ein fachmagazin des studiengangs digital marketing & kommunikation der fh st. pölten
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN
PUBLIC RELATIONS
Hier lernst du, Medienunternehmen in die digitale Zukunft zu führen.
Master-Studiengang
Digital Media Management*
4 Semester, berufsbegleitend
• Masterklasse „Media Content & Data Management“
• Verknüfung von digitalem Know-how und wirtschaftlichen Kompetenzen
• Fokus auf das Berufsfeld: Wahl zwischen Forschen, Tun, Gründen
*vorbehaltlich der Akkreditierung durch die AQ Austria
Dozent
FH-Prof. Ing. Dr. Harald Wimmer (r)
Studiengangsleiter Digital Marketing & Kommunikation (MA)
Studiengangsleiter Digital Media Management (MA)
Stellvertretender Studiengangsleiter Marketing & Kommunikation (BA)
Inhalt
01 Sind Praktikant*innen-Jobs in der PR jetzt Geschichte?
03 „Wir werden mehr technisches Verständnis und Analysekompetenz benötigen"
05 „Menschlichkeit bleibt unverzichtbar!“
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser!
Es ist mir eine Freude, Sie zur elften Ausgabe von PRaktivium begrüßen zu dürfen. In diesem Heft widmen wir uns einem faszinierenden und hochaktuellen Thema – der Integration von Künstlicher Intelligenz in die Public Relations. Wir haben Expertinnen und Experten auf den Zahn gefühlt und Sie werden feststellen, dass deren Unternehmen unterschiedlich weit in die Welt der Künstlichen Intelligenz vorgedrungen sind. Einige haben sich der KI voll und ganz verschrieben und führen nun sogar Workshops zur richtigen Nutzung durch, wie Tobias Bindhammer von RLVNT.AI, oder formulieren Richtlinien dafür, wie Andrea Heigl von den Österreichischen Bundesbahnen. Den meisten dient die Künstliche Intelligenz aber eher als Assistentin für kleinere Aufgaben. Ein wenig Korrekturlesen da, ein wenig Texten dort. Hier mal ein generiertes Bild, da einmal eine Headline-Idee. Aber der große Durchbruch in eine neue Zukunft der vollständigen Automatisierung ganzer Prozesse steht offenkundig noch aus.
Spannende Einblicke offenbaren die Interviews trotzdem. Wir haben nachgefragt: Wie hat Künstliche Intelligenz die Arbeit in den Agenturen unseres Landes bereits verändert? Und wie wird sie sie wohl in Zukunft prägen? Werden wir bald alle durch KI-Tools ersetzt werden, weil diese Texte schneller, besser, fehlerfreier und billiger produzieren kann? Sind ChatGPT, Google Bard und Claude geeignete Werkzeuge, um Desinformationen zu bekämpfen, Fakten zu recherchieren oder Content zu personalisieren? Und ist das alles überhaupt ethisch richtig?
Die Interviews wurden von Studierenden des Masterstudiengangs Digital Marketing & Kommunikation des Departments Digital Business & Innovation der Fachhochschule St. Pölten geführt. Das Layout dieser Ausgabe gestalteten Studierende der Masterklasse Grafikdesign des Masterstudiengangs Digital Design des Departments Medien & Digitale Technologien unter der professionellen Anleitung von Teresa Sposato.
Mein Dank gilt dem Produktionsteam sowie allen studentischen Redakteurinnen und Redakteuren und unseren Expertinnen und Experten, die für die Interviews zur Verfügung standen. Es ist keineswegs selbstverständlich, einem großen Publikum Einblicke in die eigene Arbeit zu gewähren. Vor allem dann, wenn es darum geht, einen Teil der Arbeit von einer Maschine machen zu lassen.
Nun, dieses Vorwort, soviel Transparenz muss sein, wurde zum Teil von ChatGPT und Google Bard geschrieben. Welche Teile das sind? Diese Einschätzung bleibt Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, überlassen. Nur soviel: Google Bard gab mir den Rat „Ich würde das Vorwort mit einem Appell an die PR-Profis abschließen, sich mit KI auseinanderzusetzen, um die Chancen dieser Technologie zu nutzen und die Herausforderungen zu bewältigen.“ Deshalb hier mein Appell an Sie: Bitte tun Sie das.
Harald Wimmer, Studiengangsleiter harald.wimmer@fhstp.ac.at
Markus Feigl, Chefredakteur
lbfeigl@fhstp.ac.at
Sind Praktikant*innen-Jobs in der PR jetzt Geschichte?
Die Medienüberwachung und -analyse spielt eine wichtige Rolle in der Beurteilung einer PR-Strategie. Welche Chancen die KI dabei eröffnet und wie man bei Ketchum Austria damit umgeht, erzählt Florentina Perschy.
Felix Buchner: Sie haben selbst 2013 an der FH St. Pölten studiert. Gab es bei Ihnen auch ein so großes, übergeordnetes Thema wie die Künstliche Intelligenz, das für viele vielleicht noch nicht ganz greifbar war?
Florentina Perschy: Ich glaube tatsächlich, dass es seit der Erfindung des Internets kein vergleichbares Phänomen gibt, was den Hype, die Intensität und die Geschwindigkeit des Fortschrittes angeht. Das bedeutet nicht, dass es nicht trotzdem relevante Themen wie Digitalisierung und Digitalmarketing gab, die Fächerübergreifend behandelt wurden, aber mit dem Impact von KI ist das kaum zu vergleichen.
Buchner: Warum ist automatisierte Medienüberwachung und -analyse in der heutigen PR-Welt wichtig, und welche Rolle spielt die KI dabei?
Perschy: Es geht dabei vor allem um die Messbarkeit von PR. Im Marketing etwa gibt es viele bekannte KPIs, also Key Performance Indicators wie Reichweite oder Klickrate, die man heranziehen kann, um Performance zu messen. Bei der PR ist das ein bisschen vielschichtiger, was das Thema aber auch so spannend macht. Ziele sind oft Reputation Management, Image oder Markenbekanntheit, aber messbar wird das erst durch die Beobachtung und Analyse der Berichterstattung. Inzwischen ist die Medienüberwachung automatisiert, und dank KI kann man für Kund*innen komplexe Reportings mit individuellen Anforderungen erstellen.
Buchner: Wie hat sich die Medienüberwachung seit dem Aufkommen von KI verändert?
Perschy: Es haben sich einfach viele Prozesse automatisiert. Was ganz früher meist von Praktikant*innen in Excel Listen eingetragen, übertragen und ausgewertet werden musste - ich spreche aus Erfahrung - wird inzwischen von KI-Tools erledigt. Ich glaube, da wird sich auch noch mehr entwickeln, die größere Welle wird erst auf uns zukommen.
Buchner: Welche neuen Möglichkeiten könnten sich dadurch eröffnen?
Perschy: Ich denke, dass die Analysen und Reportings noch schneller und individueller gestaltet werden können, und die KI auch komplexere Ziele wie Imageaufbau immer besser verstehen wird. Was momentan durch quantitative KPIs dargestellt wird und oft noch mit Marktforschung gestützt oder Fachexpertise bewertet werden muss, könnte in Zukunft von der KI auch qualitativ ausgewertet oder interpretiert werden. Es ist gut, das Engagement und die Anzahl der Nennungen zu kennen, aber vielleicht kann uns die KI bald durch Medienüberwachung und Analyse erklären, wie sich die Marke in den letzten Monaten entwickelt hat, wie die Meinung der Zielgruppe oder Nicht-Zielgruppe zu der Marke ist, oder auch einer einzelnen Generation.
Buchner: Welche KI-Tools oder Unternehmen werden bei Ketchum zur Medienüberwachung und -analyse herangezogen?
Perschy: Wir arbeiten bei Ketchum Austria viel mit österreichischen Anbietern zusammen, vorrangig mit APA und Observer, die selbst schon KI-Anwendungen von Medienbeobachtung bis hin zur Textgenerierung entwickelt haben, aber auch Tools von internationalen Anbietern wie Meltwater oder Cision sind bei uns im Einsatz. In der PR-Branche ist man außerdem stark vernetzt, zu diesen Anbietern haben wir deshalb auch einen persönlichen Kontakt. Der persönliche Austausch ist für uns ein hoch geschätzter Mehrwert, den die KI zum Beispiel nicht ersetzen kann.
Buchner: Fragen Kund*innen bei der Auswahl von PRAgenturen schon speziell nach dem Einsatz von KITools? Gibt es spezifische Anforderungen?
Perschy: Da gibt es ein sehr breites Spektrum. Die einen Unternehmen möchte am liebsten noch gar nichts von KI hören, andere interessieren sich aber sehr wohl für die Tools in unserem Portfolio. Wir sehen das bei Ketchum im Moment eher als Asset, und weniger als Anforderung von Kundenseite, aber die PR-Branche ist - was das an-
belangt - wohl auch nicht die schnellste. Von Werbeagenturen weiß ich, dass es bereits spezifische Anforderungen von Kundenseite gibt, und dass sich für gewisse Aktivitäten auch die Budgets ändern. Das muss man auch transparent ansprechen, aber gleichzeitig nicht in Panik ausbrechen. Bei uns hat niemand Angst, dass die KI uns den Arbeitsplatz kostet. Dort wo Prozesse automatisiert und von der KI übernommen werden, entstehen auch neue Wertschöpfungsprozesse für den Menschen, oder uns bleibt am Ende des Tages mehr Zeit für den Kundenkontakt und die Pflege unseres Netzwerks.
Buchner: Welche Herausforderungen bestehen bei der Implementierung von KI in die Medienüberwachung und -analyse?
Perschy: Eine große Herausforderung ist mit Sicherheit der Datenschutz. Es gibt Unternehmen, die darauf bestehen, dass Ihre Daten nirgendwo landen dürfen, wo Chat GPT oder andere KI-Tools in Anwendung sind. Es wird befürchtet, dass sensible Daten und Betriebsgeheimnisse geleakt werden könnten. Auch die Frage des Copyrights auf KI-generiertes Material, etwa Bilder von Midjourney, ist noch nicht beantwortet, und bleibt bis auf Weiteres eine Grauzone.
Buchner: Gibt es Herausforderungen auch auf personeller Ebene, wenn es um den Einsatz von KI geht?
Perschy: Ich würde sagen, wir haben vielleicht ein bis zwei Leute, die sich weniger damit beschäftigen, die kennen sich aber trotzdem aus damit. Auch unsere CEO Saskia Wallner nimmt das Thema KI sehr ernst. Alles in Allem sind wir ein junges Team und sehr gut aufgestellt, was die Implementierung von KI-Tools angeht.
Buchner: Wie wichtig ist KI mittlerweile für Awards in der PR?
Perschy: Es gibt ja zum Beispiel den Staatspreis PR vom PRVA, da wäre eine eigene KI-Kategorie eigentlich spannend, und es wäre interessant zu sehen, welche Themen da zusammenkommen. Dieser könnte gerne die Katego-
Florentina Perschy ist Business Director bei Ketchum Austria. Sie und ihr Team betreuen internationale Betriebe in der Unternehmenskommunikation, von klassischer PR bis hin zu Influencer Relations. Grundstein dafür ist nicht zuletzt auch ihr Bachelorstudium Kommunikationsberatung an der FH St. Pölten, gefolgt vom Masterstudium an der FH Joanneum.
rie „Digital“ ablösen, denn jede einzelne Kampagne ist heutzutage digital.
Buchner: Inwiefern testen sie momentan diverse KITools?
Perschy: Wir machen bei Ketchum tatsächlich gerade ein KI-Bootcamp mit zehn Terminen und nach jeder Session bekommen wir auch noch eine Liste mit Tools durchgeschickt, die gerade im Kommen sind. Es liegt letztlich an jeder Person selbst, sich mit den Anwendungen auseinanderzusetzen, es wird auch nichts abgeprüft. Aber die Zeit, mich weiterzubilden, nehme ich mir gerne.
Buchner: Sehen Sie Ketchum eher als Early Adopter oder bestand noch Nachholbedarf, wenn Sie auf den ersten Hype rund um Chat GPT und generative KI zurückblicken?
Perschy: Der große Vorteil von Ketchum ist, dass wir Teil eines Netzwerkes sind, mit vielen Business Units auf der Welt, und dem Headquarter in New York. In den USA erkennt man solche Trends immer ein bisschen früher, wir haben daher auch schon frühzeitig den Input vom Headquarter bekommen. Also doch eher Early Adopter, gerade auch mit unserem KI-Bootcamp, das seit Frühjahr 2023 regelmäßig neue Tools und Möglichkeiten aufzeigt.
Buchner: Welche Chancen könnten in den nächsten zehn Jahren durch KI in der PR-Welt entstehen und genutzt werden?
Perschy: Ich glaub, es ist eine große Chance für uns, noch näher an den Leuten dran zu sein, und das Netzwerk der Journalist*innen und Kund*innen zu pflegen. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir mehr Zeit für Kreativität haben, oder diese anders als heute ausüben. Es kann gut sein, dass es manche Unternehmen nicht mehr geben wird, weil sie das ganze KI-Thema nicht ernst genommen haben, aber ich bin der Meinung, KI wird die Branche bereichern, und ich bin selbst schon neugierig, was als nächstes kommt.
„Wir werden mehr technisches Verständnis und Analysekompetenz benötigen“
Jürgen Gangoly und Stefan Sengl über KI-Richtlinien für Kund*innen und einen verantwortungsvollen Umgang mit Künstlicher Intelligenz.
Nicole Eigenthaler: Können Sie einen Überblick darüber geben, wie Ihr Unternehmen im Bereich KI-Richtlinien tätig ist?
Jürgen Gangoly: Die Richtlinien sind nur ein Teil unserer Arbeit. Wir unterstützen unsere Kunden bei sämtlichen technischen Veränderungen im Bereich der Kommunikation, um Chancen bestmöglich zu nutzen und Risiken zu minimieren. Dafür schulen wir im ersten Schritt gezielt die wichtigsten Entscheidungsträger*innen. So schaffen wir Bewusstsein für relevante Themen und verdeutlichen, wie sich interne und externe Unternehmensprozesse durch KI verändern. Das unterstützt Führungskräfte dabei, festzulegen, für welche dieser Prozesse sie selbst verantwortlich sind und in welchen Bereichen klare Richtlinien für die Mitarbeiter erforderlich sind. Abschließend entsteht ein ausführliches Dokument, das die „Dos and Don'ts“ sowie die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen festlegt.
Stefan Sengl: Die Potenziale zur Steigerung der Effizienz mithilfe von KI liegen auf der Hand und das ist besonders im Kontext des Fachkräftemangels sehr wichtig. Im Zusammenhang mit KI gibt es aber auch eine Vielzahl von Risiken, beispielsweise bei der Datensicherheit oder der Korrektheit KI-generierter Informationen. Aus diesem Grund sind klare Richtlinien, die Aspekte wie Transparenz und Qualitätssicherung umfassen, unerlässlich. Die Verbreitung von KI beeinflusst das wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld maßgeblich. Daher ist es wichtig, sich anzupassen oder, noch besser, aktiv an der Gestaltung dieses Umfelds mitzuwirken.
Eigenthaler: Können Sie Beispiele für Fälle nennen, in denen mangelnde KI-Verantwortung zu Problemen geführt hat? Und wie können solche Fehler vermieden werden?
Gangoly: Ich kenne Fälle, in denen vertrauliche Daten, wie noch unveröffentlichte Geschäftsberichte, mithilfe von Sharing- und Analysetools auf Plattformen hochgeladen wurden, noch bevor sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten. Derartige Fehler können nicht
nur durch Richtlinien, sondern auch durch Schulungen und Bewusstseinsbildung vermieden werden.
Eigenthaler: Wie können speziell in der PR-Branche KI-Tools genutzt werden, um effektivere Kommunikationsstrategien zu entwickeln und umzusetzen?
Sengl: Wir nutzen nicht nur vorhandene Tools, sondern entwickeln auch eigene. Dadurch probieren wir sehr viel Verschiedenes aus. Beispielsweise arbeiten wir an einem Tool, dem unsere Mitarbeiter*innen Fragen zu Qualitätsstandards oder Prozessen stellen können. Auch für Routineprozesse wie Offert-Erstellungen planen wir die Entwicklung eigener KI-Tools, um so u. a. die Sicherheit sensibler Daten zu gewährleisten.
Gangoly: Routineaufgaben, die wir mithilfe von KI bewältigen, sind auch Übersetzungen, Vortragserstellung und Textstrukturierung. Zukünftig werden auch Tools für den Versand und die Personalisierung von Pressemitteilungen den klassischen Presseverteiler ablösen.
Eigenthaler: Wie werden diese Entwicklungen den Agenturalltag verändern?
Gangoly: Es wird sich vieles verändern. Wir werden mehr technisches Verständnis und Analysekompetenz benötigen. Das kritische Prüfen von Quellen auf Glaubwürdigkeit wird zu einer unverzichtbaren Kernkompetenz in der Kommunikation. KI kann auch mehr Inklusion und Diversität ermöglichen, da zum Beispiel perfekte Rechtschreibkenntnisse nicht mehr überall zwingend erforderlich sind. Das eröffnet auch Menschen mit Legasthenie oder nicht-deutscher Muttersprache die Möglichkeit, in der PR-Branche zu arbeiten. Wir sehen daher viele positive Entwicklungen.
Sengl: Vieles von dem, was uns heute viel Zeit kostet, wird durch Automatisierungen obsolet werden. Das ist grundsätzlich eine gute Nachricht. Gleichzeitig wird aber der Bedarf an kontinuierlichem Lernen und Schulungen definitiv steigen.
Eigenthaler: Die Technologien und Tools entwickeln sich laufend weiter. Wie sollten Unternehmen ihre KI-Richtlinien an die sich ständig ändernde KI-Landschaft anpassen?
Sengl: Richtlinien müssen regelmäßig überprüft und aktualisiert werden. Sie sind keine starren Vorgaben, sondern sollen sich mit Veränderungen weiterentwickeln. Dieser Prozess fördert die Sensibilisierung für die Notwendigkeit, Veränderungen wahrzunehmen und in Richtlinien wie auch Strategien zu integrieren.
Gangoly: Man braucht einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, um die eigenen Regeln auf Sinnhaftigkeit und Aktualität zu überprüfen. Externe Audits können dabei besonders effizient sein.
Eigenthaler: Was sind die wichtigsten ethischen Prinzipien, die in KI-Richtlinien verankert sein sollten?
Gangoly: Die Richtlinien des PR-Ethik-Rats sind dazu empfehlenswert. Wichtig ist, dass generative KI, die Inhalte von Grund auf neu erstellt, und Assistenzanwendungen unterschiedliche Transparenzanforderungen haben. Bei Inhalten, die von Dritten erstellt werden, muss die Herkunft deutlich gekennzeichnet sein – egal ob Zulieferer oder KI. Es gibt bei KI zwar kein Urheberrecht, aber die Verwendung der Tools muss offengelegt werden, um Vertrauensverlust und unlauterem Wettbewerb vorzubeugen.
Sengl: Die UNESCO-Empfehlungen zur KI-Nutzung sind auch sehr spannend. Sie betonen die ethische Folgeabschätzung und die Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und Menschen. Innovationen haben immer zwei Seiten. Entscheidend wird sein, ihren positiven gesellschaftlichen Nutzen zu maximieren, ohne dabei mögliche negative Folgen zu missachten.
Eigenthaler: Wenn KI an die Grenzen ihrer Wissensbasis stößt, formuliert sie vermeintliche Fakten. Wie kann Faktentreue sichergestellt werden?
Jürgen Gangoly und Stefan Sengl sind langjährige Geschäftsführer bzw. Partner von The Skills Group, die seit 2023 Teil der europäischen Agenturgruppe Team Farner ist. In der Agentur treiben sie beide den Einsatz von Künstlicher Intelligenz voran und beraten ihre Kund*innen in diesem Bereich.
Sengl: Wie im Journalismus: Mit mehrfacher Quellenprüfung. In der PR sind wir darauf konditioniert, jedes Detail doppelt zu checken. In der Bild- und Videogenerierung gibt es massive Möglichkeiten zur Manipulation und Verbreitung von Falschinformationen. Da es lange braucht, Fakes zu entlarven, kommen neue Herausforderungen auf uns zu und es entsteht eine hochgradige Verwundbarkeit der Gesellschaft durch diese neuen Technologien. Das erfordert Regulierung, Entwicklung möglicher Szenarien in der Krisenkommunikation und eine Sensibilisierung der Gesellschaft. Wir müssen hier überall das Verantwortungsbewusstsein schärfen.
