In Vitro | Strategische Initiativen FHNW 2018-2020 | Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW

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Strategische Initiativen FHNW 2018 – 2020 Patientennahe Sofortdiagnostik in der digitalisierten Gesellschaft


Patientennahe Sofortdiagnostik in der digitalisierten Gesellschaft Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder in schwach besiedelten Regionen haben es oftmals schwer, schnell an ärztliche Hilfe und Medikamente zu kommen. Ein auf Telemedizin basierter neuer Service zwischen der FHNW und Praxispartnern ändert das.

In der Strategischen Initiative Patientennahe Sofortdiagnostik in der digitalisierten Gesellschaft wurde ein Dienstleistungskonzept entwickelt, das betroffenen Menschen eine personalisierte Rundumversorgung bietet: vom Besuch der Pflegefachperson über den Arztkontakt online bis zur Labordiagnostik, Medikamentenbestellung und schliesslich Therapie. Dafür haben Forschende aus drei Hochschulen der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW interdisziplinär und in Praxiskooperationen zusammengearbeitet. Ihre Zielgruppe waren ältere Menschen, die von der Spitex betreut werden. Für den neuen Service wurden die Bedürfnisse der Praxispartner anhand ihrer täglichen Arbeitsabläufe und praktischen Einsätze erfasst. Auf dieser Grundlage entwickelten die Forschenden das Dienstleistungskonzept für verschiedene medizinische Anwendungsbereiche am Beispiel konkreter Krankheitsbilder. Aus dem Projekt entstanden neben dem Konzept des Dienstleistungszyklus zwei Produkte: das Labor im Rucksack mit Diagnosegeräten und eine Smart eHealth Device Library. Das Labor im Rucksack enthält zielgruppenspezifische In-vitro-Tests und diverse Diagnosewerkzeuge. Die Smart eHealth Device Library stellt den Datenaustausch zwischen Diagnosegeräten und Gesundheitsinformationssystemen beziehungsweise Ärztin oder Arzt sicher. Grosses Potenzial für den Einsatz des Labors im Rucksack besteht bei Krankheitsbildern, die einerseits schwerwiegend genug sind, dass eine ärztliche Konsultation notwendig ist, andererseits jedoch nicht so gravierend sind, dass zeitnahe medizinische Eingriffe unabdingbar sind. Mangelerscheinungen, Infekte sowie die Überwachung von Biomarkern haben sich dabei als vielversprechende Einsatzbereiche erwiesen. In einer abschliessenden Prozesssimulation mit Einbezug verschiedener Praxispartnerschaften wurden diese Einsatzbereiche interdisziplinär evaluiert. Dabei wurde der gesamte Prozess vom Auftreten der medizinischen Symptome über die telemedizinische Konsultation mit dem Labor im Rucksack bis zur Überweisung an eine Spezialistin oder einen Spezialisten durchgespielt. Aus den Aktivitäten aller Beteiligten, deren Aussagen und Interaktionen untereinander konnten konkrete Anforderungen und Bedürfnisse identifiziert werden, damit der zukünftige Dienstleistungsprozess erfolgreich in die Praxis überführt werden kann.


« Das Labor im Rucksack bringt die medizinische Versorgung zu den Menschen mit eingeschränkter Mobilität, unabhängig davon, wo sie sich aufhalten. Die Verknüpfung von bestehenden Dienstleistungen in einen neu gestalteten Nutzungskontext aus Telemedizin, Software-Applikationen, Videokonsultationen und Diagnoseverfahren sind zukunftsweisend.» Prof. Dr. Daniel Gygax

Projektleitungsteam

Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW

• Prof. Dr. Fred van den Anker

Hochschule für Life Sciences Institut für Chemie und Bioanalytik Hofackerstrasse 30 CH - 4132 Muttenz T +41 61 228 55 79 daniel.gygax@fhnw.ch www.fhnw.ch/in-vitro-diagnostik

Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW • Prof. Dr. Daniel Gygax Hochschule für Life Sciences FHNW • Prof. Dr. Christoph Stamm Hochschule für Technik FHNW


Auf einen Blick Beteiligte Hochschulen der FHNW:

Projektpartnerschaften:

Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW

Spitex Verband Aargau, Aarau

Hochschule für Life Sciences FHNW

eedoctors AG, Bern

Hochschule für T   echnik FHNW

Dr. BÄHLER DROPA AG, Zürich ETH Zürich, Department of Biosystems Science and Engineering, Basel

Mit dem Labor im Rucksack funktioniert Krankenversorgung vor Ort Mit dem Labor im Rucksack und der telemedizinischen ärztlichen Konsultation wird der Zugang zur dezentralen medizinischen Versorgung zu Hause sichergestellt. In diesem Dienstleistungszyklus (Abbildung) arbeiten neben der Spitex, die zusammen mit ihren Klientinnen und Klienten den Kreislauf initiiert, weitere Beteiligte: eedoctors mit einer Video-Behandlungsplattform und DROPA Apotheken mit einem etablierten Medikamenten-Managementsystem.


