China im Wettlauf um Energie-Ressourcen China, mit nahezu 1,4 Milliarden Einwohnern, das bevölkerungsreichste Land der Welt, ist dank seiner rasant wachsenden Wirtschaft weltweit sowohl der größte Energieverbraucher als auch der größte Energieproduzent. Der steigende Wohlstand erhöht den Energiekonsum fortwährend und hat China zu einem der einflussreichsten „Player“ auf den Welt-Energiemärkten gemacht. Welche Strategien für die Zukunft hat China, um die ständig steigende Energienachfrage zu befriedigen und vor allem um die enormen energieabhängigen CO2-Emissionen zu verringern? In den vergangen Jahrzehnten hat die rasant wachsende chinesische Wirtschaft zu einem ständig steigenden Pro-Kopf-Einkommen geführt. Zusammen mit der stark wachsenden Industrialisierung hat sich Chinas Primär-Energieverbrauch 1 in den vergangenen 15 Jahren verdreifacht. Im Jahre 2010 hat China die USA als größten Energiekonsumenten überholt. Während im Jahre 2012 auf 1000 Einwohner gerade 80 Autos entfielen, werden laut neuesten Prognosen im Jahre 2035 380 Autos auf 1000 Einwohner entfallen. Allein dieser Indikator zeigt, welches potentielle Wachstum im Energiebereich in Zukunft erwartet werden kann.
Graph1
China: Pro-Kopf-Einkommen und -Energieverbrauch (US $)
(MTOE)
8000
BIP pro Kopf
7000
3.000
Primärenergieverbrauch
2.500
6000 2.000
5000
1.500
4000 3000
1.000
2000 500
1000
0
0 2012
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
1980
Quelle: Internationaler Währungsfond, BP Statistical Review of the World Energy June 2014 MTOE = Millionen Tonnen Erdöläquivalent 2/ 1
Der Primärenergieverbrauch ist der Verbrauch der direkt in der Natur vorkommenden Energieträger Erdöl, Kohle, Erdgas, Uran sowie der erneuerbaren Energiequellen. Primärenergie wird durch verschiedene Verfahren in nutzbare Energie, d.h. in Endenergie umgewandelt. Ein Beispiel ist die Erzeugung von Strom und Wärme in aus dem Primärenergieträgern Holz, Kohle oder Gas.
Graph 2
Die rasante Entwicklung Chinas im Energiesektor in den vergangenen Jahrzehnten und der zuk체nftige Energieverbrauch zeigt Graphik 1. W채hrend Chinas Anteil am weltweiten Energieverbrauch im Jahre 1990 lediglich 8,2% betrug, stieg der Anteil im Jahre 2010 auf fast 20% an. Laut Prognosen von BP wird China im Jahre 2035 bereits 체ber ein Viertel des weltweiten Energieverbrauchs ausmachen. China wird dann mehr als doppelt so viel Energie verbrauchen wie die USA und 80% des gesamten Energieverbrauchs aller OECD-L채nder ausmachen.
Tabelle 1
Mit einem Anteil von 22% am weltweiten Energieverbrauch war China im Jahre 2013 die Nummer 1. China ist auch der weltweit größte Konsument von Kohle und Wasserkraft. Beim Verbrauch von Erdöl und Erneuerbaren Energien nimmt China nach den USA Rang zwei ein, während es bei Gas auf Platz 4 liegt und bei der Elektrizitätsgewinnung aus Atomkraft Platz 5 einnimmt. (siehe Tabelle 1). Als Folge des ständig wachsenden Erdölverbrauchs hat China 2014 zum ersten Mal die USA bei den Netto-Erdölimporten auf Platz zwei verwiesen. China ist weltweit der größte Kohleproduzent, konsument und -importeur. Ungefähr 50% des weltweiten Kohleverbrauchs entfällt auf China, ein Grund dafür, dass China für die weltweit höchsten CO2-Emissionen verantwortlich ist (siehe Graph 2). Als Folge der rapid steigenden Industrialisierung und Modernisierung der Wirtschaft steht China auch bei der Elektrizitätsgewinnung weltweit an erster Stelle. Zwischen 2000 und 2013 konnte China seine Elektrizitätsgewinnung vervierfachen.
