Magazin Festspielhaus Baden-Baden 2017/1

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MAGAZIN 2017/1 TITEL DIANA DAMRAU OSTERFESTSPIELE PUCCINI UND DIE FRAUEN PORTRÄT KIRILL PETRENKO TANZ BUDDHAS LIEBLINGE PERSÖNLICHES HILARY HAHN BADEN-BADEN POLKE BEI BURDA KINDER UND JUGEND ODYSSEUS IM KLASSENZIMMER ENTERTAINMENT DIE RÜCKKEHR DER KATZEN PROGRAMM VON OPOLAIS BIS DIDONATO


FORM FOLLOWS PERFECTION

Die Dinge in Perfektion zu vollenden. Das zeichnet Top-Leistungen aus. In Kunst und Kultur. Im Spitzendesign. A XO R steht fĂźr Perfektion im Design, in der Technik, in jeder Innovation, in jedem Detail. Ein Beispiel: A XO R Uno in Polished Brass. axor-design.com


3 Wahltag (von rechts): Stiftungsvorstands­ vorsitzender Prof. Ernst-Moritz Lipp, Benedikt Stampa, Stiftungsratsvorsitzender Prof. Horst Weitzmann, Andreas MölichZebhauser und Stiftungsvorstand Thorsten Klapproth.

IST KEIN ZUFALL

FROHEN  MUTES

F OTOS: MAN OLO PR ESS / MARCU S G ER N SBE CK , THOM AS STR AUB

IN DEN  SUDWESTEN

Benedikt Stampa (51) wird im Sommer 2019 neuer Intendant des Festspielhauses Baden-Baden. Der Stiftungsrat wählte den aktuellen Chef des Konzerthauses Dortmund zum Nachfolger von Andreas Mölich-Zebhauser (64), der entschieden hat, mit Ende der Saison 2018 /2019 in den Ruhestand zu gehen, dem Hause aber eng verbunden bleibt. Andreas MölichZebhauser leitet das Festspielhaus Baden-Baden seit 1998. „Uns haben die herausragenden künstlerischen Leistungen Benedikt Stampas überzeugt. Er kann auf den Erfolgen der vergan­genen Jahre aufbauen und ab der Saison 2019 /2020 neue Impulse geben“, begründete der Stiftungsvorstands­ vorsitzende Prof. Ernst-Moritz Lipp die Entscheidung. „An das Festspielhaus Baden-Baden berufen zu werden, stellt für mich eine große Ehre dar. Nach über zehn erfüllenden Jahren am singulären Konzerthaus Dortmund wende ich jetzt meine beruflichen Schritte frohen Mutes Richtung Südwesten“, sagte Benedikt Stampa zu seiner Wahl.

Alle Besucher profitieren und die Fachleute schnalzen mit der Zunge: Das Festspielhaus Baden-Baden hat sein Qualitätsmanagement nach der neuen und umfangreicheren Revision der DIN 9001 zertifizieren lassen. Was war das für ein Aufschrei in der Kulturlandschaft, als das größte deutsche Opernhaus 2011 sein Qualitätsmanagement erstmals nach professionellen Kriterien zertifi­ zieren ließ. Aber schnell wurde auch den größten Skep­ tikern klar: Hier ging es nicht um eine Urkunde oder die Vermessung von künst­lerischer Leistung, sondern um optimale und effiziente Prozesse rund um die Konzerte und Opernproduktionen. Das Ergebnis: stabile Eintritts­ preise, ein stetig wachsendes Service-Angebot und eine Atmosphäre, die Besucher und Künstler als bestens umsorgte Gäste gleichermaßen hoch schätzen. „Die perfekte Gastgeberin will nichts dem Zufall überlassen“, sagt Geschäftsführer Michael Drautz, der die Auszeichnung als Auftrag versteht. Abläufe und Produkte des Hauses werden stetig weitergedacht, damit Besucher, Förderer und Künstler das vorfinden, was sie in Baden-Baden erwarten: ein Programm und ein Ambiente von Weltrang.

Editoria l

QUALITAT


H O T E L | R E S TA U R A N T | B A R | E V E N T | S PA

E AT | D R I N K | S L E E P | PA R T Y | R EL A X W I T H US J US T AC ROS S TH E FE S TS PIE LH AUS

+4 9 72 21 9 019 3 0 | R O O M E R S - B A D E N B A D E N . C O M | L A N G E S T R A S S E 10 0 , B A D E N - B A D E N


INHALT 28 38 40 46 52 60 68 88

TITE LF OTO UN D F OTO AUF DI ESE R SEI TE : JÜ RG E N F R AN K

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TITEL

WIE GETRÄUMT ERFOLG IST GIFT FÜR DEN ALLTAG. DIANA DAMRAU GENIESST IHN TROTZDEM UND ERFÜLLT SICH LANG GEHEGTE WÜNSCHE.

BADEN-BADEN

DER GEISTESBLITZER ALCHEMIE UND ARABESKE: SIGMAR POLKE IM MUSEUM FRIEDER BURDA.

TANZ

„BUDDHA MUSS GLAUBEN, WIR SEIEN SEHR JUNG“ DAS CLOUD GATE DANCE THEATRE OF TAIWAN BESTEHT DIE FEUERPROBE.

OSTERFESTSPIELE 2017

GLÜCKLICHE ERSCHEINUNG KIRILL PETRENKO, DER NÄCHSTE CHEFDIRIGENT DER BERLINER PHILHARMONIKER , IM PORTRÄT. VIRTUOSEN DER STILLE MIT „HOBBYS“ HAT DAS NICHTS ZU TUN: BERLINER PHILHARMONIKER IN IHRER FREIZEIT. WARUM PUCCINI? EIN SCHRIFTSTELLER UND EIN KRITIKER VERLIEREN DEN KÜHLEN KOPF UND SPRECHEN VON LIEBE.

KONZERTE

DIE UNVOLLENDETEN KEIN HAUSHALTEN MEHR: RAUSCH UND EXZESS IN ROMANTISCHEN SINFONIEN.

Mit Diana Damrau setzen Stylistin Ise White und Make-up Artist Bryan Linde in New York auf einen urbanen Look, passend zu den Kleidern, die Javier Pedroza, Visual Director des Escada-Labels in Amerika, zur Verfügung stellte. Den Moment fing Fotograf Jürgen Frank ein.

SCHWARZWÄLDER ZUNGENSCHLAG FRÜHER BIERZELT, JETZT BAROCK: DAS AKKORDEON EROBERT DIE KONZERTPODIEN.

PERSÖNLICHES

RÜCKKEHR INS PARADIES HILARY HAHN ÜBER BADEN-BADEN UND MÄNNER, DIE GEIGE SPIELEN.

KINDER- UND JUGENDPROGRAMM DAS SAGENHAFTE KLASSENZIMMER VON DER SCHULE INS FESTSPIELHAUS: KINDER MACHEN IHRE EIGENE OPER.

ENTERTAINMENT

KATZENHAMMER „MEMORY“ IST NICHT DER EINZIGE GRUND, SICH „CATS“ WIEDER ANZUSEHEN.

PROGRAMM 36 ENTERTAINMENT    44 OSTERFESTSPIELE 2017    50 HÖCHSTPERSÖNLICH    58 TANZ    66 GROSSE ORCHESTER    72 KLAVIER    80 KINDER- UND JUGENDPROGRAMM    86 GESANG    94 KALENDER

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AUS FLEISCH UND BLUT 10. November 2016, 21.12 Uhr

Die Belcanto-Opern von Bellini sind so etwas wie die Essenz des Romantischen. Das gilt speziell für „Norma“, die selbst einen Richard Wagner beein­ flusste. Und dennoch: Zu oft noch hört man das Werk als eine Ansammlung wirkungsvoller Nummern für schöne Stimmen. Im Festspielhaus Baden-Baden zeigte sich die „Norma“ als das, was sie wirklich ist: das Drama einer reifen Frau im Strudel von Verrat, Liebe, Reue, Selbstaufopferung und Politik. Cecilia Bartoli war diese Frau. Wie zu Bellinis Zeiten erschloss sie diese Rolle für Mezzosopran und erdete sie damit. Denn die Norma ist alles andere als ein Koloratur-Automat, auch keine jener romantischen Heroinen, die dem Wahn verfallen – ein sonst be­ liebter Erzähl-Kniff in Belcanto-Opern. Bartoli als Ti­telheldin blieb jederzeit psychologisch nachvollziehbar – sie fehlte, litt, wurde geläutert und nahm den Tod an. Jede folgende Aufführung dieser Oper wird sich an Bartolis Deutung messen lassen müssen.


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BELLINI: NORMA

FOTO: TO NI SUTE R

Inszenierung von Moshe Leiser & Patrice Caurier Musikalische Leitung: Gianluca Capuano Coro della Radiotelevisione svizzera I Barocchisti Norma: Cecilia Bartoli Adalgisa: Rebeca Olvera Pollione: Norman Reinhardt Oroveso: Péter Kálmán


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HERBSTFESTSPIELE 2016 Beim CAReer Cultural Education-Workshop der Daimler AG wagen junge Führungskräfte szenische Experimente. Weil dann auch noch im Workshop die Scheu vor der eigenen Sing­ stimme besiegt wird, gratulieren Rebeca Olvera (vierte von rechts) und Norman Reinhardt (ganz rechts).

Bartolis Ausbrüche besitzen eine Binnendynamik, die einen vor berstender Spannung schier atemlos macht. Das „Orpheus“ Musiktheater-Magazin, Januar /Februar 2017, über „Norma“ in Baden-Baden

Willkommen zurück, Cecilia! Es dauert, bis die große Sängerdarstel­ lerin ihre Norma, in der sie ganz auf­ gegangen ist, wieder abstreifen kann. Dann strahlt sie umso mehr, in den Armen von Péter Kálmán (Oroveso) und Chorleiter Donato Sivo.

Herein! Garderobentüren bleiben meistens verschlos­ sen, doch Rebeca Olvera (Adalgisa) und Norman Reinhardt (Pollione) teilen gern ihre Freude über die gelun­ gene Vorstellung.

Ohne Bart inszeniert: Moshe Leiser (rechts) und Patrice Caurier (links) zeigen Norma als starke, diesseitige Frau – Druiden mussten draußen bleiben.

FOTOS: C HRI STIAN E HA UMAN N -F R IE TSCH

In einer Inszenierung war Cecilia Bartoli bis jetzt noch nicht in BadenBaden zu sehen. Ein Grund mehr für die Festspielhaus-Förderer Frank und Annerose Maier (Mitte), Christa Fritsch und Dr. Horst Sandner, auf die „Norma“ anzustoßen.


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KONZERTE Schöne Linie: Anne-Sophie Mutter zeigt beim Applaus gern die edle Stradi­ vari, der sie im Mendelssohn-Violinkonzert so wundervolle Töne entlockte.

Intensiver, packender und wahrhaftiger kaum denkbar. „Badische Neueste Nachrichten“, 14. November 2016, über Schuberts „Winterreise“ mit Christian Gerhaher und Gerold Huber

Als Vorstandsvorsitzender der FestspielhausStiftung schätzt Prof. Ernst Moritz Lipp (Mitte) nicht nur die Musik, sondern auch den gedank­lichen Austausch mit Anne-Sophie Mutter. Mit Angelika Lipp-Krüll (rechts) war er Pate des Konzerts mit der Geigerin. Zweite von rechts: Michaela Dickgießer, links: Dr. Gerhard Dickgießer.

Der Herbst war mild, doch eine Gänsehaut gibt es trotzdem, wenn Christian Gerhaher die „Winterreise“ singt. Im Duo mit Gerold Huber ist er zurzeit unübertroffen als Inter­ pret des Schubert-Zyklus.

FOTOS: M AN OLO P RESS / M ICH AE L BOD E , M IC H AEL G RE G ON OW ITS

Schumanns Klavierkonzert fällt mit der Tür ins Haus. Wer zur Saisoneröffnung gehört hat, wie zart und poetisch Daniil Trifonov den stürmischen Beginn weitersponn, wird seine beiden nächsten Konzerte vor Saisonende kaum erwarten können.

Ein Kontrabassist des Orchesters der Mailänder Scala sucht seinen Weg durchs Kistengebirge hinter der Bühne. Die Überquerung der Alpen zur Saisoneröffnung hatte er rechtzeitig geschafft.

Als Musiker nicht von dieser Welt, nach dem Kon­ zert ein netter junger Mann von nebenan: Daniil Trifonov mischt sich unters Festspielhaus-Publikum.


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UBER SICH SELBST

HINAUS 8. Oktober 2016, 21.42 Uhr


THE WORLD OF JOHN NEUMEIER

FOTO: K IR AN WEST

Autobiographische Ballett-Gala von John Neumeier Hamburg Ballett John Neumeier

Ein Leben lang sucht John Neumeier Antworten auf die Frage, wie man Geschichten vom Leben und von den Menschen erzählen kann, nur mit Tanz und Musik. Ironie, Trauer, Zweifel, Furcht, Liebe und Abscheu, Wille und Schicksal – wie kann man all dies tanzen? Inspiriert von großer Literatur und mit untrüglichem musikalischem Gespür nähert sich der Choreograph dieser Frage. Mahlers dritte Sinfonie, die Kameliendame, Bachs Matthäus-Passion entzündeten seine Kreativität. Sie alle waren Teil einer Gala, die das Schaffen John Neumeiers von seinen Anfängen bis heute feierte, in Choreographien, die am Persön­ lichen anknüpfen, um es dann zu übersteigen – zum sich selbst genügenden Kunstwerk.

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HAMBURG BALLETT JOHN NEUMEIER Das Festspielhaus-Stifterpaar Hella und Klaus Janson unterstützt seit Jahren die Gastspiele des Hamburg Ballett John Neumeier. Die Begegnung mit dem Choreographen in Baden-Baden ist Tradition, ebenso wie die Ballett-Werk­ statt, in der John Neumeier Einblick in die Arbeit mit seiner Compagnie gibt.

Bei der Ballett-Werkstatt stellte John Neumeier die mädchenhafte Emilie Mazon in „Romeo und Julia“ vor. Seinem Rollenver­ ständnis von Shakespeares Heldin als „miss­ verstandenem, rebellischem Kind“ entsprach die junge Tänzerin vollkommen.

In der Leichtigkeit, Spiellaune und Erzähllust unterhält Neumeiers „Romeo und Julia“ so perfekt wie großes Hollywoodkino.

Beim Toccarion-Workshop mit Tänzerinnen und Tänzern des Hamburg Ballett lernen Kinder, dass der Tanz am schönsten aus konzen­ trierter Ruhe fließt. Nach der Premiere stieß John Neumeier mit Renate und Peter Ganter auf deren Förder-Patenschaft für die drei „Romeo und Julia“-Vorstellungen an. Als Gastsolistin hatte John Neumeier Elina Cojocaru mitgebracht: die international gefeierte Ballerina auf der FestspielhausBühne mit ihrem Romeo Edvin Revazov.

FOTOS: M ICH AE L G RE G ON OWI TS , K I RAN W EST, CHR ISTI AN E H AUM AN N- F RIE TSCH

„Badisches Tagblatt“, 17. Oktober 2016


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ENTERTAINMENT

Standing Ovations im Festspielhaus. „Badisches Tagblatt“, 5. Dezember 2016, über das Konzert von Till Brönner

„The Good Life“: Till Brönner stellte sein Konzert unter das Motto „Das gute Leben“. Dass da­zu gute Musik gehört, weiß Prof. Péter Horváth, der das Konzert als Förder-Pate unterstützte.

Mit Funk und Fusion gab Till Brönner zu Beginn seines Konzerts ordentlich Druck. Seine Band hatte er ganz kurzfristig zu einem Septett mit E-Gitarre und Keyboards erweitert.

FOTOS: M ICH AE L G RE G ON OWI TS

Zum Dinner des Unterneh­ merkreis Festspielhaus BadenBaden waren 2016 auch Mitglieder der IHK-Vollversammlung Karlsruhe geladen. Intendant Andreas Mölich-Zebhauser be­ grüßt Festspielhaus-Stifter Wolfgang Grenke (links), der als Karls­ ruher IHK-Präsident, Präsident des Baden-Württembergischen In­ dustrie- und Handelskammertags und Unternehmerkreis-Vize­ präsident Wirtschaft und Kunst zusammenführt.

Seinen Appell, die Kunst in der Region zu fördern, konnte UnternehmerkreisPrä­sident Bernd Bechtold kurz halten, denn vor dem Dinner des Unterneh­ merkreises hatte Al Jarreau in einem bewegenden Konzert bewiesen, wie viel Humanität von Musik ausgehen kann.


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Ein Künstler, der die Meisterschaft erreicht, wird gefeiert, geachtet, verehrt – Al Jarreau wird noch da­ zu geliebt. Es war ein Ereignis ganz eigener Qualität, als die Zuschauer an die Bühne drängten, um dem Sänger, der seine Laufbahn als Sozialarbeiter in San Francisco begonnen hatte, nahe zu sein und ihm ihre Ver­bundenheit zu zeigen. Seit er in den 70 er-Jahren seine ersten Konzerte in Hamburg gab, entwickelte Jarreau eine tiefe Verbundenheit zu seinem deutschen Pub­likum. Im Festspielhaus-Konzert mit der NDR Bigband ging er auf Jazz-Standards von Duke Ellington zurück, die er erst vor kurzem wieder für sich entdeckt hatte – in eigenwilligen Arrangements, mit un­ge­brochener Neugier, ohne Nostalgie.

AL JARREAU & NDR BIGBAND The Duke Ellington Songbook Leitung und Arrangements: Jörg Achim Keller


FOTO: M ICH AE L G R EG ON OW ITS

18. November 2016, 20.42 Uhr

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DER MENSCHEN FISCHER

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16 KÄPT’N BONE Kinderoper von Wiebke Hetmanek und Johann Casimir Eule Nach „L’Italiana in Algeri“ von Gioacchino Rossini Musikalische Einrichtung: Alexander Krampe Neuinszenierung von Johannes Schmid Musikalische Leitung: Lam Tran Dinh Mit Eric Ander, Deniz Uzun, Byung Gil Kim, Conny Thimander, Christian Adolph und anderen


FOTO: M AN OLO PRESS /MI CH AEL BODE

Bringt Kinder in die Oper! Denn das Publikum von morgen will schon heute gewonnen werden: mit lustigen Geschichten, mitreißenden Sängern und Tänzern, tollen Kostümen und Bühnenbildern und erstklas­ siger Musik. Die stammt im Falle der Kinderoper „Käpt’n Bone“ von Gioacchino Rossini, dessen „Ita­ lienerin in Algier“ als Vorlage diente. Natürlich wur­ de die Handlung für Kinder neu erzählt, die Musik flott arrangiert. Trotzdem war alles da, Arien, Tänze, Re­zitative und, ein Muss im Festspielhaus: Auch das junge Publikum sang mit – sang, klatschte, trampelte und brachte die Bühne zum Wackeln!

WELLE MACHEN 28. Oktober 2016, 16.37 Uhr

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KINDER - UND JUGENDPROGRAMM

Premiere im Festspielhaus: das erste „Krabbelkonzert“ für Kinder ab zwei Jahren. Die Förder-Paten Ulrike und Hans-Jörg Haferkamp waren überrascht und begeistert, wie gut Andrea Apostoli (unten, Mitte) und sein Ensemble Musa die Aller­­ kleinsten mit Musik und Bewegung erreichten.

Impuls für alle Kindersinne: Trommeln kann man hören, mit den Fingern fühlen, sogar im Magen gibt’s ein schönes Grummeln vom Schalldruck des Fells.

Auf Remmidemmi wurde verzichtet. Die Kinder im Saal blieben mucksmäuschenstill.

Ein Glück! Der Nikolaus hat das Festspielhaus nicht vergessen. Und so gibt es nach „Das Goldene Herz“ am 6. Dezember für jeden Besucher eine besondere Überraschung.

FOTOS: M ICH AE L G RE G ON OWI TS , M AN OLO PR ESS / I NG O B ERG E R

„Badisches Tagblatt“, 7. Dezember 2016, über „Das goldene Herz“ Mit den phantastischen Saxophonisten des Alliage Quintetts wurde die Musik zum Hauptdarsteller im Märchen „Das Goldene Herz“.


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KINDER - UND JUGENDPROGRAMM

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„Mach mal Sturm“: Musiker und Pädagogen unterstützten die Kinder bei der „Odyssee“Komposition. Der Schlagzeuger Arthur Adler griff auf ungewöhnliche Instrumente zurück, um die musikalischen Fantasien der jungen Komponistinnen und Komponis­ ten hörbar zu machen.

„Die Odyssee“, erster Teil: Nach monatelanger Vor­ bereitung in den Klassen zeigen Schulkinder und junge Teilnehmer des Festspielhaus-Workshops ihre große Sagenoper. Musik, Geschichte, Bühnenbild – alles haben die Kinder selbst gemacht in diesem auf mehrere Spielzeiten angelegten Projekt.

Ein richtig interessantes Stück Musiktheater. „Badische Neueste Nachrichten“, 22. November 2016, über die von Kindern entworfene, komponierte und gespielte Oper „Die Odyssee“

FOTOS: M AN OLO P RESS / M ICH AE L BOD E

Auf der Bühne muss sich jeder auf jeden verlassen können. Beim Spielen in der „Odyssee“-Pause übten Kinder und Künstler vertrau­ ensbildende Maßnahmen.

Zwei junge Führungspersönlichkeiten: Nach zwei Tagen „Odyssee“-Workshop wussten die beiden Mädchen genau, wo es langgeht im Festspielhaus. Worum geht es im Kinder- und Jugendprogramm? Das Lächeln der jungen „Odyssee“Darstellerin gibt Antwort.


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FEEN ZAUBER 22. Dezember 2016, 21.05 Uhr

Vollendet, symmetrisch, wie nicht von dieser Welt: Die sogenannten „weißen Akte“ wurden zum Inbegriff des romantischen Balletts. Und so kehren die auf Spitzen heranschwebenden Geisterjungfrauen des französischen Klassikers „Giselle“ im berühmten russischen Nachfolger „Schwanensee“ als Schwäne wieder. Solche Reisen in alte Ballettzeiten kann man im Festspielhaus regelmäßig erleben – beim MariinskyGastspiel jedes Jahr um Weihnachten.


FOTO: M ICH AE L G R EG ON OW ITS

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GISELLE Mariinsky Ballett & Orchester Choreographie von Jules Coralli, Jules Perrot und Marius Petipa Musikalische Leitung: Alexei Repnikov


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MARIINSKY BALLETT „Giselle“ ist seit 175 Jahren im Repertoire des Mariinsky Balletts: Ballerina Oxana Skorik (links) dreht ihre letzten Aufwärm-Pirouetten, bevor sie auf der Festspielhaus-Bühne das Erbe weiterträgt.

Die Energie des Publikums spüre ich immer: Sie ist oft herzlicher und wärmer als zu Hause. Yekaterina Osmolkina, Erste Solistin des Mariinsky Balletts, über das Festspielhaus-Gastspiel, „Stuttgarter Zeitung“, 22. Dezember 2016

Nur noch einen Moment, bis diese Ballettblume unter dem Licht der Scheinwerfer aufblüht.

Haltung bewahren ist die Kunst von Vladimir Ponomarev, als Fürst, Edelmann oder Zauberer. Im Mariinsky Ballett tanzt er seit 1964 – und fiebert noch im­ mer mit bei jedem schwierigen Solo der Jungen.

Präzision bis in die Fingerspitzen – und es sind hunderte! Ein wichtiger Teil des Mariinsky-Zaubers liegt in der Harmonie des Corps de Ballet.

FOTOS: M I C H AE L G R E G O N OW I TS

Keine Minute bleibt ungenutzt, um die Muskeln zwischen den Auftritten warm und geschmeidig zu halten.


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SILVESTER - GALA

Es bleibt ein Wunder der Oper, warum nichts so wirkungsvoll für gute Laune sorgt wie tragische Liebes­ geschichten. Fazit zum Ende der Gala: „Freunde, das Leben ist lebenswert.“

Die jüngste Silvester -Gala gehörte zu den glanzvollsten in der mit Stars bestückten Reihe.

FOTOS: M ICH AE L BO DE

„Badische Neueste Nachrichten“, 2. Januar 2017

Nicht hier, Mama! Sonya Yonchevas kleiner Sohn war der Einzige, der nicht hin­ gerissen war vom praktizierten Familienglück hinter der Bühne (rechts). Die Festspiel­ haus-Stifter und Paten der Gala Mary Victoria GerardiSchmid und Hans R. Schmid dagegen genossen die fa­mi­ liäre Atmosphäre bei der Begegnung mit Piotr Beczała und dem Künstlerehepaar Sonya Yoncheva und Domingo Hindoyan (Dirigent, rechts).

