Fifa1904 ausgabe#08

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NEUSEELAND

FERNZIEL DRITTE WM-TEILNAHME SILVIA NEID

DIE WELTMEISTERTRAINERIN VOR IHREM LETZTEN TURNIER WELTFUSSBALLMUSEUM

DIE BIBLIOTHEK – EIN ORT ZUM VERWEILEN OLYMPIA

FUSSBALLTURNIERE MIT LANGER GESCHICHTE

FIFA-GENERALSEKRETÄRIN FATMA SAMOURA

MEISTERIN DES WANDELS DEUTSCHE AUSGABE

WWW.FIFA.COM/MAGAZINE

AUGUST 2016



EDITORIAL

WIRKSAM UND NACHHALTIG „Es wird mindestens sechs Monate dauern, bis der Ruf der FIFA wiederhergestellt ist und sich in der FIFA bei der Verbesserung des Arbeitsumfelds, der Entwicklung des Fussballs und der Förderung von Vielfalt, Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung Erfolge einstellen“, sagt Fatma Samba Diouf Samoura, die neue FIFA-Generalsekretärin. Seit dem 20. Juni 2016 ist die erfahrene senegalesische Diplomatin am FIFA-Sitz im Amt. Höchste Priorität haben für sie die im Februar vom Kongress verabschiedeten Reformen und die Wiederherstellung des öffentlichen Vertrauens in den Weltfussballverband. Der Fussball müsse wieder im Mittelpunkt stehen.

Illustration: Stephan Walter

Im exklusiven Gespräch unterstreicht Fatma Samoura, dass sie bei ihrer Arbeit auch grossen Wert auf Effektivität und Nachhaltigkeit legt, und erzählt, wer sie ist (ab Seite 8). Perikles Monioudis

FIFA 1904 /

1


INHALT

NEUSEELAND

Nach dem Gewinn des OFC-Nationen-Pokals steigen die Ansprüche der Kiwis. Nun will man zum dritten Mal zur WM.

28

ERSTE LIEBE

Akoupé, Elfenbeinküste.

30

DAS INTERVIEW

BRIEFMARKEN

34

DAMALS UND HEUTE

Von Düsseldorf nach Lens.

Fussballbriefmarken sammeln – eine Leidenschaft fürs ganze Leben.

18

EIN AUGENBLICK

16

Cristiano Ronaldo und Coach Fernando Santos beim Finale der Euro 2016.

Die deutsche Bundestrainerin Silvia Neid beendet ihre erfolgreiche Karriere nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio. Wir haben sie bei der Olympiavorbereitung in Bad Gögging besucht.

Mario Wagner (Illustration), Phototek, HO, Simon Hofmann / Getty Images, FIFA-Museum

FATMA SAMOURA

Die neue FIFA-Generalsekretärin erläutert im exklusiven Interview ihre Vision und ihre Prioritäten für die FIFA – und auch, wie sie soziale Ungleichheit, Hunger und Armut bekämpfen will.

22

8

Peru will weiter nach vorn – nach dem Sieg gegen Brasilien bei der Copa América Centenario ein realistischer Anspruch.

SOZIALE MEDIEN

Welche Sommertransfers werden in den Ligen einschlagen? Unsere Leserinnen und Leser antworten!

WELTRANGLISTE DER MÄNNER

6

21

FÜR DAS SPIEL. FÜR DIE WELT.

Die neusten FIFA-Investitionen in den Weltfussball.

4

46

22 TITELBILD

Die neue FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura. Foto: Elisabeth Real

2

/ FIFA 1904

18


52

FIFA-WELTFUSSBALLMUSEUM

46

61

EIN TAG

Wir stellen den FIFA-Designmanager Marc Salvador und seine Arbeit rund um die Gestaltung eines FIFA-Maskottchens vor.

62

JUBEL

Die WM-Rekordtorschützin Marta verliess mit 14 Jahren die brasilianische Provinz und jagte ihrem Traum nach, Profi zu werden.

GESCHICHTE

In seiner knapp 110-jährigen Geschichte hat das Olympische Fussballturnier goldene Momente hervorgebracht. Eine Chronologie.

30

FOTOARCHIV

Reporter und Fotografen in Rio de Janeiro beim WM-Gruppenspiel England – Chile (2:0) am 25. Juni 1950.

TRAINING

Die Frauen-WM 2015 in der physischen Analyse.

58

FRAUENFUSSBALL

Das Nachhaltigkeitsprogramm im Rahmen der U-20-Frauen-WM in Papua-Neuguinea – USA und Simbabwe im Vorfeld des Olympischen Fussballturniers Rio 2016.

44

STATISTIK

Die Arbeit der FIFA-Abteilung für den Status von Spielern und Governance im vergangenen Jahr.

Die Bibliothek birgt so manchen Schatz in Form von Dokumenten, Büchern und Bildern. Ein Augenschein.

40

Wir stellen drei FIFA-Mitarbeitende vor.

38

GESICHTER DER FIFA

51

DEBATTE – DAS WORT DES PRÄSIDENTEN

Das neue FIFA-Forward-Entwicklungsprogramm ist gestartet – mit Forward wird sich der Fussball weltweit kraftvoll entfalten.

64

36

IMPRESSUM

38

Die App zum Magazin

Das Magazin FIFA 1904 erscheint monatlich in vier Sprachen und ist auch für Smartphone und Tablet verfügbar. http://www.fifa.com/magazine FIFA 1904 /

3


FÜR DAS SPIEL. FÜR DIE WELT.

In Nigeria wird das nationale Transferabgleichungssystem von FIFA TMS (DTMS) eingeführt. Damit ist der nigerianische Fussballverband (NFF) der erste Verband in Afrika, der von der Online­ plattform profitiert. Mit dem DTMS können internationale und nationale Transfers innerhalb eines Systems abgewickelt werden, was eine bessere Steuerung und mehr Transparenz garantiert. Es gleichungssystem (ITMS), das allen 211 FIFA

-

basiert auf dem internationalen Transferab­ Mitgliedsverbänden und 6500 Klubs weltweit für grenzüberschreitende Transfers zur Verfügung

in der Ostslowakei wurde zum

steht.

-

Das Klinikum Kosice Saca

-

neuesten medizinischen FIFA Kompe­ tenzzentrum ernannt und zählt damit zu den weltweit führenden sportmedizinischen Einrichtungen. „Wir sind stolz, ein solches Zentrum in der Slowakei zu haben, und freuen Im Rahmen der Arbeit der

uns darauf, in das weltweite medizinische

FIFA Kontrollkommission Israel/

und die medizinische Versorgung für

Palästina hat eine FIFA Delegation unter

unsere Spieler noch weiter verbessern

der Führung von Tokyo Sexwale Israel und

zu können“, sagte General­

Palästina besucht, um dabei zu helfen, die

-

-

Netzwerk der FIFA eingebunden zu werden

sekretär Jozef Kliment.

Hemmnisse der fussballerischen Entwicklung in der Region abzubauen. „Ich bin sehr zufrieden, da Vom 19. bis zum 21. Juli

ich auf beiden Seiten echtes Engagement zur

fand in New Jersey (USA) im

Erleichterung der Entwicklung des Fussballs erkannt habe. Natürlich ist der Weg lang, und Fortschritte werden nur langsam erzielt,

(IFAB) zugelassenen Tests mit Video Schiedsrich­

doch ich bin zuversichtlich, dass wir

terassistenten (VSA) ein Schulungsseminar statt.

brauchbare Lösungen finden“,

Die Schiedsrichterkommunikation bei Live Tests war

sagte Sexwale.

-

-

Rahmen der Vorbereitungen für die vom International Football Association Board

ein Schwerpunkt des Seminars, bei dem die FIFA mit ihrer technologischen Expertise und Forschung beratend zur Seite stand. Die Major League Soccer (MLS) ist einer von sechs Wettbewer­ ben (Australien, Brasilien, Deutschland, Niederlande, Portugal), die sich an der zweijährigen Testphase beteiligen. 4

/ FIFA 1904


Illustration: Julien Pacaud FIFA 1904 /

5


0

1585

55 Jamaika

-9

573

109 Bolivien

-27

338

163 Gambia

2 Belgien

0

1401

56 Usbekistan

10

569

109 Lettland

-5

338

164 Papua-Neuguinea

2

154

29

3 Kolumbien

0

1331

57 Japan

-4

564

111 Ruanda

-8

334

164 Belize

152

-50

4 Deutschland

0

1319

58 Trinidad und Tobago

6

558

112 Simbabwe

3

332

166 Moldawien

-7

152 151

5 Chile

0

1316

59 Australien

0

555

112 Puerto Rico

46

332

167 Malaysia

6

149

2

1266

59 DR Kongo

-7

555

114 Tschad

-8

326

168 Amerikanisch-Samoa

0

128

7 Frankreich

10

1189

61 Mali

2

546

114 Palästina

-1

326

168 Cook-Inseln

0

128

8 Spanien

-2

1165

62 Kap Verde

-13

545

116 Estland

-22

323

170 Suriname

20

123

9 Brasilien

-2

1156

63 Guinea

-8

544

117 DVR Korea

-19

320

171 St. Lucia

-26

121

10 Italien

2

1155

64 Slowenien

-7

542

118 Georgien

19

318

172 Guam

-12

120

11 Wales

15

1137

65 Saudiarabien

0

540

119 Mauretanien

2

317

173 Dominica

-1

117

12 Uruguay

-3

1130

65 Finnland

2

540

120 Turkmenistan

14

312

174 Malediven

0

115

13 England

-2

1107

67 Südafrika

1

530

121 Kuba

5

305

175 Tahiti

4

114

14 Mexiko

2

1044

68 Benin

7

525

121 Thailand

-4

305

176 Malta

-10

109

15 Kroatien

12

1022

69 Uganda

3

522

123 Tansania

13

300

177 Laos

16 Polen

11

1011

70 Kongo

-10

514

124 Namibia

11

298

178 Samoa

-3

107

-10

106

17 Ecuador

-4

1002

70 Nigeria

-9

514

125 El Salvador

-26

297

179 Vanuatu

6

103

18 Schweiz

-3

957

72 Belarus

6

507

125 Burundi

7

297

180 Kambodscha

4

95

19 Türkei

-1

915

73 Burkina Faso

0

487

127 Litauen

0

293

181 Salomon-Inseln

19 Ungarn

1

915

74 Vereinigte Arabische Emirate

-4

484

128 Bahrain

2

289

182 Liechtenstein

21 Österreich

-11

875

75 Guinea-Bissau

40

482

129 Guyana

1

280

183 Chinese Taipei

8

85

22 Island

12

871

76 Israel

-5

471

130 Niger

-13

277

183 Bangladesch

-2

85

-23

273

185 Osttimor

-8

84

-7

270

185 Seychellen

-5

84

-26

269

187 Fidschi

-1

82

-21

77

23 Slowakei

1

867

77 Bulgarien

-8

446

131 Madagaskar

24 Rumänien

-2

856

78 Jordanien

2

438

132 Äthiopien

25 USA

6

855

79 Katar

5

425

133 Malawi

26 Niederlande

-5

92

-14

89

-12

848

80 St. Kitts und Nevis

12

423

134 Curaçao

20

261

188 Bermuda

27 Costa Rica

-4

840

81 VR China

0

422

135 Philippinen

-15

256

188 Nepal

-6

77

28 Nordirland

-3

822

82 Honduras

4

398

136 Färöer

-47

254

190 Kosovo

66

0

393

137 Aserbaidschan

1

253

191 Indonesien

-4

65

-8

389

137 Angola

-14

253

192 Bhutan

-4

64

14

243

193 Sri Lanka

-4

58

0

243

194 Pakistan

-2

54

29 Bosnien und Herzegowina

-9

813

83 Antigua und Barbuda

-11

801

84 Äquatorial-Guinea

31 Republik Irland

2

800

85 Zypern

-1

387

139 Dominikanische Republik

32 Algerien

0

781

86 Zentralafrikanische Republik

10

386

139 EJR Mazedonien

33 Tschechische Republik

-3

768

86 Kenia

43

386

139 Vietnam

34 Peru

14

765

88 Sambia

-9

385

142 Sudan

30 Ukraine

-6

243

195 Macau

1

50

-14

229

196 Amerikanische Jungferninseln

-2

44

35 Elfenbeinküste

1

751

89 Botsuana

-2

378

142 Mauritius

0

229

196 Montserrat

-2

44

36 Ghana

1

749

90 Sierra Leone

18

376

144 Kuwait

-3

223

198 Brunei Darussalam

-1

33

37 Albanien

5

739

90 Guatemala

1

376

145 Tadschikistan

19

220

199 Cayman-Inseln

0

21

38 Russland

-9

728

92 Liberia

31

370

146 Luxemburg

0

219

200 San Marino

0

20

674

93 Libyen

29

366

147 Aruba

-4

216

200 Turks- und Caicos-Inseln

-2

20

656

93 Neuseeland

54

366

148 Hongkong

-5

213

202 Mongolei

1

13

0

651

95 Montenegro

-5

365

149 Libanon

2

208

203 Andorra

-1

12

42 Paraguay

2

636

96 Mosambik

1

362

150 Afghanistan

6

206

204 Britische Jungferninseln

-3

11

43 Ägypten

2

632

97 Kasachstan

15

359

151 Lesotho

4

204

205 Anguilla

-1

0

44 Dänemark

-6

630

98 Gabun

-10

355

152 Indien

11

200

205 Bahamas

-1

0

45 Tunesien

2

627

99 Irak

3

354

153 Südsudan

4

197

205 Dschibuti

-1

0

46 Venezuela

31

621

100 Kanada

-7

350

153 São Tomé und Príncipe

-1

197

205 Eritrea

-1

0

47 Serbien

7

612

100 Haiti

-26

350

155 Komoren

7

191

205 Somalia

-1

0

48 Republik Korea

2

592

102 Armenien

8

348

156 Barbados

-16

182

205 Tonga

-1

0

49 Norwegen

2

588

103 Swasiland

14

344

156 St. Vincent und die Grenadinen

-8

182

50 Schottland

-7

584

104 Syrien

-3

341

158 Singapur

-9

175

51 Panama

5

580

104 Kirgisistan

7

341

159 Grenada

-9

171

-12

579

106 Nicaragua

-1

340

160 Myanmar

1

167

53 Kamerun

5

575

106 Oman

-6

340

161 Neukaledonien

22

162

54 Marokko

8

574

108 Togo

-13

339

162 Jemen

16

160

52 Griechenland

/ FIFA 1904

41 Senegal

0 -5

39 Iran 40 Schweden

Billie Weiss / LatinContent / Getty Images

+ / – Punkte

Rang Team

+ / – Punkte

Rang Team

+ / – Punkte

Rang Team

1 Argentinien

6 Portugal

6

+ / – Punkte

Rang Team

WELTRANGLISTE DER MÄNNER

Letzte Aktualisierung: 14. Juli 2016


MIT NEUEM MUT IN DEN SEPTEMBER Der Coup Peru, hier Torschütze Raúl Ruidíaz (l.) und Paolo Guerrero, schlägt Brasilien bei der Copa 1:0.