Graph 3
China: Verbrauch nach Energieträger 2013 (Anteil in %)
Erneuerbare Energie 2%
Erdöl 18%
Gas 5%
Wasserkraft 7% Atomenergie 1%
Kohle 67%
Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014
Mit 67% Anteil am Gesamtenergieverbrauch nimmt Kohle den dominierenden Platz ein. Erdöl liegt mit einem Anteil von 18% auf Platz 2, gefolgt von Wasserkraft mit 7%, Gas mit 5% und erneuerbare Energie und Atomenergie mit 2% und 1%. Dieses Ungleichgewicht zugunsten von Kohle hat dramatische Folgen bezüglich der CO2-Emissionen. China ist für die weltweit höchsten energieabhängigen CO2-Emissionen verantwortlich. Die gesundheitlichen Folgen sind in manchen Industriegebieten Chinas dramatisch. Deshalb versucht China in Zukunft den Anteil der Kohle im Gesamtenergiemix und generell den Anteil von fossilen Energieträgern zu verringern. Um diese Ziele zu erreichen, werden enorme Investitionen in Erneuerbare Energien getätigt und für die kommenden Jahre und Jahrzehnte sind viele neue Atomkraftwerke geplant. Da China enorme Schiefergasreserven hat, wird auch der Gassektor mit Hilfe der Technologien der internationalen
Ölgesellschaften stark ausgebaut. Gas hat verglichen mit Kohle und auch mit Erdöl weit weniger CO2-Emissionen. Man kann davon ausgehen, dass Kohle auch in Zukunft den größten Teil am Gesamtenergieverbrauch Chinas ausmachen wird.
Graph 4
Obwohl China neben Kohle auch über bedeutsame Erdölvorräte verfügt, muss es pro Jahr über 4 Millionen Barrels/Tag importieren, um die heimische Nachfrage zu decken. Die beiden größten nationalen chinesischen Öl/Gas-Gesellschaften, die China National Petroleum Company (CNPC) und die China Petroleum and Chemical Corporation (SINOPEC) können sich inzwischen unter die 10 weltweit größten Erdölgesellschaften einreihen. Sie sind sowohl für den „Upstream“-Sektor (Exploration und Förderung von Erdöl und Gas) als auch für den „Downstream“-Sektor (Raffinerie, Marketing und Vertrieb von Erdölprodukten und Gas) in China verantwortlich. Neben diesen beiden Gesellschaften gibt es noch eine Reihe anderer wichtiger Firmen, die im Energiesektor tätig sind. Für technologisch besonders aufwendige Tätigkeiten wie zum Beispiel Tiefsee-Exploration oder Schiefergasförderung haben auch internationale Ölgesellschaften Zugang zum chinesischen Energiesektor. Die großen chinesischen Erdölgesellschaften sind auch im Erdöl- und Gassektor in vielen Ländern an Projekten beteiligt und sind strategische Partnerschaften mit Internationalen Ölgesellschaften eingegangen, um das technische Knowhow zu akquirieren. Dank der enormen Devisenreserven (Chinas Devisenreserven sind Mitte 2014 auf die Rekordhöhe von 3,9 Billionen US-Dollar gestiegen) ist China auch in der Lage sich großzügig an ausländischen Energiefirmen zu beteiligen.