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Sonya Yoncheva und Piotr Beczała wickeln das Silvesterpublikum im Nu um den Finger. Für ihre Gala haben sie große Liebende ausgesucht: Faust und Gretchen, Carmen und Don José, Romeo und Julia …


SIE

ERMÖGLICHEN

IDEEN Stifter ZUWENDUNGEN AB 1 MILLION EURO

Frieder und Elke Burda · Ladislaus und Annemarie von Ehr · Wolfgang und Anneliese Grenke Henriette und Paul Heinze Stiftung · Klaus-Georg Hengstberger · Klaus und Hella Janson Sigmund und Walburga Maria Kiener · Horst Kleiner und Isolde Laukien-Kleiner · Karlheinz und Dagmar Kögel Ernst H. und Helga Kohlhage · Richard und Bettina Kriegbaum · Christine und Klaus-Michael Kühne Ernst-Moritz Lipp und Angelika Lipp-Krüll · Klaus und Kirsten Mangold · Hugo und Rose Mann · Reinhard und Karin Müller Wolfgang und Françoise Müller-Claessen · Dr. August Oetker KG · Hans R. Schmid und Mary Victoria Gerardi-Schmid Walter Veyhle · Alberto Vilar · Franz Bernhard und Annette Wagener Horst und Marlis Weitzmann · Beatrice und Götz W. Werner · sowie zwei ungenannte Stifter In memoriam: Theo und Gabi Kummer · Margarete Stienen

Förderkreise DIAMANT

JAHRESSPENDEN AB 250.000 EURO

Wolfgang und Anneliese Grenke · Sigmund und Walburga Maria Kiener Horst Kleiner und Isolde Laukien-Kleiner · Ernst H. und Helga Kohlhage · Franz Bernhard und Annette Wagener Horst und Marlis Weitzmann · Beatrice und Götz W. Werner · T. von Zastrow Foundation JAHRESSPENDEN AB 100.000 EURO

Frieder und Elke Burda · Felicitas und Werner Egerland-Stiftung · Fontana-Stiftung Männi und Didi Herrmann · Karlheinz und Dagmar Kögel · Klaus und Kirsten Mangold · Hugo und Rose Mann Wilfried Porth · Hans R. Schmid und Mary Victoria Gerardi-Schmid · sowie zwei ungenannte Förderer


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TANSANIT

JAHRESSPENDEN AB 75.000 EURO

Klaus und Hella Janson · Hanns A. Pielenz Stiftung · Alice und Hans Joachim Thormählen

SMARAGD

JAHRESSPENDEN AB 50.000 EURO

Marie-Luise und Rudolf Auerbach-Fröhling · Franz und Christa Burda · Ladislaus und Annemarie von Ehr Ursula Faupel · Péter Horváth · Ute Keppler-Gouras und Peter Gouras Thorsten und Brigitte Klapproth · Christine und Klaus-Michael Kühne · Günter Pilarsky Jürgen H. Winter · sowie zwei ungenannte Förderer

RUBIN

JAHRESSPENDEN AB 25.000 EURO

Robert F. Dondelinger und Daniel Fisch · Barbara Dyckerhoff-Mack und Ingo Mack · Renate Ganter · Helga und Erivan Haub Richard und Bettina Kriegbaum · Inge und Werner Lehmann · Ernst-Moritz Lipp und Angelika Lipp-Krüll Helmut und Ingeborg Maute · Klaus Nussbaum und Gabriela Schätzle · David und Innes Ovsepyan · Horst Sandner Jörg Thome · Ulrich und Silke Weber · sowie drei ungenannte Förderer

SAPHIR

JAHRESSPENDEN AB 15.000 EURO

Eckart Diedrichs und Petra Diedrichs-Gern · Hans-Jörg und Ulrike Haferkamp · Arnold und Heiderose Höpfinger Axel Hommrich · Eva Mayr-Stihl Stiftung · Karin Siegel · sowie drei ungenannte Förderer

PLATIN

JAHRESSPENDEN AB 10.000 EURO

Clemens und Gerhild Börsig · Lore Einwächter · Arwed und Inge Fischer · Bernd-Dieter und Ingeborg Gonska Winfried Haible und Elke Haible-Pankow · Jutta Köhler · Antje-Katrin Kühnemann und Jörg Gühring · Lieselotte Maier Lothar und Elisabeth Melchert · Erwin und Anita Müller · Karin Rudolph · Berthold Speer und Helena Gesänger Hans B. Wyss und Brigitte Wyss-Sponagel · sowie acht ungenannte Förderer

GOLD

JAHRESSPENDEN AB 5.000 EURO

Katrin und Rick van Aerssen · Elisabeth Baumann · Walter und Christa Berthold · Mark und Dagmar Binz Herbert Brodowski und Hannelore Erichs · Horst und Monika Bülow · Ekaterina Dedyukhina · Eppensteiner Stiftung Heike und John Feldmann · Gabriele Feller-Heppt und Werner Heppt · Peter und Ute Fietzek · Gerhard Förster Eberhard und Barbara Graf · Wolfgang und Doris Groz · Ralf Kathmann · Béatrice und Heinrich Kipp · Andreas und Marietta Korsch Nikolaus und Regina Krings · Janez Mercun · Hannelore Pütz-Sparberg und Lothar Sparberg · Gerlinde Rillmann Kurt und Waltraud Rohner · Ernst-Werner und Uta Ruhbaum · Marianne Schippmann · Jörg und Renate Schmekel Maximilian von Schubert · Achim Schuhen und Heinrich Holtkötter · Hans-Joachim und Sabine Selzer · Lothar und Dorle Strobel Verein Freunde und Förderer der Cappella Andrea Barca e. V. · Sieglinde Vollmer · Peter und Margarete Voß Brita Wegener und Rainer Weiske · Helga Wisskirchen · Alexander und Renate Witte · sowie sieben ungenannte Förderer

SILBER

JAHRESSPENDEN AB 2.500 EURO

arteMusica-Stiftung · Kyle Baker · Gerhard Bareiss und Christiane Pergande-Bareiss · Dieter und Elisabeth Boeck Stiftung · Ulrich und Reinhild Borsi · Walter Ditz und Daniela Range-Ditz · Inga und Karl-Heinz Dönges · Hans-H. und Ann Firnges · Manfred Fraaß und Ulla van der Velden · Manfred Fuchs · Gabi und Wolfgang Furler · Günter und Elvira Gerich · Maia und Rüdiger Gollücke · Norbert und Marie-Pierre Gross · Anne-Marie Haist · Michael und Edda Hamburger · Horst Hannich · Markus Hoffmann und Ulrike Nostadt · Edward und Marianne Jaeger-Booth · Klaus und Helga Kaiser · Peter W. und Angelika Kalmbach · Andreas und Yvonne König · Hansjürgen Laade · Richard Orders · Dorothe und Ulrich Rappen · Gisbert und Brigitte Reel · Manfred und Rosemarie Rhodius · Maria und Peter Theile · Inge Wenz · Susanne und Jürgen Wilde · Hans Ernst Zöller · sowie achtzehn ungenannte Förderer


UNTERNEHMERKREIS MITGLIEDSCHAFT 5.000 EURO

Accon Krankentransporte GmbH

LA BIOSTHETIQUE

b.i.g. gruppe management GmbH

Peter Leibinger

Bada AG

Leitwerk AG

Bechtle GmbH & Co.KG

MFH Maisch Familien Holding GmbH & Co. KG

BGV-Versicherung AG

MODE WAGENER

BHF-Bank Aktiengesellschaft

peterbeton Rudolf Peter GmbH & Co. KG

Biologische Heilmittel Heel GmbH

praeveneo HEALTH SOLUTIONS

Bischoff+Scheck AG

PricewaterhouseCoopers AG

BNI Südwest GmbH

Progress-Werk Oberkirch AG

Brunner GmbH

PROTEKTORWERK Florenz Maisch GmbH & Co. KG

Burkhard Müller Schmuck GmbH

PSD Bank Karlsruhe-Neustadt eG

Caemmerer Lenz Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater

R . K. Management- und Beteiligungs GmbH

Chenu Immobilien GmbH CITYCAR Baden-Baden GmbH Druckerei Dr. Willy Schmidt GmbH & Co. KG ECG Energie Consulting GmbH Erdrich Umformtechnik GmbH & Co. KG

rico fischer architects Robert Bosch GmbH Sal. Oppenheim jr. & Cie. AG & Co. KGaA SATOR EVENTS GmbH Schöck Bauteile GmbH

Ernst Wohlfeil Blechnerei-Installation GmbH

Schultze & Braun GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

ETTLIN Aktiengesellschaft

Sikom Software GmbH

Falk GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsund Steuerberatungsgesellschaft

SK Vermögensverwaltung GmbH

FORESTADENT Bernhard Förster GmbH FORMI Hallen GmbH Friedrich Ganz Versicherungsmakler GmbH Gerhard Geggus Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG GFT Technologies AG Graf Hardenberg-Gruppe GRENKE AG Grötz Bauunternehmung GmbH & Co. KG Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz Rechtsanwälte HERLAN Wohnbau GmbH Assekuranz Herrmann GmbH

Societät SJD Steuerberatungsgesellschaft mbH Sparkasse Karlsruhe Ettlingen Tensid-Chemie GmbH Thimm Holding GmbH + Co. KG Vollack Gruppe GmbH & Co. KG Weber Haus GmbH & Co. KG Weisenburger Bau GmbH Horst Weitzmann Badische Stahlgruppe WILHELM TRUSTED ADVISORS Rechtsanwälte AG WKG GmbH & Co. KG WLH GmbH Württembergische Lebensversicherung AG

ias Aktiengesellschaft IMCoSTAR GmbH Indubau GmbH & Co. KG Körner Premium GmbH

Bernd Bechtold Präsident Wolfgang Grenke Vizepräsident


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Sponsoren EXZELLENZPARTNER

PREMIUMPARTNER

BILDUNGSPAR TNER

MEDIENPARTNER

DESIGNPARTNER

GOURMETPARTNER


D ia na D a mra u

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WIE GETRAUMT Im Festspielhaus macht sie bald wieder Station, doch erst einmal mussten wir um die halbe Welt reisen, um Diana Damrau zu erwischen. Zum Fotoshooting treffen wir die Sopranistin in New York. Ihr internationaler Erfolg lässt Träume wahr werden. Dafür, verrät uns die zweifache Mutter, wird ihr Alltag komplizierter.

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Und was jetzt? Diana Damrau kann sich die Perlen ihres Reper­ toires aussuchen. Sie setzt dabei nicht auf das Erstbeste.


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ls Verdis Traviata die Italiener zu begeistern – auch das ist Diana Damrau bravourös gelungen, 2013 zur Eröffnung der Saison in der Mailänder Scala. Ebenso hingerissen waren die Opern-Aficionados in New York, Paris, London und München von ihrer ungemein vielschichtigen Vergegenwärtigung des Lebens und Sterbens der Pariser Kurtisane. In München hielt sie als Lucia di Lammermoor im Kostüm von Jackie Kennedy ihre Umgebung im hellen Größen-Wahn-Sinn mit einer Pistole in Schach, bevor sie am Ende erschöpft zusammenbrach. Jede Koloratur wurde zum facettenreichen Ausdruck einer bipolaren Störung: mal Aggression oder stummes Weinen, mal wütende Verzweiflung, dann wieder abgrundtiefe Trauer. In Baden-Baden war Diana Damrau 2014 zuletzt zu Gast, als Mozarts Konstanze. Auch ihre Königin der Nacht war legendär, später kam Susanna hinzu, Donna Anna – 2011 im Festspielhaus – und jetzt die Gräfin in „Figaro“. Viele Partien von Richard

Strauss scheinen ihr ebenfalls in die Kehle kom­ poniert zu sein: Sei es die junge, quirlige Sophie im „Rosenkavalier“, die sie 2009 unter Christian Thie­ lemann in Baden-Baden mit „Marschallin“ Renée Fleming sang, sei es die leichtfertige Zerbinetta oder die so gar nicht „Schweigsame Frau“ – eine Parade­ partie für das Temperament, die helle, bewegliche Stimme, aber auch die komischen Seiten der Sopranistin, die im Zenit ihrer Karriere steht. Den silbrigen Höhenglanz hat sie sich bewahrt, zugleich aber in der Mittellage an Fülle und Durchschlagskraft gewonnen. Damit verfügt sie über genau jene Stimme, die der zweifachen Mutter, verheiratet mit dem Bassbariton Nicolas Testé, die Erfüllung eines Jugendtraums ermöglichte. In den Tagen ihres Pfingstfestspiel-Konzerts erscheint ein reines Meyerbeer-Album: eine längst überfällige Pioniertat, die keine Sängerin vor ihr gewagt hat. Der frühe, deutsche Meyerbeer ist auf der CD ebenso vertreten wie der italienische und natürlich der französische der Grand Opéra. eit Studentenzeiten begleitet Diana Damrau das Werk des 1791 in der brandenburgischen Poststation Tasdorf geborenen Komponisten. „Gli amori di Teolinda“ – „Teolindens Liebschaften“ – heißt die szenische Kantate für Sopran, Klarinette, Chor und Orchester, die sie an der Hochschule einstudierte. Sie schwärmt noch heute: „Da war ich wirklich perplex, denn ich kannte nur die berühmte Arie der Dinorah, die jeder Koloratursopran singt. Aber das war ja eine große italienische Kantate – und was für eine! Auch Mar­guerite de Valois in ‚Les Huguenots‘ habe ich später in der Alten Oper Frankfurt mit riesigem Erfolg, allerdings nur konzertant, singen dürfen.“ Schon als Studentin war ihr klar: „Wenn ich mal gefragt werde, was ich auf einer Platte singen will, dann weiß ich, was ich sage!“ Als Diana Damrau 2006 ihren Vertrag bei der damaligen EMI (heute Warner) unterschrieb, konnte sie zwei Lieblingsprojekte benennen: Mozart und seinen Wiener Konkurrenten Antonio Salieri auf einer CD gegenüberzustellen – und eben Meyerbeer. Das erste Vorhaben wurde sofort umgesetzt, das zweite sollte als Wunsch- und Schmerzenskind erst zehn Jahre später geboren werden. Zweimal wurde die Auf­ nahme verschoben: Erst wegen einer Schwangerschaft, dann stand nicht der richtige Dirigent zur Verfügung. Als 2015 endlich Keine Angst, sie will nur spielen. Und die Einspielungen statt­finden konnten, weil sie die Regeln wurde Diana Damrau nach anderthalb kennt und den richti­ Tagen krank und musste aussetzen: „Ich gen Riecher hat, hörte zwar bei den Aufnahmen des Orspielen alle gern mit, chesters der Oper in Lyon unter Emmawenn Diana Damrau nuel Villaume zu, alles wurde genau mit den Ton angibt.


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Wenn ich gefragt werde, was ich auf einer Platte singen will, dann weiĂ&#x; ich, was ich sage!


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Mit dem Ehemann auf­ zutreten, ist ein groĂ&#x;es Geschenk. Es bedeutet aber auch mehr und feinere Arbeit.


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35 DER AUTOR

mir abgestimmt, aber erst im August und einer von uns beiden muss immer bei den Kin2016 konnte ich einige Teile nach- dern bleiben. Gemeinsam sind wir zum Beispiel träglich einsingen. Es war meine nächstes Jahr drei Monate in Berlin oder immer mal schwerste Geburt, aber jetzt bin ich wieder zuhause in Zürich.“ ass ihr Ehemann Nicolas Testé oft mit überglücklich. Denn an diesem Proihr auf der Bühne steht, ist für Diana jekt hängt wirklich mein Herz – und Damrau ein großes Geschenk, bedeutet irgendwie hat der Komponist darüber gewacht, dass aber auch, wie sie versichert, „mehr und alles noch zu einem guten Ende kommt. Egal in welcher Sprache, Meyerbeer trifft immer die Farben feinere Arbeit. Während des Konzerts singt man imund Eigenheiten eines Idioms und die landestypi- mer im Geiste die Arien des anderen mit, anstatt sich schen Eigenarten. Das Deutsche im Frühwerk – etwa auf sich selbst zu konzentrieren. Man hilft sich gegenin ‚Alimelek, oder Die beiden Kalifen‘ und ‚Ein Feld­ seitig. In der Vorbereitung eines Konzertprogramms lager in Schlesien‘ – klingt urdeutsch erdig, das Ita­ kann man viel detaillierter proben – und dann immer lienische in ‚Emma di Resburgo‘ oder ‚Il Crociato in weiter daran arbeiten.“ Auch in Baden-Baden, wo Egitto‘ hat wunderbares Feuer. Und in der Grand Opé- Meyerbeer große Teile von „Les Huguenots“ kom­ ra ist er sowieso nicht zu schlagen. Man meint, ver- ponierte und eines seiner fünf Kinder zur Welt kam, schiedene Komponisten in all diesen Arien zu hören!“ werden Diana Damrau und Nicola Testé gemeinsam uch bei der Werkauswahl für ihr Fest- auftreten. Ein beziehungsreich gemischtes Programm spielhaus-Konzert soll die Vielschichtig- unter dem Motto „Belcanto drammatico“ haben die keit Meyerbeers als eines wahrhaft euro- beiden angekündigt. Der erste Teil ist rein franzöpäischen Komponisten deutlich werden: sisch – natürlich gleich zu Beginn mit Arien für So­ „Was für eine Leichtigkeit, Eleganz, aber auch Sinn- pran und Ba­riton aus „Les Huguenots“ und der Arie lichkeit und Tiefe besitzt diese Musik – von den herr- der Dinorah aus „Le pardon de Ploërmel“, mit einem lichen Melodien gar nicht zu reden! Nicht umsonst großen Duett und einer Arie aus Jules Massenets waren Berlioz und später Wagner von Meyerbeer „Manon“ und mit französischem Verdi aus „Don wider Willen so beeindruckt und beeinflusst. Es gibt Carlos“. Der zweite Teil ist dann italienischem und neben den großen, langen Nummern kleine Juwele deutschem Repertoire gewidmet, mit Bellini etwa und wie die Arie des Pagen aus ‚Les Huguenots‘, aber dem Daland aus Wagners „Fliegendem Holländer“. auch Sportliches, das in Richtung Rossini geht. Und Auf die abschließende Frage, ob es denn auch eindann ist etwas dabei, das ich ‚Trainingsarie‘ nenne, mal eine komplette Meyerbeer-Partie für die Bühne wie ‚Mon cœur s’élance et palpite‘ aus ‚Le Prophète‘. inszeniert geben wird, antwortet Diana Damrau verDas ist ein Stück, bei dem man am Ende, auch wenn schmitzt: „Ja – es wird ihn geben, einen ganz, ganz man anfangs gar keine Lust hatte zu singen, einfach schönen Meyerbeer, und zwar genau da, wo er hin­ gute Laune haben muss!“ gehört!“ Wir dürfen gespannt sein – und uns auf das Die beiden Söhne, vier und sechs Jahre alt, reisen Konzert in Baden-Baden freuen. Denn wo immer sie bislang immer mit, wenn ein Elternteil oder beide Meyerbeer singt, ist für Diana Damrau „ein Schla­ singend unterwegs sind. Beim Telefongespräch mit raffenland für lyrischen Koloratursopran“. Diana Damrau in New York bilden die Jungs das Hintergrundgeräusch. Da gibt es schon mal eine kleine Unterbrechung mit den Worten: „Ich muss dem Colyn schnell den Code für die Playstation geDIANA DAMRAU & NICOLAS TESTÉ ben, damit er spielen kann – und wir in BELCANTO DRAMMATICO Ruhe reden können!“ Eine Lehrerin reist nun immer mit und der Ältere, AlexanEMMANUEL VILLAUME, DIRIGENT der, nimmt an einem HomeschoolingPRAGUE PHILHARMONIA Programm teil, das per Internet und Post ARIEN UND DUETTE VON MEYERBEER , MASSENET, funktioniert: „Da werden dann die Haus­ VERDI UND ANDEREN 2. JUNI 2017 aufgaben hin- und hergeschickt und es ist immer jemand da, der sich um die / beiden Jungs kümmert. In Zukunft wird WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF das nicht mehr so einfach sein, weil WWW.FESTSPIELHAUS.DE der Schulstoff einfach immer schwieriger wird. Der Große wird dann auf eine internationale französische Schule gehen

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Klaus Kalchschmid war Redakteur beim Klassik-Label Orfeo. Er arbeitet als freier Musikjournalist für Tages­ zeitungen wie die „Süddeutsche Zeitung“ und „Die Rheinpfalz“, für das Theatermagazin „Die Deutsche Bühne“, den Bayerischen Rundfunk, für www.klassikinfo.de und verschiedene Festspiel-Magazine.


36 TICKET-SERVICE: +49 (0) 7221 3013-101 HELGE SCHNEIDER FREITAG, 3. MÄRZ 2017, 20 UHR „Back to the roots“ und „Kein Playback“: So viel hat Helge Schneider angekündigt. Nimmt man den Komiker beim Wort, kann das nur heißen: viel Nonsens, viel Improvisation und so manches lange nicht gehörte Stück. Preise: 30,50 bis 56,80 Euro

FALCO MONTAG, 24. APRIL 2017, 20 UHR Es brauchte einen Österreicher, um dem deutschsprachigen Rap den richtigen Zungenschlag beizubringen. Kein Star der Neuen Deutschen Welle hatte mehr Stil als Falco. Das Musical macht ihn in seinen Hits wieder lebendig. Preise: 49,90 bis 73,90 Euro

Bryan Ferry ist unverwechselbar und erfindet sich trotzdem musikalisch immer wieder neu. Für Millionen Fans steht er deshalb seit Jahrzehnten ganz vorn.

ENTER TAINMENT


37 JOE BONAMASSA

LEVELELEVEN

MONTAG, 8. MAI 2017, 20 UHR

SAMSTAG, 17. JUNI 2017, 18 UHR

Joe Bonamassa arbeitet mit der Rocksängerin Beth Hart zusammen, spielt in einer FunkJazz-Band und geht zwischendurch mit Eric Clapton ins Studio: vielleicht der beste, sicher aber der vielseitigste Bluesgitarrist.

Leveleleven brauchen keine Instrumente, um Jazzstandards und Popsongs so mitreißend zu interpretieren, dass es warm wird ums Herz. Die schwedisch-finnische A-capella-Supergroup gibt ihr Debüt im Festspielhaus.

BRYAN FERRY

Preise: 11 bis 55 Euro

MITTWOCH, 24. MAI 2017, 20 UHR

PET SHOP BOYS

Mit der Band Roxy Music hat er sich unsterblich gemacht: Bryan Ferry, der RockDandy, der den Jazz liebt und früh elek­t ronische Experimente wagte, in einem karriereumspannenden Programm.

MONTAG, 26. JUNI 2017, 20 UHR

Preise: 30,75 bis 137,70 Euro

CHRIS DE BURGH MITTWOCH, 31. MAI 2017, 20 UHR „A Better World“ heißt die neue CD von Chris de Burgh. Mit seinen Songs hat er viele schöne Welten gebaut in den Köpfen seiner Fans, die sie durchs Leben tragen und nun wieder live hören können. Preise: 44,75 bis 113,75 Euro

Neil Tennant und Chris Lowe beweisen: Die 80er-Jahre sind keine Epoche, sondern eine eigenständige Kunstform. Als Pet Shop Boys liefern sie den Soundtrack dazu, in einer spektakulären Show mit Hits wie „It’s A Sin“ und „West End Girls“ und Songs aus ihrem neuen Album „Super“. Preise: 52,05 bis 98,05 Euro

CATS DIENSTAG, 29. AUGUST BIS FREITAG, 1. SEPTEMBER 2017, 20 UHR SAMSTAG, 2. SEPTEMBER 2017, 15 UND 20 UHR SONNTAG, 3. SEPTEMBER 2017, 14 UHR 40 Jahre nach der Premiere kommt der MusicalKlassiker zurück nach Deutschland, in einer Produktion aus dem Londoner West End.

FOTO: M AT TH E W BE CK E R

Preise: 24,50 bis 105 Euro

Ve ra nsta ltunge n

Preise: 79 bis 149 Euro


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GEISTES BLITZER

Muse um Frie de r B urda

DER

SIGMAR POLKE. ALCHEMIE UND ARABESKE IM MUSEUM FRIEDER BURDA

ornamentale Liniengebilde, die Polke etwa Holzschnitten Dürers und Altdorfers entnahm. Er malte aber auch seine eigenen Handlinien oder er generierte Zufallslinien. Sigmar Polke ist diesen wie zufällig Sigmar Polke (1941 – 2010) zählt erscheinenden, selbst gewählten zu den bedeutendsten Malern und Ordnungen auch in anderen Materiagrößten Bild-Erfindern Deutschlien und Medien nachgegangen. So lands. Seine Werke leben von gesteu- goss er Asphaltritzen mit geschmolerten Zufällen und bergen geheimzenem Gold aus, fotografierte das nisvolle Überraschungen. Ein beson- schnörkelige Wachstum von Weinranderer Wort- und Bildwitz begleitet ken oder radioaktives Urangestein. sie, der alles kategorisch Strenge Er interessierte sich für Zerrspiegel, durchbricht. filmte chemische Farbexperimente Die Ausstellung im Museum Frieder und sammelte fluoreszierendes Burda konzentriert sich auf zwei Uranglas. wesentliche Merkmale in Polkes Arbei- Die Ausstellung präsentiert neben ten. Sie rückt unter dem Aspekt hochkarätigen Gemälden und PapierAlchemie die zufällig bis chaotisch arbeiten die 1991 in den USA enterscheinenden Bildgründe seiner standenen „Goldstücke“ sowie eine Malerei in den Fokus, die durch un- große Anzahl von Fotoarbeiten, gewöhnliche Substanzen entstehen, zwei Filme, Urangestein-Fotografien was zu eigenartigen Farbverläufen und Sigmar Polkes Sammlung von führt. In anderen Werken reagieren Uranglas-Objekten. mineralische Zusätze auf klimatische Veränderungen – die Bilder wandeln sich durch fortwährende che­ Sigmar Polke, Dürer Hase, 1968. Museum Frieder Burda, Baden-Baden mische Prozesse. Der Alchemie steht © The Estate of Sigmar Polke / VG Bild-Kunst Bonn, 2016 der Aspekt Arabeske gegenüber:


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MUSEUM FRIEDER BURDA /

SIGMAR POLKE. ALCHEMIE UND ARABESKE 11. FEBRUAR – 21. MAI 2017 / WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF WWW.MUSEUM-FRIEDER-BURDA.DE


Cloud G ate D a nce T he atre of Ta iwa n

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„BUDDHA

MUSS GLAUBEN,     WIR SEIEN              SEHR

JUNG“

Zum ersten Mal seit 2003 kehrt das Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan ins Festspielhaus zurück. In der Zwischenzeit musste die Kompanie eine schwere Prüfung überstehen. Die Filmemacher Jean Christophe Blavier und Birgit Baumgärtner haben sie dabei beobachtet.

nser Plan war ein Film über Tanz in Fernost: Wie verbinden sich dort Modern Dance und klassisches Ballett mit asiatischen Traditionen wie Kampfkunst, Yoga oder der Bewegungssprache der Peking-Oper? Gibt es überhaupt Choreographen, Tänzerinnen und Tänzer, die das ernsthaft, mit Neugier und künstlerischem Anspruch versuchen? Nach einiger Recherche stießen wir auf eine Ballett-Truppe, die all diese Einflüsse meisterhaft zusammenführt: Das von Lin Hwai-min in Taipeh gegründete Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan war die erste Kompanie für Modern Dance im chinesischen Kulturraum. Seit ihrer Gründung 1973 hat sie sich zu einem der weltweit wichtigsten Tanztheater entwickelt. Wirklich in unseren Fokus rückte die Kompanie mit einer Schreckensnachricht: Bei einem Brand waren die Ballettstudios in Taipeh vernichtet worden. Ein trauriger Anlass, der uns


T E X T : B I R G I T B A U M G Ä R T N E R, J E A N C H R I S T O P H E B L A V I E R

FOTOS: LI U-C HE N HSI AN G

I L L U S T R A T I O N : E K A T E R I N A K O R O L E V A

anspornte: War das, was wir gesucht hatten, in Gefahr? Wir machten uns auf den Weg nach Taipeh, dem Lebensmittelpunkt der 24 Tänzerinnen und Tänzer und ihres Leiters Lin Hwai-min. Unsere erste Begegnung mit dem Choreographen war geprägt von einem Umstand, der asiatischer Ruhe und Gelassenheit bedurfte. In Taipeh wütete ein Taifun und verhinderte das „Public Viewing“ der Uraufführung von „Whisper of Flowers“. Als Geschenk an ein möglichst großes Publikum anlässlich des 35. Geburtstages des Cloud Gate Dance Theatre sollte das Stück zusammen mit dem Ballett „Moon Water“ auf dem großen Platz vor dem Na­ tional Performing Arts Center gezeigt werden. „Moon Water“ ist von der chinesischen Bewegungslehre Tai Chi / Tao Yin und der Qigong-Meditationskunst inspiriert, die Lin Hwai-min mit den Cellosuiten von Johann Sebastian Bach zusammenführt. „Die Energie fließt wie das Wasser, doch der Geist ruht und leuchtet wie der Mond“, sagt eine alte Weisheit über den idealen Zustand im Tai Chi. Inspiriert ist das Stück aber auch von einem anderen buddhistischen Sprichwort, in dem es heißt: „Blumen im Spiegel und der Mond im Wasser sind trügerisch.“ Mit Bewegungen, die sich im Zentrum des Körpers entwickeln (Tai), um sich dann durch die innere Energie bis in

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Reis, Wasser, Blütenblätter: Lin Hwai-mins Choreographien sind oft ein Tanz mit der Natur. In „Dust“ erstampfen sich die Tänzerinnen und Tänzer ein Bühnenbild aus Staub.

