NR. 25/2015, 26. JUNI 2015
DEUTSCHE AUSGABE
Fédération Internationale de Football Association – Seit 1904
KANADA 2015 AUSTRALIEN FEIERT SEPP BLATTER HOMMAGE AN TOSTÃO GÜNTER NETZER DAS JAHRZEHNT DEUTSCHLANDS
Copa América 2015
Südamerikas Alte Liebe W W W.FIFA.COM/ THEWEEKLY
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Nord- und Mittelamerika 35 Mitglieder www.concacaf.com
Copa América Noch nie war das traditionsreiche Turnier in Südamerika so gut besetzt wie 2015. An der Copa, wo die Weltstars der grossen europäischen Klubs heimkehren, werden Erinnerungen wach. Sven Goldmann berichtet aus Chile.
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S epp Blatter “Pelé, Rivelino, Jairzinho und Carlos Alberto waren die grossen Stars von Brasilien”, sagt der FIFA- Präsident in seiner Kolumne. “Aber erst Tostão veredelte das Team mit seiner Präzision und Ballsicherheit zum Jahrhundertensemble.”
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Der Tunnel Jordi Punti beschreibt den Beinschuss als lebendigen Ausdruck des kreativen Talents. Die Geschichte über einen alten Trick, der nur intuitiv funktioniert.
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Turning Point Wegen einer Verletzung löste Mats Gren einst seinen aussichtsreichen Vertrag mit Borussia Dortmund auf. Dann wurde er zum Urgestein der Zürcher Grasshoppers. “Ich bereue nichts”, sagt der Schwede.
Südamerikas Alte Liebe Das Titelbild zeigt Lionel Messi mit der argentinischen Flagge. Argentinien konnte die Copa América, früher Campeonato Sudamericano de Fútbol, bisher 14-mal gewinnen.
Südamerika 10 Mitglieder www.conmebol.com
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Günter Netzer “Deutschland wird an allen Turnieren der nächsten zehn Jahre eine tragende Rolle spielen.”
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Kanada 2015 Die Australierinnen feiern ihren Sieg gegen Brasilien und wollen nun den WM-Titel.
The-FIFA-Weekly-App The FIFA Weekly, das Magazin der FIFA, erscheint jeden Freitag in vier Sprachen und ist auch auf Smartphone und Tablet kostenlos verfügbar. http://de.fifa.com/mobile 2
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Beach-Soccer-Weltmeisterschaft
U17-Weltmeisterschaft
9. – 19. Juli 2015, Portugal
17. Oktober – 8. November 2015, Chile
Getty Images (3), imago
Adidas
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Europa 54 Mitglieder www.uefa.com
Afrika 54 Mitglieder www.cafonline.com
Asien 46 Mitglieder www.the-afc.com
Ozeanien 11 Mitglieder www.oceaniafootball.com
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Japan Die Urawa Reds konnten als erstes J-League-Team in der Phase 1 ungeschlagen bleiben.
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Fabien Barthez “Die Entwicklung im Bereich des Torhüters geht zurück”, sagt der Franzose.
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UNCOVERED
K.-o.-Fieber I
n Premier League, La Liga, Bundesliga, Serie A und anderswo ruht der Liga betrieb – Sommerpause! Damit ist aber nicht gesagt, dass das Spiel der Spiele in seiner besten Ausprägung zurzeit auch pausieren müsste. Denn nicht nur, dass in weiteren Ligen weltweit hochklassig Fussball gespielt wird, auch einige horvorragend besetzte Turniere beglücken das Herz der Fussballfans. Die Frauen-WM in Kanada hat die K.-o.-Phase erreicht, die sich schillernd und hochemotional gestaltet; die U20-WM in Neuseeland war spannend bis zum Schluss und hat mit Serbien einen Titelträger hervorgebracht, dessen Fussball tradition gross ist; der CONCACAF-Gold-Cup steht vor der Tür, ebenso die FIFA-Beach-Soccer-WM in Portugal. Diese und weitere Turniere stehen in unse rer Berichterstattung zurzeit im Vordergrund. Unser ständiger Mitarbeiter Sven Goldmann schaut sich für Sie an der Copa América in Chile um. Dieses Turnier mit der grossen Vergangenheit, der ebenso grossen Gegenwart und den in grosser Anzahl angereisten Stars beglückt nicht nur die Südamerikaner. Selten war die Copa so stark besetzt wie heuer, selten war das Spielniveau so hoch. Å
Mario Wagner / 2Agenten
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TURNIER DER SEHNSUCHT
Südamerika lebt die Copa América. So viele Weltstars wie bei der diesjährigen Ausgabe kamen noch nie zusammen. Die Copa ist immer auch eine Reise in die Vergangenheit, schreibt Sven Goldmann aus Santiago de Chile.
Santiago de Chile Eine Anhängerin fiebert beim Public Viewing der Copa América mit.
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Matias Delacroix / Agenciauno
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anz am Anfang lief ein kleiner Junge auf den Platz. Gleich am dritten Tag der Copa América, im Stadion von Antofagasta, wo sich der Titelverteidiger Uruguay und Jamaika duellierten. Der Knabe war vielleicht neun oder zehn Jahre alt und trug ein rotes Trikot der Selección. Er dachte wohl schon, das Spiel sei zu Ende, und deswegen schloss er seine Arme zur Gratulation um Diego Godín, den doch ein wenig überraschten Kapitän Uruguays. Godín signalisierte dem Überraschungsgast, die Nachspielzeit sei noch in vollem Gange und Jamaika habe sich schon die C hance zum Ausgleich verdient. Behutsam geleitete er den Jungen zur Seitenlinie und dann ging das Spiel auch schon weiter. Später, als die Partie vorbei und für Uruguay mit 1:0 gewonnen war, trafen sich die beiden
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Geduld, Junge Ein Fan stürmte kurz vor Ende des Spiels auf Uruguays Kapitän Diego Godín zu.
