NR. 24/2015, 19. JUNI 2015
DEUTSCHE AUSGABE
Fédération Internationale de Football Association – Seit 1904
KANADA 2015 NADINE ANGERERS LOSZETTEL BLATTER DIE FIFA IST KEIN “MÄNNERKLUB” GHANA ABÉDI PELÉS ERFOLGREICHE SÖHNE
U20-WM IN NEUSEELAND
NEUE STARS W W W.FIFA.COM/ THEWEEKLY
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Nord- und Mittelamerika 35 Mitglieder www.concacaf.com
Grosse Träume An der U20-WM begannen einst die Karrieren von Diego Maradona, Luís Figo oder Arjen Robben. Auch am laufenden Turnier in Neuseeland stehen grosse Talente im Rampenlicht. Sarah Steiner über die potenziellen Weltstars von morgen.
Südamerika 10 Mitglieder www.conmebol.com
D änemark Der erste Meistertitel des FC Midtjylland ist Realität. Nun prophezeit der dänische Klub: Das war erst der Anfang.
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S epp Blatter “Der Vorstoss von DFB-Chef Wolfgang Niersbach ist auch in meinem Sinne”, sagt der FIFA-Präsident. “Nur gemeinsam können wir den Reformprozess weiter vorantreiben. Dafür stehe ich bis zu meinem letzten Arbeitstag.”
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N adine Angerer Die Nationaltorhüterin aus Deutschland war einst eine gute Handballerin. Per Los hatte sie sich für Fussball entschieden.
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Kanada 2015 Maren Mjelde über ihre grossartigen Freistosstore.
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USA Bei 33 Grad besiegte Orlando City den Tabellenführer D.C. United 1:0. Das Tor schoss Kaká.
Neue Stars Das Bild auf unserem Cover ist am 10. Juni 2015 in Auckland entstanden. Es zeigt Senegals Torhüter Ibrahima Sy, der einen parierten Elfmeter gegen die Ukraine feiert.
The-FIFA-Weekly-App The FIFA Weekly, das Magazin der FIFA, erscheint jeden Freitag in vier Sprachen und ist auch auf Smartphone und Tablet kostenlos verfügbar. http://de.fifa.com/mobile 2
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Beach-Soccer-Weltmeisterschaft
U17-Weltmeisterschaft
9. – 19. Juli 2015, Portugal
17. Oktober – 8. November 2015, Chile
imago (3), Getty Images (1)
Alex Livesey
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Europa 54 Mitglieder www.uefa.com
Afrika 54 Mitglieder www.cafonline.com
Asien 46 Mitglieder www.the-afc.com
Ozeanien 11 Mitglieder www.oceaniafootball.com
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Beachsoccer-WM Der Schweizer Angelo Schirinzi träumt vom Finale gegen Gastgeber Portugal.
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Abédi Pelé Warum alle drei Söhne des Ghanaers gute Fussballer geworden sind.
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Jeder Traum braucht einen Kick-off. Beflügeln Sie ihre Leidenschaft. Nutzen Sie jetzt Ihre Visa Card, um Tickets für die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ zu kaufen!
UNCOVERED
Auf der Zielgeraden I
m Kopf eines jungen Menschen zwischen 15 und 20 Jahren spielt sich in der Regel viel ab. Es ist die Phase im Leben, in der man sich von der Kindheit verabschiedet. Schule, Eltern, Partnerschaft – überall lauert Stress. Nur logisch, sucht der Teenager zwischendurch den Spass. Er macht vielleicht mal die Nacht zum Tag. Wenn junge, talentierte Fussballer die Nacht zum Tag machen, gibt’s gleich nochmal Stress. Dann wird ihnen gedroht und prophezeit, dass ihre schöne Fussballkarriere jetzt womöglich futsch ist. Geschehen neulich in Deutschland. Der Weg zum gestandenen Profi ist ein schmaler Grat. Wer spürt, dass er es schaffen könnte, muss dafür alles stehen und liegen lassen. In Neuseeland geht diese Woche die U20-Weltmeisterschaft zu Ende. Der Name ist Programm. Grosse Fussballer wie Diego Maradona hatten an diesem Turnier einst ihre Laufbahn begonnen. Sarah Steiner fokussiert auf fünf junge Nationalspieler, die das Potenzial für eine Weltkarriere haben (ab Seite 6). Sie sind 18 und 19 Jahre alt und befinden sich sozusagen auf der Zielgeraden. Å
Mario Wagner / 2Agenten
Alan Schweingruber
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GROSSE TRÄUME
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Zuverlässig Ibrahima Sy ist für Senegal ein sicherer Rückhalt an der U20-WM. 6
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Michael Bradley / AFP
Geburtsdatum 13. August 1995 Geburtsort Dakar, Senegal Grösse 1,89 m Position Torhüter Aktueller Verein FC Lorient Nationalteam Senegal U20
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19 GEDION ZELALEM Geburtsdatum 26. Januar 1997 Geburtsort Berlin, Deutschland Grösse 1,80 m Position Mittelfeld Aktueller Verein FC Arsenal Nationalteam USA U20
Action Plus / imago
Dribbelstark In der Gruppenphase spielte Gedion Zelalem die Neuseeländer schwindlig.
Die U20-WM ist eine grosse B ühne für Talente der Jugend-Nationalmannschaften. In Neuseeland verzaubern sie in diesen Tagen die Fussballwelt, schreibt Sarah Steiner. Eine Auswahl.
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04 Spieler aus 24 Nationen sind in Neuseeland angetreten, um ihr Können auf der internationalen Fussballbühne zu präsentieren. Und es geht um nichts weniger als die wichtigste Trophäe in ihrer noch jungen Karriere: den Weltmeistertitel. Unter dem Motto “This Is the One!” haben die jungen Wilden in den sieben Städten Auckland, Christchurch, Dunedin, Hamilton, New Plymouth, Whangarei und Wellington von sich reden gemacht. Neue Stars wurden geboren. Manchen steht möglicherweise eine Weltkarriere bevor. Einer von ihnen ist Ibrahima Sy: Der senegalesische Schlussmann hielt sein Team mit grossartigen Paraden im T H E F I FA W E E K LY
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Rennen. Schon in der Gruppenphase überzeugte Ibrahima Sy. Im Achtelfinale gegen die Ukraine lief er dann zu Höchstform auf und hexte Senegal sprichwörtlich zum Sieg. Im Elfmeterschiessen nach 90 Minuten wehrte der 19-Jährige gleich drei Versuche ab und avancierte zum Mann des Spiels. Nach der Partie sagte er jubelnd: “Ich habe eine Gabe für Elfmeter. Ich kann es nicht erklären. Da ist etwas, das ich in mir habe.” Dieses Talent schlummerte bei Ibrahima Sy lange Zeit im Verborgenen. Seine ersten Versuche auf dem Fussballplatz machte er als Stürmer. Später, bei einem Jugendturnier, streifte er sich zum ersten Mal die Handschuhe über. “Unser Torwart fiel an jenem Tag aus. Ausserdem hatte ich am Vorabend Fabien Barthez mit Manchester United spielen sehen, und das hat mich inspiriert. Man erkennt aber meine Qualitäten als Feldspieler immer noch daran, dass ich sehr gerne raus laufe.” Von seinem Talent überzeugt ist auch sein Klub, der FC Lorient. Der französische Verein aus der Ligue 1 lotste den Torhüter im vergangenen Sommer in den Klub. Im März 2015 unterschrieb Sy beim Klub aus der Bretagne seinen ersten Profivertrag.
Das Talent schlummerte bei Ibrahima Sy lange Zeit im Verborgenen. Was das Nationalteam angeht, musste sich Sy in Geduld üben. Für Coach Joseph Koto war er lange nur die dritte Wahl. Es war dann sein Glück, dass seine zwei Mitkonkurrenten die Gelegenheit nicht für sich nutzen konnten. Sy erhielt von Koto eine Chance – und nutzte sie. “Es ist eine besondere Motivation, für Senegal das Tor zu hüten. Darauf bin ich stolz. Ich bin ein wahrer Senegalese, ein Kämpfer. Ich gebe alles für mein Volk.” Und Trainer Koto sagt: “Er gibt der Mannschaft Sicherheit. Es ist sehr wichtig für das Team, einen solchen Torhüter auf der Linie zu haben.” Deutschamerikanisches Wunderkind Auf dem richtigen Weg scheint auch Gedion Zelalem zu sein. Als Kind äthiopischer Einwanderer ist er in Berlin geboren und spielte schon für die deutsche U17-Auswahl. Der Mittelfeldspieler lebte sechs Jahre in den USA, ehe er in die Jugendakademie des FC Arsenal wechselte. Im
Myanmar spielt sich in die Herzen der Fans
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eschichten, die der Fussball schreibt: das U20-WM-Märchen von Myanmar. Das südostasiatische Land ging überraschend als eines von 24 Teams bei der FIFA U20-WM ins Rennen; dank eines 1:0-Sieges gegen die Vereinigten Arabischen Emirate war dem Underdog der Halbfinaleinzug bei der Asien-Qualifikation im eigenen Land geglückt, womit das Ticket für die WM-Endrunde in Neuseeland in der Tasche war. “Es kam, wie es keiner erwartet hatte”, sagte Trainer Gerd Zeise nach der Glanzleistung, die er kaum fassen konnte. Nach der Gruppenphase ist der Traum, noch Grösseres zu erreichen, nun aber geplatzt. 1:2 verlor Myanmar gegen die USA, 0:6 gegen die Ukraine und 1:5 gegen Neuseeland. Die Enttäuschung war vor allem nach der Niederlage gegen die Ukraine gross. Zeise sagte: “Wir hatten nur die Kraft für ein Spiel. Wir sind zu blind und haben nicht die nötige Erfahrung. Das ist absolut klar. Das war eine Katastrophe. Dieses Turnier war noch zu früh für uns. Wir können mit diesen Teams nicht Schritt halten, keine C hance. Meine Mannschaft war zu schwach.” Er nahm die Schuld ganz auf sich und entschuldigte sich bei den Fans, er sei für diese Katastrophe verantwortlich. Der Coach liess aber auch bedenken: “Ich kann einen Radfahrer nicht in einen Rennfahrer verwandeln.”
Technik, Stabilisation und lange Unter wäsche Nichtsdestotrotz können die Nachwuchstalente mehr als stolz auf sich sein. Die Vorbereitung auf das Turnier in Neuseeland hat ihnen alles abverlangt. Zeise hatte in täglichem Training bis ins kleinste Detail daran gearbeitet, dass seine Spieler offensiv wie defensiv genau wissen, wie sie sich zu verhalten haben, um ihre Quirligkeit und technische Klasse in die Waagschale werfen zu können. Zudem hatte der Sportpädagoge viel im Bereich Stabilisation gearbeitet: “Sie brauchten das, um in Eins-gegen-Eins-Situationen nicht gleich umzufallen”, so der Trainer.
Die U20-Weltmeisterschaft ist das zweitgrösste Männer-Fussballturnier der Welt. Seit 1977 messen sich alle zwei Jahre die besten Nationalmannschaften der Spieler unter 20 Jahren. Für manche von ihnen war es der Start zur Weltkarriere. Maradona, Bebeto, Pogba: hier eine Auswahl von berühmten Protagonisten.
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DIEGO MARADONA (ARG) 1979 – JAPAN Als Kapitän schoss Maradona sechs Tore und gewann mit der Albiceleste den Titel. Er wurde zudem zum besten Spieler des Turniers ausgezeichnet.