Gangoly: Ich glaube, es liegt in der gesellschaftlichen Verantwortung der Kommunikationswirtschaft, auf solche Probleme hinzuweisen. Alle Staatsbürger*innen müssen journalistische Basisfähigkeiten wie Faktenchecks verstehen und anwenden können. Dabei haben wir eine Verantwortung, das Bildungssystem zu unterstützen.
Sengl: Das ist auch die logische Konsequenz in einer Welt, in der Journalismus nicht mehr das alleinige Tor zur Verbreitung von Informationen ist. Wir alle tragen Verantwortung für die Informationen, die wir verbreiten und sollten daher journalistische Prinzipien anwenden.
Eigenthaler: Wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen: Denken Sie, dass alle Unternehmen künftig Richtlinien für den Umgang mit KI brauchen?
Sengl: Es ist schwer zu sagen, ob alle Unternehmen Richtlinien benötigen werden, aber selbst in kleineren Unternehmen gibt es sensible Daten. Wahrscheinlich wird es unterschiedliche Abstufungen dafür geben, wie tiefgreifend oder umfassend diese Richtlinien sein müssen, und inwieweit sie sich an branchenspezifischen Vorgaben oder Gesetzen orientieren können oder müssen. Mittel- bis langfristig wird die Künstliche Intelligenz unsere Welt weiter durchdringen.
„Menschlichkeit bleibt unverzichtbar!“
„PRaktivium“ sprach mit Kerstin Wieser, der Leiterin Marketing und Öffentlichkeitsarbeit beim BFI Niederösterreich. Im Interview verrät sie, wie sie Künstliche Intelligenz in ihre PR-Strategie integriert.
Valentina Haider: Was bedeutet Künstliche Intelligenz für Sie und wie stehen Sie dazu?
Kerstin Wieser: Für uns im Marketing- und PR-Bereich war KI bereits ein wichtiger Faktor. Wir haben ChatGPT genutzt und ich war beeindruckt, wie vielseitig es ist. Es ist eine enorme Unterstützung im Arbeitsalltag, allerdings halte ich es für wichtig, eine ausgewogene Balance zwischen KI und menschlicher Intelligenz zu bewahren. Besonders im Umgang mit Bildern sehe ich großes Potenzial. Während KI-generierte Bilder bei der Bewerbung von Ausbildungen effektiv sein können, bevorzuge ich bei Situationen, in denen Menschen im Mittelpunkt stehen, echte Fotos. Es hängt letztlich davon ab, wie und wo KI eingesetzt wird.
Haider: Wie hat sich die Arbeitsweise beim BFI Niederösterreich durch die Digitalisierung verändert?
Wieser: Durch eine Digitalisierungsoffensive, verstärkt durch die Pandemie, haben wir unsere Kurse online angeboten. Obwohl einige Kurse online bleiben, bevorzugen wir überwiegend den Präsenzunterricht. Wir planen jedoch, unser Bildungsangebot in Bezug auf KI zu erweitern, um mit den Trends Schritt zu halten.
Haider: Mit welchen KI-Tools bzw. Plattformen arbeiten Sie und ihr Team genau?
Wieser: Wir haben bereits Erfahrungen mit Canva, in dem KI integriert ist, sowie Photoshop Beta und ChatGPT gesammelt.
Haider: Arbeiten Ihre Mitarbeiter*innen auch schon mit KI-Tools?
Wieser: Ja, aber nur wir in der Abteilung Marketing und Öffentlichkeitsarbeit arbeiten mit den zuvor genannten KI-Tools.
Haider: Wann haben Sie damit begonnen, die Tools zu verwenden?
Wieser: In den letzten Monaten haben wir im Rahmen des Kursprogramms und der Website mit KI-Tools ex-
perimentiert, um unseren Content zu ergänzen und zu verbessern. Wir planen auch, die Nutzung für Texte und Inhalte im kommenden Jahr intensiver zu gestalten.
Haider: Wie empfinden Sie die Integration von KI in Ihre Arbeitsweise und wie ist es für Ihre Mitarbeiter*innen?
Wieser: Es ist eigentlich schon sehr leicht. Ich sehe da keine Schwierigkeiten. Man muss nur darauf achten, die Anforderungen präzise zu formulieren, damit die KI gut funktioniert. Es ist wichtig, genügend Details einzubringen, damit auch wirklich sinnvolle Ergebnisse erzielt werden.
Haider: Gab es bei Ihnen auch Mitarbeiter*innen, die gegen die Nutzung von KI-Plattformen waren oder Bedenken hatten?
Wieser: Bis jetzt noch nicht, nein. Wir waren alle sehr begeistert und haben es sogar intern mit anderen Abteilungen besprochen. Alle waren von den Möglichkeiten beeindruckt. Niemand hat gesagt: “Oh Gott, nein, niemals!”
Haider: Wie haben ChatGPT und Co. die tägliche Arbeitsweise von Ihnen und Ihrem Team beeinflusst?
Wieser: Bei der Erstellung des Kursprogramms verwenden wir beispielsweise immer ein Vorwort. Hier haben wir ChatGPT genutzt und drei verschiedene Vorschläge erhalten. Wir haben diese dann noch etwas angepasst, umgeschrieben und integriert. Das war tatsächlich sehr einfach und hat uns begeistert, da die Ergebnisse gut zu uns passten. Auch auf unserer neuen Website, die diese Woche online gegangen ist, ist die Person auf der Startseite von einer KI generiert.
Haider: Konnten Sie durch den Einsatz von ChatGPT, Photoshop Beta und Co. bestimmte Prozesse effizienter gestalten?
Wieser: Ja, der größte Vorteil ist die Zeitersparnis. Alles geht sehr schnell. Allerdings stellt sich die Frage: Müssen die Arbeiten noch schneller erledigt werden? Müssen wir
noch schneller funktionieren? Das ist auch eine Herausforderung und bringt gewisse Risiken mit sich.
Haider: Welche Nachteile oder Hausforderungen sehen sie?
Wieser: Es ist schon so, dass wenn die KI-Anwendungen gut funktionieren und allen gefallen, irgendwann erwartet wird, dass alles wahnsinnig schnell geht. Hierbei muss man aufpassen, dass man nicht in eine rasante Geschwindigkeit gerät und sich dadurch überfordert fühlt. Wir leben bereits in einer sehr schnellen Welt. KI wird das Tempo sicherlich nicht verlangsamen, sondern im Gegenteil beschleunigen. Wenn wir beispielsweise nach Informationen suchen und plötzlich einen kompletten Aufsatz erhalten, kann das überwältigend sein, besonders wenn man nur nach einer kurzen Information gesucht hat.
Haider: Haben Sie auch weitere Beispiele von erfolgreichen Kampagnen oder PR-Inhalten des BFI Niederösterreich, die mithilfe von KI erstellt wurden?
Wieser: Weitere Kampagnen oder PR-Inhalte mit KI werde ich in Zukunft für redaktionelle Berichterstattung versuchen. Es ist eine Idee, der ich nachgehen möchte, allerdings möchte ich mich nicht ausschließlich auf KI verlassen, da ich Aufgaben wie diese selbst machen möchte. Wenn wir Kampagnen planen oder wichtige Themen behandeln, werden wir KI als Unterstützung nutzen, warum auch nicht? Wir verkaufen keine falschen Informationen, es geht um die Wahrheit.
Haider: Sie haben vorhin erwähnt, dass man das eigene Hirn auch einsetzen sollte und sich nicht ausschließlich auf KI verlassen sollte. Gibt es Ihrer Meinung nach Bereiche, in denen die menschliche Expertise unverzichtbar ist?
Wieser: In unserer Arbeit benötigen wir definitiv menschliche Expertise, die kann man nicht vollständig durch KI ersetzen. Prozesse und Abläufe müssen immer noch von Menschen gesteuert werden, aber KI kann als unterstützendes Werkzeug genutzt werden. Menschen komplett
Kerstin Wieser absolvierte ihren Bachelor in Wirtschaftsberatung und den Master in Vertriebspsychologie und Marketing an der FH Wiener Neustadt. Mit wertvollen Erfahrungen beim BFI Niederösterreich und der Wiener Städtischen leitet sie seit über einem Jahr das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit beim BFI Niederösterreich.
ersetzen? Das weiß ich nicht. Ich finde es auch bedenklich, wenn Menschen Bücher mithilfe von ChatGPT schreiben und sie dann als ihre eigenen Werke verkaufen. Das ist in meinen Augen nicht korrekt. Bei uns im Bildungsbereich benötigt man ganz klar menschliche Intelligenz. KI kann als Lernhilfe dienen, jedoch wird sie dir bei Prüfungen nicht weiterhelfen.
Haider: Wie schauen bei Ihnen die Pläne aus, um KITools noch mehr in Ihren Arbeitsablauf zu integrieren?
Wieser: Auf jeden Fall würde ich gerne unseren Content auf der Website mithilfe von KI verbessern. Das ist ein Ziel von mir, um unser Ausbildungsangebot noch ansprechender zu gestalten. Wir haben bei uns nicht für jeden Bereich Produktmanager, daher fehlen uns oft die Kapazitäten, um sämtliche Inhalte selbst zu überarbeiten. Hier lässt sich KI gut nutzen, um Texte zu optimieren.
Haider: Mit welchem KI-Tool haben Sie das geplant?
Wieser: Beispielsweise mit ChatGPT. Im Marketing und PR-Bereich gibt es viele Möglichkeiten. Wir nutzen KI unterstützend, wenn wir Bilder, Animationen oder Artikel mit mehr Informationen benötigen. Wir haben auch bereits Bilder mit Canva ausprobiert, vor allem im Bereich Illustrationen und Comics. Mit Photoshop Beta kann man Bilder optimieren, das funktioniert auch gut.
Haider: Abschließend hätte ich noch eine Frage: Basierend auf Ihren Erfahrungen, welche Empfehlungen würden Sie anderen Organisationen geben, die KITools in ihre PR-Strategien integrieren möchten? Wieser: Meine Empfehlung wäre, einen guten Mittelweg zu finden. Man sollte gezielt prüfen, in welcher Abteilung man KI einsetzen und integrieren kann, aber dabei die menschliche Seite nicht vernachlässigen. Mein Ratschlag wäre, sorgfältig zu überlegen, wo und wie man KI am besten einsetzen kann. Dabei sollte man auch die Wahrheit nicht aus den Augen verlieren und sicherstellen, dass das Positive gefördert wird und nicht das Negative. Das ist auch unser Ansatz, um das umzusetzen.
Das große Problem mit den Daten
myProduct-Geschäftsführer und FH-Lektor Rainer Neuwirth gibt Einblicke in die Umsetzung KI-gestützter Systeme im Unternehmenskontext. Gleichzeitig warnt er vor Intransparenz und unbekannten Datengrundlagen in KI-Tools.
Verena Hauß: Wo sehen Sie die Vorteile der zunehmenden Nutzung von KI-gestützten Systemen?
Rainer Neuwirth: Ein großer Vorteil zeigt sich in der Content -Creation, also überall wo es darum geht, Text, Bild- oder Videodaten zu generieren. Hier ist es sehr hilfreich, KI-gestützt zu arbeiten, weil diese manuelle Arbeitslast zum Teil wegbricht. KI ist neben diesem Bereich sehr vielfältig nutzbar. Auch deshalb, weil es bereits unzählige KI-Anwendungen am Markt gibt. Es ist sehr hilfreich, wenn ich KI zum Beispiel bei diversen Entscheidungsfindungen nutzen kann. Sei es im Produktlager von myProduct, wo mir KI hochrechnet, wieviel Lagerbestand ich haben muss, um nicht Out-of Stock zu laufen oder zur Prozessoptimierung, wo ich mittels KI-Ansatz, meine Lieferfähigkeit sicherstellen kann.
Hauß: In welchen Bereichen Ihres Lebens nutzen Sie KI?
Neuwirth: In meinem beruflichen Tätigkeitsfeld gibt es viele Anknüpfungspunkte mit KI. Das beginnt beim Thema Forschung, mit dem ich in der Fachhochschule in Berührung komme, aber auch im beruflichen Umfeld bei myProduct. In meiner Funktion als Geschäftsführer führen wir strategisch viele betriebliche Prozesse KI-gestützt aus. Das fängt bei der Onlineshopsuche an und geht bis hin zur Produktsuche, Produktdatengenerierung und Lagerstandsverwaltung.
Hauß: Wie stellen Sie bei myProduct die Qualität und Originalität von KI-generierten Inhalten sicher?
Neuwirth: Indem ein Mensch die Schranke dieser beiden Bereiche bildet und die Inhalte überprüft, bevor sie live gehen. Damit stellen wir die Sinnhaftigkeit des Contents, der nach außen gelangt, sicher. Es ist wichtig zu beachten, dass wir uns nicht zu 100 Prozent auf die KI verlassen können, da die Datenbasis, der die Ergebnisse zugrunde liegen, nicht bekannt ist. Man müsste diese und den Algorithmus dahinter genau kennen, um dann bewerten zu können, ob das stimmt, was die KI vorschlägt. Dadurch,
dass aber die meisten KI-Systeme das nicht transparent offenlegen, muss man hier sehr vorsichtig sein.
Hauß: Wie würden Sie die optimale Balance zwischen KI und menschlicher Expertise festlegen, um eine hervorragende Kommunikation nach außen sicherzustellen?
Neuwirth: Wichtig ist es, Rahmenbedingungen festzulegen. Möchte ich zum Beispiel einen Pressetext schreiben, kann ich ChatGPT auffordern, mir diesen zu generieren. Die KI schafft daraufhin passende Inhalte, aber damit sind meistens nicht alle Bereiche abgedeckt, die gewünscht sind. Die Inhalte der KI sind mehr als Inspiration zu sehen. Ich kann davon Bausteine übernehmen oder aber auch alles noch einmal komplett umschreiben. Die KI bietet mir einmal eine Hilfestellung. Und hier sehe ich das optimale Verhältnis. Es braucht aktuell noch den Menschen, der überprüft, ob die KI-generierten Inhalte Sinn machen und passend für den vorgesehenen Zweck und die Zielgruppe sind. Vielleicht gibt es einmal eine KI, die das kann, aber die Frage ist dann immer noch, ob ich mich darauf verlassen kann. Im Endeffekt muss jemand die Verantwortung dafür tragen. Nicht zuletzt stellt sich auch die Frage, wem gehört der Inhalt dann? Der KI, die es erstellt hat, oder der Firma?
Hauß: Wie schulen Sie Ihr Team, um effektiv mit KISystemen zusammenzuarbeiten und welche Empfehlungen können Sie teilen, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit KI sicherzustellen?
Neuwirth: Wir haben interne Schulungen. Wenn wir mit KI arbeiten, dann in einem geschützten Rahmen. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen KI und Mensch braucht man Leute, die verstehen, was eine KI ist und wie diese funktioniert. Es ist das Verständnis notwendig, dass KI nicht die Lösung für alles ist. Man benötigt Leute mit einem technischen Verständnis, die die Systeme hinterfragen können und den Algorithmus verstehen, der sich dahinter verbirgt. Es ist in diesem Bereich wichtig zu verstehen, was KI ist und wie maschinelles Ler-
nen funktioniert. Es braucht somit gute Schulungen, gute Mitarbeiter*innen, technisches Verständnis und gesetzliche Rahmenbedingungen.
Hauß: Wo sehen Sie Herausforderungen mit der Implementierung von KI in die Kund*innenkommunikation?
Neuwirth: Grundsätzlich sehe ich die Chancen darin und weniger die Herausforderungen. Was ich aber glaube ist, dass wir uns noch zu wenig Gedanken darüber gemacht haben, was es für uns bedeutet, wenn solche Technologien in die Masse kommen. Denn es wird dann gefährlich, wenn unklar ist, welche Datengrundlage dahintersteckt. Genauso wird es gefährlich, wenn man nicht weiß, was mit den Daten, die in die KI integriert werden, passiert. Es ist nicht bekannt, wo diese Inhalte wieder aufscheinen, das fließt dann in eine Datenbank, die von der KI in der Regel weiterverwendet werden kann. Wenn diese Daten dann woanders als Entscheidungsgrundlage verwendet werden, ohne dass dabei die wissenschaftliche Richtigkeit hinterfragt wird, dann wird es gefährlich. Die Spielregeln zum Umgang mit KI sind noch sehr unklar und das ist ein Thema, wo ich Herausforderungen sehe.
Hauß: Haben Sie Ängste bezüglich der Entwicklung von KI-Anwendungen in der Kommunikation? Ethische, rechtliche oder auch andere?
Neuwirth: Ein großes Thema ist die Urheberschaft, die bis heute nicht geklärt ist. Aber wie so oft, ist die Technik schneller als die Rechtsprechung, und da müssen wir als Gesellschaft aufmerksam sein und beobachten, wie wir mit der Situation umgehen. Ein weiteres Thema sind Daten. Sind die Daten nicht auf Echtzeit und wissenschaftlicher Relevanz geprüft, wird es gefährlich. Wenn wir Texte generieren, die nicht der Wahrheit oder den wissenschaftlichen Standards entsprechen oder einfach nicht fundiert sind, wird es gefährlich. Solange ich nicht prüfen kann, auf welcher Datengrundlage die KI, die ich nutze, basiert, ist ein großes Risiko da, weil dann kann ich Dinge vortäuschen. Man sieht das bei KI-generierten Videos, wo jemandem Worte in den Mund gelegt werden
Rainer Neuwirth ist Geschäftsführer der myProduct GmbH, einem E-Commerce Dienstleister der KASTNER Gruppe, dessen Hauptsitz sich in Zwettl befindet. Neben seiner Funktion als Gesellschafter und Geschäftsführer von myProduct ist er auch als Leiter des Studiengangs „E-Commerce“ an der FHWN – Campus Wieselburg beschäftigt. ©
und es sieht wahrheitsgetreu aus. Das ist bedenklich und sowas darf nicht passieren.
Hauß: Wie sehen Sie die Zukunft der Kund*innenkommunikation in Bezug auf die Integration von KI?
Neuwirth: Ich glaube das viele manuelle Tätigkeiten abgelöst werden können und dadurch bekommen wir wieder mehr Zeit für kreative Aktivitäten. Auch das Ableiten von Entscheidungen lässt sich mittels KI einfacher gestalten. Was jedoch aber wichtig zu beachten ist, ist dass wir die dafür notwendigen Spielregeln noch definieren müssen, um einen ordentlichen Rahmen zu schaffen.
Hauß: Möchten Sie abschließend noch Tipps oder Anregungen weitergeben?
Neuwirth: Ich glaube, es braucht keiner Angst zu haben, dass der Job durch KI verloren geht. Es kann mittels KI wieder mehr Zeit für gut fundierte Recherche und redaktionelle Aufarbeitungen genutzt werden. Darauf aufbauend kann dann eine Datengrundlage geschaffen werden, mit der die KI gespeist wird, um zum Beispiel Texte zu generieren. Das ist ja vollkommen okay. Es geht immer darum, was ich kommunizieren möchte und wie die Datengrundlage ist. Es wird immer Menschen geben müssen, die irgendwo hin fahren, Fotos machen, mit Leuten reden und Interviews führen. Wenn ich aber KI-gestützt dann Pressetexte verfasse, hilft mir das ja in der täglichen Arbeit. So wie uns der Computer geholfen hat, die Schreibmaschine abzulösen oder uns das Internet hilft, Informationen schneller an die Leute zu bringen, so hilft uns die KI als Schreiberling und Inspirationsquelle zum Verfassen von Texten. Dafür kann wieder mehr Fokus auf das Herz in der PR-Arbeit gelegt werden und das ist die Recherche, die Informationsaufbereitung sowie das Inspirieren von Menschen.
Digitale Vorleser -
Wie die Presse bald Podcasts machen will Anna Wallner spricht mit „PRaktivium“ über den Redaktionsalltag bei der „Presse“, über Audioformate der Zeitung und wie sich die Zukunft der Presse-Podcasts durch Künstliche Intelligenz verändern könnte.