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noch einmal am Eingang zum Spielertunnel, und der grosse Uruguayer tätschelte liebevoll den Kopf des Jungen. Es war eine Nebensächlichkeit, die doch exemplarisch für diese 44. Ausspielung des ältesten Nationenturniers der Welt steht. Die grossen Stars des südamerikanischen Fussballs kommen zurück in die Heimat, und sie sind ihren Fans dabei so nahe wie lange nicht. Das grösste der neun Copa-Stadien ist das Estádio Nacional in Santiago. Es fasst gerade 48 000 Zuschauer und überrascht mit dem Charme einer längst vergangen geglaubten Zeit. Vier altertümliche Flutlichtmasten mit je 56 Glühlampen erleuchten das Spielfeld. Es gibt keine VIP-Logen, und während des Spiels wuseln zwischen den Ehrengästen, wie der Staatspräsidentin Michelle Bachelet, die fliegenden Händler auf der Tribüne u mher und verkaufen Popcorn, Kaffee und Erdnüsse. Estadio National de Chile Die Arena in Santiago (50 000 Zuschauer) steht im Zentrum der Copa.
X-Cam, Magaly Visedo / Agenciauno, AFP
Die Stars des s üdamerikanischen Fussballs sind ihren Fans so nahe wie l ange nicht. Gemeinsame Strandparty Ähnliche Ausmasse wie das Nacional hat das ebenfalls in Santiago gelegene Estadio Monumental des Rekordmeisters Colo Colo. Alle anderen Arenen fassen weniger als 30 000 Zuschauer. Sie tragen die Namen von früheren Fussballspielern (Elías Figueroa in Valparaiso), Bürgermeistern (Germán Becker in Temuco) oder Baumeistern (Calco y Bascuñán in Antofagasta). Das winzige und doch luftig-elegant anmutende Stadion in La Serena heisst La Portada, benannt nach e inem steinernen Tor aus der Kolonialzeit. 18 000 Zuschauer passen rein. Sie verfolgten in der Vorrunde den Clásico vom Río de la Plata zwischen Uruguay und Argentinien. Das Duell der beiden zweimaligen Weltmeister gehörte zu den bisher glanz- und stimmungsvollsten Ereignissen bei der Copa. Eine Woche lang war La Serena so etwas wie ein exterritorialer Bestandteil einer grenzübergreifenden Fussball-Republik La Plata. Die Avenida del Mar am Strand entlang von La Serena bis zum Nachbarort Coquimbo war fest in der Hand von Argentiniern und Uruguayern. Sie feierten zusammen eine friedliche Party in der nordchilenischen Wintersonne. Abends beim Spiel herrschte eisige Kälte – allerdings nur auf dem Thermometer. Unten auf dem Rasen und oben auf den Rängen ging
Begehrt Der Paraguayer Lucas Barrios vor den Medienleuten.
Vorabend in La Serena Argentinien traf am 13. Juni auf Paraguay – das Spiel endet 2:2. T H E F I FA W E E K LY
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ls die Arbeit erledigt war – und das überraschend gut – ging es für D eshorn Brown erst richtig los. Noch ein letzter Sprint raus zur Ersatzbank, weiss der Himmel, wo er sein Mobiltelefon deponiert hatte, jedenfalls günstig genug, sodass die Zeit noch reichte für einen letzten Sprint zurück auf den Platz – zu Lionel Messi, der gerade sein 100. Länderspiel absolviert hatte. Es war ein eher glanzloses, aber das interessierte Deshorn Brown nur am Rande. Bevor der argentinische Weltstar abtauchen konnte in den Katakomben des Estadio Sausalito von Viña del Mar, baute sich der Kollege Gegenspieler aus Jamaika vor ihm auf und bat mit unwiderstehlichem Lächeln um ein gemeinsames Selfie. Messi schaute ein wenig verwirrt, aber er willigte ein, und dann war eine der kuriosesten Szenen der Copa América auch schon vorbei. Starker Auftritt gegen Uruguay Ein paar Stunden nach diesem 0:1 gegen Argentinien liess Brown den Rest der Welt wissen, die Niederlage schmerze ihn nicht so sehr, “denn ich habe gegen den besten Spieler der Welt gespielt”. Als virtueller Trophäenjäger machte der Profi vom Valerenga IF aus Oslo sich und seine Kollegen ein wenig kleiner, als sie sich tatsächlich bei dieser Südamerika-Meisterschaft präsentiert hatten. Wer immer Jamaika unterschätzt oder überhaupt nicht ernst genommen hatte – er war im Unrecht. Die Reggae Boyz aus Kingston und Montego Bay waren die Einladung wert, die die CONMEBOL an den Gewinner des Caribbean Cups ausgesprochen hatte. In allen drei Vorrundenspielen unterlagen die Jamaikaner 0:1 und enttäuschten doch kein einziges Mal. Zur Eröffnung hatten sie gegen Uruguay eine Ballbesitzquote von 48 Prozent und spielten den Pokalverteidiger zeitweise an die Wand. Schon im zweiten Spiel war Paraguay, der Copa-Finalist von 2011, angewiesen auf ein Missgeschick von Torhüter Duwayne Kerr, der Edgar Benítez bei dessen Siegtor