BEBETO (BRA) 1983 – MEXIKO 110 000 Zuschauer verfolgten das Finale zwischen Brasilien und Argentinien. Es war Bebetos erster internationaler Triumph und der Beginn einer grossen Karriere.
LUÍS FIGO (POR) 1991 – PORTUGAL Nachdem er 1989 mit der U16 Europameister geworden war, feierte er zwei Jahre später den WM-Titel. Im Finale traf Figo im Elfmeterschiessen.
Mark Leech, Bob Thomas (2), Getty Images (3)
U20-WMs: WO AUS JUNGEN TALENTEN STARS WURDEN
U20 -WM
Und nicht nur auf spielerischer Ebene war die Mannschaft optimal v orbereitet. Zeise machte sich auch über die klimatischen Bedingungen in Ozeanien Gedanken, kaufte seiner Mannschaft lange Unterwäsche und nahm eine wärmende Salbe aus Myanmar mit auf die Insel. Ausserdem reiste das Team zur Gewöhnung im Frühjahr durch Europa – Eislaufen in Deutschland inklusive. “Ich hatte noch nie Schnee oder Eis gesehen, ich kannte das nur aus dem Fernsehen”, sagt Mittelfeldspieler Yan Naing Oo. Die wichtigsten Faktoren zum Erfolg sind in Myanmar aber Zeit und Geduld. “Mit der Holzhammermethode geht hier gar nichts”, sagt Zeise klipp und klar. Ursprünglich kam er über den Tipp eines befreundeten Trainer kollegen nach Myanmar, zuvor war er bereits in Japan, Südkorea, China, V ietnam sowie auf den Malediven als Coach tätig gewesen, hatte Kurse bei Grêmio Porto Alegre in Brasilien geleitet und den belgischen Erstligisten KRC Harelbeke trainiert. Nun ist er bereits im fünften Jahr in Südostasien. “Es hat sich vieles sehr positiv verändert, und der Fussball boomt.”
Issouf Sanogo / AFP, VI / imago, Enrique Marcarian / Reuters, Julian Finney / Getty Images, AFP
“Ein regelrechter Hype” Die Ergebnisse spielten dann an der WM für seine Anhänger eine untergeord nete Rolle. Unter den vielen Fans war auch eine Gruppe von 250 Flüchtlingen aus Myanmar bei der 1:5-Niederlage gegen Neuseeland im Stadion. Dass sie live mit dabei sein konnten, hatten sie der regionalen Sportstiftung Sport Tasman zu verdanken. Diese hatte die Tickets sowie die Anfahrt von Nelson und Porirua aus organisiert. Die Gruppe sorgte für ausgelassene Stimmung und animierte auch die restlichen Zuschauer im Westpac Stadium in Welling ton. “Uns war nicht bewusst, dass so viele Leute aus Myanmar in Neuseeland leben”, strahlte Kapitän Nanda Kyaw. “Wir haben nur einige wenige erwartet, aber es waren wirklich viele. Wir möchten allen, die uns angefeuert haben, ein grosses Dankeschön übermitteln. Das hat uns stärker und mutiger gemacht.” Die Freude war ganz bei seinem Anhang. Und als das Team gar in Führung ging, waren diese Fans kaum mehr zu halten. Dass Neuseeland am Schluss jubeln konnte und ins Achtelfinale einzog, tat ihrer Stimmung keinen Abbruch. “Es ist schon Wahnsinn, wie viele Nachrichten und Botschaften wir täglich bekommen. Vor allem im Internet und in den sozialen Medien ist ein regelrechter Hype um das Team entstanden”, sagte Gerd Zeise. Und sein Kapitän sagt: “Wir werden dieses Erlebnis nie vergessen. Es wird uns ein Leben lang begleiten.”
SEYDOU KEITA (MLI) 1999 – NIGERIA Überraschend spielte sich Mali bis ins Halbfinale. Das Team rangierte am Schluss auf Platz 3. Keita, der zum Spieler des Turniers aus gezeichnet wurde, hatte mit seinen Dribbelkünsten begeistert.
ARJEN ROBBEN (NED) 2001 – ARGENTINIEN Coach Louis van Gaal war Robbens Förderer. Er berief den schnellen Offensivmann in den Kader der U20-WM vor 14 Jahren. Später wechselte Robben dank Van Gaal zu Bayern München.
Lautstarke Unterstützung Die Fans aus Myanmar heizen ihrem Team ein.
Die Zukunft kann kommen Einer vielversprechenden Zukunft steht in Myanmar nichts mehr im Wege. Auch infrastrukturell werden die Weichen gestellt. Fünf Goal-Projekte der FIFA haben in den letzten elf Jahren dafür gesorgt, dass ein neuer Verbandssitz sowie eine Fussballakademie gebaut und mehrere Trainingsplätze und das nationale Stadion in Rangun renoviert wurden. Nicht zuletzt auch dadurch wurde das Spielerpotenzial deutlich erhöht. “Wir sind ein Kollektiv und alle Spieler arbeiten sehr hart, um etwas zu erreichen”, betont Zeise. sst/tfw
LIONEL MESSI (ARG) 2005 – NIEDERLANDE Im Finale gegen Nigeria erzielte Messi beide Treffer per Elfmeter. Er gewann die Torjägerkrone und die Auszeichnung für den besten Spieler.
PAUL POGBA (FRA) 2013 – TÜRKEI Dank eines 4:1-Sieges im Elfmeterschiessen gegen Uruguay durfte Pogba die begehrteste Trophäe des Juniorenfussballs stemmen. Er war Kapitän des Teams. T H E F I FA W E E K LY
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Dezember 2014 erhielt er die US-Staatsbürgerschaft und von der FIFA die Freigabe, für das nordamerikanische Nationalteam zu spielen. In diesem ist er der neue Star. Die englische Zeitung “The Guardian” prophezeite schon: “Wunderkind Gedion Zelalem liegt die Welt zu Füssen.” In die gleiche Richtung zielte bereits die Aussage seines Jugendtrainers Matt Pilkington: “Er dribbelt wie Iniesta und passt wie Xavi.” In Neuseeland blieb den Zuschauern eine Direktabnahme aus vollem Lauf am besten in Erinnerung. Zelalem hatte das neuseeländische Tor nur knapp verfehlt. Die U20-WM endete für die USA im Viertelfinale gegen Serbien. “Ich denke, wir haben eine gute L eistung gezeigt, aber trotzdem wollen wir noch höher hinaus”, s agte Zelalem. “Wir wollen Endspiele erreichen und gewinnen. Ich habe Geschmack daran gefunden, solche Turniere zu bestreiten. Es gibt in diesem Team einige – mich eingeschlossen –, die bei der nächsten WM im Kader der A-Nationalmannschaft stehen könnten. Man muss nur Spieler wie Lionel Messi sehen, der 2005 dabei war, und man weiss, welche Tradition die U20-WM hat. Messi und Argentinien triumphierten einst – ich wollte das auch.” Ab November steht das US-Team im Rennen um die drei Plätze der CONCACAF für die WM 2018. Nationalcoach Jürgen Klinsmann ist auf Zelalem aufmerksam geworden: “Er ist ein spezieller Spieler und jetzt schon auf dem Level, um in der A-Mannschaft mitzuspielen”, sagte der Deutsche. Gute Vorzeichen also für den jungen Deutschamerikaner.
Das Freistosstor aus 24 Metern Auch der 18-jährige Serbe Andrija Zivkovic ist auf der internationalen Fussballbühne kein Unbekannter mehr. Der Mittelfeldspieler ist der jüngste Spieler, der je die Kapitänsbinde von Partizan Belgrad trug. Und auch hatte vorher noch kein Serbe mit 17 Jahren sein Debüt in der A-Nationalmannschaft gegeben. “Ich denke nicht daran, jetzt auf die Bremse zu treten, sondern möchte weiterhin gute Auftritte und Erfolge sammeln.” In Neuseeland hielt Zivkovic mit guten Leistungen Wort. Im letzten Gruppenspiel gegen Mexiko erzielte er kurz vor der Pause mit einem schönen Freistosstor aus rund 24 Metern das 2:0. Es war die Vorentscheidung auf dem Weg ins Achtelfinale. “Ich bin überglücklich über dieses Tor. Als ich mir den Ball zurechtgelegt habe und ausführen wollte, sah ich, dass sie eine sehr gute Mauer aufgestellt hatten, der Torhüter aber nicht ganz richtig postiert war. Diese Chance wollte ich nutzen”, sagte er. “Solche Erfolge sind etwas Besonderes. Was man auf Vereinsebene erreicht, ist schwer mit dem zu vergleichen, was in der Nationalmannschaft passiert, weil die Gefühle nicht die gleichen sind. Aber wenn es um die Nationalmannschaft geht, ist dies ohne Zweifel der beste Augenblick meiner Karriere.” Für Danilo, Kapitän des brasilianischen U20-Teams, ist der Fussball weit mehr als nur ein Sport. Er macht ihm Hoffnung auf ein Wiedersehen mit seinem Vater, der die Familie verliess, als Danilo acht J ahre alt war.
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Siegessicher Mit Partizan ist er Meister geworden, mit Serbien will Andrija Zivkovic nun den WM-Titel holen. 10
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Robert Cianflone / FIFA via Getty Images
Geburtsdatum 11. Juli 1996 Geburtsort Nis, Serbien Grösse 1,70 m Position Mittelfeld Aktueller Verein FK Partizan Belgrad Nationalteam Serbien U20
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DANILO
Geburtsdatum 28. Februar 1996 Geburtsort Simões Filho, Brasilien Grösse 1,82 m Position Mittelfeld Aktueller Verein SC Braga Nationalteam Brasilien U20
Führungsstark Bei der Seleção übernimmt Danilo als Kapitän Verantwortung – auf und neben dem Feld.
Die mediale Aufmerksamkeit könnte sie nun zusammenbringen. “Ich war zwar noch klein, als sich meine Eltern getrennt haben. Aber ich erinnere ich mich noch sehr gut an den Tag. Das Leben geht weiter, wenn auch stets von einer Portion Sehnsucht begleitet”, erzählt er.
“Es ist ohne Zweifel der beste Augenblick meiner Karriere.” Alex Grimm / FIFA via Getty Images
Andrija Zivkovic
Zu Beginn der Saison 2014/2015 wechselte Danilo von Brasilien nach Portugal zu Sporting Braga. Inzwischen pendelt er zwischen seinem Verein und den brasilianischen Nachwuchsteams, denen er seit der U15-Auswahl angehört. Es war diese Erfahrung, die ihm jetzt in Neuseeland die Kapitänsbinde bescherte. “Er hat lange für die brasilianischen Jugend-und Juniorenteams gespielt”, so U20-Trainer Rogério Micale. “Aus serdem ist er von Natur aus ein Führungsspieler, sowohl auf dem Platz als auch abseits davon. Das ist genau das, was ich mir von einem Mannschaftskapitän wünsche.”