Jetzt erst recht! Jetzt lebt die Hoffnung

noch nicht mal anführen. Vorne liegen

wieder in Peru, im Land mit dem vielen

Uruguay und Ecuador, Peru folgt erst auf

Gold. Um die wertvollen Schätze in den

Platz 8. Das hat man sich im westlichen

Bergen muss sich im Andenstaat (noch)

Südamerika anders vorgestellt. Und

keiner Gedanken machen. Über 1000

entsprechend angeschlagen reiste das

Tonnen hat Yanacocha, die grösste Gold-

Team im Juni dann auch zur Copa América

mine Amerikas, in den letzten 20 Jahren

Centenario.

AUFSTEIGER IN DIE TOP 10 FRANKREICH (plus 10), ITALIEN (plus 2) ABSTEIGER AUS DEN TOP 10 URUGUAY (minus 3), ÖSTERREICH (minus 11)

hervorgebracht. Sorgen bereitete in letzter Zeit eher das Nationalteam und sein

Aber dann kam alles anders. Peru gelang

verkorkster Start in die Qualifikation für

in den USA eine echte Überraschung. Man

die WM 2018 in Russland. Die Frage heisst

errang beim Jubiläumsturnier nicht nur den

also nicht „Wann geht der Mine das

Gruppensieg, sondern beendete mit dem

Gold aus?“, sondern „Wann fährt das

1:0 gegen Brasilien auch noch dessen

peruanische Nationalteam Siege ein?“.

Träume vom Turniersieg. Ein gewonnener

Man sehnt sich nach der fünften WM-

Ernstkampf, der gemessen an der Stärke

Teilnahme. Die letzte liegt jetzt 34 Jahre

des Gegners auch viele Punkte für die

zurück. Und die grossen Zeiten um

Weltrangliste einbrachte. Peru liegt neu auf

Torjäger Teófilo Cubillas sind auch schon

Rang 34. Vor allem aber reist das National-

40 Jahre her.

team nun mit einem neuen Gefühl nach Bolivien. Dort findet am 1. September

Natürlich gehört die Südamerikagruppe

2016 das nächste WM-Qualifikationsspiel

um Brasilien und Argentinien zu den

statt. In La Paz, auf 3600 Metern Höhe.

stärksten überhaupt. Vier der zehn Mann-

Gold gibt es da fast keines mehr zu holen.

schaften qualifizieren sich direkt für die

Aber viel Moral und Punkte.

Endrunde. Dazu muss man anmerken, dass die beiden Favoriten die Tabelle derzeit

SPITZENREITER ARGENTINIEN

Alan Schweingruber

SPIELE INSGESAMT 228 TEAM MIT DEN MEISTEN SPIELEN PORTUGAL, FRANKREICH (je 9 Spiele) GRÖSSTER AUFSTIEG NACH PUNKTEN WALES (plus 291 Punkte) GRÖSSTER AUFSTIEG NACH RÄNGEN NEUSEELAND (plus 54 Ränge) GRÖSSTE EINBUSSE NACH PUNKTEN ÖSTERREICH (minus 202 Punkte) GRÖSSTE EINBUSSE NACH RÄNGEN BELIZE (minus 50 Ränge)

http://de.fifa.com/worldranking FIFA 1904 /

7


FATMA SAMOURA

­

FIFA 1904: Fatma Samoura, Sie haben drei Kinder. Spielen die Fussball? Ich habe eine 13-jährige Tochter und zwei Söhne im Alter von 22 und 24 Jahren, die beide Tennis spielen. Aber mein Mann ist ein ehemaliger Fussballer. Meine Onkel und Brüder spielten in den 70er- und 80er-Jahren ebenfalls Fussball. Als mein Mann und ich 1987 von Frankreich nach Senegal zurückkehrten, wurde er gleich Präsident eines Vereins der obersten Spielklasse. Da die senegalesischen Fussballklubs damals kaum Geld hatten, sammelte ich jeden Samstag die Leibchen der Spieler ein, um sie zu Hause zu waschen. Mittags kochte ich auch für sie, und abends begleitete ich meinen Mann zu den Team sitzungen, um sie zu motivieren und auf das Spiel einzustellen. Und bei den Spielen feuerte ich das Team von der Tribüne aus an. Sie waren also schon immer mit dem Fussball verbunden? Ja, schon in meiner Kindheit und auch nach meiner Heirat war ich stets von Fussballern umgeben. Ich traf Präsident Infantino in Madagaskar nach dem Sieg Senegals im WMQualifikationsspiel gegen Madagaskar. Die Madagassen dominierten das Spiel, aber als ich wenige Minuten vor Spielende im Stadion eintraf, schoss Senegal zwei Tore. Die madagassischen Fans fanden deshalb, dass ich ihnen kein Glück gebracht hatte! [lacht] Haben Sie einen Lieblingsverein? Früher hatten wir in der Familie unterschiedliche Favoriten. Meine Mutter und vor allem ich mochten Karl-Heinz Rummenigge und Bayern München. Er war ein guter Spieler und sieht immer noch gut aus. Mein Vater und meine sechs Brüder konnten ihn nicht ausstehen, weil wir für ihn schwärmten! Verfolgen Sie den Fussball noch immer? Mein Mann und ich schauen uns jeden Abend Liga- und Meisterschaftsspiele in aller Welt an. Wir schalten ständig hin und her. Wir sehen uns kaum Filme an, sondern wechseln nach den Nachrichten immer zum Fussball! 8

/ FIFA 1904

„DIE WELT MIT DEM FUSSBALL VERÄNDERN“

Fatma Samoura möchte den Fussball zum Epizentrum im Kampf gegen soziale Ausgrenzung, Diskriminierung und Armut machen. Wir haben die neue FIFA-Generalsekretärin in ihrem Büro am FIFA-Sitz in Zürich getroffen, um mehr über ihre Vision, ihre Schwerpunkte und sie selbst zu erfahren.


FIFA 1904 /

9

FIFA / Elisabeth Real


FATMA SAMOURA

Haben Sie in Senegal als karrierebewusste Frau Widerstand gespürt? Mein Vater hat mich stark geprägt. Zudem hatte ich sechs Brüder. Mein Vater war ein ranghoher Offizier und sagte mir als Teenager: „Du lebst in einer sehr konservativen Gesellschaft. Du musst stark sein und dich als Frau aus einer muslimischen Familie behaupten, um zu überleben.“ Der Rat meines Vaters und seine grosse Unterstützung haben mich und mein Leben geprägt. Ihr Vater wollte also nicht, dass Sie ein traditionelles Leben führen? Genau – zu meinem 16. Geburtstag schenkte er mir ein Motorrad. Ich war damals eines von nur 10

/ FIFA 1904

So verliessen Sie Senegal – für immer. Im Mai 1995 trat ich in Rom meine Stelle an. Nach fünf Jahren wurde ich als WFP-Landes direktorin nach Dschibuti versetzt. Nächste Station war Kamerun. In meinen 21 Jahren bei der UNO habe ich in Kosovo, Liberia, Nicaragua, El Salvador, Sierra Leone, Osttimor, Tschad, Guinea, Afghanistan, Bangladesch und Madagaskar gearbeitet und dabei viele Krisen und schwierige politische Situationen erlebt. Als stellvertretende humanitäre Koordinatorin war ich zudem im Osten von Tschad an der Grenze zum Sudan und in den letzten sechs Monaten vor meinem Wechsel im Juni 2016 zur FIFA in Nigeria stationiert.

Wo haben Sie Ihre berufliche Karriere begonnen? 1987 als Händlerin für Düngemittel in einem international tätigen senegalesischen Unter nehmen. Die vielen Reisen haben mich sehr gefordert. Ich musste zu allen Baumwollproduzenten von Mali, Benin, Kamerun und Burkina Faso über Frankreich bis nach Venezuela. So konnte ich kurz nach meinem Studienabschluss aber schon unglaublich grosse internationale Erfahrung sammeln. Wie kamen Sie zu den Vereinten Nationen? 1995, als ich in Angola nach einer Möglichkeit zum Vertrieb von Düngemitteln suchte, lernte ich einen Franzosen kennen, der für das Welternährungsprogramm (WFP) arbeitete.

­

Wie war es für Ihre Mutter, als Sie so jung weggingen? Sie tat alles, was sie konnte, damit ich in Frankreich studieren konnte. Ich wollte andere Sprachen lernen, doch an den senegalesischen Universitäten wurde damals nur eine Fremdsprache unterrichtet. Ich ging deshalb nach Frankreich, wo ich in Grenoble in drei Jahren den neuen Studiengang „Angewandte Fremdsprachen“ absolvierte. Da ich Englischund Spanischlehrerin werden wollte, machte ich danach einen Master in diesen beiden Fremdsprachen. Dank einem weiteren Stipendium der senegalesischen Regierung konnte ich an einer internationalen Hochschule in Strassburg schliesslich noch ein Nachdiplomstudium in internationalem Handel anhängen.

Neben Ihrem Vater scheinen noch zwei weitere Männer Ihren beruflichen Werdegang beeinflusst zu haben: der Franzose in Angola und Präsident Infantino. In der Tat – nicht zu vergessen mein Mann! [lacht] Sie wollten ursprünglich Lehrerin werden. Was möchten Sie heute als FIFA-Generalsekretärin vermitteln? Die FIFA erlebt gerade eine sehr schwierige Zeit und muss ihren Ruf nach all den finanziellen Skandalen wiederherstellen. Zudem muss das Management das Vertrauen der Angestellten zurückgewinnen, die ob der hohen Gehälter und Bonuszahlungen an die ehemalige FIFAFührungsriege ziemlich schockiert waren. Wir müssen ebenfalls das Vertrauen unserer Geschäftspartner zurückgewinnen.

foto-net

„Mein Vater hat mich auf meinem Weg immer unterstützt, auch als ich mit 18 Jahren beschloss, in Frankreich zu studieren. Ich suchte mir ein Stipendium und packte die Koffer.“

Wir sprachen über den Grund meines Aufenthalts in einem Land, in dem der Bürgerkrieg wütete und der öffentliche Dienst zusammen gebrochen war. Aus dem Gespräch wurde schliesslich ein Interview. Das WFP unterhielt damals eine der grössten Luftbrücken in Angola, und die Vereinten Nationen sorgten für die Versorgung mit Nahrungsmitteln und den Passagiertransport. Der Franzose schrieb dann eine Empfehlung an die WFP-Logistikabteilung in Rom (Italien) – mit dem Ergebnis, dass ich zwei Monate später ein Stellenangebot erhielt.

­

Sie haben das traditionelle Rollenbild Ihrer Heimat umgekehrt. Senegals Gesellschaft ist seit jeher sehr konservativ. Normalerweise folgen die Frauen ihren Männern, aber mein Mann ist sehr aufgeschlossen. Während meiner Zeit bei den Vereinten Nationen war er immer an meiner Seite, es sei denn, ich durfte meine Familie aus Sicherheitsgründen nicht mitnehmen. Sobald meine Jungs zwei Monate alt waren, ging ich auf Reisen. Da ich nicht stillte, konnte er sich um sie kümmern.

zwei Mädchen am Gymnasium, das Motorrad fuhr. Das war ein starkes Signal! Mein Vater hat mich auf meinem Weg immer unterstützt, auch als ich mit 18 Jahren beschloss, in Frankreich zu studieren. Ich suchte mir ein Stipendium und packte die Koffer. Mein Weg scheint vorgezeichnet gewesen zu sein: Bei meiner Geburt nannte mich ein Freund meines Vaters „meine internationale Tochter“ – einfach so, vielleicht weil er spürte, dass ich eines Tages in vielen verschiedenen Ländern arbeiten würde.

­

Wie schaffen Sie es, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen? Ich habe einen sehr verständnisvollen Mann. Schon als wir 1982 an der Uni ein Paar wurden, träumte ich von einer internationalen Karriere. Noch vor unserer Heirat im Juni 1988 beschlossen wir, dass sich mein Mann selbständig macht, damit er mich überall hin begleiten kann.


FIFA-Sitz Fatma Samoura vor der FIFA-Belegschaft (Mai 2016).

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FATMA SAMOURA Mit meinen 21 Jahren UNO-Erfahrung möchte ich darüber hinaus die Vielfalt fördern. Eines der wichtigsten Programme von Präsident Infantino zielt auf die Fussballförderung. Ich werde viel reisen, um dieses Programm zum Laufen zu bringen. Für mich ist der Fussball nicht nur ein globaler Sport, sondern auch weltweit die beste Unterhaltung, die grösste treibende Kraft und der beste Brückenbauer. Er ist ein Sport, der die Menschen über Europa hinaus anspricht. In Artikel 4 der überarbeiteten FIFA-Statuten ist das Gebot der sozialen Eingliederung und der Gleichstellung von Frau und Mann verankert. Ist Vielfalt eines Ihrer Hauptziele? Absolut. Bei unseren Mitgliedsverbänden wird die ausgewogene Vertretung der Geschlechter mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit. Es wird viel unternommen, damit Frauen im Fussball auch auf oberster Ebene vertreten sind.

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Sehen Sie hier Fortschritte? Ja. Ich war vom Frauenanteil in den Exekutiv komitees der Verbände sehr beeindruckt. Das ist ein starkes Signal und zeigt, dass die Menschen begriffen haben, dass der Fussball alle kulturellen, politischen, rassischen, ethnischen und geschlechtlichen Grenzen überwinden muss.

Farafangana, Madagaskar Fatma Samoura zusammen mit Frauen, die sie unterstützt hat (Dezember 2014).

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UNO-Vertreterin Fatma Samoura war 21 Jahre für die Vereinten Nationen tätig.

Raj Hassanaly / UNDP Madagaskar, FIFA, Lucky Musonda / UNDP Nigeria

Kommt die Stelle bei der FIFA zur richtigen Zeit? Ja, wenn ich die neuen FIFA-Statuten betrachte, die mehr Frauen in Führungspositionen bringen sollen. Ich werde Bewerbungen von Frauen für Führungspositionen in der FIFA persönlich prüfen und unterstützen, um der Welt zu zeigen, dass wir unseren Worten Taten folgen lassen und die FIFA-Führung Vielfalt fördert. In meiner Heimat lautet ein Sprichwort: „Die Ausbildung einer Frau ist eine Investition in die ganze Nation.“ Ich bin überzeugt, dass die gesamte Gesellschaft von der Ausbildung von Frauen profitiert. Ich weiss, dass ich bei der Förderung von Gleichberechtigung und Vielfalt voll auf Präsident Infantino zählen kann, und bin überzeugt, dass der Anteil der Frauen auf allen Stufen der FIFA-Administration steigen wird.

Platz des Friedens, Ruanda Fussballplatz in Kigali, der mit FIFA-Geldern erneuert wurde (2008).


Beim mittleren Management und darunter sieht es gar nicht so schlecht aus … Laut Zahlen haben wir dort ein Verhältnis von fast 50 zu 50. Ich will aber auch auf den obersten Stufen ein besseres Gleichgewicht.