den Ball so unglücklich auf den Leib gedrückt hatte, dass dieser nicht mehr ausweichen konnte. Und bei der finalen Niederlage gegen Argentinien gelang dem WM-Zweiten nicht viel mehr als ein frühes und schmuckloses Tor von Gonzalo Higuaín. Jenseits der reinen Ergebnisse feierte der grösstmögliche Aussenseiter eine gelungene Premiere bei der Copa. Da die CONMEBOL nur zehn Mitglieder zählt, lädt sie sich seit 1993 zur Auffüllung des Teilnehmerfeldes Gäste ein. Selbst Japan war schon dabei, meist aber gastieren Mannschaften aus Nord- und Mittelamerika. Zu den Stammgästen mit bereits vier Teilnahmen zählt auch Costa Rica, jene Mannschaft, die bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in Brasilien in eine Gruppe mit England, Italien und Uruguay gelost worden war. Das Ende ist bekannt: Costa Rica gewann die Gruppe und musste sich erst im Viertelfinale den Niederlanden beugen. Coach Schäfer will mehr Diesmal waren die Mexikaner dabei, enttäuschten aber mit einer B-Mannschaft und nur zwei Punkten aus drei Spielen – und die Jamaikaner, die im Weltfussball nach zuletzt bescheidenen Jahren wieder auf dem Vormarsch sind. Sie zehren immer noch ein wenig von 1998 und ihrer bislang einzigen WM- Teilnahme damals in Frankreich. “Alle reden bei uns davon, aber 17 Jahre sind im Fussball eine lange Zeit”, sagte Winfried Schäfer, der deutsche Trainer von Team Jamaika. Wie er das Abschneiden seiner Mannschaft in Chile einschätzt? Schon ganz gut, “ich bin sehr stolz auf die Jungs”, aber natürlich hätte er auch gern ein zählbares Erfolgserlebnis mitgenommen, denn: “Ich will keinen Stillstand, ich will arbeiten und vorankommen.” Auf dass es in drei Jahren in Russland zur zweiten WM-Teilnahme reicht – 20 Jahre nach Frankreich 1998.
Ein Bild für zu Hause Die Reggae Boyz lassen sich mit Cavani (2.v.l.) fotografieren. 10
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Sven Goldmann
Niemand verkörpert die Sehnsucht nach Grösse und Anerkennung so nachhaltig wie Chile. Cavani, Agüero und Messi gemeinsam auf einer grösseren Bezirkssportanlage, deren jährlicher Höhepunkt für gewöhnlich das lokale Derby zwischen Deportes La Serena und Coquimbo Unido ist. Gibt es ein schöneres Geschenk an die Basis? Entweder Ferien oder Copa So gesehen lässt sich die Copa im familiären Rahmen auch als eine Reise in die Vergangenheit interpretieren. Als Träumerei zurück in eine Zeit, als der südamerikanische Fussball führend auf Welt und das einheimische Personal allzeit präsent war. Lange her. Seit Jahrzehnten schon verdienen die besten Profis Südamerikas ihr Geld in den grossen und vor allem kapitalkräftigen Ligen Europas. Nach Hause kommen sie nur in den Ferien, aber dann steht ihnen der Sinn eher selten nach Fussball. Ihre Kunst führen sie daheim nur alle vier Jahre bei der Südamerika-Meisterschaft vor, aber wann waren schon mal so viele Weltstars bei der Copa zu beobachten wie in diesem Jahr? Angeführt vom Argentinier Messi und seinen Landsleuten Agüero, Carlos Tévez oder Javier Mascherano. Aus Uruguay kommen Cavani und Godín, aus Brasilien Neymar und David Luiz, aus Kolumbien Radamel Falcao und James Rodríguez. Der Paraguayer Roque Santa Cruz verkörpert mit seinen 33 Jahren immer noch Weltniveau. Und dann sind da noch die Chilenen, g ierig auf ihren ersten Sieg in der 99 Jahre
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GAST-TEAM JAMAIKA ÜBERRASCHTE ALLE
es gewohnt heissblütig zu. Das Publikum rekrutierte sich fast ausschliesslich aus den reiselustigen Fans beider Nationen. Geschätzt 10 000 Argentinier und 7000 Uruguayer schufen im kleinen Kreis mit ihren Fahnen, Gesängen und Sprechchören den Anflug einer Atmosphäre, wie sie sonst im Centenario von Montevideo oder im Monumental von Buenos Aires herrscht. Argentinien gewann 1:0 und nahm damit erfolgreich Revanche für das Ausscheiden im Viertelfinale bei der letzten Copa América 2011 daheim in Santa Fe. Edinson Cavani lief sich immer wieder in der argentinischen Abwehr fest, Sergio Agüero erzielte das Tor des Abends, Lionel Messi w urde zum “Man of the Match” gewählt.