Für Danilo und Brasilien war die K.-o.-Runde keine leichte A ufgabe: Uruguay hielt im Achtelfinale bis zum Schluss dagegen, sodass die Partie nach einem 0:0 in der regulären Spielzeit im Elfmeterschiessen entschieden werden musste. Nach einem verschossenen Elfmeter von Uruguay verwertete Danilo sicher. Auch das Viertelfinale gegen Portugal musste vom Elfmeterpunkt aus entschieden werden, wo Danilo erneut starke Nerven zeigte. Brandt: Fernziel WM 2018 Die Deutschen hatten sich für die U20-WM viel vorgenommen. Ihr Minimalziel war das Halbfinale. Dieses verpassten sie nach einer Niederlage gegen Mali (3:4 n.E.). Dabei hatte das Spiel für die National elf gut begonnen: Julian Brandt von Bayer Leverkusen schoss sein Team in der 38. Spielminute in Führung. Souleymane Coulibaly glich aber nach der Pause zum 1:1 aus, worauf dem Favoriten bis zur 120. Minute kein Tor mehr gelang. Julian Brandt wurde letzten August mit dem U19-Team Europameister. Brandt ist jung und doch erfahren. Für Bayer Leverkusen absolvierte er bereits 37 Bundesligaspiele. “Ich bin nach Neuseeland gekommen, um meinen Teil beizutragen. Ich mache auch den Mund auf. Aber es ist nicht so, dass ich mich als eine grosse Führungsperson sehe”, sagte Brandt eher zurückhaltend. Die Deutschen hinterliessen in der Gruppenphase, aber auch im Achtelfinale gegen Nigeria, einen starken Eindruck. Insgesamt 18 Tore erzielten sie in 5 Spielen, 16 davon in der Gruppenphase – ein neuer T H E F I FA W E E K LY
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“Natürlich weiss ich, dass ich 2018 ein gutes Alter habe, um an der WM mitzuspielen.” Julian Brandt
Rekord. Zudem wirkten sie defensiv wie offensiv gefestigt, traten im Kollektiv in beeindruckender Manier auf und begeisterten mit einer Flexibilität, die bei deutschen Nationalteams spätestens seit der WM 2014 zum Markenzeichen geworden ist. “Ich bin stolz auf meine Mannschaft, weil sie ein gutes Turnier gespielt hat. Wir können erhobenen Hauptes nach Hause gehen”, sagte Coach Frank Wormuth. Zu Hause will Julian Brandt den nächsten Schritt in seiner Karriere machen. Doch er will ihn langsam und überlegt tun. “Klar ist mir bewusst, dass 2018 eine WM stattfinden wird. Und natürlich weiss ich auch, dass 22 ein gutes Alter ist, um da mal mitzuspielen. Aber wir haben zurzeit so viele gute Jungs in Deutschland und die Generation mit Marco Reus und Mario Götze ist ja auch noch nicht die älteste. Deswegen ist es schwer, reinzukommen.”
CHRISTCHURCH – EINE BESONDERE STADT Friedvoll und idyllisch. Auf ganz eigene Weise entspannt. Christchurch ruht in sich selbst, schon immer. Auch dank seiner englisch geprägten Architektur und seiner Freizeitmöglichkeiten galt die grösste Stadt der Südinsel Neuseelands als etwas Besonderes. Das war früher. Heute ist die Metropole auf andere Weise einzigartig. Es war der 22. Februar 2011, mittags um 12:51 Uhr, als plötzlich nichts mehr so war wie vorher. Das Erdbeben der Stärke 6,3 erwischte die Stadt in ihrer Hauptgeschäftszeit. Es zerstörte sie fast vollständig. 185 Menschen verloren an diesem Mittag ihr Leben, mehrere Tausend wurden verletzt. Wenn man heute durch die knapp 350 000 Einwohner zählende Stadt geht, erinnert nahezu alles noch immer an die Naturkatastrophe. Aber längst dominiert ein Optimismus, der so beeindruckend und mitreissend ist, dass man Christchurch sofort ins Herz schliesst. Mit riesigem Aufwand entsteht ein neues Stadtzentrum – moderner, bunter und kreativer als jemals zuvor. In den letzten Wochen strömten die Einwohner in das frisch errichtete Stadion, um die U20-WM mitzuerleben. Voller Stolz begrüssen sie die Welt in ihrer Stadt. Christchurch ist wieder da. Man war nie weg. Und man ist begeisterungsfähiger als jemals zuvor. “Wenn eine Stadt, die den Ruf hat, ein exzellenter Gastgeber zu sein, ihr Herz durch eine Katastrophe verliert, heisst das nicht, dass wir auch unsere Seele verlieren”, sagte Bürgermeisterin Lianne Dalziel. Andreas Alf
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JULIAN BRANDT
Schnell Julian Brandt besitzt neben seinem hohen Spieltempo auch den richtigen Tor-Riecher. 12
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Martin Hunter / Getty Images
Geburtsdatum 2. Mai 1996 Geburtsort Bremen, Deutschland Grösse 1,85 m Position Mittelfeld Aktueller Verein Bayer Leverkusen 04 Nationalteam Deutschland U20
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19 ADAMA TRAORÉ Geburtsdatum 28. Juni 1995 Geburtsort Bamako, Mali Grösse 1,78 m Position Mittelfeld Aktueller Verein OSC Lille Nationalteam Mali U20
Facettenreich Ob in der Rolle als Nummer 8 oder als klassische 10: Adama Traoré ist vielseitig einsetzbar.
Dean Mouhtaropoulos / FIFA via Getty Images
U20-Weltmeisterschaft 30. Mai–20. Juni 2015 “Ich tue, worum man mich bittet” Das Team aus Mali hat an diesem Turnier Klasse bewiesen. Es begeisterte durch sein flüssiges Kurzpassspiel, Mut und fantastische Tore. Vor allem ein Spieler überzeugte bei den Westafrikanern: Adama Traoré. In der L igue 1 hat er sich seit seinem Debüt in der ersten Mannschaft von Lille im März 2015 schon einen Namen gemacht. Der Verein wollte nicht einmal auf seine Dienste verzichten, als es um die Qualifikation für die U20-WM ging. Der Mittelfeldspieler musste im Verein bleiben. Umso glücklicher war Traoré, als er später die Freigabe für das Turnier in Neuseeland erhielt und im ersten Spiel auch traf. “Es war für mich sehr bewegend, als wir endlich ein Tor erzielten. Wir sind zur Eckfahne g elaufen und haben einen Tanz aufgeführt, um den Treffer zu feiern. Während des Spiels hörten wir ein Trommeln von der Tribüne, das uns den Rhythmus vorgab.” Traoré strahlte, als er diese Worte sagte. “Manchmal übernehme ich die Rolle der Nummer 8, manchmal muss ich als 10 agieren. Es ist mir nicht besonders wichtig. Es kommt vor allem darauf an, dass ich das tue, worum man mich bittet, in welchem Bereich des Spielfelds das auch sein mag.” Å
FINALRUNDE
Viertelfinals · 14. Juni Spiel 45 Brasilien Spiel 46 Mali Spiel 47 USA Spiel 48 Usbekistan
Portugal Deutschland Serbien Senegal
0:0 (3:1) n.E 1:1 (4:3) n.E 0:0 (5:6) n.E 0:1
Halbfinals · 17. Juni Brasilien Spiel 49 Spiel 50 Serbien
Senegal Mali
5:0 2:1 n.V
Spiel um Platz 3 · 20. Juni Senegal Spiel 51
Mali
Finale · 20. Juni Brasilien Spiel 52
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BLICK IN DIE LIGEN
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Dänemark: Superliga
D e r A n f a n g vo n et was Grossem
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Ikast FS gebildet, erstmals als Meister des Königreichs Dänemark und Nachfolger von Aalborg BK aus – 4 Punkte vor Rekord meister FC Kopenhagen und 16 Punkte vor Bröndby IF, dem anderen grossen Haupt stadtklub.
Roland Zorn ist Fussballexperte und lebt in Frankfurt am Main.
“Die Tabelle lügt!” Das hat Rasmus Ankersen, der erst 32 Jahre alte Präsident des FC Midtjylland immer wieder gesagt. Er wollte mit dieser Behauptung nur darauf hinweisen, dass die Tabelle auch all das Glück und Pech abbildet, das schon immer einen Teil der Faszination Fussball ausge macht hat. Dem hielt der innovative Däne, der den Bestseller “The Gold Mine Effect” über das Finden und Entwickeln von Sport talenten geschrieben hat, entgegen: “Wir sind gut, wenn unsere Berechnungen sagen, dass wir gut sind.” Am Ende dieser Saison in der dänischen Superliga haben sich Ankersen und seine Datensammler nicht verrechnet – aber auch die Tabelle lügt nicht: Sie weist den kleinen Klub aus Jütland, 1999 aus den ersten Mannschaften von Herning Fremad und
Wie konnte das passieren? Sicher auch, weil der innovative Ansatz von Männern wie Ankersen, Trainer Glen Riddersholm und dem englischen Mehrheitseigner Matthew B enham, der als Besitzer seines Heimatklubs, des englischen Zweitligaver eins Brentford FC, eine ähnliche Strategie verfolgt, erfolgreich war. Den Fussball in Midtjylland mit Big-Data-Material, mathematischer Präzision, Algorithmen und Wahrscheinlichkeitsberechnungen zu durchleuchten, hat sich gelohnt. Doch allzu verkopft sehen sich die dänischen Meistermacher keineswegs. A nkersen zum Beispiel hat den FC Midtjylland nicht nur mit der Akribie eines Wissenschaftlers vorangebracht. Er war Jugendtrainer in seinem Verein und hat dabei vor zehn Jahren die erste grosse Nachwuchs akademie Skandinaviens aufgebaut. Bis heute ist er stolz darauf, “dass die Hälfte unserer Profis bei uns ausgebildet wurde”. So auch Pione Sisto, ein 20 Jahre alter
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Mittelfeldspieler, das am meisten begehrte Talent des Meisters. Dass der FC Midtjylland viel mehr ist als ein geglückter Laborversuch zahlengläubiger Fussballenthusiasten, zeigt sich auch im Scouting dieses Klubs. Dessen Prinzip lautet, unterschätzte Spieler zu entdecken und aus ihnen kleine Juwelen zu machen. Wie aus dem Finnen Tim Sparv, den die Dänen im vorigen Sommer vom deutschen Zweitligaverein Spielvereinigung Greuther Fürth als Ordnungskraft für ihr defensives Mittelfeld anheuerten. Den internationalen Markt bis in die Nischen zu kennen, hat den FC Midtjylland bis an die Spitze der heimi schen Liga gebracht. “Wir glauben”, sagt Ankersen, “dass eine sorgfältige Datena nalyse uns einen Vorsprung verschaffen kann.” In Dänemark gelang dem neuen Meister der Titelcoup schon vier Spieltage vor Saisonende mit einem 0:0 beim Absteiger FC Vestsjaelland. In der Champions League wollen sich die Skandinavier über die Q ualifikationsspiele bis in die Gruppenpha se vorkämpfen. Schliesslich lautet Klubchef A nkersens Credo: “Wir arbeiten an etwas Grossem und haben gerade erst d amit angefangen.” Å
FC Midtjylland Das Team feiert den ersten Meistertitel des Klubs. 14
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fo2oj1.dk
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Rebound Kaká nach seinem Siegtor für Orlando.
USA: Major League Soccer
O r l a n d o ge w i n nt H it z e s p i e l Alan Schweingruber ist Redakteur bei The FIFA Weekly.
Nigel Worrall / Corbis / Dukas
Es kann ja richtig warm werden in Florida. In den Monaten Juni und Juli erreichen die Temperaturen Jahreshöchstwerte. Am Abend des 14. Juni waren dann aber doch alle etwas überrascht im so genannten Sunshine State der USA: Über 90 Grad Fahrenheit – also fast 33 Grad Celsius – zeigte das Thermometer um 19 Uhr noch an. An Fussballspielen mag man da eigentlich nicht denken. Aber was tun, wen der Gipfel der Eastern Conference ansteht? Orlando City mit dem brasilianischen Altstar Kaká empfing den Tabellenführer aus der Hauptstadt, D.C. United. Grosses Kino also.