DIE AUTOREN Birgit Baumgärtner und Jean Christophe Blavier, früher Solist im Stuttgarter Ballett, veröffentlichten 2009 den Film „Lin Hwai-min – Wanderer zwischen den Welten“ über das Cloud Gate Dance Theatre in Taipeh und seinen Leiter. Weitere Filme porträ­ tierten die Tänzerin Marcia Haydée, den Komponisten Marc Andre und den Jazzpianisten Wolfgang Dauner. Zurzeit produzieren sie die Doku-Soap „Locals Only“ über Alltag und Zusammenleben von Jugend­ lichen mit und ohne Behinderung.


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CLOUD GATE DANCE THEATRE OF TAIWAN WHITE WATER & DUST CHOREOGRAPHIEN VON LIN HWAI-MIN 29. UND 30. APRIL 2017 / WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF WWW.FESTSPIELHAUS.DE

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die Gliedmaßen fortzusetzen (Chi), entsteht ein anmutig-langsamer Tanz, der die Ruhe der Musik in meditative Bilder umsetzt. Wir sahen „Moon Water“ in einer Aufführung mit dem russischen Cellisten Mischa Maisky, der auf einem mit Wasser gefluteten Bühnenboden mit ru­ higer, stetiger Kraft die Musik Bachs interpretierte. Ein einmaliges Erlebnis: Die Tänzer gleiten über die Bühne. Sie markieren den Weg eines Pinsels und malen ein expressives Stimmungsbild, das wie Tinte auf einem Reispapier verläuft – alles im Fluss! n jedem Moment, ob bei den Proben oder in den Minuten vor der Uraufführung von „Whisper of Flowers“, erschienen uns die Tänze­rinnen und Tänzer hoch konzentriert und diszipliniert. Kurz vor einer Aufführung ziehen sie sich ganz in sich selbst zurück. Es sind Momente der Hingabe und Andacht, in denen die Stille im Raum greifbar wird. Neben Bewegungsspielen zur Auflockerung trainiert die Kompanie täglich hart in unterschiedlichsten Disziplinen. Lin Hwai-min hatte als Literaturstudent und Stipendiat in New York den modernen Tanz kennengelernt und später bei Martha Graham studiert. Sein Trainingsprogramm reicht von deren kraftvoller, dynamischer Modern-Dance-Technik bis zu Entspannungsübungen aus dem Tai Chi, bei denen es auf Weichheit und Geschmeidigkeit ankommt. So werden die Energieströme in Balance gebracht. Diese Form von Training hatten wir noch nirgends gesehen: Emotionen werden durch streng strukturierte Form vermittelt. Es wird sehr viel am Boden trainiert, nur ganz selten an der Stange. Die Macht der Persönlichkeit dieser Tänzerinnen und Tänzer, selbst beim Training, faszinierte uns vom ersten Augenblick. „Meine Tänzer sprechen viele Sprachen – mit ihren Körpern“, erklärt Lin Hwai-min die Vielfalt tänzerischer Möglichkeiten in seiner Kompanie. „Als ich anfing, war ich sehr am Wort orientiert. Ich habe nicht wenige narrative Ballette gemacht. Ich glaube nicht mehr, dass das der richtige Weg ist – beim Tanz geht es um den Körper.“ Für seine Tänzer hat er einen Rat: „Denkt nicht!“ Und er ergänzt: „Ich möchte, dass meine Tänzer sich wie Tiere über die Bühne bewegen“ – und dass sie diese künstlerisch gewonnene Natürlichkeit der Bewegung genießen. Lin Hwai-mins Interesse an der Kunst der Kalligraphie, aus dem heraus er über viele Jahre den dreitei­ ligen Zyklus „Cursive“ entwickelte, ist dann auch weniger der Bedeutung der Zeichen als dem Schwung des Zeichners geschuldet. Für „Cursive II“ ließ er die Kom­panie sechs Wochen lang über Kalligraphien improvisieren – erst dann begann die eigentliche Arbeit an dem Stück.

Die Zusammenführung westlichen und fernöstlichen Tanzes fordert dem Ensemble sehr viel ab. „Alle meine Tänzer haben Ballett und Modern Dance studiert. Aber sobald sie zu Cloud Gate kommen, lernen sie Qigong, Kalligraphie und Gongfu.“ Die bei uns als „Kung Fu“ bekannte Kampfsportart ist nur ein Aspekt des chinesischen Verständnisses von „Gongfu“, das weit darüber hinausgeht: „Gongfu ist nicht nur ein Begriff für alles, was man sich hart erarbeitet hat“, erklärt Lin, „sondern auch für freie Zeit und Muße.“ Dann entlässt er seine Truppe für den Tag und verabschiedet sich mit Weihrauchstäbchen in den buddhistischen Gebetsraum. ährend unser geplanter Aufenthalt mit acht Drehtagen bereits zur Hälfte vorbei ist und der Taifun noch immer wütet, üben wir uns in Ge­ lassenheit. Am vorletzten Drehtag werden wir für unsere Geduld belohnt: Der Himmel reißt auf, ein wolkenloser Tag mit strahlendem Sonnenschein erwartet uns. Lin Hwaimin nimmt sich Zeit, er zeigt uns eine Stadt der Kontraste: Im Schatten moderner Wolkenkratzer prägen altehrwür­dige Tempel­ anlagen, Schreine und Kultstätten das Straßenbild. In der Nationalbibliothek präsentiert er uns seine Bücher. Ursprünglich wollte er Schriftsteller werden. Mit 22 Jahren schrieb er einen Bestseller, der bis heute zu den wichtigsten Romanen in Taiwan zählt. Beim Besuch der komplett abgebrannten Tanzstudios am Stadtrand von Taipeh kommt große Wehmut in ihm auf: „Unsere besten Produktionen seit den 90 er-Jahren entstanden hier. Jetzt ist es wie auf einer Baustelle.“ Doch selbst in den Brandruinen sieht er nicht nur Schrecken und Verlust: „Das Ganze wirkt wie eine ungeheure Installation. Es ist sehr schön – herzzerreißend, aber schön. Buddha muss glauben, dass Cloud Gate noch sehr jung ist und diese neue Herausforderung bewältigen kann.“ Zu guter Letzt lädt er uns in sein Heim am Fluss ein. „Der Fluss ist überwältigend, die meiste Zeit so ruhig, als bewegte er sich gar nicht. Aber wenn man tiefer hineinblickt, ist er so vielfältig, so wunderschön. Und während man im Haus arbeitet, kommt es einem vor, als würde die ganze Welt atmen, wenn Ebbe und Flut wechseln. Ich glaube, viele meiner Ballette wären ohne diesen Fluss gar nicht entstanden. Er beeinflusst mein Leben, ganz ehrlich. Er macht aus mir – einen besseren Menschen!“ Lin Hwai-min muss lachen über das große Wort. Man glaubt ihm trotzdem, dass es so ist und gar nicht anders sein kann.


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BERLINER PHILHARMONIKER , KIRILL PETRENKO & GEORG NIGL SAMSTAG, 8. APRIL 2017, 18 UHR

OSTERFESTSPIELE 2017 7. BIS 17. APRIL 2017 TICKET-SERVICE: +49 (0) 7221 3013-101

PUCCINI: TOSCA FREITAG, 7. APRIL 2017, 18 UHR MONTAG, 10. APRIL 2017, 18 UHR DONNERSTAG, 13. APRIL 2017, 18 UHR OSTERMONTAG, 17. APRIL 2017, 18 UHR Hinter der Beliebtheit des packenden Opernkrimis „Tosca“ verschwindet manchmal der Kunstanspruch von Puccinis raffinierter Musik: Hier setzen die Berliner Philharmoniker mit Sir Simon Rattle an, um das Unerhörte im Vertrauten zu entdecken. Als Puccini-Orches­ ter haben die „Berliner“ mit Sir Simon schon in „Manon Lescaut“ bei den Baden-Badener Osterfestspielen 2014 geglänzt. Ihre letzte „Tosca“ – mit Herbert von Karajan in Salzburg – liegt aber fast 30 Jahre zurück. Auf ein Neues: mit Krist -ı ne Opolais als Tosca im Fest­spielhaus-Debüt, Marcelo Álvarez als Cavaradossi, Evgeny Nikitin als Scarpia und weiteren erstklassigen Solisten. Preise: 59 bis 360 Euro

Die Feuilletons jubelten, als die Berliner Philharmoniker die Wahl ihres künftigen Chefdirigenten bekannt­ gaben: Kirill Petrenkos Interpretationen genießen unter Kennern Kultstatus. Der zukünftige Chef stellt sich im Festspielhaus mit Tschaikowskys „Pathétique“, mit Mozarts „Haffner-Sinfonie“ und der Kantate „The WoundDresser“ von John Adams vor. Solist in Adams’ ele­gischem Stück für Bariton und Orchester ist Georg Nigl, den Kritiker in der Fachzeitschrift „Opernwelt“ zum „Sänger des Jahres 2015“ kürten. Preise: 29 bis 210 Euro

BERLINER PHILHARMONIKER & SIR SIMON RATTLE SONNTAG, 9. APRIL 2017, 18 UHR Gleich bei den ersten Osterfestspielen 2013 setzte Sir Simon Rattle mit der „Auferstehungssinfonie“ ein Zeichen, wie wichtig ihm Gustav Mahler ist. Nun steht in Baden-Baden die sechste Sinfonie des Wiener Spät­ romantikers auf dem Programm, die „Tragische“: Herden­ glocken künden vom stets gefährdeten Frieden. Plötzlich ist da ein Bildnis Alma Mahlers. Am Schluss fallen gewaltige Hammerschläge – denn wenn das Schicksal zuschlägt bei Mahler, dann sehr konkret. Preise: 29 bis 210 Euro


45 BERLINER PHILHARMONIKER , PINCHAS ZUKERMAN & ZUBIN MEHTA

FAMILIENKONZERT: ALTE UND NEUE ABENTEUER! FÜR KINDER AB SECHS JAHREN DIENSTAG, 11. APRIL 2017, 16 UHR SONNTAG, 16. APRIL 2017, 11 UHR Konzerte und Aufführungen für Kinder sind wesentlicher Bestandteil der Osterfestspiele. Diesmal versprechen Musikerinnen und Musiker der Berliner Philharmoniker ihrem jungen Publikum „alte und neue Abenteuer“ mit Musik von György Ligeti: In „Aventures“ und „Nouvelles Aventures“ lässt der Komponist Sänger und viele Instrumente lachen, weinen, staunen. Groß und Klein staunen mit – und haben viel Spaß bei exzellent dargebotenen musikalischen Aktionen. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro

LA TRAGÉDIE DE CARMEN SONNTAG, 9. APRIL 2017, 14 UHR MITTWOCH, 12. APRIL 2017, 18 UHR OSTERSONNTAG, 16. APRIL 2017, 14 UHR Der visionäre Theatermacher Peter Brook verdichtete Anfang der 1980 er-Jahre Bizets „Carmen“-Partitur. Gemeinsam mit dem Komponisten Marius Constant strich er Chor und Folklore – der Zucker fällt weg, dafür tritt die Schärfe hervor. Bei den Osterfestspielen kommt diese „Tragédie de Carmen“ auf die Bühne des Theaters Baden-Baden, inszeniert von Stipendiatinnen und Stipen­d iaten der „Akademie Musiktheater heute“ der Deutsche Bank Stiftung. Es singen Solistinnen und Solisten baden-württembergischer Musikhochschulen, begleitet von Musikerinnen und Musikern der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker. Preise: 47 bis 90 Euro

BERLINER PHILHARMONIKER , SIR SIMON RATTLE & LISA BATIASHVILI KARFREITAG, 14. APRIL 2017, 18 UHR Ob Trompeten, Fagotte, Streicher oder Schlagzeug: In Bartóks „Konzert für Orchester“ musiziert jeder mit jedem – ein Paradestück also für ein Orchester aus lauter Solisten. Das Werk gilt als populärstes Musikstück des ungarischen Komponisten. Auch Antonín Dvorˇák hat in seinem Violinkonzert den Solistenpart ganz eng mit den Orchestergruppen verzahnt. In der Geigerin Lisa Batiashvili haben die Berliner Philharmoniker eine ebenbürtige „Mitspielerin“, die ihnen virtuos und charismatisch Paroli bietet. Am Anfang des schwungvollen Programms unter Sir Simon Rattle steht eine Auswahl aus Dvorˇáks „Slawischen Tänzen“. Preise: 29 bis 210 Euro

Preise: 29 bis 210 Euro

MUSIKFEST OSTERSONNTAG, 16. APRIL 2017, 18 UHR Das Musikfest hebt Facetten der Berliner Philharmoniker hervor, die in anderen Programmen nicht ins Auge fallen. Da ist zum einen die Vielfalt der Ensembles, die Musiker des Orchesters aus eigener Initiative bilden: Das Berliner Philharmonische Oktett spielt Dvorˇáks „Bagatellen“, das Ensemble Berlin hat die Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter eingeladen, Lieder und Songs von Schubert bis Hanns Eisler zu singen. Und da ist zum anderen die Leidenschaft, mit der die Philharmoniker ihre Erfahrung an junge Musiker weitergeben. Wie in den Jahren zuvor ist das Bundesjugendorchester Gast des Musikfestes. Unter Sir Simon Rattle spielt es Rachmaninows dritte Sinfonie. Preise: 22 bis 110 Euro

AUSSERDEM IM PROGRAMM DER OSTERFESTSPIELE 2017 MEISTERKONZERTE Veranstaltungsorte: Alter Ratssaal im Rathaus, Evangelische Stadtkirche am Augustaplatz, Florentinersaal im Kurhaus Casino, Kirche St. Bernhard, Kristallsaal im Kulturhaus LA 8, Museum Frieder Burda, Runder Saal Kurhaus Casino, Spitalkirche, Theater Baden-Baden, Weinbrennersaal im Kurhaus Casino, Bürgerhaus Neuer Markt Bühl. So weit ausgeschwärmt wie 2017 sind die Berliner Philhar­ moniker noch nie bei ihren Osterfestspielen in BadenBaden. Die ganze Stadt ist Bühne für ihre Meisterkonzerte, zum ersten Mal gibt es dazu noch einen Abstecher nach Bühl. In den Meisterkonzerten huldigen Musikerinnen und Musiker der Berliner Philharmoniker und ihrer Orchesterakademie ihrer Leidenschaft für Kammermusik. In kleinen und mittel­g roßen Ensembles stellen sie sich dem Publikum vor. Preis: 25 Euro

FESTIVAL-LOUNGE Lassen Sie uns ins Gespräch kommen! In der Festival-Lounge im Kulturhaus LA 8 an der Lichtentaler Allee haben die Festspiele eine Außenplattform ganz eigener Art gefunden, auf der über Kunst nachgedacht wird: in Gesprächen mit den Künstlern der Festspiele, in Expertenrunden sowie in morgendlichen ausführlichen Einfüh­r ungsvorträgen zu den Konzerten und Vorstellungen des Abends. Die FestivalLounge veranstaltet das Festspielhaus Baden-Baden gemeinsam mit dem Kulturradio SWR 2.

Ve ra nsta ltunge n

KARSAMSTAG, 15. APRIL 2017, 18 UHR Rund soll der Ton klingen, mit leuchtendem Vibrato: Pinchas Zukerman ist der Repräsentant einer traditionellen Geigenästhetik, die durch ihre Schönheit jenseits aller Trends und Moden bestehen kann. Diese Schönheit passt perfekt zu Edward Elgars hochromantischem Violinkonzert. Bei Zubin Mehta, einem der letzten Dirigen­ ten aus der Ära großer Pultstars, ist sie in den besten Händen. Für die zweite Hälfte seines Osterfestspielkon­ zerts hat er Tschaikowskys Fünfte ausgesucht, die „Schicksalssinfonie“ des großen russischen Melodikers.


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K irill Pe tre nko

GLUCKLICHE

ERSCHEINUNG T E X T : E L E O N O R E B Ü N I N G

Ganz in seinem Element: Bühne und Podium sind der natürliche Lebensraum Kirill Petrenkos. Jenseits davon macht sich der leidenschaftliche und akribische Dirigent gern unsichtbar.


Bei den Osterfestspielen dirigiert Kirill Petrenko zum ersten Mal die Berliner Philharmoniker in Baden-Baden. Das Debüt ist ausverkauft, doch die Geschichte der „Berliner“ und ihres zukünftigen Chefdirigenten wird noch viele Kapitel haben. Was bisher geschah …

FOTO: WI LF RI ED HÖS L

DIE AUTORIN

ie Kaffeesatzleser wa­ ren überrascht. Wochenlang hatten sie nachhaltig und gründlich in allen Tassen gerührt. Journalisten, Lobbyisten, Inte­ ressenten und Agenten des internatio­nalen Musikbetriebes spekulierten, pro­ gnosti­ zierten, recherchierten, schlossen Wetten ab und hechelten jede denkbare Mög­ lichkeit durch, doch diesen Namen hatte niemand von ihnen auf dem Radar. Als die Orchestervorstände der Berliner Philharmoniker am Montag, dem 22. Juni 2015, um 13 Uhr vor die Presse traten und den designierten Chefdirigenten und Nachfolger Sir Simon Rattles bekanntgaben, im zweiten Wahlgang mit großer Mehrheit von der Orchesterversammlung gewählt, malte sich Staunen auf allen Gesichtern ab: Kirill Petrenko! Petrenko? Und sofort fing das Spökenkieken wieder an. Ist der nicht zu jung? Ist er nicht zu russisch? Nicht deutsch genug? Nicht zuverlässig? Ist er nicht ein bisschen verrückt? Ein Sonderling, ein Außenseiter? Kennt

Eleonore Büning wechselte 1997 von der „Zeit“ als Musikredakteurin zur „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Seit 2012 ist sie dort für das gesamte Musikressort verantwortlich. Als Kind in Bonn lernte sie Geige und Flöte zu spielen, beim Studium der Musik-, Theaterund Literaturwissenschaften in Berlin kam das Klavierspiel hinzu. Nach einem Umweg über die angewandte Musik­ therapie promovierte sie mit einer Arbeit über die frühe Beethoven-Rezeption. Sie schrieb unter anderem für die „taz“, die „Weltwoche“, den „Rheinischen Merkur“ sowie für den Rundfunk.

er denn überhaupt etwas anderes als Oper? Kann er auch Mozart, Beethoven, Brahms, Strauss? Kann er überhaupt sprechen? Und was soll das heißen: „große Mehrheit“? Es ist sowohl lustig als auch lehrreich, heute die aufgeregten Artikel aus diesen Tagen nochmals durchzublättern. Selbst in Zeitungen der Hauptstadt kann man einen Hauch von Zweifel zwischen den Zeilen finden, obgleich gerade die Berliner (und beileibe nicht nur die Berliner Philharmoniker!) es besser wussten. Ja: Er spricht. Nein: Er ist mit 44 nicht zu jung (Sir Simon Rattle war, als er die Philharmoniker übernahm, kein Jahr älter, Furtwängler erst 36). Und ja: Petrenko ist kein Schmalspurdirigent, er kennt sich bestens aus mit dem sinfonischen Kernrepertoire.

In Berlin hat Kirill Petrenko seit 2002 als Generalmusikdirektor an der Komischen Oper ein wahres Wunder an Aufbauarbeit vollbracht. Er hatte innerhalb kürzester Zeit das müde, mittelmäßige Orchester eines Hauses, das im Ranking der drei Berliner Opernhäuser ganz unten stand, jedoch auf der Abschussliste der Sparpolitiker ganz oben, in eine feurige, präzise, vielseitige und hochmotivierte Truppe verwandelt, vom Repertoire her breit aufgestellt, die auch regelmäßig Sinfoniekonzerte im Abonnement auflegte und deren Aufführungen man auf keinen Fall versäumen durfte. Erste Einspielungen des Orchesters der Komischen Oper ( mit Werken von Josef Suk) kamen heraus. Die „Opernwelt“ kürte den jungen Petrenko mehrmals zum „Dirigenten des Jahres“. Er kämpfte gegen die Opernreform, für sein Haus, er gab unzählige Interviews. Die Berliner Philharmoniker holten ihn sich ans Pult, erstmals 2006. Ja, manch einer reiste nach Berlin in diesen Jahren, um Petrenko dirigieren zu hören. Feuertrunkene Kritiker verglichen ihn, was die

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K irill Pe tre nko

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Auch was sehr, sehr gut ist, kann immer noch besser werden: Diese Gewissheit ist seine heim­ liche Triebfeder. Kompromisslosigkeit seiner Arbeitsweise anbelangt, aber auch die geheimnisvolle Beseeltheit, den besonderen Zauber seines Musizierens, mit Wilhelm Furtwängler oder mit Carlos Kleiber. Und ähnlich wie Kleiber übte sich Petrenko plötzlich in der Kunst des Verschwindens. Er kündigte, 2007, Knall auf Fall. Und er erklärte, im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Ich will frei sein von dieser umfassenden Verantwortung. Ich habe den Dirigentenberuf nicht gewählt, um dauernd an Sitzungen teilzunehmen. Es waren ja schließlich nicht fünf, sondern acht Jahre Generalmusikdirektion, zusammengerechnet mit Meiningen, wo ich vorher GMD war. Sehen Sie, ich habe vom Studium weg immer fest angestellt gearbeitet. Das andere Leben kenne ich nicht.“ Außerdem, so Petrenko, sei er erschöpft. Bis zu 65 Abende, Oper oder Konzert, habe er pro Saison geprobt und dirigiert: „Die Arbeit beginnt lange, bevor man den Taktstock hebt, und sie endet viel, viel später, nachdem die letzte Note längst abgewunken ist.“ Sprach’s. Und weg war er. iese Auskunft über seine Arbeitsweise ist bezeichnend für einen waschechten Workaholic. Wer ab und zu das Glück hat, Petrenko bei Proben zu beobachten, der kann bestätigen, dass es genauso heute noch abläuft. Schon bevor er vor dem Orchester auftaucht, im T-Shirt, mit Wasserflasche und Handtuch, hat Petrenko die Partitur mehrfach im Kopf durchdirigiert. Er ist jedes Mal glänzend präpariert. Er erwartet das, in aller Freundschaft, auch von seinen Leuten. Nach der Probe, auch nach Konzertaufführungen, beispielsweise auf Tourneen, geht er abermals die Partitur durch, korrigiert in Gedanken weiter, probiert Alternativen aus und taucht anderntags lächelnd wieder auf in der kurzen Anspielprobe – „Ja, das war gestern

In den wenigen Schritten von der Hinterbühne aufs Podium verwandeln sich 128 Indivi­ dualisten in einen Klangkörper – vorausgesetzt, der Richtige steht vorne. Mit Kirill Petrenko haben die Berliner Philharmoniker ihre Wahl für die Zukunft getroffen.

sehr, sehr gut, ich bin glücklich, danke. Aber wir könnten, Buchstabe H, Takt 5, bitte die Klarinetten …“ – um dann noch einmal intensiv alles durchzuproben, bis kurz vor Einlass des Publikums. Auch was sehr, sehr gut ist, kann immer noch besser werden. Dass die Skala nach oben offen bleibt: Diese Gewissheit ist die heimliche Triebfeder des Kirill Petrenko und das Geheimnis seiner staunenswerten Überraschungserfolge.