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Raul Zamora / Agenciauno, AFP, Magaly Visedo / Agenciauno
währenden Copa-Geschichte. Und wo soll er schon gelingen, wenn nicht daheim, zwischen Antofagasta in der Atacamawüste und Temuco in Araukanien. Niemand verkörpert die Sehnsucht des südamerikanischen Fussballs nach Grösse und Anerkennung so nachhaltig wie Chile. Die Nation ist nur spärlich gesegnet mit sportlichen Erfolgen, verzehrt sich aber umso mehr danach. Als der Tennisspieler Nicolás Massú 2004 in Athen die erste olympische Goldmedaille überhaupt für Chile gewann, feierte ihn der Fernsehkommentator als “mejor Deportista de todos los Tiempos”, als besten Sportler aller Zeiten. Der Clip ist bis heute ein Renner auf Youtube. Noch vier Jahre länger mussten die chilenischen Fussballfans auf den ersten Sieg ihrer Länderspielgeschichte gegen Argentinien warten. 2008 war es so weit. 1:0 gewann das Team in Santiago gegen den jungen Lionel M essi, der noch die Nummer 18 und das Haar schulterlang trug. Dem Siegtorschützen F ábian Orellana widmete das Volk den Ehrennamen “El Histórico”. In der jüngeren Vergangenheit hat sich die Roja de Todos, die in Rot gekleidete Mannschaft, bei allen Chilenen reichlich Respekt erworben mit ihrem physisch und fussballerisch anspruchsvollem Stil. Vor einem Jahr in Brasilien zählte Chiles 2:0-Sieg gegen den Titelverteidiger Spanien zu den aufregendsten Spielen der Weltmeisterschaft. Entsprechend hoch ist die Erwartungshaltung. Ein Selfie für alle Titelseiten Bei der Eröffnungsfeier sass auch die Staats präsidentin auf der Tribüne, obwohl sie in diesen Tagen angesichts ausufernder Proteste von Studenten und Professoren andere Sorgen hat. Nachdem das erste Spiel gegen Ecuador gewonnen war, posierte Michelle Bachelet in der K abine mit ihren kickenden Staatsdienern für ein Selfie, ganz so, wie es die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel schon bei der Weltmeisterschaft 2006 getan hatte. Bachelets Nähe zur Basis kam an. Ihr Foto, Wange an Wange mit dem Nationaltorhüter Claudio B ravo, wurde am nächsten Morgen auf so z iemlich jeder Titelseite a bgebildet. Chile hat in diesen Jahren die stärkste Nationalmannschaft seit Langem beisammen, vielleicht sogar die beste seit 1962, seit dem 3. Platz bei der WM im eigenen Land. Die Hauptdarsteller sind der Dribbelkünstler Alexis Sánchez, der Abwehr-Haudegen Gary Medel und der vogelwilde Antreiber Arturo Vidal, der es allerdings übertrieb, als er am Tag nach seinen zwei Toren beim spektakulären 3:3 gegen Mexiko ein Casino besuchte und bei der Rückfahrt mit reichlich Alkohol im Blut einen schweren Autounfall verursachte. Vidal verbrachte eine Nacht in Polizeigewahrsam. Seine tränenreiche Entschuldigung bei seiner Familie, der Mannschaft und dem ganzen c hilenischen Volk lief am folgenden Tag auf
Vamos, Peru! Die Anhängerschaft aus Chiles Nachbarland feuert ihr Nationalteam an.
Marcelo Martins Der bolivianische Stürmer nach dem Sieg gegen Ecuador.
Party im Friseursalon Eine Gruppe kolumbianischer Fans feiert in Antofagasta. T H E F I FA W E E K LY
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Trost Kolumbiens Stürmer James Rodríquez (l.) flüstert Brasiliens Neymar etwas ins Ohr. 12
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Rodrigo Saenz / Agenciauno
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allen chilenischen Fernsehstationen rauf und runter. Die Familie vergab ihm, National trainer Jorge Sampaoli auch, und was den Rest der Chilenen betrifft, wird man die nächsten Wochen abwarten müssen. Zunächst profitierte die Roja vom Adrena lin, das Vidal unfreiwillig freigesetzt hatte. Beim 5:0 gegen die als Gruppenzweiten eben falls qualifizierten Bolivianer spielten sich die Chilenen in einen Rausch, und auch der reu mütige Sünder gehörte wie selbstverständlich zur Startformation. Dass ihn Trainer Sampao li zur Halbzeit vom Platz nahm, lag weniger an Vidals Leistung und schon gar nicht an der Vorgeschichte: Der Mann sollte sich nur ein wenig ausruhen für das Viertelfinale gegen Uruguay, das Chile 1:0 gewann.
“Tatsache ist, dass die Copa América heute stärker ist als je zuvor.”
Tränenreich Arturo Vidal entschuldigt sich bei den Chilenen für seine Eskapaden.
AFP, Hernan Contreras / Agenciauno
Sergio Agüero, Argentinien Vidal ist nicht der einzige Weltstar, der bei der Copa América aus der Rolle fiel. Auch der Brasilianer Neymar hatte zu kämpfen – mit sich, seiner Form und den Nerven. Im ersten Spiel gegen Peru war er noch der Mann des Abends. Erst egalisierte er auf u ngewohnte Weise per Kopfball die peruanische Führung, dann spielte er in der Nachspielzeit einen sei ner Zauberpässe, den Douglas Costa zum bra silianischen Siegtor verwertete. Das zweite Spiel gegen Kolumbien aber erlebte einen an deren Neymar. Vielleicht waren es die Erinne rungen an die bei der WM gegen die Cafeteros erlittene Wirbelverletzung, vielleicht wieder einmal die aufkommenden Spekulationen über fi nanzielle Unregelmässigkeiten bei seinem Wechsel von Santos zu Barcelona. Jedenfalls gelang dem Brasilianer auf dem Platz gar nichts, und beim Abgang gerieten sich Neymar und die Kolumbianer Carlos Bacca und Jeison Murillo folgenschwer in die Haare. Neymar sah wie Bacca nachträglich die Rote Karte, worauf Brasilien nicht nur das Spiel 0:1 verlor, sondern auch noch seinen b esten Mann. Weil Neymar im Kabinengang auch noch den Schiedsrichter wüst beleidigte, wurde er mit einer Sperre für vier Spiele belegt, womit die Copa für ihn auch schon b eendet ist. Ohne seinen Weltstar schaffte Brasilien mit einiger Mühe und einem anschliessenden 2:1 gegen Venezuela den Sprung ins Viertelfinale. Auch für die Kolumbianer reichte es nach einem torlosen Unentschieden gegen Peru gerade noch so.