Es wurden zwei offizielle Trinkpausen eingeplant. Zum ersten Mal in der Major League Soccer. Die Hitze setzte den Spielern wie erwartet zu. Alle Torszenen bestanden aus Weitschüssen. Dabei setzte sich vor allem Bill Hamid von Washington in Szene. Spätestens seit dieser Partie im Orlando Citrus Bowl wissen in den USA alle, weshalb Hamid 2014 zum besten MLS-Torhüter gewählt wurde. Der 24-Jährige, im Nationalteam noch hinter Stammkeeper Tim Howard positioniert, parierte mehrmals grandios. Sogar den Elfmeter von Kaká konnte er abwehren. Erst als der ehemalige Real-Madrid-Star per Kopf nachsetzte, musste sich Hamid geschlagen geben. Kakás Rebound war zugleich der Siegtreffer des Spiels. Er hievte Orlando City auf den 3. Platz. Und weil das zweitplatzierte Team, New England Revolution, übrigens ein Gründungsmitglied der MLS, Chicago Fire 2:0 besiegte, liegt D.C. United nur noch vier Punkte vorne.
In der Western Conference beschäftigt man sich derzeit mit anderen Fragen. Nämlich: Sind die starken Seattle Sounders endlich in der Lage, ihren ersten Meistertitel zu realisieren? Oder wird L.A. Galaxy ihn verteidigen? Tabellenführer Seattle gewann gegen Dallas souverän 3:0. Derweil kam Galaxy im Bundesstaat Ohio gegen C olumbus Crew nicht über ein 1:1 hinaus. Das Team des einstigen US-Coaches Bruce Arena liegt trotz zwei Spielen mehr nur auf dem 6. Platz. Dafür möchte man jetzt Ronaldinho verpflichten. Wettertechnisch gibt’s schlechtere Orte als Kalifornien. Dieser Aspekt wird beim 35-jährigen Brasilianer sicher in die Entscheidung einfliessen. Mit dem 3 4-jährigen Robbie Keane konnte Galaxy den V ertrag bereits verlängern. Å
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Vom grossen Bruder gelernt Im Gruppenspiel gegen Deutschland gelang Maren Mjelde ein wahrer Kunstschuss. Freistosstreffer zu erzielen, hat sie zu Hause in Norwegen von ihrem Bruder Erik gelernt.
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inen Freistoss gut zu schiessen, gehört zu den grossen Künsten im Fussball, und nur wenige beherrschen es perfekt. Diejenigen, die sich zu dieser Elite zählen können, bleiben den Fans immer in Erinnerung. Denkt man nur an die Fähigkeiten von David Beckham oder den sagenhaften Schuss von Roberto Carlos gegen Frankreich, der sich z uerst vom Tor weg und auf einmal wieder hin bewegte. Norwegens Maren Mjelde darf sich seit vergangenem Donnerstag auch zu diesem Kreis zählen. Im Gruppenspiel gegen Deutschland an der FIFA FrauenWeltmeisterschaft Kanada 2015™ gelang der 25-Jährigen ein wahrer Kunstschuss. Der Ball lag in zentraler Position knapp vor der Sechzehn-Meter-Linie. Zwischen Mjelde und dem Tor stand eine Sieben-Frau-Mauer, und die ehemalige FIFA-Weltfussballerin Nadine Angerer im Tor. Norwegens Nummer 6 nahm drei Schritte Anlauf und knallte den Ball unhaltbar unter die Latte in die Maschen. Angerer selbst konnte der Kugel nur machtlos hinterherschauen. Es war der wichtige 1:1-Ausgleich der Skandinavierinnen nach gut einer Stunde. Googelte man bereits wenige Minuten nach dem Abschluss der Partie den Namen Mjelde, so bekam man als erste Ergebnisse unzählige Videos mit dem Titel “Mjeldes traumhafter Freistoss gegen Deutschland”. Die Schützin selbst war im Anschluss natürlich begeistert und fast sprachlos. “Ich habe einige Bilder davon in meinem Kopf, aber ganz kann ich mich nicht daran erinnern. Ich muss mir unbedingt noch ein paar Videos davon ansehen. Aber ich weiss, dass er wirklich stark war.” Den Gegner beeindrucken Bekommt man dann auch noch vom Gegner ein Lob für sein Kunstwerk, kann man sich auf jeden Fall sicher sein, dass man Aussergewöhnliches geleistet hat. “Der war sehr gut geschossen. Da konnte ich nichts machen, daher war es sinnlos, mich zu
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bewegen. Das wäre nur Energieverschwendung gewesen”, zeigte sich Angerer beeindruckt am Mikrophon. “Den Freistoss schiesst sie einmal im Jahr so”, fügte Deutschlands Angreiferin Alexandra Popp hinzu. Als Glücksschuss würde Mjelde ihren Treffer jedoch nicht bezeichnen, eher als das Ergebnis von viel harter Arbeit. “Ich trainiere wirklich oft Freistösse. Ich habe in den letzten Monaten sehr viele geschossen und immer weiter geübt. Jetzt hat es sich ausgezahlt”, sagte die rechte Aussenverteidigerin. Ein weiterer Faktor zu diesem Erfolg sei auch ihr grosser Bruder Erik,
ZUM ENDE DER GRUPPENPHASE A n d e r FIFA Fr au e n - We l t m e is t e r s c h a f t K an a d a 2015 ™ is t die Gr uppenphase abge sc hlo s sen, die 16 Teilnehmer der K .- o.- Runde s tehen f e s t . Damit mus s ten sich 8 Teams aus dem Tur nier verabschie den – 8 Teams hat ten sich auch zum er s ten Mal f ür eine W M - Endr unde qualif izier t . Die Fr age s tellt sic h: Handelt e s sic h um die selben 8 Teams? Nein. D e nn mi t K ame r un, de n Nie de r lande n und de r Sc hweiz is t 3 von 8 WM - Neulingen der Sc hr it t in die näc hs te Runde ge glüc k t . Das is t nic ht e t wa wenig – und e s unter s treicht, das s die Er weiter ung de s W M -Teilnehmer f elde s von 16 auf 24 Te ams auc h vom Spielniveau her r ic htig is t . Der weitere Spielplan f indet sic h auf Seite 19 die ser Ausgabe. mpe
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Andre Ringuette / Getty Images, Carl Sandin / imago
Klasse Freistoss Maren Mjelde (v.) zirkelt den Ball über die deutsche Mauer ins Lattenkreuz.
Achtel finaleinzug Sowohl Schweden mit Therese Sjögran (l.) als auch Australien mit Alanna Kennedy haben die K.-o.-Runde erreicht.
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“Der war sehr gut geschossen. Da konnte ich nichts machen, daher war es sinnlos, mich zu bewegen. Das wäre nur Energieverschwendung gewesen.” Nadine Angerer über den Freistoss von Maren Mjelde
Tor schiessen würde, wenn ich die Chance dazu erhalte.” Gegen die Asiatinnen war ihr Fehlschuss weniger schlimm, da ihr Team bereits klar in Führung gelegen hatte, unter anderem durch einen weiteren direkten Freistoss. Diesen traf jedoch Spielführerin Trine Rönning, die gegen Deutschland verletzungsbedingt auf der Bank Platz nehmen musste. Bei all diesen Spezialisten stellt sich die Frage, wer denn eigentlich die Beste bei ruhenden Bällen ist. “Wir haben einige Spielerinnen, die gute Freistösse schiessen können. Trine ist richtig stark, vor allem ist sie konstant und hat schon viele Tore geschossen.” Å
der beim norwegischen Erstligisten Sandefjord Fotball unter Vertrag steht. Er verfüge über einen starken linken Fuss und habe ebenfalls schon mehrere Freistösse direkt verwandelt. “Ich habe da schon einiges von ihm gelernt. Ich denke, ich werde einige Nachrichten von ihm auf meinem Telefon haben”, grinste sie. Dieses Mal sind es sicher bessere Nachrichten, als nach dem ersten Spiel gegen Thailand. Da zeigte sich Mjelde nämlich nicht so treffsicher und scheiterte bei einem Strafstoss an der Torhüterin. Konzentration von Anfang an “Der Elfmeter hat mich sehr geärgert. Der war so schlecht geschossen und da habe ich mir geschworen, dass ich heute ein
Marius Achatz
Tabellen nach der Gruppenphase Gruppe D USA Australien Schweden Nigeria
3/7 3/4 3/3 3/1
4 : 4 : 4 : 3 :
1 4 4 6
3/7 15 : 1 3/7 8 : 2 3/3 3 : 10 3/0 3 : 16
Gruppe E Brasilien Korea Republik Costa Rica Spanien
3/9 3/4 3/2 3/1
4 : 4 : 3 : 2 :
0 5 4 4
3/9 4 : 1 3/6 9 : 3 3/3 11 : 4 3/0 1 : 17
Gruppe F Frankreich England Kolumbien Mexiko
3/6 3/6 3/4 3/1
6 : 4 : 4 : 2 :
2 3 3 8
Gruppe A Kanada China VR Niederlande Neuseeland
3/5 3/4 3/4 3/2
Gruppe B Deutschland Norwegen Thailand Elfenbeinküste Gruppe C Japan Kamerun Schweiz Ecuador
2 : 3 : 2 : 2 :
1 3 2 3
Alle Informationen zur FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ finden Sie unter http://de.fifa.com/womensworldcup
Achtelfinals · 20. – 23. Juni Spiel 37 China VR Spiel 38 USA Spiel 39 Deutschland Spiel 40 Frankreich Spiel 41 Brasilien Spiel 42 Japan Spiel 43 Norwegen Spiel 44 Kanada
Kamerun Kolumbien Schweden Korea Republik Australien Niederlande England Schweiz
Viertelfinals · 26. / 27. Juni Spiel 45 Sieger Spiel 37 Spiel 46 Sieger Spiel 39 Spiel 47 Sieger Spiel 41 Spiel 48 Sieger Spiel 43
Sieger Spiel 38 Sieger Spiel 40 Sieger Spiel 42 Sieger Spiel 44
Halbfinals · 30. Juni / 1. Juli Spiel 49 Sieger Spiel 45 Spiel 50 Sieger Spiel 47
Sieger Spiel 46 Sieger Spiel 48
Spiel um Platz 3 · 4. Juli Spiel 51 Verlierer Spiel 49
Verlierer Spiel 50
Finale · 5. Juli Spiel 52
Sieger Spiel 50
Sieger Spiel 49
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First Love Ort: Koh Panyee, Thailand Datum: 1. Oktober 2014 U h r z e it : 9. 2 9 U h r Fotog ra f: Ch r istophe A rcha mbau lt
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Den Fussball überall und für alle entwickeln
Mitreissende Turniere organisieren
Der Gesellschaft und der Umwelt Sorge tragen
Für das Spiel. Für die Welt. Die FIFA will den Fussball zum Wohl aller entwickeln. Unsere Mission lautet: Das Spiel entwickeln Oberstes Ziel der FIFA ist, den Fussball für ihre 209 Mitgliedsverbände zu entwickeln. Dank den Einnahmen aus der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ können wir täglich USD 550 000 in die weltweite Fussballförderung investieren. Die Welt berühren Die FIFA will die Menschen weltweit mit ihren internationalen Fussballturnieren und -veranstaltungen bewegen, zusammenführen und begeistern.