Biochemische und physikalische Diagnoseverfahren: Die Kombination bringt Mehrwert Zum Hausbesuch nehmen die Pflegefachpersonen einen Rucksack mit, in dem sich die gesamte Ausrüstung für die Erstdiagnostik befindet. Diese erfolgt mit einem Schnelltest zum Nachweis von Biomolekülen, die eine Krankheit anzeigen. Das Labor im Rucksack wird vorerst mit zertifizierten Schnelltests bestückt. In Praxispartnerschaften wurde begonnen, Tests für den Nachweis von Organabstossung und Schwangerschaftsvergiftung zu entwickeln. Mögliche Erweiterungen sind Tests der Blutgerinnung sowie für Covid-19 und andere virale Erkrankungen. Mit den physikalischen Diagnosegeräten messen die Pflegefachpersonen Blutdruck, Temperatur, Blutsauerstoff oder Lungengeräusche. Zahlreiche andere Erweiterungen des Bestückungssortiments sind denkbar, so etwa ein kleines EKG. Die Kombination von biochemischen Schnelltests und physikalischen Diagnoseverfahren führt zu einer besseren Diagnose.


Telemedizin: Virtuell verbunden und diagnostiziert Eine Allgemeinmedizinerin oder ein Fachspezialist lassen sich über Video auch dann konsultieren, wenn der Gang zur Praxis unmöglich, nur unter erschwerten Bedingungen machbar oder gänzlich unerwünscht ist. Somit wird die fachkundige medizinische Grundversorgung sichergestellt, ohne dass sich Arzt und Patient physisch nahekommen. Der volle Nutzen einer Videokonsultation zeigt sich aber erst, indem direkt im häuslichen Umfeld oder in einer Pflegeeinrichtung die Messung von physikalischen und biochemischen Kennwerten bei Patientinnen und Patienten veranlasst werden kann und die Ärztin oder der Arzt zeitnah die Ergebnisse wissen – bestenfalls in derselben Videokonsultation.


SeHDL: Smart eHealth Device Library Die Software-Bibliothek SeHDL erlaubt einen vereinheitlichten Datenaustausch verschiedener smarter Diagnosegeräte. Dadurch werden Telemedizin-Applikationen für Android und iOS ermöglicht und auf eine neue Qualitätsstufe gebracht. Mobile Diagnosegeräte können von der Telemedizin-App aufgespürt und drahtlos verbunden werden. Von der Ärztin veranlasste Messungen laufen dann nach vordefinierten Messabläufen ab. Die resultierenden Messwerte werden automatisch und fehlerfrei an die behandelnde Ärztin übertragen.

Interdisziplinarität: So gelingt die Herausforderung Der reibungslose Ablauf des Dienstleistungszyklus erfordert, dass die Beteiligten zeitnah eingebunden werden können, die benötigten Diagnosegeräte und Schnelltests im Labor im Rucksack verfügbar sind und dass der Austausch der diagnostischen Daten über die entwickelte elektronische Gerätebibliothek sichergestellt wird. Dank der Verzahnung der verschiedenen disziplinären Leistungen entsteht für die Patientinnen und Patienten ein medizinisches Angebot von grossem Wert.


Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW setzt sich aus folgenden Hochschulen zusammen: –  Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW –  Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW –  Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW –  Hochschule für Life Sciences FHNW –  Hochschule für Musik FHNW –  Pädagogische Hochschule FHNW –  Hochschule für Soziale Arbeit FHNW –  Hochschule für Technik FHNW –  Hochschule für Wirtschaft FHNW

Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW Bahnhofstrasse 6 CH - 5210 Windisch T +41 56 202 77 00 www.fhnw.ch

Bildnachweis: Miriam Doerr, Florence Dreier, Martin Frommherz ( Shutterstock ), Christoph Stamm ( SeHDL Infografik ), www.andreapeter.ch ( Illustrationen )


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