Nach dem Abschied von der Komischen Oper Berlin machte Petrenko sich rar. Wenn er auftauchte, ging es um ein besonderes Projekt. Mit dem Regisseur Harry Kupfer brachte er in Frankfurt Hans Pfitzners Oper „Palestrina“ heraus, mit Peter Stein eine Tschaikowsky-Trilogie in Lyon. Bei seinen Gastdirigaten an der Met, beim Concertgebouw und beim Chicago Symphony Orchestra wünschte man sich von ihm, dem im Ural gebürtigen Russen, vorwiegend allrussische Programme. Ja, in diesen fünf Jahren als Freelancer dirigierte Petrenko mehr Mussorgsky, Strawinsky, Tschaikowsky, Schostakowitsch als je zuvor oder danach. Und natürlich: Rachmaninow. Mit dessen Musik sei er aufgewachsen, als er noch in


FOTOS: M ONI K A RI T TER SHA US

Omsk unter den Pulten des philharmonischen Orchesters durchkrabbelte, umgeben von Musik, so berichtete Petrenko 2007 im Interview im Wiener Musikverein. Und schon als junger Pianist habe er immer wieder nur Rach­ ma­ninow spielen wollen, ein „vielfach unterschätzter und falsch verstandener Meister“, vor allem im westlichen Ausland, wo er mit viel Zuckerguss und falschen Rubati verkitscht werde. „In der Musik gibt es ein Tempo und ein Maß, eine Form, einen Inhalt. Da kann man sich nicht alles erlauben.“ irill Garrievieč Petrenko wurde 1972 quasi direkt ins Orchester hineingeboren. Sein Vater Garri Petrenko war Geiger und Konzertmeisters des Omsker Sinfonie­ orchesters, seine Mutter Olga Dawydona Musikwissenschaftlerin und als Programmdramaturgin für das Orchester tätig. Sie bemerkten rasch die Hochbe­gabung ihres Sprösslings. Elfjährig trat Kirill erstmals als Pianist mit dem Orchester auf. Als er 18 war, zog die ganze Familie seinetwegen nach Österreich um, wo er am Konservatorium in Feldkirch das Kon­ zert­examen als Pianist ablegte. Gleich danach begann er in Wien bei Uroš Lajovic ein Dirigierstudium. „Ich wollte immer dirigieren! Es war immer mein Wunsch, mein Traum, mein Ziel, seit ich in einem Konzert war. Dieser Posten da vorn hat mich so fasziniert, und das, was man daraus mit der Musik machen kann“, sagte Petrenko 2007, in einem seiner letzten öffentlichen Interviews. Weitere Stationen dieser Blitzkarriere: 23-jährig Korrepetitor an der Wiener Volksoper, dann zwei Jahre Kapellmeister daselbst, mit 27 jüngster Generalmusikdirektor Deutschlands

OSTERFESTPIELE 2017 KIRILL PETRENKO & BERLINER PHILHARMONIKER 8. APRIL 2017 DAS KONZERT IST AUSVERKAUFT / WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF WWW.FESTSPIELHAUS.DE

in Meiningen, wo er den gesamten „Ring des Nibelungen“ en suite innerhalb von vier Tagen dirigierte: in der Regie von Christine Mielitz, Bühnenbild von Alfred Hrdlicka, einstudiert mit zwei verschiedenen Orchestern, weil das tarifrechtlich anders gar nicht möglich gewesen wäre. Das machte ihn über Nacht bekannt und verschaffte ihm Jahre später, 2013, das Engagement in Bayreuth, wo er drei Jahre lang den „Ring des Nibelungen“ dirigierte. Zu diesem Zeitpunkt war Kirill Petrenko gerade wieder aus der Versenkung aufgetaucht. Er ließ sich erneut fest anstellen, als Generalmusikdirektor in München. Und erklärte, er werde ab sofort keine In-

Er will den Komponisten, die Partitur, die Musik ins Zentrum rücken. Interviews lehnt er ab.

terviews mehr geben. Nicht, dass er nichts zu sagen hätte. Aber: „Ich möchte durch meine Arbeit auf dem Podium sprechen. Ich versuche, den Komponisten zu vertreten, die Partitur, die Musik ins Zen­ trum zu rücken.“ Und so wiederholte sich in München das Wunder, das sich einst an der Komischen Oper in Berlin ereignet hatte. Die Münchner lieben Kirill Petrenko, für die kompromisslosen musikalischen Höhenflüge, die er sich und anderen zumutet. Die Kollegen lieben ihn, die Orchester, das Publikum. Kann sein, manchmal wird ihm all diese Heldenverehrung doch zu viel. Den Berliner Philharmonikern gab er sein Jawort nicht „mit tausend Freuden“, wie es Karajan einst tat. Er ließ ausrichten: Er freue sich auf viele Momente des künstlerischen Glücks. Mit ihrem Kollegen Daniel Stabrawa sind Daishin Kashimoto (links) und Noah Bendix-Balgley (rechts) als Erste Konzertmeister das wichtigste Bindeglied zwischen Dirigent und Orchester.

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Lachen, weinen, die Welt umarmen: Das alles kann Lisa Batiashvili in Dvorˇáks leiden­schaftlichem Violin­ konzert.

TICKET-SERVICE: +49 (0) 7221 3013-101 ANDRÉS GABETTA & CAPPELLA GABETTA JAHRESZEITEN VON VIVALDI UND PIAZZOLLA SAMSTAG, 4. MÄRZ 2017, 18 UHR Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ haben auch Astor Piazzolla inspiriert: Andrés Gabetta, Geiger mit argentinischen Wurzeln, stellt die „Jahreszeiten“-Zyklen des barocken Venezianers und des argentinischen TangoErneuerers gegenüber. Solist am Bandoneon ist Mario Stefano Pietrodarchi, es spielt die Cappella Gabetta. Preise: 14 bis 70 Euro

GIDON KREMER & MARTHA ARGERICH KREMERATA BALTICA SONNTAG, 5. MÄRZ 2017, 17 UHR Martha Argerich tritt am liebsten mit Freunden auf, diesmal mit der Kremerata Baltica und dem Geiger Gidon Kremer zu dessen 70. Geburtstag. Mozarts Doppel­ konzert KV 299 steht auf dem Programm, für Geige, Klavier und Orchester eingerichtet von Victor Kissine, dazu Janácˇeks Sonate für Violine und Klavier und das selten zu hörende Quintett op. 18 von Mieczysław Weinberg in einer Fassung für Klavier und Streichorchester. Preise: 19 bis 130 Euro

LISA BATIASHVILI BERLINER PHILHARMONIKER & SIR SIMON RATTLE KARFREITAG, 14. APRIL 2017, 18 UHR Der Solistenpart in Dvorˇáks Violinkonzert ist eng mit den Orchestergruppen verzahnt: In Lisa Batiashvili haben die Berliner Phil­ harmoniker eine ebenbürtige „Mitspielerin“, die ihnen virtuos und charismatisch Paroli bietet. Am Anfang des Programms steht eine Auswahl aus Dvorˇáks „Slawischen Tänzen“. Nach der Pause: Bartóks „Konzert für Orchester“. Preise: 29 bis 210 Euro

HILARY HAHN ORCHESTRE NATIONAL DE LYON & LEONARD SLATKIN FREITAG, 12. MAI 2017, 19 UHR Es ist eine Weile her, dass Hilary Hahn mit einem großen romantischen Violinkonzert in Baden-Baden zu hören war. Nun kommt sie zurück mit dem Tschaikowsky-Konzert, einem Publikumsliebling und virtuosen Schwer­ gewicht, umrahmt von Francks sinfonischer Dichtung „Der wilde Jäger“ und Berlioz’ „Sym­ phonie fantastique“. Leonard Slatkin dirigiert das Orchestre National de Lyon. Preise: 22 bis 110 Euro


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ANNE-SOPHIE MUTTER & DANIIL TRIFONOV MUTTER’S VIRTUOSI

Preise: 25 bis 170 Euro

LAUMA & BAIBA SKRIDE, LISE BERTHAUD, HARRIET KRIJGH SONNTAG, 18. JUNI 2017, 11 UHR Die lettische Geigerin Baiba Skride mit ihrer Schwester Lauma und den Musikerinnen Lise Berthaud und Harriet Krijgh im Klavier­ quartett. Im Festspielhaus führen die Künstle­ rinnen die beiden vielleicht bedeutendsten Werke für diese Formation auf: die g-MollQuartette von Brahms und Mozart.

FOTO: SA MM Y HART /DG

Preise: 9 bis 40 Euro

HOCHST PERSON LICH

Ve ra nsta ltunge n

PFINGSTMONTAG, 5. JUNI 2017, 18 UHR Ein Gipfeltreffen: Die Geigerin Anne-Sophie Mutter und der Pianist Daniil Trifonov spielen das „Forellenquintett“ und das Notturno von Schubert, mit Unterstützung des Kammer­ ensembles „Mutter’s Virtuosi“. Anschließend erklingen Vivaldis „Vier Jahreszeiten“.


B e rline r Philha rmonike r

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VIRTUOSEN DER

STILLE T E X T : F R E D E R I K H A N S S E N F O T O S : S T E P H A N R A B O L D

Die Berliner Philharmoniker sind deshalb ein so großartiges Orchester, weil sie sich ständig selbst herausfordern – auch wenn die Musik mal Pause hat.

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Wer von Profimusikern wissen will, welche Musik sie zuhause am liebsten hören, erhält fast immer die Antwort: gar keine! Für Menschen, die beruflich mit Bach, Beethoven, Brahms und Co. zu tun haben, ist Stille die beste Erholung. Christian Stadelmann, Erster Stimmführer der zweiten Vio­linen bei den Berliner Philharmonikern, kann das erklären: „Als Instrumentalist muss man extrovertiert sein, man gibt durch die Interpretation ja stets etwas von sich nach außen, teilt sich durch die Musik mit. Darum suchen sich viele von uns in der Freizeit eine Beschäftigung, die geräuschlos ist – und weitgehend nach innen gerichtet.“ Schon im Mittelalter unterschieden die Mönche zwischen der Vita activa und der Vita contemplativa, also dem tätigen Leben einerseits und der besinnlichen Betrachtung von Religion, Natur oder Kunst andererseits, erklärt der Geiger, dessen private Passion das Büchersammeln ist. Sein Kollege Dominik Wollenweber, der im Orchester Englischhorn und Oboe spielt, hat sich dem Langstreckenlauf verschrieben und schon dreimal die Marathonstrecke bezwungen. Solo-Pauker Rainer Seegers wiederum sammelt in großem Maßstab Nachtfalter. Mit dem, was landläufig „Hobby“ genannt wird, hat das wenig zu tun. Denn alle drei Philharmoniker pflegen ihre persönlichen Leidenschaften mit eben jener Intensität, die sie auch von ihrer Arbeit in dem Spitzenorchester gewohnt sind. Wem der Beruf Berufung ist, so scheint es, der tendiert selbst in der Freizeitgestaltung zum Extrem. Der Dachboden in Rainer Seegers’ Haus gleicht einem wissenschaftlichen Archiv: In mannshohen Schubladenschränken liegen sie, die Noctuidae, zu Tausenden und Abertausenden, mit ihrem Fangdatum versehen, auf Nadeln gespießt und nach Arten sortiert. Dabei hat der Musiker den Hauptteil seiner beeindruckenden FalterSammlung längst dem Berliner Museum für Naturkunde übergeben, aus Platz­ mangel und zwecks fachspezifischer Aufarbeitung.

Charles de Gaulle und Konrad Adenauer haben seine Leidenschaft einst geweckt, zumindest indirekt. Im Rahmen des französisch-deutschen Versöhnungsprozesses hatten die zwei Staatslenker eine Initia­ tive gestartet, durch die sich Jugendliche aus beiden Ländern per Brieffreundschaft näherkommen sollten. Bei Rainer Seegers klappte das so gut, dass er bald seinen Compagnon in Südfrankreich besuchen konnte. Dort zog er dann erstmals los, fasziniert von der örtlichen Schmetterlingsvielfalt – mit einem Netz, das eigentlich für den Fischfang gedacht war. Als der junge Pauker seine erste Festanstellung in Braunschweig bekam und dort durch die Umgebung streifte, begann er, sich auf jene Spezies zu spezialisieren, die der Laie „Motten“ nennt, der Fachmann

Viele von uns suchen in der Freizeit eine Be­schäftigung, die geräuschlos ist – und weitgehend nach innen ge­richtet.

aber Microlepidoptera. Bei der nächsten Jobstation in Köln kam so manches Exemplar dazu, den großen Kick für die Kollektion aber brachte 1986 der Wechsel nach Berlin. Denn die vielen internationalen Tourneen des Orchesters ermöglichten es dem Musiker, auch Insektenbörsen in Asien und Amerika zu besuchen oder dort mit Gleichgesinnten auf die Jagd zu gehen. Vorzugsweise nachts und bei Regen – dann „fliegt am meisten“, wie Seegers betont. ei einem New-York-Gastspiel der Philharmoniker erwischte er genau den Moment, als die amerikanischen Monarchfalter auf ihrer Reise Richtung Florida nahe der Metropole vorbeizogen, in unvorstellbar großen, Millionen von Tieren umfassenden Schwärmen – ein unvergessliches Erlebnis. Steht man zu Besuch in Rainer Seegers’ Präparationswerkstatt und betrachtet die Nadeln in zehn verschiedenen Größen, mit denen die in der Tiefkühltruhe getrockneten und dann auf einer speziell geformten Holzvorrichtung in optimale Präsentationsform gebrachten Tiere aufgespießt werden, dann sieht das alles schon sehr nach Obsession aus. Doch dem Musiker geht es um mehr als ums Jagen und Sammeln. Er will dazu beitragen, dass seine Mitmenschen die Umwelt sensibler wahrnehmen – und ihre Vielfalt bewahren. Zwei Naturschutzgebiete sind bereits


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die 42,195 Kilometer ins Auge gefasst und die Königsdisziplin aller Läufer bereits dreimal absolviert. Zweimal in Berlin und einmal im japanischen Kobe. „Wir waren gerade mit dem Orchester auf Tour in Asien und der dortige Marathon passte perfekt in unseren Zeitplan“, berichtet der 49-Jährige. Denn Wollenweber hatte an diesem Tag spielfrei. „Am Abend nach einem Marathon könnte ich nicht auftreten, denn die Muskelanspannung spürt man bis in die Lippen.“ und ein Drittel seiner 127 Kollegen macht intensiv Sport, schätzt Wollenweber. Wie es ist, die Grenzen der eigenen Belastbarkeit auszutesten, erfahren Pro­ fimusiker ja schon als Kind: „Während sich die Altersgenossen zum Spielen trafen, haben wir exzessiv Tonleitern geübt.“ Eine gewisse masochistische Ader sollten Musiker also haben. Ebenso wie die Bereitschaft, „seine Schmerzgrenze auch mal zu überschreiten“. Gerade bei einer Spitzenformation wie den Berliner Philharmonikern kann sich der gebündelte Ehrgeiz durchaus auch als Gruppendruck bemerkbar machen. „Jeder will hier etwas ganz Besonderes verkörpern, ganz besondere Ziele verfolgen“, hat Dominik Wollenweber beobachtet. auf Rainer Seegers’ Initiative hin ent­ standen, in der Nähe von Hannover sowie in der Eifel. Im brandenburgischen Betzensee betreibt er aktuell Feldforschung, konnte dort bereits 550 Nachtfalterarten nachweisen und mehrere Schmetterlingsarten nachhaltig wieder ansiedeln. Wenn Dominik Wollenweber draußen unterwegs ist, schweift sein Blick nicht suchend über Büsche und Bäume. Der Fokus des Oboisten liegt dann ganz auf dem eigenen Körper, auf seinem Atem, dem regelmäßigen Rhythmus der Schritte. „Rennen“ nennt der Zweimetermann seine Sportart, die sich für seine Körper­ größe eigentlich gar nicht anbietet, weil das Laufen über weite Strecken bei hochgewachsenen Menschen strapaziöser für die Gelenke ist als bei kompakt gebauten. Aber er hat sich mitreißen lassen, von seinem Kollegen Christoph Hartmann, hat

OSTERFESTSPIELE DER BERLINER PHILHARMONIKER

SIR SIMON RATTLE DIRIGIERT PUCCINIS „TOSCA“ MIT KRISTI- NE OPOLAIS, MARCELO ÁLVAREZ UND EVGENY NIKITIN. KONZERTE DER BERLINER PHILHARMONIKER MIT SIR SIMON RATTLE, KIRILL PETRENKO UND ZUBIN MEHTA, SOLISTEN: GEORG NIGL, LISA BATIASHVILI, PINCHAS ZUKERMAN UND ANNE SOFIE VON OTTER . WERKE VON MOZART, TSCHAIKOWSKY, DVORˇ ÁK, MAHLER , BARTÓK UND ANDEREN. 7. BIS 17. APRIL 2017 / WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF WWW.FESTSPIELHAUS.DE

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Schreiende Farben sind eher die Ausnahme: Solo-Pauker Rainer Seegers braucht sie nicht zu seiner Freude an unendlicher Variation.


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„Am Abend nach einem Marathon könnte ich nicht auftreten“: Aus dem Mund von Englischhornist Dominik Wollenweber klingt es fast so, als nähme er sich das übel.

Jeder will hier etwas ganz Besonderes verkörpern, ganz besondere Ziele verfolgen.

eine leistungssportliche Seite lebt er vor allem auf Gastspielreisen aus. Zuhause in Berlin will er lieber für seine Frau und die sechs Kinder da sein. Wenn der Oboist aber „mit Jetlag in einem fremden Hotelzimmer liegt“ und sich fühlt, als würde er „in ein graues Loch fallen“, dann treibt es ihn sofort in den nächstgelegenen Park, zum „Kilometerfressen“. Ja, sagt Wollenweber, es könne durchaus eine Art Fluchtreflex dahinterstecken: weg vom engen Bei­ einander, das diesen Beruf prägt, bei den Proben, abends im Konzert und auf den vielen Reisen. Da ist das temporäre Ausklinken aus der Gemeinschaft ein probates Mittel gegen den Lagerkoller. Eine lautlose Leidenschaft ist auch die von Christian Stadelmann: „Eremitenhaft“ nennt er sie. Der Geiger liebt es, sich über

sogenannte Stundenbücher zu beugen, die mittelalterliche Vorform des Gebet­ buches. Und zwar nicht nur über eine ausgewählte Seite, wie es bei den in Museumsvitrinen ausgestellten, reich ornamentierten Originalen zwangsläufig der Fall ist. Darum hat er angefangen, Faksimiles zu sammeln, also Nachdrucke, mit denen man sich, wenn sie gut gemacht sind, so fühlen kann wie der Herzog von Berry. Der ließ im Frankreich des 14. Jahrhundert eines der künstlerisch wertvollsten Stundenbücher erstellen – nicht als aristo­ kratisches Repräsentationsobjekt, sondern zur privaten geistigen Erbauung. Während einer Nordamerika-Tournee mit den Philharmonikern hat Stadelmann „sein“ Berry-Faksimile einst gefunden, in To­ ronto, beim Stöbern in einem Antiquariat. Solche Zufallsfunde sind dem bibliophilen Geiger die liebsten. „Ich mag die Atmosphäre der Geschäfte, die zumeist von Menschen geführt werden, die auf den ersten Blick vielleicht etwas kauzig wirken, aber sofort aufblühen, wenn sie merken, dass der Kunde nicht der billigen Secondhandware wegen gekommen ist“, schwärmt Stadelmann. Der Siegeszug des Internets allerdings hat ihn weitgehend dieser Möglichkeit beraubt: „Heute ist alles internationalisiert, die Bestände sind jederzeit online einsehbar.“ Das gilt auch für das zweite Sammlungsgebiet Stadelmanns, die edlen „PressenDrucke“ der deutschen Buchkunstbewegung. Die hatte sich vor 130 Jahren gebildet, um das hochwertige Handwerk zu pflegen. Auf handgeschöpftem Büttenpapier entstanden in kleinen Auflagen be­ törend schöne Exemplare mit Goldschnitt und feinsten Ledereinbänden. Als Wertanlage oder gar Spekulationsobjekte betrachtet Christian Stadelmann seine Stücke nicht. Er will einfach nur ihre Schönheit genießen, die Qualität der Verarbeitung spüren. Für später, wenn er in Rente ist, hat er fest geplant, sich selber in die Feinheiten der Buchbinderei einzuarbeiten.


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„Moderato“ ist eine Spielart, die die Ber­ liner Philharmoniker offensichtlich nur dann akzeptieren, wenn Komponisten sie in ihren Partituren fordern. Nicht aber fürs eigene Leben. Neben den drei Porträtierten gibt es beispielsweise auch noch den Cellisten, der mit einer Spezialkamera den Flug der Libellen festhält, den rasanten Radrennfahrer aus der Oboengruppe oder den Klarinettisten, der zugleich Teilzeit-Bauer ist. ndere Philharmoniker geben sich auch einfach nur rückhaltlos ihrem Beruf hin. Da kann es dann aber durchaus auch mal vorkommen, dass sie bereits vor der Orchesterprobe eine Sitzung mit ihrer Kammermusikformation absolvieren, mit der sie dann nachmittags ein Konzert geben, um abends wieder mit den anderen im großen Saal aufzutreten. Die neueste Mode unter den Musikern ist allerdings das Dirigieren. Einige Mitglieder hat das Orchester schon verloren, weil die sich ganz auf eine Zweitkarriere als Maestro konzentrieren wollten. Rund ein Dutzend Philharmoniker greifen regelmäßig in ihrer Freizeit zum Taktstock. Mag ein Dirigent auch von Musik umflossen sein – zumindest in einem Punkt gleich er seinen Kollegen mit den stillen Passionen: Er verrichtet seine Arbeit völlig geräuschlos.

Schönheit ist eine Frage des Hand­ werks, und das hat der philharmo­ nische Geiger Christian Stadelmann in den Fingern.

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DER AUTOR Frederik Hanssen, in Berlin geboren, studierte Musikwissenschaften, französische Philologie und Kultur­ management in seiner Heimatstadt, in Mailand und St. Etienne. Beim Berliner „Tagesspiegel“ ist er seit 1998 Feuilletonredakteur für klassische Musik. Regelmäßig schreibt er auch für die Fachzeitschrift „Opernwelt“ und rezensiert aktuelle CDs fürs Kulturradio des RBB.


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Wer ist Carmen? María Pagés tanzt ihre Antwort.


TICKET-SERVICE: +49 (0) 7221 3013-101 BÉJART BALLET LAUSANNE SAMSTAG, 18. FEBRUAR 2017, 18 UHR SONNTAG, 19. FEBRUAR 2017, 17 UHR Maurice Béjart war der Verführer des Balletts, Magier, Egomane, Überwältiger – der Titel seines Bartók-Balletts „Der wunderbare Man­ darin“ könnte auch ihn selbst charakteri­ sieren. Weitere Werke des Abends mit dem Béjart Ballet Lausanne: „Piaf“, eine Hommage an die große Diseuse, und „Tombées de la dernière pluie“ in der Choreographie des Béjart-Nachfolgers Gil Roman. Preise: 19 bis 90 Euro

CLOUD GATE DANCE THEATRE OF TAIWAN SAMSTAG, 29. APRIL 2017, 18 UHR SONNTAG, 30. APRIL 2017, 17 UHR Die Tänzer von Cloud Gate verschmelzen Modern Dance, Ballett, asiatische Bewegungs­ techniken, Meditation und nicht zuletzt die Schwünge der Kalligraphie zu einer unge­ wöhnlichen und expressiven Aufführung. Bei ihrem nunmehr zweiten Gastspiel zeigt die Compagnie „Dust“ zu Musik von Schostakowitsch und „White Water“. Preise: 19 bis 90 Euro

MARÍA PAGÉS COMPANY

F OTO: DAVID RUAN O

SAMSTAG, 15. JULI 2017, 18 UHR Wer in Spanien tanzt, kommt an Carmen nicht vorbei. In besonderem Maße gilt dies für María Pagés, die modernen Tanz mit traditio­ nellem Flamenco verbindet. „Yo, Carmen“ – „Ich, Carmen“ heißt das Programm, mit dem sie der komplexen Figur ein neues, eigenwilliges Leben auf der Bühne gibt. Preise: 14 bis 90 Euro

Ve ra nsta ltunge n

TANZ

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Pucc ini: Tosc a

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Der VerfĂźhrer als VerfĂźhrte: Puccini verbarg sich gern hinter der Maske seiner Opernheldinnen.


Kenner schätzen ihn als Könner, Komponisten beneiden ihn um seine Melodien. Weniger analytischen Hörern geht einfach das Herz auf, wenn sie seine Opern hören: Mit „Tosca“ steht zum zweiten Mal Puccini im Mittelpunkt der Osterfestspiele. Ein Kritiker und ein Schriftsteller über eine ungebrochene Faszination.

WARUM

PUCCINI HELMUT KRAUSSER

FOTO: ULL STE IN BI LD

JÜRGEN OTTEN Der Journalist, Publi­zist und Autor studierte Schulmusik, Klavier und Germanistik. Zu seinen Veröffentlichungen zählen „Herbert von Karajan. Bilder eines Lebens“ (2007), „Große Pianisten der Gegenwart“ (2009) und „Fazil Say: Pianist, Komponist, Weltbürger“ (2011). In der Reihe „Schrif­ ten zur neuen Musik“ war er Herausgeber des Bandes „Frank Schneider: von gestern auf heute“ (2012). Nach einer Spielzeit als Schauspieldramaturg in Weimar wechselte er 2012 als Musiktheaterdramaturg ans Staatstheater Kassel. Festspielhaus-Besuchern ist er als Autor zahlreicher Pro­ grammhefte bekannt. Seit November 2016 ist er Redakteur der Zeitschrift „Opernwelt“.

Der Romancier, Dramatiker, Lyriker und Komponist hat drei seiner Bücher und über 15 Jahre Recherche Giacomo Puccini gewidmet. Zurzeit engagiert er sich für die Wie­derentdeckung von Puccinis Konkurrenten, dem von den Faschisten verfemten jüdischen Baron Alberto Franchetti, dessen letzte noch nicht uraufgeführte Oper „Don Buonaparte“ er momentan ediert.