FIFA.com
Eine bessere Zukunft gestalten Der Fussball ist viel mehr als ein Spiel. Mit seiner weltweiten Ausstrahlung und Reichweite besitzt er eine einzigartige Kraft, die sorgsam einzusetzen ist. Die FIFA fühlt sich der Gesellschaft weit über den Fussball hinaus verpflichtet.
PR ÄV EN T ION
PRESIDENTIAL NOTE
FIFA unterstützt junge Hoffnungsträger der All Whites
Mehr Demokratie
D “FIFA 11+” Die Event-Teilnehmer am Wellington College.
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er neuseeländische Fussballverband New Zealand Football und die (staatliche neuseeländische Unfallversicherung) Accident Compensation Corporation (ACC) führten im Wellington College eine “FIFA 11+”-Veranstaltung durch. An der Veranstaltung nahmen Vertreter beider Organisationen sowie der FIFA, des LOK der FIFA U20-WM und Spieler des Wellington College und des Rongotai College teil. Bei der Veranstaltung wurden die auf strebenden neuseeländischen Stars darüber informiert, wie sie Verletzungen vermeiden können und welche gravierenden Aus wirkungen Verletzungen auf ihre Zukunft haben können. “FIFA 11+” ist ein Aufwärmprogramm zur Verletzungspräven tion, das vom Weltfussballverband entwickelt wurde und das Verletzungsrisiko im Fussball deutlich senkt. Angesichts der wachsenden Beliebtheit des Fussballs in Neuseeland ist es von noch grösserer Bedeutung, dieses Programm umzusetzen, das das Risiko schwerer Verletzungen nachweislich um 50 Prozent und dasjenige aller Verletzungen um 30 Prozent senkt. Die Zahlen von ACC belegen, dass im Jahr 2014 in Zusammenhang mit Fussball fast 43 000 Verletzungen gemeldet wurden. Sid Miller, Chief Customer Officer von ACC, sagte: “Wenn wir diese Zahl um 30 Prozent verringern können, wären das etwa 13 000 Menschen, die eine verletzungsfreie Saison spielen können. Das ist eine grossartige Chance. Programme wie dieses können wirklich etwas bewegen. Etwas bewegen – nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft. Auf sich zu achten, bietet zahlreiche Vorteile. Für uns ist es sehr wichtig, Programme wie dieses zu unterstützen und deren Weiterentwicklung zu fördern.” Professor Jiri Dvorak, medizinischer Leiter der FIFA, betonte die enorme Dimension: “Auf globaler Ebene mit 300 Millionen Fussballspielenden sprechen wir nicht von einem kleinen, sondern einem grossen Problem. Wir müssen diese Zusammenarbeit fortsetzen und weiter verbessern. Unsere Aufgabe besteht darin, uns um eure (der Spieler) Gesundheit zu kümmern und es euch zu ermöglichen, auch in fortgeschrittenem Alter noch zu spielen. Der Fussball muss sicher bleiben.” Å tfw
ie Zukunft der FIFA hat begonnen. An der ausserordentlichen Sitzung des Exekutivkomitees am 20. Juli 2015 werden die Weichen für einen ausserordentlichen Wahlkongress gestellt, an dem auch tiefgreifende Änderungen in der FIFA-Struktur beschlossen werden sollen. Der Schlüssel dazu ist die Verstärkung der Demokratie in der “FIFA-Regierung”. Die Konföderationen müssen aufgrund der Zahl ihrer Mitgliederverbände verhältnismässig gerecht vertreten sein. Es steht im Widerspruch zum Demokratieverständnis, dass die afrikanische Konföderation (mit 54 Mitgliedern) sowie der asiatische Kontinentalverband (mit 46 Mitgliedern) in der 25-köpfigen FIFAExekutive nur fünf (Afrika) beziehungsweise vier (Asien) Abgeordnete stellen. Im gleichen Atemzug müssen wir dafür sorgen, dass die Frauen ihren angemessenen Platz im Exco erhalten. Der Weltfussballverband ist kein “Männerklub”. Rund 50 Prozent unserer 450 Mitarbeitenden am FIFA-Hauptsitz sind Mitarbeiterinnen. Ich wehre mich aber dagegen, jemandem etwas wegzunehmen. Es soll keine Umverteilung der Plätze im Exekutivkomitee statt finden – sondern eine angemessene Erweiterung des Gremiums. Gleichzeitig haben die Konföderationen ihre Verantwortung in Ethikfragen wahrzunehmen. Ein Ethikkomitee, wie es die FIFA eingesetzt hat, kennt nur die asiatische Konföderation. Alle übrigen Kontinentalverbände stehen diesbezüglich im Abseits. Immerhin kommt von Wolfgang Niersbach, unserem neuen Exekutivkomitee-Mitglied aus Deutschland ein Vorstoss, der auch in meinem Sinne ist. Der DFB-Präsident fordert einen neutralen Integritätscheck für alle Mitglieder der wichtigsten FIFA-Gremien. Damit bringt Niersbach ein Thema wieder auf, das bisher ausgerechnet von der UEFA blockiert worden ist. Besser spät als nie. Das Zeichen, das er damit aussendet, muss für alle gelten: Nur gemeinsam können wir den Reformprozess weiter vorantreiben. Dafür stehe ich bis zu meinem letzten Arbeitstag ein.
Ihr Sepp Blatter T H E F I FA W E E K LY
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ABÉDI PELÉ
Name Abédi Ayew “Pelé” Geburtsdatum, Geburtsort 5. November 1964, Oko, Ghana Position Mittelfeld, Sturm FC Zürich Olympique Marseille OSC Lille Olympique Lyon FC Torino 1860 München Nationalteam Ghana 73 Einsätze, 33 Tore Erfolge, Auszeichnungen Afrika-Pokal 1982 UEFA-Champions-League 1993 Franz. Meistertitel 1991 und 1992 Afrikas Fussballer des Jahres 1991, 1992 und 1993
Viel Talent Abédi Pelé posiert mit seinen Söhnen Jordan (l.) und André.
Christphe Calais / Presse Sports
Wichtigste Stationen
ABÉDI PELÉ
“Keiner kann sich erklären, woher unser Talent kommt” Abédi Ayew “Pelé” war einst die begnadete Nummer 10 von Olympique Marseille und Ghanas Nationalteam. Auch seine drei Söhne spielen erfolgreich Fussball. Massimo Franchi unterhielt sich mit Afrikas dreifachem Fussballer des Jahres (1991, 1992, 1993) über seine Familie, Talent und die erste Begegnung mit dem “richtigen” Pelé.
Abédi Pelé, ist es nicht ein kleines Wunder, dass all Ihre Söhne Profifussballer geworden sind? Abédi Pelé: Ich halte es tatsächlich für ein Wunder. Ich war der erste Trainer der Kinder und habe sie alle bestimmt inspiriert und motiviert. Ich habe ihnen einige Tipps und Tricks gezeigt, aber all das reicht ja nicht, um tatsächlich Profifussballer zu werden. Schon gar nicht auf hohem Niveau.
Sind sich Ihre Söhne ähnlich? Nein. Sie unterscheiden sich stark von einander. Jordan ist mit 23 Jahren der Jüngste. Er ist ein Vollblutstürmer, ein echter Mittelstürmer. Er ist technisch beschlagen, kann seine Kräfte richtig ein setzen. In dieser Saison hat er in der fran zösischen Ligue 1 zwölf Tore für Lorient erzielt. André, mein Zweitgeborener, ist 25 Jahre alt (genannt “Dedé”, Red). Er ist mir am ähnlichsten. Er ist ein Ballkünstler. Es ist kein Zufall, dass er genau wie ich das Trikot mit der Nummer 10 von Olympique Marseille trug, in dem er in der Meister schaft zehn Tore erzielt hatte. Er hat meinen Stil und spielt vorwiegend mit links. Abgese hen von seinen technischen Fähigkeiten verfügt er auch über eine enorme mentale Stärke. André ist ein harter Kämpfer und kann, wenn es sein muss, auch 120 Minuten rennen – ganz wie ein Langstreckenläufer.
Fehlt noch ein Verteidiger in Ihren Reihen ... Genau. Abdul Rahim ist der Älteste. Er ist jetzt 27 Jahre alt. Er ist von den dreien derjenige mit dem am besten ausgeprägten
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ABÉDI PELÉ
Ich habe schon immer Diego Maradona für den grössten Spieler gehalten.
Dedé hat letzte Woche bei Swansea City einen Vierjahresvertrag unterzeichnet. Was hat den Ausschlag gegeben? Offenbar waren auch Roma, Inter, Tottenham, Everton und Newcastle interessiert. Sein Vertrag ist ausgelaufen und er beschloss, Frankreich zu verlassen, wo er geboren wurde, als ich noch in Lille spielte. Er wollte eine Herausforderung im Ausland suchen. Wir haben alle Angebote sorgfältig geprüft und dann hat er dasjenige ausgewählt, das er unter professionellen Gesichts-
Vor dem Elternhaus Vater Abédi Pelé mit André (m.) und Jordan. 26
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punkten für das Beste hielt. Die Teilnahme an der Champions League war nie ein entscheidender Faktor. Was zählt, ist das gesamte Paket. Er war schon immer von der Premier League begeistert und alle ghanaischen Landsleute, die schon dort gespielt haben, waren voll des Lobes: Asamoah Gyan, Michael Essien, Sulley Muntari ... Den Ausschlag gab dann Bafétimbi Gomis, der früher für Lyon gespielt hatte und bei Swansea sein neuer Sturmpartner werden wird. Er schwärmte vom Leben, von den Werten und von den Wundern der Swans ... Doch es war für ihn nicht leicht, Olympique Marseille zu verlassen. Schliesslich hatte er sich schon mit 15 Jahren der Nachwuchsabteilung des Klubs angeschlossen. Nach dem letzten Saisonspiel im Stade Vélodrome gegen Bastia konnte er die Tränen vor seinen Fans nicht mehr zurückhalten.
Sie stammen aus einer Fussballfamilie. Auch Ihr jüngerer Bruder Kwame Ayew war ein exzellenter Profi. Wie war er so? Ja, Kwame war ein perfekter Stürmer, schnell, beidfüssig, hart und enorm effizient im Strafraum. Er hat immer Tore gemacht, wo er auch gespielt hat: in Saudiarabien, Italien, Portugal, in der Türkei und in China.
Diese aussergewöhnliche Fussballerdynastie ist offensichtlich das Verdienst Ihres Vaters. Ja, Papa Ayew ... Dabei hat er selbst nie Fussball gespielt! Das auf einmal vorhandene Talent in unserer Familie kam wie durch ein Wunder. Das kann sich n iemand so richtig erklären. Leider hat mein Vater nur noch die Geburt von Abdul Rahim miterlebt. Er ist 1989 gestorben.
Christphe Calais / Presse Sports
Defensivverhalten. Er ist bei Tacklings ganz besonders stark, das ist eine seiner Spezialitäten. Vor zwei Jahren ist er nach einer wichtigen Erfahrung in Europa bei Lierse SK in der höchsten belgischen Liga nach Ghana zu Asante Kotoko zurückgekehrt, der Mannschaft mit den meisten Titeln.
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Welcher war der schönste Moment Ihrer Karriere und welcher der schlimmste?
FC Zürich gespielt. Was für Erinnerungen haben Sie an dieses Abenteuer?