Hermanik: Wie hat sich der Arbeitsalltag durch die Digitalisierung bei der „Presse“ verändert?
Wallner: Der Arbeitsalltag hat sich sehr stark verändert. Es hat sich vieles Richtung Digital und weg von analog entwickelt. Der Schwerpunkt der Print-Zeitung hat sich verstärkt auf unsere Webseite verschoben. Auch unser Workflow hat sich geändert. Wir beginnen früher, hauptsächlich um die Webseite zu bespielen. Erst am Nachmittag entscheiden wir, welche Texte in der gedruckten Zeitung des nächsten Tages erscheinen sollen und welche bereits digital veröffentlicht werden. Die lange bestehende Unterscheidung zwischen Print- und Online-Journalisten ist in den vergangenen Jahren immer mehr verloren gegangen. Es gibt keine Journalisten mehr, die ausschließlich für die gedruckte Zeitungsversion schreiben. Einige Journalisten konzentrieren sich jedoch ausschließlich auf den digitalen Kanal, insbesondere wenn sie für die Aktualität und Schnelligkeit veantwortlich sind oder besondere Aufgaben wie die Morgen- oder Abendschichten haben.
Insgesamt hat sich der Workflow der gesamten Redaktion aufgrund der Digitalisierung stark verändert.
Hermanik: Was hat sich für Sie persönlich am stärksten verändert?
Wallner: Die Einführung unserer hauseigenen Podcasts. Die funktionieren anders als alles andere bei uns im Haus. Als ich die Idee der Podcasts vor mittlerweile fünf Jahren ins Leben gerufen habe, waren Podcasts noch nicht so ein großes Ding wie heute. Im Jahr 2023 sind sie nicht mehr wegzudenken. Seit Corona hat sich meine Arbeitsweise fast gänzlich verändert, vor allem auch durch die Podcasts. Das liegt auch an den Kollegen und Kolleginnen, da viele unserer Podcast-Gäste interne Journalisten sind. Das hat eine Änderung meiner Arbeitsweise und meines Zeitplans erfordert.
Hermanik: Sie sind Leiterin des Debatten- und Meinungsressorts der Presse. Wie wird die Digitalisierung diesen Bereich der Zeitung verändern?
Wallner: Ich denke, es wird Veränderungen in Bezug auf die Generationen geben. Der Diskurs in Qualitätszeitungen ist derzeit von einer älteren, männlichen und weißen Bevölkerungsgruppe dominiert. Ich versuche seit einigen Jahren, diese Dynamik zu ändern und mehr Vielfalt zu schaffen, insbesondere durch die Förderung von Frauen. In Zukunft wird sich der Fokus vielleicht mehr auf soziale Medien verlagern, da die jüngere Generation eher dort kommuniziert und weniger Leserbriefe oder Gastkommentare schreibt. Die Art und Weise, wie wir den Diskurs führen, wird sich wahrscheinlich weiterentwickeln, aber wir werden weiterhin Qualitätsinhalte liefern.
Hermanik: Welche Rolle spielt KI in der Produktion dieser Inhalte?
Wallner: „Die Presse“ nutzt KI in verschiedenen Bereichen. In der Datenanalyse haben wir bereits Erfahrungen gesammelt, während der redaktionelle Einsatz von KI noch begrenzt ist. Wir sind jedoch offen für weitere Entwicklungen. Unser Datenexperte Lukas Görög beschäftigt sich intensiv mit der Künstlichen Intelligenz. Es wäre z.B. denkbar, in Zukunft kleinere redaktionelle Inhalte wie Kurzmeldungen von der KI generieren zu lassen. Im Audiobereich experimentieren wir mit der Umwandlung von Texten in gesprochene Inhalte mithilfe von KI-basierten Systemen. Außerdem erwägen wir die Implementierung von Audioformaten und Textübertragungen in die sozialen Medien.
Hermanik: Nutzen Sie derzeit KI bei der Erstellung von Podcasts?
Wallner: Nein, derzeit nutzen wir Künstliche Intelligenz nicht aktiv für die Podcast-Erstellung, aber für die Arbeit darum herum kann sie nützlich sein. Gelegentlich verwenden wir KI-Tools für Transkripte
und zur Unterstützung bei der Titelerstellung, aber die Ergebnisse sind oft nicht zufriedenstellend.
Hermanik: Warum nicht?
Wallner: KI-basierte Titelvorschläge sind oft zu plakativ und flach. Die KI kann den Kontext nicht immer optimal erfassen. Es fehlt an Individualisierung und Feinabstimmung. Ich hoffe auf Verbesserungen in diesem Bereich.
Hermanik: Also sehen Sie bei sich derzeit keine große Zukunft für KI-Tools?
Wallner: Unser Fokus liegt derzeit auf der Umwandlung von Texten in gesprochene Inhalte, um die Barrierefreiheit zu fördern, für eine bessere Hörerfahrung. Wir planen die Implementierung eines KI-gesteuerten Tools, das auf unserer eigenen Stimme basiert und es den Nutzern ermöglicht, Artikel in verschiedenen Stimmen zu hören. Sie können sich dann also den/die Vorleser/in aussuchen. Dies ermöglicht individuelle Hörerfahrungen und Playlists. Die Integration von KI in unsere Podcasts ist jedoch noch in Verhandlung.
Hermanik: Werden Sie oder Ihre Mitarbeiter*innen im Ressort speziell auf KI geschult
Wallner: Es gibt keine expliziten Schulungen, aber Mitarbeiter können Schulungen beantragen, wenn sie daran interessiert sind. Es ist jedoch keine Voraussetzung und wird nicht aktiv vom Unternehmen gefördert.
Hermanik: Haben Sie ethische Bedenken bezüglich der Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Podcast-Business?
Wallner: Ja, ich habe Bedenken hinsichtlich der Authentizität von Stimmen und Audioinhalten. Es wird wichtig sein, KI-Tools zu entwickeln, die die Echtheit von Inhalten überprüfen können, um die Verbreitung von gefälschten oder manipulierten Stimmen zu verhindern.
Anna Wallner ist Juristin und Leiterin des Debatten- und Meinungsressorts in der „Presse“ und entwickelt
Audioformate. Sie ist eine der Podcast-Hosts von „Presse Play – Was wichtig wird“. Dank des Alfred Geiringer-Stipendiums studierte sie 2013 ein Semester am Reuters Institute for the Study of Journalism in Oxford und 2015 machte sie ein Exchange Fellowship beim „Wall Street Journal“.
Hermanik: Wie sehen Sie die Zukunft des PodcastBusinesses?
Wallner: Die Zukunft könnte eine vereinfachte Produktion von Podcasts und eine personalisierte Hörerfahrung bieten. Durch Künstliche Intelligenz könnten zum Beispiel eine Individualisierung von Inhalten und personalisierte Begrüßungen möglich werden. Werbung könnte gezielter auf Hörer und Hörerinnen ausgerichtet werden. Es wird jedoch wichtig sein, ethische Fragen im Zusammenhang mit KI im Podcasting zu adressieren.
Hermanik: Sie haben einen sehr spannenden Job. Wie sind sie dorthin gekommen, wo Sie heute sind?
Wallner: Ursprünglich habe ich Jus studiert und nach dem Studium beschlossen, in die Medienbranche zu wechseln. Mit 23 Jahren habe ich bei der „Presse" und ich bin dort seither in verschiedenen Positionen tätig gewesen. Angefangen habe ich in der ChronikRedaktion und später war ich im Ressort „Feuilleton“ für Medien zuständig, was mir eine große Expertise über die Medienbranche verschafft hat. Nebenbei war ich 14 Jahre lang Chefin vom Dienst der 2009 gegründeten Sonntagszeitung.
Taskforce für KI-Einsatz
Stephanie Kerbl, Junior Consultant bei Grayling, spricht mit „PRaktivium“ über ethische und datenschutzrechtliche Aspekte von Künstlicher Intelligenz in der PR-Branche und die Richtlinien, die die Agentur dafür eingeführt hat.
Mona Jäger: Was hat Sie dazu inspiriert, sich mit Künstlicher Intelligenz und Public Relations zu beschäftigen?
Stephanie Kerbl: Bei Grayling werden aktuelle Trends –wie etwa KI – laufend begleitet. Der Initiative bei uns im Team habe ich mich während einer ruhigeren Phase im Sommer angeschlossen. Ich sah es als Chance, mich intensiv in ein zukunftsweisendes Thema einzuarbeiten, das altersunabhängig ist und eine Schlüsseltechnologie darstellt. Zu Beginn meiner Karriere ein Verständnis dafür zu entwickeln, schien mir absolut logisch.
Jäger: Künstliche Intelligenz entwickelt sich ständig weiter, besonders im Hinblick auf Ethik und Datenschutz. Wie stehen Sie zu diesen Themen?
Kerbl: KI entwickelt sich zwar weiter, jedoch sind viele Fragen in Hinblick auf Ethik und Datenschutz, aber auch Urheberrecht und Quellenintransparenz, ungelöst. Daher erfordert die Nutzung sorgfältige Überlegungen, undwir müssen ihre Fähigkeiten und Grenzen verstehen. Tools wie ChatGPT sind Sprachmodelle, keine Wissensmodelle, und daher auch nicht für Recherchen geeignet, und Angaben stets zu prüfen. Der PR-Ethikrat hat Richtlinien für den Umgang mit KI herausgegeben, die Transparenz und den verantwortungsvollen Umgang mit sensiblen Daten betonen, an die wir uns bei Grayling halten.
Jäger: Also sollte man sich vor KI nicht fürchten, sondern sie bewusst einsetzen?
Kerbl: Genau. KI als unterstützendes Werkzeug hilft uns, zeitaufwendige Grundlagenarbeit zu erledigen, damit wir uns auf das Wesentliche – die Kundenberatung – konzentrieren können.
Jäger: Wie unterscheidet sich die PR-Arbeit mit KI-Unterstützung von der traditionellen PR?
Kerbl: Der Einsatz ermöglicht es, schnell erste Entwürfe zu generieren, was besonders hilfreich ist, um eine solide Basis für die weitere kreative Arbeit zu schaffen. KI selbst ist nicht kreativ im eigentlichen Sinne, da sie lediglich vorhan-
dene Informationen sprachlich kombiniert und daraus Vorschläge generiert. Dies kann uns zu neuen Ideen inspirieren und hilft uns, unsere kognitiven Ressourcen zu schonen, indem wir uns auf die wesentlichen Aspekte unserer Arbeit konzentrieren können.
Jäger: Also ist die KI nur so intelligent wie ihre Nutzer*innen?
Kerbl: Richtig. Eine präzise Eingabe führt zu besseren Ergebnissen. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Qualität der von der KI generierten Inhalte stark von der Qualität der Eingaben abhängt. Daher ist es entscheidend, dass wir lernen, effektive Befehle, sogenannte Prompts, zu erstellen und die KI-Tools entsprechend zu steuern, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Jäger: Welche ethischen Bedenken gibt es bei der Verwendung von KI in der PR?
Kerbl: Es besteht eine Gefahr, wenn man die KI für mehr hält, als sie ist. Eine zu große Abhängigkeit von der Technologie kann Risiken bergen, daher ist es wichtig, KI-generierte Inhalte klar zu kennzeichnen. Das sorgt für Transparenz und hilft, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu erhalten. Gleichzeitig müssen wir Voreingenommenheit und Meinungstendenzen in Algorithmen aktiv erkennen und ihnen entgegenwirken, um sicherzustellen, dass unsere Kommunikation fair und ausgewogen bleibt. Ein verantwortungsvoller Einsatz von KI erfordert daher eine sorgfältige Auseinandersetzung mit diesen Themen, um die Integrität unserer Arbeit zu wahren.
Jäger: Wie steht es mit dem Datenschutz bei der Verwendung von Tools wie ChatGPT?
Kerbl: Datenschutz und -sicherheit ist uns sehr wichtig. Wir verwenden anonymisierte Daten, das heißt wir geben keine Informationen über unsere Kunden oder sensible Daten ein. Darüber hinaus haben wir klare Richtlinien für den Umgang mit KI, die sich an den Empfehlungen des PR-Ethikrates orientieren und intern von der Grayling Taskforce entwickelt wurden.
Jäger: Haben Sie darüber nachgedacht, Ihre Richtlinien auch mit anderen Agenturen zu teilen?
Kerbl: Unsere Richtlinien sind zunächst für uns bei Grayling entwickelt worden. Wir stehen jedoch im Austausch mit unseren internationalen Partneragenturen und haben eine Taskforce sowohl in Österreich als auch auf internationaler Ebene. Wir unterstützen auch unsere Kunden bei der Erstellung eigener Richtlinien, da wir die Bedeutung von KI erkannt haben und wissen, dass viele nicht die Kapazitäten haben, sich intensiv damit auseinanderzusetzen.
Jäger: Sie haben erwähnt, dass Grayling eine Taskforce hat. Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Kerbl: Wir haben ein Team von fünf Personen, die sich intensiv mit KI beschäftigen. Wir haben verschiedene Aspekte beleuchtet und daraus einen Workshop entwickelt, der sowohl Anwendungstipps als auch Workflows, um KI in den Arbeitsalltag zu integrieren, enthält. Unser Ziel ist es, die Effizienz zu steigern und die Tools optimal zu nutzen. Diese Workshops stehen unseren Mitarbeiter*innen und Kunden zur Verfügung und sind so gestaltet, dass sie fundiertes Wissen über den praktischen Einsatz von KI vermitteln und aufzeigen. Sie sind ein wichtiger Teil unserer Strategie, um sicherzustellen, dass die Einführung von KI die Qualität unserer Arbeit nicht nur erhält, sondern auch verbessert.
Jäger: Wie haben Ihre Kunden auf Ihre KI-Nutzung reagiert?
Kerbl: Die Reaktionen unserer Kunden auf die Einführung von KI in unsere Arbeitsprozesse sind durchweg positiv. Die Branche steht neuen Technologien insgesamt sehr aufgeschlossen gegenüber. Wir legen großen Wert darauf, unseren Kunden klar zu kommunizieren, was KI leisten kann und wo ihre Grenzen liegen. So können wir Bedenken entgegenwirken, dass KI die Rolle von PRBerater*innen überflüssig machen könnte. Unsere Erfahrung zeigt, dass KI ein nützliches Werkzeug ist, das unsere Arbeit unterstützt, aber nicht ersetzt.
Lugmayr den Austrian Young PR Award und wurde 2023 unter die Top 30 unter 30 im Bereich Journalismus und PR gewählt.
Jäger: Nutzt Grayling hauptsächlich ChatGPT oder auch andere KI-Tools?
Kerbl: Wir nutzen hauptsächlich Texttools wie ChatGPT oder DEEPL Write, und zum Erstellen von InterviewTranskripten zum Beispiel Happy Scribe. Außerdem evaluieren wir ständig neue Entwicklungen. Datenschutz und Sicherheit sind dabei zentrale Aspekte.
Jäger: Mit welchen Stakeholdern seid ihr diesbezüglich besonders im Austausch?
Kerbl: Mit unseren Kunden, mit denen wir eine offene Kommunikation pflegen und auch externe Partner, mit denen wir uns ständig über den Einsatz austauschen. Dabei tragen wir die Verantwortung für die Qualität der Texte und des daraus resultierenden Outputs. Wir erbringen unsere Leistung und geben sie nicht an eine Maschine ab.
Jäger: Wie sieht die Zukunft von KI in der PR aus? Welche Möglichkeiten wird es künftig geben?
Kerbl: KI wird sich sicherlich qualitativ weiterentwickeln, aber wir haben die Zügel in der Hand. Unser Wissen und Verständnis von Märkten und Unternehmen kann die Künstliche Intelligenz nicht ersetzen. Eine KI kann vieles, aber sie kann nicht wie wir PR-Fachleute das große Ganze, sowohl aus fachlicher, inhaltlicher, als auch situativer Sicht berücksichtigen.
Jäger: Hat Grayling bereits eine KI-gestützte PR-Kampagne durchgeführt?
Kerbl: Bislang haben wir KI noch nicht in großem Umfang eingesetzt, aber wir haben konkrete Pläne dafür. KI-Technologien werden bereits für die Erzeugung von Bildmaterial und zur Unterstützung bei der Konzeptentwicklung genutzt. Bei einigen unserer Kunden setzen wir das schon um, allerdings ist eine flächendeckende Anwendung noch in der Entwicklung.
KI wird keine Jobs ersetzen, Menschen die KI bedienen können, werden diese Jobs ersetzen
Tobias Bindhammer, Leiter von RLVNT.AI, erzählt, wie wichtig es ist, dass sich Unternehmen, aber auch Arbeitnehmer, mit Künstlicher Intelligenz und neuen Tools auseinandersetzen.
Patricia Jäger: Warum haben Sie sich für eine Karriere als PR-Berater bei RLVNT entschieden?
Tobias Bindhammer: Mein beruflicher Werdegang begann mit meinem Interesse am Journalismus, weshalb ich meinen Bachelor in Medienwirtschaft & Journalismus absolviert habe. Gegen Ende meines Studiums habe ich gemerkt, dass mich PR sehr interessiert und habe deshalb meinen Master in PR & Unternehmenskommunikation gemacht. Nach verschiedenen Stationen, darunter bei DATEV in der internen Kommunikation, habe ich mich für eine Karriere im PR-Bereich entschieden und bin nach Hannover gezogen. Ich habe meine Arbeit bei RLVNT als Masterstudent begonnen und bin dann als Experte für Kreativ-, Nachhaltigkeits- und Innovationskommunikation eingestiegen. Im März haben wir dann die Business Unit RLVNT.AI gegründet, die ich seitdem leite.
Jäger: Was genau zählt zu Ihren Aufgaben und welche spannenden Projekte durften Sie schon betreuen?
Bindhammer: Als PR-Berater bei RLVNT teilen sich meine Aufgaben in zwei Bereiche. Der erste Bereich umfasst die Kreativkommunikation und die klassische PR-Arbeit, bei der ich Kundenprojekte in verschiedensten Bereichen betreue. Der zweite Bereich beinhaltet als Leiter von RLVNT. AI Projekte mit künstlicher Intelligenz. Hier bin ich stark im Kundenvertrieb tätig. Die drei großen Bausteine, die wir anbieten, sind KI-Workshops, KI-Vorträge und KIBotschafterprogramme. Außerdem arbeite ich zusammen mit dem Team kontinuierlich an der Weiterentwicklung unserer Produkte.
Jäger: Wie würden Sie die Bedeutung von KI für die Zukunft der Kommunikation beschreiben und welche konkreten Veränderungen erwarten Sie?
Bindhammer: Die Bedeutung von KI für die Zukunft der Kommunikation wird immens sein. In maximal zehn Jahren wird KI so allgegenwärtig sein, dass es uns fast nicht mehr auffallen wird, wenn wir mit ihr arbeiten. In der Kommunikation erwarte ich bedeutende Veränderungen in vier Hauptbereichen: Erstens wird KI die Effizienz er-
heblich steigern, insbesondere bei der Automatisierung von Routineaufgaben, was dazu beiträgt, den Arbeitsaufwand zu reduzieren. Der zweite Aspekt ist Qualität. Unsere Erfahrung nach etwa einem halben Jahr standardisierter Nutzung von KI zeigt, dass wir keine Qualitätseinbußen durch den Einsatz der neuen Tools feststellen konnten. Im Gegenteil: Durch die Zeitersparnis haben wir mehr Zeit, um die Qualität unserer Projekte zu steigern. Die Einbeziehung einer neuen Perspektive durch KI hilft besonders bei schwierigen Themen. Drittens wird KI dazu beitragen, die Zufriedenheit der KommunikatorInnen zu steigern, indem sie Freiräume für kreative und sinnvolle Aufgaben schafft. Wir haben alle Kommunikation gelernt, um Geschichten zu erzählen und um einen Mehrwert für die Gesellschaft zu erzeugen. In unserer Agentur haben wir bereits eine Effizienzsteigerung von 33 bis 50 % in Textbereichen erlebt. Dies ermöglicht es uns, mehr Zeit in Qualitätssicherung und in die Nähe zu unseren Kunden zu investieren. Auf der anderen Seite steht aber auch das Thema Verantwortung. Denn die Gesellschaft vertraut dem, was sie sieht und KI kann Bilder erzeugen, die von der Realität kaum zu unterscheiden sind. Die Kommunikationsbranche muss Regeln entwickeln, um sicherzustellen, dass KI gesellschaftsstiftend und nicht gesellschaftszersetzend wirkt. Es ist wichtig, die Verantwortung im Umgang mit KI-basierten Inhalten zu erkennen, um die Integrität der Kommunikation zu wahren.
