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ANNO DAZUMAL
Bergbauproteste 1970
Wirtschaft vs. Fremdenverkehr – Demonstration in Oberndorf jährte sich zum 50. Mal.
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VERSUCHTE WIEDERBELEBUNG DES BERGBAUS 1970
„Wer nicht mitmacht, verleugnet seine Heimat, und den Beruf als Ski
lehrer!“, so der Aufruf der Kitzbüheler Skischule „Rote Teufel“ zur Teilnahme an der „Anti-Bergbau“ Demonstration in Oberndorf. Fremdenverkehr sowie Land- und Forstwirtschaft sahen ihr Aus durch die Wiederbelebung des Bergbaus am Rerobichl. Durch die „Verunstaltung der Landschaft, die Rauch-, Staub-, und Geruchsentwicklung “ sei der Tourismus gefährdet und Urlauber würden vertrieben. Die Region habe zukünftig einen „Kahlschlag, eine Steinwüste und schließlich eine breite tiefe Rinne durch das Bichlach“ zu erwarten.
DEMONSTRATION GEGEN „KAHLSCHLAG“ Die Bürgerinitiativen reagierten mit einer beispielhaften Demonstration gegen das Vorhaben. Am 19. September 1970 versammelten sich rund 4.000 Menschen in Oberndorf um gegen die geplante Wiederaufnahme des Bergwesens am Rerobichl zu protestieren. Mit Erfolg. Die südafrikanische Union Corporation Limited, die die Wiederaufnahme initiierte, musste abziehen.
Text aus der Dorfchronik von Volksschuldirektor Franz Burger:
Im Jahre 1969 erwarb die Südafrikanische Bergbau- und Schiffahrtsgesesellschaft „Union Corporation“ vom Österr. Staat das Recht, fünf Jahre lang Prospektierungsarbeiten durchzuführen, um den Bergbau am Rerobichl zu reaktivieren. Auch mit Einsatz eines Hubschraubers wurden Messungen vorgenommen. Es waren 12 Tiefbohrungen vorgesehen, von denen zwei zur Durchführung kamen, eine auf der Hornseite bei Rohrstall und eine am Astberg in Reith. So sehr im Jahre 1952 die Wiedereröffnung begrüßt worden war, so begannen sich nun verschiedene Interessengruppen, insbesondere Vertreter der Kitzbüheler Fremdenver
"Das Bergwerk droht!", “Wir wollen nicht im Dreck verrecken". 4.000 Teilnehmer aus dem Bezirk und ganz Tirol kamen zur Demonstration nach Oberndorf.
kehrswirtschaft, gegen die Wiederaufnahme des Bergbaues zu wehren, da sie eine Verunstaltung der Landschaft und wohl auch eine Abwanderung der damals sehr knappen Arbeitskräfte aus der Fremdenverkehrswirtschaft zum Bergbau befürchteten.
Es wurden zahlreiche Versammlungen abgehalten und Verhandlungen geführt, die alle das gleiche Ziel hatten, ein Wiederaufleben des Bergbaues, der sich vom Segen zum Fluch gewandelt zu haben schien, mit allen Mitteln zu verhindern und schließlich fand am 19. September 1970 eine Demonstration von mehreren tausend Menschen statt, bei der der Handelsminister Dr. Josef Staribacher anwesend war. In der Folge war das Aufflackern des Berg(bau)geistes zum Erlöschen gekommen. Bei der Protestbewegung in Oberndorf gab es eine recht lebhafte, aber faire Diskussion. Als Diskutanten meldeten sich mehrere Politiker und Touristiker aus der Region sowie ein Gast aus Deutschland. Antwort des Handelsministers: „Für die Bundesregierung
und für mich steht eindeutig fest, der Fremdenverkehr hat Vorrang!“
Wir bedanken uns bei Ortschronist Joachim Burger für die Informationen und Fotos.
Der ehemalige Bergbau am Rerobichl gehört einer Vererzungszone an, die vom Mitterberg über Leogang bis Schwaz reicht. Die Gesamtausbeute am Rerobichl wird auf 20.000 Tonnen Kupfer und 100 Tonnen Silber geschätzt. Nach der Schließung setzten einige Bergknappen den Abbau auf ihr eigenes Risiko fort, mussten diesen 1843 jedoch wegen des geringen Ertrages endgültig einstellen. Es folgten Wiederbelebungsversuche in den Jahren 1851-1867, 1908- 1916, 1952-1955 und zuletzt 1969/70. Die Erzvorkommen befinden sich in sehr tiefen Zonen, ein neuerlicher Abbau wäre mit zu großem Aufwand verbunden.
Der Wortführer der Demonstration am 19. September 1970 war Dr. Erhard Pfitzner, Zahnarzt in Kitzbühel.
Wie eine 13-jährige Schülerin aus Waidring die Protestaktion erlebte und sie in einem Brief ihrer Cousine u.a. schilderte:
Gestern Abend ist es wild zugegangen. In Oberndorf kam der Handelsminister wegen dem Bergwerk. Tage davor fuhren Lautsprecher durch Waidring und die anderen Ortschaften, um die Leute aufzufordern, zum Protestieren. Ich und Silvia durften mit Papa gestern um halb sieben mitfahren. Schon vor Oberndorf mußten wir aussteigen und bekamen Fakeln in die Hand gedrückt. Jede Ortschaft bekam ein Schild mit ihrem Namen. Es waren viele Waidringer da. Dann wurde geübt. Im Lautsprecher wurden uns die Worte vorgesagt und wir mußten nachschreien: Bergwerk nie! Hilfe! Wir wollen nicht im Dreck verrecken! u.s.weiter. Es war ein schrecklicher Lärm. Dicht vor mir krachte so eine Platzpatrone wie Silvester. Ca. halb zehn war ich zu Hause. Ich kam mir wie ein demonstrierender Student vor.
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