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Was sind Ihre Ziele bei Menschenrechten und Nachhaltigkeit – zwei weiteren wichtigen Themen? Bei den Vereinten Nationen habe ich mich stets für die Förderung und den Schutz der Menschen­ rechte engagiert, weil ich fest an diese Säule der UNO Charta glaube. In Madagaskar habe ich die Nationalversammlung und den Senat dazu bewogen, interne Beratungsstellen zu schaffen, die sich für eine bessere Vertretung von Parlamentarierinnen und Senatorinnen in den Menschenrechtskommissionen der beiden Kammern einsetzen. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen hat über sein Programm zur Frauenförderung traditionell benachteiligten Frauen im Südosten Madagaskars Zugang zu Bildung und Land verschafft. Mit Anreizen haben wir sie zudem dazu ermuntert, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Die Ergebnisse nach fünf Jahren am Ende meiner Mission in Madagaskar waren beeindruckend. Die Frauen von Farafangana genossen dank den Massnahmen der UNO nicht nur eine bessere Stellung, sondern hatten auch realisiert, dass sie mit einer ordentlichen Ausbildung mehr Geld verdienen konnten als die Männer.

FIFA / Elisabeth Real

„Wir können bei der FIFA noch viel mehr tun, um die Welt positiv zu verändern und lebenswerter zu gestalten.“ Welche Rolle kann der Fussball bei der Frauenförderung spielen? Der Fussball ist weltweit die grösste treibende Kraft. 1996, mitten im liberianischen Bürgerkrieg, konnten nur der Regen und der Fussball die Gefechte stoppen. Nicht einmal der Ramadan oder Weihnachten brachte das sonst zustande. FIFA 1904 /

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DIE NEUE FIFA-GENERALSEKRETÄRIN FATMA SAMOURA GEBOREN AM 9. SEPTEMBER 1962 IN SENEGAL, 21 JAHRE IM DIENST DER UNO FÜR ENTWICKLUNGSUND HUMANITÄRE PROGRAMME IN AFRIKA, LATEINAMERIKA UND MITTELEUROPA VERHEIRATET, DREI KINDER

FIFA / Elisabeth Real

FATMA SAMOURA


Macht die FIFA genug aus dieser positiven Wirkung des Fussballs? Die FIFA ist eine sehr mächtige Organisation. Als FIFA-Generalsekretärin habe ich die einmalige Chance, das Profil des Sports zu schärfen – im Kampf gegen Hunger und Armut sowie als Motor zur Förderung und/oder Stärkung von Frieden, Gerechtigkeit und Einheit. Haben Sie auch darum zur FIFA gewechselt? Ich wusste, dass ich neue Perspektiven und Ideen in die FIFA einbringen kann. Mir ist klar, dass der Fussball eine der mächtigsten Sportarten ist und soziale, wirtschaftliche und humanitäre Gräben zuschütten kann. Dafür haben Sie bei der UNO eine gute Stelle aufgegeben. Ja, das stimmt, ich hatte einen hohen Posten, war aber jeweils nur für ein Land verantwortlich. Jetzt kann ich global etwas bewirken. Für mich ist die FIFA eine weitere UNO: eine UNO des Fussballs. Mit einer stärkeren Zusammenarbeit mit der UNO möchte ich den Fussball zum Epizentrum im Kampf gegen soziale Ausgrenzung, Diskriminierung und Armut machen. Wir können bei der FIFA noch viel mehr tun, um die Welt positiv zu verändern und lebenswerter zu gestalten. Dafür braucht es Glaubwürdigkeit. Die FIFA hat aber viel Kredit verspielt.

Nach der Bekanntgabe meiner Ernennung beim Kongress in Mexiko wurden Präsident Infantino und ich mit Glückwünschen überhäuft. Trotz der finanziellen Skandale geniesst die FIFA weltweit noch immer eine herausragende Stellung, weil sich die Menschen mit dem Fussball identifizieren. Ich weiss, dass sie grosse Hoffnungen in die FIFA und ihre positive Kraft setzen. Wie lang wird es dauern, bis der Ruf der FIFA wiederhergestellt ist? Es wird mindestens sechs Monate dauern, bis der Ruf der FIFA wiederhergestellt ist und sich in der FIFA bei der Verbesserung des Arbeitsumfelds, der Entwicklung des Fussballs und der Förderung von Vielfalt, Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung Erfolge einstellen. Nehmen wir die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022. Dank der WM in Katar können wir dafür sorgen, dass die Menschenrechte in allen Ländern zuoberst auf der Tagesordnung stehen. Wenn wir die Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen der 5000 direkt für die WM tätigen Arbeiter auf Länder mit ähnlichen Problemen übertragen können, wäre das für die FIFA ein riesiger Erfolg.

für die UNO im Einsatz war. Wenn es darum geht, die Menschenrechte und Nachhaltigkeit zu fördern und mit dem Fussball den Zugang zu Wasser, medizinischer Versorgung und Bildung zu verbessern, greife ich gerne auf meine Beziehungen in Hollywood und Nollywood (Nigeria) zurück. Unser grösster Trumpf sind aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FIFA. Um nochmals auf Afrika zurückkommen. Wie sehen Sie die Zukunft des afrikanischen Fussballs? Afrika liebt den Fussball und versorgt viele grosse Ligen weltweit mit Spielern. Ob in Frankreich, England oder in den Golfstaaten: Die Besten sind immer die Afrikaner. Wir müssen das immense Talent unserer Spieler nutzen und das spielerische Niveau bei uns in Afrika steigern. Und wann gewinnt Afrika den WM-Titel? Senegal spielte bei der WM 2002 in Korea und Japan gross auf und kam bis ins Viertelfinale. Was spricht also gegen einen Halbfinaloder gar Finaleinzug in Russland oder Katar? Mit dem Sieg 2002 gegen Titelverteidiger Frankreich sind wir in unseren Augen aber eh bereits Weltmeister! [lacht]

„Es wird mindestens sechs Monate dauern, bis der Ruf der FIFA wiederhergestellt ist und sich Erfolge einstellen.“ Auf einigen Fotos sind Sie mit HollywoodSchauspielern zu sehen. Sehen Sie Parallelen zum FIFA-Legendenteam, in dem sich ehemalige Fussballstars für den Fussball engagieren? Mit dem vom FIFA-Präsidenten initiierten FIFA-Legendenteam rühren wir die Werbetrommel für den Fussball. Im Osten von Tschad habe ich mit UNO-Botschaftern wie Mia Farrow zusammengearbeitet. Dabei sind wir Freunde geworden. Auch George Clooney war dort, als ich als stellvertretende humanitäre Koordinatorin ­

In der Antike mussten während der Olympischen Spiele die Waffen schweigen. In Ruanda war es ähnlich. Einige Jahre nach dem Völkermord 1994 bauten Vertreter der beiden einst verfeindeten Volksgruppen im Rahmen eines von der UNO und der FIFA initiierten Programms gemeinsam einen Fussballplatz, der bald zum Ort der Versöhnung und des sozialen Zusammenhalts wurde. Die beiden Lager, die sich gehasst und umgebracht hatten, begannen dank dem Platz, miteinander zu reden und gegeneinander zu spielen. Gemeinsam organisierten sie – allesamt junge Menschen zwischen 17 und 27 – auch gesellige Aktivitäten.

Mit Fatma Samoura sprachen am FIFA-Sitz in Zürich Perikles Monioudis und Alan Schweingruber. FIFA 1904 /

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Doppelt hält besser Portugals Kapitän Cristiano Ronaldo und sein Coach Fernando Santos geizen im Finale der Euro 2016 im Stade de France in Saint-Denis nicht mit taktischen Anweisungen an den späteren Europameister (10. Juli 2016).

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Martin Meissner / AP / Keystone (2), Matthias Hangst / Getty Images

EIN AUGENBLICK

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BRIEFMARKEN

EINE LEIDENSCHAFT FÜRS GANZE LEBEN ­

Peter C.A. de Jong sammelt Briefmarken. Nicht irgendwelche, denn der Fussball hatte es ihm schon als Junge angetan. „Als ich klein war, war das Sammeln und Tauschen unter Kindern sehr beliebt. Zuckerbriefchen, Zigarettenbanderolen, die Karten einer Einkaufskette – und eben Briefmarken.“ In der Regel, so der 69-jährige Niederländer, fange man mit Briefmarken aus dem eigenen Land an. Später dann spezialisiere man sich auf ein weiteres Land, auf eine Epoche oder ein Thema wie den Fussball – Weltmeisterschaften und Olympische Spiele. „Als Jugendlicher gab ich mein ganzes Taschengeld für Fussballbriefmarken aus.“ De Jong liebt die Details. „Briefmarken sind mehr als kleine Zettel“, sagt er. „Sie geben ein gutes Spiegelbild ihrer Zeit ab, zeigen, was in einem Land geschieht. Darüber hinaus ist es überraschend, Briefmarken näher zu betrachten. Je genauer man hinsieht, desto mehr entdeckt man darin: Farben, Zeichnungen, Informationen zur FIFA, Bilder von Spielern usw. Man kann dann auch über sie nachforschen, herausfinden, wer eine bestimmte Briefmarke entworfen hat und wo sie gedruckt wurde. Einige Briefmarken wurden gar zweifach gedruckt, etwa wenn das Ausgabeland seinen Namen und/oder den Gegenwert der Marke veränderte“, so de Jong. Jede Briefmarke hat ihre eigene Geschichte. „Meine Sammlung besteht aus rund 6000 Briefmarken, Belegen und Bögen. Die ältesten stammen von den Olympischen Spielen 1924 und 1928, den Vorläufern der WM, sowie den FIFA-Weltmeisterschaften 1930 bis 1978.“ Natürlich sei es für ihn heute sehr schwierig geworden, neue Briefmarken für seine Sammlung aufzustöbern. Am ehesten werde er im Internet fündig, auf Auktionsseiten. Auch betreibt de Jong eine Website (https://sites.google.com/site/testptrca/). Sie enthält in der Regel zu jeder Briefmarke Angaben zu Ausgabejahr, Grösse, Farbe, Papier, Auflage, Perforation, Motiv, Designer, Druckerei usf. sowie Hinweise zu den FIFA-Veranstaltungen, zu denen sie herausgegeben wurden. Das lässt das Herz nicht nur der Briefmarkensammler höher schlagen!

Handout (12), shutterstock

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© 2016 adidas AG


SOZIALE MEDIEN FIFA 1904 FRAGT AUF FACEBOOK UND TWITTER Welcher Sommertransfer wird nächste Saison am meisten für Furore sorgen?

„PJANIĆ ZU JUVE. EIN WELTKLASSESPIELER UND TOLLER FREISTOSSSCHÜTZE – WIE SEIN EINSTIGER LEHRMEISTER JUNINHO.“ Mirko Barni (Italien) auf Twitter

„UMTITI, WEIL BARCELONA EINEN ZUVERLÄSSIGEN JUNGEN VERTEIDIGER GESUCHT HAT UND ER VIEL POTENZIAL HAT. VISCA BARÇA.“ Christian van Slyke (USA) auf Twitter

„ZLATAN, MIT 34 HAT ER IN 31 LIGASPIELEN 38 TORE GESCHOSSEN. SEINE POWER UND SEIN TALENT SIND EINE BEREICHERUNG FÜR DIE EPL.“ Fady Tawfik (USA) auf Twitter

„MIT XHAKA NIMMT DAS LANGE WARTEN VON ARSENAL UND ARSÈNE AUF DEN NACHFOLGER VON VIEIRA UND DAMIT AUF DEN TITEL ENDLICH EIN ENDE.“

Getty Images (2)

Minank Naik (Indien) auf Twitter

„MKHITARYAN. MANU BRAUCHT EINEN SPIELER WIE IHN. DANK SEINEM TALENT ERKENNT ER SCHWACHSTELLEN IN DER ABWEHR SOFORT UND BEREITET TORE VOR.“ Joel Mefford (USA) auf Twitter

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NEUSEELAND

ROCKEN WIE DIE ROLLING STONES

Neuseeland gewinnt den OFC-Nationen-Pokal und erntet zu Hause Skepsis. Das Szenario zeigt, wie sehr bei den Kiwis die Ansprüche gestiegen sind. Man will unbedingt zur dritten WM. Von Alan Schweingruber

Jetzt läuft die Partie. Auf den Rängen singen sie aus voller Kehle, die Trainer stapfen durch die Coaching-Zone, und dem neutralen Zuschauer stellt sich die Frage: Wem helfen, wenn die eigene Nation schon ausgeschieden ist? Dem Schwächeren natürlich, der gewinnt ja sonst nie. Ein Sieg für den Underdog, ein Unentschieden nur, ein glückliches Elfmetertor via Pfosten und – man reisst gemeinsam mit den bemalten Anhängern die Arme in die Höhe. Und wenn der Glücksmoment dann noch eine Extrarunde dreht und die Energie den Weg in die Köpfe der Protagonisten findet, dann tritt beim Favoriten auf der Gegenseite oft das ein, was man Murphy‘s Law nennt: Alles Gute oder auch nur halbwegs Positive wendet sich mystisch von ihm ab. Er geht mit wehenden Fahnen unter. Die Überraschungsteams aus Island und Wales haben dieses Phänomen bei der Europameisterschaft in Frankreich wieder einmal eindrucksvoll aufleben lassen. 22

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Shane Wenzlick / Phototek

Finalsieg Die Neuseeländer Rory Fallon (l.) und Bill Tuiloma feiern den Triumph beim OFC-Nationen-Pokal.

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NEUSEELAND DIE SOLIDE ROCKBAND Im fernen Neuseeland, dort wo noch ein paar tausend Schafe mehr grasen als in Island und in Wales, ist den Fussballfreunden die Aussenseiterrolle ebenfalls bestens bekannt. Nur auf zwei WM-Teilnahmen blicken die Kiwis zurück: Spanien 1982 und Südafrika 2010. Der Coup bei einem grossen Fussballturnier ist den Neuseeländern noch nicht gelungen. Aber immerhin, und darauf ist man im Land mit den 4,5 Millionen Einwohnern stolz, trotzte man Italien 2010 in der Vorrunde ein 1:1 ab. Die Azzurri, damals amtierende Weltmeister, schieden danach aus. Neuseelands Nationalteam füllt aber noch eine andere Rolle aus. Fernab des internationalen Rummels, in der Inselwelt Ozeaniens, sind die All Whites Spitze. Gerade haben sie zum fünften Mal den OFC-Nationen-Pokal gewonnen und sich für den Konföderationen-Pokal im nächsten Jahr qualifiziert. Das Turnier in Russland ist mit grossen Mannschaften bestückt, unter anderem mit

Die heimische Presse hielt sich nach dem Triumph distanziert. Es war, als hätte ein einziger Ghostwriter über Nacht sämtliche neuseeländischen Blätter bedient. Fast All Whites In Neuseeland, im Land der vielen Schafe, amtet seit 2014 der Engländer Anthony Hudson (links in Weiss) als Nationalcoach.

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12. Juni 2016 Hudsons Team mit dem Pokal, rechts Elfmeterheld Stefan Marinovic.

