahren DEZA in Madagaskar zusammengefasst. Die sorgfältig gestaltete Publikation zeigt an konkreten Beispielen die Entwicklungszusammenarbeit der letzten 50 Jahre im politischen Kontext und zieht Bilanz. Lesenswert für alle, die sich für das faszinierende Land und die Entwicklungszusammenarbeit im Allgemeinen interessieren. fastenopfer.ch/madagaskar50
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Alpenquai 4, Postfach 2856 6002 Luzern Telefon +41 41 227 59 59 Telefax +41 41 227 59 10 info@fastenopfer.ch www.fastenopfer.ch PK 60-19191-7 Herausgeber Fastenopfer Das INFO erscheint vier Mal jährlich. Die Post gewährt uns den günstigen Zeitungstarif. Einmal pro Jahr werden dafür Fr. 3.– vom Spendenertrag als Abonnementsbetrag abgezogen. Redaktion Patricio Frei-Gisi Fotos Jean-Claude Gadmer (S. 1, 3, 5), Priska Ketterer (S. 2 kleines Porträt, S. 7 grosses Porträt), Danilo Ramos (S. 3, 4), Bob Timonera (S. 3, 6, 7), Davide Caenaro (S. 8) Cartoon Daria Lepori Konzept graikcontainer Luzern Layout/Druck Zoinger Tagblatt AG, Medien- und Printunternehmen, www.ztonline.ch Druck auf zertiiziertem Papier. Dieses Papier stammt aus ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltig bewirtschafteten Wäldern.
A voice in Rio Sechs Frauen stehen im Zentrum der ökumenischen Kampagne 2012. Ihre Projekte stehen für einen besonders sorgfältigen Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen. Geben Sie einer dieser Frauen Ihre Stimme. So entscheiden Sie mit, welches dieser Projekte am Erdgipfel Rio+20 einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wird.
Das Gewächshaus aus Holz und Plastikplane ist der grösste Stolz von Lisete Aleixo.
«JeDe eRnTe ein GeScHenK» Im Einklang mit der Natur bewirtschaften Lisete Aleixo und ihr Mann ein kleines Stück Land im brasilianischen Regenwald. Wenn bloss die Furcht vor den Holzfällern nicht wäre.
Haben gelernt, für ihre Rechte zu kämpfen: Aleixo und ihr Mann Valdevino.
Lisete Aleixo lebt mit der natur, genau wie ihre eltern und Grosseltern. Sie erkennt am Gesang der vögel, ob ein Regenschauer naht, und kann mehr als 100 Planzen unterscheiden. Stolz zeigt die 55-Jährige auf ein Feld mit frisch angeplanzten Maniok-Stecklingen: «Jeden Baum und jeden Strauch, den wir dem Regenwald nehmen, planzen wir nach.» Als sie ihren Mann kennenlernte, war sie 14 Jahre alt. Mit 15 bekam sie ihr erstes Kind, sieben weitere folgten. Gleich hinter ihrem Haus in Santa Maria im Bundesstaat Pará liegt das kleine Stück Land der Familie. Dort baut Aleixo nach biologischen Kriterien Ananas, Maracuja und cashewnüsse an. ihr grösster Stolz ist ein Gewächshaus aus Holz und Plastikplanen, wo Zwiebeln, Bohnen und Salat wachsen. Das feucht-tropische Klima lässt die Planzen üppig gedeihen. «Jede ernte ist für mich ein Geschenk», erzählt sie. Die Produkte verkauft sie über eine Kooperative. Dies garantiert ihr ein kleines einkommen. Gelernt hat Aleixo den ökologischen Anbau in Kursen von Fase. Die Partnerorganisation des Fastenopfers vernetzt Landarbeiterinnen miteinander, ermöglicht erfahrungsaustausch und fördert Kooperativen. Sie organisiert Schulungen über
Biolandbau, Wiederaufforstung und Bienenzucht. neben seiner quirligen ehefrau Lisete wirkt João valdevino wie der Ruhepol in der Familie. nach anfänglicher Skepsis hat er sich von der Begeisterung seiner Frau anstecken lassen und mehrere Kurse von Fase besucht. nun ist valdevino überzeugter imker. Zehn Liter kräftigen Honig gewinnt er aus jedem Bienenstock. vor zwei Jahren sind vier seiner 17 Stöcke verhungert, weil in der nähe illegal eine riesige Waldläche abgeholzt worden war. Das Dröhnen der Motorsägen lässt Aleixo und ihren Mann noch heute nachts aus dem Schlaf hochschrecken. Allgegenwärtig ist die Angst, vom eigenen Land vertrieben zu werden. Die Gier der Holzfäller respektiert keine eigentumsrechte. Der Bundesstaat Pará gilt als epizentrum der illegalen Waldrodung. in fünf Jahren wurden 100 Aktivisten der Landrechtsbewegung ermordet und 35 000 Familien vertrieben. eine ofizielle Registrierung von Landrechten fehlt. Auch valdevino hat keinen Landtitel, obwohl bereits seine Grosseltern die Parzelle gekauft hatten. «ich werde für mein Recht kämpfen», sagt der 57-Jährige: «Meine Frau hat mir gezeigt, wie wichtig das ist.» Susann Kreutzmann und Danilo Ramos (Fotos) Unterstützen Sie das Projekt Fase mit Ihrer Spende: PK 60-19191-7, Vermerk Fase
«Noch mehr als der theoretische Teil hat mich die Austauschreise motiviert»; Die Frauen aus Sessène kehren von der Feldarbeit zurück.