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TÖCHTER DER LIEBE er Tod trägt ein esMoll-Gewand. Düstere Farbe, düsterer kaum denkbar. Und nicht zufällig wählte Puccini mit es-Moll die Paralleltonart von Ges-Dur, jenem Tongeschlecht, in welchem schon die (mehr oder minder) heilige Elisabeth aus Wagners „Tannhäuser“ ihr weltabgewandtes Gebet verrichtete, nachdem die Liebe entschwunden war. Hier nun, in Giacomo Puccinis letzter, unvollendeter Oper „Turandot“ – der Komponist starb darüber, worauf zunächst Franco Alfano, sehr viel später (und weitaus subtiler) dann Luciano Berio einen Schluss für das Werk vorlegte –, hier nun also sehen wir eine Frau, die es in sich birgt, das Religiös-Erhabene. Aber das genügt nicht. Liù ist darüber hinaus eine bedingungslos Liebende: Für die Liebe, und nur für sie, ist Liù bereit zu sterben. Puccini weiß, wie er das in Töne fassen muss. Seine Spielanweisung ist deutlich: „con un poco d’agitazione, con dolorosa espressione“, mit einer gewissen Bewegtheit und mit schmerzvollem Ausdruck möge die Interpretin Liùs kurze Arie singen, in der wir die wohl berührendste Szene der gesamten Oper sehen (und hören) dürfen: als ein einziges großes Lamento, dessen Kern jenes pentatonische Sehnsuchtsmotiv bildet, das selbst dann noch erklingt, wenn Liù sich schon den Dolch in ihre zart-schöne Brust gestoßen hat. Liùs Tod, das ist der Tod einer hingebungsvoll Liebenden. Und dem entkommen wir nicht. uccini hat es so gewollt. Seine Opern sind, mit streng genommen nur einer Ausnahme, melancholisch verschattete, ja existentielle, existenzbedrohende Erzählungen, Erzählungen vom Leben und von der Liebe – und was die Liebe vermag. Der italienische Verismo-König hatte dabei aber weniger die großen Charaktere im Sinn. Seine Protagonistinnen tragen vor allem eines in sich – so auch Liù, seine letzte Sterbende, bevor er selbst starb: „un grande dolore in piccole anime“ nannte es Puccini, den großen Schmerz in einer kleinen Seele. Doch damit würde man den Frauen nicht wirklich gerecht werden. Denn in gewisser Weise sind sie alle Königstöchter: Königstöchter der Liebe. Acht von ihnen sterben am Ende der jeweiligen Oper – acht von zwölf. Die Prominenteste ist, neben Liù, zunächst vielleicht Mimì aus „La Bohème“, die Zartbesaitete. Ihr heroisches Pendant finden wir in Tosca, jener unbändig-starken, eigensinnigen und doch über alle Maßen liebenden Frau, die aus freiem Willen in den Tod geht, nachdem der Barbar Scarpia ihren Geliebten gegen sein Versprechen heimtückisch hat hinrichten lassen. Dass er selbst mit dem Tod büßt, genügt Tosca, die ihn richtet, nicht. Sie selbst will dieses Leben, aus dem man Mario Cavaradossi schmählich herausgerissen hat, nicht mehr leben. Ähnlich Cio-Cio San, der Madama Butterfly: Mag sie fragil sein wie ein Schmetterling – im Tod, der wie bei Tosca ein selbst herbei­ geführter ist, bekundet sie eine enorme Willensstärke. Hier liegt der feine Unterschied zu Manon Lescaut: Tosca richtet sich selbst, Manon wird vom Leben gerichtet. Sie stirbt, weil sie zu schwach ist. Darin ist sie Anna (aus „Le Villi“), Fidelia (aus „Edgar“) und Suor Angelica näher als Tosca.

Was sie alle eint, ist die Schönheit. Nicht in erster Linie die glatte Schönheit des Körpers, sondern die Schönheit der Seele, die, mit Rilke gesprochen, stets der Anfang des Schrecklichen ist. Sie vor allem ist es, die zeitlos bleibt. Und die uns, das Publikum, unweigerlich in ihren Bann zieht. Warum gehen wir ins Theater, in die Oper? Nicht, weil wir belehrt werden wollen – das Leben belehrt uns genug. Nein: Wir gehen an diesen Ort der Illusionen, weil wir, auch wenn wir das Gegenteil behaupten, berührt werden wollen. Puccini ist, was das angeht, neben Verdi und Wagner, den großen Antipoden, einer der wirkmächtigsten Komponisten. Und das mit gutem Grund. Puccini folgt wie seine Librettisten dem Ideal des aristotelischen Theaters, das stets ein Theater der Erschütterung ist. Auf beinahe sämtliche Opern Puccinis lässt sich die Theatertheorie des Aristoteles anwenden. Sie beginnt mit der „hamartia“, dem Irrtum, und endet, nach „peripetie“ und „anagnorisis“, nach Wendepunkt und Wiedererkennung, mit der Katastrophe. ie ist es eine laute, brüllende, apodiktische: Die Ka­ tastrophe zerfließt geradezu in Schönheit. Thomas Mann hat das in seinem Roman „Der Zauberberg“ aufs Eindrücklichste und Anschaulichste beschrieben, in dem Kapitel „Fülle des Wohllauts“. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass Puccini hier im Mittelpunkt steht. Wir sehen Hans Castorp, lungenkrank, vor einem Grammophon der Marke „Polyhymnia“ – eine der neun Musen trug diesen Namen, die Hymnenreiche. Er lauscht den musikalischen Schätzen, unter anderem dem „unsichtbar-wohllautenden Liebespärchen“ aus dem ersten Akt von „La Bohème“. Gemeint sind natürlich Rodolfo und die schwindsüchtige Mimì: „Zärtlicheres gab es auf Erden nicht […] als diese bescheidene und innige Gefühls­ annäherung.“ Kurz darauf stürzt der traurige Held in den Ersten Weltkrieg und in den Tod. Und ähnelt darin Puccinis Mimì, die aus heiliger Des-Dur-Sphäre ins h-Moll-Jenseits hinabrutscht. Diese Dialektik von Leben und Tod ist es, die Puccini in seinen Opern beschreibt, mit einer Musik, die in Herz und Hirn vordringt. Denken wir allein an das berühmte Klarinettensolo in Cavaradossis „E lucevan le stelle“ aus „Tosca“. Das ist, wie man es auch dreht und wendet, einfach himmlische Musik, so schlicht, so schön, so schmerzensreich. Eine Musik, die Puccinis Ideal absolut entspricht, es zum Ausdruck bringt. „Die Liebe und der Schmerz“, schreibt Puccini einmal an einen Freund, „sind mit der Welt geboren.“ In seinen Opern berührt sich beides auf eine Art und Weise, die uns, so wir nicht völlig unsentimental sind (oder so tun, als seien wir hartgesotten), schon beim Hören nahegeht und die auf der Opernbühne noch einmal verstärkt ihre betörende Wirkung ausbreitet. Wenn auch Puccini ganz gewiss kein Anhänger der Lehren Arthur Schopenhauers war, in einem Punkte war er dennoch mit ihm einig: Kunst, so hatte es der Philosoph im dritten Buch der „Welt als Wille und Vorstellung“ skizziert, verbürge die „reine, wahre und tiefe Erkenntnis des Wesens der Welt“. Dieses Wesen ist nicht nur schopenhauer­isches Leiden, es ist immer auch Leidenschaft. Seien wir ehrlich: Wer könnte das besser verkörpern als die Frauen Puccinis?

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Pucc ini: Tosc a

J Ü RG E N OT T E N Ü B E R TOSC A UND PUCCINIS SCHÖNE , SCHRECKLICHE HELDINNEN.


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„Alles, was Tosca macht und ausmacht, kann ich gut nachvollziehen“: Kristı-ne Opolais, Tosca der Osterfestspiele 2017, ist als PucciniInterpretin an allen großen Bühnen gefragt.


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PUCCINI: TOSCA OSTERFESTSPIELE 2017 NEUINSZENIERUNG VON PHILIPP HIMMELMANN BERLINER PHILHARMONIKER SIR SIMON RATTLE, MUSIKALISCHE LEITUNG PHILHARMONIA CHOR WIEN CANTUS JUVENUM KARLSRUHE MIT KRISTI- NE OPOLAIS, MARCELO ÁLVAREZ, EVGENY NIKITIN, PETER ROSE UND WEITEREN SOLISTEN 7., 10., 13. UND 17. APRIL 2017 / WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF WWW.FESTSPIELHAUS.DE


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BOMBENSTIMMUNG

FOTO: ULL STE IN BI LD

osca ist unzweifelhaft eine von Puccinis besten und wirkungsvollsten Opern. Dennoch lag sie ihm nie sehr am Herzen, lange konnte er sich mit dem Stoff gar nicht recht anfreunden. Er suchte sich lieber Sujets, die unmittelbar mit ihm selbst zu tun hatten. So war „Manon Lescaut“ nichts anderes als die Schilderung seiner Flucht mit der verheirateten Geliebten Elvira, so war „La Bohème“ nichts anderes als die Schilderung seiner bettelarmen Mailänder Studentenjahre, und die kommende „Madama Butter­ fly“ würde nichts anderes zum Thema haben als seine Beziehung zu der damals noch minderjährigen Näherin Maria Anna Coriasco. In „Turandot“ schließlich verarbeitete er die Tragödie der Doria Manfredi, seines Dienstmädchens, das sich aufgrund dauernder Eifersuchtsattacken Elviras mit einem Desinfektionsmittel vergiftete. Vor allem in der englischen Puccini-Literatur wird der Mythos gepflegt, Giulio Ricordi, Puccinis großer Verleger, habe eine Intrige begonnen, um die „Tosca“, die eigentlich von Alberto Franchetti vertont werden sollte, diesem auszuspannen und Puccini zuzuschachern. Das ist völliger Unsinn. Der zu Unrecht vergessene Baron Franchetti sitzt ziemlich genau drei Monate an dem Stoff, bevor er ihn als „zu dramatisch, zu wenig melodramatisch“ zurückgibt. Im Jahr 1916 wird Franchetti dem „Tosca“Librettisten Luigi Illica schreiben: „Du erinnerst dich, wie du sie [i. e. die „Tosca“] Verdi vorgelesen hast, und wie enthusiastisch er reagiert hat? Ja, schön, und auch ich war mir damals des theatralen Effekts und des Erfolges des Librettos sicher. Und dennoch musste ich darauf verzichten, denn ich habe die Musik dazu einfach nicht gehört.“ Puccini ist keineswegs wild darauf, den Stoff zu vertonen, erst eine weitere Fassung Illicas, die er viel besser findet als das Originaldrama Sardous, überzeugt ihn schließlich. Doch kommt er sich dabei als Zweitverwerter vor. Als habe er ein gefundenes Fressen vertilgt, an dem irgendetwas nicht stimmen kann. m Abend der Premiere in Rom muss Puccini eine Achterbahn der Gefühle durchleben. Das Haus ist komplett ausverkauft, was einige Opernenthusiasten nicht akzeptieren wollen. Sie überrennen das hilf­ lose Personal, setzen sich auf den Boden, quetschen sich in jeden freien Winkel. Eigentlich müsste die Vorstellung abgebrochen werden, und tatsächlich klopft Dirigent Leopoldo Mugnone nach der ersten Arie des Cavaradossi ab, denn die immer weiter einströmenden Massen verursachen zu viel Lärm. Die Leitung des Hauses erwägt ernsthaft, den Saal zu räumen: Kurz vor Beginn ist eine Bombendrohung eingegangen, Mitglieder des Königshauses (allen voran die Königin selbst) und der hohen Politik sitzen im Publikum.

Der Kettenraucher Puccini spielte gern mit dem Feuer. Nicht immer behielt er die Kontrolle: Eine seiner vielen Affären endete tödlich.

Man fürchtet ein Fanal der in jener Zeit sehr umtriebigen Anarchisten. Wahrscheinlicher ist, dass die Bombendrohung von dem mit Ricordi konkurrierenden SonzognoVerlag lanciert wurde, um die Künstler, die schon während der Probenzeit anonyme Drohbriefe erhalten hatten, nervös zu machen. Mugnone setzt sich schließlich gegen alle Bedenkenträger durch, denn bei Abbruch des Spektakels wäre ein Aufstand zu befürchten gewesen, gegen den eine zweifelhafte Bombendrohung hinnehmbar erschien. as Publikum zeigt sich dankbar, erzwingt die Wiederholung beinahe jeder Arie. Gegen alle Vorzeichen gerät die Uraufführung zu einem eindeutigen Erfolg. Die Presse nimmt das Werk nicht so vorbehaltlos an, vor allem die Folterszene liegt vielen Kritikern schwer im Magen. Für Puccini aber dürfte etwas anderes von Wichtigkeit gewesen sein. Siegfried Wagner nennt die Oper am nächsten Tag einen „nie versiegenden Fluss von Melodie“. Für Puccini, der Richard Wagner wie einen Gott verehrt, ist dieser Spruch eine Art Ritterschlag, obendrein eine wichtige Empfehlung für den deutschen Markt. „Tosca“ wird der dritte Welterfolg Puc­ cinis in Folge. Ausschlaggebend für Puccinis nachhaltigen Erfolg ist selbst­ verständlich jene von Siegfried Wagner erwähnte Fülle an me­ lodischer Inspiration. Anders als noch Verdi, der sich zwischen den Perlen sozusagen Dienst nach Vorschrift leisten konnte, versucht Puccini, jede Sekunde der Darstellung mit musikalischer Glut und Spannung zu füllen. Was man gerne ignoriert: Die Dramaturgie ist Puccini oft noch wichtiger als die Melodik. Die berühmte Arie „Vissi d’arte“ wollte er aus der Partitur streichen, da er der Meinung war, sie verschleppe unnötig die Handlung. Nur dank des energischen Widerspruchs Giulio Ricordis kam es dann doch nicht dazu. Wobei die Musik natürlich nicht verlorengegangen wäre. Puccini war ein äußerst begabter Zweitverwerter, der ein Wiegenlied für einen Neffen in ein Trinklied für die Oper „La Rondine“ umgestalten konnte. Es hält sich das Gerücht, die ersten Takte der „Tosca“, wie wir sie heute kennen, habe Franchetti komponiert und sie dann Puccini geschenkt. Völlig ausgeschlossen ist das nicht, derlei Geschenke unter befreundeten Komponisten kamen vor. Puccini, der als sehr geizig galt, hätte umgekehrt nie so gehandelt. Ursprünglich hatte Verdi selbst mit dem Gedanken gespielt, die „Tosca“ zu vertonen, doch hielt er sich für zu alt dafür. Während jemand wie Franchetti sich ins Abseits begibt, indem er auf heroischem, fantastischem, auf jeden Fall übermenschlichem Personal besteht, geht es Puccini immer darum, realitätsnahe Menschen mit Stärken und Schwächen zu zeichnen, Menschen mit Grautönen, die nicht eindeutig einem der beiden Lager Gut und Böse zuzuordnen sind. Gerade Puccinis Frauengestalten sind um einiges faszinierender als die anderer Komponisten. Das mag unter anderem daran gelegen haben, dass er sich oft für eine Rolle ein lebendes Modell nahm, welches er sozusagen abkomponierte. Im Falle der Tosca aber gab es kein reales Vorbild, und vielleicht rührt daher seine innere Distanz zu dieser seiner – neben der „Turandot“ – wahrscheinlich besten Oper.

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HELMUT KRAUSSER ÜBER „ T O S C A “ U N D E I N E Z E I T, A L S O P E R N FÜR AUFSTÄNDE SORGTEN.


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GROSSE ORCHESTER

Entfesselt, aber nicht losgelassen: Sir Simon Rattle im Tanz mit seinem Orchesterriesen, den Berliner Philharmonikern.


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TICKET-SERVICE: +49 (0) 7221 3013-101 OSTERFESTSPIELE DER BERLINER PHILHARMONIKER 7. BIS 17. APRIL 2017 Sir Simon Rattle dirigiert Puccinis „Tosca“ mit Krist -ı ne Opolais, Marcelo Álvarez und Evgeny Nikitin. Konzerte der Berliner Philharmoniker mit den Dirigenten Sir Simon Rattle, Kirill Petrenko und Zubin Mehta. Lisa Batiashvili, Pinchas Zukerman, Georg Nigl, Anne Sofie von Otter und weitere Solisten. Weitere Informationen finden Sie in diesem Heft und auf www.festspielhaus.de

WIENER PHILHARMONIKER HERBERT BLOMSTEDT FREITAG, 5. MAI 2017, 19 UHR Nirgends klingt der Beginn von Bruckners vierter Sinfonie so schön wie bei den Wiener Philharmonikern: Das einzigartige Wiener Horn kommt hier besonders eindrucksvoll zur Geltung. Zuvor dirigiert Herbert Blomstedt Mozarts ES-Dur-Sinfonie KV 543. Preise: 22 bis 150 Euro

ORCHESTRE NATIONAL DE LYON HILARY HAHN & LEONARD SLATKIN FREITAG, 12. MAI 2017, 19 UHR „Der wilde Jäger“ rast durch César Francks sinfonische Dichtung, in der „Symphonie fantastique“ von Berlioz bittet der Teufel selbst zum Tanz: ein fast schon filmisches Programm, in dessen Zentrum Tschaikowskys atmo­ sphärisches Violinkonzert mit Hilary Hahn steht.

F OTO: M ON I KA RI T TER SHA US

Preise: 22 bis 110 Euro

LE CONCERT SPIRITUEL HÄNDEL: WASSER & FEUER PFINGSTSONNTAG, 4. JUNI 2017, 17 UHR Barockorchester kommen meist mit Minimal­ besetzung aus. Nicht so Le Concert Spirituel: Um dem Klangreichtum Händels gerecht zu werden, tritt man hier als Hundertschaft mit bis zu sechsfacher Bläserbesetzung auf. Preise: 19 bis 90 Euro

CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE PIOTR ANDERSZEWSKI MOZART: KLAVIERKONZERTE SAMSTAG, 8. JULI 2017, 19 UHR Im Chamber Orchestra of Europe treffen sich Solisten, Stimmführer bedeutender Orches­ ter und berühmte Dozenten vieler Nationen. Geleitet von dem Pianisten Piotr Anderszewski spielt diese musikalische Elitetruppe Mozarts Klavierkonzerte KV 595 und KV 503 sowie Bartóks Divertimento. Preise: 19 bis 90 Euro


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G roß e Sinfonie n

I L L U S T R A T I O N : J U L I E N P A C A U D

DIE

UNVOLLENDETEN Der moderne Alltag ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Er befreit den Bürger und verdammt ihn zugleich zum Erfolg. Und die Sinfonien der Zeit? Sie feiern das Versagen.

„Leben und Haushalt hindern mich daran, Kunst zu machen!“ Mit diesem Satz verewigte sich ihren Freunden eine im öffent­ lichen Leben sonst unbekannt gebliebene Berliner Lebenskünstlerin. Um ihre Worte allgemeiner und zugleich konkreter zu fassen: Leben und Haushalt hindern mich daran, ein Buch zu lesen; den Job zu kündigen; mich mit der Vergangenheit auszusöhnen; die Leichen im Keller zu zählen. „Leben und Haushalt“ benennen das stabil eingeübte AlltagsIch. Dieses ist Kind der Industrialisierung. Es fürchtet keinen König und keinen Gott mehr, dafür persönliches Versagen und Ineffizienz. Zugleich spürt es, dass etwas fehlt – und hier kommt die Kunst ins Spiel. Sie ist oft Religionsersatz und stets die große Alternative: der Luxus, den man sich leistet, während die


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K onze r te

Manchmal muss die versteinerte Welt in einem erst untergehen, damit Neues wachsen kann: frisches GrĂźn, junge Triebe und Orchideen, die die Gifte im Schlamm filtern und in etwas bizarr SchĂśnes verwandeln.


G roß e Sinfonie n

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öffentliche Darstellung persönlichen Reichtums eher verpönt ist. End, da wird gekämpft bis zuletzt. Tschaikowsky versagte an Kunst jedoch muss verschwenderisch sein, Launen zeigen und solchen Traditionen und begründete lieber selber eine. Von seiner ausufern: zu fünfstündigen Opern und riesigen, funkelnden Sin- sechsten Sinfonie an ist menschliches Versagen auch eine sinfofonien – vier besonders charakteristische behandelt dieser Text. nische Option. Sind diese Sinfonien Spiegelbilder des Alltags? Man genießt sie Wenn Tschaikowsky einen Vorgänger hatte, dann war es Hector eher als Flucht, Ausweg, Gegengift. Bruckners Sinfonien etwa Berlioz. Dessen „Symphonie fantastique“ spielt in Paris: Der schwelgen in Naturerlebnissen. Die Maschinenrhythmen in die- Walzer im zweiten Satz ist da ebenso eindeutig wie im vierten der Gang zum Schafott. Zwischendurch ser Musik sind wie der Elefant im Wohnträumt sich das Alltags-Ich hinweg aufs zimmer, den jeder wahrnimmt, über den Land und auf den Blocksberg. Auf den jedoch niemand spricht. DER AUTOR Blocksberg? Dann ist es kein Alltags-Ich. Der Künstler ist stets beides, Vernebler und Leben und Kunst zusammenzuführen In der Tat liegt der, der da träumt, im Aufdecker. In seiner Kunst entfesselt sich und dabei seinen Haushalt zu vernach­ lässigen ist eine Spezialität von Rausch. Berlioz erzählt die Geschichte von das Ich und zerbricht zugleich unter der Dariusz Szymanski, seit nun fast 15 Jah­ unerhörter Liebe, die einen Künstler (BerLast seiner Ansprüche. Schwäche ist ihm ren hauseigener Redakteur und stets auch Kreativitätsmotor: Wenn Traulioz selbst natürlich) erst in die Flucht aufs Dozent, dem Festspielhaus-Publikum Land und dann in den Drogenwahnsinn er jeden Sinn frisst und kein Rat zu einem ebenso lang für seine Einführungs­ treibt. Im Delirium sieht er, wie er seine durchdringt, wenn man einen Menschen vorträge und Anderes bekannt – etwa Geliebte tötet. Anschließend begleitet er betrügt oder von ihm betrogen wird, wenn Musiktexte auf Blumentaschen. sich zu seiner eigenen Hinrichtung. Die man zu viel trinkt und gottlos lebt, dann Geliebte taucht als Hexe auf dem Blocksverlieren „Leben und Haushalt“ ihre Konturen und das Grauen ufert aus. Es ist der verschlingende, schwarze berg wieder auf, Lebenskünstlerin ganz eigener Art, die sich Dünger, der benötigt wird, damit Orchideen wachsen. nun beim Teufel verdingt. eter Tschaikowsky war ein aufstrebender Kompo- Diese Sinfonie ist vielleicht das einzige wirklich romantische nist, der von einer reichen Mäzenin finanziert wur- Werk der Gattung, wenn man die Romantik als eine avantgardisde, als ihn sein Thema traf: die Unausweichlichkeit tische Bewegung begreift, eine beständige Sprengung der Form, des Schicksals. Zuvor jedoch musste er die Sinfonie fernab von jeglichem Klassizismus. 1830, als sie uraufgeführt aus Deutschland nach Russland verpflanzen. Es war wurde, galt Beethovens Neunte als Endpunkt einer Entwicklung. ein Akt fast ohne Vorbilder, aber mit Vorgaben: Motivarbeit, Schumann und Chopin schrieben Sonaten, die keine waren, und Ökonomie der Mittel, Variation statt Wiederholung, stringente kurze romantische Klavierstücke, skizzenhaft, sprunghaft, avantEntwicklung, Übereinstimmung von Inhalt und Form – also gardistisch. Die „Fantastique“ ist ebenfalls so: Sie hat keinen keine musikalischen Klebespuren, kein Überleitungsmaterial. Anfang, sie beginnt mittendrin. Das Thema, das die Geliebte darIn seinen ersten drei Sinfonien gab sich Tschaikowsky redlich stellt, kann sich bei seinem ersten Auftauchen zwischen mindesMühe, doch auch wenn geniale Funken sprühten: Russe und tens drei Geschwindigkeiten nicht entscheiden, als hätte Berlioz Deutscher zugleich konnte er nicht werden. Russe und Italiener die Zeit in Wellen gelegt. Keine allgemeinverbindliche Logik, hingegen gelang ihm wie im Schlaf. Von seinen Fluchten in die erklären könnte, wieso die Tempi wechseln – der Geschmack den Süden brachte er neapolitanische Walzer mit, im „Capriccio des Komponisten allein entschied, ein diktatorischer Geschmack, dem man sich hörend unterordnen muss. Dann die akustischen Italien“ schuf er sogar selbst welche. In der „Pathétique“ dann, zweiter Satz, hört man eine ausgelas­ Täuschungen: Raumillusionen steigen auf und zerplatzen wie sene Gesellschaft spitz auflachen in einem neapolitanischen Blasen. Diese Sinfonie wurde berühmt durch die oben erwähnte Café. Nur dass Tschaikowskys Neapel im Osten liegt: Der 5/4- Inhaltsangabe, die Handlung, das „Programm“ – auch durch die Takt, in dem sich dieser Walzer dreht, ist urrussisch. In der bewusste Absicht, mit Klangfarben zu schockieren. Das allein Mitte des Walzers schlägt im Bass die Totenuhr: Dem Schick- allerdings wäre eine Tatsache von rein historischem Wert. Es ist sal, mein Freund, entkommst du nicht. Geniale Klangfarben- dieses Brodeln der Form, ihr „Fantastisches“, das verblüfft und und Bilderalchemie, melodische statt motivischer Arbeit und all überrascht, amüsiert und, ja, auch schockiert, immer noch. nton Bruckner war ein Heiliger. Im Leben naiv das ganz ohne Meeresrauschen und Sonnenuntergang. Stattdesund komplexbeladen, doch als Musiker von einer sen, im dritten Satz, Münzgold und Größenwahn, Festparaden Berufung getragen, die ihn Berge auftürmen ließ auf beflaggten Prachtboulevards: Diese Sinfonie ist städtische und Gottbegegnungen ermöglichte. Der BeinaMusik. Ihr Alltags-Ich besucht Cafés und komponiert auch so – ziemlich unmöglich in einer deutschen Sinfonie dieser Zeit. me „Romantische“ für seine vierte Sinfonie entDen Rahmen um den Größenwahn bilden die Abstürze in den stand, weil der Komponist die Hornmotive zu Beginn auf mitAußensätzen: Schwarz, schwärzer, am schwärzesten wird der telalterliche Burgen bezog. Doch muss man sich Bruckners BeDünger von Kontrabässen und Fagotten freigelegt. Flucht, rufung wie eine ganz spezielle Antenne denken, gestimmt auf Rausch, persönliches Versagen im Leben als Programm für eine feinere, viel weiter zurückreichende Frequenzen: Es ist nichts Sinfonie: Auch das ist subjektivistisch, städtisch, verweichlicht, weniger als eine magische Anrufung, mit der die vierte Sinfonie dekadent. Die Tradition der Sinfonie verlangt Arbeit am Happy beginnt. Die berühmten Streichertremoli imitieren eine Licht-