Gutes Team Argentiniens Sergio Agüero und Lionel Messi.
Bislang stärkstes Turnier “Tatsache ist, dass die Copa América heute stärker ist als je zuvor”, sagt der Argentinier Agüero. Seine Mannschaft hatte zu Beginn ebenfalls mit einigen Widrigkeiten kämpfen müssen. Nach Toren von Agüero und Messi lag die Albiceleste gegen Paraguay zur Pause 2:0 vorn und musste sich am Ende doch mit einem 2:2 zufriedengeben. Das späte Aus gleichstor schoss ausgerechnet Lucas Barrios – ein gebürtiger Argentinier und Sohn einer paraguayischen Mutter, der seine grösste Zeit bei Colo Colo in Chile hatte und dort im Kalenderjahr 2008 für die weltweit meisten Erstligatore gefeiert wurde. An der Seitenli nie jubelte sein Trainer, der argentinische Nationalheld Ramón Diáz. Auch solche Geschichten schreibt die Copa América im Juni 2015. Å
C op a A mér ic a Name bis 1972: C ampeonato Sudamer ic ano de Fútbol Rhy t hmus: A lle v ier Jahre E r s t aus t ragung: 1916 Teilnahme: 12 Nationalteams (seit 1993 mit Gas tmannsc haf ten) T it el t räger : Ur uguay (2011) Rekordsieger : Ur uguay (15 Siege) Rekord t or sc hü t zen (17 Tore): Nor ber to Ménde z (A rg), Z izinho (Bra)
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BLICK IN DIE LIGEN
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Japan: J-League
“ F i r s t St a ge ” a n d i e Ur aw a Re d s Perikles Monioudis ist Chef redakteur von The FIFA Weekly.
Die Aufmerksamkeit, die japanische Fussballer in den wichtigsten Ligen der Welt, vorab in Europa, geniessen, ist ungebrochen. Der 22-jährige Angreifer Yoshinori Muto – er führt die Torjägerliste der J-League an – wechselt für 2,8 Millionen Euro vom FC Tokio in die deutsche Bundesliga zum 1. FSV Mainz 05. Der 19-jährige Stürmer Masaya Okugawa (Kyoto Sanga FC) hat beim österreichischen Powerhouse Red Bull Salzburg unterschrieben. Die J-League schliesst in diesen Tagen ihre erste Phase ab. Sie kennt drei davon; die besten Teams der ersten beiden Phasen machen in einer dritten und finalen Phase den Meister unter sich aus.
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In der 18 Teams umfassenden Eliteliga Japans haben sich die Urawa Red Diamonds vorzeitig die “Drittelsmeisterschaft” gesichert. Ihnen reichte zuletzt ein 1 :1-Remis bei Vissel Kobe dazu. Der Tabellen-Dreizehnte hielt gut dagegen und konnte vom Platzverweis der Reds- Defensivkraft Tomoya Ugajin (Gelb-Rot in der 75. Spielm inute) profitieren: Kazuma Watanabe besorgte den 1:1-Ausgleichstreffer (84.). Die Reds waren durch Tsukasa Umesaki in Führung gegangen (27.). “Jedes Spiel ist schwierig”, sagte Reds-Coach Mihailo Petrovic nach der kapitalen Partie. “Das gilt auch für dieses 1:1. Denn wir sind weiter ungeschlagen, und jedes Team will das erste sein, dem ein Sieg gegen uns gelingt.” Der Serbe fügte hinzu: “Ich arbeite jetzt schon seit zehn Jahren in der J-Leage, aber eine Nachspielzeit von sechs Minuten ist mir noch nicht untergekommen. Das war nicht einfach für mein Team, wir spielten ja zu zehnt.”
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führen die Tabelle mit 38 Punkten vor Sanfrecce Hiroshima (33) und den FC Tokio (32) an. Die ersten beiden Ränge (nach Phase 3) berechtigen zur Teilnahme an der AFC-Champions-League. In der aktuellen Ausgabe dieses Wett bewerbs konnte sich Gamba Osaka für das in Hin- und Rückspiel ausgetragene Viertel finale kommenden August/September gegen Jeonbuk Hyundai Motors aus der Republik Korea qualifizieren. Kurz vor Abschluss der J-League-Phase 1 belegt Gamba Rang 4 (29 Punkte). Am Samstag (27. Juni) empfangen die Reds den Tabellen-Vorletzten Albirex Niigata. Bleibt das Petrovic-Team auch dann unbezwungen, kann es sich eines Meilensteins in der J-League rühmen: Noch nie konnte ein Klub Phase 1 ohne eine Niederlage überstehen. Das dürfte auch dem RedsAnhang – dem grössten Fanlager der J-League – sehr gefallen. Å
Mit dem 1:1 sind die Reds, der Meister von 2006, seit 16 Spielen unbezwungen. Sie
Für die Finalphase gebucht Die Urawa Red Diamonds feiern. 14
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Asahi Shimbun / Getty Images
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Verstärkung Mbenza Bedi bei der Präsentation als RenaissanceNeuzugang .
