Artikel 17: Die Energiewende

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Die Energiewende Der Begriff Energiewende wird seit einigen Jahren immer wieder in den Medien erwähnt. Das deutsche Wort Energiewende ist sogar in die englische Sprache eingeflossen und renommierte Zeitschriften, wie die New York Times und der Economist benutzen es mittlerweile, wenn von Deutschlands ehrgeizigem Plan die Rede ist, auf eine Wirtschaft umzustellen, die auf erneuerbarer, nicht-nuklearer Energie basiert. Was sind die Ziele der Energiewende in Deutschland, welche Herausforderungen und Hürden ergeben sich für die Umsetzung der Ziele der Energiewende? Die Energiewende bezeichnet den Umstieg der Energieversorgung von fossilen Brennstoffen und Kernbrennstoffen auf erneuerbare Energien. Das Ziel der Energiewende in Deutschland ist, bis zum Jahr 2050 die benötigte Energie hauptsächlich aus regenerativen Quellen, wie Wind- und Wasserkraft, Sonnenenergie, Geothermie oder nachwachsenden Rohstoffen zu beziehen. Zusätzlich soll durch sparsame und effiziente Nutzung der Energie der Energieverbrauch verringert werden. Erneuerbare Energien

Eine wichtige Motivation der Energiewende sind die immer stärker zu Tage tretenden ökologischen und sozialen Probleme, die durch die Nutzung fossiler und nuklearer Energieträger entstehen. Da ist einerseits die Umweltbelastung durch die Verbrennung fossiler Energieträger, insbesondere durch die Emission von Treibhausgasen und der damit einhergehenden globalen Erwärmung und


andererseits die ungeklärte Frage der Endlagerung des abgebrannten Spaltmaterials sowie die Gefährdung der Bevölkerung bei Störfällen in Kernkraftwerken (Beispiel Fukushima). Aus energiewirtschaftlicher Sicht spielt die Begrenztheit der fossil-nuklearen Energieträger, die nur für eine begrenzte Zeit (je nach Energieträger wenige Jahrzehnte bis Jahrhunderte) verfügbar sind, eine wichtige Rolle. Die Tendenz weg von fossilen Energieträgern und hin zu Erneuerbaren Energien ist mittlerweile in vielen Ländern der Welt im Gang. Doch Deutschland geht mit seinem Konzept der Energiewende einen viel ehrgeizigeren und radikaleren Weg. Diesem Vorhaben wird international große Bedeutung beigemessen, da Deutschland innerhalb der EU die größte Wirtschaftsmacht ist und auch weltweit zu den 5 größten Wirtschaftsmächten zählt.

Tabelle 1

Was sind die Gründe, dass gerade Deutschland den Umstieg auf erneuerbare Energien und weg von fossilen Energieträgern und nuklearer Energie mit so viel Ehrgeiz vorantreibt? Im Unterschied zu anderen Europäischen Ländern ist in Deutschland die Förderung Erneuerbarer Energien schon seit längerer Zeit von der Politik stark gefördert worden. Zudem gibt es seit den 1970er Jahren eine starke Anti-Atombewegung. Die Partei der Grünen war seit Mitte der 1980er Jahre im


Parlament vertreten und unterstützte zahlreiche Umweltgesetze, die auch die Energiebereitstellung betrafen. Deutschland verfolgt außerdem mit großem Ehrgeiz seine klimapolitischen Zielsetzungen, um die Reduzierung der Treibhausemissionen gemäß dem KyotoProtokoll zu erreichen. Zudem findet die Energiewende bei einem großen Teil der deutschen Bevölkerung Zustimmung1.

Graph 1

Deutschland: Anteil Erneuerbarer Energien am Stromverbrauch (%) 30 25 20 15 10 5 0 2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