FAST Keinen HUnGeR MeHR Es ist Hoffnung, die Coumba Sall bietet, wenn sie den Frauen ihres senegalesischen Dorfes ihr Wissen weitergibt. Dabei hat sie selber einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen müssen.
coumba Sall ist Mutter von neun Kindern. Sie lebt mit ihrem Mann, drei ihrer Kinder und sechs enkelkindern in der Region Sessène, in der nähe von Thiès. Seit ihr Mann wegen eines Unfalls arbeitsunfähig ist, muss sie allein für die Familie sorgen. eine enorme Herausforderung. «im Dorf haben sie mir geraten, beim Projekt von Agrecol mitzumachen», erklärt Sall: «Weil mir die Landwirtschaft am Herzen liegt, haben mich die biologischen Methoden interessiert, auf welche die organisation den Schwerpunkt setzt.» Sall bildete sich bei Agrecol, einer Partnerorganisation von Fastenopfer, in Biolandbau und Gelügelzucht aus: «Am Workshop von Agrecol habe ich während zwei Tagen die neuen Anbaumethoden kennengelernt. Aber noch mehr als der theoretische Teil hat mich die anschliessende Austauschreise motiviert, damit anzufangen.» Die Animatoren haben mit den Teilnehmenden des Workshops Dörfer besucht, in denen die biologischen Methoden bereits angewandt werden. «Wir konnten uns mit anderen Bäuerinnen und Bauern ausführlich austauschen und diskutieren. Das waren einfache Menschen wie ich und die haben mit diesen Methoden interessante Resultate erzielt.»
Das erworbene Wissen hat coumba Sall ermöglicht, einen Gemüsegarten, ein Feld mit Bohnen und einen Hühnerstall zu errichten. Durch grossen Willen und harte Arbeit konnte sie ihre Lebensbedingungen verbessern. «Heute haben wir fast keine Hungerzeiten mehr», freut sich Sall. «Die Kinder sind besser ernährt und ich habe genug Geld, um sie zur Schule zu schicken», freut sie sich. coumba Sall engagiert sich für die Dorfgemeinschaft und gibt ihr Wissen an die anderen Frauen weiter. Das hat den Zusammenhalt gestärkt. Gemeinsam haben die Frauen des Dorfes Strategien entwickelt, um den Hunger zu überwinden und Schulden zu vermeiden. «Wir haben auch eine Solidaritätskasse aufgebaut», erzählt Sall: «Und ich ermuntere die anderen Frauen, ihre Produkte lokal und zu einem fairen Preis zu verkaufen. Aber auch einfache Gerichte mit selbst produzierten nahrungsmitteln zuzubereiten. Die Frauen hören mir zu und respektieren mich.» Hélène Bourban und Jean-claude Gadmer (Fotos) Unterstützen Sie das Projekt Agrecol mit Ihrer Spende: PK 60-19191-7, Vermerk Agrecol
Jetzt reicht das Geld auch für die Schule: Coumba Sall mit einem ihrer Kinder.
Gemeinsam die Lebensgrundlage für kommende Generationen sichern: Fidelina Bagusan (rote Mütze) hilft Mangroven aufzuforsten.
Während ihr Mann zum Fischen fährt, führt Fidelina Bagusan-Yana einen kleinen Laden und betreibt Biolandbau. Dank ihres Engagements und der Hilfe von Cerd, einer Partnerorganisation von Fastenopfer auf den Philippinen, ist die Hinatuan-Bucht wieder ischreich. Denn die Menschen tragen zu ihrem Schutz bei.