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vision. Sie intensivieren eine Aura. Auch haben sie etwas vom Scheppern einer Rassel in der Hand eines Schamanen, der eine Heilung vollzieht. Im Schlusssatz eine vergleichbare Anrufung, nur viel böser: schwarze gegen weiße Magie. Dieses Finale stampft wie eine Maschine und ahmt ein aufziehendes Gewitter nach. Es hat die unbedingte Kraft, die Menschen vor Jahrhunderten vor finsteren Mächten zittern ließ. Gleichzeitig ist alles da, was eine Sinfonie von Wert ausmacht, Motivarbeit zuallererst. Doch auch hier mischen sich Frequenzen: Ist das Auf-den-Kopf-Stellen eines melodischen Motivs nicht auch ein Akt der Magie, weil es das alltägliche Raumempfinden aufhebt? Seinen Alltag hat das Ich auf einer Wanderung hinter sich ge­las­ sen. Bruckner komponiert das Ziel-Halten, das Sich-Verlaufen und das Auf-der-Stelle-Treten. Auf jeden Anstieg zum Gipfel folgt die Erschöpfung, auch sie auskomponiert. Wer erschöpft ist, entledigt sich irgendwann seiner Hüllen und spürt wieder Wind, Regen, Hitze, Kälte, die Gefahr und das Rettende. Doch ist

BERLINER PHILHARMONIKER KIRILL PETRENKO, GEORG NIGL TSCHAIKOWSKY, SINFONIE NR . 6 „PATHÉTIQUE“, UND WEITERE WERKE 8. APRIL 2017 /

BERLINER PHILHARMONIKER SIR SIMON RATTLE MAHLER , SINFONIE NR . 6 „TRAGISCHE“ 9. APRIL 2017 /

WIENER PHILHARMONIKER HERBERT BLOMSTEDT BRUCKNER , SINFONIE NR . 4 „ROMANTISCHE“, MOZART, SINFONIE ES-DUR KV 543 5. MAI 2017 /

ORCHESTRE NATIONAL DE LYON LEONARD SLATKIN, HILARY HAHN BERLIOZ, „SYMPHONIE FANTASTIQUE“, UND WEITERE WERKE 12. MAI 2017 / WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF WWW.FESTSPIELHAUS.DE

Bruckners Musik mehr als eine Ich-in-der-Natur-begegne-Gott-/ mir-selbst-Fantasie. Indem der Komponist die Gewalten entfesselt, zeigt er, dass er sie beherrscht. Die Musik feiert den Menschen, der sich ermächtigt sieht, sich die Erde untertan zu machen. Wasserkraft, Eisengießereien, Dampfmaschinen: Bruckner ist Eremit und Zauberlehrling, Maler der Natur und Apostel der Industrialisierung zugleich. Das rhythmische Stampfen ist etwas Neues in der Musik, die Formteile, selbst die Metrik wirken wie in Quadern zugeschnitten. Am Ende der Sinfonie überblenden sich Maschine, Natur, Gottesbegegnung. Die Musik wächst aus ins Unermessliche. Persönliches Versagen blieb diesmal außen vor, dafür verschwindet das Ich. Auch der Hörer wird überfahren und ist glücklich: So ungefähr müssen sie sich anfühlen, die Erleuchtung und die Auslöschung. er böse Spruch, dass Bruckner neunmal dieselbe Sinfonie komponiert habe, gilt für Gustav Mahler umgekehrt: Der schrieb eine einzige Meta-Sinfonie und diese ist mindestens neun riesige Teile lang. Ihr sechster Teil setzt den Trauermarsch des fünften, dritten, zweiten, ersten fort, nur marschiert es sich nun viel schneller, brutaler, auch stringenter – Mahlers „Tragische“ ist zugleich seine klassische Sin­ fonie. Womit wir zum Schluss beim konkreten Hörtipp wären: Lassen Sie sich von Pracht und Ausmaßen des Ganzen nicht irremachen. Halten Sie Kurs! Unterscheiden Sie bewusst, ob das, was Sie gerade hören, marschiert, tanzt oder singt. Auch im sechsten Teil von Mahlers Meta-Sinfonie suchen Sie den naiven, kindlichen Moment. All das Gewaltige ist nur der ungeheuer verzerrte Schatten von etwas ganz Kleinem, einer Märchenwelt: Spielzeugsoldaten, Engel, Burg aus Goldpapier, tanzendes Paar, Puppe Rosi aus Wien (in der sechsten Sinfonie heißt sie Alma und ist übergroß und vollbusig), Vogelpfeife, Kirchbank, Gevatter Tod, Schmiede, Hans hütet Schafe, Grete singt. Hierher flieht das Ich aus seinem Hamsterrad. In eine Blase, die plötzlich aufsteigt – inmitten eines Urwalds aus Orchideen, die der verschlingende, schwarze Dünger heranwachsen ließ.

K onze r te

Der Hörer wird überfahren und ist glücklich: So müssen sie sich anfühlen, die Erleuchtung und die Auslöschung.


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KLAVIER


73 RUDOLF BUCHBINDER SONNTAG, 18. JUNI 2017, 17 UHR

GIDON KREMER & MARTHA ARGERICH KREMERATA BALTICA SONNTAG, 5. MÄRZ 2017, 17 UHR Martha Argerich tritt am liebsten mit Freunden auf, diesmal mit der Kremerata Baltica und dem Geiger Gidon Kremer zu dessen 70. Geburtstag. Mozarts Doppel­ konzert KV 299 steht auf dem Programm, für Geige, Klavier und Orchester eingerichtet von Victor Kissine, dazu Janácˇeks Sonate für Violine und Klavier und das selten zu hörende Quintett op. 18 von Mieczysław Weinberg in einer Fassung für Klavier und Streichorchester.

Der Wiener Pianist Rudolf Buchbinder gilt als eine Art Hohepriester des BeethovenSpiels. Für sein Festspielhaus-Konzert hat er drei der berühmtesten Sonaten Beethovens ausgesucht: die „Appassionata“, die „Pathé­ tique“ und die „Waldsteinsonate“. Zur Auf­ lockerung zwischendurch erklingt die humor­ volle Sonate F-Dur op. 10 Nr. 2. Preise: 19 bis 90 Euro

CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE PIOTR ANDERSZEWSKI MOZART: KLAVIERKONZERTE SAMSTAG, 8. JULI 2017, 19 UHR

SIR ANDRÁS SCHIFF

Piotr Anderszewskis Qualitätssinn ist be­ rühmt – manche sagen auch berüchtigt. Der polnische Pianist versenkt sich gern in Fragen des Klanges und der Artikulation. In der Doppelfunktion als Dirigent und Solist kann er seine Vorstellungen perfekt um­s etzen, in den Mozart-Klavierkonzerten KV 595 und KV 503 und in Bartóks Divertimento.

DONNERSTAG, 1. JUNI 2017, 20 UHR

Preise: 19 bis 90 Euro

Preise: 19 bis 130 Euro

Sir András Schiff eröffnet die Pfingstfest­ spiele 2017: In der ersten Programmhälfte konfrontiert er Werke von Bach mit Klavier­ musik von Bartók, nach der Pause erklingen Janácˇeks autobiographisch-bildhafter Zyklus „Im Nebel“ und Schumanns große C-Dur-Fantasie. Preise: 19 bis 90 Euro

ANNE-SOPHIE MUTTER , MUTTER’S VIRTUOSI & DANIIL TRIFONOV PFINGSTMONTAG, 5. JUNI 2017, 18 UHR Daniil Trifonov ist ein junger Pianist, der nicht nur Martha Argerich mächtig beein­d ruckte. Nun musiziert er zum ersten Mal mit der Gei­ gerin Anne-Sophie Mutter, als Gast in einem Konzert mit „Mutter’s Virtuosi“: Mutter und Trifonov spielen Schuberts Not­t urno für Klaviertrio und das „Forellenquintett“. Preise: 25 bis 170 Euro

DANIIL TRIFONOV & VALERY GERGIEV FREITAG, 21. JULI 2017, 19 UHR Trotz (oder wegen?) seiner phänomenalen Technik versenkt sich Daniil Trifonov ganz in die Musik. Mit dem dritten, dem virtuo­ sesten Klavierkonzert von Rachmaninow, setzt er sich seit Jahren auseinander. Valery Gergiev und sein Mariinsky Orchester begleiten den Pianisten in einem reinen RachmaninowProgramm. Preise: 22 bis 110 Euro

SEONG-JIN CHO & VALERY GERGIEV SAMSTAG, 22. JULI 2017, 18 UHR Der Sieger des Warschauer ChopinWettbewerbs 2015 spielt gleich beide Klavier­ konzerte von Chopin, in einem Konzert mit dem Mariinsky Orchester unter Valery Gergiev. Nach der Pause: Bruckners Siebte.

F OTO: DAR IO ACOSTA / DG

Preise: 22 bis 110 Euro

Hat noch viel vor in dieser Saison: Daniil Trifonov gibt im Festspielhaus sein erstes Konzert mit AnneSophie Mutter und kehrt dann noch einmal mit Valery Gergiev zurück.

Ve ra nsta ltunge n

TICKET-SERVICE: +49 (0) 7221 3013-101


Hila ry Ha hn

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RUCK KEHR


INS PARADIES

FOTO: M ICH AE L PATR ICK O’LE A RY /D G

Ihre freien Tage sind rar. Trotzdem nimmt Hilary Hahn sich Zeit fürs Gespräch. Über den neuen US-Präsidenten Donald Trump will sie freilich nicht reden – no politics! Lieber macht sie Baden-Baden ein charmantes Kom­pli­ment, bevor sie mit Tschai­kowskys Violinkonzert ins Festspielhaus zurückkehrt.

T E X T : G E O R G E T S C H E I T

Pe rsönlic he s

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Hila ry Ha hn

Ihre Erfahrung als Solistin wächst wie eine gute Bibliothek. Deshalb hat Hilary Hahn auch nichts gegen das Älterwerden. Rein äußerlich scheint diese Einstellung jung zu halten.

nicht. Ich möchte die Art, wie ich musiziere, dem Publikum nahebringen und eine möglichst gute Künstlerin sein. Das ist mein einziges Ziel als Musikerin. Fühlen Sie sich dazu gedrängt, irgendein vom Klassikmarketing kreiertes Image erfüllen zu müssen? Eigentlich nicht. Ich glaube, es wäre auch sehr schwierig, Ihr Nachname klingt sehr deutsch, Frau Hahn. einem Image folgen zu müssen, dem man nicht entspricht. Das Hilary Hahn: Kein Wunder, ich habe doch deutsche Vor- frisst enorm viel Energie, die man doch für seine Kunst braucht. fahren. Mein Ururgroßvater lebte in Bad Dürkheim in der Pfalz, Als Sie am renommierten Curtis Institute in Philadelphia stu­ bevor er in die USA ging. Warum er auswanderte, weiß ich nicht. dierten, hatten Sie das Glück, dort auf eine wahre Geigen­ Auch meine Ururgroßmutter kam aus einem nahe gelegenen Dorf. legende zu stoßen: Jascha Brodsky, einen der letzten Vertreter Viel mehr weiß ich aber nicht, das ist ja auch schon lange her. der franko-belgischen Violinschule. Er arbeitete mit Sergej Pro­ Aber Sie sprechen sehr gut Deutsch … kofjew und Vladimir Horowitz zusammen und wird oft in einem Vielen Dank! Das habe ich in der Schule gelernt. Aber wenn Atemzug mit seinem Landsmann Jascha Heifetz genannt. Was es komplizierter wird, wie in diesem Interview, ziehe ich doch war er für ein Mann? meine Muttersprache vor. Well … Oh, er war eine große Persönlichkeit. Er trug immer Anzug Sie gastieren regelmäßig im Festspielhaus Baden-Baden und und Krawatte, auch im Sommer, alte Schule. Und er stand in sind Mitglied des Freundeskreises. Was verbindet Sie mit die­ vielen Traditionen, kam aus dem alten Russland, hatte aber auch in Paris bei Eugène Ysaÿe studiert … ser Stadt? … dem belgischen Komponisten und legendären Geigenvir­ Frühling! tuosen. Das müssen Sie erklären. Er hat seine Schüler aber nicht, wie man vielleicht denken Als ich begann, in Deutschland aufzutreten, war ich immer nur im Winter hier. Die Tage waren dunkel und kurz, es war kalt. könnte, nach seinem Bild geformt und sie zu einer Kopie seiner Und dann kam ich erstmals nach Baden-Baden. Da war es Früh- selbst gemacht. Er wollte sie zu selbständigen Künstlerpersönling, es war warm, alles blühte. Baden-Baden war der erste Ort, lichkeiten ausbilden. wo ich in Deutschland Blumen blühen sah. Für mich ist diese Wie viel haben Sie von dieser längst vergangenen Welt in sich? Stadt ein Paradies. Mir ist dieses Erbe immer noch sehr wichtig. In gewisser Sie haben mal in einem „Zeit“-Interview gesagt, dass es gut sei, Weise identifiziere ich mich sogar mit dieser Epoche. älter zu werden. Meinten Sie das im Ernst? Allerdings kann man durchaus nicht sagen, dass Sie sich nur Erst einmal bin ich froh, dass die Leute mich nicht mehr in der Vergangenheit bewegen. „Wunderkind“ nennen … Stimmt, ich schaue in die Vergangenheit der Musik, aber Sie standen laut Wikipedia mit sechs zum ersten Mal auf einem auch in die Zukunft. Sie spielen jetzt wohl auf mein „Encores“Konzertpodium, mit zehn gaben Sie Ihr erstes abendfüllendes Projekt an … Solokonzert. Im Jahr 2011 hatten Sie zwei Dutzend zeitgenössischen Kom­ Man hat mich sogar noch als Wunderkind bezeichnet, als ponisten den Auftrag gegeben, kleine Stücke für Violine und ich schon 29, 30 Jahre alt war. Und da war ich nun wirklich schon Klavier zu schreiben, die Sie dann auf Ihren Tourneen – auch zu alt dafür. Aber was ich mit dem Satz meiin Baden-Baden – als Zugaben vorgestellt ne: Wenn man älter ist, hat man natürlich haben. Am Ende wurden es 27 Stücke. Sie DER AUTOR schon viele Erfahrungen gesammelt und man haben sie unter dem Titel „The Hilary Hahn Nach einem Studium der Journalis­ hat andere Mittel, um sich auszudrücken. Encores“ auch auf CD eingespielt. tik, Politischen Wissenschaft und Es gibt ja im Moment viele junge Violinis­ Mein ursprünglicher Gedanke war, das Geschichte Osteuropas in München Zugaben-Genre um Stücke sehr verschiedetinnen, manchmal scheint es, die Konzertpo­ und einem Studienaufenthalt in dien seien fest in Frauenhand: Julia Fischer, nen Stils zu bereichern. Daraus wurde dann Moskau absolvierte Georg Etscheit Janine Jansen, Vilde Frang. Zufall? eine sehr intensive Auseinandersetzung mit eine Ausbildung bei der Nachrich­ tenagentur dpa, für die er bis 1999 als Ich glaube, dieser Eindruck täuscht. Es zeitgenössischer Musik. Direkt daraus hervorRedakteur und Kor­respondent tätig gibt auch viele Männer, die gut Geige spielen gegangen sind sechs Solo-Partiten für Violine war. Seit 2000 arbeitet er als freier (lacht). von Antón García Abril … Journalist in München. Für dpa Zweifellos. … einem spanischen Komponisten … berichtet er unter anderem über die Was kann ich dafür, dass ich eine Frau bin? … die ich 2016 uraufgeführt habe. Jedes Salzburger Festspiele und das Ich bin eben eine. Aber darum geht es doch der Stücke basiert auf einer Note nach einem Musikleben in München.


FOTO: M ICH AE L PATR ICK O’LE A RY / DG

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Es gibt auch viele Männer, die gut Geige spielen.

Buchstaben meines Namens. In der Partita Nr. 4 beispielsweise ging es um den Buchstaben A. A wie „Art“ – Kunst. Was halten Sie von Crossover-Programmen, also der Vermi­ schung von klassischer Musik und populärer Musik wie Pop, Jazz oder Folk? Crossover ist so ein Label, das kann für vieles stehen. Auch wenn ich hin und wieder mit Künstlern wie Hauschka und Josh Ritter spiele, bin und bleibe ich eine klassische Musikerin. Aber ich schätze diese Zusammenarbeit sehr und bringe in sie ein, was ich selbst gelernt habe. Andererseits profitiere ich von deren Musikalität und Kreativität. Das ist eine sehr gute und klare Arbeitsbeziehung. Sie spielen auf einer alten Meistergeige, auf einem Instrument des französischen Geigenbauers Jean-Baptiste Vuillaume aus dem Jahre 1864. Warum keine Stradivari wie viele Ihrer berühmten Kollegen?


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HILARY HAHN

Fühlt sich wohl in Baden-Baden: 2009 trat Hilary Hahn in den gemeinnützigen Freundeskreis des Festspielhauses ein. Musikfreunde der nächsten Generation zu gewinnen macht ihr auch jenseits der Bühne keine Mühe (unten).

TSCHAIKOWSKYS VIOLINKONZERT, WERKE VON BERLIOZ UND FRANCK 12. MAI 2017 / WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF WWW.FESTSPIELHAUS.DE

Oh, diese Geige ist sozusagen zu mir gekommen. Und ich bin froh, dass sie mein Eigentum ist. Da brauche ich mir keine Sorgen zu machen, dass sie mir wieder weggenommen wird. Wie Frank Peter Zimmermann, der eine Zeit lang auf seine geliebte „Lady Inchiquin“, eine Stradivari von 1711, verzichten musste, weil der Leihgeber sie zurückgefordert hatte. Warum spie­ len eigentlich die meisten Virtuosen historische Instrumente? Wissen Sie, viele haben solch ein Instrument gefunden, wie man eine große Liebe findet. Es passt einfach und dann trennt man sich nicht mehr. Und diese alten Instrumente haben ja auch Geschichte, viele Verletzungen, Reparaturen, sie besitzen Charakter. Sie sind gerade erst Mutter geworden: Junge oder Mädchen? Das kommt jetzt etwas plötzlich: ein reizendes Mädchen. Sie ist jetzt ein Jahr alt. Wie vereinbaren Sie Ihre Rolle als junge Mutter mit Ihrem prall gefüllten Tourneeplan? Da wird einem ja ganz schwindelig, wenn man draufschaut. Wie viele Konzerte geben Sie pro Saison? Ich habe das nicht gezählt. Aber ich kann sagen, dass ich ungefähr ein halbes Jahr auf Achse bin. So schlimm ist das nicht. Und was sagt Ihre Familie? Diese Frage ist etwas privat. Aber ich kann Ihnen sagen, dass ich ein sehr stabiles familiäres Umfeld habe. Und meine Tochter ist auch schon sehr gut im Reisen. Sie ist sehr anpassungs­fähig, sehr sozial. Ich bin also in der glücklichen Lage, viele Dinge miteinander verbinden zu können.

FOTOS: AN D RE A K RE MP ER , ST EP HAN I E SCHW E IG E RT

HILARY HAHN, VIOLINE LEONARD SLATKIN, DIRIGENT ORCHESTRE NATIONAL DE LYON


WORKSHOPS, FÜHRUNGEN UND FERIENPROGRAMME UNTER WWW.TOCCARION.DE

LASS VON DIR HÖREN! DIE UNGLAUBLICHE KINDER-MUSIK-WELT DER SIGMUND KIENER STIFTUNG IM FESTSPIELHAUS BADEN-BADEN.


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TICKET-SERVICE: +49 (0) 7221 3013-101 KINDER-SING-FEST FÜR KINDER AB ACHT JAHREN UND ERWACHSENE SAMSTAG, 11. MÄRZ 2017, 10 UHR SONNTAG, 12. MÄRZ 2017, 11 UHR ZWEITÄGIGER WORKSHOP SONNTAG, 12. MÄRZ 2017, 17 UHR ÖFFENTLICHES FINALE Volkslieder sind Schätze. In Workshops lernen Kinder, Jugendliche, Eltern und Verwandte die schönsten Lieder kennen, am Schluss treffen sich alle zum großen Chorkonzert auf der Festspielhaus-Bühne. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro

FAMILIENKONZERT: ALTE UND NEUE ABENTEUER! FÜR KINDER AB SECHS JAHREN DIENSTAG, 11. APRIL 2017, 16 UHR SONNTAG, 16. APRIL 2017, 11 UHR Musiker der Berliner Philharmoniker ver­s prechen „alte und neue Abenteuer“ mit Musik von György Ligeti: In „Aventures“ und „Nouvelles Aventures“ lässt der Komponist Sänger und viele Instrumente lachen, weinen, staunen. Groß und Klein staunen mit – und haben viel Spaß dabei. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro

KINDER UND JUGENDPROGRAMM


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GLIMP KONZERT FÜR KINDER VON ZWEI BIS VIER JAHREN FREITAG, 19. MAI 2017, 10 UND 16 UHR Das preisgekrönte Musikerlebnis für jüngstes Publikum verwandelt Musik in ein Spiel aus Farben und Formen. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro

FOTO: M AN OLO PRESS /MI CH AEL BODE

CELLOSTORM SZENISCHES KONZERT FÜR KINDER AB SECHS JAHREN FREITAG, 26. MAI 2017, 10 UND 16 UHR Cello „spielen“ ist hier wörtlich gemeint: Acht Cellisten verwandeln Celli in Berge und Boote, erzählen Geschichten oder treiben fantas­t ischen Schabernack mit ihren Instrumenten. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro

TEUFELS KÜCHE SZENISCHES KONZERT FÜR KINDER VON FÜNF BIS ZEHN JAHREN DIENSTAG, 20. JUNI 2017, 10 UND 16 UHR Dass Topfdeckel ein prima Beckenersatz sind, weiß jedes Kind. Doch nun präsentieren eine Klarinettistin, eine Cellistin und ein Schlagzeuger ein ganzes Küchen-Musiktheater­ spiel – auf Instrumenten und allem, was sie sonst noch finden. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro

Wer viel singt, lächelt viel: Diese Erfahrung können Kinder bald wieder machen, beim Kinder-Sing-Fest im März und bei vielen anderen Veranstaltungen des Kinder- und Jugendprogramms.


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DAS

SAGENHAFTE

D ie O dysse e

KLASSENZIMMER T E X T : R Ü D I G E R B E E R M A N N

Das Festspielhaus geht in die Schulen – und die Schülerinnen und Schüler kommen ins Festspielhaus, mit einer Oper im Ranzen, die sie selbst erfunden haben. Die Geschichte eines Abenteuers, das gerade erst begonnen hat.


FOTOS: M AN OLO P RESS / M ICH AE L BOD E

Der Wechsel von der Klasse auf die große Festspielhaus-Bühne war wie ein Sprung ins Freie: endlich Platz, um Arme, Beine und Gedanken fliegen zu lassen.

as hat es im Festspielhaus noch nie gegeben: Kinder im Alter von neun bis elf Jahren haben ihre eigene Oper erfunden, einstudiert und auf der großen Bühne aufgeführt. Am Ende standen eine 40mi­nü­tige Vorstellung und ein riesiger Applaus für die „Odyssee – von Troja bis Äolia“, die Monate vorher begonnen hatte und auf andere Weise auch noch viele Monate weitergehen wird. Erstmals in der Geschichte des Kinder- und Jugendprogramms des Festspielhauses Baden-Baden war die musikpädagogische Arbeit vom Klassenzimmer ausgegangen. Seit dem Sommer waren die Theaterpädagogin Nelly Noack und der britische Musikvermittler Richard McNicol in drei Grundschulen zu Gast, um mit den vierten Klassen aus Berghaupten im OrtenauKreis sowie Schülern der Grundschule Baden-BadenBalg und der Vincenti-Grundschule Baden-Baden eine Oper rund um den ersten Teil der Odyssee zu entwickeln. Musiktheater in Schule und Opernhaus ist eines der Projekte im Kinder- und Jugendprogramm, das auf die sinnvolle Verzahnung von Unterricht und außerschulischem Lernen zielt. Insofern wurde mit der „Odyssee“ eine Reise begonnen, die von großer Bedeutung für das Festspielhaus wie für die Schulen im Allgemeinen

Von oben betrachten die Götter das irdische Gewimmel. Und manchmal donnern sie trommelnd dazwischen: Die Musik zu ihrer mehrteiligen „Odyssee“-Oper denken sich die Kinder selbst aus.

sein kann. Genau genommen wird die Bedeutung weit über die Region BadenBaden hinaus sichtbar werden, denn eine sorgfältige Dokumentation des Projektes aus dem „Labor“ Festspielhaus Baden-Baden soll Lehrerinnen und Lehrer überall motivieren, mit örtlichen Kulturpartnern ähnliche Projekte zu wagen. „Schulen, die sich auf ein Kooperationsprojekt mit einer kulturellen Institution einlassen, transportieren die Idee einer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Welt in die Schule. Sie lassen sich darauf ein, dass eine Veränderung der Schulkultur vorgenommen wird, indem einem nicht benoteten Projekt Platz eingeräumt wird“, schreibt die Theaterpädagogin Nelly Noack im Vorwort ihrer Dokumentation über das Projekt „Musiktheater in Schule und Opernhaus“: Schon diese Entscheidung ist im heutigen Schulbetrieb – selbst in der Grundschule – ein Wagnis. Umso erfreulicher war es, dass alle drei Partnerschulen dieses Pilotprojektes zusagten, 90 Unterrichtsminuten pro Woche für das Opernvorhaben zur Verfügung zu stellen. Und darüber hinaus herrschte ein großes Vertrauen, schließlich war die Stoffauswahl selbst nicht von Pappe: Homers „Odyssee“, erzählt von und für Kinder – eigentlich kein Grundschulthema. Großes Vertrauen – das schenkt auch die Felicitas und Werner Egerland Stiftung dem Festspielhaus, denn sie ermöglicht das Experiment, dessen erste Etappe zu einem umwerfenden Erfolg wurde. Dabei konnte das Publikum Ende November im größten deutschen Opernhaus nur die Aufführung und deren Zauber bewerten. Der Weg zur „Odyssee“ war fast noch verzaubernder,

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84 Richard McNicol war eine treibende Kraft des im Kino berühmt gewordenen „Rhythm Is It!“-Schulprojekts der Berliner Philharmoniker. Er leitet die „Odyssee“ musikalisch und engagiert sich damit zum wieder­holten Mal für das Kinder- und Jugend­programm im Festspielhaus.

bedenkt man, dass die Kinder in nur vier Monaten von der Idee bis zum fertigen Musiktheater immer wieder ihre persönlichen Grenzen überwanden und sich nach Ansicht der begleitenden Lehrerinnen und Lehrer auch teils stark entwickelten. „Es war sehr wichtig, dass die Experten zu uns in die Schule gekommen sind. Wir fühlten uns abgeholt und sehr wertgeschätzt“, sagt Klassenlehrerin Carolin Bracht, die ihre „Vierte“ während aller Proben begleitete und für sich selbst einiges mitnehmen konnte. „Wir sind alle an diesem Projekt gewachsen“, resümiert sie. esonders bewegten alle Beobachter die aufgrund dieses Projektverlaufes veränderten Schulempfehlungen. Schließlich wechseln die Viertklässler bald auf eine weiterführende Schule, und einige Schülerinnen und Schüler blühten in diesem Opernprojekt so auf, dass sie eine günstigere Empfehlung bekamen. Projekte wie dieses können also dazu beitragen, Biographien zu verändern – im Kleinen wie im Großen. Die Kinder erfahren durch das Lernen an einem außerschulischen Ort Wertschätzung und stärken ihr Selbstbewusstsein. Genauso wichtig wie die szenischen und musikalischen Proben sind daher die ganz direkten Begegnungen der Kinder mit dem großen Bühnenraum, aber auch mit den technischen Mannschaften

und erwachsenen Künstlern, die die Ideen der Kinder umsetzen und für sie da sind. Das rechnen die Kinder ihnen hoch an. Das Festspielhaus als Lernort wird immer wichtiger. Schon mit der Gründung des Kinder- und Jugendprogramms 2001 auf Anregung des Baden-Badener Unternehmers Wolfgang Grenke stand der Besuch von Schulklassen in den Konzerten und Opernaufführungen des Hauses im Mittelpunkt. Seitdem haben bereits über 36.000 Schülerinnen und Schüler im Rahmen von „Kolumbus – Klassik entdecken!“ den Festspielhaus-Besuch im Unterricht vorbereitet und konnten anschließend Weltklasse-Künstler live er­leben. Auch die Kinder-Musik-Welt „Toccarion“ der Sigmund Kiener Stiftung im Festspielhaus motiviert tausende Kinder und Eltern pro Jahr, das Thema Musik neu zu entdecken. Bis zum heutigen Tage bildet „Kolumbus“ das Rückgrat des Kinder- und Jugendprogramms – und das soll auch 2017 so bleiben. Als bundesweit einziges Projekt seiner Art arbeiten hier ein Kulturbetrieb und das örtliche Regierungspräsidium Hand in Hand. Auch das hat Signalcharakter und ist ein Meilenstein auf dem Weg der flächendeckenden Kulturvermittlung für den Nachwuchs.