Deutschland, Portugal und Chile (siehe Kasten). Die Neuseeländer? Sie sind die Kleinen unter den Grossen, die Grossen unter den Kleinen. Wie eine Rockband, die richtig gute Musik macht und jeden Keller zum Kochen bringt. Zu den Festivals aber, dort wo die Rolling Stones und Radiohead spielen, fährt sie nur selten. Und wenn, dann fürs Nachmittagsprogramm. Interessant ist, wie die Neuseeländer den Triumph in Papua-Neuguinea aufgenommen haben. Klar wurde am

Shane Wenzlick / Phototek (3), Clip Dealer

Sonntagabend des 12. Juni erst mal der Schweiss von der Stirn gewischt und schön angestossen. Es war ein knapper Finalsieg gegen den Gastgeber (4:2-Sieg im Elfmeterschiessen). Die heimische Presse aber hielt sich distanziert. Es war, als hätte ein einziger Ghostwriter über Nacht sämtliche neuseeländischen Blätter bedient. Sein Fazit: So wird das aber nichts mit der dritten WM-Teilnahme! Und hätte man nicht Stefan Marinovic in seinen Reihen gehabt, den besten Mann des Turniers FIFA 1904 /

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Kritik hin oder her: Trainer Anthony Hudson ist mit seinem Team im Zeitplan.

KONFÖDERATIONEN-POKAL 2017 Der FIFA Konföderationen-Pokal dauert vom 17. Juni bis zum 2. Juli 2017 und ist so etwas wie die Generalprobe für die WM im darauffolgenden Jahr. Direkt qualifiziert sind der Gastgeber und der amtierende Weltmeister, dazu kommt ein Nationalteam aus jeder

also, dann stünden die Zeichen schon heute auf „Land

Konföderation. Die Teilnehmer 2017: Russland,

unter“. Der 24-jährige Keeper parierte nach den torlosen

Deutschland, Chile (CONMEBOL), Australien (AFC),

120 Minuten zwei Elfmeter.

Neuseeland (OFC), Mexiko (CONCACAF), Portugal (UEFA) und der Sieger des Afrikanischen Nationen-

MAN NIMMT DIE DEFIZITE ERNST

Pokals 2017 (CAF). Das Turnier wird in Moskau,

In Neuseelands Sportwelt geht ja nichts über eine nette

Sankt Petersburg, Kasan und Sotschi in zwei Vierer-

Partie Kricket oder Rugby. Wer glaubt, dass sich daran

gruppen ausgespielt. Die besten beiden Teams

bald Grundlegendes ändern wird, der glaubt auch ein

jeder Gruppe qualifizieren sich für die Halbfinals.

bisschen an die Liebenswürdigkeit der ozeanischen

2013 gewann Brasilien das Turnier.

Seepiraten. Aber, und das zeigen die Reaktionen nach dem Triumph in Papua-Neuguinea: Die Ansprüche im neuseeländischen Fussball steigen. Man nimmt die Mängel in der Mannschaft ernst und liegt sich nicht aus

DIE NATIONEN IN DER OFC

Bequemlichkeit in den Armen. Nicht alles sei super

Der ozeanischen Fussballkonföderation (OFC) gehören

gewesen, sagt der ehemalige Kiwi-Stürmer Wynton Rufer

14 Verbände an, von denen elf jeweils um die

auf Anfrage dieses Magazins. „Aber wir werden beim

WM-Teilnahme kämpfen: Amerikanisch-Samoa, die

Konföderationen-Pokal in Russland sicher ein anderes

Cook-Inseln, Fidschi, Neukaledonien, Neuseeland,

Neuseeland sehen.“ Rufer, 174-facher Torschütze für

Papua-Neuguinea, die Salomon-Inseln, Samoa, Tahiti,

Werder Bremen (1989–1994), betreibt in Auckland seit

Tonga und Vanuatu. Die WM-Qualifikation geht in

fast 20 Jahren eine Fussballschule. Auch Elfmeterheld

Ozeanien über drei Runden, wobei der Sieger noch in

Marinovic vom deutschen Regionalligisten Unterhaching

die Play-offs muss. Dort wartet der Fünftplatzierte der

stammt aus seiner Akademie. „Ja, der kann‘s nach oben

starken Südamerikagruppe. In der Qualifikation für die

schaffen“, sagt Rufer.

WM 2014 scheiterte Neuseeland in den Play-offs an Mexiko. Der OFC-Nationen-Pokal findet alle vier Jahre

In einem Jahr geht die WM-Qualifikation auf allen

statt. In der dritten WM-Qualifikationsrunde trifft

Kontinenten in ihre entscheidende Phase. Kurz vor Schluss

Neuseeland auf Neukaledonien und Fidschi.

kommt‘s noch zu den bilateralen Showdowns, den Playoffs. Acht Teams kämpfen dort nach dem Prinzip „alles oder nichts“ um ihre letzte Chance – auch das beste Team aus Ozeanien. „Ich habe einen Plan“, sagte Neuseelands Coach Anthony Hudson vor acht Monaten zu „The FIFA Weekly“. „Ich glaube an meine Arbeit, und ich glaube an meine Spieler. Wir wollen zum Konföderationen-Pokal und zur WM – und wenn wir dort sind, wollen wir Geschichte schreiben.“ Einmal so rocken wie die Rolling Stones also. Kritik der heimischen Presse hin oder her: Hudson ist zumindest im Zeitplan.

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ERSTE LIEBE ORT Akoupé, Elfenbeinküste DATUM 8. April 2014 UHRZEIT 18.19 Uhr FOTO Malte Jaeger

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DAS INTERVIEW

Silvia Neid Die Entwicklung des deutschen Frauenfussballs ist fast schon untrennbar mit ihrem Namen verbunden. 30

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„MICH KANN NICHTS MEHR ÜBERRASCHEN“ Keine hat den Frauenfussball in Deutschland so geprägt wie sie: Silvia Neid feiert seit 1982 als Spielerin und Trainerin grosse Erfolge. Nach den Olympischen Spielen hört sie auf. Zeit also für einen persönlichen Blick zurück und nach vorn. Mit Silvia Neid sprach Annette Braun in Bad Gögging.

Simon Hofmann / Getty Images

Frau Neid, können Sie gut mit Abschieden umgehen? Es macht einen Unterschied, ob man selbst den Entschluss gefasst hat zu gehen oder ob man zu der Entscheidung gedrängt wurde. Das Amt der Bundestrainerin aufzugeben, war mein eigener Wunsch, und ich habe mir das gut überlegt. Die Zeit ist reif für etwas Neues in meinem Leben. Ihr Name und das deutsche Frauennationalteam sind fast schon untrennbar miteinander verbunden. Wie werden beide Seiten ohne einander auskommen? Beim letzten Spiel wird schon ein bisschen Wehmut dabei sein, wenn ich mich von der Mannschaft und dem Team dahinter verabschiede. Beim ersten Lehrgang ohne mich

im September wird es vielleicht heissen: Da fehlt doch jemand. Gleichzeitig ist mit Steffi Jones aber schon die neue Verantwortliche da, die die Aufgaben übernimmt. Deshalb glaube ich: Es wird schnell wieder Normalität einkehren – auf beiden Seiten. Haben Sie die Vorbereitung auf Olympia anders erlebt als jene zuvor? Ich geniesse sie mehr und erlebe sie intensiver. Die Zeit verging wie im Flug, weshalb ich versuche, alles aufzusaugen und hin und wieder auch innezuhalten. Es ist mein letztes Turnier: Natürlich will ich es nochmals besonders gut machen, und wir haben die Trainingsinhalte akribisch ausgearbeitet. Sie kennen die Spielerinnen alle schon sehr lange. Vereinfacht das den Umgang, oder macht es gewisse Entscheidungen – zum Beispiel das Aufgebot des Kaders – schwerer? Ich versuche, das zu trennen, ertappe mich aber schon dabei, schneller zu urteilen, gerade weil ich die Spielerinnen schon so lange kenne. Ein neutraler Blick ist deshalb ganz wichtig, um nicht in bereits bestehende Denkmuster zu verfallen. Ich will nicht in Schubladen denken, sondern jeder Spielerin die Gelegenheit geben, sich neu zeigen und beweisen zu können. Deshalb diskutieren wir die Leistungen aller Spielerinnen auch innerhalb des Trainerteams, damit jeder seine Meinung und seinen Blickwinkel einbringen kann. Da achte ich stärker darauf.

Sie waren beim ersten deutschen Länderspiel, bei der ersten Frauen-WM und beim ersten Olympischen Fussballturnier der Frauen dabei. Sie wurden ausserdem als erste FIFA-Trainerin des Jahres ausgezeichnet, haben also immer Pionierarbeit geleistet. Teil dieser Meilensteine des Frauenfussballs zu sein, macht mich schon sehr stolz. Auch als erste deutsche Spielerin die 100-Länderspiele-Marke erreicht zu haben und Rekordnationalspielerin geworden zu sein, ist eine besondere Ehre. Dafür mussten Sie grosse gesellschaftliche Hürden überwinden. Da steckten natürlich viel Arbeit und vor allem auch viel Kampf dahinter, um für unsere Sportart Überzeugungsarbeit zu leisten und Barrieren zu überwinden. Was unterscheidet diese Generation von der Ihrigen? Der Weg für diese Generation ist bereits geebnet. Die Professionalisierung hat Einzug gehalten – sowohl auf technischer und taktischer als auch auf administrativer Ebene. Wir arbeiten jetzt unter anderem mit einem Analytiker, Torwarttrainer, Trainingsphysiologen und einem Athletiktrainer zusammen. Das Team hinter dem Team umfasst mittlerweile rund 20 Personen. Zu den Zeiten, als Tina TheuneMeyer Bundestrainerin war, sassen wir vor dem TV und haben die Videokassetten mit den Partien selbst vor- und zurückgespult, um den FIFA 1904 /

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DAS INTERVIEW Spielerinnen wichtige Szenen zu zeigen. Das beweist: Der Frauenfussball hat eine beeindruckende Entwicklung erfahren, und das ist gut so. Wer weiss, wie es in zehn Jahren aussieht. Vielleicht drücken die Spielerinnen dann nur noch auf einen Knopf und sehen automatisch ihre Stärken und Schwächen. Wie haben Sie sich in Ihrer Herangehensweise und Ihrem Auftreten verändert? Ich habe Erfahrungen gesammelt, die es mir einfacher machen, auf bestimmte Situationen zu reagieren. Ich kann das Training ganz anders gestalten als am Anfang meiner Laufbahn, weil ich mich sicherer und selbstbewusster fühle. Nichtsdestotrotz bin ich aber ein Bauchmensch. Pläne sind gut, aber die Kunst besteht darin, in den wichtigen Momenten instinktiv richtig zu handeln.

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Haben Ihnen der Erfolg und damit verbunden das Gefühl geholfen, nichts mehr beweisen zu müssen? Als junge Trainerin musst du erst einmal liefern, und die Fussstapfen meiner Vorgängerin Tina Theune-Meyer waren gross. Der direkte Weltmeistertitel 2007 tat da natürlich sehr gut.

NAME Silvia Neid GEBOREN 2. Mai 1964 in Walldürn (Deutschland) STATIONEN ALS SPIELERIN SV Schlierstadt, Klinge-Seckach, SSG 09 Bergisch Gladbach, TSV Siegen STATIONEN ALS TRAINERIN DFB-Trainerin U-16-, U-18-, U-19-Auswahl und Assistenztrainerin Frauennationalteam (1996 bis 2005), Bundestrainerin Frauennationalteam (seit 2005) GRÖSSTE ERFOLGE ALS SPIELERIN Vizeweltmeisterin (1995), Europameisterin (1989, 1991, 1995), siebenfache deutsche Meisterin, sechsfache DFB-Pokal-Siegerin, 111 Länderspiele und 48 Tore GRÖSSTE ERFOLGE ALS TRAINERIN Weltmeisterin (2003, 2007), Europameisterin (1997, 2001, 2005, 2009, 2013), Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen (2000, 2004, 2008)

Auch nicht Kritik? Kann man sich daran gewöhnen? Wenn du als Trainer tätig bist, wirst du immer kritisiert, wenn es nicht gut läuft. Am Anfang war ich über negative Aussagen in der Presse traurig, weil sich Menschen ein Bild von mir machten, obwohl sie mich und meine Arbeitsweise gar nicht kannten. Jetzt bin ich aber so weit, dass ich diese Kritik nicht mehr an mich heranlasse – meine Mitarbeiter und meine Freunde sind mir dabei eine grosse Hilfe. Mir ist es nicht mehr wichtig, was über mich geschrieben wird. Es war ein langer Prozess, aber ich muss nicht mehr gefallen. Man kann es sowieso nie allen recht machen.

Simon Hofmann / Getty Images

Sie strahlen Ruhe aus. Mich kann nichts mehr überraschen. Es geht nicht mehr so schnell, dass mich etwas aus der Fassung bringt.


„Wenn du als Trainer tätig bist, wirst du immer kritisiert, wenn es nicht gut läuft. Mir ist es nicht mehr wichtig, was über mich geschrieben wird. Es war ein langer Prozess, aber ich muss nicht mehr gefallen.“

Wo steht der Frauenfussball? Leider ist es im Sport wie in der Gesellschaft immer noch so, dass Frauen mehr leisten müssen als Männer, um Anerkennung zu erhalten. Frauen verdienen beispielsweise für die gleiche Arbeit weniger als Männer – und wir leben im 21. Jahrhundert. Das kann man als Frau manchmal fast nicht glauben. Sie haben einmal gesagt, dass Sie alles für den Fussball gegeben haben. Was hat Ihnen der Fussball im Gegenzug geschenkt? Fussball war immer ein grosser Teil meines Lebens. Aber ich wusste nicht, was am Ende dabei herauskommen wird. In meiner Kindheit war der Frauenfussball schliesslich noch total verpönt. Meine Eltern haben mich aber immer unterstützt. Jetzt verdiene ich mein Geld mit meinem Hobby. Ich habe durch den Fussball unheimlich viele tolle Menschen kennengelernt und viele Länder bereist. Mein Horizont hat sich durch den Fussball erweitert. Ruhm, Ehre, Schelte – ich stehe in der Öffentlichkeit und habe alles erlebt. Dem Fussball habe ich viel gegeben, aber auch viel zurückbekommen. Am 3. August starten die Olympischen Spiele. Welche Bedeutung hat das Turnier für die Spielerinnen? Die Olympischen Spiele sind eine tolle Gelegenheit, sich zu präsentieren. Je weiter wir in diesem Turnier kommen, desto interessanter werden wir für die Zuschauer, weil wir ins Bewusstsein der Menschen rücken. Diese Tatsache ist ein grosser Ansporn, und der Frauenfussball kann dadurch nur gewinnen.