Der schönste war der Champions-LeagueTriumph mit Marseille 1993. Ich brachte die Ecke herein, die Basile Boli per Kopf zum Siegtor gegen Milan nutzte. Dafür verloren wir 1991 im Finale des Pokals der Landesmeister gegen Roter Stern Belgrad im Elfmeterschiessen. Und im Jahr darauf unterlag das Nationalteam von Ghana im Endspiel der Afrika-Meisterschaft gegen die Elfenbeinküste – ebenfalls im Elfmeterschiessen. Das war hart. Trotzdem: Man muss im Leben immer versuchen, positiv zu denken, man sollte die negativen Dinge so schnell wie möglich hinter sich lassen.
Man hat mir Gelegenheit gegeben, mir einen Namen zu machen. Es war nicht ganz leicht für mich. Ich kam während der Winterpause und zwar aus Katar, wo ich für Al-Sadd gespielt hatte. Es war mein erstes Engagement in Europa. In Zürich liegt in dieser Jahreszeit viel Schnee, es ist kalt und natürlich wird Deutsch gesprochen – eine Sprache, die mir fremd war. Der Neusee länder Wynton Rufer war damals einer der Stars der Mannschaft. Er hat mir sehr bei der Eingewöhnung geholfen. Wir sind sehr gute Freunde geworden. Auch er hat eine tolle Karriere gemacht. Heute ist er National trainer von Papua-Neuguinea.
Wann haben Sie zum ersten Mal Ihren Namensvetter Pelé getroffen? Im Dezember 1991 in New York, anlässlich der Gruppenauslosung der Qualifikation für die Fussball-WM in den USA. Wir waren im Madison Square Garden, mitten im Herzen von Manhattan. Pelé sagte, er wisse von meinem Namen, und er wollte sich sogar mit mir fotografieren lassen. Kurze Zeit später haben wir uns im Home of FIFA in Zürich noch einmal getroffen. Ich empfinde grössten Respekt für ihn.
War er der grösste Spieler aller Zeiten? Ehrlich gesagt habe ich schon immer Diego Maradona für den grössten Spieler gehalten. Denn wir gehören zur gleichen Generation, ihn habe ich live gesehen. Aber wenn man dann ältere Fans hört, die den Brasilianer spielen sahen, dann ist man sich in seiner Meinung auf einmal nicht mehr so sicher. Pelé war vielleicht genauso grossartig.
Zu Beginn Ihrer Karriere haben Sie als Teenager auch eine Saison in der Schweiz beim
Haben Sie nie daran gedacht, Präsident des ghanaischen Fussballverbandes zu werden? Nein, noch nicht. Aber sollte sich eines Tages die Gelegenheit ergeben, warum nicht? Man sollte die Türen für solche Gelegen heiten nie zuschlagen, insbesondere wenn es der Wunsch der Leute ist.
Warum hat es bisher noch keine afrikanische Mannschaft zumindest bis ins Halbfinale einer Weltmeisterschaft geschafft? Im Vergleich mit der Situation vor einem halben Jahrhundert hat sich unser Fussball dem europäischen oder südamerikanischen sehr angenähert. Nicht zuletzt dank des von Präsident Blatter eingeführten “Goal”- Programms. Und 2010 stand Ghana ja so gut wie im Halbfinale. In der 120. Minute der Partie gegen Uruguay hat Suárez den Ball auf der Linie mit einem Handspiel gestoppt. Der Schiedsrichter hat Elfmeter gegeben. Leider hat Gyan dann die Latte getroffen, sonst wäre die Partie mit einem Sieg Ghanas zu Ende gegangen. Es fehlt manchmal nicht viel. Å
Name Jordan Pierre Ayew Geburtsdatum, Geburtsort 11. September 1991, Marseille, Frankreich Position Sturm Stationen als Spieler 2009–2014 Olympique Marseille 2014 FC Sochaux (Leihe) seit 2014 FC Lorient Nationalteam Ghana 26 Einsätze, 6 Tore Name André Morgan Rami Ayew
Alex Livesey / FIFA via Getty Images (2)
Geburtsdatum, Geburtsort 17. Dezember 1989, Seclin, Frankreich
Zürich war mein erstes Engagement in Europa. Das war nicht leicht. Es lag viel Schnee. Es war kalt.
Position Sturm Stationen als Spieler 2007–2015 Olympique Marseille 2008–2009 FC Lorient (Leihe) 2009–2010 AC Arles (Leihe) seit 2015 Swansea City Nationalteam Ghana 63 Einsätze, 11 Tore T H E F I FA W E E K LY
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Jeder Moment zählt
Rückfahrkamera - Display System Gekühltes Handschuhfach
Flaschenhalter hintere Tür
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FREE KICK
SPOTLIGHT ON
ALLGEMEINE INFORMATIONEN Land: Guam FIFA-Kürzel: GUM Kontinent: Asien Hauptstadt: Agana
Mario Wagner / 2Agenten
M
Endrunde
GEOGR APHISCHE INFORMATIONEN
Perikles Monioudis
Mount Lamlam 405 m ü. M.
it einer guten Offensive gewinnt man Spiele, mit einer guten Abwehr Meister schaften. So lautet das geflügelte Wort. Der Portugiese José Mourinho, mit dem Chelsea FC vor Kurzem englischer Meister geworden, würde das unterschreiben, wie bestimmt auch die Trainerlegende Giovanni Trapattoni, deren Ideen allerdings in der Zeit des Catenaccio grün den. Denn zwischen Mourinhos kontrolliertem Abwehrreflex und dem willentlich das Spiel einfrierenden Catenaccio bestehen Welten. Trainer, die über eine Saison hinweg aus taktischer Überzeugung vor allem die Offen sive pflegen, gibt es natürlich auch. Sie tun das unabhängig davon, ob sie einst als Spieler selber in der Offensive ihre Rolle spielten – wenn auch etwa Jürgen Klinsmann oder Kevin Keegan genau das zu belegen scheinen. Meisterschaften folgen in dieser Hinsicht anderen Regeln als Turniere. An grossen Tur nieren wie der Weltmeisterschaft rechnet ein zuversichtlicher Trainer mit mehr als drei Par tien für sein Team, ein begründet zielstrebiger mit sieben, inklusive Endspiel. Im Vergleich zu den 38 oder 34 Partien einer Meisterschaft nimmt sich die einstellige Anzahl Spiele an einem Turnier in jedem Fall gering aus. Entsprechend klein ist das Zeitfenster, in dem das Team seine Spitzenleistung abliefern muss. Dem steht die doch schon längere Zeitspan ne von sechs und mehr Wochen entgegen, in denen das Team als solches zu sich finden muss, in Vorbereitung, Camp, nach der Anreise
am neuen Ort, schliesslich im Turnier. Deshalb stellt ein Trainer seinen WM-Kader nicht allein unter der Maxime der Kurzzeitleistung zusam men, sondern berücksichtigt auch weichere Faktoren wie etwa die Soziabilität: Stinkstiefel können noch so gute Spieler sein; zerstören sie über Wochen hinweg den vornehmen Versuch, das Team zu einen, ist der Trainer gut beraten, sie gar nicht erst auf die Reise mitzunehmen. Das Team liefe sonst Gefahr, unter Niveau aufzuspielen. Zurzeit begeistern uns die Partien an der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ und an der U20-Weltmeisterschaft Neuseeland 2015. An beiden Turnieren sind Verbände beteiligt, die als WM-Neulinge auftreten. Sie schlagen sich gut. Dennoch ist zu erkennen, das einigen Teams etwas die Luft auszugehen droht beim dritten und letzten Gruppenspiel. Offensive, Defensive, Psychologie, Grup pendynamik: Die Wahrheit liegt – um ein weiteres geflügeltes Wort aufzunehmen – noch immer auf dem Platz. Å
Landesfläche: 549 km² Höchster Punkt: Nachbarmeere und -ozeane: Philippinensee, Pazifischer Ozean
FUSSBALL MÄNNER FIFA-Ranking: 174. Rang Weltmeisterschaften: Bisher keine Teilnahmen
FUSSBALL FR AUEN FIFA-Ranking: 86. Rang Weltmeisterschaften: Bisher keine Teilnahmen
LET Z TE RESULTATE Männer: Guam - Indien 2:1 16. Juni 2015 Frauen: Hongkong - Guam 3:0 18. November 2014
FIFA-INVES TITIONEN Seit 2002:
Die wöchentliche Kolumne aus der The-FIFA-Weekly-Redaktion
USD 4 932 000 T H E F I FA W E E K LY
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INTERVIEW
“Wir brauchen Lockerheit” Angelo Schirinzi gehört zu den grössten Beachsoccer-Experten weltweit. Der 42-Jährige schrieb ein Lehrbuch, ist FIFA-Instruktor und führt die Schweiz nun als Spielertrainer an die WM (9. bis 19. Juli). “Ein Finale gegen Gastgeber Portugal – das wäre schön.”
Angelo, wie gross ist Ihre Vorfreude auf die Beachsoccer-WM, die am 9. Juli anfängt?
Wie sehen Sie die Entwicklung des Beach soccers in den letzten Jahren?
Sind alle Beachsoccer-Spieler auch gut auf dem Rasen beziehungsweise umgekehrt?
Angelo Schirinzi: Die Vorfreude ist seit der gelungenen Qualifikation im September letzten Jahres sehr gross. Diesmal haben wir es sogar sehr souverän geschafft. Ich freue mich auch, dass wir so viele neue junge Spieler einbauen konnten.
Als ich 2001 angefangen habe, war alles noch in den Kinderschuhen. 2005 kam die FIFA und richtete die WM aus. Das gab einen riesigen Boom. Mittlerweile wächst und wächst es. Das ist unglaublich. Vor ein paar Jahren waren es in der europäischen Qualifikation nur ein paar Länder, inzwischen sind es 24 Teams. Wenn man in die Karibik blickt, ist es ähnlich. Letztes Jahr gab es acht Teilnehmer, diesmal 16. Und beim nächsten Mal sollen es schon 25 sein. Das wächst rasant.
Ich würde es so ausdrücken: Nicht jeder Fussballer vom Rasen kann auch gut Beachsoccer spielen, aber jeder Beachsoccer-Spieler kann meiner Meinung nach ein guter Fuss baller sein.
Mit welchen Zielen geht es an den Atlantik- Strand? Das Ziel ist, so weit wie möglich zu ommen. Mit dieser Einstellung fahren wir k dort auch hin. In der Europa-Qualifikation standen wir im Finale. Das Potenzial ist da. Wir werden uns perfekt vorbereiten, die Spieler gut einstellen, aber wir brauchen auch eine gewisse Lockerheit. Portugal gegen die Schweiz wäre ein schönes Finalspiel. Im Halbfinale schlagen wir Russland, und Portugal bezwingt Brasilien – das wäre wirklich traumhaft schön (lacht).
Was sind die Stärken Ihres Teams? Die Homogenität. Wir haben einen tollen Teamgeist. Wir sind als Mannschaft gewachsen in den letzten Jahren. Dazu kommt ein hohes taktisches Verständnis.
Sie bereisen oft Länder für Beachsoccer- Seminare. Wie läuft das ab? Wenn ich mit der FIFA unterwegs bin, werden die Coaches eingeladen und die Vorbereitungen laufen vorher. Es ist interessant, mit den verschiedenen Mentalitäten der Welt zusammenzuarbeiten. In Afrika hat man andere als in Asien. Vor Kurzem war ich in Miami und in der Karibik. Das war super, denn die Leute waren dort sehr motiviert. Als Spielertrainer hat man viel zu erzählen. Dazu machen wir praktische sowie theoretische Einheiten. Es ist schön, so viele Menschen kennenzulernen. 30
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Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf? Die Nationalmannschaften werden efördert. Aber die Landesverbände vergessen g oft die Basis. Nationale Ligen müssten aufgebaut werden, die Frauen dürfen auch nicht vergessen werden, dazu die Jugend arbeit. Das fehlt ein wenig. Da hat die Schweiz eine Vorreiterrolle. Wir haben eine Liga von Mai und September in 14 Städten, wir haben Kindercamps, eine Frauenliga und vieles mehr. Da wird viel gemacht, aber es muss weltweit besser gearbeitet werden.