DR Kongo: Coupe du Congo
E s ge ht u m v i e l P r e s t i ge Mark Gleeson ist Journalist und Fussball-Kommentator und lebt in
Der Pokalwettbewerb ist am vergangenen Wochenende in die entscheidende Phase getreten. Die sechs noch verbleibenden Teams kamen im Stadion von TP Mazembe in Lubumbashi zu einem Miniturnier zusammen, in dem der Nachfolger des letztjährigen Überraschungssiegers FC MK Etanchéité aus Kinshasa ermittelt wird.
Kapstadt.
Mboka-Sport
Nachdem sich der AS Vita Club aus Kinshasa bereits im Mai den Titel in der Super Ligue der Demokratischen Republik Kongo gesichert hatte, konzentriert man sich nun auf den Pokalwettbewerb Coupe du Congo, der mindestens ebenso prestigeträchtig ist wie die Meisterschaft. Dieses Jahr wird der Wettbewerb zum 51. Mal ausgespielt. Der Gewinner ist automatisch für den CAF-KonföderationenPokal im kommenden Jahr qualifiziert, ebenso wie der Klub CS Don Bosco, der die Super-Ligue-Saison auf Platz 3 abschloss. In der CAF-Champions-League 2016 wird die DR Kongo durch den AS Vita Club und TP Mazembe Englebert, nach vier Meistert iteln in Folge dieses Mal “nur” Vizemeister, vertreten.
Die sechs Mannschaften werden in zwei Dreiergruppen aufgeteilt, deren Sieger das Finale bestreiten. Die erste Gruppe besteht aus den Gewinnern der Pokalwettbewerbe in den Provinzen, nämlich Katumbi Football Academie aus Lubumbashi, Bukavu Dawa aus der Provinz Sud-Kivu und Renaissance du Congo aus der Hauptstadt. Gruppe B setzt sich aus den Klubs FC Saint Éloi Lupopo, AS Dauphins Noir aus Goma und dem mehrfachen früheren Meister Daring Club Motema Pembe zusammen. In einem dicht gedrängten Terminplan tritt im Kampf um den Einzug ins Finale in den Gruppen jeder gegen jeden an. Lupopo geniesst den Heimvorteil und will sich nach der Enttäuschung im vergangenen Jahr rehabilitieren, als man das Finale gegen den FC MK 0:1 verlor. Favorit ist indes DCMP, der allerdings in jüngster Zeit oft im Schatten des Erzrivalen AS Vita Club stand.
Renaissance hat seinen Kader überraschend mit den zwei ehemaligen Nationalspielern Zola Matumona und Mbenza Bedi verstärkt. Matumona hatte zuvor in Belgien und in Angola gespielt, Mbenza Bedi seinerseits für den RSC Anderlecht und dann für den tunesischen Meister Club Africain. Das abschliessende Gruppenturnier in dieser Woche bildet den Höhepunkt des Wettbewerbs, der zu Jahresbeginn selbst in den entferntesten Winkeln des riesigen Landes begonnen hatte. In den meisten grossen Fussballnationen gilt der Meistertitel deutlich mehr als der Pokalsieg, doch der Coupe du Congo war einst als einziger landesweiter Wettbewerb prestigeträchtiger. Einst war die Liga nämlich in regionale Gruppen aufgeteilt, und der Meister wurde nach der Saison in einer kurzen Playoff-Runde ermittelt. Doch seit 20 Jahren hat die DR Kongo eine eingleisige erste Liga, die über weite Strecken von Mazembe aus der Provinz Katanga im Süden des Landes sowie von AS Vita Club und DCMP, den Erzrivalen aus der Hauptstadt, dominiert wird. Å
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FIFA U20 -WM
Serbien triumphiert in Neuseeland
Weltmeister! Serbiens Nachwuchs feiert die begehrteste Trophäe seiner Altersklasse.
“This is the One” lautete der offizielle Slogan von Neuseeland 2015 – für Serbien war es tatsächlich diese eine, ganz besondere FIFA U20-Weltmeisterschaft.
Alex Livesey / FIFA via Getty Images
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ie FIFA U20-Weltmeisterschaft Neuseeland 2015 war ein aus vielerlei Gründen unvergessliches Turnier, das nicht nur aufgrund des überraschenden Titel gewinners als historischer und bahn brechender Erfolg in Erinnerung bleiben wird. Dabei war der erste globale Titelgewinn Serbiens als eigenständige Nation enorm schwer erarbeitet. Der Triumph der Südosteuropäer ist dem Teamgeist und dem eisernen Willen einer Gruppe von Spielern geschuldet, die wieder und wieder einem oftmals überstrapazierten K lischee gerecht wurde: “Ein Team, ein Herz.” Und ein unermüdliches Herz noch dazu, schliesslich war der dramatische 2:1-Sieg im Finale gegen Brasilien durch einen Treffer von Nemanja Maksimovic in der 118. Spielminute bereits das vierte Spiel in Folge, in dem die Serben in die Verlängerung mussten.