Wie soll es weitergehen? Die Theaterpädagogin Nelly Noack sammelt die Handlungsideen der Schülerinnen und Schüler, dann werden sie gemein­ sam in Musik und Bühnenspiel übersetzt.


Gerade die Grundschulen möchte das Festspielhaus mit Workshops begeistern, die Künste für den Unterricht zu entdecken und zu pflegen.

FOTOS: M AN OLO P RESS / M ICH AE L BOD E , F ESTSP IE LH AUS / CL ARA STÄBLE R

Für die Kinder war der Weg der Bilder aus ihrer Fantasie auf die Festspielhaus-Bühne eine wunderbare, nachhaltig motivierende Kunsterfahrung.

DER AUTOR Rüdiger Beermann ist Direktor Medien und Kommunikation im Festspielhaus Baden-Baden. 2007 entwickelte er mit Künstlern und Wissenschaftlern die interaktiven Kinder-Musik-Feste, später beriet er die Sigmund Kiener Stiftung beim Aufbau der Kinder-Musik-Welt „Toccarion“. Als Mitglied der Geschäftsleitung begleitet er das Kinder- und Jugend­programm aktiv weiter.

Der außerschulische Lernort Festspielhaus bleibt in mehrfacher Hinsicht das Ziel musikalischer Abenteurer. Gerade erst wurde das Programm „Teach the teachers“ der Hanns A. Pielenz-Stiftung in Baden-Baden verlängert und inhaltlich ausgebaut. In monatlichen Workshops können Lehrerinnen und Lehrer aller Schulformen hier künstlerische Anregungen für den Unterricht erhalten, ganz gleich, ob sie Musik oder andere Fächer unterrichten. Erstklassige Dozenten aus der Musik, dem Tanz und der Theater­ pädagogik sorgen für neue Ideen, die dem Unterricht ganz konkret zugutekommen können. ine Choreographie an den Tischen eines Klassenraumes, Erste Hilfe für „Brummer“ im Schulchor oder Tipps, wie das ganze Schulgebäude in ein riesiges Schlagzeug verwandelt werden kann: Es geht unkonventionell und locker zu in diesen Workshops, die 2017 ausgebaut werden sollen. Besonders wichtig sind solche Anregungen für die Grundschule, die derzeit noch am stärksten unter einer jahrelangen MusikDürre leidet. Überall gibt es motivierte, aber teils fachfremde Lehrer, die den Gesang, den Tanz oder das Theaterspiel in den Klassen eins bis vier am Leben erhalten. Gerade mit ihnen möchte das Festspielhaus Baden-Baden einen engen Schulterschluss eingehen und sie durch Workshops und Programme für ihre Schüler begeistern, die darstellenden Künste selbst für ihren Unterricht zu entdecken und zu pflegen. Die Gefährten des Odysseus bereiten schon ihre nächste Reise vor. Zum Saisonstart 2017/2018 ist der zweite Teil der musika­ lischen „Odyssee“ auf der Festspielhaus-Bühne zu sehen. Gerade hat sich die Felicitas und Werner Egerland Stiftung entschieden, das große Projekt weiterzuführen. Frei nach dem Motto „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“ wird dazu der Lernort Festspielhaus wieder komplett zur Verfügung gestellt. So beweist auch der Kulturbetrieb, dass er es mit seinen Angeboten für die nächsten Generationen von Künstlern und einem gebildeten Publikum ernst meint.

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Hätte der Maler Cavaradossi in diese Augen geschaut, wäre niemals eine andere sein Modell geworden: Die ganze Geschichte gibt es bei den Osterfestspielen, in Puccinis „Tosca“ mit Kristı-ne Opolais.

GESANG


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TICKET-SERVICE: +49 (0) 7221 3013-101

FREITAG, 24. FEBRUAR 2017, 19 UHR

FREITAG, 2. JUNI 2017, 19 UHR

Belcanto spektakulär! Arien und Duette von Bellini, Bizet und Donizetti. Die russische Sopranistin war die Festspielhaus-„Traviata“ 2015, Lawrence Brownlee hat im selben Jahr als Italienischer Sänger im „Rosenkavalier“ bei den Osterfestspielen brilliert. Es spielt das Sinfonieorchester Basel unter Speranza Scappucci.

„Belcanto Drammatico!“ Die Sopranistin Diana Damrau und der Bariton Nicolas Testé in leidenschaftlichen Arien und Duetten von Verdi, Meyerbeer und Massenet, mit den Prager Philharmonikern unter Emmanuel Villaume.

Preise: 22 bis 110 Euro

WAGNER: DAS RHEINGOLD

PUCCINI: TOSCA FREITAG, 7. APRIL 2017, 18 UHR MONTAG, 10. APRIL 2017, 18 UHR DONNERSTAG, 13. APRIL 2017, 18 UHR OSTERMONTAG, 17. APRIL 2017, 18 UHR Die Oper „Tosca“ ist ein Krimi mit veritablem Bösewicht und einem Liebespaar, dem Puccini seine schönsten Melodien schenkte. Das Liebespaar verkörpern Krist -ı ne Opolais, die ihr Festspielhaus-Debüt gibt, und Marcelo Álvarez, Evgeny Nikitin gibt den Schurken Scarpia – in einer Neuinszenierung von Philipp Himmelmann. Es spielen die Berli­ ner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle. Preise: 59 bis 360 Euro

MUSIKFEST ANNE SOFIE VON OTTER OSTERSONNTAG, 16. APRIL 2017, 18 UHR Zu ihrem Osterfestspiel-Musikfest haben die Berliner Philharmoniker die groß­a rtige schwedische Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter eingeladen. Aus ihrem vielseitigen Repertoire hat sie unter anderem Lieder und Chansons von Franz Schubert, Reynaldo Hahn und Hanns Eisler angekündigt. Preise: 22 bis 110 Euro

SOPHIE KARTHÄUSER & RENÉ JACOBS SONNTAG, 14. MAI 2017, 17 UHR

F OTO: TAT YANA VL ASOVA

DIANA DAMRAU & NICOLAS TESTÉ

Die Sopranistin Sophie Karthäuser und der Dirigent René Jacobs fesseln mit historisch informierten Interpretationen: Konzertarien von Mozart und Beethoven, Beethovens erste Sinfonie und eine Suite des schwedischen Hofkapellmeisters und Mozart-Zeitgenossen Joseph Martin Kraus stehen auf dem Programm mit dem Helsinki Baroque Orchestra. Preise: 19 bis 90 Euro

Preise: 22 bis 110 Euro

SAMSTAG, 3. JUNI 2017, 18 UHR Wie unerhört Wagner in „Das Rheingold“ Oper und Sinfonie mischte, lässt sich am besten in einer konzertanten Aufführung nachvollziehen. Zumal wenn ein Musik­ durchdringer wie Thomas Hengelbrock am Pult steht. Mit Michael Volle als Wotan, Daniel Behle als Loge, Johannes Martin Kränzle als Alberich und Katarina Karnéus als Fricka. Es spielt das NDR Elbphilhar­m onie Orchester. Preise: 19 bis 130 Euro

MOZART: LA CLEMENZA DI TITO BADEN-BADEN-GALA 2017 DONNERSTAG, 6. JULI 2017, 19 UHR SONNTAG, 9. JULI 2017, 17 UHR Die Gala setzt die Reihe glänzend besetzter Mozart-Opern fort, die das Festspielhaus konzertant auf die Bühne bringt. Rolando Villazón, Joyce DiDonato, Sonya Yoncheva, Regula Mühlemann, Tara Eraught und Adam Plachetka singen Mozarts letzte Oper. Yannick Nézet-Séguin dirigiert das Chamber Orchestra of Europe. Preise: 33 bis 230 Euro

TSCHAIKOWSKY: EUGEN ONEGIN DONNERSTAG, 20. JULI 2017, 18 UHR SONNTAG, 23. JULI 2017, 17 UHR In Tschaikowskys „Pique Dame“ bei den Sommerfestspielen 2015 hat Valery Gergiev einmal mehr gezeigt, welche großartigen Stimmen ihm im Ensemble des Mariinsky Thea­ ters zur Verfügung stehen. Umso gespannter wird sein „Onegin“ erwartet: die vielleicht schönste Oper Tschaikowskys in einer Insze­ nierung des Mariinsky Theaters. Preise: 25 bis 170 Euro

Ve ra nsta ltunge n

OLGA PERETYATKO & LAWRENCE BROWNLEE


B a de n-B a de n

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SCHWARZWALDER

ZUNGENSCHLAG o richtig weg war es nie. Im Gegenteil – das Akkordeon war eigentlich immer da. Es schlummerte in der Geschichte der Tonerzeugung mit „durchschlagenden Metallzungen“ vor sich hin, die vom alten China bis in unsere Tage reicht. Bis es als Erfindung des frühen 19. Jahrhunderts die heute übliche Gestalt annahm. Seit das Akkordeon mit chromatischem Melodiebass gespielt werden kann – etwa seit Mitte des 20. Jahrhunderts –, gibt es keine musikalischen Grenzen mehr für das Instrument, dessen Tonumfang durchaus dem eines Cembalos gleichkommt. Vorbei die Zeiten, als es als „Schweine­ orgel“ diffamiert wurde – möglicherweise

Wer sagt, das Akkordeon sei provinziell, muss von gestern sein. Im Festspielhaus war es schon in der Oper besetzt und in Jazzkonzerten. Der Geiger Andrés Gabetta und der Akkordeonist Mario Stefano Pietrodarchi führen nun Vivaldi und Tango zusammen.

von allzu arroganten Großstädtern, die verwöhnt waren durch sinfonische Orchester, schneidige Militärkapellen und die eher zart besaiteten musikalischen Salons. Zum schlechten Ruf des Instrumentes trugen die den einzelnen Tönen zunächst fest zugeordneten Akkorde bei, wodurch Begleitungen oder gar Soli im Vergleich zum Klavier plump und vorhersehbar wirkten. Mit dem Akkordeon geht es eben zünftiger zu – schon deshalb, weil es nicht so witterungsanfällig ist wie Saiteninstrumente. Gespielt werden kann überall zwischen Schwarzwald und Wildem Westen. Obendrein ist das Akkordeon oder Bandoneon – je nach Bauart – auch noch ein sehr effizientes Instrument, das ein kleines


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FOTO: HO HN ER-ARCH IV, BE N OIT FACC HI

Einer muss ziehen und quetschen, damit sich die anderen herzen und drücken: Die Frucht Schwarzwälder Handarbeit (links) beschallte weltweit Tanzvergnügen.

Ensemble klanglich ersetzen kann. Oder eine Kirchenorgel, wie Arrigo Boito es in der Partitur seiner Oper „Mefistofele“ vorschreibt. Bei der Pfingstfestspiel-Aufführung 2016 im Festspielhaus ließ ein Profi der Münchner Philharmoniker seine Geige im Koffer, um hinter der Bühne auf dem Akkordeon für weihevollen Kirchensound zu sorgen. Epizentrum der deutschen Akkordeonkultur ist das 16.000-Einwohner-Städtchen Trossingen auf der Baar. In Sichtweite des Schwarzwalds waren hier ab circa 1830 „Bläslemacher“ damit beschäftigt, aus Wien mitgebrachte Mundharmonikas zu perfektionieren. 1857 gründete Matthias Hohner seine später weltbekannte Harmonika-Fabrik. is heute prägen die durchschlagenden Metallzungen das Städtchen, in dem natürlich auch der Deutsche Harmonika-Verband seinen Sitz hat. Musikhochschule und Hohner-Akademie garantieren die Zukunft eines Instruments, das lange ein RepertoireProblem hatte. Doch seit gut einem halben Jahrhundert gilt das Akkordeon als „komplettes Musikinstrument“ – sowohl in der modernen Klassik wie im Jazz. Kaum ein Komponist, der seitdem nicht für das Instrument geschrieben hätte. Wer heute bei einer Akkordeon-Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Trossingen

„Mäuschen“ spielt, hört ANDRÉS GABETTA, VIOLINE UND LEITUNG zur Hälfte zeitgenössische MARIO STEFANO PIETRODARCHI, BANDONEON „ernste“ Musik und zur CAPPELLA GABETTA Hälfte Bach. Barockmusik 4. MÄRZ 2017 und Quetschkommode ge/ hen immer häufiger eine Allianz ein. WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF Der Trossinger AkkordeonWWW.FESTSPIELHAUS.DE Professor Hans Maier experimentiert erfolgreich mit einem Instrument, das in einer mitteltönigen Stimmung gebaut wurde. Diese Intonation beherrschte bis weit ins wurde. Piazzolla verehrte Bach und dessen 18. Jahrhundert die Musik Europas und Zeitgenossen. Kein Wunder, dass er von wurde erst durch die wohltemperierte Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ inspiriert eiStimmung abgelöst. Wer aber die Musik nen eigenen Zyklus dieses Namens schuf, der Renaissance und des frühen Barock den Andrés Gabetta und der Akkor­ authentisch erklingen lassen möchte, ist deonist Mario Stefano Pietrodarchi in auf die mitteltönige Stimmung angewie- Baden-Baden zur Aufführung bringen. sen. Maiers neues Instrument klingt wie Wer in den Südwesten kommt, kann sich ein ganzes Bläser-Consort oder eine Or- von der Geschichte und der Vielfalt der gel des 16. Jahrhunderts. Damit erschließt Harmonika-Instrumente ein gutes Bild es völlig neues Repertoire. Nun also gelten machen. In Trossingen ist mit dem „Hohnicht nur Musette-Walzer und Tangos als ner-Museum“ eine ausgezeichnete Samm„Klassiker“ für das Handzuginstrument, lung mit liebevoll gestalteten wechselnsondern auch Frescobaldis oder Frober- den Ausstellungen zu bestaunen. Und das gers Orgelsonaten. südbadische Stauffen kann die berühmte Die Verbindung zwischen Handzuginst- Bandoneon-Sammlung Konrad Steinrument und Barock lebt aber auch dank harts für sich beanspruchen – die größte Argentiniens Tango-König Astor Piaz­ weltweit. zol­ la. Er spielte und komponierte für Hörer, schaut auf dieses Instrudas Bandoneon, ein Knopfinstrument des ment: Mario Stefano Pietrodarchi deutschen Tüftlers Heinrich Band, das zeigt die Wunderkiste, die sich auf der anderen Seite des Atlantiks zum gut mit Andrés Gabettas (ganz links) Markenzeichen der argentinischen Musik barockem Geigenspiel verträgt.

K onze r te

„JAHRESZEITEN“ VON VIVALDI UND PIAZZOLLA


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DER KUSS DER TOSCA UND ANDERE MUSEN 7. BIS 9. APRIL 2017 Wie entsteht ein Kunstwerk? Das erfahren Sie beim Besuch im Atelier des Bildhauers Karl-Heinz Deutsch in der Pfalz. Sie erleben die Oper „Tosca“ und ein Konzert mit den Berliner Philharmonikern und ihrem künftigen Chefdirigenten Kirill Petrenko. Ausgewählte Menüs runden Ihren Aufenthalt kulinarisch ab.

DIE GANZE WELT IN EINER SINFONIE 8. BIS 10. APRIL 2017 Große romantische Sinfonien von Mahler und Tschaikowsky stehen im Mittelpunkt zweier festlicher Konzerte mit den Berliner Philharmonikern. Mit einem Cocktail stimmen Sie sich auf die Tage in Baden-Baden ein. Sie lernen die romantische Fachwerkstatt Gengenbach kennen, genießen eine Wein­ probe in der Ortenau und lassen sich mit köstlichen Menüs verwöhnen.

DIE GEIGE ALS DIVA 14. BIS 16. APRIL 2017 Zwei großartige Violinkonzerte mit Lisa Batiashvili, Pinchas Zukerman und den Berliner Philharmonikern bilden den Mittel­ punkt dieser Erlebnisreise, die Sie in einem Oldtimerbus durch die elsässische Wein­ region führt. Sie treffen auf Winzer, probieren Elsässer Spezialitäten und kosten zudem die exzellente badische Küche.

SCHULE DER SINNLICHKEIT 16. BIS 18. APRIL 2017 Schärfen Sie Ihre Sinne: Bei einer Führung im Schloss Favorite umgeben Sie sich mit exquisiten Düften. Sie genießen in einem Sterne-Restaurant in Baiersbronn, der Hochburg deutscher kreativer Köche, besuchen Museen und erleben im Festspielhaus Konzerte und die Oper „Tosca“ mit den Berliner Phil­h armonikern.

VOM GRÖSSTEN ALLER SPIELE 4. BIS 7. MAI 2017 Golfclub Soufflenheim: Nur 25 Minuten von Baden-Baden hat Bernhard Langer eine Golfanlage der Superlative geschaffen. Dort gehen Sie mit Gleichgesinnten Ihrer sportlichen Leidenschaft nach. Am Abend spielen die Wiener Philharmoniker die „Romantische Sinfonie“ von Bruckner. Wir verwöhnen Sie mit köstlichen Menüs, Kaffee und Kuchen auf der Sonnen­ terrasse des Golfclub-Restaurants sowie mit Flammkuchen im Elsass.

AM URSPRUNG DER ELEMENTE 2. BIS 5. JUNI 2017 Wagners „Rheingold“ konzertant mit Dirigent Thomas Hengelbrock, am nächsten Abend Händels „Wassermusik“ und seine „Feuer­w erksmusik“. Es erwarten Sie ein Besuch des Rosengartens, exklusive musi­ kalische Einführungsvorträge und ein Ausflug in die Spargelhochburg Bruchsal.

STARS FÜR MOZART 8. BIS 10. JULI 2017 „La clemenza di Tito“ war im 19. Jahrhundert Mozarts beliebteste Oper. Wir prä­s entieren das Meisterwerk konzertant in einer Starbesetzung mit Joyce DiDonato, Sonya Yoncheva und Rolando Villazón. Wir zeigen Ihnen die unbekannten Winkel der Stadt, führen Sie durch das Museum Frieder Burda und servieren Ihnen ein exqui­ sites Abendessen mit Blick auf die Lichtentaler Allee.

EMPFINDUNGEN EINER JUNGEN SEELE 21. BIS 24. JULI 2017 Hören Sie Chopin-Klavierkonzerte mit Seong-Jin Cho, dem Gewinner des War­s chauer Chopin-Wettbewerbs. Einen Tag später erwartet Sie Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“. Eine Führung im Schloss Favorite, die Besichtigung des Klosters Lichtenthal sowie festliche Menüs runden Ihr romantisches Wochenende ab.

Reisepreise pro Person im Doppelzimmer ab 840 €


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IN BESTER

GESELLSCHAFT

FOTO: TH OM AS STRAUB

Lassen Sie es sich gut gehen, bei großartiger Musik, exzellenten Menüs und mit Menschen, die Ihre Vorlieben teilen. Baden-Baden und seine Umgebung bieten viele Sehenswürdigkeiten. Auf unseren geführten Kulturreisen erleben Sie Themenführungen, Ausflüge, Atelierbesuche und selbstverständlich unvergessliche Festspielhaus-Abende. Wir sind für Sie da: +49 (0) 7221 3013 -446 kulturreisen@festspielhaus.de


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KATZEN

HAMMER

„Memory“ ist nicht der einzige Grund, sich „Cats“ wieder anzusehen: Erinnerung an eine Theater­ revolution, die mehr Leben hat als eine Katze. T E X T :

W O L F G A N G

J A N S E N

enau 30 Jahre ist es inzwischen her, dass Andrew Lloyd Webbers sensationelles Musical „Cats“ im Hamburger Operettenhaus zur deutschen Erstaufführung kam. Am 18. April 1986 tobten die Katzen zum ersten Mal ausgelassen über den riesigen Müllberg, dessen Ausläufer sich noch seitlich der Bühne bis in den Rang erstreckten. Inmitten der leeren Verpackungen großstädtischen Lebens, geschickt vergrößert auf die Dimension der Tierkörper, feiern die Katzen ihren jährlichen Ball, an dessen Ende für eine von ihnen ein neues Leben wartet (Katzen haben bekanntlich sieben). Im bunten Wirbel füllen sie den Festplatz. Sie lösen einander ab mit abenteuerlichen Erzählungen und spotten über die überraschend aufgetauchte einstige Glamour-Katze Grizabella, die nur noch ihren Erinnerungen nachhängt. Doch schließlich akzeptieren sie ohne Murren, dass der weise Old Deuteronomy ausgerechnet sie


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CATS

FOTO: AL ESSA ND RO PI NN A

DER AUTOR Wolfgang Jansen studierte Theaterwissenschaft und Ger­manistik an der Freien Universität Berlin. Er ist Spezialist für die Geschichte des populären Musiktheaters im 19. und 20. Jahr­­ hun­dert und veröffentlichte zahlreiche Bücher und Aufsätze zu Musical, Operette, Revue und Varieté. 2010 gründete er das Deutsche Musicalarchiv in Freiburg. An der Universität der Künste Berlin unterrichtet er Theatergeschichte.

/ EINE PRODUKTION VON CAMERON MACKINTOSH AND THE REALLY USEFUL THEATRE, PRÄSENTIERT VON BB PROMOTION, MEHR! ENTERTAINMENT GMBH UND DAVID IAN PRODUCTIONS / WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF WWW.FESTSPIELHAUS.DE

„Cats“ war der Auslöser für eine Entwicklung, in der – zusätzlich zum öffentlich finanzierten Theater – ein neuer kultureller Markt aufkam, wie es ihn seit den 1920 er-Jahren vor der Verstaatlichung der Spielstätten in der NS-Zeit nicht mehr gegeben hatte. Ganz neue Berufsbilder entstanden, eine eigene Fach­ presse etablierte sich, und die ersten staatlichen Ausbildungs­ gänge zum Musicaldarsteller wurden eingerichtet. Das Musical war somit, vergleichbar dem Ballett oder der Oper, als eigenständige Kunstgattung auch in Deutschland offiziell anerkannt. eit jenen aufregenden Geschehnissen in der zweiten Hälfte der 1980 er-Jahre ist viel Zeit vergangen. Vieles von dem, was damals neu und revolutionär war, ist heute Theateralltag. Doch „Cats“ selbst hat nichts von seiner Magie verloren. Immer noch folgt man begeistert dem bunten Treiben, wenn etwa Rum Tum Tugger den Rockstar mimt und die ihn anhimmelnden weiblichen Kätzchen in entzücktes Miauen ausbrechen, wenn Mungojerrie und Rumbleteazer von ihren frechen Streichen und Diebestouren erzählen, Munkustrap die furchtbare Schlacht der verfeindeten Hunderudel, der Pekes und Pollicles, schildert, Jellylorum über die früheren Publikumser­ folge von Gus, dem Theaterkater, berichtet, Skimbleshanks seine betriebsamen Fahrten mit der Eisenbahn beschreibt oder die einst glamouröse Grizabella, die nun mit räudigem Fell mühsam über die Bühne schleicht, sich an ihren Erinnerungen festhält: Memory, all alone in the moonlight, I can smile at the old days, Life was beautiful then. I remember the time I knew what happiness was. Let the memory live again. Noch immer klingen diese Melodien reich und frisch, fasziniert Webbers Konzept, auf der Basis von Rock- und Popsongs eine durchkomponierte Theaterpartitur zu schaffen, und beeindruckt die Fülle seiner musikalischen Einfälle. „Cats“ zu sehen (oder wiederzusehen) ist auch 2017, 30 Jahre nach der Sensation im Hamburger Operettenhaus, ein ganz besonderes Erlebnis: unvergesslich.