Was muss man generell mitbringen, um ein guter Beachsoccer-Spieler zu sein? Grundsätzlich geht es zuerst um den Spass am Fussball. Ein Fussballer spielt gerne auf dem Rasen, der Strasse. Auf Sand macht es noch mehr Spass. Man hat mehr Optionen, beispielsweise der Fallrückzieher. Der tut nicht weh und man kann sich nicht verletzen. Wenn man in den Profibereich will, braucht man eine gute Physis und es ist wichtig, das Spiel lesen zu können. Das ist sehr speziell. Auf Sand wird schneller gespielt als auf dem Rasen. Technisch ist es anspruchsvoll, denn das Direktspiel ist gefordert. Man muss den Drang haben, direkt abzuschliessen. Es ist schon eine Umstellung, wenn man auf Sand spielt.
Welche Erinnerungen haben Sie an die Beachsoccer-WM 2009, als die Schweiz ins Finale einzog? Das war eine riesige Überraschung. Wir sind sonst immer in der Qualifikation knapp gescheitert, teilweise erst im letzten und entscheidenden Spiel. Doch wir haben weiter viel trainiert und versucht, uns zu verbessern. Als wir es dann geschafft hatten, war es eine riesige Erleichterung. Für uns war es ein Traum, bei einer WM dabei zu sein. Die Spieler haben nach der Qualifikation auf dem Spielfeld geweint vor Freude. Und die WM war einfach unglaublich. Das hätte niemand erwartet. Dass wir es ins Finale schaffen, war ein Traum. Leider hat es gegen Brasilien nicht geklappt. Dennoch sind wir mit einer Medaille nach Hause gefahren. Dazu hat Dejan Stankovic noch zwei FIFA-Trophäen abgeräumt. Das kann man nicht mit Worten beschreiben. Å Mit Angelo Schirinzi sprach Thanh Nguyen
Name Angelo Schirinzi Geburtsdatum, Geburtsort 5. November 1972, Basel, Schweiz Position StĂźrmer Stationen als Spieler seit 2002 Sable Dancers Bern GrĂśsste Erfolge Beach-Soccer-Europameister 2005 FIFA-Beach-Soccer-WM-Zweiter 2009 European Beach Soccer League 2012 Schweizer Meister 2013, 2014 Schweizer Cupsieger 2013 Nationalteam Schweiz
foto-net
Spielertrainer seit 2001, 304 Spiele
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Watford, England
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Getty Images
Torh端ter Jim McLaren vom Watford FC vor einem Spiel im FA Cup.
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Stoke-on-Trent, England
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Getty Images / AFP
Der dänische Torhüter Thomas Sörensen von Stoke City beim Aufwärmen.
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THE ART OF FOOTBALL
Fussballhelden im Film Ronald Düker
Z I TAT E DER WOC HE
“Wir haben alle das gleiche Ziel. Alle wollen die EM gewinnen. Wer am Ende auf dem Platz steht, wird auch bereit sein, für die anderen alles zu tun. Der Respekt ist am wichtigsten, und den zeigen wir uns, auch wenn die Situation hart umkämpft ist.” Der deutsche Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen zum teaminternen Konkurrenzkampf bei der UEFA-U21-EM
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s ist sehr selten, dass im Hollywoodkino einmal der Fussball auf die L einwand kommt. Und das ist kein Wunder. Ganz allgemein ist Sport ja nur eine Rand e rscheinung im Spektrum grosser Filmstoffe, ausserdem kommen dafür in Hollywood die amerikanischen Nationalsportarten Baseball, American Football oder B asketball eher in Betracht. Die erstaunliche Ausnahme: “Victory” (“Flucht oder Sieg”), ein monumentaler Film des Meisterregisseurs John Huston. Huston hatte 1981 ein Starensemble versammelt, das Sport- wie Filmfans g leichermassen den Atem verschlug: Max von Sydow, Michael Caine, Sylvester Stallone – aber eben auch: Bobby Moore und Pelé. Schauspieler, die Fussballer spielen und Fussballer, die schauspielern – das hat es in dieser Kombination kaum je gegeben. Auch handelt der Film selbst von einem trickreichen Spiel. Ein deutsches Kriegsgefangenenlager im Zweiten Weltkrieg soll die Bühne einer sportlichen Begegnung sein, bei der es eigentlich um etwas völlig anderes geht. Die aus verschiedenen Ländern stammenden Insassen werden aufgefordert, eine Mannschaft zu formieren, die dann, in einem sportlichen Zweikampf, also zur Abwechslung auf Augenhöhe mit ihren Feinden, gegen die Deutschen antreten soll. D ieser Plan kommt der deutschen Heeresführung zu Ohren, die wiederum beschliesst, das Spiel nach Paris zu verlegen, um dort – und vor den Augen der Welt – ihren angeblich guten Umgang mit den Gefangenen zu demonstrieren.
Die aber wittern auf einmal die Freiheit und schmieden ihren ganz eigenen Plan. Sollte es nicht möglich sein, den Deutschen noch während dieses Spiels in Paris zu entfliehen? Ein ehrgeiziges Vorhaben: Durch einen Tunnel im Stad ion wollen die Sportler entkommen, und Kämpfer der französischen Résistance sollen ihnen dabei helfen. John Huston setzt diesen durchaus spannenden Plot opulent in Szene. Der Film ist aber auch nicht frei von unfreiwilliger Komik. Ein altes Problem, das jeder kennt, der zum Beispiel gesehen hat, wie Klaus Kinski einmal in die Rolle des G eigenvirtuosen Paganini schlüpfte. Wenn Schauspieler die Bewegungsabläufe von Filigrankünstlern nachahmen müssen, dann geht das selten gut. Sylvester Stallone hantierte in anderen Filmen jedenfalls schon wesentlich überzeugender mit einer Kalaschnikow, als in diesem mit dem Fussball. Aber John Huston hatte neben Charlton und Pelé ja auch noch einige andere echte Fussballer am Set, darunter Osvaldo Ardiles, Paul van Himst und Kazimierz Deyna. Dass diese vor der Kamera kicken können, überrascht nicht – wie gut sie schauspielern hingegen schon. Fussball ist und bleibt das schönste Ballspiel der Welt, auch wenn es dieser Film buchstäblich zum Spiel um L eben und Tod erklärt. Am Ende aber steht auf sehr überraschende Weise doch das sportliche Resultat im Vordergrund. Und das ist so überraschend, dass hier jedes weitere Wort ein Wort zu viel wäre. Å
“Ich möchte gern all meine Erfahrung aus Barcelona einbringen, all die W erte, die mir in La Masia vermittelt wurden: Opferbereitschaft, harte Arbeit, Bescheidenheit. Alles, was mir beigebracht wurde, will ich hierher übertragen. Ausserdem will ich hier in diese wundervolle Kultur eintauchen und in aller Bescheidenheit meinen Beitrag leisten.” Xavi über sein Leben in Katar
“Natürlich bin ich noch nicht lange Trainer. Aber ich gehe sehr, sehr selbstbewusst an diese H erausforderung heran.” André Breitenreiter, Trainer Schalke 04
“Viele Leute denken, wir haben weder die Zeit noch den Platz, um Fussball zu spielen. Aber man kann die ganze Woche über Fussball spielen, von acht Uhr abends bis Mitternacht. Männer, Frauen, Kinder – alle spielen.” Die ecuadorianische Nationalspielerin Denise Andrea Pesantes über den Fussball auf den Galapagos-Inseln T H E F I FA W E E K LY
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FIFA PARTNER
TURNING POINT
“Das Schicksal hat für mich entschieden” Als Elfjährige überliess Nadine Angerer Fortuna die Wahl. Beinahe wäre die deutsche Nationaltorhüterin Handballerin geworden.