eines der K.-o.-Spiele des späteren WeltK meisters war nach 90 Minuten entschieden. Im Achtelfinale gegen Ungarn hatten die Serben das Ausscheiden schon vor Augen, als ihnen in letzter Minute noch der Ausgleich g elang. Nachdem sie in der Verlängerung in Unterzahl den Sieg errungen hatten, sprach V eljko Paunovic begeistert von seinen “21 Löwen”. Es folgten weitere späte Siege gegen die USA und Mali, die diese Auffassung des 37-jährigen Trainers eindrucksvoll untermauerten. Auch im Finale war es schliesslich der unbändige Siegeswille, der den Serben zum erfolgreichen Abschluss eines modernen Fussballmärchens verhalf. Nach dem Sieg gegen Brasilien sagte Paunovic denn auch: “Das Team mit dem stärksten Willen hat d iese Trophäe letztlich auch gewonnen.” Å
SCHLUSSTABELLE 1. Serbien 2. Brasilien 3. Mali 4. Senegal ANZ AHL DER TORE 154 (durchschnittlich 2,96 pro Spiel) BESTE TORSCHÜTZEN 5 Treffer: Viktor Kovalenko (Ukraine), Bence Mervo (Ungarn) 4 Treffer: Marc Stendera (Deutschland), Adama Traoré (Mali), André Silva (Portugal), Hany Mukhtar (Deutschland) AUSZEICHNUNGEN Ballon d’Or von Adidas: Adama Traoré (Mali) Goldener Schuh von Adidas: Viktor Kovalenko (Ukraine) Goldener Handschuh von Adidas: Predrag Rajkovic (Serbien)
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Das Finale im Kopf Das australische Team ist überraschend unter den letzten acht Mannschaften. “Für uns gibt es keine Grenzen”, sagt Verteidigerin Clare Polkinghorne. “Der Sieg gegen Brasilien war nur eine Etappe.”
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e grösser die Herausforderung, umso schöner die Freude im Moment der Erlösung. Australien hat gegen Brasilien keine halben Sachen gemacht. Die letzten beiden Duelle gegen Brasilien bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ hatten die Matildas jeweils verloren. Dieses Mal gingen sie als Siegerinnen vom Platz. Sie avancierten ausserdem zum ersten Team in der Geschichte ihres Landes, das bei einem WM-Turnier – Männer oder Frauen – ein K.o.-Spiel gewonnen hat. “Wir werden von den Männern so toll unterstützt, dass es jetzt nicht sehr sympathisch wäre, sie damit aufzuziehen”, scherzt die Torschützin des Tages, Kyah Simon. Die immer zu Spässen aufgelegte Elise Kellond-Knight hingegen kann sich dieses Vergnügen nicht verkneifen. “Wir haben ihnen schon gezeigt, wie man einen Asien-Cup gewinnt, jetzt wissen sie, wie man ein WM-Achtelfinale gewinnt. Wir haben den Weg gewiesen.”
Spiel eigentlich unter Kontrolle, vor allem in der zweiten Hälfte. Aber nach dem Gegentor konnten wir die Partie nicht mehr zu unseren Gunsten drehen. Physisch sind wir eine der stärksten Mannschaften des Turniers und taktisch war auch alles in Ordnung. Nur ein Tor ist uns gegen Australien nicht gelungen.”
Brasilien verkrampft Nach dem Schlusspfiff stürzten die Australierinnen in einen Freudentaumel, als ob sie das Finale gewonnen hätten. Doch das ist angesichts der jüngeren Geschichte verständlich. Bei den letzten zwei WM-Teilnahmen gelang den Matildas zwar jeweils der Einzug in die K.-o.-Runde, sie scheiterten aber sowohl in China 2007 gegen Brasilien als auch vier Jahre später in Deutschland gegen Schweden jeweils an der nächsten Hürde. “Wir hatten diese schlechten Erinnerungen im Hinterkopf, doch wir haben versucht, nicht daran zu denken und uns auf unser Spiel zu konzentrieren”, so Emily Van Egmond. Dies ist ihnen mit Bravour gelungen. Die Australierinnen gingen von Beginn an so energisch in das Kräftemessen mit den Südamerikanerinnen, dass diese angesichts der Bedeutung der Partie und der engagierten Gegenwehr ihrer Kontrahentinnen verkrampft wirkten. Brasiliens Coach Vadão: “Eine Kleinigkeit, ein Ballverlust, hat dieses Spiel entschieden. Wir hatten das
Homare Sawas let z te WM
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Mit Selbstvertrauen ins Viertelfinale Am 27. Juni treffen die Australierinnen nun auf Japan. Clare Polkinghorne glaubt gar an den Titelgewinn: “Für uns gibt es keine Grenzen. Wir haben in jedem Mannschaftsteil das nötige Talent, und das Team ist auf den Punkt vorbereitet. Der Sieg gegen Brasilien war nur eine Etappe.” Å Simon Massart, Vancouver
“Träume sollten nicht geträumt, sondern verwirklicht werden”, sagt Homare Sawa. Die 36-jährige Japanerin ist an der WM in Deutschland 2011 Weltmeisterin geworden. Die Kapitänin errang dann auch die Auszeichnung zur besten Spielerin des Turniers, in dem sie sich auch als Torschützenkönigin hervortat. Anschliessend wurde sie zur FIFA-Weltfussballerin gewählt. Nun, bei ihrer sechsten WM-Teilnahme, ist sie mit der Nadeshiko nach dem 2:1-Sieg gegen die Niederlande ins Viertel finale eingezogen. Die erfolgreiche Titelverteidigung ist weiterhin möglich. Was folgen wird, weiss Sawa noch nicht. “Trainerin aber werde ich keine.” mpe
K AN ADA 2015
Clive Rose / FIFA via Getty Images
Brasilien bezwungen! Die Australierinnen bejubeln den Einzug in das Viertelfinale, wo sie der Weltmeister erwartet.