Ente r ta inme nt – Cats

erwählt, um in den Katzenhimmel aufzusteigen. Auch der Sozial­ verlierer bekommt eine zweite Chance, tröstet das Musical. Alles an dieser Produktion war damals ungewöhnlich und sollte dauerhaft die bundesdeutsche Theaterlandschaft verändern. Wie tiefgreifend diese Veränderungen waren, dürfte den Beteiligten damals kaum bewusst gewesen sein. Beabsichtigt hatten sie sie auf keinen Fall. Dennoch lässt sich die „Cats“-Premiere als Zäsur ansehen. Danach war nichts mehr wie zuvor. as Stück basiert auf „Old Possum’s Book of Prac­tical Cats“ des angesehenen amerikanischen Dichters und Dramatikers T. S. Eliot, der seit seiner Jugend in Großbritannien lebte. Es enthält nachdenkliche und humorvolle Gedichte, die Eliot für seine Patenkinder erfand und 1939 erstmals in Druck gab. In England ist das Bändchen des Literaturnobelpreisträgers so bekannt wie bei uns nur Grimms Märchen. Webber formte 1981 mit Trevor Nunn und Richard Stilgoe ein Musical daraus. Die drei verwandelten die liebevoll skizzierten literarischen Charaktere in lebendige Wesen, ver­ körpert von singenden und tanzenden Darstellern auf der Bühne, die gekonnt die tierisch-geschmeidigen Bewegungen ihrer Vorbilder nachahmten. Dergleichen Tiergeschichten kannte man bis dahin hierzulande nur aus dem Kindertheater. Nun jedoch sollte ein erwachsenes Publikum damit angesprochen werden. In den Feuilletons und Stadttheatern verzog man abschätzig die Gesichter. Selbst in der Hamburger Kulturbehörde blieb man skeptisch – obwohl man sich mit Produzent Friedrich Kurz, einem Schwaben aus der Nähe von Stuttgart, der bislang über keinerlei Er­ fahrungen im Musicalbusiness verfügte, schließlich doch auf das alte Operettenhaus an der Reeperbahn als Spielstätte geeinigt hatte. Mitarbeiter der Behörde schlossen insgeheim Wetten ab, wann die Produktion pleitegehen würde, nach zwei oder erst nach drei Monaten. Einzig Friedrich Kurz erklärte unverdrossen, „Cats“ mindestens sechs Jahre lang spielen zu wollen. Es wurden 15 Jahre, bei acht Vorstellungen pro Woche, ohne Sommerpause, mit rund 400.000 Besuchern im Jahr. Etwas Vergleichbares hatte es in 500 Jahren deutscher Theaterge­schichte noch nicht gegeben! Ein Ereignis: anrührend und einmalig zugleich. Die Zuschauer stimmten, trotz zahlloser negativer Kommentare von Vertretern der „Hochkultur“, urdemokratisch mit den Füßen ab. Die gelben „Cats“-Augen vor schwarzem Hintergrund, in deren Pupillen man erst auf den zweiten Blick die Tänzer entdeckt, wurden zum Synonym für ein Theaterwunder, dessen Auswirkungen man nicht planen, dem man nur nach­ geben konnte.

DAS ORIGINAL-MUSICAL VON ANDREW LLOYD WEBBER AUS DEM LONDONER WEST END 29. AUGUST – 3. SEPTEMBER 2017


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PROGRAMM

UBERBLICK 2017

FEBRUAR 2017 SA, 18. FEBRUAR 2017, 18 Uhr SO, 19. FEBRUAR 2017, 17 Uhr BÉJART BALLET LAUSANNE Béjarts „Piaf“ und „Der wunderbare Mandarin“ sowie Gil Romans „Tombées de la dernière pluie“. Preise: 19 bis 90 Euro MO, 20. FEBRUAR 2017, 20 Uhr PATRICIA KAAS Mit Hits und neuen Songs präsentiert sich die Chansonsängerin von ihrer rockigen Seite. Preise: 39,15 bis 98,95 Euro FR , 24. FEBRUAR 2017, 19 Uhr OLGA PERETYATKO & LAWRENCE BROWNLEE Arien und Duette von Bellini, Donizetti und Bizet. Speranza Scappucci, Sinfonie­ orchester Basel. Preise: 22 bis 110 Euro SA, 25. FEBRUAR 2017, 20 Uhr ELVIS – DAS MUSICAL Das Leben Elvis Presleys in seinen besten Songs: gespielt, gesungen und getanzt. Preise: 49,90 bis 73,90 Euro SO, 26. FEBRUAR 2017, 11 Uhr SIMON TRPCˇ ESKI Der mazedonische Pianist mit Werken von Ravel, Poulenc und Rimsky-Korsakow. Preise: 9 bis 40 Euro MÄRZ 2017 FR , 3. MÄRZ 2017, 20 Uhr HELGE SCHNEIDER Nonsens, Improvisation und so manches lange nicht gehörte Stück des genialen Jazz-Komikers. Preise: 30,50 bis 56,80 Euro SA, 4. MÄRZ 2017, 18 Uhr JAHRESZEITEN VON VIVALDI UND PIAZZOLLA Tango-König Astor Piazzolla ließ sich von Vivaldi inspirieren. Die Cappella Gabetta spielt beide Werke. Preise: 14 bis 70 Euro

SO, 5. MÄRZ 2017, 17 Uhr GIDON KREMER & MARTHA ARGERICH Zu Kremers 70. Geburtstag: Werke von Mozart, Weinberg und Janácˇek mit der Kremerata Baltica. Preise: 19 bis 130 Euro SA, 11. MÄRZ 2017, 10 Uhr SO, 12. MÄRZ 2017, 11 Uhr Zweitägiger Workshop SO, 12. MÄRZ 2017, 17 Uhr Öffentliches Finale KINDER-SING-FEST Stimmbildnerin Friedhilde Trüün hebt den Volkslied-Schatz mit Kindern ab acht Jahren und Erwachsenen. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro APRIL 2017 FR , 7. APRIL 2017, 18 Uhr MO, 10. APRIL 2017, 18 Uhr DO, 13. APRIL 2017, 18 Uhr MO, 17. APRIL 2017, 18 Uhr PUCCINI: TOSCA BERLINER PHILHARMONIKER & SIR SIMON RATTLE Neuinszenierung von Philipp Himmelmann, mit Kristı- ne Opolais, Marcelo Álvarez, Evgeny Nikitin und weiteren Solisten. Preise: 59 bis 360 Euro SA, 8. APRIL 2017, 18 Uhr BERLINER PHILHARMONIKER & KIRILL PETRENKO Der zukünftige Chef der „Berliner“ mit Mozarts „Haffner“-Sinfonie, Tschaikowskys „Pathétique“ und Adams’ „The WoundDresser“. Solist: Georg Nigl. Preise: 29 bis 210 Euro SA, 8. APRIL 2017, bis MO, 17. APRIL 2017 MEISTERKONZERTE DER BERLINER PHILHARMONIKER Philharmonische Ensembles an Spielorten in der ganzen Stadt. Preis: 25 Euro

SO, 9. APRIL, 18 Uhr BERLINER PHILHARMONIKER & SIR SIMON RATTLE Nach der überwältigenden „Auferstehungs­ sinfonie“ bei den Osterfestspielen 2013: Mahlers Sechste, die „Tragische“. Preise: 29 bis 210 Euro SO, 9. APRIL 2017, 14 Uhr MI, 12. APRIL 2017, 18 Uhr SO, 16. APRIL 2017, 14 Uhr LA TRAGÉDIE DE CARMEN Im Theater Baden-Baden: die „Carmen“Fassung des legendären Theatermachers Peter Brook. Preise: 47 bis 90 Euro DI, 11. APRIL 2017, 16 Uhr SO, 16. APRIL 2017, 11 Uhr FAMILIENKONZERT: ALTE UND NEUE ABENTEUER! Interaktives Konzert für Kinder ab sechs Jahren, mit Musikern der Berliner Philharmoniker und Gesangssolisten. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro FR , 14. APRIL 2017, 18 Uhr BERLINER PHILHARMONIKER, LISA BATIASHVILI & SIR SIMON RATTLE Dvorˇáks Violin­k onzert und „Slawische Tänze“. Nach der Pause: Bartóks „Konzert für Orchester“. Preise: 29 bis 210 Euro SA, 15. APRIL 2017, 18 Uhr BERLINER PHILHARMONIKER, PINCHAS ZUKERMAN & ZUBIN MEHTA Ein Fest des romantischen Orchesterklangs: Elgars Violinkonzert, Tschaikowskys Fünfte. Preise: 29 bis 210 Euro SO, 16. APRIL 2017, 18 Uhr MUSIKFEST Ensembles der Berliner Philharmoniker, mit Anne Sofie von Otter, dem Bundes­ jugendorchester und Sir Simon Rattle. Preise: 22 bis 110 Euro


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MO, 24. APRIL 2017, 20 Uhr FALCO Kein Star der Neuen Deutschen Welle hatte mehr Stil als der Österreicher Falco. Das Musical macht ihn in seinen Hits wieder lebendig. Preise: 49,90 bis 73,90 Euro SA, 29. APRIL 2017, 18 Uhr SO, 30. April 2017, 17 Uhr CLOUD GATE DANCE THEATRE OF TAIWAN „White Water“, „Dust“: Moderner Tanz, inspiriert von fernöstlicher Tradition. Preise: 19 bis 90 Euro MAI 2017

DO, 4. Mai 2017, 20.07 Uhr OTTO Deutschlands Lieblingsostfriese mit neuen Liedern, Gags und Überraschungen. Preise: 26 bis 74,90 Euro FR , 5. MAI 2017, 19 Uhr WIENER PHILHARMONIKER & HERBERT BLOMSTEDT Mozarts Es-Dur-Sinfonie KV 543 und Bruckners Vierte, die „Romantische“. Preise: 22 bis 150 Euro MO, 8. MAI 2017, 20 Uhr JOE BONAMASSA Der vielseitige Bluesgitarrist mit Songs seiner aktuellen, in Nashville aufgenom­ menen CD „Blues of Desperation“. Preise: 79 bis 149 Euro FR , 12. MAI 2017, 19 Uhr HILARY HAHN LEONARD SLATKIN & ORCHESTRE NATIONAL DE LYON Tschaikowskys Violinkonzert, Francks „Der wilde Jäger“ und Berlioz’ „Fantastische Sinfonie“. Preise: 22 bis 110 Euro SO, 14. MAI 2017, 17 Uhr SOPHIE KARTHÄUSER & RENÉ JACOBS HELSINKI BAROQUE ORCHESTRA Konzertarien von Mozart und Beethoven. Preise: 19 bis 90 Euro

FR , 19. MAI 2017, 10 und 16 Uhr GLIMP Ein Farbenspiel in Musik für Kinder von zwei bis vier Jahren. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro SO, 21. MAI 2017, 11 Uhr HORNTRIO: AVENHAUS .  NEUNECKER .  WEITHAAS Romantisches für Horn: Brahms’ Trio op. 40, Schumanns Duo op. 70. Preise: 9 bis 40 Euro MI, 24. MAI 2017, 20 Uhr BRYAN FERRY Mit der Band Roxy Music hat er sich unsterb­ lich gemacht: Rock-Dandy Bryan Ferry in einem karriereumspannenden Programm. Preise: 30,75 bis 137,70 Euro FR , 26. MAI 2017, 10 und 16 Uhr CELLOSTORM Konzert für Kinder ab sechs Jahren. Preise: Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro MI, 31. MAI 2017, 20 Uhr CHRIS DE BURGH „A Better World“: Der irische Songwriter mit seinen größten Hits und neuen Songs, die poetisch Stellung zum Welt­g eschehen nehmen. Preise: 44,75 bis 96,50 Euro

SA, 3. JUNI 2017, 18 Uhr WAGNER: DAS RHEINGOLD Thomas Hengelbrock leitet die konzertante Aufführung mit Michael Volle, Katarina Karnéus, Johannes Martin Kränzle, Daniel Behle und weiteren Solisten. NDR Elbphilharmonie Orchester. Preise: 19 bis 130 Euro SO, 4. JUNI 2017, 17 Uhr HÄNDEL: WASSER & FEUER „Feuerwerksmusik“, „Wassermusik“ und Auszüge aus den Concerti grossi op. 3. Hervé Niquet, Le Concert Spirituel. Preise: 19 bis 90 Euro SO, 4. JUNI 2017, 14 Uhr DANIEL BEHLE: MEIN HAMBURG Lieder über den Norden, mit dem Schnyder Trio im Runden Saal des Kurhauses. Preis: 25 Euro MO, 5. JUNI 2017, 9 Uhr MUSIKALISCHES MORGENERWACHEN Armida Quartett im Museum Frieder Burda. Preis: 40 Euro MO, 5. JUNI 2017, 14 Uhr SIMONE RUBINO Solo-Percussion mit dem Gewinner des ARD-Musikwettbewerbs 2014 im Theater Baden-Baden. Preis: 25 Euro

JUNI 2017 DO, 1. JUNI 2017, 20 Uhr SIR ANDRÁS SCHIFF Schumanns C-Dur-Fantasie und Werke von Bach, Bartók und Janácˇek. Preise: 19 bis 90 Euro FR , 2. JUNI 2017, 19 Uhr DIANA DAMRAU & NICOLAS TESTÉ „Belcanto Drammatico“. Prague Philharmonia, Dirigent: Emmanuel Villaume. Preise: 22 bis 110 Euro

MO 5. JUNI 2017, 18 Uhr ANNE-SOPHIE MUTTER & DANIIL TRIFONOV MUTTER’S VIRTUOSI Die Geigerin und der Pianist im ersten gemeinsamen Konzert: Schuberts „Forellenquintett“ und sein „Notturno“, Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. Preise: 25 bis 170 Euro SA, 10. JUNI 2017, 18 Uhr STACEY KENT & QUATUOR EBÈNE „Brazil“: Die amerikanische Jazzsängerin singt Songs von Antônio Carlos Jobim, Astor Piazzolla und anderen. Preise: 11 bis 55 Euro


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JULI 2017

SA, 17. JUNI 2017, 18 Uhr LEVELELEVEN Die nordische A-cappella-Supergroup. Preise: 11 bis 55 Euro

DO, 6. JULI 2017, 19 Uhr SO, 9. JULI 2017, 17 Uhr BADEN-BADEN-GALA 2017: MOZART: LA CLEMENZA DI TITO Oper konzertant mit Sonya Yoncheva, Joyce DiDonato, Rolando Villazón und weiteren Solisten. Yannick Nézet-Séguin, Chamber Orchestra of Europe, RIAS Kammerchor. Preise: 33 bis 230 Euro

SO, 18. JUNI 2017, 11 Uhr KLAVIERQUARTETT: LAUMA & BAIBA SKRIDE .  BERTHAUD .  KRIJGH Brahms’ g-Moll-Quartett und das g-Moll-Quartett KV 478 von Mozart. Preise: 9 bis 40 Euro SO, 18. JUNI 2017, 17 Uhr RUDOLF BUCHBINDER Der profilierte Beethoven-Interpret mit der „Appassionata“, der „Pathétique“, der „Wald­ stein-Sonate“ und der Klaviersonate op. 10/2. Preise: 19 bis 90 Euro

Sa, 8. Juli 2017, 19 Uhr MOZART: KLAVIERKONZERTE Piotr Anderszewski als Solist und Dirigent in Mozarts Klavierkonzerten KV 595 und KV 503. Davor: Bartóks Divertimento. Chamber Orchestra of Europe. Preise: 19 bis 90 Euro

DI, 20. JUNI 2017, 10 und 16 Uhr TEUFELS KÜCHE Was sind die Zutaten für Musik? Szenisches Konzert für Kinder von fünf bis zehn Jahren. Kinder 10 Euro, Erwachsene 25 Euro

MO, 10. JULI 2017, 19 Uhr MUSIK IM MUSEUM Kunst, Musik und Literatur im Museum Frieder Burda, Azahar Bläserensemble. Preis: 40 Euro

MO, 26. JUNI 2017, 20 Uhr PET SHOP BOYS Die 80er sind Kult, die Pet Shop Boys haben sie zum Musik-Show-Kunstwerk erhoben. Zum ersten Mal live im Festspielhaus. Preise: 52,05 bis 98,05 Euro

SA, 15. JULI 2017, 18 Uhr MARÍA PAGÉS COMPANY: YO, CARMEN María Pagés tanzt Carmen: modern, aber tief verwurzelt im Flamenco. Preise: 19 bis 90 Euro

WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE AUF WWW.FESTSPIELHAUS.DE / TICKET-SERVICE +49 (0) 7221 3013-101 WWW.FESTSPIELHAUS.DE

SO, 16. JULI 2017, 11 Uhr VARVARA Eine Entdeckung: die russische Pianistin Varvara Nepomnyashchaya. Im Florentiner­ saal des Kurhaus Casinos spielt sie die LisztSonate und Werke von Bach und Mozart. Preis: 25 Euro DO, 20. JULI 2017, 18 Uhr SO, 23. JULI 2017, 17 Uhr TSCHAIKOWSKY: EUGEN ONEGIN Valery Gergiev dirigiert eine Inszenierung des Mariinsky Theaters. Preise: 25 bis 170 Euro FR , 21. JULI 2017, 19 Uhr VALERY GERGIEV & DANIIL TRIFONOV Rachmaninows drittes Klavierkonzert und seine Kantate „Die Glocken“ mit Solisten, Chor und Orchester des Mariinsky Theaters. Preise: 22 bis 110 Euro SA, 22. JULI 2017, 18 Uhr VALERY GERGIEV & SEONG-JIN CHO Beide Chopin-Klavierkonzerte mit dem Gewinner des Chopin-Wettbewerbs 2015, nach der Pause: Bruckners Siebte. Mariinsky Orchester, Valery Gergiev. Preise: 22 bis 110 Euro DI, 29. AUGUST 2017, bis FR , 1. SEPTEMBER 2017, 20 Uhr SA, 2. SEPTEMBER 2017, 15 und 20 Uhr SO, 3. SEPTEMBER 2017, 14 Uhr CATS Nach „Cats“ war nichts mehr wie vorher in der Welt des Musicals. 30 Jahre nach der Deutschlandpremiere kommt der MusicalKlassiker zurück, in einer Produktion aus dem Londoner West End. Preise: 24,50 bis 105 Euro


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UNSER

SERVICE FUR SIE

KARTENKAUF UND -BESTELLUNG

ZAHLUNGEN

EINFÜHRUNGSVORTRÄGE

Die Kasse im Festspielhaus ist montags bis freitags von 9.30 bis 18 Uhr, an Wochen­ enden und Feiertagen von 10 bis 14 Uhr so­ wie zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn geöffnet. Unter +49 ( 0 )  7221 3013-101 steht Ihnen unser Service-Team montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 10 bis 14 Uhr zur Verfügung.

Sie können Ihre Eintrittskarten per Kreditkarte, Überweisung oder Lastschrift bezahlen.

Vor den im Festspielhaus-Jahresprogramm angegebenen Veranstaltungen laden wir Sie gern zum Einfüh­r ungsvortrag auf der dritten Ebene des Foyers ein. Sowohl 80 als auch 50 Minuten vor Veranstaltungsbeginn haben Sie Gelegenheit, den Vortrag zu besuchen. Vor Sonntags-Matineen beginnt der Vortrag um 10 Uhr und wird nicht wiederholt. Der Besuch des Vortrags ist kostenfrei. Wir bieten Ihnen die Möglichkeit einer Sitzplatz­ reservierung zum Preis von 5 Euro unter +49 ( 0 )  7221 3013-101.

BANKVERBINDUNG: Sparkasse Baden-Baden Gaggenau BIC /Swift-Code: SOLADES 1BAD IBAN: DE37 6625 0030 0000 0645 84 GUTSCHEINE

Kartenwünsche per Fax unter +49 ( 0 )  7221 3013-211 oder per Post an das Festspielhaus Baden-Baden, Beim Alten Bahnhof 2, 76530 Baden-Baden. Buchung online unter www.festspielhaus.de. Bei Versand der Eintrittskarten werden pro Bestellung 5 Euro Servicepauschale inklusive Versand- und Versicherungskosten erhoben. Ein Umtausch ist ausgeschlossen. Besetzungsund Programmänderungen sind vor­b ehalten und berechtigen nicht zur Rückgabe bereits gekaufter Eintrittskarten. ERMÄSSIGUNGEN

Schüler und Studenten sowie Rentner, Inha­ ber des Familienpasses Baden-Baden, Erwerbs­ lose und Schwerbehinderte (ab 70 Prozent) haben Anspruch auf die ausgewiesenen er­ mäßigten Eintrittspreise. Ausweise für Ermä­ ßigungen sind beim Einlass vorzuzeigen. Für Jugendliche unter 26 Jahren gibt es eine limitierte Anzahl an Eintrittskarten zum Preis von 10 Euro für alle Klassikveranstaltun­ gen im Rahmen des Projekts „Kolumbus – Klassik entdecken“. Diese Eintrittskarten sind bei nicht ausverkauften Veranstaltungen an der Abendkasse erhältlich. Eine Reser­ vierung ist nicht möglich.

Geschenkgutscheine für Eintrittskarten, Festspielhaus-Gastronomie oder Reise­ arrangements ab 10 Euro können an der Tageskasse, online oder telefonisch unter +49 ( 0 )  7221 3013-101 erworben werden. Lösen Sie Ihren Gutschein an der Tageskasse oder telefonisch ein – eine Online-Verrech­ nung ist leider nicht möglich. FESTSPIELHAUS-EXPRESS

Zu allen Klassik-Veranstaltungen bieten wir aus neun Städten im Umkreis von BadenBaden Bustransfers an. Information und Reservierung unter +49 ( 0 )  7221 3013-101. FREIE FAHRT IM KARLSRUHER VERKEHRSVERBUND

Die Eintrittskarte für das Festspielhaus ist am Veranstaltungstag als Fahrkarte gültig – von Betriebsbeginn bis Betriebsende auf allen Strecken des Karls­r uher Verkehrsver­ bunds (KVV). AIDA-GASTRONOMIE

Unser Restaurant öffnet zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn. In den Pausen ser­v ieren wir an reservierten Tischen im AIDA-Restaurant und in den Foyerbars feine Imbisse. Alle Speisen werden von unseren Köchen im Festspielhaus frisch zubereitet. In den Foyerbars erhalten Sie Getränke, Canapés, Brezeln und Süßigkeiten. Menüs und Pausenimbisse können telefonisch vor­ bestellt werden unter +49 ( 0 )  7221 3013-101.

FÜHRUNGEN

Montags bis freitags um 11 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen um 14 Uhr gewähren unsere Mitarbeiter Ihnen in einem ca. 75-minütigen Rundgang einen Blick hin­ ter die Kulissen des Fest­s pielhauses. Indi­ viduelle sowie fremdsprachige Führungen auf Anfrage. Preis: 8 Euro (6 Euro für Schüler und Kurkartenbesitzer). Wir empfehlen eine Reservierung unter +49 ( 0 )  7221 3013-101. KULTURREISEN

Um Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, bieten wir ver­ schiedene Arrangements mit Übernachtung und Kulturprogramm an. Lassen Sie sich beraten unter +49 ( 0 )  7221 3013-446. FÖRDERPROGRAMM

Als erste Kulturinstitution in Europa ohne öffentliche Subventionen im Betrieb ist das Festspielhaus auf Förderer angewiesen – Menschen, denen das Kulturengagement eine Herzenssache ist. Machen Sie mit und tun Sie sich und Ihrem Festspielhaus etwas Gutes. Nähere Informationen gibt es an dem wäh­ rend aller Veranstaltungen geöffneten Informationsstand im Eingangsfoyer sowie unter +49 ( 0 )  7221 3013-277.


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WAS MACHEN SIE DA,

HERR BOBI? Einen solchen Tropfen darf man nicht in Hektik trinken, auch wenn die Vorstellung gleich los­ geht. Bei „Aida“-Restaurantchef Dadié Bobi und seinem Team sitzt jeder Handgriff, damit den Gästen Zeit bleibt für Genuss.

Gerade habe ich unser Weinsortiment im Festspielhaus-Restaurant „Aida“ geprüft. Wir haben wieder neue Weine im Programm – wunderbare Weiße von Laible in Durbach. In einem Opernhaus-Restaurant läuft vieles anders: Alle Gäste kommen zur selben Zeit, vor oder gleich nach der Vorstellung. Da muss jeder Handgriff sitzen: Niemand möchte den Anfang der Vorstellung verpassen, aber ein Gefühl der Hektik darf trotzdem nicht aufkommen. Als ich hier anfing, war ich noch kein Weinkenner. Aber die Geschäftsleitung hat mir vertraut. Von meiner Heimat Elfenbeinküste kam ich nach Baden-Württemberg, um Deutsch als Fremdsprache zu studieren und danach in Afrika zu unterrichten. Es kam anders: Familie, Studentenjobs – und dann die Chance, Foyerteamleiter im Festspielhaus zu werden. Im „Aida“ habe ich seit einigen Jahren eine neue Herausforderung. Den Gästen ein Gefühl der Vertrautheit zu geben, mit ihnen zu plaudern – auch einen guten Wein zu empfehlen –, das ist heute eine Stärke von mir. Das in mich gesetzte Vertrauen hat mich motiviert!

Auf Anfrage senden wir Ihnen gerne unser neues Jahresprogramm 2017/2018 zu, das am 15. März 2017 erscheint. Zu unseren Veranstaltungen erhalten Sie Informationen unter +49 (0) 7221 3013-101. Über unsere Reiseangebote informieren wir Sie gerne unter +49 (0) 7221 3013-446. IMPRESSUM: Festspielhaus-Magazin Baden-Baden  HERAUSGEBER: Festspielhaus Baden-Baden gGmbH, Rüdiger Beermann (verantwortlich)   REDAKTION: Rüdiger Beermann, Michael Drautz, Dr. Wolfgang Müller, Dariusz Szymanski  KOORDINATION: Dr. Wolfgang Müller   TEXTE: Birgit Baumgärtner und Jean Christophe Blavier, Rüdiger Beermann, Dr. Eleonore Büning, Georg Etscheit, Frederik Hanssen, Dr. Wolfgang Jansen, Klaus Kalchschmid, Helmut Krausser, Dr. Wolfgang Müller, Jürgen Otten, Dariusz Szymanski  KORREKTORAT: die Korrektoren, Bielefeld   FOTOS: sämtliche Bildnachweise beim Herausgeber  ART DIRECTION: Anzinger und Rasp, München  GESTALTUNG: Stefanie Kuttig   LITHOGRAFIE: MXM, München  DRUCK: Körner Premium GmbH, Sindelfingen (Änderungen und Druckfehler vorbehalten)

FOTO: AN DR E A K R EM PE R

Aktuelles, Programm und Festspielhaus-Karten: www.festspielhaus.de Folgen Sie uns auf:


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