Moritz Schmid
B
esondere Momente gab es in meiner K arriere viele. Etwa als ich zur Weltfussballerin 2013 gekürt wurde. Oder das Europameisterschaftsfinale gegen Norwegen in demselben Jahr, in dem ich zwei E lfmeter halten konnte und wir 1:0 gewannen. Oder die WM 2007 in China, bei der wir, ohne ein einziges Gegentor zu erhalten, Weltmeisterinnen wurden. Zwischen den Pfosten bin ich mehr aus Zufall gelandet. Eigentlich war ich Stürmerin gewesen – sogar einmal Torschützenkönigin. Doch es kam der Tag, an dem ich in meinem Team verletzungsbedingt als Schlussfrau ausgeholfen habe. Aus dem einen Mal w urden mehrere, auch wenn ich das Toreschiessen z uerst mehr geliebt habe als das Toreverhindern. Irgendwann bin ich nicht mehr aus dem Tor herausgekommen. Aber das alles sind nur Episoden im Vergleich zu dem einen Punkt, der meinen Weg so massgeblich beeinflusst hat, dass er e iner existentiellen Entscheidung gleichkam. Es war eine Situation, die im Nachhinein ein wenig nach russischem Roulette klingt. Zwei kleine Zettel, zusammengefaltet zu Losen, spielen dabei eine grosse Rolle. Ich war elf Jahre alt, als es zu der Entscheidung kam. Ich war sportlich vielseitig talentiert. Habe Fussball gespielt, war aber auch in einer Handballmannschaft aktiv. Zudem habe ich die Gene meiner Mutter geerbt, die eine gute Triathletin war. Beim Handball und Fussball hatte ich es bis in die unterfränkische Auswahl in Bayern geschafft. Es stellte sich die Frage, welche D isziplin ich auswähle, um noch mehr zu erreichen. Wochenlang hatte ich hin und her überlegt, das eine gegen das andere abgewogen, ohne zu einer Lösung zu gelangen. Eines Tages entschloss ich mich, einfach das Los entscheiden zu lassen. Ich habe zwei Blatt Papier genommen, habe auf das eine
“Handball” und auf das andere “Fussball” geschrieben. Beide Zettel habe ich sorgfältig klein gefaltet und bin mit meiner Mutter auf den Balkon u nserer Wohnung gegangen. Dort habe ich die beiden in die Hand genommen, kräftig geschüttelt, mit geschlossenen Augen auf den Tisch geworfen und ein Los gezogen – das Schicksal hat für den Fussball entschieden. Das ganze Prozedere ist für mich ziemlich emotionslos abgelaufen, denn ich mochte ja beide Sportarten. Natürlich kann man hinterher sagen, ich habe das richtige Los gezogen. Aber beurteilen kann man das nicht, denn die Alternative war damit ja ausgeschlossen. Vielleicht wäre ich auch eine gute Handballerin geworden. Wer weiss das schon. Am Ende ist es ohnehin müssig, darüber nachzudenken, was geschehen wäre, wenn. Mit dem Verlauf meiner fussballerischen Karriere bin ich höchst zufrieden. Sie hätte nicht besser sein können. Immerhin bin ich jetzt im 20. Jahr A-Nationalspielerin und habe weiterhin grosse Ziele. Wie etwa den dritten WM-Titel jetzt in Kanada. Å Aufgezeichnet von Rainer Hennies
Name Nadine Angerer Geburtsdatum, Geburtsort 18. November 1978, Lohr, Deutschland Position Torhüterin Stationen als Spielerin 1995–1996 1. FC Nürnberg, Deutschland 1996–1999 Wacker München, Deutschland 1999–2001 Bayern München, Deutschland 2001–2007 Turbine Potsdam, Deutschland 2008 Djurgarden Stockholm, Schweden 2009–2013 1. FFC Frankfurt, Deutschland 2013–2014 Brisbane Roar, Australien 2014 Portland Thorns, USA 2014 Brisbane Roar, Australien 2015 Portland Thorns, USA Grösste Erfolge Weltmeisterin 2003, 2007 Europameisterin 1997, 2001, 2005, 2009, 2013 Olympiabronze-Gewinnerin 2000, 2008 Weltfussballerin 2013 Europas Fussballerin des Jahres 2013 Nationalteam Deutschland 142 Länderspiele (15. Juni 2015)
Persönlichkeiten des Fussballs erzählen von einem wegweisenden Moment in ihrem Leben. T H E F I FA W E E K LY
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W E LT R A N G L I S T E D E R M Ä N N E R
Deutschland (unverändert) Frankreich (9, plus 2) Schweiz (11, minus 2) 44 Madagaskar, Namibia (je 6 Spiele) Madagaskar (+ 122 Punkte) Madagaskar (+ 37 Ränge) Ruanda (– 128 Punkte) Malediven (– 38Ränge)
Spitzenreiter Aufsteiger in die Top 10 Absteiger aus den Top 10 Spiele insgesamt Teams mit den meisten Spielen Grösster Aufsteiger nach Punkten Grösster Aufsteiger nach Rängen Grösster Verlierer nach Punkten Grösster Verlierer nach Rängen Rang Team
+/- Punkte
Rang Team
+/- Punkte
Letzte Aktualisierung: 4. Juni 2015 Rang Team
1 Deutschland
0 1775
55 Ägypten
-4
596
109 Kanada
2 Belgien
1 1509
56 DR Kongo
-2
591
110 Benin
3 Argentinien
-1 1496
57 Türkei
-5
590
4 Kolumbien
0 1435
58 Republik Korea
-1
587
5 Brasilien
0 1392
59 Gabun
-4
6 Niederlande
0 1378
60 Republik Irland
2
7 Portugal
0 1229
61 Peru
8 Uruguay
0 1183
9 Frankreich
+/- Punkte
Rang Team
+/- Punkte
6
290
162 Malaysia
4
121
-16
289
164 Hongkong
5
118
111 Botsuana
-7
285
165 Jemen
3
117
112 St. Vincent und die Grenadinen
-2
279
166 Bangladesch
3
116
583
113 Madagaskar
37
278
167 Puerto Rico
0
114
581
114 St. Kitts und Nevis
-2
275
168 Dominica
-3
112
2
546
115 Aserbaidschan
1
272
169 Neukaledonien
6
111
62 Bulgarien
5
537
116 Dominikanische Republik
2
257
170 Pakistan
3
106
2 1164
63 Australien
1
532
117 Niger
2
251
171 Amerikanische Jungferninseln
3
104
10 Spanien
0 1147
64 Norwegen
6
528
118 Palästina
23
242
172 Tschad
-20
100
11 Schweiz
-2 1146
65 Jamaika
9
524
119 Simbabwe
4
238
173 Turkmenistan
-14
99
12 Rumänien
0 1115
66 Burkina Faso
0
520
119 Libyen
-7
238
174 Guam
2
97
13 Italien
0 1101
67 Trinidad und Tobago
-2
519
121 Syrien
4
234
175 Laos
3
94
14 Costa Rica
1 1056
68 Sambia
9
90
15 England
-1 1051
69 Südafrika
16 Tschechische Republik
2 1036
70 Montenegro
17 Slowakei
2 1012
18 Kroatien
-1
-8
517
122 Lesotho
-1
226
176 Mauritius
-10
515
123 Kenia
-6
220
177 Kirgisistan
-24
89
5
513
124 Moldawien
-4
219
178 Malediven
-38
86
71 Uganda
0
504
125 Kuwait
1
218
178 Kambodscha
1
86
992
72 Venezuela
-3
497
126 Bermuda
2
217
178 Chinese Taipei
1
86
19 Chile
-3
989
73 Vereinigte Arabische Emirate
-5
496
127 Vietnam
-3
215
181 Montserrat
-9
74
20 Österreich
5
946
74 Usbekistan
-2
479
127 Tansania
-20
215
182 Tahiti
3
71 70
21 Algerien
-1
941
75 Honduras
1
462
129 Thailand
13
207
183 Nepal
-2
22 Wales
-1
929
76 Haiti
3
442
129 Liechtenstein
-2
207
184 Brunei Darussalam
-2
69
23 Mexiko
-1
926
77 Togo
3
438
131 Luxemburg
6
201
185 Macau
-2
66
24 Elfenbeinküste
-1
916
78 Finnland
0
410
132 Barbados
-2
196
186 Sri Lanka
2
64
25 Griechenland
-1
899
79 VR China
3
409
133 Kasachstan
1
195
187 Seychellen
2
60
26 Russland
1
833
80 Belarus
3
400
134 Burundi
-12
194
188 São Tomé und Príncipe
2
58
27 USA
1
823
81 Mosambik
5
391
135 Libanon
9
188
189 Cayman-Inseln
2
48
28 Schottland
2
818
82 Lettland
3
390
136 St. Lucia
-5
186
190 Komoren
-5
44
29 Tunesien
2
808
83 Sierra Leone
5
387
137 Philippinen
0
183
190 Salomon-Inseln
2
44
29 Dänemark
0
808
84 Armenien
-7
383
138 Neuseeland
6
180
192 San Marino
2
40
31 Ecuador
3
806
85 Paraguay
-4
382
139 Georgien
0
173
193 Turks- und Caicos-Inseln
-10
33
32 Bosnien und Herzegowina
0
802
86 Irak
0
381
139 Tadschikistan
4
173
194 Britische Jungferninseln
4
29
32 Polen
3
802
87 Zypern
9
377
141 Zentralafrikanische Republik
3
161
195 Fidschi
1
28
34 Ghana
-8
800
88 Angola
1
374
141 Indien
6
161
196 Bahamas
2
26
35 Ukraine
-2
784
89 Bolivien
3
371
143 Myanmar
15
160
197 Südsudan
-4
24
36 Senegal
0
782
89 El Salvador
-5
371
144 Curaçao
4
159
198 Samoa
-2
21
37 Island
1
769
91 Estland
2
370
145 Malta
4
154
199 Mongolei
1
19
38 Kap Verde
-1
746
92 Marokko
-2
369
146 Osttimor
5
151
200 Vanuatu
-5
17
39 Schweden
0
737
93 Guatemala
40 Israel
6
725
94 Ruanda
-3
348
146 DVR Korea
10
151
200 Tonga
1
17
-21
346
148 Liberia
-16
149
202 Papua-Neuguinea
0
13
-20
146
203 Amerikanisch-Samoa
0
12
5
141
204 Andorra
0
8
41 Iran
-1
717
95 Malawi
2
345
149 Mauretanien
42 Ungarn
1
685
96 Litauen
4
341
150 Suriname
43 Nigeria
2
681
97 Katar
2
334
151 Aruba
-15
138
204 Eritrea
0
8
44 Nordirland
-2
676
98 Saudiarabien
-3
329
151 Afghanistan
-16
138
206 Somalia
0
6
45 Guinea
-4
673
99 Äthiopien
2
324
151 Nicaragua
3
138
207 Dschibuti
0
4
45 Serbien
-1
673
100 EJR Mazedonien
5
321
154 Singapur
8
136
207 Cook-Inseln
0
4
47 Kongo
2
666
101 Oman
-4
319
155 Guinea-Bissau
-23
131
209 Anguilla
0
2
48 Slowenien
-1
653
102 Färöer
0
318
155 Indonesien
4
131
49 Kamerun
-1
641
103 Jordanien
0
316
155 Belize
4
131
50 Äquatorial-Guinea
11
635
104 Antigua und Barbuda
2
313
158 Guyana
5
129
51 Albanien
6
624
105 Namibia
9
303
159 Bhutan
4
128
52 Japan
-2
623
106 Bahrain
2
299
160 Gambia
-3
124
52 Mali
4
623
107 Kuba
2
295
160 Grenada
11
124
54 Panama
-1
597
108 Sudan
3
292
162 Swasiland
14
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T H E F I FA W E E K LY
http://de.fifa.com/worldranking/index.html
PUZZLE
Ziel beim Sudoku-Lösen ist es, die leeren Zellen des Spielfeldes mit den Ziffern 1 bis 9 so auszufüllen, dass in jeder Zeile und in jeder Spalte sowie in jedem 3x3-Teilquadranten jede dieser Ziffern genau ein Mal steht.
Eine Wochenpublikation der Fédération Internationale de Football Association (FIFA)
Präsident Joseph S. Blatter
1
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9
Direktor Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Nicolas Maingot (a. i.)
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8 5
Redaktion Alan Schweingruber (Stv. Chefred.), Sarah Steiner
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7
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Produktion Hans-Peter Frei
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Projektmanagement Bernd Fisa, Christian Schaub
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Redaktionsassistenz Alissa Rosskopf
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SCHWER
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4 1
Kontakt feedback-theweekly@fifa.org
Ansichten, die in The FIFA Weekly zum Ausdruck gebracht werden, entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der FIFA.
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Mitarbeit an dieser Ausgabe Marius Achatz, Andreas Alf, Massimo Franchi, Rainer Hennies, Christiane Ludena, Thanh Nguyen
Der Nachdruck von Fotos und Artikeln aus The FIFA Weekly, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung der Redaktion und unter Quellenangabe (The FIFA Weekly, © FIFA 2015) erlaubt. Die Redaktion ist nicht verpflichtet, unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos zu publizieren. Die FIFA und das FIFA-Logo sind eingetragene Warenzeichen. In der Schweiz hergestellt und gedruckt.
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Ständige Mitarbeitende Ronald Düker, Luigi Garlando, Sven Goldmann, Andreas Jaros, Jordi Punti, Thomas Renggli, David Winner, Roland Zorn
Internet www.fifa.com/theweekly
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MIT TEL
Korrektorat Nena Morf (Leitung), Martin Beran, Kristina Rotach
Druck Zofinger Tagblatt AG
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Art Direction Catharina Clajus
Übersetzung www.sportstranslations.com
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Chefredakteur Perikles Monioudis
Layout Richie Krönert (Leitung), Tobias Benz, Susanne Egli
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Generalsekretär Jérôme Valcke
Bildredaktion Peggy Knotz, Andreas Wilhelm (Stv.)
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T H E F I FA W E E K LY
Puzzles courtesy: opensky.ca/sudoku
Herausgeberin FIFA, FIFA-Strasse 20, Postfach, CH-8044 Zürich Telefon +41-(0)43-222 7777, Fax +41-(0)43-222 7878
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FOOTBALL FOR HOPE
Football for Hope ist unser weltweites Bekenntnis, mithilfe des Fussballs eine bessere Zukunft zu gestalten. Bislang haben wir über 550 lokale Projekte unterstützt, die sich mit dem Fussball verantwortungsvoll für soziale Anliegen einsetzen und so Jugendlichen und ihrem Umfeld ein besseres Leben und neue Perspektiven eröffnen.
Weitere Informationen finden Sie unter der Rubrik Nachhaltigkeit auf FIFA.com.