Die Nationalmannschaft ist das Aushängeschild unseres Sports und das beste Mittel, um die breite Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen. Wir generieren hohe Einschaltquoten, und davon profitiert der gesamte Frauenfussball in Deutschland. Dreimal haben Sie bei den Olympischen Spielen die Bronzemedaille gewonnen. Eine Goldmedaille zum Abschluss wäre ein schönes Abschiedsgeschenk. Gegen einen solchen Abschluss hätte ich definitiv nichts einzuwenden und würde mich sehr darüber freuen. Wir arbeiten sehr hart daran, dieses Ziel zu erreichen. Die EM der Männer wurde von einer äusserst defensiven Taktik vieler Mannschaften geprägt. Wird das auch bei den Frauen in Brasilien der Fall sein? Davon gehe ich aus. Diese Entwicklung war schon bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2015 in Kanada zu beobachten. Immer mehr Teams spielen super gegen den Ball und stehen sehr kompakt. Das ist der Trend. Damit müssen wir rechnen und dafür Lösungen finden. Gleichzeitig müssen wir aber auch selbst gut gegen den Ball agieren, da wir bei Olympia nicht unbedingt die technisch stärkste Mannschaft sein werden. Ich denke da zum Beispiel an die Französinnen, die grosses Potenzial haben.

Meine Hauptaufgabe wird es sein, Trends zu erkennen und diese dann an Bundestrainerin Steffi Jones weiterzugeben. Für mich bedeutet das, dass ich bei Turnieren dabei sein und die grossen Nationen beobachten werde. Wichtig wird auch eine enge Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen im Männerfussball sein, denn viele Entwicklungen nehmen dort ihren Anfang. Mal abgesehen vom neuen Job, worauf freuen Sie sich nach dem Ende Ihrer Tätigkeit als Bundestrainerin ganz besonders? Ich werde erst einmal Urlaub machen. Zudem möchte ich die dazugewonnene Zeit sinnvoll nutzen: neue Erfahrungen machen, mich weiterbilden. Auf diese Freiheit freue ich mich sehr.

Als Leiterin der neuen DFB-Scoutingabteilung für Frauen- und Mädchenfussball werden Sie sich genau mit diesen technischen und taktischen Entwicklungen im Frauenfussball beschäftigen. FIFA 1904 /

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DAMALS

1974 DĂœSSELDORF, DEUTSCHLAND

Ullstein

Der Schwede Ove Grahn (l.) weiss sich im WM-Gruppenspiel nur mit unlauteren Mitteln gegen den Deutschen Georg Schwarzenbeck zu helfen.

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HEUTE

2016 LENS, FRANKREICH

Denis Charlet / AFP

Auch dem Albaner Ergys Kaçe (l.) bleibt im EM-Gruppenspiel gegen den Schweizer Valon Behrami nur eine Regelwidrigkeit übrig.

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DEBATTE

START DES NEU GESTALTETEN FIFA-ENTWICKLUNGSPROGRAMMS Die FIFA-Entwicklungskommission unter der Leitung von

„Die FIFA-Administration wird insbesondere darauf achten,

FIFA-Vizepräsident und AFC-Präsident Salman bin Ebrahim

dass Entwicklungsprojekte zweckmässig realisiert und dank mehr

al-Khalifa gab am 13. Juli 2016 bei ihrer Sitzung in Zürich den

Rechenschaft, regelmässigen Kontrollen und Berichten genau

Startschuss für das überarbeitete FIFA-Entwicklungsprogramm

überwacht werden. Der Erfolg des Forward-Programms hängt

Forward, das im Mai 2016 vom FIFA-Kongress genehmigt

aber nicht allein von der FIFA, sondern auch von der Arbeit

worden war. Bei der Sitzung ebenfalls zugegen war der

aller Mitgliedsverbände ab“, erklärte FIFA-Generalsekretärin

Vorsitzende der Audit- und Compliance-Kommission der FIFA,

Fatma Samoura.

Tomaž Vesel. Wie von der Entwicklungskommission bestätigt, haben die Mitgliedsverbände und Konföderationen bis zum 1. Juni 2017 Zeit,

nun unter dem Forward-Programm Mittel beantragen und so

ihre Zielvereinbarung mit den Erfolgsindikatoren festzulegen.

bei der Fussballförderung von einer umfassenden, massgeschnei-

Bis dahin wird die Kommission sämtliche Projektanträge einzeln

derten Unterstützung profitieren. Eckpfeiler des Programms:

prüfen.

• HÖHERE INVESTITIONEN: Massiv mehr FIFA-Mittel für jeden

Die Entwicklungskommission tagte letztmals in dieser Zusammen-

Die FIFA-Mitgliedsverbände und die Konföderationen können

Mitgliedsverband zur Fussballförderung: USD 5 Millionen

setzung. Gemäss den vom FIFA-Kongress im Februar 2016

pro Vierjahreszyklus statt wie bisher USD 1,6 Millionen. Die

verabschiedeten Reformen wird die Entwicklungskommission neu

Konföderationen erhalten pro Vierjahreszyklus USD 40 Millionen

strukturiert und zur Hälfte mit unabhängigen Mitgliedern besetzt.

statt USD 22 Millionen.

Die erste Sitzung der neu strukturierten Kommission findet im Oktober 2016 statt.

• GRÖSSERE WIRKUNG: Alle FIFA-Projekte zur Fussballförderung werden in einer massgeschneiderten Zielvereinbarung zusammengefasst, die von den jeweiligen Mitgliedsverbänden und Konföderationen zu unterzeichnen ist.

• MEHR TRANSPARENZ: Verstärkte Kontrollen bürgen für eine transparente Verwendung der zusätzlichen Mittel zur Fussballförderung, einschliesslich der Veröffentlichung der Jahresrechnungen der Mitgliedsverbände und Konföderationen auf FIFA.com und der Prüfung der Jahresrechnung durch einen unabhängigen Buchprüfer gemäss Forward-Reglement. „Diese Sitzung der Entwicklungskommission ist ein Meilenstein. Mit dem Forward-Programm sind wir in der Lage, die Wirkung ­

der FIFA-Entwicklungsprojekte zu steigern und die Dienst

leistungen für die Mitgliedsverbände und die Konföderationen den Herausforderungen meistern und das Forward-Programm zum Erfolg führen”, sagte Salman bin Ebrahim al-Khalifa. 36

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FIFA

zu verbessern. Mit der neuen Struktur können wir die anstehen-


DAS WORT DES PRÄSIDENTEN

FUSSBALLFÖRDERUNG – TRANSPARENT UND NACHHALTIG FIFA ist Fussball, Fussball ist FIFA – das Spiel der Spiele muss gefördert werden, prioritär, damit es sich überall auf der Welt nachhaltig weiterentwickelt. Deswegen investiert die FIFA im Vierjahreszyklus künftig nicht mehr bloss USD 1,6 Mio. in jeden Mitgliedsverband, sondern neu USD 5 Mio. und neu USD 40 Mio. statt USD 22 Mio. in jede der sechs Konföderationen sowie – ab einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt im kommenden Jahr – bis zu USD 1 Million in die Regionalverbände, damit diese Turniere für junge Frauen und Männer veranstalten können. Das ist eine massive Erhöhung, die gleichzeitig mit einer sehr strengen Kontrolle der Verwendung der Gelder verknüpft ist. Ich hatte beides, Erhöhung und Kontrolle, schon in meinem Wahlmanifest festgehalten – damals noch als Vision. Nun, nachdem der Kongress in Mexiko die Grundlage zu den Reformen gelegt hat, wird diese Vision bereits nach wenigen Monaten Wirklichkeit. Ich freue mich darüber. Das ist der Weg, den die FIFA beschreiten muss. Die verschiedenen Entwicklungsprogramme der FIFA wurden zusammengefasst und zu FIFA Forward vereinheitlicht. FIFA Forward: Effizient, mit besserer Planung, grösster Sorgfalt und Transparenz sowie mit starken Kontrollkriterien gehen wir unseren vornehmsten Auftrag neu an, die Entwicklung des Fussballs nachhaltig und sozial ausgewogen voranzutreiben. Nehmen Sie mich beim Wort: Unser aller Fussball wird sich mit FIFA Forward kraftvoll entfalten können – weltweit. Vor etwas mehr als zwei Wochen, am 13. Juli, hat die FIFA-Entwicklungskommission FIFA Forward nun also auf den Weg gebracht. Mitgliedsverbände und Konföderationen können ab sofort und Regionalverbände ab 2017 überaus individuelle, massgeschneiderte finanzielle Förderung beantragen. Selbstredend haben wir auch die Kriterien verbindlich formalisiert, nach denen die Gelder investiert werden müssen, sowie einheitliche Antrags- und Kontrollverfahren festgelegt. So muss sich jeder einzelne der 211 Mitgliedsverbände überdies einer jährlichen Buchprüfung unterziehen.

Ihr Gianni Infantino

Lukas Mäder / 13 Photo

FIFA ist Fussball, Fussball ist FIFA – von jetzt an mehr denn je.

FIFA 1904 /

37


FIFA-WELTFUSSBALLMUSEUM

AUF SCHATZSUCHE 110 Jahre FIFA- und Weltfussballgeschichte an einem Ort: In der Bibliothek des Weltfussballmuseums in Zürich laden einzigartige Schriftstücke zu einer Reise in die Vergangenheit ein. Von Annette Braun

Die Bibliothek und das Dokumentati-

dahinter ein Raum mit grossen Fenstern,

aufhorchen liessen, oder ins Mexiko des

onszentrum bieten jeder und jedem

die die modernen Arbeitsplätze und das

Jahres 1986, als Diego Armando

Interessierten Zugriff auf das institutio

bequeme Sofa im Tageslicht erstrahlen

Maradona Argentinien zum Titel führte.

nelle Gedächtnis der FIFA und stellen

lassen. Im vorderen Bereich stehen

Offizielle Dokumente der Verbände,

Wissenschaftlern, Studenten und der

aktuelle Fussballmagazine, ein bunter Mix

eindrucksvolle Fotografien, Spielberichte –

interessierten Öffentlichkeit die Geschichte

aus verschiedenen Ländern, garniert mit

auch die Augen des Bibliothekars

der FIFA und des internationalen Fussballs

Schlagzeilen, die nicht unterschiedlicher

leuchten, wenn er von den Materialien

vor. Sie sind eine Begegnungsstätte,

sein könnten. Es ist ein Vorgeschmack auf

spricht, mit denen er Tag für Tag arbeitet:

in der ein Hauch von Nostalgie weht und

die Vielfalt von Büchern, die sich im

„Als grosser Fussballfan, der selbst viele

die die historischen, sozialen und

hinteren Teil des Raumes befinden.

Jahre gespielt hat, kriege ich Gänsehaut,

wirtschaftlichen Aspekte des Fussballs

wenn ich diesen faszinierenden Ort

erschliesst. Ein Ort, an dem die Tragweite

betrete.“

der Historie mit jedem Blatt Papier spürbar ist – ob glänzend weiss, weil es Teil der

etwa, 70 000 Schriftstücke sind darüber Ein ganz besonderes Schriftstück ist das

neueren Geschichte ist, oder abgenutzt

finden, das digital abrufbar ist. „Diesen

FIFA-Bulletin vom 1. September 1905.

und vergilbt, weil sein Ursprung schon

Schatz zu bewahren, zu vermehren und

Es ist so etwas wie das Gründungsdoku-

Jahrzehnte zurückliegt. Wie beispielsweise

zugänglich zu machen, ist eine Aufgabe,

ment der FIFA, in dem die Organisation

der offizielle Bericht des italienischen

die uns mit grossem Stolz erfüllt“, sagt

ihre Statuten in zehn Artikeln nieder

Fussballverbands über die FIFA-Weltmeis-

Bibliothekar Michael Schmalholz, während

gelegt hat. Vier unscheinbare Seiten

terschaft 1934. Ein seltenes Dokument in

er durch die sorgfältig geordneten

mag das Dokument nur umfassen, sein

der Sammlung.

Regale mit Werken in unterschiedlichen

ideeller Wert lässt sich in Zahlen jedoch

Sprachen schreitet.

gar nicht ausdrücken. „Seit dieser

„Wir wollen den intellektuellen Austausch

Gründungsphase hat sich die FIFA

fördern“, sagt Schmalholz. Der Fussball

PRIVILEG UND VERPFLICHTUNG

weiterentwickelt, aber unsere Aktivitäten

und seine Entwicklung sollen geöffnet

Der Besucher fühlt sich ein bisschen wie

dienen letztlich immer noch jenen Zielen,

werden, so dass sich jeder, der die Türen

in einer Schatzkammer der Fussball

­

hinaus im Dokumentationszentrum zu

schliesst, als Gewinner fühlt – und es

nahe erscheint. Fast so, als ob man live

Artikeln formuliert hat“, sagt Schmalholz

kaum erwarten kann, das Spiel aufs Neue

dabei ist und selbst am Spielfeldrand steht

ehrfürchtig. Im Museum ist eine

anzupfeifen und zum Ort der Erinnerung

– mitfiebert beim Elfmeterschiessen,

Nachbildung ausgestellt, das Original

zurückzukehren.

lacht beim Triumph und traurig ist bei

befindet sich im FIFA-Dokumentations

einer Niederlage. Es beginnt eine Reise in

zentrum.

38

/ FIFA 1904

­

der Museumsbibliothek hinter sich wieder

vor über 110 Jahren in diesen zehn

­

die eine Gruppe weitsichtiger Pioniere

geschichte, in der der Sport zum Greifen

FIFA-MUSEUM (5)

4500 Bände beheimatet die Bibliothek in

­

ORT DER BEGEGNUNG

WM 1966, als die Nordkoreaner

Wenn sich die Türen der FIFA-Museums

­

die Vergangenheit, zum Beispiel zur

bibliothek in Zürich öffnen, erstreckt sich


BESUCH IN DER BIBLIOTHEK Die Bibliothek, die kontinuierlich durch Neuerscheinungen und eigene Publikationen aufgestockt wird, ist mittwochs und freitags von 10 bis 14 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Für den Besuch einfach das Anmeldeformular unter http://de.fifamuseum.com/visit/library herunterladen und ausgefüllt an library@fifamuseum.org zurückschicken. Auf dieser Grundlage wird die Erlaubnis zur Benutzung der Bibliothek erteilt, und die angefragten Materialien werden zur Verfügung gestellt. Über einen virtuellen Auskunftsservice können auch Personen, für die eine Reise nach Zürich nicht möglich ist, die Expertise und die in der Bibliothek und im Dokumentationszentrum gesammelten Materialien nutzen. Anfragen sind an die oben genannte E-Mail-Adresse zu richten. „Unser Sitz und unsere analogen Materialien mögen in Zürich sein, unser digitaler Service ist, entsprechend dem Charakter des FIFA-Weltfussballmuseums, jedoch global“, sagt Bibliothekar Michael Schmalholz.

Auf den Spuren der Fussballgeschichte Die Bibliothek des Weltfussballmuseums lädt zum Besuch ein.

FIFA 1904 /

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FRAUENFUSSBALL

MEHR ALS FUSSBALL

Bei der U-20-Frauen-Weltmeisterschaft in Papua-Neuguinea betreten nicht nur talentierte Nachwuchsspielerinnen die grosse Fussballbühne. Es wird auch ein Grundstein für die Förderung der Mädchen und Frauen in der Region gelegt. Von Annette Braun

Hand aufs Herz Das U-20-Team Papua-Neuguineas lauscht ehrfürchtig der Nationalhymne.

