Strategische Initiativen FHNW 2018 – 2020 Myosotis-Garden
Myosotis-Garden Wie erforscht und entwickelt man interdisziplinär Video-Games für betagte Menschen und ihre Angehörigen? Und wie können solche Games das Wohlbefinden der Spielenden positiv beeinflussen? Diese Fragen beantwortet «Myosotis-Garden».
Video-Games sind komplexe, vielschichtige Produkte, die auf dem vereinten Wissen von vielen Disziplinen basieren. Entsprechend vielschichtig und interdisziplinär sind die Antworten, welche das international zusammengesetzte Team von Fachpersonen aus Kunst, Gestaltung, Musik, Psychologie, Technik und Game-Design an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW gemeinsam mit der Berner Fabelfabrik erarbeitet hat. Dazu wurden im Projekt Myosotis-Garden über zehn iPad-Games als Prototyp entwickelt. Diese wurden zusammen mit Bewohnerinnen und Bewohnern sowie dem Betreuungs- und Pflegepersonal von sechs Partnerinstitutionen für betagte Menschen getestet und verbessert. Dank über hundert gemeinsamen Spielstunden konnte das Team ein vertieftes Verständnis der Stärken und Bedürfnisse sowie der ästhetischen Präferenzen der zum Teil hochbetagten Menschen erlangen. Dieses Wissen wurde laufend für die Weiterentwicklung der generationenübergreifenden Games genutzt. In Myosotis-Garden wurden vor allem die verschiedenen motivierenden Faktoren analysiert, welche verschiedene Generationen zum gemeinsamen Video-Spiel animieren. Dabei helfen persönliche Medien wie Fotos oder Themen aus dem Alltag sowie eine GameMechanik, die eine koordinierte Aktion beider Spielenden benötigt. Grafik und Musik sind zentral für das Gesamterlebnis der Spielenden und müssen schon relativ früh im Entwicklungsprozess eine hohe Qualität erreichen. Alle Erkenntnisse aus dem interdisziplinären Projekt flossen in einen Best Practice Guide ein, welcher auf der Projekt-Webseite abrufbar ist. Damit steht das Wissen dieser Strategischen Initiative für nachfolgende Projekte kostenfrei zur Verfügung. Auch externe Fachpersonen werden bei der künftigen Weiterentwicklung solcher Spiele von dem Guide profitieren, denn noch sind viele Fragen in diesem Gebiet unbeantwortet. Zwei der MyosotisSpiele wurden 2020 fertiggestellt und werden 2021 im App Store von Apple für ein breites Publikum veröffentlicht. Beide Spiele erlauben es, weitere Fragestellungen zu beantworten. Ein von Projektmitarbeitenden neu gegründetes Start-up, die Holunder Games GmbH, entwickelt zurzeit ein erstes kommerzielles Spiel für betagte Menschen und ihre Angehörigen. Myosotis-Garden hat damit die Grundlage gelegt, um viele weitere Spiele für möglichst viele betagte Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zu kreieren.
« Video-Spiele für betagte Menschen kann man nur gemeinsam erforschen und entwickeln. Es braucht das vereinte Wissen aus vielen verschiedenen Disziplinen und die enge Zusammenarbeit mit der Zielgruppe.» Marco Soldati
Projektleitungsteam
Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
• Prof. Dr. Carmen Zahn
Hochschule für Technik Institut für Data Science FHNW Bahnhofstrasse 6 CH - 5210 Windisch T +41 56 202 77 31 marco.soldati@fhnw.ch www.fhnw.ch/myosotis-garden
Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW • Dr. Michael Kunkel Hochschule für Musik FHNW • Dr. Shintaro Miyazaki Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW • Marco Soldati Hochschule für Technik FHNW
Auf einen Blick Beteiligte Hochschulen der FHNW:
Projektpartner:
Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW
Fabelfabrik GmbH, Bern
Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW
Haus Eigenamt, Lupfig
Hochschule für Musik FHNW
Sanavita, Windisch
Hochschule für Technik FHNW
Buechberg, Fislisbach Träffpunkt Ruttiger, Olten Sternenhof, Basel
Die Idee Wenn Angehörige ihre betagten Verwandten in Pflegeheimen besuchen, ist die Kommunikation nicht immer leicht. Oft ist nicht klar, wie man mit der ungewohnten Situation umgehen und worüber man reden soll. Die einfachen Computerspiele von Myosotis-Garden bieten ein spielerisches Angebot, um positive soziale Interaktion zu fördern und so das Wohlbefinden zu stärken.
