Beppo der Bonsai Es war trübe und kühl. Neblige Wolken zogen durch die Lichtung und ein kleiner Sonnenstrahl hatte es sich zur Aufgabe gemacht, einen Weckdienst zu erfüllen. "Uaaah", gähnte Beppo. Er streckte die Äste nach links, rechts, oben und unten. Jede kleine Ästelung knisterte. Beppo war schnell fertig, denn Beppo war klein. Während seine großen
Brüder
großen
Lärm
noch
lange
beim
einen
Aufwachen
verursachten, blinzelte Beppo vergnügt in die Sonne.
Beppo war ein Bonsai. Ein winziger Baum,
aber
ausgestattet.
mit
allem
Er hatte
Laub,
nötigen Äste,
Rinde, abgebrochene Äste, Narben und alles, was so ein richtiger Baum eben brauchte. Beppo war noch jung - für einen Bonsai. Er hatte knapp 20 Jahresringe. War aber nur einen halben Meter groß.
Sein Stammdurchmesser betrug einen Zentimeter, so dünn wie der kleine Finger eines erwachsenen Menschen.
Aber Beppo hatte kein Problem damit, da er so klein war. Er konnte alles besser beobachten und Beppo hatte viele Freunde, die er seit Jahren bestens kannte. Die großen Bäume hatten gar keine Chance, jemanden kennenzulernen,
außer
anderer
Bäume. Denn sie waren viel zu hoch. Nur in ihrer Jugend, als sie gewachsen waren, kannten Sie die ganzen Tiere des Waldes. Jetzt aber, als sie im Alter von 50,100 oder 200 Jahren die Riesen des Waldes waren, konnte niemand mehr mit ihnen sprechen. Außer eben andere große Bäume.
Beppo war glücklich. Ein Menschenkind hatte ihn eines Tages, es muß 5 Jahre hergewesen eingebuddelt.
sein,
im
Wald
Die Mama hatte geschimpft, denn Beppo hatte keinen guten Platz im Zimmer von Markus gehabt. Wenig Licht fiel auf ihn und Markus vergaß oft, ihn zu gießen. Wie Kinder eben sind, gab es immer etwas Wichtigeres zu tun.
Und
Beppo
konnte
ja
nicht
schreien. Also bemerkte Markus nicht, daß Beppo am verdursten war. In seiner Verzweiflung warf Beppo Blätter auf den Boden. Er hoffte, das würde Markus merken. Aber nur die Mama erkannte Beppos Not.
Und so erkundigte sie sich beim Förster und als der ihr erklärte, dass Beppo ein deutscher
Bonsai
sei,
der
das
heimische Klima kenne, entschloss sie sich zur guten Tat. Sie ging mit Markus in den Wald und sie gruben Beppo an einer auffallenden Stelle ein. Genau in der Mitte einer Wiese im Wald, also einer Lichtung, stand eine große Buche allein
und
Beppo
Untermieter
seine
sozusagen
als
Freiheit
nun
unbekümmert genießen.
"Da werden wir ihn unser Leben lang wiederfinden", sagte Mama "und hier vergisst niemand, Beppo zu gießen", erklärte sie Markus.
Mama war berufstätig und hatte Angst, da
auch
sie
eines
Tages
Beppo
vergessen und der arme kleine Wicht auf einmal verdursten könnte. Also erinnerte sie sich daran, dass der Wald wohl der beste Platz sein würde. Hier gab es Regen, Sonne, Wärme und Kälte. Alles war automatisch so, wie es sein musste. Denn die Natur wußte schon immer, was sie machen mute, damit
alle
ihre
Bewohner
leben
konnten.
Da stand er nun also so ganz alleine herum, der Beppo und wußte gar nicht so recht, was er anfangen sollte. Keiner kannte ihn, niemandem würde der kleine Zwerg auffallen.
"Ja, mein lieber Gott, hätte ich doch nicht so gejammert, hätte ich meine Blätter halt noch ein wenig behalten", weinte Beppo, „dann hätte ich bei Markus
bleiben
können“.
„Aber",
dachte sich Beppo und lutschte dabei an einem Tautropfen frischen Wassers, „da bin ich doch lieber allein und bekomme erfrischenden Regen vom Himmel und schön kühlenden Tau aus der Luft".
Er war schon wieder frohen Mutes, die Sorgen
verdrängt,
als
er
gähnen
musste. „Holla, schon so spät?", dachte sich Beppo
und
las
die
Zeit
an
der
Sonnenuhr der riesigen Buche ab. Das hatte Beppo bei Markus gelernt, denn gegenüber von Markus` Zimmer war ein alter Bauernhof, an dessen Mauer noch eine Sonnenuhr gepinselt war.
Die Sonne warf tagsüber bis zur Dämmerung
ihr
Licht
auf
einen
hervorstehenden Stab und dieser Stab bildete einen Schatten auf die Mauer ab. Da die Sonne tagsüber, bis sie am Horizont versinkt, Licht abgibt, hatte der Stab also fast die ganze Hälfte vom Tag einen Schatten. Die schlauen Menschen
hatten
doch
tatsächlich
herausgefunden, wie viel Uhr es war, wenn der Schatten auf die Mauer fiel. Und mit Strichen an der Wand konnte man die Uhrzeit ablesen. Beppo konnte diese Sonnenuhr jedes Mal sehen, wenn
Markus`
Mama
ihn
beim
Fensterputzen aufs Fensterbrett gestellt hatte. Beppo hatte diese Zeit immer damit verbracht die Sonnenuhr anzustarren und sah den Schatten an der Mauer wandern. So nach einem Jahr hatte er kapiert, was die Striche zu bedeuten hatten und er wusste immer, dass Markus` Mama so gegen 11 Uhr die Fenster
putze.
Mittagessen also.
Kurz
vor
dem
Jetzt gab`s aber kein Mittagessen, der Schatten war unendlich lang, es war schon sehr sehr spät. Beppos Augen wurden immer kleiner und kleiner, der Schatten war fast gar nicht mehr zu sehen. Sein Schnarchen weckte Beppo selbst auf. „Oi joi joi", gab Beppo von sich, „ist das aber kalt heute!" „Brrrr", klapperten seine
Äste
aneinander.
Das
hatte
Beppo noch nie gekannt: Kälte. Es war immer so gemütlich warm und seine Blätter waren immer grün gewesen.