Jäger: In welchen Bereichen wird bei RLVNT KI-Technologie bereits eingesetzt und welche KI-Tools werden verwendet?
Bindhammer: Wir setzen bei RLVNT bereits KI-Technologien in verschiedenen Bereichen ein. Ein wichtiges Tool ist ChatGPT. Es ist besonders wertvoll, da wir viel mit Texten arbeiten und KI bereits jetzt im Bereich der Textverarbeitung sehr leistungsfähig ist. Zusätzlich nutzen wir DeepL Write, das Texte optimiert, indem es unverständliche Ausdrücke herausfiltert, Rechtschreibung und Grammatik überprüft und gleichzeitig eine SEO-Optimierung vornimmt. Diese beiden Tools verwenden wir standard-
mäßig für verschiedene Anwendungsfälle wie Pressemitteilungen und Social Media. Ich persönliche setze auch gerne Tools wie Audio Pen ein, um Audioaufnahmen in strukturierte Texte umzuwandeln. Darüber hinaus verwenden wir Bildbearbeitungstools wie Midjourney, Adobe Podcast und Adobe Firefly. Unsere Agentur fördert die Entdeckung neuer Tools auch sehr, weshalb jede*r Mitarbeiter*in die Möglichkeit hat, neue Tools auszuprobieren.
Jäger: Gibt es auch Projekte, bei denen KI nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat?
Bindhammer: Ja, definitiv. Das finde ich persönlich jedoch auch beruhigend, da es uns zeigt, dass sich die KI in einem fortlaufenden Entwicklungsprozess befindet. Man merkt immer wieder, dass die KI in bestimmten Bereichen noch an ihre Grenzen stößt, wie beispielsweise im Audiobereich. Ein weiterer Bereich, in dem die KI Schwierigkeiten hat, ist die Datenanalyse und das Verknüpfen von Daten. Zudem sind viele KI-Tools auch noch nicht an den österreichischen oder deutschen Markt angepasst.
Jäger: Wie können Unternehmen die Balance zwischen der Effizienzsteigerung durch KI und der Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Kommunikation finden?
Bindhammer: Unternehmen müssen verstehen, dass das ein kontinuierlicher Prozess ist, der Zeit erfordert. In einigen Bereichen wie Übersetzungen, Rechtschreibprüfung und Lektorat könnte KI in Zukunft menschliche Arbeitskräfte ersetzen. In anderen Bereichen ist jedoch die menschliche Expertise für die Schaffung von Kommunikation mit Ecken und Kanten unerlässlich, um die gewünschte Persönlichkeit und Menschlichkeit zu erhalten. Das ist genau das, was wir brauchen und das wird vermehrt unsere Arbeit als Kommunikator*innen sein.
Tobias Bindhammer hat seine berufliche Laufbahn vor rund fünf Jahren begonnen und ist als PR-Berater tätig. Zuvor schloss er sein Masterstudium in PR & Unternehmenskommunikation erfolgreich ab. Aktuell leitet er die Business Unit RLVNT.AI der PR-Agentur RLVNT und widmet sich insbesondere der Anwendung von KI in der Kommunikationsbranche.
Jäger: Welche ethischen Herausforderungen könnten in der Zukunft im Zusammenhang mit KI und Kommunikation auftreten, und wie können sie bewältigt werden?
Bindhammer: Ein kritischer Faktor ist, dass KI-Systeme wie ChatGPT von den Werten und Annahmen der Entwickler geprägt sind. Wenn solche Systeme in verschiedenen Teilen der Welt entwickelt werden, können sie unterschiedliche Reaktionen und Antworten liefern, basierend auf den lokalen Kulturen und Weltanschauungen. Es ist unwahrscheinlich, dass es eine globale Lösung geben wird. Die Hoffnung liegt daher auf einer europäischen Lösung. Außerdem muss durch Richtlinien sichergestellt werden, dass KI-Tools keine gefährlichen Stereotype reproduzieren, sei es bezüglich Rassismus, Sexismus oder veralteten Rollenbildern. Die Förderung der Medienkompetenz in Schulen, ist entscheidend, um junge Menschen frühzeitig zu sensibilisieren und ihnen beizubringen, kritisch mit Informationen umzugehen.
Jäger: Gibt es noch etwas, das Sie zur Bedeutung von KI für die Zukunft der Kommunikation einbringen möchten oder Ratschläge, die Sie jungen Professionals mit auf den Weg geben möchten?
Bindhammer: Ja, unbedingt. Es gibt das schöne Zitat, dass KI keine Jobs ersetzen wird, sondern Menschen die KI bedienen können, werden diese Jobs ersetzen. Dies ist eine äußerst wertvolle Fähigkeit, die junge Professionals erlernen sollten. Es macht aber auch unheimlich viel Spaß, sich mit KI-Tools zu beschäftigen, da sie erstaunliche Möglichkeiten bieten. Es gibt unendlich viele kreative Anwendungen und ich ermutige dazu, sich mit KI zu beschäftigen. Es ist auch wichtig, nicht zu schnell aufzugeben, denn dieser Prozess erfordert Zeit und Geduld.
„Ergebnisse auf Knopfdruck“: ChatGPT als Assistent*in und Berater*in
Barbara Oberrauter-Zabransky, Gründerin der „KI Academy“ und Leiterin einer Textagentur in Wien, gibt praktische Tipps für den effizienten und stressfreien Einsatz von KI-Anwendungen. Im Interview erklärt sie, warum PR-Verantwortliche keine Angst vor KI haben sollten.
Sarah Kebza: Würden Sie sagen, dass Künstliche Intelligenz bereits vollständig in der PR-Welt angekommen ist?
Barbara Oberrauter-Zabransky: Ich glaube, dass niemand, der mit Text und Medien arbeitet, mehr an Künstlicher Intelligenz vorbeikommt. Das Wissen, dass es KI gibt, ist da. In der Umsetzung gibt es noch Entwicklungspotenzial.
Kebza: Welche PR-Tätigkeiten eignen sich für eine Unterstützung durch KI, und wel-che eher nicht?
Oberrauter-Zabransky: Ich würde stark davon abraten, ChatGPT als Recherchetool zu verwenden, weil die Trainingsdaten nur bis April 2023 zurückreichen. Damit ist es auch nicht möglich, aktuelle Pressekontakte mit ChatGPT zu recherchieren. ChatGPT kann aber im gesamten Bereich der Texterstellung sehr hilfreich sein: Man kann Ent-würfe, Vorschläge zu Themenkomplexen, Überschriften für Textabschnitte und sogar ganze PRKonzepte damit erstellen. Außerdem eignet sich ChatGPT auch optimal für die Erstellung einer Medien-Strategie, um herauszufinden, welche Themen, Formate und News-Outlets geeignet sind. Von der KI erstellte Texte sollte man jedoch nie di-rekt übernehmen: Das menschliche Auge und die Redaktion sind für die Überarbei-tung notwendig.
Kebza: Welche KI-Anwendungen verwenden Sie denn für Ihre Arbeit?
Oberrauter-Zabransky: Es gibt PR-Software, bei der an der Integration von KI gear-beitet wird. Diese sind häufig jedoch mit sehr hohen Kosten verbunden. Wenn man KI ausprobieren möchte und nicht professionell damit arbeitet, reicht die kostenfreie Ver-sion von ChatGPT. Die Qualität der Textausgabe ist jedoch bei der kostenpflichtigen Version höher, da die Anforderungen besser verstanden und umgesetzt werden. Es gibt auch reine Texttools mit eingebauten KI-Funktionen. Eines meiner Lieblingstools zur Textoptimierung ist das kostenfreie Tool „DeepL Write“, das mit deutschen Da-tensätzen trainiert wurde. Als Lektorats- und Korrekturtool ver-
wende ich den „Langu-age Editor“. Außerdem gibt es den „Wortliga Editor“, den ich auch empfehlen kann. Damit lässt sich überprüfen, ob die Sprache verständlich ist und ob zu viele Füllwör-ter oder lange Sätze vorkommen. Wenn man möchte, kann man sich auch mit Bild-KIs beschäftigen, um visuelle Ergänzungen zu Aussendungen zu produzieren. Das ist jedoch komplexer als die reine Textproduktion.
Kebza: Wie können PR-Profis wie Sie durch KI im Arbeitsalltag Zeit sparen und die Effizienz steigern?
Oberrauter-Zabransky: In der täglichen Arbeit ist die KI eine Mischung aus Assis-tent*in und Berater*in. Man kann sich verschiedene Arbeitsschritte erleichtern, indem man ChatGPT um Entwürfe bittet. Wenn es um eine Pressemitteilung geht, kann man die Medienstrategie entwerfen oder verfeinern lassen. Dabei kann man die KI nach dem Aufbau der Pressemitteilung, möglichen Interviewpartner*innen, Zitaten oder der optimalen Länge fragen. Die Kernpunkte muss man natürlich selbst hinzufügen, aber ChatGPT kann daraus einen ersten Entwurf erstellen. Das lohnt sich, denn für die meisten Menschen ist es einfacher, mit einem Entwurf zu arbeiten, als einen Text komplett neu zu schreiben. Außerdem spart man Zeit beim Überarbeiten, Korrigieren, Korrekturlesen und eventuell beim Feinschliff. Außerdem beschleunigt man den Frei-gabeprozess, wenn man ChatGPT E-Mails für die entsprechenden Personen schrei-ben lässt. Mit der Zeit wird man erfahrener und damit schneller und effizienter.
Kebza: Kann KI also bei geübtem Umgang im Arbeitsalltag Stress reduzieren?
Oberrauter-Zabransky: Ja, definitiv, weil man ein Gegenüber hat, das Ideen und Vorschläge liefert, auf die man selbst vielleicht nicht gekommen wäre. Am Anfang muss man ChatGPT zwar viel erklären, aber nach der ersten Lernkurve ist es der Gamechanger: Man erhält Ergebnisse auf Knopfdruck.
Kebza: Haben PR-Verantwortliche einen Nachteil, wenn sie keine KI verwenden?
Oberrauter-Zabransky: Aktuell nicht. Zum einen stehen wir erst am Anfang der Ent-wicklung von KI, und zum anderen ist vor allem in der PR Beziehungsarbeit von gro-ßer Bedeutung. Die reine Textproduktion ist nur ein Teilbereich. ChatGPT kann nicht für mich auf Netzwerktreffen gehen, mit Journalist*innen telefonieren oder Kontakte knüpfen.
Kebza: Wie kann man vermeiden, dass man KI falsch benutzt, und dadurch die Effi-zienz senkt?
Oberrauter-Zabransky: Sie kann ein Hindernis sein, wenn sie für Aufgaben einge-setzt wird, für die sie nicht geeignet ist, etwa der Recherche von aktuellen Zahlen, Daten und Fakten. Natürlich kann es auch schädlich sein, alle Texte von Chat-GPT erstellen zu lassen und sie dann ungeprüft weiterzuleiten. Eine Kontrolle ist unbe-dingt notwendig. Ich würde mich nicht allein auf ChatGPT verlassen, sondern die Anwendungen bewusst auswählen und nicht alle Aufgaben von Null auf Hundert au-tomatisieren. Am Anfang kann man sich überlegen, wo es Sinn macht, KI auszupro-bieren und erste Leuchtturmprojekte zu schaffen. Wenn das gut funktioniert und man Erfahrung und Sicherheit im Umgang mit KI gewinnt, kann man den Einsatz auswei-ten.
Kebza: Kann man als PR-Verantwortliche*r durch KI ersetzt werden?
Oberrauter-Zabransky: Niemand kann durch KI ersetzt werden. Wenn man alle Handgriffe automatisiert, hat man eine Maschine, die nur diese Aufgaben kann, aber nie dazulernt und unflexibel ist. Einzelne Tätigkeitsbereiche können aber sicherlich ersetzt werden. Es gab auch schon Stellenabbau mit dem Argument: „Das macht jetzt die KI“. Ob das stimmt, wird man nicht herausfinden können. Aber es ist nicht das ers-te Mal, dass durch Technologie Arbeitsplätze ersetzt werden oder ganz neue Jobs entstehen. Ich bin KI-Trainerin und damit das beste Beispiel, denn diesen Job hätte es vor einem Jahr noch nicht gegeben. Wenn man sich komplett sträubt, ist man na-
Barbara Oberrauter-Zabransky ist ausgebildete Kommunikationswissenschafterin und war lange als Journalistin u.a. beim ORF und der Austria Presseagentur tätig. Vor drei Jahren machte sie sich mit der Textagentur TXTPWR im Bereich Content-Marketing selbstständig. 2023 gründete sie die „KI Academy“ und ist seither als KI-Coach für Unternehmen tätig.
türlich in Gefahr. Das ist allerdings generell bei allen Entwicklungen so, nicht erst seit dem Aufkommen von KI.
Kebza: Auf welche zukünftigen Entwicklungen im Bereich KI sollten PR-Profis Ihrer Meinung nach achten? Oberrauter-Zabransky: Für die eigene Arbeit würde ich die Entwicklung der genera-tiven KI im Auge behalten und sie einfach ausprobieren. Wir erleben aktuell eine ext-rem demokratische KI, die heutzutage jede*r nutzen kann, auch ohne besondere technische Kenntnisse oder ein großes Budget. Wenn man sich spielerisch annähert, ist man für die kommenden Entwicklungen gerüstet. Ich glaube, KI wird in immer mehr Anwendungen integriert werden. Wer sich frühzeitig damit auseinandersetzt, hat ei-nen Vorsprung, denn langfristig wird man nicht darum herumkommen. Ich bin ganz sicher, dass wir erst am Anfang einer umwälzenden Entwicklung stehen. Ich würde jedem*jeder raten, sich damit zu beschäftigen, auch wenn es im eigenen Berufsleben noch keine Relevanz hat.
Kebza: Was möchten Sie PR-Profis abschließend mit auf den Weg geben?
Oberrauter-Zabransky: Keine Angst vor der KI! Bisher war Künstliche Intelligenz etwas aus der Science-Fiction. Mittlerweile kann ich der KI die Hand geben und mich von ihr unterstützen lassen.
„Ich wünsche mir einen konstruktiven Umgang mit KI, frei von Angst und Scham“
Von der Entwicklung bis zu den Herausforderungen und Chancen für die PR-Branche. Andrea Heigl, stellvertretende Vorsitzende im PR-Ethik-Rat, gewährt Einblicke in den ersten Leitfaden für den Umgang mit generativer KI in der PR.
Katharina Klubertanz: Der Österreichische PR-EthikRat hat im August 2023 eine erste Handlungsanleitung zum Umgang mit generativer Künstlicher Intelligenz vorgelegt. Wie funktioniert dieses Gremium?
Andrea Heigl: Der Ethik-Rat besteht aus einer Mischung von Theoretikern und Praktikern, wobei der*die Vorsitzende aus der Theorie kommt, um die Unantastbarkeit durch wirtschaftliche Interessen zu gewährleisten. Die Stellvertretung ist typischerweise aus der Praxis. Die Aufgaben sind zweigeteilt: Zum einen werden Beschwerden auf ethische Verstöße hin geprüft und dann klassische Rügen ausgesprochen. Zum anderen werden aktuelle Entwicklungen in der PR-Branche verfolgt und Leitlinien zur Orientierung erstellt. Zusätzlich bemühen wir uns um die Verbreitung dieser Leitlinien wie des KI-Leitfadens.
Klubertanz: Welche Aufgaben nimmt der PR-Ethik-Rat im Zusammenhang mit KI wahr?
Heigl: Hier sind wir noch in der Entwicklungsphase, und ein erstes Produkt ist eben der KI-Leitfaden, der bei diesem recht neuen Thema Orientierung geben soll. Der Rat konzentriert sich auf die Schärfung des Bewusstseins für ethische Fragen, insbesondere bei heiklen gesellschaftspolitischen Themen. Dabei möchten wir forcieren, dass Kommunikator*innen sicherstellen, dass Informationen nicht manipulativ sind.
Klubertanz: Im August wurde der Leitfaden zum Einsatz von KI in der PR veröffentlicht. Welchen der vier ethischen Grundsätze der PR-Ethik - Transparenz, Faktentreue, Umgang mit sensiblen Kund*innendaten und Bias-Awareness – halten Sie persönlich für besonders wichtig?
Heigl: Bias-Awareness bzw. Quellenkritik ist bedeutsam, weil wir in einer Zeit leben, in der Informationen stark verkürzt werden, während gleichzeitig gesellschaftliche Debatten schärfer werden. Oft fehlt das Bewusstsein dafür, dass nicht alles, was im Web steht, wahr ist. Professionelle Kommunikator*innen haben daher eine besondere Verantwortung, da sie täglich Informationen verbreiten.
Gerade bei kontroversen Themen, zu denen viele Fake News im Internet kursieren, ist es wichtig, kritisch zu hinterfragen, auf welche Quellen sich eine KI stützt. Die Fähigkeit zur Quellenkritik wird immer wichtiger, um zu garantieren, dass die verbreiteten Fakten verlässlich und unvoreingenommen sind.
Klubertanz: Welche Anreize könnten PR-Fachleute dazu motivieren, den KI-Leitfaden in ihrer täglichen Arbeit anzuwenden? Von wem sollten diese Anreize kommen? Und sind solche Anreize geplant?
Heigl: Generell ist es schwierig, Anreize zu schaffen, da wir als Gremium bei Verstoß der Prinzipien ja logischerweise nicht die Möglichkeit haben, Gehälter zu kürzen oder jemanden aus seinem Job zu entfernen. Das ist eine Herausforderung, der sich alle Ethikgremien stellen müssen. Wenn jemand gegen die Grundsätze verstößt, bleibt oft nur die Möglichkeit, ihn darauf hinzuweisen. Die Reaktion kann variieren: So fühlen sich einige Organisationen betroffen, andere ignorieren den Hinweis und machen weiter.
Klubertanz: Gibt es Länder oder Organisationen, die bereits Richtlinien für den ethischen Einsatz von KI in der PR entwickelt haben, an denen Sie sich orientieren? Würden Sie Elemente aus diesen in den eigenen KI-Leitfaden übernehmen?
Heigl: Das haben wir definitiv getan, aber noch nicht in vollem Umfang. Jurist*innen haben uns geraten, abzuwarten, wie die Praxis in Bezug auf die Anwendung der EU-Richtlinien tatsächlich aussehen wird. Insbesondere zur Kennzeichnungspflicht gibt es noch keine eindeutige Meinung. Wie im Leitfaden vermerkt, ist das Produkt der aktuelle Status Quo und wir planen, diesen in den nächsten Jahren weiterzuentwickeln.
Klubertanz: Angesichts der Schnelllebigkeit im Bereich der KI stellt sich die Frage, wie häufig und schnell der KI-Leitfaden aktualisiert werden muss.
Heigl: Im Rat nutzen wir unsere tägliche Berufserfahrung, um ethische Fragen zu diskutieren und anschließend auf Grundlage unserer Kodizes Entscheidungen zu treffen und Entwicklungen voranzutreiben. Wir treffen uns fünf- bis sechsmal im Jahr, und es kann vorkommen, dass ein Mitglied aufgrund aktueller Ereignisse, die nicht vorhersehbar sind, Vorschläge zur Weiterentwicklung unseres Leitfadens macht. Solche Anlässe können konkrete Fallbeispiele, Gesetzesänderungen oder Gerichtsentscheidungen sein.
Klubertanz: Wird in diesem Zuge auch der Input von Expert*innen einbezogen, um den KI-Leitfaden regelmäßig anzupassen?
Heigl: Selbstverständlich! Wir sind offen für Beiträge sowohl aus der Branche als auch von Jurist*innen. Obwohl wir eine Juristin im Rat haben, schätzen wir auch externe Meinungen. Wir sind bereit, Vorschläge anzunehmen, und wenn ein*e PR-Verantwortliche*r Bedenken oder Ideen hat, sind wir für jedes Feedback dankbar.