40

/ FIFA 1904


Es war kein Zufall, dass der Startschuss für die FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft in Papua-Neuguinea am 8. März fiel. Die Präsentation des offiziellen Emblems und des Slogans in Port Moresby fand am internationalen Weltfrauentag statt und unterstrich die Ziele des Turniers, Mädchen und Frauen mithilfe des Fussballs zu fördern. „Begeistern und brillieren“ – so lautet das Motto der diesjährigen Nachwuchskonkurrenz, die vom 13. November bis zum 3. Dezember im pazifischen Inselstaat stattfinden wird. Die Vorgängerinnen hinterliessen durch ihre Leistung Spuren. Sie führen über das Turnier

„Die internationale Härte ist für die Weiterentwicklung als Spielerin enorm wichtig.“ Dzsenifer Marozsán

hinaus in die Profiligen dieser Welt, vorbei an Meisterschaften und Auszeichnungen. Die Fussstapfen sind gross, aber sie motivieren all jene, die nachfolgen und ihrem Traum nacheifern wollen. Ein Blick zurück ist gleichzeitig ein Blick nach vorn.

DIE STARS VON MORGEN Bei der Turnierpremiere 2002 machte die Kanadierin Christine Sinclair auf sich aufmerksam. In ihrem Heimatland schoss sie zehn Treffer und wurde damit nicht nur Torschützenkönigin, sondern auch zur besten Spielerin gekürt. Zwei Jahre später blitzte das Können von Marta

im brasilianischen Nationalteam und das von Célia Šašić in der deutschen Equipe auf – Letztere war damals mit ihren 16 Jahren noch das Nesthäkchen und konnte nach einem 2:0 im Finale gegen China den Titel erringen. 2008 siegte Sydney Leroux bei der U-20-WM in Chile, bevor sie 2015 in Kanada mit den US-Frauen Weltmeisterin wurde. Es waren die

Vermächtnis Die FIFA möchte den Frauenfussball in der Region über die U-20-WM hinaus stärken – zum Beispiel durch Trainerinnenkurse mit der ehemaligen italienischen Nationalspielerin Carolina Morace.

ersten Ausrufezeichen der Stars von morgen, die ersten internationalen Schritte auf ihrem erfolgreichen Weg nach oben.

Shane Wenzlick / Phototek, OFC (2)

Die Schweizer Nationalspielerin Ramona Bachmann, die 2006 und 2010 am Turnier teilnahm, bestätigt dessen Bedeutung: „Man spielt gegen die Besten aus anderen Nationen und kann einiges dazulernen, da man sieht, wie hoch die Messlatte liegt. Man sieht darüber hinaus, wo vielleicht noch das eine oder andere fehlt, woran man noch arbeiten muss, um international auf Topniveau bestehen zu können.“ Das sieht auch die deutsche Spielgestalterin Dzsenifer Marozsán so, die den Partien 2012 ihren Stempel aufdrückte und mit dem Goldenen Schuh ausgezeichnet wurde: „Die internationale Härte ist für die Weiterentwicklung als Spielerin enorm wichtig. Darüber hinaus nimmt man ganz viel Turniererfahrung mit.“ FIFA 1904 /

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FRAUENFUSSBALL

MIT LÖWENMUT NACH RIO Das simbabwische Nationalteam nimmt in Rio zum ersten Mal an einem Olympischen Fussballturnier teil. Ein Meilenstein in der Entwicklung des Frauenfussballs im Land. Von Annette Braun

Ein Meilenstein, der das ganze Land stolz macht. „Wir alle weinten vor Glück. Es war unglaublich“, sagt die Simbabwerin Theresa Maguraushe, die an der zweiten Auflage des FIFA-Programms zur Förderung von weiblichen Führungskräften teilnimmt. Einen Unterschied ausmachen und sich Ziele stecken – das sind wichtige Punkte des Kurses, der Frauen in Führungspositionen fördern möchte. Das sind aber auch die Eckpfeiler der Entwicklung des simbabwischen Nationalteams. „Das ist unsere Premiere. Die Spiele gegen Deutschland, Kanada und Australien in der Gruppenphase dürften nicht einfach werden. Aber sie bieten uns Erfahrung und eine Bühne.” Davon ist Maguraushe überzeugt. Ein Traum wird wahr Das Nationalteam Simbabwes löst erstmals das Ticket für die Olympischen Spiele.

Immerhin haben die Spielerinnen auf dem Weg nach Rio mit Kamerun auch den Finalisten der Afrikameisterschaft von 2014 geschlagen.

26 Millionen Fernsehzuschauer fieberten

Highschool gehen Tausende von

allein in Nordamerika beim Finale der

Mädchen ihrem Hobby nach und sind

Von einem Umfeld, in dem sich die

FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2015™

Teil der landesweiten Fussballförderung.

US-Frauen bewegen, ist die Equipe Simbabwes im Moment noch weit

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OLYMPIA ALS CHANCE

entfernt. Doch die erste Olympiateil

so viele Menschen, wie Simbabwe

Simbabwe dagegen nimmt im August

nahme ist ein Anfang, ein starkes

Einwohner hat.

zum ersten Mal am Olympischen

Argument für weitere Investitionen und

Fussballturnier der Frauen teil. Das

Engagement. Wohin wird der Weg

So wie sich die Grösse der beiden

Team spielt darum, in seinem Land die

schliesslich führen? Die Spielerinnen und

Länder zueinander verhält, so könnten

Aufmerksamkeit für den Sport zu

Trainer sind hochmotiviert. Während

auch die Ambitionen nicht unterschied-

erhöhen und die Entwicklung des

es bei den isländischen Underdogs bei

licher sein. Dreimal gewannen die

Frauenfussballs langfristig zu sichern.

der EM in Frankreich „Hu“ von den

US-Frauen schon den Weltmeistertitel,

Die „Mighty Warriors“ verkörpern

Rängen hallte, wird es beim Überra-

viermal wurden sie Olympiasiegerinnen.

Leidenschaft und kämpften sich mit

schungsteam aus Simbabwe im August

In Rio soll der fünfte Triumph folgen.

Teamgeist und Mut zum Turnier nach

millionenfach heissen: „Go Mighty

Der Pool an Talenten ist gross: An der

Brasilien.

Warriors, Go“.

/ FIFA 1904

­

mit (Endstand 5:2). Und damit doppelt

Handout

in Kanada zwischen den USA und Japan


EIN VERMÄCHTNIS HINTERLASSEN Die FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft steht neben der ersten Standortbestimmung für die Spielerinnen aber noch für viel mehr. „Wir werden dieses Turnier nutzen, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen“, versichert Powes Parkop, der Gouverneur des Hauptstadtdistrikts Port Moresby. David Chung, der Präsident des Fussballverbands von Papua-Neuguinea, ergänzt: „Die FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft soll Frauen in Ländern wie Papua-Neuguinea inspirieren und ihnen dabei helfen, geschlechtsspezifische Vorurteile und Diskriminierung zu bekämpfen.“ Es geht darum, ein Vermächtnis zu

„Wir werden dieses Turnier nutzen, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen.“ Powes Parkop

hinterlassen und die Aufstiegschancen für Frauen zu verbessern – von den Kinder- über die Jugendteams bis hin zu den Erwachsenen. Im Vorfeld der WM fand in Papua-Neuguinea ein Kurs für Trainerinnen der nationalen Frauenliga statt. Leiterin war die italienische Trainerin Carolina Morace, die ob des Ehrgeizes der Teilnehmerinnen begeistert war: „Sie waren sehr wissbegierig und wollten so viel wie möglich lernen. Als ich einmal fragte, ob wir eine Pause machen sollten, wollten sie lieber gleich weitermachen!“

Darüber hinaus startete auch das „Live Your Goals“-Programm, das sich an junge Mädchen richtet und sie zum Fussballspielen und zur aktiven Teilhabe animieren soll. Bei der Auftaktveranstaltung engagierten sich 200 Mädchen, bis Jahresende sind fünf weitere Events geplant. „Wir arbeiten eng mit den Regionen und Gemeinden zusammen, damit der

Vorfreude David Chung (l.), Präsident des Fussballverbands von PapuaNeuguinea, präsentiert das Objekt der Begierde: den Pokal. Auch Maskottchen Susa fiebert dem Turnierstart entgegen.

Fussball so viele Mädchen wie möglich erreicht und eine nachhaltige Entwicklung erfolgt“, sagt Margaret Aka, die das Nachhaltigkeitsprogramm koordiniert. Die enge Zusammenarbeit mit dem Gastgeberland und die Förderung des Fussballs sind bei jedem Frauenturnier das Ziel der FIFA. Am 3. Dezember wird das Endspiel des Nachwuchsturniers ausgetragen. Titelverteidigerinnen sind die Deutschen, die sich vor zwei Jahren in einem Finalkrimi gegen Nigeria dursetzten – 1:0 nach Verlängerung lautete das Endergebnis. Für die Mädchen und Frauen LOC (2)

in Papua-Neuguinea wird das Fussballabenteuer aber auch nach Turnierschluss noch lange nicht zu Ende sein. Sie werden durch den Sport wachsen und sich selbstbewusst neu positionieren. FIFA 1904 /

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FOTOARCHIV

Ganz nah dran Reporter und Fotografen versammeln sich im – dem berühmten Kollegen gewidmeten – Estádio Jornalista Mário Filho in Rio de 44

/ FIFA 1904


Popperfoto / Getty Images

Janeiro zum WM-Gruppenspiel zwischen England und Chile (2:0 am 25. Juni 1950) hinter dem Tor. FIFA 1904 /

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GESCHICHTE

GOLDENE MOMENTE Am 3./4. August startet das Olympische Fussballturnier in Brasilien, bei dem 12 Frauenund 16 Männerteams um die Medaillen spielen werden. Goldene Momente hat der Wettbewerb in seiner knapp 110-jährigen Geschichte schon einige hervorgebracht. FIFA 1904 blickt zurück. Von Annette Braun

Jugoslawien im Glück: Ein Münzwurf entschied 1960 das Spiel gegen Bulgarien.

LONDON, 1908 2000 Zuschauer waren am 19. Oktober im Olympische Fussballspiel der Geschichte angepfiffen wurde. Dänemark setzte sich mit 9:0 gegen eine B-Auswahl aus Frankreich durch, und Stürmer Vilhelm Wolfhagen traf gleich vier Mal. Im Finale unterlag das dänische Team dann jedoch Gastgeber Grossbritannien mit 0:2. 46

/ FIFA 1904

Illustrationen: Mario Wagner

White City Stadium anwesend, als das erste


ANTWERPEN, 1920

MELBOURNE, 1956

14 Länder nahmen am Turnier teil, mit

1954 debütierte Lew Jaschin in der sowjetischen Natio-

Ägypten zum ersten Mal auch ein nichteu-

nalmannschaft, 1956 wurde er mit ihr Olympiasieger.

ropäisches Team. Der Neuling schied nach

Nicht nur Reflexe zeichneten Jaschin aus, er spielte auch

einer 1:2-Niederlage gegen Italien bereits in

mit und organisierte die Abwehr. Er war derjenige, der die

der Eröffnungsrunde aus, doch eine grösse-

Torhüterposition neu definierte und den modernen

re Überraschung stellte das frühe Aus des

Torwart erfand.

zweifachen Titelträgers England dar: Die Three Lions verloren 1:3 gegen Norwegen.

AMSTERDAM, 1928 Südamerika mal zwei – so setzte sich das Finale in Amsterdam zusammen. Argentinien und Uruguay trennten sich 1:1 unentschieden. Das Wiederholungsspiel entschied Uruguay mit 2:1 für sich. Zwei Jahre später kämpften beide Teams wieder in einem Endspiel gegeneinander – bei der ersten FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™. Der Sieger hiess auch dort Uruguay.

HELSINKI, 1952 Helsinki erlebte die Geburtsstunde eines der grössten Fussballteams der Historie: Ungarn. Angeführt von Ferenc Puskás zauberte sich die Mannschaft von Sieg zu Sieg, schoss 20 Tore und errang den Titel.

ROM, 1960 Ein Münzwurf entschied im Spiel zwischen Jugoslawien und Bulgarien darüber, wer in die nächste Runde einzog. Das Glück war aufseiten der Jugoslawen, die später auch ganz oben auf dem Podium standen. Die Struktur des Turniers erfuhr in Rom eine Änderung: Anstelle von K.-o.-Spielen allein wurde die Gruppenphase eingeführt, die jedem Teilnehmer mindestens drei Partien garantierte. FIFA 1904 /

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GESCHICHTE

LOS ANGELES, 1984

ATLANTA, 1996

Nachdem zuvor beim Olympischen Fussballturnier nur Amateure

Ein Turnier für die Geschichtsbücher: Nigeria errang

zugelassen waren, traten in Los Angeles nun erstmals auch

als erste afrikanische sowie erste nichteuropäische

Profispieler gegen den Ball. 1,4 Millionen Zuschauer besuchten

und nichtsüdamerikanische Mannschaft die Gold-

die 32 Matches; ein Rekord, der bis zum Turnier in London

medaille. Darüber hinaus fand zum ersten Mal auch

halten sollte. Ausserdem wurde La Ola international bekannt.

ein Olympisches Fussballturnier der Frauen statt.

80 000 Menschen waren beim Halbfinale zwischen Brasilien

Im Finale setzten sich die USA gegen China durch

und Italien im Stanford Stadium Teil jener Bewegung, die heute

und kürten sich zum Premierensieger.

aus den Arenen nicht mehr wegzudenken ist.

Das Turnier 1996 in Atlanta war eines für die Geschichtsbücher: Nigeria holte als erste afrikanische sowie erste nichteuropäische und nichtsüdamerikanische Mannschaft die Goldmedaille.

SEOUL, 1988 Eins, zwei, drei, und er war da, der Hattrick von Kalusha Bwalya, der den Grundstein für Sambias überraschenden 4:0-Sieg im ersten Gruppenspiel gegen Italien legte. Sambia scheiterte erst im Viertelfinale an Deutschland – und an einem Hattrick von Jürgen Klinsmann. Welch grosser Erfolg für das afrikanische Land, das fünf Jahre später eine der grössten Sporttragödien überhaupt verkraften musste: Bei einem Flugzeugabsturz starben 18 Nationalspieler und ihre Betreuer. 48

/ FIFA 1904


ATHEN, 2004 „Alle Mann nach vorn” – so lautete das Motto der Teams bei diesem Turnier. Fast 3,2 Tore fielen im Durschnitt in jeder Partie – Offensivfussball par excellence. Argentinien schnappte sich mit Carlos Tévez (acht Treffer) nicht nur die Auszeichnung für den besten Torschützen, sondern auch die erste Goldmedaille für das Land. Für die grosse Überraschung sorgte der Irak, der es bis ins Halbfinale schaffte.

LONDON, 2012 „Bitte noch einmal!“: Das war der Gedanke, der Abby

Sechs Spiele, sechs Siege, kein einziges Gegentor – diese lupenreine Bilanz bescherte der argentinischen Nationalmannschaft 2004 in Athen den Sieg.