Quelle: Das deutsche Energiewende Paradox: Ursachen und Herausforderungen, Agora

Die Energiewende verfolgt das Ziel, bis 2050 die Treibhausemissionen gegenüber 1990 auf minus 80% bis minus 90% zu senken, sowie die Nutzung der Atomenergie bis 2022 zu beenden. Zudem soll der Anteil der Erneuerbaren Energien stetig ausgebaut werden, wobei der Anteil am Bruttostromverbrauch im Jahre 2020 mindestens 35% und im Jahre 2050 mindestens 80% betragen soll. Der Anteil am Bruttoenergieverbrauch soll 2020 18% und 2050 60% betragen. Bezüglich der Steigerung der Energieeffizienz, ist das Ziel den Primärenergieverbrauch 2020 um minus 20% und 2050 um minus 50% zu senken, verglichen mit dem Primärenergieverbrauch von 2008. Auch im Gebäude- und im Verkehrsbereich sind starke Einsparungen geplant. So soll der Primärenergieverbrauch bis 2020 um 20% gesenkt werden und bis 2050 um 80% verringert werden. Bis jetzt hat die Energiewende vorwiegend im Stromsektor stattgefunden. Laut letzem Monitoring-Bericht der Bundesregierung entwickelt sich der Ausbau der Erneuerbaren Energien planmäßig, während die erwartete Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie die Fortschritte bei der Energieeffizienz nicht erreicht werden konnten2. 1

Redefining the Energiewende: New German Government Coalition Issues. A Roadmap for the Nation’s Most Ambitious Domestic Energy Reform-Georgetown International Environmental Law Review. Feb. 14, 2014 2 Zweiter Monitoring Bericht: Energie der Zukunft. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, März 2014


Ziel der deutschen Energiewende ist der Übergang zu einer konkurrenzfähigen und kohlenstoffarmen Wirtschaft. Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür sind konkurrenzfähige Energiepreise. Neuesten Studien zufolge bedarf das jetzige Konzept der Energiewende dringender Reformen, damit Deutschlands Wirtschaft konkurrenzfähig bleibt. Deutschlands Strompreise gehören zu den höchsten der Welt und sind in den vergangenen Jahren, vor allem als Folge der starken Förderung erneuerbaren Energien um circa 60% gestiegen, während sie in den USA und in China um nicht einmal 10% gestiegen sind. Das bringt für die deutsche Industrie massive Nachteile, da Energiepreise eine zentrale Rolle für die Industrie spielen, vor allem für energieintensive Branchen wie dem Chemie-, Baustoff- oder Stahlsektor. Die deutsche Wirtschaft ist sehr stark exportabhängig und hat einen sehr hohen Produktionssektor. Im Jahre 2013 machten die Exporte 51% des BIP aus, verglichen mit 26% in China und nur 13% in den USA. Der Produktionssektor ist mit 21% des BIP einer der höchsten in den großen Industrieländern. Dies alles zeigt auf, wie wichtig es für die deutsche Wirtschaft ist konkurrenzfähig zu bleiben.

Graph 2


Diverse Studien belegen, dass die Energiewende in ihrer jetzigen Form die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stark beeinträchtigen würde. Laut einer Studie der IHS Inc. sind die Stromkosten in Deutschland vor allem als Folge der massiven Förderung der Erneuerbaren Energien stark angestiegen. Zudem sind die CO2-Emissionen als Folge des Ausstiegs aus der Atomenergie und der erhöhten Nutzung von Kohlekraftwerken angestiegen und haben so zu einer paradoxen Situation geführt, da es ja Ziel der Energiewende ist die Treibhausemissionen zu verringern. Ein wichtiger Reformschritt der Energiewende, um einerseits die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu wahren und andererseits die Ziele der Energiewende zu erreichen, ist die stärkere Einbeziehung von Gas in den Energiemix. So sollte die heimische Gasförderung, inklusive Schiefergas, ausgebaut werden. Das würde einerseits die Stromkosten durch billigeres Gas senken und andererseits durch den Umstieg von Kohlekraftwerken auf Gaskraftwerke die Treibhausemissionen verringern3. Gas, die „sauberste“ fossile Energieform, die weit weniger Treibhausemissionen verursacht als Kohle und Erdöl, könnte die Rolle einer Brückenenergie spielen, um schrittweise die Treibhausemissionen zu verringern und schließlich eine Energieversorgung basierend auf sauberen erneuerbaren Energieträgern zu erzielen. Trotz einer Reihe notwendiger Reformen und vieler noch zu lösender Probleme ist Deutschlands Energiewende eine Initiative von globaler Bedeutung. Deutschland spielt eine wichtige Vorreiterrolle, um den schrittweisen Umstieg der Energieversorgung von fossilen Energieformen und Kernbrennstoffen auf umweltfreundliche erneuerbare Energien durchzuführen.

Monika Psenner - Energie-Expertin

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IHS Inc. March 2014: A more competitive Energiewende: Securing Germany’s Global Competitiveness in a New Energy World.


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