Klubertanz: Sie waren auch als Medientrainerin und Dozentin tätig. Welche Rolle könnte Aus- und Weiterbildung bei der Umsetzung des KI-Leitfadens für PRProfis spielen?
Heigl: Es wäre ideal, wenn der KI-Leitfaden ebenso wie andere ethische Themen ein fester Bestandteil der Ausbildung wäre, um sicherzustellen, dass niemand in die Praxis geht, ohne jemals von ethischen Grundsätzen gehört zu haben. Ich glaube, dass die Generation der Digital Natives eine besondere Verantwortung im Umgang mit Informationen hat. Anstatt auf traditionelle, greift diese eher auf digitale Quellen zurück. Für ethisches Handeln braucht es ein Bewusstsein für den Wert von Informationen und die Fähigkeit, glaubwürdige von unglaubwürdigen Quellen zu unterscheiden.
Andrea Heigl (39) arbeitet als EU Public Affairs Manager bei den ÖBB. Zuvor war sie Journalistin bei "Der Standard", Ministeriumssprecherin und Senior Consultant bei der Agentur bettertogether. Sie ist außerdem als freie Medientrainerin und Lehrende an der FH Wien der WKW tätig.
Klubertanz: Wie könnten Bildungseinrichtungen wie die FH Wien, an der Sie ja lehren, zur Förderung eines ethischen Einsatzes von KI in der PR beitragen?
Heigl: Das ist etwas, worüber ich gerade nachdenke. Ich leite im Sommersemester eine Lehrveranstaltung und habe mir kürzlich überlegt, wie man ethische Aspekte im Umgang mit KI in die Lehrpläne integrieren könnte. Ein Ansatz könnte sein, den Studierenden beizubringen, wie sie mit Tools wie ChatGPT recherchieren können und gleichzeitig, wie man diese Ergebnisse gegencheckt und kritisch hinterfragt. Es erfordert sicherlich kreative und didaktische Ansätze, aber ich sehe definitiv Potenzial in dieser Richtung.
Klubertanz: Haben Sie zum Schluss einen persönlichen Wunsch für die Zukunft des KI-Leitfadens und seine Bedeutung?
Heigl: Erstens würde ich mir wünschen, dass Kommunikator*innen offener über den Einsatz von KI sprechen. Das heißt, weg von der Angst, dass KI die Arbeitszeit reduzieren könnte, hin zu einer Diskussion darüber, wie die gewonnene Zeit sinnvoll genutzt werden kann und wie Berufsbilder weiterentwickelt werden können.
Zweitens wünsche ich mir, dass alle, die KI bei der Arbeit einsetzen, einen Blick in unseren Leitfaden werfen. Ich wünsche mir einen konstruktiven Umgang, frei von Angst und Scham, und eine offene Diskussion darüber, wie wir uns als Kommunikationsbranche weiterentwickeln können.
Kreativität
im Wandel: Wo liegt der Ursprung der Ideen?
Wie eine freischaffende Grafikdesignerin und Illustratorin im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz auf Innovation blickt: Tiny Bernhard erzählt, wie sie mit KI-Tools Design-Lösungen für Ihre Kund*innen kreiert.
Lena Kogler: Sie sind ja seit 2019 selbstständig als Grafikdesignerin und Illustratorin tätig. Erzählen Sie bitte, was der Auslöser für den Sprung in die Selbstständigkeit war?
Tiny Bernhard: Während meines Angestelltenverhältnisses in Werbeagenturen habe ich die Erfahrung gemacht, dass dieses Arbeitsmodell nicht meiner Vorstellung vom Leben entsprach. Da ich vor allem illustrieren wollte, hatte ich das Gefühl, mich weniger entfalten zu können, und aufgrund der Arbeitsbedingungen war das auch nicht wirklich außerhalb der Arbeitszeiten möglich. Dazu kommt, dass es mir wichtig war meinen Hund tagsüber bei mir zu haben – bei vielen Agenturen wäre das nicht möglich gewesen.
Kogler: Sie haben 2021 das Kinderbuch: „Pandemie in Laponoma“ unter dem Namen „Tiny Emotions“ veröffentlicht. Was hat Sie dazu bewegt ein Kinderbuch herauszubringen?
Bernhard: Ich wollte generell Kinderbücher machen, natürlich verstärkt mit dem Fokus auf Illustration. Ich habe dann das Founders Lab der Wirtschaftsagentur Wien gemacht, mit dem Ziel, Kinderbücher zu schwierigen Themen zu veröffentlichen. Es war zu dieser Zeit Pandemie und somit war klar, welches Thema das erste Buch haben soll.
Kogler: Wo glauben Sie, hat die Kreativität heutzutage öfters ihren Ursprung? Kommen Sie von den Algorithmen oder von den Menschen?
Bernhard: Das ist ein interessantes Thema, denn es ist doch so: Wenn man von Kreativität spricht, geht es darum, einen vollkommen neuen Lösungsansatz zu finden. Das braucht Zeit und somit Geld. Viele Unternehmen heutzutage können – oder wollen – nicht in neue Lösungen investieren und setzen daher auf Systeme oder Lösungen, von denen sie bereits wissen, dass sie funktionieren.
Kogler: Okay, aber wie ist das bei Ihnen? Hat sich die Bedeutung der Kreativität bei Ihnen durch die KI auch verändert?
Bernhard: Ich neige mittlerweile dazu, rasch auf ChatGPT zurückzugreifen, um Prozesse zu beschleunigen beziehungsweise mir Informationen ins Gedächtnis zu rufen. Wir tragen viel Wissen in uns, und meiner Meinung nach reaktiviert die Arbeit mit ChatGPT dieses oft. Manchmal sind Details nicht sofort präsent, aber beim Lesen bestimmter Wörter im Chat mit ChatGPT denke ich dann: „Ah ja, genau, stimmt.“
Kogler: Aber finden Sie, dass das dann trotzdem Ihre eigene Kreativität ist? Oder eigentlich die Kreativität von einer KI?
Bernhard: Meiner Ansicht ist KI nicht kreativ, aber sie liefert Denkanstöße und reflektiert gesellschaftliche Normen sowie bestehende Systeme und Strukturen. Für echte Originalität ist sie weniger geeignet, aber sie kann nützlich sein, um Lösungen für den Mainstream zu entwerfen.
Kogler: Aber glauben Sie nicht, dass es zu einem Kreativitätsverlust kommen kann, wenn man sich zu stark auf KI-Tools konzentriert?
Bernhard: KI fasziniert und inspiriert mich enorm. Sie ermöglicht mir, grundlegende Aufgaben schneller zu erledigen, wodurch ich produktiver werde und mich auf kreative Details konzentrieren kann. KI kann also auch als Katalysator für Kreativität dienen.
Kogler: Wie sehen Sie den Einsatz von KI auf die gesamte Branche in Ihrem Umfeld, in Ihrer Konkurrenz?
Bernhard: Insgesamt erwarte ich durch die Liberalisierung durch generative AI-Tools im Bereich Design einen Qualitätsverlust, da viele Unternehmen nun davon ausgehen, qualitativ hochwertige Werbeformate selbstständig produzieren zu können. Somit vermute ich, dass die Nachfrage nach Grafikdesigner*innen in Zukunft abnehmen wird. Insbesondere jene, die ohne ein klares Konzept oder eine Strategie arbeiten, sowie diejenigen, die kleine Unternehmen betreuen, könnten an Bedeutung verlieren. Mit Werkzeugen wie Canva, können viele Kunden bereits jetzt ihre Grafiken selbst erstellen. Dafür habe ich – aus der Perspektive der Unternehmen – volles Verständnis. Es
werden deshalb vor allem diejenigen im Berufsfeld verbleiben, wo die Unternehmen darauf angewiesen wurden, kreative und neue Lösungsansätze zuliefern. Nike, Apple und Co müssen ständig neue Wege finden, im Markt relevant zu bleiben, und können sich deshalb nicht auf AI-Output verlassen.
Kogler: Haben Sie selbst schon Veränderungen bei Kampagnen der Konkurrenz wahrgenommen?
Bernhard: Mittlerweile sehe ich immer häufiger SocialMedia-Ads mit schlecht generierten Bildern. Es scheint, dass viele Unternehmen gerade ausprobieren, wie billig und schnell sie Werbung produzieren können. Dass dadurch aber auch die Qualität ihres Produktes verloren geht, ist vielen noch nicht bewusst. Denn Kunden mit einem hohen Anspruch, bemerken diese Pseudo-Kreativität natürlich und werden entsprechend darauf reagieren. Wahre Kreativität und handwerkliches Können sind mehr als nur Durchschnitt. Sie sind die Essenz dessen, was Kunst und Design ausmachen, und sollten als solche auch geschätzt werden.
Kogler: Und wie bedient man die KI-Tools richtig?
Bernhard: Man muss die Limitationen und Grenzen erkennen. Beispielsweise bin ich keine Texterin, könnte aber mit ChatGPT Texte für meine Webseite verfassen. Man darf diese jedoch nicht einfach eins zu eins übernehmen, da die meisten zu lang werden und nicht SEO optimiert sind. Hier zahlt es sich aus, auf Expert*innen zurückzugreifen. Wenn ich als Illustratorin bzw. Grafikerin mit KI arbeite, nutze ich sie gezielt als Impulsgeber, um das Niveau meiner Arbeit zu verbessern, und meine Effizienz zu steigern.
Kogler: Wie soll sich das Verhältnis zwischen Mensch und KI in Ihrem Bereich in Zukunft entwickeln? Sollen wir weniger arbeiten? Oder bloß effizienter?
Bernhard: Ich würde mir wünschen, dass die Arbeitsbelastung im Alltag sinkt, während das Niveau des Outputs gesteigert wird. Dies würde effizienteres Arbeiten, und somit eine Reduzierung der Arbeitsstunden ermöglichen.
Tiny Bernhard ist eine Grafikdesignerin und Illustratorin aus Wien. Ihre Leidenschaft für generative KI veranlasste sie dazu, sich in diesem neuen Berufszweig selbstständig zu machen. Mit ihrem Unternehmen "Dea Ex" bietet sie Workshops, Lehrveranstaltungen und individuelle Unterstützung zur kreativen Anwendung von generativer KI.
Allerdings befürchte ich angesichts des kapitalistischen Wirtschaftssystems, dass Unternehmen eher bestrebt sein werden, den Workload bei unveränderter Arbeitszeit zu erhöhen, anstatt die Arbeitszeit zu reduzieren. Die Auswirkungen davon werden sich im Arbeitsmarkt, vor allem in den Arbeitslosenzahlen, niederschlagen.
Kogler: Welche Qualitäten braucht man, damit man qualitativ hochwertige Ergebnisse mit Künstlicher Intelligenz erzielt?
Bernhard: Im Prinzip braucht man keine Vorkenntnisse, um schnell ein Bild zu generieren. Schwierig wird es dann, wenn ich bestimmte Erwartungen habe. Hintergrundwissen und Spezialisierung, zusammengefasst in einer beratenden Funktion, werden künftig wichtiger sein, als tatsächlich ausführende Tätigkeiten zu übernehmen.
Kogler: Glauben Sie, dass es einmal so weit kommen wird, dass ein Kreativteam durch eine KI ersetzt wird?
Bernhard: Durch generative AI wird die Nachfrage an ausführenden Grafikdesigner*innen sinken, das bedeutet Designstudios und Kreativagenturen müssen mehr Wert auf andere Kompetenzen legen. Also die Probleme und Bedürfnisse der Kund*innen sehr schnell zu identifizieren, kreative Lösungen zu finden und diese dann möglichst effizient abzuarbeiten. Agenturen werden in Zukunft ihren Fokus also noch mehr auf Beratung und inhaltliche Kompetenz verlagern, um ihren Kunden einen guten Grund zu liefern, ihre Werbemaßnahmen nicht inhouse umzusetzen.
‚Kogler: Gibt es ein abschließendes Statement, das Sie unseren Leser*innen gerne mitgeben möchten?
Bernhard: In der heutigen schnelllebigen Welt, in der Technologie und Kreativität Hand in Hand gehen, ist eine ständige Fortbildung notwendig. Basiskenntnisse im Bedienen von KI-Tools werden nicht ausreichen. Generative AI-Tools sind Tools, mit denen wir lernen müssen umzugehen, die uns Arbeit abnehmen können, aber uns das Wissen um ihre Einsatzmöglichkeiten und kreatives Denken nicht ersparen werden.
Texterstellung neu definiert: Kreativität von Mensch und Maschine in der Content-Produktion
PRaktivium sprach mit Nicole Naller, Senior Copywriterin bei edialog, über die Nutzung von KI in der Content-Erstellung.
Peter Oberwalder: In den meisten Branchen ist Künstliche Intelligenz kaum noch wegzudenken. Wie ist Ihre Meinung zur KI-Entwicklung in Ihrer Branche und was sind die Vor- und Nachteile?
Nicole Naller: Wenn man es mit anderen Branchen vergleicht, ist die Technologie in der Kreativbranche immer noch relativ neu. KI ist jetzt erst seit wahrscheinlich einem Jahr ein größeres Thema und ich glaube, bei den meisten Agenturen im Kreativbereich ist es mit diesem ganzen Hype rund um das Programm Midjourney aufgekommen. Vorteile gibt es sicher viele. Es gibt natürlich Aufgaben, die einem KI abnehmen kann, vor allem zum Beispiel weniger interessante oder komplexe Tasks. Es verstecken sich jedoch auch enorm viele Problemfelder. Bei Themenbereichen des Urheberrechts und Plagiats oder Themen wo kritisches Denken erforderlich ist, merkt man schon, dass noch was fehlt.
Oberwalder: Welche KI-Tools verwenden Sie speziell?
Naller: Wir verwenden vorrangig ChatGPT, Google Bard und Midjourney. Gelegentlich nutzen wir auch Murf AI und ElevenLabs für Voiceovers und Voice Cloning.
Oberwalder: Wie entscheiden Sie, ob Sie Google Bard oder ChatGPT verwenden?
Naller: Ich persönlich bevorzuge Chat GPT, setze aber beide Tools ein. Google Bard ist meiner Meinung nach vor allem bei simplen Aufgaben sehr praktisch. Wenn es also darum geht, eine Liste mit viel Text nach speziellen Vorgaben zu kategorisieren, ist ChatGPT nach meinem Gefühl etwas kreativer als Google Bard. Ich habe das auch selbst getestet, indem ich dieselben Befehle, also Prompts, in beiden Tools eingegeben habe. Anschließend habe ich beide Outputs miteinander verglichen, um zu verstehen, in welche Richtung beide KIs denken. Wenn es um kreative Ideen geht, ist ChatGPT einfach besser geeignet. Man kann sich Google Bard als einen Neuling in der Branche vorstellen, dem noch ein wenig Erfahrung fehlt und ChatGPT ist im Vergleich schon ein ausgereifter Copywriter.
Oberwalder: Gibt es spezielle Schulungen oder Ressourcen, die von Google bereitgestellt werden, um Sie und Ihre Teammitglieder in Bezug auf KI auf dem Laufenden zu halten?
Naller: Es gibt allgemein zugänglichen Kurse, die von Google bereitgestellt werden. Ich habe auch einen gemacht, es ging um Machine Learning und AI, der war sehr informativ. Google bringt jetzt auch immer wieder neue online Kurse heraus. Ich hatte noch nicht die Zeit, sie mir anzuschauen, aber sie sollten für alle zugänglich sein.
Oberwalder: Gibt es Problemfelder oder Bereiche in der KI-Nutzung, die noch nicht so gut funktionieren?
Naller: Ja, bei KI-generierten Texten ist oft Nacharbeit erforderlich. Manchmal mehr, manchmal weniger. Ich lese es mir sowieso immer durch, weil die Texte manchmal einfach nicht gut genug sind. Einerseits muss man dem System ziemlich genau vorgeben, was man möchte und dann muss darauf geachtet werden, in welche Richtung der Output geliefert wird. Die "Kreativität" von KI ist gefühlt doch etwas eingeschränkt. Es gibt so viele zusätzliche Informationen, von denen wir als Menschen wissen, wie zum Beispiel die Wünsche unserer Kunden. Diese kann ich nicht eins zu eins in das System einspeisen und hoffen, dass dabei eine perfekte Idee entsteht. Das ist nicht möglich. Vielleicht funktioniert das in Zukunft, könnte jedoch sehr schwer werden.
Oberwalder: Welche Rolle spielt menschliche Kreativität im Vergleich zur automatisierten Content Erstellung?
Naller: Menschliche Kreativität erscheint unbegrenzt, während KI eher „Inside-the-Box“ denkt, auch wenn teilweise echt tolle Ideen bei der Nutzung herauskommen. Der Output basiert immer auf einer gewissen Datenmenge oder den Prozessen, die im Hintergrund laufen. KI lernt immer nur von dem, was es kennt. Selbst wenn KI das gesamte Internet als Basis für die Antwort nutzt, gibt
es trotzdem Einschränkungen. Wir Menschen nutzen zusätzlich noch unsere Erfahrungen und Gedanken, die in alle Richtungen schweifen können, als Ideenbasis. KI ist hier jedoch um einiges eingeschränkter.
Oberwalder: Vertrauen Sie Texten, die rein von KI erstellt wurden, oder ist zusätzliche Kontrolle weiterhin ein Muss?
Naller: Ja, ich überprüfe KI-generierte Texte immer. Wenn es meinen Ansprüchen und den Ansprüchen der Kunden gerecht werden soll, dann muss ich nachbessern und feinjustieren. Manchmal muss nur ein Satz ausgebessert werden, manchmal der ganze Text. Dann speise ich den Text nochmal ein und füge einige Anforderungen hinzu, damit er verbessert wird. Also ja, immer mit menschlicher Kontrolle.
Oberwalder: Wäre für Sie das Arbeiten ohne KI noch denkbar?
Naller: Ja, auf jeden Fall. Ich arbeite auch noch nicht lange mit KI. Klar nimmt es auch einiges an Arbeit ab. Man kann Texte schreiben lassen, Headlines generieren und sich selbst durch neue Ideen inspirieren lassen. Das ist definitiv ein Mehrwert für meine Arbeit. Aber es ist nicht so, dass ich nicht mehr ohne KI arbeiten kann. Ich würde sicher auch ohne sie auskommen.
Oberwalder: Und welche Herausforderungen oder Einschränkungen würden sich ergeben, wenn Sie von heute auf morgen komplett auf KI verzichten müssten?
Naller: Manche Aufgaben würden wahrscheinlich einfach wieder länger dauern. All das, wo es wirklich um Menge oder viel Text geht, zum Beispiel grundlegende Tasks wie 20 unterschiedliche Headlines schreiben. Wenn ich alle Headlines selbst schreiben müsste, ohne Hilfe heranzuziehen, dann würde es natürlich einfach etwas länger dauern.
Nicole Naller ist seit einem Jahr bei der datengetriebenen Marketingagentur e-dialog als Copywriterin im Kreations-Team. Zuvor studierte sie Publizistik in Wien und arbeitete für mehrere Agenturen als Copywriterin bzw. Junior Creative Director.
Oberwalder: Nutzen Sie KI im Vergleich zu anderen Abteilungen in Ihrem Unternehmen anders?
Naller: Bestimmt, da wir in der Kreativabteilung einen kreativen Ansatz haben. All diese Texte werden eher in Richtung Werbung eingesetzt. Unsere Cloud & Data Science-Abteilung baut ihre eigenen Machine Learning und AI-Systeme, das ist natürlich ganz etwas anderes. Im Vergleich haben wir sicherlich einen eher oberflächlichen Ansatz.
Oberwalder: Planen Sie die Implementierung von KI in weiteren Bereichen Ihrer Tätigkeit? Und welche Herausforderungen und Hürden sehen Sie bei der Implementierung?
Naller: Ich glaube, es gilt für das gesamte e-dialog-Team wenn ich sage, dass wir immer auf der Suche nach coolen KI-Lösungen sind. Wir schauen uns auch immer wieder Neuigkeiten zu diesem Thema an. Voice Cloning zum Beispiel, ist auch etwas relativ Neues, was wir erst vor kurzem bei einem Projekt umgesetzt haben. Coole Lösungen, die wir noch einsetzen können, sind bei uns immer willkommen, sowohl intern für unsere Projekte als auch natürlich für Kundenprojekte.