«Gott hat die Hinatuan-Bucht gesegnet mit Fischen und Meeresfrüchten», sagt Fidelina Bagusan: «Hier gibt es genug zu essen – vorausgesetzt, man trägt Sorge zur natur.» Seit 21 Jahren ist sie mit ihrem Mann Tranquilino verheiratet. Die beiden haben eine erwachsene Tochter. Bereits als Kind hatte Fidelina Bagusan viel von ihrer Mutter über Landwirtschaft gelernt. noch heute mit 64 Jahren arbeitet sie auf dem nahen Feld. Und im Garten hinter dem Haus gedeihen Kaffee, Mais, Süsskartoffeln und Gemüse. Bagusan setzt auf Biolandbau: «in meinem Garten wende ich das an, was ich bei cerd gelernt habe. Mein Wissen gebe ich den anderen Frauen weiter: statt chemischer nur natürlicher Dünger.» Kaum ist ihr Mann Tranquilino vom Fischen zurück, hilft er ihr im Haushalt. er kümmert sich um die Hühner und Schweine sowie um den kleinen Laden, während sie den gefangenen Fisch bei den nachbarn verkauft. Das war nicht immer so. Der einsatz von Dynamit, cyanid und zu engmaschigen Fangnetzen hatte die natur aus dem Gleichgewicht gebracht. Fidelina Bagusan erklärt
voller Stolz: «Tranquilino und ich setzen uns mit Leib und Seele für den Schutz der Hinatuan-Bucht ein. Wir haben die anderen überzeugt, die natur nicht auszubeuten, damit auch kommende Generationen noch vom Fischfang leben können.» Heute trägt das Dorf dazu bei, dass die HinatuanBucht weiterhin eine Lebensgrundlage für alle bietet. Mit der Unterstützung von cerd haben die Dorfbewohnerinnen und -bewohner eine ganze Reihe von Massnahmen zum Schutz des Meeres auf die Beine gestellt. Sie haben den Mangrovenwald wiederaufgeforstet, der nicht nur die Küste vor den Taifunen schützt, sondern auch für viele Fische als Zuluchtsort und bei der Fortplanzung eine wichtige Rolle spielt. Ausserdem hat die Gemeinde entschieden, Meeresschutzzone und Schonzeiten einzuführen. Wer gegen diese erlasse verstösst, wird bestraft. Die Zusammenarbeit endet nicht hier. Sie ist auch innerhalb jeder Familie zur Regel geworden. Männer und Frauen diskutieren gemeinsam das Haushaltsbudget und teilen sich die Aufgaben auf. So gelingt es ihnen, ein würdiges Leben zu führen – auch mit einem bescheidenen einkommen. «Wenn jeder mithilft, wenn Mann und Frau sich gegenseitig unterstützen, ist der Hunger kein Problem mehr», schliesst Fidelina Bagusan. Bob Timonera Unterstützen Sie das Projekt Cerd mit Ihrer Spende: PK 60-19191-7, Vermerk Cerd
Sechs Frauen – Ihre Stimme Bei A Voice in Rio buhlen sechs Frauen um ihre Stimme: nebst Lisete Aleixo, Coumba Sall und Fidelina Bagusan-Yana gehören dazu: • Rocio Bedoya, Unternehmerin, Kolumbien: «eines Tages wollte ich das elend von uns vertriebenen nicht mehr hinnehmen und habe mich mit anderen Frauen zusammengetan.» • Natalie Tamo, Agraringenieurin, Kamerun: «im direkten Kontakt zu Bäuerinnen und Bauern versuche ich, ihre ernährungssituation zu verbessern. etwa indem sie biologische Düngemittel aus viehdung herstellen.» • Salamatou Gezéré, Gewerkschafterin, Benin: «ich unterrichte Frauen in Haushaltsführung, Bioanbau und im Umgang mit Konlikten. vielen bin ich ein vorbild, weil sie sehen, dass man als einfache Landfrau etwas erreichen kann.» Welches dieser Projekte wir zur Uno-Konferenz Rio+20 vom 20. bis 22. Juni einladen, können Sie mitbestimmen: www.rechtaufnahrung.ch oder www.facebook.com/voiceinrio oder schicken Sie eine Postkarte mit dem namen der Frau, der Sie ihre Stimme geben, an folgende Adresse (bis 2. April):
Alpenquai 4, Postfach 2856, 6002 Luzern Telefon 041 227 59 59, Fax 041 227 59 10 mail@fastenopfer.ch www.fastenopfer.ch Postkonto 60-19191-7
März 2012
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