Graph 5
China: Erdölimporte nach Ländern 2011 (1000 Barrels/Tag)
Russland; 395 Oman; Irak; 363 276
Sudan; 260
Iran; 555
Venezuela; 230 Kasachstan; 224 Kuwait; 191
Angola; 623
Vereinigte Arabische Emirate; 135
Saudi Arabien; 1005
Brasilien; 134
Rest; 572
Kongo; 113
Quelle: US Energy Information Administration, Country Analysis Briefs China Feb.2014
Um die Nachfrage mit genügend Erdölimporten zu versorgen und um geopolitische Risiken zu minimieren, war es für China immer vorrangig die Importe möglichst stark zu diversifizieren. Deswegen sind Chinas Erdölimporte stark gestreut (siehe Graph 5). In vielen Ländern, aus welchen China Erdöl importiert, haben Chinas nationale Ölgesellschaften CNPC und SINOPEC auch Beteiligungen an der Erdölförderung.
Graph 6
China: LNG-Importe nach Ländern 2011 andere Länder 2%
Australien 30%
Egypten 2% Russland 2% Trinidad 2% Nigeria 6%
Indonesien 17%
Jemen 7%
Malaysia 13%
Katar 19%
Quelle: US Energy Information Administration, Country Analysis Briefs China Feb. 2014 2014
China importiert Gas über Pipelines aus den zentralasiatischen Ländern Turkmenistan, Kasachstan und Usbekistan, sowie LNG aus verschiedenen asiatischen Ländern, dem Mittleren Osten, Afrika, Europa und Südamerika. Als Folge der Ukraine-Krise hat Russland im vergangenen Mai mit China einen Gasliefervertrag, der schon seit circa einem Jahrzehnt erfolglos verhandelt wurde, abgeschlossen. Die nationale russische Gasgesellschaft GAZPROM wird 38 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr über 30 Jahre lang von den Ost-Sibirischen Gasfeldern per Pipeline nach China liefern. Die Pipeline „Power of Siberia“ wird eine Länge von 4000 km haben und über eine Maximalkapazität von bis zu 60 Milliarden Kubikmetern pro Jahr verfügen. Nach offiziellen Angaben werden die Gaslieferungen nach Fertigstellung der Pipeline im Jahr 2019 beginnen. Dieser Vertrag ist der größte Gasliefervertrag, den GAZPROM je abgeschlossen hat und wird für China ein Meilenstein in der Gasversorgung des Landes sein.
Um die ständig steigende Nachfrage nach Erdölprodukten zu decken, hat China seine Raffineriekapazität ausgebaut und die bestehenden Raffineriezentren modernisiert, um den veränderten Markgegebenheiten Rechnung zu tragen. Im Jahre 2013 betrug Chinas Raffineriekapazität circa 12,5 Millionen Barrels/Tag. Damit kann es nicht nur den Eigenbedarf decken, sondern auch Erdölprodukte exportieren. Während in Europa in den vergangenen Jahren viele Raffinerien wegen Überalterung, sinkender Nachfrage oder mangelnder Profitabilität schließen mussten, erlebt Chinas Raffineriesektor einen nie dagewesenen Aufschwung.
Graph 7
China: Entwicklung der Raffineriekapazität 1980-2013 (Millionen Barrels/Tag)
14 12 10 8 6 4 2 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980
0
Quelle: BP Statistical Review of the World Energy June 2014
Laut Prognosen von anerkannten Institutionen wie Weltbank oder Internationaler Währungsfond wird Chinas Wirtschaft weiter stark wachsen, der Energieverbrauch weiter ansteigen und Chinas Rolle auf den Weltenergiemärkten weiter an Bedeutung gewinnen. Eine Diversifizierung weg vom extrem dominierenden Kohlekonsum in Chinas Energiemix hin zu saubererer Energie wie Erdgas, erneuerbarer Energie und Atomenergie sowie zu mehr Energieeffizienz ist oberste Priorität von Chinas Energiepolitik, vor allem um die immer gravierender werdende Umweltverschmutzung zu verringern. Wie schnell es gelingen wird diese Pläne zu verwirklichen und die enormen CO2Emissionen zu reduzieren, bleibt abzuwarten.
Monika Psenner - Energie-Expertin
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