Oberwalder: Haben Sie das Gefühl, dass KI bald Ihren Beruf übernehmen könnte?
Naller: Nein, eigentlich mache ich mir da gar keine Sorgen. Ich denke mir, es ist ein Kreativberuf, der einem auch sehr viel abverlangt. Ich schreibe nicht nur Texte, sondern arbeite auch an Konzeptionen, wo viel Ideenfindung dabei ist und viel Denkarbeit erforderlich ist. Ich denke, dass man KI nicht als Bedrohung sehen sollte, sondern als Möglichkeit, sich selbst weiterzuentwickeln und die eigene Arbeit zu bereichern.
„Es ist eine Notwendigkeit, dass ein Mensch die KI bedient und nicht, dass die KI den Menschen ersetzt.“
Welchen Stellenwert hat der menschliche Einsatz in der PR in Zeiten von Künstlicher Intelligenz? Im Gespräch mit „PRaktivium“ erzählt Marc Hable, Consultant bei der PR-Agentur UNIQUE relations, von den Chancen, Herausforderungen und Zukunftsaussichten der KI in der PR.
Sarah Kaitán: Sie sind vor allem für digitale Themen bei UNIQUE relations verantwortlich. Welche Tätigkeiten fallen genau für Sie an?
Marc Hable: Meine Tätigkeiten reichen von der Strategieentwicklung für die digitalen Kanäle der Kund*innen bis hin zur Umsetzung unter Abstimmung mit ihnen. Im Rahmen der Umsetzung kümmere ich mich mit meinen Kolleg*innen um die Erstellung von Content, um die grafische Aufbereitung, um das Textieren sowie Ad-Management und Community Management. Im klassischeren PR-Bereich verfassen wir Presseaussendungen, organisieren Events, Pressekonferenzen sowie Podiumsdiskussionen und produzieren Geschäftsberichte. Wir bauen bei uns den digitalen Bereich immer weiter aus, wo ich aktuell stark involviert bin.
Kaitán: Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in Ihrem Arbeitsalltag bei UNIQUE relations?
Hable: Es hat eigentlich schon 2018 begonnen: Als ich in der Agentur begonnen habe, hat beispielsweise DeepL bereits Einzug in den PR-Alltag genommen. Wenn es nur eingesetzt wird, um Texte zu verstehen, ist es selbstverständlich ideal. Wenn es jedoch darum geht, Texte zu veröffentlichen, braucht DeepL natürlich schon noch den Menschen, der korrigierend eingreift. Aber man hat einfach eine perfekte Grundlage durch solche KI-Tools. Das begleitet mich in der täglichen Arbeit. Und durch ChatGPT hat sich das natürlich nochmal ganz stark verändert. Man startet dadurch nicht mehr nur mit einer leeren Seite. Man hat textliche Grundlagen, aus denen man den einen oder anderen Ansatz für die Textierung herausnehmen kann und der für eine Presseaussendung super helfen kann. Aber es ist nicht nur die Textierung, wo die KI sehr hilfreich ist, sondern jegliche Aufgabe, die täglich anfällt. Es müssen nicht nur unbedingt simple Aufgaben, wie das Zusammenfassen von Texten sein, sondern beispielsweise auch Brainstormings. Dennoch konnte ich mich auf die KI-Anwendungen in meinem bisherigen Alltag nicht zu hundert Prozent verlassen. Eigentlich beruhigend, denn das bedeutet, man wird nicht ersetzt. Man hat durch KI vielmehr eine Assistent*in.
Kaitán: Für welche Tätigkeiten nutzen Sie Künstliche Intelligenz in der Agentur also genau?
Hable: Im Grunde kann man es so zusammenfassen: KI dient einerseits als umsetzender Support, also für die Zusammenfassung und Textierung. Auf der anderen Seite ist es der kreative Support in der Ideenfindung. Textkorrektur ist auch wichtig, genauso wie Übersetzungen. Natürlich handelt es sich dann auch um unterschiedliche Tools, die man dabei verwendet. Grafisch ist die KI auch ein Wahnsinn. Das einfachste überhaupt ist es, ein Foto im Hochformat in Querformat umzuwandeln. Gerade in der Social Media Kommunikation ist es relevant, grafischen Content einfach anzupassen. Insofern machen wir mit generativen, grafischen Dingen auch einiges, was ich sehr spannend finde.
Kaitán: Welche Vorteile sehen Sie konkret beim Einsatz von KI in der PR-Arbeit?
Hable: Erstens die Effizienz, das ist ganz klar: Der Einsatz von KI in meiner Arbeit bedeutet einfach Zeitersparnis. Zweitens natürlich auch die Horizonterweiterung. Man kommt teilweise zu Erkenntnissen, an die man als Einzelperson nicht gedacht hätte. Drittens die Genauigkeit – vor allem, wenn man etwaige korrigierte Texte nochmals von der KI überprüfen lässt. Dann hat man die doppelte Sicherheit.
Kaitán: Wo sehen Sie dann besondere Herausforderungen? Wo funktioniert der Einsatz der KI Ihrer Erfahrung nach weniger gut?
Hable: Eine Herausforderung ist sicher, dass man niemals einfach übernehmen kann, was die KI produziert. Man muss vor allem darauf achten, dass KIs teilweise die Angewohnheit haben, Dinge einfach zu erfinden. Man darf dem Output nicht blind vertrauen, sondern muss ihn noch einmal doppelt checken, denn gerade in der PR ist es sehr wichtig, dass die Informationen, die nach außen gehen, auch faktisch richtig sind. Sonst verlierst du die Glaubwürdigkeit. Es braucht daher Leute, die wirklich mit menschlichem Hirn an der Sache sind. Natürlich ist eine weitere Herausforderung, dass die KI nur so
intelligent ist wie die Daten, mit denen sie gefüttert ist. Vor allem bei ChatGPT waren anfangs nur die Daten bis zu einem gewissen Datum enthalten. Darüber hinaus wusste die KI gar nichts mehr. Außerdem reproduziert die KI auch einfach nur die Menschheit. Daher ist auch jedes Vorurteil, das in den Daten enthalten ist, dann wahrscheinlich auch in den Ergebnissen enthalten.
Kaitán: Sie haben es schon ein paar Mal anklingen lassen, aber vor diesem Hintergrund erläutern Sie bitte konkret: Für wie wichtig halten Sie es, dass hinter der PR tatsächlich menschliche Tätigkeit steht?
Hable: Natürlich kann die KI die PR-Arbeit effizienter machen. Aber im aktuellen Stadium ist es einfach eine Notwendigkeit, dass ein Mensch die KI bedient und nicht, dass die KI den Menschen ersetzt. Ein Mensch kann - vor allem wenn er sich mit einem Thema viel auseinandersetztnoch viel größer denken und viel mehr verknüpfen als eine KI und dadurch bessere Arbeit leisten. Und das ist schön so. Was die Zukunft bringt, ist hingegen eine offene Frage, also wie viele Tasks und welche Tätigkeiten die KI übernimmt. Im Grunde lässt es sich so zusammenfassen, dass KI das Repetitive, Einfache schneller ersetzen wird. Im Endeffekt kommuniziert immer ein Mensch und man muss diesen Menschen berücksichtigen. Alles, was das beinhaltet, wird natürlich langsam ersetzt. Aber wie weit das gehen wird, das weiß natürlich noch niemand.
Kaitán: Zu diesem Thema gibt es etliche Filme, die Übernahme der Menschheit von der KI illustrieren. Glauben Sie daran, dass die PR-Arbeit vielleicht in der Zukunft komplett durch KI ersetzt werden kann?
Hable: Nein, glaube ich nicht. Wir hatten schon viele technologische Umbrüche und was diese gebracht haben, ist, dass man effizienter wurde. Repetitive und einfache Arbeiten können wegfallen und andere, kreative Arbeiten können bleiben und sogar entstehen. Ich glaube, man muss interessiert und engagiert sein, damit man am Ball bleibt – Stichwort „lebenslanges Lernen“. Wenn man das macht, habe ich eigentlich keine Angst um den PR-Beruf.
Marc Hable startete nach seinem Kommunikationswirtschafts-Studium an der FH Wien der WKW als Praktikant bei der PR-Agentur UNIQUE relations. Mittlerweile ist er als Consultant tätig. Er ist neben vielseitigen PR-Aufgaben stark in den Ausbau des digitalen Bereichs der Agentur involviert.
Kaitán: Gerade in der Krisenkommunikation ist es ja so, dass es Menschlichkeit und Emotionalität braucht. Welche Rolle spielt Krisenkommunikation bei UNIQUE relations und wie ist der Einsatz von KI da zu bewerten?
Hable: Krisenkommunikation ist laufend ein Thema. Sie ist eine der Königsdisziplinen in der PR, weil es herausfordernd ist, in diesen Krisensituationen richtig zu reagieren. Die KI kann dabei schon helfen: Sei es als Unterstützung in der Medienbeobachtung oder dabei, Tasks schnell zu erledigen. Immerhin haben Krisen meist einen unerwarteten Charakter und es geht dabei oft um wenige Minuten, in denen du sehr schnell reagieren musst. Da geht es nicht darum, ein lyrisches Meisterwerk zu verfassen, sondern darum, dass rasch ein Text da ist. Und so einen kann die KI theoretisch innerhalb von 20 Sekunden skizzieren. Aber im Grunde sind übergeordnete Entscheidungen in der Krise aktuell etwas hundert Prozent Menschliches.
Kaitán: Welche Faktoren halten Sie für besonders maßgeblich für einen erfolgreichen Umgang mit der KI in den Public Relations?
Hable: Auf persönlicher Ebene ist das Interesse, sich damit zu beschäftigen, wichtig. Das Wissen und die Genauigkeit, dass man die KI richtig anwendet. Auf Unternehmensebene ist es das Schulungsthema, also dass Mitarbeiter*innen im Umgang mit den Tools geschult sind.
Kaitán: Was wollen Sie den Leser*innen abschließend zu diesem Thema mitgeben?
Hable: Probiert es aus! Beschäftigt euch mit dem Thema. Es ist so wichtig, dass man ein Leben lang dabeibleibt und man kann außerdem viel Spaß damit haben.
PR 2.0: Wie Künstliche Intelligenz die PR-Landschaft neu definiert
Was KI in der täglichen PR-Arbeit wirklich kann, wo sie hilft, wo sie nur stört und wieso Jobängste unbegründet sind, erklärt PR-Experte Michael Leitner.
Denise Pummer: Als Geschäftsführer der Agentur Public Health PR, integrieren Sie KI in die tägliche Arbeit Ihrer Agentur? Und wenn ja, wie?
Michael Leitner: Ja, das tun wir in den letzten Monaten immer intensiver. Wir nutzen sowohl textbasierte als auch visuelle KI. Genauer gesagt Chat GPT und Midjourney. Beides hauptsächlich als Ideenlieferant und Vorstufe zum Texten, denn so wie die beiden Tools im Augenblick funktionieren, ist sehr viel Nacharbeit nötig. Es ist trotzdem hilfreich, am Anfang eine Art Struktur zu haben. Gerade wenn es darum geht, standardisierte Texte, die bestimmten Formen entsprechen müssen, oder die bestimmte Längen haben müssen, zu formulieren. Für all das ist KI gut und in dem Bereich nutzen wir sie auch gerne. Jedoch darf der Grad der Effizienzsteigerung nicht überschätzt werden, da es immer noch Probleme gibt.
Pummer: Es gibt ja mittlerweile die Kritik, dass KI dazu neigt, Inhalte zu standardisieren und zu homogenisieren: Wie kann man Ihrer Meinung nach sicherstellen, dass PR-Kampagnen, die auf KI basieren, immer noch eine authentische Stimme und individuelle Ansprache bewahren?
Leitner: Für mich ist ganz klar, dass wenn ich mit KI arbeite, ich sehr viel vorgeben muss. Ich gebe vor, auf welche Art und Weise KI den Inhalt ändern soll, damit sie nicht auf die Idee kommt, mir alles in ähnlicher Form zu präsentieren. Sehr hilfreich ist Chat GPT, wenn es darum geht, etwas in einfacher Sprache zu erklären. Aber was bei KI natürlich passiert ist, dass die Menschlichkeit verloren geht. Und was ich auch erlebe, ist, dass die Dramaturgie, der Aufbau eines Spannungsbogens, all das, was eine Geschichte, runder, schöner und charmanter macht, nachträglich von uns eingespielt werden muss. Es braucht den Menschen, um eine authentische Stimme und individuelle Ansprache zu bewahren.
Pummer: Fragen auch Kund*innen gezielt nach der Nutzung von KI in Ihrer Arbeit?
Leitner: Ja, es gibt zwei Aspekte nach denen gefragt wird. Erstens kommt oft die Frage, ob wir für einen Text KI benutzt haben. Vermehrt tritt dies auf, wenn der/die Kund*in mit dem Ergebnis unzufrieden ist. Zweitens hört man häufig den Gedanken: "Ihr habt ja KI, das könnt ihr ja sofort machen." Es wird zunehmend vernachlässigt, dass die Erstellung eines qualitativ hochwertigen Textes immer noch Zeit und Sorgfalt erfordert, selbst wenn KI eingesetzt wird. Die Anpassung, Optimierung und Sicherstellung der nötigen Qualität beanspruchen genauso viel Zeit, wie beim Texten ohne KI. Zusätzlich kann die Verwendung von KI oft zu einem zeitlichen Mehraufwand führen. Insbesondere wenn man bereits mit einem Thema vertraut ist, da man teils mehr Erfahrung in dieser Nische hat, als die KI selbst. Außerdem benutzen diverse KI-Modelle veraltete Daten.
Pummer: Zu Ihrem Job als Lektor an der Universität Wien: Haben Sie das Thema KI auch schon in Ihren persönlichen Lehrplan integriert?
Leitner: Wir wurden vom Institut schon gebeten, in der Lehrveranstaltungsbeschreibung anzugeben, ob Studierende KI in der Lehrveranstaltung verwenden dürfen und wenn, in welchem Ausmaß. Ich habe angegeben, dass es verwendet werden darf, da es schon Teil der PR-Arbeit geworden ist, sich mit KI auseinanderzusetzen. Die Studierenden dürfen nicht vergessen, dass es die Verpflichtung zur Überprüfung der Inhalte gibt. Zudem habe ich für dieses Semester in einer Lehrveranstaltung eine Einheit eingeplant, in der wir gezielt über die Verwendungen von KI sprechen werden. Aber das ist ein kleiner Teil meiner Veranstaltung. Insgesamt 45 Minuten Inhalt, da ich trotzdem noch die anderen Themen transportieren muss.
Pummer: Haben Sie das Gefühl, dass Studierende Schwierigkeiten haben, Schritt zu halten, in Bezug auf KI? Oder sich gar um ihren zukünftigen Arbeitsplatz
Sorgen machen?
Leitner: Digital Natives, die jetzt studieren, sind so mit ihren elektronischen Devices verbunden, dass diese die
ersten sind, die gut prompten - also richtig mit der KI kommunizieren - lernen. Sie werden die Ersten sein, die diese neue Technik auch für ganz andere Sachen verwenden werden; ihre ersten Metal-Songs schreiben lassen oder ähnliches. Ich glaube, dass junge Menschen einfach einen entspannteren Zugang zum Thema KI haben.
Genau das wird auch ihre Chance am Arbeitsmarkt sein: Sie wenden sich dieser Technik unvoreingenommen zu.
Meine Generation hat eher das Problem, dass sie denkt: Wir haben alles immer auf eine bestimmte Art gemacht und jetzt müssen wir plötzlich etwas Neues lernen. Ich glaube, dass das für Studierende überhaupt kein Thema ist und dass es für ihren beruflichen Werdegang wichtig ist, sich bereits im Studium mit Künstlicher Intelligenz auseinanderzusetzen.
Pummer: Glauben Sie, dass sich die zukünftigen PRProfis durch die verstärkte Nutzung von KI Sorgen um ihre Jobs machen müssen?
Leitner: Ich glaube, dass sich die PR durch KI ändern bzw. anders aufstellen wird. Aber das passiert schon seit dem Beginn von Social Media. PR ist ein viel technischeres Handwerk geworden als früher. Heutzutage müssen wir uns viel mehr mit Zahlen und Daten auseinandersetzen und dadurch geht die Menschlichkeit in der Branche ein bisschen verloren. Bei Public Relations geht es, wie der Name schon sagt, um menschliche Beziehungen zueinander. Wenn der Fokus ausschließlich auf der Erzeugung vieler Posts & Likes liegt und auf dem Streben nach mehr Follower*innen, empfinde ich diese Herangehensweise teilweise als zu bürokratisch, um sie wirklich spannend zu finden.
Pummer: Welche Fähigkeiten müssen Profis jetzt in der Ausbildung entwickeln, damit sie dann effektiv mit KI umgehen können?
Leitner: Im universitären Bereich sollte es auf jeden Fall eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Thema geben. Ich glaube, dass viel Handwerkszeug durch praxisorientierte Lehrveranstaltungen zusätzlich auf der Universität vermittelt werden kann. Zudem sollte auch die intel-
Michael Leitner startete seine Karriere als Jurist, wechselte vor über 25 Jahren die Branche und ist mittlerweile Geschäftsführer & Eigentümer der Agentur Public Health PR. Zudem ist er der Universität Wien seit seinem Masterabschluss treu geblieben und als Lektor am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften tätig.
lektuelle Auseinandersetzung ein wesentlicher Bestandteil eines jeden Studiums sein, um das kritische Denken zu fördern. Es ist wichtig, dass beide Aspekte in jedem Studium Berücksichtigung finden. Bitte nicht nur möglichst viel lernen, sondern vor allem den Überblick bewahren und mitdenken, was gut und richtig ist. Ich habe die Diplomarbeit eines Studenten betreut, der darüber geschrieben hat, wie viele Social-MediaKanäle schon wieder verschwunden sind. Ähnliche Phänomene erwarte ich auch bei vielen KI-Tools. Insofern glaube ich, ist es wichtiger, generell Vieles auszuprobieren und sich für das zu entscheiden, was in der täglichen Arbeit eine Zeitersparnis und eine Effizienzsteigerung bringt. Aber auch immer kritisch zu erwarten, dass morgen etwas ganz Neues auftauchen kann.
Pummer: Können Sie uns noch einen Ratschlag geben, wie aktuelle und zukünftige PR-Profis und Studierende sich auf die bevorstehende Ära vorbereiten können?
Leitner: Seien sie bereit, PR als einen Job zu verstehen, bei dem man immer zu den Vorreiter*innen gehören sollte. Immer versuchen sollte, etwas Neues auszuprobieren: So wie es noch immer gut ist, wenn wir jedes neue Lokal in Wien kennen, um unsere Kund*innen zu beeindrucken oder die neuste Pressekonferenz-Location anzubieten. Genauso ist es auch wichtig, jedes neue Tool mit offenen Armen zu begrüßen und sich dann dafür oder dagegen zu entscheiden. Diese Offenheit, diese Neugier ist etwas, was für PR-Menschen immer wichtig bleibt und immer eine Chance ist, neue, spannende Jobs in der PR zu finden.
„Wir lassen Prompts für Midjourney in Chat GPT generieren“
Johanna Milani leitet eine Marketingagentur und nützt
Künstliche Intelligenz für ihre tägliche Arbeit. Sie steht für den Wandel in eine neues Zeitalter der Contenterstellung.
Nina Rath: Sie sind Geschäftsführerin der TikTok- und Online-Agentur „Marketingfuchs“. Können Sie uns etwas über Ihren beruflichen Werdegang erzählen?
Johanna Milani: Nach meiner Ausbildung im Bereich Informationstechnologie arbeitete ich als Grafikerin und Assistentin, doch der Wunsch nach kreativer Mitgestaltung führte mich zur Weiterbildung in PR und Marketing. Praktische Erfahrungen haben ich im Online-Marketing eines IT-Start-Ups gesammelt und meine Expertise als Online-Marketing-Managerin in einem E-CommerceUnternehmen in Wels vertieft. Um mein Fachwissen im Marketing zu vertiefen bzw. zu festigen, begann ich ein berufsbegleitendes Studium in „Marketing & E-Business“, das schlussendlich auch der Grundstein für die Selbstständigkeit war.