Wambach nach ihrem Olympiasieg 2004 durch den Kopf schwirrte. In der 112. Minute des Finals gegen Brasilien traf sie per Kopf für die US-Frauen und sicherte sich so ihre erste Goldmedaille. Den Blick richtete sie aber sogleich nach vorn. Sie stieg vom Podium herab und begann, für die nächsten Olympischen Spiele – und den nächsten Triumph – zu arbeiten. 2008 verletzte sie sich kurz vor dem Turnier, aber 2012 in London war die Stürmerin wieder dabei – und die US-Frauen nach einem 2:1-Sieg gegen Japan ganz oben.

PEKING, 2008 Sechs Spiele, sechs Siege, kein einziges Gegentor – das war die lupenreine Bilanz der argentinischen Nationalmannschaft bei Illustrationen: Mario Wagner

den Olympischen Spielen 2004 in Athen. Diese Leistung zu toppen, ist kaum möglich. Aber sie kann wiederholt werden! In Peking vier Jahre danach krönte sich die Albiceleste mit Sergio Agüero, Ángel Di María, Javier Mascherano und Lionel Messi erneut zum Gewinner, und dies wiederum mit weisser Weste: Sechs Spiele und sechs Siege für die Goldmannschaft aus Südamerika. FIFA 1904 /

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FIFA PARTNER


GESICHTER DER FIFA

Name: Felicity George Funktion: Managerin für Marketingkooperation Alter: 31 Nationalität: Britin Bei der FIFA seit: 2014

Name: Lívia Silva Kägi Funktion: Gruppenleiterin Alter: 33 Nationalität: Brasilianerin Bei der FIFA seit: 2011

Name: Felipe Restrepo Funktion: Koordinator Olympische Fussballturniere Alter: 37 Nationalität: Kolumbianer Bei der FIFA seit: 2013

Wie kamen Sie zur FIFA?

Was machen Sie bei der FIFA?

Wie kamen Sie zur FIFA?

Ich war schon vorher lange im Sport tätig. Die Stelle

Ich arbeite in der Abteilung für den Status von

Ich bin ein grosser Fussballfan. Fussball war immer

bei der FIFA war für mich die Gelegenheit, mich in

Spielern und Governance, wo ich mich hauptsächlich

ein Teil meines Lebens, aber so richtig erwachte

dieser tollen Branche weiterzuentwickeln.

mit Streitfällen zwischen Vereinen oder Spielern und

meine Begeisterung, als ich etwa neun Jahre alt war.

Vereinen beschäftige.

Damals schenkte mir mein Vater ein fantastisches

Was machen Sie bei der FIFA?

Buch über die WM-Geschichte, das mich völlig in

Ich habe kürzlich innerhalb der Division Marketing

Wen im Fussball (Spieler oder andere Person)

seinen Bann zog. Die WM 1990 in Italien stand kurz

von der Kommunikation in den Sponsoringbereich

möchten Sie gerne kennenlernen, und warum?

bevor, und ich konnte vom Fussball einfach nicht

gewechselt. In meiner neuen Funktion bin ich für die

Cafu, weil er ein grossartiger Spieler war, er mich an

genug kriegen – ich spielte selbst fast jeden Tag, sah

Beziehungen zwischen der FIFA und unserem

die Weltmeisterschaft 1994 erinnert – die erste, die

mir im Fernsehen alle möglichen Partien an und

langjährigen Partner Coca-Cola verantwortlich – von

ich bewusst miterlebte – und er ein netter, bescheide-

fieberte leidenschaftlich mit meinem Verein und der

der Bestellung von Getränken für Veranstaltungen bis

ner Mensch ist, der sich in Brasilien stark für soziale

Nationalmannschaft mit.

zur weltweiten FIFA-WM-Pokal-Tournee von

Projekte engagiert. Bei der WM 2014 konnte ich kurz

Als ich die Chance hatte, machte ich eine Ausbildung

Coca-Cola.

mit ihm sprechen, und er war genauso freundlich und

im Fussball und ging dann zum kolumbianischen Fuss-

bodenständig, wie ich ihn mir vorgestellt hatte.

ballverband. Ich konnte dort für die FIFA U-20-Welt-

Welches ist das grösste Team aller Zeiten?

meisterschaft 2011 arbeiten und sehen, wie der

Meinen ersten Job im Fussball hatte ich bei Arsenal

Welches ist das grösste Team aller Zeiten?

Fussball das Leben der Menschen positiv beeinflusst.

London, wo ich eine tolle Zeit erlebte. Seither ist

Natürlich die Nationalmannschaft meines Landes, die

Ein Job bei der FIFA war von da an mein Traum.

Arsenal mein Lieblingsteam und wird es immer

Seleção (trotz allem …).

Meine Beziehung zum Fussball ist eine echte Liebesgeschichte, und meine Zeit bei der FIFA ist das beste

bleiben.

Lukas Mäder / 13 Photo (3)

Was war Ihr schönstes Erlebnis bei der FIFA?

Kapitel darin.

Was war Ihr schönstes Erlebnis bei der FIFA?

Mein Einsatz bei der Weltmeisterschaft 2014, und das

Ich bin ja erst seit 2014 bei der FIFA, war aber in

auch noch in meiner Heimatstadt Brasília – eine

Welches ist das grösste Team aller Zeiten?

dieser Zeit bereits bei zwei grossen Turnieren dabei:

fantastische und unvergessliche Erfahrung!

Verein: Deportivo Cali (1986 und 1999).

der WM 2014 in Brasilien und der Frauen-Weltmeis-

Nationalmannschaft: Niederlande (1998).

terschaft 2015 in Kanada. Die Möglichkeit, zu reisen und hautnah zu erfahren, was der Fussball den

Was war Ihr schönstes Erlebnis bei der FIFA?

Menschen in aller Welt bedeutet, ist grossartig.

Mein Einsatz bei der Weltmeisterschaft 2014 in Porto Alegre.

FIFA 1904 /

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STATISTIK

SPIELERSTATUS UND TRANSFERS – DAS MACHT DIE FIFA DIE KOMMISSION FÜR DEN STATUS VON SPIELERN ODER IHR EINZELRICHTER BEHANDELTE GESUCHE UM PROVISORISCHE REGISTRIERUNG VON SPIELERN NACH EINEM INTERNATIONALEN TRANSFER, WÄHREND DIE ABTEILUNG FÜR DEN STATUS VON SPIELERN UND GOVERNANCE INFORMATIONSANFRAGEN ZUM REGLEMENT BEZÜGLICH STATUS UND TRANSFER VON SPIELERN SOWIE ANTRÄGE AUF VERBANDSWECHSEL BEHANDELTE.

103

801

VON MITGLIEDSVERBÄNDEN WURDEN 3183 GESUCHE ZUM SCHUTZ MINDERJÄHRIGER GESTELLT. Illustration: Sarah Gasser

52

/ FIFA 1904

40


DIE ÜBER 40 MITARBEITER DER ABTEILUNG FÜR DEN STATUS VON SPIELERN UND GOVERNANCE KÜMMERN SICH INSBESONDERE UM DIE EFFIZIENTE ABWICKLUNG UND VERWALTUNG DES ALTERNATIVEN SCHIEDS- UND SCHLICHTUNGSSYSTEMS UNTER DEM DACH DER FIFA. WEITERE AUFGABENBEREICHE SIND VERBANDSWECHSEL, SPIELBERECHTIGUNG UND ABSTELLEN VON SPIELERN FÜR VERBANDSMANNSCHAFTEN.

EIN WICHTIGES HILFSMITTEL FÜR DAS EINREICHEN VON KLAGEN BETREFFEND AUSBILDUNGSENTSCHÄDIGUNG UND SOLIDARITÄTSBEITRAG IST DIE MODERNE TECHNOLOGIE DES TRANSFERABGLEICHUNGSSYSTEMS (TMS).

1979 KLAGEN WURDEN

2015 BEI DER KAMMER ZUR BEILEGUNG VON STREITIGKEITEN UND DER KOMMISSION FÜR DEN STATUS VON SPIELERN EINGEREICHT. FIFA 1904 /

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EUROPAMEISTERSCHAFT IN FRANKREICH

Strandspaziergang Die Wales-Spieler David Edwards (l.) und Sam Vokes in Dinard, auch „Nizza des Nordens“ genannt.

DAS TAT GUT! Was bleibt von der Euro 2016? Emotionen, Stolz und persönliche Eindrücke. Und man wird sich an ein grossartiges Turnier erinnern, das Europa etwas zusammenrücken liess. Von Alan Schweingruber

muss der Fan zu Fuss zurücklegen. Liegt man sich nach einem Sieg in den Armen oder ruht mal kurz auf der Terrasse vor dem türkischen Imbissrestaurant, kann die Strecke gut eine Stunde in Anspruch nehmen. Dann fällt einem dieses schöne alte Credo ein, das den rasanten Wandel des Sports unbeschadet überstanden hat: keine Eile rund ums Fussballfest! Nun musste der goldene Löwe im lyonesischen Wappen diesen Sommer aber mal ein paar Public Viewing, Paris Engländer feiern am 16. Juni den 2:1-Sieg gegen Wales. 54

/ FIFA 1904

Wochen pausieren. Vielleicht hat er sich ja ein

Das heisst, nicht ganz: Die letzten 400 Meter

das Heimstadion des Klubs Olympique Lyonnais.

Nummer 3. Sie befördert den Passagier direkt vor

in Lyon, hält auch die Strassenbahn mit der

Stu Forster / Getty Images, Philippe Wojazer / Reuters, imago, Carl Recine / Reuters

Neben dem „Part Dieu“, dem grössten Bahnhof


Bad in der kühlen Rhone um die Ecke gegönnt. Auf jeden Fall standen in der etwas kargen Gegend beim „Stade des Lumières“ andere Symbole im Mittelpunkt. Ein zweiköpfiger Adler auf rotem Grund etwa. Er gastierte am 19. Juni mit den albanischen Fussballern, als sie einen sensationellen EM-Sieg gegen Rumänien erspielten. Heroisch anmutend auch der rote walisische Drache mit seiner spitzen Zunge, der Chris Colemans Mannschaft drei Wochen später im Halbfinale gegen Portugal unterstützte. Und natürlich, Pardon die Reihenfolge, thronte einmal auch der unverkennbare weisse Hahn in Lyon, als sich Les Bleus so richtig fürs Turnier warmliefen: Das 2:1 gegen Irland war unspektakulär, für die Moral der Grande Nation aber der wahrscheinlich wichtigste Sieg auf dem Weg zum Finale.

MIT HERZ UND STIMME Wenn man vom Animalischen nun mal etwas Abstand nimmt – auch von den unschönen Szenen, die sich glücklicherweise nur am Anfang des Turniers auf den Strassen zutrugen –, fällt auf, wie viel Herz bei der Euro 2016 im Spiel war. Nicht nur im Stadion, auch auf den Fanmeilen, in den Gassen der Altstädte, an den Stränden von Nizza und Marseille. Es

10. Juli, Finaltag Schiedsrichterchef Pierluigi Collina schlägt sich mit den Motten herum, links das Public Viewing beim Eiffelturm.

entstanden Bilder fürs eigene Fotoalbum – und für jenes von Europa, das die grossartige Stimmung aufsaugte: Belgier und Schweden, die nach dem Gruppenspiel an der Côte d‘Azur gemeinsam baden gingen. Italiener, die in Lille zum irischen „The Boys in Green“ einstimmten. Die Polin, die nach dem Elfmeterdrama in Saint-Étienne einen Schweizer Fan umarmte. Aufregend waren die K.-o.-Spiele ja allemal. Und zwischendurch, wenn wieder mal ein Ruhetag anstand, trat beim Fan das beklemmende Gefühl ein, die Zeit totschlagen zu müssen. Noch an einem dritten interaktiven Tippspiel teilnehmen? Wieder mal den Garten machen? Was tat man denn vor der EM so? Die turbulente Gruppenphase hatte schon zu Beginn des Turniers Massstäbe gesetzt. 24 Länder in Ekstase. Mitfiebern, bis das eigene

Das 2:1 gegen Irland war unspektakulär, für die Moral der Grande Nation aber der wahrscheinlich wichtigste Sieg auf dem Weg zum Finale. FIFA 1904 /

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Hast du das gesehen! Islands Ari Freyr Skúlason freut sich mit Tochter Camilla (u. l.), Helfer schuften in Lyon (u. r.), und ein asiatischer Passant lichtet sich mit Zinédine Zidane ab.

Ein letztes „Hu“ Islands Nationalteam nach der Rückkehr in Reykjavik.

56

/ FIFA 1904

24 Länder in Ekstase: Mitfiebern, bis das eigene Team ausscheidet, dann an der Tankstelle schnell eine Flagge von Island kaufen, um mit dem lieb gewonnenen nordischen Nachbarn anzustossen.


Team ausscheidet, dann an der Tankstelle schnell eine Flagge von Island kaufen, um mit dem liebgewonnenen nordischen Nachbarn anzustossen. Ist in einer so kurzen Zeitspanne mehr Energie auf einem einzigen Kontinent vorstellbar?

WENN DIE BIERFLASCHE KLEMMT In diesem Sinne sah sich auch die erwähnte Strassenbahn Nummer 3 mit einer neuartigen Belastungsprobe konfrontiert. Fünftes Spiel in Lyon, Frankreich gegen Irland: Ein korpulenter Fan in Grün hatte auf der Fahrt zum Stadion Mühe, seine Bierflasche zu öffnen. Auch weil sich der Zug auf einem kurvenreichen Abschnitt befand. Der Mann nahm es mit Humor. Und als sich der Deckel doch noch von der Flasche löste, jubelten die Passagiere. Da waren Franzosen, Iren, Schweizer, Spanier und zwei Polen, die sich am Vortag das Achtelfinale im benachbarten Saint-Étienne angeschaut hatten. Sie alle begannen, zu hüpfen und zu singen. Nach dem Spiel traf man sich auf der Terrasse beim türkischen Imbissrestaurant. Dort, wo der Besitzer vor Monaten schon eine Flagge mit Mond und Stern gehisst hatte. Die Türkei war nun zwar ausgeschieden. Aber eben: keine Eile rund ums Fussballfest.

Drückt ab! Cristiano Ronaldo balanciert den Henri-Delaunay-Pokal auf seinem Kopf.

DAS FINALE

Shaun Botterill / Getty Images, Sergey Dolzhe / Keystone, Darren Staples / Reuters, Charles Platiau / Reuters, Matthias Hangst / Getty Images

Bring uns ins Finale Dimitri Payet küsst den linken Schuh des späteren Torschützenkönigs Antoine Griezmann (3. Juli, 5:2-Viertelfinalsieg gegen Island).