Umsetzung Die Myosotis-Spiele werden von Forschenden der FHNW und der Fabelfabrik gemeinsam mit betagten Menschen geplant, umgesetzt und laufend iterativ erweitert. Der fortwährende interdisziplinäre Austausch zwischen Forschenden verschiedener Hochschulen während der gemeinsamen Arbeit an einem konkreten Produkt (Videospiel) ist ein zentraler Erfolgsfaktor im Projekt. Indem MyosotisGarden eine offene Grundhaltung und Neugier für andere Bereiche weckt, bringt es allen beteiligten Hochschulen einen Kompetenzzuwachs in der interdisziplinären Zusammenarbeit. So entstehen rund um Myosotis-Garden bereichsübergreifende Netzwerke, die auch Raum für zukünftige Projekte bieten.
Partner Für Testszenarien, Feldforschung und den fortwährenden fachlichen und informellen Austausch ist die FHNW auf Praxispartner angewiesen. Das Praxisnetzwerk von Myosotis-Garden besteht aus experimentierfreudigen, internationalen Expertinnen und Experten, die auch an einer zukünftigen Zusammenarbeit interessiert sind.
Die Games In Myosotis-Garden wurden mehr als zehn Spiele entwickelt mit dem Ziel, Erfahrungen zu sammeln und konkrete Forschungsfragen zu beantworten. Auf diesem Wissen baut das iPad-Spiel «Myosotis Souvenirs» auf, das im App Store von Apple für ein breites Publikum veröffentlicht wird. Im Spiel geht es darum, gemeinsam ein Haus einzurichten mit Gegenständen, welche zuerst im Estrich gesucht werden müssen. Das Spiel lässt sich mit persönlichen Bildern, Tönen und Videos ergänzen.
Erkenntnisse Games für jüngere Menschen eignen sich meist nicht für Betagte. Insbesondere motorisch anspruchsvolle Spiele und schnell wechselnde Szenarien oder Inhalte können betagte Menschen überfordern. Ebenso zu viel Musik oder visuelle Ablenkung. Allerdings müssen die Spiele auch bei Jüngeren Anklang finden, da beide Parteien gemeinsam spielen und interagieren sollen. Die im Projekt entwickelten Myosotis-Spiele berücksichtigen sowohl von der Grafik als auch der Game-Mechanik her die Bedürfnisse verschiedener Generationen. Ein Leitfaden mit detaillierten Ergebnissen und «Best Practices» ist auf der Projekt-Homepage verlinkt.
Perspektive Videospiele für betagte Menschen sind stark von individuellen Präferenzen und Stärken abhängig. So lassen sich Fragen bezüglich GameMechaniken, Ästhetik oder Interaktionsmustern jeweils nur in einem begrenzten Umfeld beantworten. Entsprechend gross ist das Potenzial für weitere Forschungsarbeiten. Das erworbene Wissen lässt sich auch auf andere Zielgruppen ausweiten, wie beispielsweise Menschen mit kognitiven oder physischen Einschränkungen oder ein weniger spielaffines Publikum. Weiter werden die Ergebnisse durch die neu gegründete Firma Holunder Games GmbH kommerziell weiterentwickelt.
Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW setzt sich aus folgenden Hochschulen zusammen: – Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW – Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW – Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW – Hochschule für Life Sciences FHNW – Hochschule für Musik FHNW – Pädagogische Hochschule FHNW – Hochschule für Soziale Arbeit FHNW – Hochschule für Technik FHNW – Hochschule für Wirtschaft FHNW
Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW Bahnhofstrasse 6 CH - 5210 Windisch T +41 56 202 77 00 www.fhnw.ch
Bildnachweis: Japolia, Myosotis-Garden Team ( Screenshot ), Marco Soldati, Susanne von Arb