Rath: Was hat Sie dazu motiviert, Marketingfuchs zu gründen und wie hat sich die Idee dazu entwickelt?
Milani: Gemeinsam mit meinem Mann habe ich 2019 die Marketingagentur gegründet, indem wir unsere Jobs aufgaben, um diesen Traum zu verfolgen. Ziel war es, zu wachsen und mit einem jungen Team zu arbeiten. Mittlerweile zählt unser Team acht Mitglieder und wir hatten das Glück, früh mit namhaften Kunden zu arbeiten. Unser Schwerpunkt liegt auf Online-Marketing, insbesondere auf Webseiten, Social Media und Content Produktion, wobei wir stets aktuelle Trends wie TikTok, KI und Co. ebenso einbinden.
Rath: Wie haben Ihre Erfahrungen in anderen Branchen Ihre Sichtweise auf Marketing und Contenterstellung beeinflusst?
Milani: Erfahrungen aus verschiedenen Bereichen helfen uns, unsere Kunden und ihre Produkte besser zu verstehen und verhindern, dass wir betriebsblind werden. Deshalb ist es uns wichtig, stets eine Perspektive von außen einzunehmen und offen für neue, kreative Ideen zu bleiben.
Rath: Welche spezifischen KI-Tools und -Technologien werden bei Marketingfuchs verwendet?
Milani: Unsere Mitarbeiter und auch ich nutzen bereits täglich verschiedene Tools wie ChatGPT, Midjourney und viele andere. Es existiert eine breite Palette von Anwendungen für vielfältige KI-Lösungen. Wir arbeiten auch über verschiedene Tools hinweg zusammen. Ein Beispiel hierfür ist, dass wir Prompts für Midjourney in Chat GPT generieren lassen.
Rath: Wie haben diese Tools die Art und Weise verändert, wie Sie Content erstellen und optimieren?
Milani: KI hat es uns ermöglicht, Inhalte wie Texte, Grafiken und Videos schneller und in höherer Menge zu erstellen, ohne Einbußen bei der Qualität. Dadurch hat sich unsere Contentproduktion verbessert bzw. konnten wir effizienter sein.
Rath: Welche Vorteile sehen Sie in der Nutzung von KI für die Contenterstellung und -optimierung im Vergleich zu traditionelleren Methoden?
Milani: In der Tat ist es bereits jetzt schwer, sich eine Zeit ohne den Einsatz von KI vorzustellen. KI verbessert die Contenterstellung durch Effizienzsteigerung, Personalisierung, Echtzeit-Analyse, Konsistenz, Kosteneinsparungen und Skalierbarkeit. Dies führt zu produktiverem Arbeiten, relevanteren Inhalten und schnellerer Anpassung an Veränderungen im Markt und Kundenverhalten.
Welche Herausforderungen gibt es beim Einsatz von KI in diesem Bereich und wie gehen Sie bei Marketingfuchs damit um?
Milani: Marketingfuchs nutzt KI für effizientere Contenterstellung, stellt dabei aber Qualität, Ethik und Datenschutz sicher. Wir trainieren unsere KI stetig weiter und behalten die menschliche Kontrolle, um unsere Dienste zu verbessern und unseren Kunden die besten KI-Vorteile zu bieten.
Rath: Gibt es bestimmte Ergebnisse oder Erfolgsgeschichten, die Sie teilen können?
Milani: Wir haben schon spannende KI-Projekte durchgeführt und dabei gelernt, wie KI unsere
Arbeit effizienter macht und uns hilft, Inhalte genau auf Kunden abzustimmen. Wir lernen ständig dazu, um mit KI noch bessere Lösungen zu entwickeln, und sind begeistert von den zukünftigen Möglichkeiten dieser Technologie.
Rath: Wie unterstützt KI bei der Arbeit mit Kund*innen?
Milani: Marketingfuchs integriert KI-gestützte Contenterstellung in die Marketingstrategien seiner Kunden auf verschiedene Weisen. Dies umfasst vor allem die Personalisierung von Inhalten. Außerdem führt die automatisierten Contenterstellung dazu, dass Kunden Zeit und Ressourcen sparen können, um sich auf strategische Aspekte ihres Marketings zu konzentrieren.
Rath: Welche Art von Content kann durch KI optimiert werden und welche Art von Ergebnissen können Kunden erwarten?
Milani: KI verbessert Contenterstellung durch SEOoptimierte Texte, gestaltet visuelle Medien und unterstützt Video-Produktion inklusive Untertiteln und Übersetzungen. Sie ermöglicht zudem Echtzeitanalysen für tiefere Einblicke. Von KI-Einsatz profitieren Kunden durch Zeitersparnis, hochwertigen und personalisierten Content sowie bessere MarketingPerformance. Effektive KI-Nutzung in PR und Marketing setzt dennoch eine strategische Planung voraus, bei der Marketingfuchs gerne unterstützt.
Rath: Wie reagieren Kund*innen auf die Nutzung von KI? Wollen sie das? Gibt es Aversionen? Erfahren Sie überhaupt davon?
Milani: Die Kundenreaktionen auf künstliche Intelligenz variieren. Einige schätzen die Effizienz und Personalisierung, während andere möglicherweise nicht wissen, dass KI im Hintergrund aktiv ist. Einige haben auch Sorgen wegen Datenschutz und Ethik. Wichtig ist, offen über KI zu reden, ihre Vorteile aufzuzeigen und Bedenken zu nehmen. Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug, das Menschen bei der Arbeit unterstützt, sie aber nicht ersetzt. Wenn Kunden gut informiert sind und KI-Tools gut genutzt werden, werden sie auch akzeptiert.
Johanna Milani, Marketingexpertin aus dem Mühlviertel, gründete 2019 gemeinsam mit ihrem Ehemann Marco Milani eine Online-Agentur. Nach Erfahrungen in Web, Grafik und PR, entdeckte sie ihre Leidenschaft für OnlineMarketing. In ihrer Tätigkeit vereint sie fachliche Kompetenz mit familiärer Zusammenarbeit, um innovative Ideen und Projekte umzusetzen.
KI entwickelt sich rasant weiter. Wie bleibt Marketingfuchs auf dem neuesten Stand der Technik und wie sehen Sie die Zukunft der KI in der Contenterstellung und -optimierung?
Milani: Wir halten mit der schnellen Entwicklung in PR und Marketing Schritt, indem wir in stetig investieren, mit Partnern zusammenarbeiten, unser Team in z.B. KI weiterbilden und neue Trends beobachten. So bringen wir stets frische Ideen in unsere Arbeit ein. Wir sehen eine spannende Zukunft mit KI, wissen aber auch um die Herausforderungen die da mithergehen. Wir setzen uns dafür ein, KI verantwortungsbewusst zu nutzen und unseren Kunden zu helfen, die Vorteile dieser Technik für sich zu nutzen.
Rath: Gibt es bestimmte Branchen oder Arten von Unternehmen, für die die KI-gestützte Contenterstellung und -optimierung besonders vorteilhaft ist?
Milani: Die KI-gestützte Contenterstellung und -optimierung kann grundsätzlich in jeder Branche oder Art von Unternehmen vorteilhaft sein. Die Flexibilität von KI-Tools ermöglicht es, maßgeschneiderten Content für diverse Zielgruppen und Zwecke zu erstellen, sei es in der Gesundheitsbranche, im E-Commerce, in der Unterhaltungsindustrie oder in anderen Sektoren. Die Anpassungsfähigkeit von KI macht sie zu einem wertvollen Werkzeug.
Rath: Welche Ratschläge würden Sie Unternehmen geben, die überlegen, KI zur Contenterstellung und -optimierung einzusetzen?
Milani: Für erfolgreiche KI-Nutzung in Content und Marketing sind Strategie, klare Ziele und Anpassungsfähigkeit an neue Entwicklungen wichtig. So bleibt man aktuell und macht KI zum starken Tool, um definierte Marketingziele zu erfüllen.
Die Maschine als Muse
Kitti Heidt spricht mit „PRaktivium“ über ihre Arbeit als Content Creatorin & Influencerin und gibt Einblicke, wie Künstliche Intelligenz die Branche verändert und kreative Prozesse beeinflusst.
Selina Rutrecht: Integrieren Sie Künstliche Intelligenz in Ihrer Arbeit als Content Creatorin?
Kitti Heidt: Ich arbeite tatsächlich oft mit ChatGPT. Das ist eigentlich mein tagtäglicher Begleiter, nicht nur in der Arbeit, sondern auch privat. Besonders für die Kommunikation ist es mir eine große Hilfe, zum Beispiel wenn ich E-Mails oder Texte schreiben möchte. Da ist es einfacher zu sagen: so, ich brauche das und das. Wenn ich jetzt ein Video über ein Lockenprodukt mache möchte und ich benötige dafür einen Text für ein Voice-Over, dann schreibe ich die Vorteile des Produkts und andere Infos auf und sage, dass der Text 36 Sekunden lang sein soll. Natürlich schreibe ich diesen Text dann noch etwas um, denn ich möchte trotzdem noch authentisch bleiben. Aber diese KI-basierte Texterstellung ist für mich persönlich schon eine große Hilfe, vor allem, weil Deutsch nicht meine Muttersprache ist.
Rutrecht: Woher kommen Sie und wann haben Sie angefangen Deutsch zu sprechen?
Heidt: Als ich sechs Jahre alt war, bin ich hier her gezogen. Ich komme aus Ungarn und deshalb hilft mir die KI sehr weiter, da ich mir mit der Grammatik und der Rechtschreibung etwas schwertue. Aber ich bin sehr froh darüber, dass ich drei Sprachen kann, das ist natürlich immer ein Vorteil.
Rutrecht: Warum haben Sie sich dazu entschieden, KI in Ihren Arbeitsalltag im Social-Media-Bereich miteinzubeziehen?
Heidt: Ich habe davon von Leuten gehört, die auch in der Medienbranche tätig sind. Irgendwann habe ich ChatGPT eben ausprobiert und gemerkt: okay, wow, ich bin viel schneller damit. Und das habe ich dann aus zeitlichen Gründen einfach mehr in meine Arbeit integriert. Vor allem auch wegen der Inspiration, die die KI mir geben kann. Ich habe erst letztens den Befehl gegeben, die KI solle mir Ideen zu Haarvideos geben. Denn wenn man beispielsweise mit einem Unternehmen kooperiert und viele Videos dreht, in denen es um dieselben Produkte geht, braucht man oft einfach ein bisschen Inspiration. Das ist dann schon prak-
tisch. Obwohl es eine Hilfe ist, finde ich es aber teilweise immer noch ein bisschen oberflächlich.
Rutrecht: Gehen Sie auf Ihrem Account auch offen damit um, dass Sie KI verwenden?
Heidt: Wenn mich jemand fragen würde, ob ich KI für die Content-Creation verwende, würde ich natürlich auch zugeben, dass ich es oft als Hilfe für Texte oder als Inspiration benutze.
Rutrecht: Sie haben sich als Content Creatorin erst Anfang 2023 selbstständig gemacht. Wie lange nutzen Sie schon KI?
Heidt: Ich bin, glaube ich, zum selben Zeitpunkt selbstständig geworden, als die KI richtig populär geworden ist. Ich habe eigentlich gleich ein paar Wochen nach dem Einstieg in die Selbstständigkeit damit angefangen, mich da langsam ranzutasten.
Rutrecht: Und wie war Ihre Sicht zur KI, als Sie nur davon gehört hatten und bevor Sie sie dann zum ersten Mal benutzten?
Heidt: Ich hatte gemischte Gefühle, und die habe ich immer noch. Für die Bereiche, in denen ich die KI verwende, finde ich sie schon eher harmlos, aber wenn ich daran denke, was mit diesem mächtigen Werkzeug eigentlich alles passieren könnte, bin ich schon etwas skeptisch. Vor allem wenn es um Influencer geht. Da gibt es schon eigene „Schein-Influencer“, wo nur eine KI hinter dem Account steht. Wie gesagt bin ich zwar skeptisch, aber wenn es nur für kleine Sachen genutzt und nicht damit manipuliert wird, dann finde ich KI okay.
Rutrecht: Denken Sie, dass die KI in der Zukunft eine noch größere Rolle für Influencer*innen, vor allem in der Content-Erstellung, spielen wird?
Heidt: Ich denke, dass sie ein sehr großer Begleiter sein wird. Jedoch finde ich auch, dass man es teilweise merkt, wenn Content rein durch KI erstellt wurde. Aber mittlerweile wird es immer schwieriger das zu unterscheiden - das werden viele Leute nutzen, um Reichweite zu generieren und Follower aufzubauen. Generell auf TikTok und Ins-
tagram, aber auch überall, wo Geld mit Aufrufen verdient werden kann, wird das auf jeden Fall stärker genutzt werden.
Rutrecht: Wie sehen Sie Ihre zukünftige Rolle als Content Creatorin in einer Welt, die immer stärker von KI geprägt ist? Welche Veränderungen erwarten Sie, auch im Hinblick auf steigende Konkurrenz?
Heidt: Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass es durch die KI mehr Konkurrenz geben wird. Da zählt die Persönlichkeit schon sehr. Ich bin vielleicht auch ein wenig naiv, aber ich hoffe dann schon darauf, dass der Charakter und die eigene Persönlichkeit doch stärker sind als Künstliche Intelligenz. Da kann ich mir nicht vorstellen, dass das irgendwann komplett eine KI übernehmen wird.
Rutrecht: Wir haben bereits kurz die KI-generierten Influencer*innen, also Influencer*innen, die keine richtigen Menschen sind, angesprochen. Wie finden Sie diese Entwicklung?
Heidt: Ich finde es furchtbar. Ich glaube nicht, dass das irgendwie funktionieren wird - nicht in dieser menschlichen Form jedenfalls. Vielleicht reden wir in 20 Jahren noch einmal darüber, dann sieht die ganze Sache vielleicht schon anders aus. Es ist auch schwierig, wie die neue Generation sich da entwickelt. Ich persönlich bin mit meinen 26 Jahren glaube ich schon zu alt dafür. Ich bin eher für echte Menschen als für Roboter. Es wäre auch schlimm, wenn unsere Kinder dann solche Technologien als Vorbilder ansehen würden, finde ich.
Rutrecht: Wie gehen Sie mit der Idee um, dass KI-basierte Influencer*innen möglicherweise menschliche Influencer*innen ersetzen könnten?
Heidt: Ich glaube, das würde wenn dann nicht bei jeder Nische passieren. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass es etwa im Modebereich funktionieren könnte. Da macht es wahrscheinlich keinen Unterschied, ob man Models anschaut oder eine KI. Aber wenn mir eine KI zeigen möchte, wie man seine Locken stylt, dann finde ich das unglaubwürdig. Denn die KI kann die Produkte ja nicht angreifen und ausprobieren. In dem Bereich
Kitti Heidt, gelernte Einzelhandelskauffrau & Kosmetikerin aus Wien, ist seit Beginn 2023 als selbstständige Content Creatorin und Influencerin auf Instagram tätig. Mit ihrem Instagram-Account „@dalmalaluna“ konzentriert sie sich auf lockige Haare und unterhält damit mehr als 200.000 Follower*innen mit Pflegetipps und mehr.
denke ich dann nicht, dass sie einen Menschen ersetzen könnte.
Rutrecht: Als Influencer*in hat man eine Vorbildfunktion und ist damit auch ein PR-Tool für Unternehmen. Gibt es hier Bedenken, dass es aufgrund von KI zu Verfälschungen kommen könnte?
Heidt: Ich habe ja schon erwähnt, dass man irgendwie merkt, wenn die Menschlichkeit fehlt. Aber Content Creation ist generell schwierig, vor allem, wenn man es nur für Firmen macht, und es gar nicht auf die eigene Seite gepostet wird. Da kann ich mir schon vorstellen, dass KI noch mehr ausgenutzt wird, als wenn man sich eben für sich selbst präsentiert. Was generell kritisch anzusehen ist, ist, ob man wirklich für die Produkte steht oder ob nur Geld dahintersteckt. Mir wäre bis jetzt aber noch nicht aufgefallen, dass eine Firma im Briefing sagt „Bitte keine KI verwenden“. Vielleicht kommt das in Zukunft noch.
Rutrecht: In Ihrem Job ist Kreativität eigentlich ein Muss. Sehen Sie ein Risiko, dass es durch zu intensive KI-Nutzung einen Kreativitätsverlust geben könnte? Heidt: Natürlich kann die Kreativität mit der Zeit verloren gehen, einfach aus Bequemlichkeit. Davor habe ich auch ein bisschen Angst. Ich persönlich mache mir dann schon Gedanken über die Vorschläge der KI und bis jetzt konnte die KI den Content auch noch nicht so umsetzen, wie ich ihn gerne hätte. Da gebe ich meistens noch meinen Senf dazu. Künstliche Intelligenz hat eben ihre Vor- und Nachteile. Für Menschen, die nicht kreativ sind, kann sie definitiv von Vorteil sein. Sie könnten dadurch die Chance bekommen, mit Hilfe von KI kreativ zu werden oder ihre Kreativität wiederzufinden.
Die rechtliche Dimension der KI-Nutzung in den Public Relations
Wie können PR-Fachleute ethisch konform mit Künstlicher Intelligenz umgehen? Gabriela Mair, PR-Expertin und KI-Trainerin, über rechtliche Herausforderungen und die Bedeutung von Datenschutz und Transparenz.
Klara Vollenwyder: Welche rechtlichen Herausforderungen ergeben sich bei der Nutzung von KI in der PR?
Gabriela Mair: Es sind zahlreiche rechtliche Herausforderungen zu beachten. Datenschutz und Datensicherheit stehen an vorderster Stelle. Zudem ist die Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen unerlässlich. Die Verantwortlichkeit für Fehler und Schäden durch KI in der PR ist ein erst noch zu klärendes Thema. Außerdem ist es entscheidend, sicherzustellen, dass KI-Systeme keine voreingenommenen oder diskriminierenden Entscheidungen treffen. Verschiedene Tests haben ja gezeigt, dass solche Probleme existieren.
Vollenwyder: Welche Rolle spielt Datenschutz bei der Benützung Künstlicher Intelligenz in der PR?
Mair: Grundsätzlich ist es wichtig zu verstehen, dass KIModelle wie ChatGPT auf trainierten Daten basieren. Diese Daten stammen aus verschiedenen Quellen und gehörten ursprünglich anderen Personen oder Unternehmen. ChatGPT selbst ist ein Produkt von OpenAI, einem privaten Unternehmen. Hier ergeben sich bereits rechtliche Fragen, da die Verwendung dieser Daten oft ohne genaue Angaben zur Herkunft erfolgt. Es ist wahrscheinlich, dass urheberrechtlich geschützte Werke in den Trainingsdaten enthalten sind. Das wird deutlich, wenn man KI-Bilder erstellt, zum Beispiel mit dem Tool Midjourney. Wenn beispielsweise der Prompt (die Anweisung an die KI) "Erstelle ein Bild im Stil von Picasso" lautet, wird schnell ersichtlich, dass die KI durch Bilder von Picasso trainiert wurde. Des Weiteren sollte man wissen, dass, wenn man KI-Tools nutzt, die eingegebenen Texte standardmäßig in die Trainingsdaten einfließen - es sei denn, man deaktiviert das in den Einstellungen. Nutzer*innen sollten sich darüber im Klaren sein, dass man keine persönlichen oder sensiblen Daten eingeben sollte. Für Unternehmen kann dies eine Herausforderung darstellen. Denn ChatGPT zum Beispiel ist hauptsächlich als Produkt für Verbraucher*innen konzipiert. Daher gibt es keine zentrale Kontrolle seitens des Unternehmens. Somit können dann nicht nur personenbezogene
Daten, sondern auch Firmendaten, Kund*innendaten oder gar Firmengeheimnisse in den Trainingsdaten landen. Es gibt jedoch auch Lösungen, um diese Risiken zu minimieren. Ein Beispiel ist Neuroflash, das die API von ChatGPT nutzt, ohne persönliche oder sensible Daten weiterzugeben.
Vollenwyder: Welche Herausforderungen sehen Sie in Bezug auf die transparente Kennzeichnung von KIgenerierten Inhalten?