Der Tag des Endspiels war in den Strassen von Paris ganz in Blau-Weiss-Rot gehalten, die begeisterten Einheimischen freuten sich auf das Finale ihrer Euro 2016. Sie wussten ihr Team bereit, motiviert und in der Lage, die EM für sich zu entscheiden. Doch im Stade de France in Saint-Denis kam es anders. Eine rot-grüne Endspiel-Nacht folgte. Cristiano Ronaldo stemmte nach dem 1:0 n. V. gegen Gastgeber Frankreich den EM-Pokal in die Höhe – nach einem Spiel, das grosse Tormöglichkeiten für beide Seiten barg und dadurch ein wenig zum Abbild dessen wurde, was das Turnier für die Fans schon die ganze Zeit bereitgehalten hatte: ziemlich viele „enge Kisten“, einige zähe Verlängerungen und ausserdem spektakuläre Elfmeterschiessen. So hatte der neue Europameister Portugal das Viertelfinale gegen Polen nur dank einem Sieg im Elfmeterschiessen überstanden, wie auch Weltmeister Deutschland gegen Italien. Damit hatte das DFB-Team zwar das Trauma überwunden, in einer WM- oder EM-Endrunde noch nie gegen die Azzurri gewonnen zu haben, musste danach aber Les Bleus den gleichen Erfolg zugestehen, die erstmals bei einer WM- oder EM-Endrunde Deutschland bezwangen. Doch alle Traumabewältigung half nichts. Portugal errang den Titel, den ersten grossen Titel in der langen Geschichte der portugiesischen Nationalmannschaft, und verhinderte damit (vorerst), dass sich die „Generation Griezmann“ erfüllte. Antoine Griezmann selbst wurde zum besten Spieler des Turniers ernannt und gewann dank sechs Treffern den Goldenen Schuh von adidas für den EM-Torschützenkönig. Cristiano Ronaldo, der strahlende portugiesische Kapitän, brachte es auf drei Treffer sowie drei Vorlagen und nahm neben der Auszeichnung zum Europameister auch den Silbernen Schuh von adidas aus dem Turnier mit. Der Bronzene Schuh von adidas ging schliesslich an den Franzosen Olivier Giroud (3 Treffer, 2 Vorlagen). 2:1 für Frankreich, liesse sich hier sagen. Das Finale am 10. Juli aber ging an Portugal. Noch nie hatte es ein Gruppendritter so weit gebracht. mpe FIFA 1904 /

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TRAINING

Die Förderung des Frauenfussballs steht im Fokus der FIFA-Mission. In diesem Zusammenhang wurde die physische Analyse der Frauen-Weltmeisterschaft 2015 in Kanada veröffentlicht.

Torschützinnen unter sich Die US-Frauen Lauren Holiday (l.) und Carli Lloyd während des WM-Endspiels gegen Japan.

24 Teams, 146 Treffer und der dritte Titel für die USA: Die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2015™ in Kanada war ein Turnier der Rekorde. In einem spektakulären Finale gewannen die US-Frauen gegen Titelverteidiger Japan mit 5:2 – bereits nach 16 Minuten stand es 4:0, und Carli Lloyd ebnete mit ihrem Hattrick den Weg zum Triumph. Tempo, Ausdauer, Ballbehandlung – die Anforderungen an die Spielerinnen sind seit der ersten Weltmeisterschaft 1991 gestiegen. Über Sieg oder Niederlage entscheidet neben technischen und taktischen Fähigkeiten auch die physische Verfassung. Die Spiele bei einer Weltmeisterschaft folgen

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/ FIFA 1904

Maddie Meyer, FIFA via Getty Images

PHYSIS ALS WEGBEREITER


Schlag auf Schlag, die Erholungsphasen sind für die Spielerinnen

Im Finale war die US-Amerikanerin Lauren Holiday mit einer

kurz. Der körperliche Zustand der Akteurinnen ist also auf dem

Distanz von 12,7 Kilometern die lauffreudigste Spielerin.

Weg zum Titel entscheidend.

Angetrieben vom Grossteil der Fans im BC Place Stadium in Vancouver, schoss sie in der 14. Minute das zwischenzeitliche 3:0.

HÖHERE ANFORDERUNGEN IM HOCHLEISTUNGSBEREICH Da die Förderung des Frauenfussballs bei der FIFA einen hohen

In der Analyse wurde darüber hinaus deutlich, dass die Spielerin-

Stellenwert geniesst, wurde nun zum zweiten Mal nach 2011 eine

nen in den ersten 15 Minuten nach der Pause durchschnittlich

physische Analyse zur Weltmeisterschaft publiziert. Der Bericht

zwölf Prozent weniger Weg zurücklegten als während der ersten

beschäftigt sich mit den Anforderungen im Hochleistungsbereich,

15 Minuten der Begegnung. Dies kann auf Erschöpfung und/oder

besteht aus Teamanalysen, Analysen von Einzelspielerinnen und

mangelnde Vorbereitung und/oder unzureichendes Aufwärmen

deren Stellungsspiel sowie aus der Analyse des Finales. Er soll mit

vor Beginn des zweiten Durchgangs zurückzuführen sein.

beispielhaften Trainingsinhalten Taktik- und Fitnesstrainer bei ihrer

STÜRMERINNEN IM AUFWIND

Arbeit unterstützen.

Im Vergleich zur Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland liefen die Stürmerinnen mehr und weisen in der Gegenüberstellung der

Der Weltmeister aus den USA gehörte zu den Teams, dessen Spielerinnen die grösste Strecke mit Geschwindigkeiten von mehr als 16 Kilometern pro Stunde zurücklegten.

Positionen die höchste Laufstrecke mit Ball auf, während die zentralen Mittelfeldakteurinnen den Höchstwert bei der Laufstrecke ohne Ball für sich beanspruchen. 30 Millionen Frauen spielen momentan weltweit Fussball. Bis 2019 möchte die FIFA diese Zahl auf 45 Millionen erhöhen. Die Leistung optimieren und die Verletzungsgefahr reduzieren – das ist deshalb das Ziel der physischen Analyse. Die besten Spielerinnen sollen beim grössten Fussballturnier der Belastung

sagt Vanessa Martínez Lagunas, FIFA-Instrukteurin und Chef

standhalten und auf Topniveau agieren können, so dass der

trainerin an der Universität von Manitoba (Kanada). „Sie bietet die

Frauenfussball wie 2015 in Kanada sein Profil schärft.

­

„Die Analyse wird den Frauenfussball weltweit weiterbringen“,

Grundlage für bessere Trainingsprogramme für Spitzenspielerinnen, F04

die den tatsächlichen Anforderungen in der Partie, insbesondere im Stellungsspiel, Rechnung tragen.“ Das japanische Team legte zum Beispiel unter den Halbfinalisten (USA, Japan, England, Deutschland) am wenigsten Sprints zurück, verbuchte jedoch die meisten erfolgreichen Pässe und die höchste Ballbesitzquote. Mehr Läufe in hohem Tempo führen demnach nicht unbedingt zu mehr Erfolg. Im Endspiel erreichte das US-Team jedoch bei den meisten physischen Leistungsvariablen die besseren Werte als Japan – und setzte sich schliesslich durch.

Insgesamt betrug die durchschnittliche Gesamtdistanz je Feld

­

10,9 KILOMETER PRO SPIEL spielerin 10,9 Kilometer. Es fiel auf, dass die besser platzierten Teams in den oberen Geschwindigkeitsbereichen tendenziell grössere Distanzen absolvierten. Der Weltmeister aus den USA gehörte zu den Teams, dessen Spielerinnen die grösste Strecke mit Geschwindigkeiten von mehr als 16 Kilometern pro Stunde zurücklegten. Zudem waren die USA auch eines der fünf Teams, das die grösste Distanz im Sprinttempo – mit mehr als 20 Kilometern pro Stunde – schaffte.

Die vollständige physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2015™ in Kanada finden Sie online unter http://tinyurl.com/gvh7m2k FIFA 1904 /

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EIN TAG IM LEBEN EINES ...

FIFA-DESIGNMANAGERS Der Tag in Zürich hat regnerisch begonnen, und so ist Marc Salvador völlig durchnässt, als er vor dem Gebäude der FIFA-Division Marketing auf dem Sonnenberg von seiner Vespa steigt. Der 30-jährige Designer aus Barcelona war schon als kleiner Junge ein ­

grosser Fan der FIFA Fussball-Weltmeister

schaft™ und der Olympischen Spiele und zeichnete leidenschaftlich Maskottchen und Logos. Heute ist ein besonderer Tag für ihn: Morgen wird das offizielle Maskottchen der Mitte November beginnenden FIFA U-20Frauen-Weltmeisterschaft in PapuaNeuguinea präsentiert. „Susa“ ist sein erster Wurf, seit er vor etwas mehr als einem Jahr bei der FIFA begonnen hat. Der unverkennbare Paradiesvogel, der nur in Papua-Neuguinea vorkommt, soll Frauen und Mädchen mit seinem Fallrückzieher

Marc Salvador Der Maskottchenflüsterer der FIFA.

weltweit für den Fussball und den Sport begeistern. „Ich wollte das Maskottchen in Sonnenschein für ein kurzes Lauftraining.

beliefert er die FIFA-Kommunikations

Danach wartet bereits das nächste

einbringen“, erklärt der Designmanager.

abteilung mit Infografiken und hilft dabei,

spannende Projekt: die FIFA Klub-

die FIFA-Marken zu schützen.

Weltmeisterschaft in Japan im Dezember,

In den nächsten Stunden steht Salvador in

bei der wiederum Kreativität und Leiden

ständigem Kontakt mit dem FIFA-

Daneben arbeitet er bei jedem Projekt auch

Verantwortlichen und dem lokalen

eng mit externen Kreativen zusammen und

Organisationskomitee auf der anderen Seite

sorgt für eine enge Kommunikation mit

des Globus, um das definitive Okay für das

allen Beteiligten, um sie mit Blick auf den

Video zu erhalten, das morgen in der

Erfolg des Projekts mit den nötigen Infor

Halbzeitpause des Endspiels um die

mationen, Anweisungen und Ratschlägen

Ozeanienmeisterschaft zwischen Papua-

zu versorgen. Nur so ist am Ende ein

Neuguinea und Neuseeland Susas ersten

optischer Auftritt garantiert, der Fans,

Auftritt begleiten wird.

Teams, ehrenamtlichen Helfern usw. ein

­

alle FIFA-Veranstaltungen. Darüber hinaus

Pose zeigen und so eine völlig neue Optik

­

einer dynamischen und überraschenden

schaft gefragt sind.

­

F04

Basil Stücheli

unvergessliches Erlebnis beschert. „Ich muss Als Ordnungsfanatiker, wie sein makellos

die Zeichner, Grafiker und Designer so

aufgeräumter Schreibtisch beweist, und

unterstützen, dass sie etwas Attraktives und

Designmanager im Marken- und Kommuni-

Einzigartiges schaffen können“, so Salvador.

kationsteam kreiert Salvador zusammen mit seinen Kollegen Embleme, Maskottchen,

Bis zum Mittag hat der Regen aufgehört,

Markenhandbücher und Werbematerial für

und Marc Salvador nutzt den unerwarteten

FIFA 1904 begleitet jeden Monat einen FIFA-Mitarbeiter bei seiner Arbeit. FIFA 1904 /

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JUBEL

MARTA Man könnte meinen, an Torerfolge hätte sich Marta gewöhnt. In 95 internationalen Auftritten mit dem brasilianischen Nationalteam hat sie 92 Mal getroffen. Allein bei Weltmeisterschaften netzte die Stürmerin 15 Mal ein. Routine kann man bei der Rekordtorschützin aber nicht erkennen. Dagegen spürt man beim Jubel die Energie, die jeder Treffer freisetzt.

­

So auch bei der Olympia-Vorrundenpartie 2008 gegen Nordkorea, als ihr das zwischenzeitliche 2:0 gelang. Marta riss den Mund weit auf, ihr Blick war gen Himmel gerichtet, jeder Muskel angespannt. Es war ein Sinnbild der Willenskraft, die Martas Karriere den Weg ebnete. Denn dass sie es an die Spitze geschafft hat, verdankt sie neben ihrem Talent vor allem ihrer Zielstrebigkeit. Keiner in ihrem Heimatort Dois Riachos war begeistert von Martas Fussballleidenschaft; bis Anfang der 80er-Jahre war Frauenfussball in Brasilien sogar noch per Gesetz verboten. Dennoch verfolgte Marta unbeirrt ihren Traum. Sie stieg im Alter von nur 14 Jahren alleine in den Bus und fuhr drei Tage lang ins 2000 km entfernte Rio de Janeiro. Es war der Beginn einer beeindruckenden Karriere, in der ihr fünf Mal in Folge (2006 bis 2010) der Titel „FIFA-Weltfussballerin des Jahres“ verliehen wurde. An (Tor-)Erfolge kann man sich nicht gewöhnen. Auch und vor allem Marta nicht. Annette Braun

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/ FIFA 1904


foto-net FIFA 1904 /

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IMPRESSUM FIFA 1904 – EINE MONATSPUBLIKATION DER FÉDÉRATION INTERNATIONALE DE FOOTBALL ASSOCIATION (FIFA)

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/ FIFA 1904

Der Nachdruck von Fotos und Artikeln aus FIFA 1904, auch auszugsweise, ist nur mit Erlaubnis der Redaktion und unter Quellenangabe (FIFA 1904, © FIFA 2016) gestattet. Die Redaktion ist nicht verpflichtet, unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos zu publizieren. Ansichten, die in FIFA 1904 zum Ausdruck gebracht werden, entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der FIFA. Die FIFA und das FIFA-Logo sind eingetragene Warenzeichen. In der Schweiz hergestellt und gedruckt.

Niklaus Waechter/Reportair.ch

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PRODUKTION Hans-Peter Frei PROJEKTMANAGEMENT Christian Schaub DRUCK Zofinger Tagblatt AG KONTAKT feedback-magazine@fifa.org INTERNET www.FIFA.com/Magazine

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HERAUSGEBERIN FIFA, FIFA-Strasse 20, Postfach, 8044 Zürich, Schweiz, Telefon +41-(0)43-222 7777, Fax +41-(0)43-222 7878 PRÄSIDENT Gianni Infantino GENERALSEKRETÄRIN Fatma Samoura DIREKTOR KOMMUNIKATION UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Nicolas Maingot (a. i.) LEITERIN UNTERNEHMENSKOMMUNIKATION Julia Ferguson CHEFREDAKTEUR Perikles Monioudis REDAKTION Alan Schweingruber (stv. Chefred.), Annette Braun ART DIRECTION Catharina Clajus BILDREDAKTION Peggy Knotz LAYOUT Susanne Egli ÜBERSETZUNG UND KORREKTORAT Englisch: Timo Eugster, Andrew Hurley, Stuart Makin, Caitlin Stephens; Französisch: Alexandre Adriano, Alexandre Károlyi, Nicolas Samier, Estelle Valensuela; Spanisch: Irene Antolín Pérez, José Ibarra, Juan F. López Vera, Natalia Pita Álvarez; Deutsch: Sandra Locher, Yves-Manuel Méan, Gabriela Straube-Zweifel


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GRASSROOTS

Die FIFA begeistert Mädchen und Jungen für den Fussball. Das FIFA-Kinderfussballprogramm bildet die Basis unserer Entwicklungsarbeit und ermutigt Mädchen und Jungen rund um die Welt, ohne Einschränkungen Fussball zu spielen. Das Kinderfussballprogramm will mit Minispielen, Training der Grundtechnik, Übungen und Fairness Spass am Spiel vermitteln.

Weitere Informationen siehe FIFA.com


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