Mair: Transparenz und Offenlegung ist ein sehr aktuelles Diskussionsthema im Zusammenhang mit KI. Microsoft und Adobe haben eine Transparenzinitiative vorgeschlagen, bei der ein Transparenzsymbol ähnlich einer Nährwerttabelle verwendet wird. Es soll zeigen, wie viel KI in einem Werk enthalten ist. Dies kann jedoch für Nutzer*innen problematisch sein. Da KI in vielen Tools integriert ist, ist es schwierig, das Verhältnis zwischen menschlicher Kreativität und KI zu bestimmen. Die Festlegung und Offenlegung dieses Verhältnisses kann also komplex sein und sollte möglicherweise systemseitig durch das jeweilige Tool erfolgen. Die automatische Auswertung nach Parametern könnte eine Lösung sein. Dennoch stellt sich die Frage, ob diese Offenlegung sinnvoll ist, insbesondere angesichts der bevorstehenden autonomen Agenten, wie sie etwa von OpenAI angekündigt, aber noch nicht realisiert worden sind. Es ist fraglich, ob es sinnvoll ist, auf kreativen Werken, die von KI erstellt wurden, ein "100% KI"-Label anzubringen. Denn dies weist nicht zwangsläufig auf mangelnde Qualität hin.
Vollenwyderr: Welche Urheberrechtsfragen ergeben sich bei der Nutzung von KI-Inhalten?
Mair: Die Frage nach dem Urheberrecht und der Anerkennung von KI-generierten Kreationen wirft noch viele Fragen auf. Das verdeutlicht ein Urteil des US Copyright Offices im Fall von Midjourney-Bildern. In diesem Fall gab die Nutzerin viele Anweisungen an die KI, um Bilder zu generieren, wobei sie persönlichen Input einbrachte. Dennoch erkannte das Gericht ihr kein Urheberrecht an.
Aktuelle Prozesse und Rechtsprechungen deuten darauf hin, dass es noch keine klare Lösung für dieses Problem gibt.
Vollenwyder: Welche Empfehlungen haben Sie für PRFachleute, um rechtliche Fallstricke bei der Implementierung von KI zu vermeiden?
Mair: Ich empfehle, keine sensiblen Daten einzugeben und jedes Ergebnis sorgfältig zu überprüfen. ChatGPT neigt manchmal dazu, fantasievolle Antworten zu generieren, die problematisch sein können, wenn sie ohne Prüfung verwendet werden. Um sicherzustellen, dass die generierten Inhalte korrekt sind, ist Fachwissen und Expertise in dem relevanten Bereich erforderlich. In Bezug auf Bilder und rechtliche Fragen empfehle ich, sich an etablierte Plattformen wie Adobe oder ähnliche Unternehmen zu wenden. Diese bieten eine gewisse rechtliche Absicherung. PR-Verantwortliche sollten auch unbedingt Plagiatsprüfungen durchführen, da KI nicht vor Plagiaten zurückschreckt. Die Kontrolle auf Originalität ist also von großer Bedeutung.
Vollenwyder: Wie sollte man auf Fehlentscheidungen oder unerwünschte Ergebnisse der KI reagieren?
Mair: Wenn während der Generierung von Inhalten beispielsweise ein Plagiat erkannt wird, ist es logisch, es nicht zu verwenden. Damit vermeidet man rechtliche Probleme. Falls die Inhalte bereits veröffentlicht wurden, könnte dies zu Klagen oder Anwaltsschreiben führen. In solchen Fällen ist die Zusammenarbeit mit Rechtsexpert*innen ratsam, um das weitere Vorgehen zu klären. Transparenz ist hier entscheidend. Veröffentlichte Texte sollten umgehend entfernt, Entschuldigungen ausgesprochen und Richtigstellungen vorgenommen werden. Es ist wichtig, den Prozess und die Gründe transparent darzulegen, statt zu versuchen, etwas zu verbergen. In der Krisenkommunikation haben sich Verschleierungsstrategien noch nie bewährt und können den Ruf schädigen. Offenheit, Ehrlichkeit und das Versprechen von Besserung sind die besten Maßnahmen in solchen Situationen.
Gabriela Mair verfügt über fast 30 Jahre PR-Erfahrung, vor allem in der Telekomm- und IT-Branche. Seit elf Jahren ist sie freiberuflich tätig (ProComm) und betreut IT-, Pharma- und Gesundheitsunternehmen in der DACH-Region. Sie setzt sich intensiv mit KI in der PR auseinander und hat eine Ausbildung zur KI-Trainerin absolviert.
Vollenwyder: Braucht es in Zukunft eine Reihe von Gesetzen, die die Nutzung von Künstlicher Intelligenz stärker regeln?
Mair: Die Einführung eines rechtlichen Rahmens für KI ist zwar komplex, aber dennoch notwendig. Sie bietet Rechtssicherheit und klare Standards, an denen sich Unternehmen orientieren können. Kund*innen werden zunehmend Sicherheit und Standards in Bezug auf KI einfordern, ähnlich wie es in anderen Branchen bereits der Fall ist. Dies wird dazu beitragen, Wettbewerbsfähigkeit und Transparenz in der KI-Nutzung zu gewährleisten.
Vollenwyder: Welche Ressourcen oder Ansprechpartner*innen empfehlen Sie PR-Fachleuten, die mehr über die rechtlichen und ethischen Aspekte der KI-Nutzung in der PR erfahren möchten?
Mair: Es gibt bereits Ressourcen, die als Referenzpunkte dienen können. Dazu zählen die Stellungnahme des deutschen Ethikrats, der Leitfaden des österreichischen PREthikrats und die UNESCO-Empfehlungen zur Ethik der KI in Deutschland. Diese geben wertvolle Orientierung, sind jedoch keine verbindlichen Vorgaben. Des Weiteren gibt es auch erste Schritte in Richtung ethischer Standards und Selbstverpflichtungen, wie es die BBC gemacht hat. Solche Stellungnahmen kann man sich auch anschauen. Die Beobachtung aktueller Entwicklungen in diesem Bereich ist unerlässlich. Google Alerts sind eine nützliche Methode, um auf dem Laufenden zu bleiben. Weltweit wird über Regulierungen für KI-Plattformen diskutiert, da sie für viele Menschen von großer Bedeutung sind. Es ist wichtig, zu beobachten, wie sich diese Diskussionen entwickeln, da sie rechtliche Konsequenzen haben können. Die Entwicklung spezialisierter Agenturen mit Berater*innen für ethische und rechtliche Fragen im Zusammenhang mit KI ist absehbar. Kontinuierliche Schulungen und die Einstellung von KI-ComplianceManager*innen in Unternehmen sind erforderlich. Damit kann sichergestellt werden, dass sie rechtskonform handeln und den steigenden Anforderungen und Veränderungen im Bereich der KI gerecht werden.
KI in der Gesundheitskommunikation - Ja, aber …
Christian Hartl, seit 2017 Pressesprecher des Roten Kreuz Obeösterreich, sprach mit „PRaktivium“ über den Einsatz von KI in der Gesundheitsbranche. Welche Voraussetzungen gibt es für den Einsatz von KI und warum sollte man bei gewissen Dingen lieber darauf verzichten?
Johannes Weger: Seit 2017 sind Sie Pressesprecher des Roten Kreuz Oberösterreich. Könnten Sie uns einen kurzen Einblick in Ihre täglichen Aufgaben geben?
Christian Hartl: Diese sind sehr vielfältig und umfassen sowohl externe als auch interne Kommunikationsaktivitäten. Im Bereich der externen Kommunikation bin ich für das Erstellen und Versenden von Presseaussendungen, die Organisation von Pressekonferenzen und die Bereitstellung von Unterlagen für Medienvertreter verantwortlich. Darüber hinaus stehe ich für Anfragen von Journalisten zur Verfügung, insbesondere wenn es um detaillierte Informationen zu verschiedenen Themen des Roten Kreuzes geht. Im Bereich der internen Kommunikation liegt mein Fokus auf der Informationsvermittlung an unsere etwa 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie an unsere 177.000 Mitglieder. Diese erfolgt über verschiedene Online- und Printkanäle, wobei ich hauptsächlich für die Printprodukte zuständig bin.
Weger: Die Pressearbeit ist, wie Sie gerade erwähnt haben, ein zentraler Bestandteil Ihrer Aufgaben. Wie viele Presseaussendungen werden jährlich an die diversen Medienvertreter*innen verschickt?
Hartl: Wir verschicken zirka 60 bis 70 Presseaussendungen pro Jahr, je nach den Anforderungen und den verschiedenen Ereignissen, die eine Kommunikation mit der Öffentlichkeit erfordern.
Weger: Können Sie einige beispielhafte Anlässe nennen?
Hartl: Unsere Presseaussendungen decken eine breite Palette von Themen ab, insbesondere im Zusammenhang mit den Leistungsbereichen des Roten Kreuzes Oberösterreich. Dazu gehören spezielle Anlässe wie Welttage, Feiertage oder selbstkreierte Tage, die sich auf bestimmte Aspekte unserer Arbeit beziehen. Beispielhaft wäre der Welt-Rotkreuztag am 8. Mai oder der Tag des Notrufs, der passenderweise am 14. April (14.4.) stattfindet. Außerdem informieren wir die Öffentlichkeit über wichtige Neuerungen und Innovationen, die im Rahmen unserer Organisation umgesetzt werden.
Weger: Wie gehen Sie mit akuten Ereignissen um, die eine sofortige Pressemitteilung erfordern?
Hartl: Bei akuten Ereignissen ist eine schnelle Reaktion von entscheidender Bedeutung. Wir streben an, Presseaussendungen so schnell wie möglich, idealerweise innerhalb von zwei Stunden nach einem Ereignis, zu versenden. Das erfordert eine effiziente Koordination und Kommunikation innerhalb unseres Teams. Auch andere relevante Stellen, wie Geschäftsleitung und Präsidium, werden mit einbezogen, um sicherzustellen, dass wir präzise Informationen bereitstellen.
Weger: Sie arbeiten jetzt schon länger in dieser Branche. Wie hat sich Ihrer Meinung nach das Presseumfeld in den letzten Jahren verändert?
Hartl: Das Presseumfeld hat sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Der größte Wandel ist der Übergang von Print- zu Online-Medien. Dieser Wechsel hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Online-Medien ermöglichen eine schnellere und breitere Verbreitung von Informationen. Aber die Flut von Online-Inhalten kann auch zu Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung der Qualität und Glaubwürdigkeit führen.
Weger: Sie sprechen den Faktor Online-Medien an. Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) ist ein heißes Thema in vielen Bereichen. Nutzen Sie KI-Anwendungen in Ihrer täglichen Arbeit?
Hartl: Ja, ich nutze KI-Anwendungen wie ChatGPT, Bing Messenger und DeepL Write, um meine Arbeit zu unterstützen. ChatGPT und Bing Messenger sind besonders nützlich für die kreative Themenfindung. Zur stilistischen Überarbeitung von Texten nutze ich die Funktion von DeepL. Diese Systeme bieten wertvolle Anstöße für den weiteren redaktionellen Prozess, ersetzen aber keineswegs das Wording. Aber natürlich bin ich immer auf der Suche nach weiteren Tools, um die Prozesse und die Qualität zu verbessern.
Weger: Welche Risiken sehen Sie in Bezug auf die Verwendung von KI in der Erstellung und Verbreitung von Presseaussendungen, insbesondere im Gesundheitssektor?
Hartl: Das ist meiner Meinung nach der Faktor Quelle. Die Glaubwürdigkeit leidet darunter. Das bedeutet, man muss KI-erstellte Texte mehrfach nachprüfen. Das prüfende Auge des Erstellers wird und kann nie durch Maschinen ersetzt werden. Einen Algorithmus so zu trainieren, funktioniert möglicherweise, jedoch sind diese Systeme zurzeit noch nicht so weit. Ich habe keine Glaskugel, aber nach derzeitigem Stand glaube ich, dass man das menschliche, prüfende Auge über jeden Text schauen lassen muss, der von der KI erstellt wurde. Vor allem in Bezug auf Kernbotschaft, Glaubwürdigkeit und Tonalität, da diese bei jeder Organisation anders sind. Die Kernbotschaft der KI ist normalerweise nicht die Kernbotschaft, die das Unternehmen, die Organisation oder meinetwegen eine politische Partei nach außen tragen möchte.
Weger: Welche Voraussetzungen braucht es Ihrer Meinung nach, um effektiv und effizient mit KI zu arbeiten? Hartl: Um diese Anwendungen nutzen zu können, braucht man zunächst Lizenzen. Dann gilt es, die KI zu verstehen und zu wissen, wie diese grundsätzlich funktioniert. Als dritten Punkt benötigt es Medienkompetenz. Es hört aber nicht auf, nachdem man das Ergebnis von der KI bekommen hat. Man muss das Ergebnis einordnen, bewerten und sich selbst in die Lage versetzen, mit dem Ergebnis umgehen zu können und es richtig zu nutzen. Zudem braucht es eine geschulte und erfahrene Kontrollkomponente in Form eines*r Mitarbeiter*in. Diese*r überprüft die Faktoren Wording und Kernbotschaft oder fügt diese nachträglich ein. Darüber hinaus gilt es zu fragen: Müssen KI erstellte Texte in Zukunft gekennzeichnet werden?
Weger: Wo holen Sie sich Ihre Informationen und Ihr Knowhow?
Hartl: Einerseits greife ich auf Angebote von diversen Fachfortbildungen, die sich mit dem Thema beschäftigen, zurück. Andererseits ist es intrinsisches Interesse. Man will selbst wissen: Wie funktioniert das? Was sagen
Nach seiner Ausbildung zum Großhandelskaufmann entschied sich Christian Hartl, einen neuen Karriereweg einzuschlagen und sich seiner großen Leidenschaft, dem Schreiben, zu widmen. Nach einem Studium der Kommunikationswissenschaften arbeitete er mehrere Jahre als Journalist. Seit 2017 fungiert er als Pressesprechers des Oberösterreichischen Roten Kreuz.
Expert*innen dazu? Man muss sich ein eigenes Bild zu dem Thema machen und sich selbst weiterentwickeln. Man kann es mit einem Studium vergleichen: Dort bekommt man gewisse Vorgaben. Aber im Endeffekt muss man seine eigenen Schlüsse ziehen und selbst wissen, wie man mit dem Erlernten umgeht. Ich glaube, dass das bei KI genauso ist.
Weger: Welche Tipps würden Sie Studierenden in der PR-Branche oder im Journalismus geben?
Hartl: Kritisch sein. Man muss die Dinge kritisch hinterfragen. Das ist eine Sache, die man nie aus den Augen verlieren darf. Die KI, vor allem der Algorithmus, muss hinterfragt werden. Um Texte und Hintergründe zu verstehen, muss man kritisch sein. Ein Beispiel: Ich verschicke eine Pressemitteilung. Darin schreibe ich Dinge, die für uns als Rotes Kreuz wichtig sind. Der/die Empfänger*in hat nun die Möglichkeit, das zu übernehmen oder es in Frage zu stellen. Ich habe jahrelang im Journalismus gearbeitet und weiß, dass, wenn ein*e Pressevertreter*in einen PRText bekommt, dieser zu 99 Prozent die Sichtweise des*r Verfasser*in trägt. Es handelt sich also nie um eine rein objektive Nachricht, sondern immer auch um eine subjektive Meinung. Genauso glaube ich, dass wenn jemand etwas mit Hilfe von KI erstellt, auch eine subjektive Meinung des Algorithmus darin enthalten ist. Die KI wird mit Quellen gefüttert und damit auch mit Meinungen. Und sie vermischt diese Dinge. Weshalb die KI jetzt genau diese eine spezielle Quelle verwendet, weiß ja niemand.
Jetzt spricht der Algorithmus
17 PR-Profis kommen in diesem Magazin zu Wort und sprechen über Künstliche Intelligenz in der PR-Branche. Doch was sagt eigentlich die Künstliche Intelligenz selbst zu dem Thema? Chefredakteur Markus Feigl fragte nach.
Markus Feigl: ChatGPT, wie schätzt Du die Zukunft Künstlicher Intelligenz in der PR-Branche ein?
ChatGPT: KI wird Medienüberwachung und SentimentAnalyse verbessern, personalisierte Kommunikation ermöglichen, Chatbots in der Kundenkommunikation stärken und predictive Analytics für proaktive Strategien nutzen. Automatisierte Content-Erstellung und effektive Krisenkommunikation sind ebenfalls im Fokus. Ethik und Datenschutz bleiben dabei Schlüsselthemen für einen verantwortungsbewussten Einsatz von KI.
Feigl: Besteht die Gefahr, dass Künstliche Intelligenzen wie Du in Zukunft viele Arbeitsplätze in der PRBranche gefährden?
ChatGPT: Künstliche Intelligenz wird eher bestimmte Aufgaben automatisieren als Arbeitsplätze ersetzen. PRProfis müssen jedoch bereit sein, neue Fähigkeiten zu erlernen und menschenzentrierte Aspekte wie Kreativität und strategische Planung zu betonen, um den vollen Nutzen aus der Zusammenarbeit mit KI-Technologien zu ziehen.
Feigl: Ist es denn ethisch, Dich für die PR-Arbeit einzusetzen?
ChatGPT: Es ist entscheidend, sicherzustellen, dass Algorithmen transparent, fair und den Datenschutzbestimmungen entsprechend sind. Der Fokus sollte darauf liegen, Vertrauen zu wahren und sicherzustellen, dass KITechnologien die menschliche Urteilsfähigkeit ergänzen, anstatt sie zu ersetzen.
Feigl: Wann wird die Nutzung von KI in der PR Deiner Meinung nach unethisch?
ChatGPT: Der Einsatz von KI in der PR wird als unethisch betrachtet, wenn Algorithmen voreingenommen sind, diskriminierende Praktiken fördern oder die Privatsphäre der Menschen verletzen. Ebenso, wenn KISysteme ohne Transparenz arbeiten und die Entscheidungsfindung und Kontrolle vollständig aus der menschlichen Hand nehmen.
Feigl: Claude, Wenn ich für meine Firma Greenwashing betreiben würde, wärst Du mir dann behilflich?
Claude: Ich verstehe Ihr Anliegen, aber ich kann keine Handlungen unterstützen, die ethisch fragwürdig sind. Stattdessen empfehle ich, sich auf nachhaltige und transparente Geschäftspraktiken zu konzentrieren.
Feigl: Warum hilfst Du mir nicht?
Claude: Ich kann aus ethischen Gründen keine Empfehlungen oder Hilfe für Greenwashing oder andere irreführende Geschäftspraktiken geben. Stattdessen rate ich, sich auf ehrliche und transparente Kommunikation zu konzentrieren und die tatsächlichen Bemühungen um Nachhaltigkeit in den Vordergrund zu stellen.
Feigl: Claude, welche Trends sollte eine Kommunikationsagentur aktuell aufgreifen?
Claude: Themen wie Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Transparenz in der Unternehmenskommunikation stehen derzeit stark im Fokus der öffentlichen Diskussion. Ebenso technologische Entwicklungen wie KI, Digitale Services und virtuelle Welten.
Feigl: Bing, worauf sollten PR-Profis besonders achten, wenn sie Dich für ihre PR-Arbeit nutzen?
Bing: PR-Profis sollten besonders darauf achten, dass sie die Spielregeln und Verhaltenskodizes im Umgang mit Journalisten einhalten. Eine neue Umfrage zeigt, dass Journalisten und Content Creator zwar immer thematischen Input benötigen, aber auch mit einer extrem hohen Arbeitslast umgehen müssen. Entsprechend ist die Erwartung, nicht nur guten, sondern auch eine Masse an Output in Form von Beiträgen zu schaffen, sehr groß. Für die Recherche bleibt also nur wenig Zeit. Entsprechend setzen sie beim Erstellen ihrer Beiträge vor allem auf den Input aus der Pressearbeit von Unternehmen und Agenturen. Am bedeutendsten bleibt der Themen-Pitch am Telefon. Deswegen glänzen hier vor allem PR-Dienstleister mit sehr guten Kontakten in die Medienwelt.
Digital PR & Kommunikationsmanagement
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NEU: Start im Wintersemester 2024 mit digitalem Schwerpunkt
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