Achtelfinals · 20. – 23. Juni Spiel 37 VR China Spiel 38 USA Spiel 39 Deutschland Spiel 40 Frankreich Spiel 41 Brasilien Spiel 42 Japan Spiel 43 Norwegen Spiel 44 Kanada
Kamerun Kolumbien Schweden Korea Republik Australien Niederlande England Schweiz
1:0 2:0 4:1 3:0 0:1 2:1 1:2 1:0
Alle Informationen zur FIFA Frauen-Weltmeister schaft Kanada 2015™ finden Sie unter http://de.fifa.com/womensworldcup
Viertelfinals · 26. / 27. Juni Spiel 45 VR China Spiel 46 Deutschland Spiel 47 Australien Spiel 48 England
USA Frankreich Japan Kanada
Halbfinals · 30. Juni / 1. Juli Spiel 49 Sieger Spiel 45 Spiel 50 Sieger Spiel 47
Sieger Spiel 46 Sieger Spiel 48
Spiel um Platz 3 · 4. Juli Spiel 51 Verlierer Spiel 49
Verlierer Spiel 50
Finale · 5. Juli Spiel 52
Sieger Spiel 50
Sieger Spiel 49
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First Love Ort: Kogelo, Kenia Datum: 4. November 2012 U hrzeit: 13.47 Uhr Fotog ra f: Ben Cur tis
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FOOTBALL FOR HOPE
Football for Hope ist unser weltweites Bekenntnis, mithilfe des Fussballs eine bessere Zukunft zu gestalten. Bislang haben wir über 550 lokale Projekte unterstützt, die sich mit dem Fussball verantwortungsvoll für soziale Anliegen einsetzen und so Jugendlichen und ihrem Umfeld ein besseres Leben und neue Perspektiven eröffnen.
Weitere Informationen finden Sie unter der Rubrik Nachhaltigkeit auf FIFA.com.
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PRESIDENTIAL NOTE
Mehr TV-Zuschauer als 2011 bei den ersten Frauen-WM-Partien
Die beste Mannschaft
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Lars Baron / FIFA via Getty Images
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ie FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ hat bei den ersten Spielen der Gruppenphase in den bedeutendsten Märkten mehr Fernsehzuschauer als die WM 2011 erreicht. Insbesondere die Zuschauerzahlen aus Nordamerika, Europa und Asien waren beeindruckend. In Kanada wurde beim Sieg der Gastgeberinnen im Eröffnungsspiel gegen VR China mit 1,8 Millionen Zuschauern auf den Sendern CTV, TSN und RDS ein neuer Rekord erzielt. Dies war die grösste je im kanadischen Fernsehen erreichte Zuschauerzahl für ein Spiel einer FIFA Frauen-Weltmeisterschaft. In China verfolgten 2,3 Millionen Menschen die Übertragung des Spiels auf CCTV5, eine Zahl, die weit über dem bisherigen Gruppenspielrekord von 1,3 Millionen Zuschauern liegt. Die alte Rekordmarke datiert aus dem Jahr 2011. Der US-amerikanische Sender Fox Sports 1 konnte für die Partie zwischen den Vereinigten Staaten und Australien 3,3 Millionen Zuschauer verzeichnen – mehr als das Dreifache als beim Auftaktmatch der Vereinigten Staaten bei der WM 2011. In Japan erreichte Fuji TV beim Spiel der Japanerinnen gegen die Schweiz 4,2 Millionen Zuschauer, mehr als beim Halbfinale 2011 gegen Schweden. Englands Auftaktspiel gegen Frankreich auf BBC2 lockte 1,5 Millionen Zuschauer vor die Bildschirme, mehr als jedes Gruppenspiel der WM 2011. Eine ähnlich hohe Zuschauerzahl konnte der Sender W9 aus Frankreich für dieses Spiel vermelden. In den Niederlanden wurde die Zusammenfassung des ersten Spieltages von einer Million Zuschauern auf NED 1 verfolgt. Diese Zahl übersteigt sämtliche Zahlen des Jahres 2011. Å tfw
er war der beste Fussballer der Geschichte? Die Frage ist kaum zu beantworten. Persönlich war ich von zwei Spielern immer ganz besonders fasziniert: Alfredo Di Stéfano, der geniale Offensivstratege des grossen Real Madrid – und Tostão, der elegante und blitzschnelle Mittelstürmer der brasilianischen Weltmeister-Mannschaft von 1970. Die damalige Seleção setzte Massstäbe: Pelé, Rivelino, Jairzinho und Carlos Alberto waren die grossen Stars. Aber erst Tostão veredelte das Team mit seiner Präzision und Ball sicherheit zum Jahrhundertensemble. Der “Pelé blanco” trug entscheidend dazu bei, dass Brasilien den dritten WM-Titel gewann und damit den Jules-Rimet-Pokal definitiv behalten konnte. Die legendäre Trophäe gibt es heute nicht mehr. Sie wurde 1983 aus einer Vitrine im brasilianischen Verbandssitz gestohlen und von den Dieben eingeschmolzen. Anderes dagegen blieb vom Turnier 1970 erhalten. Erstmals waren vor 45 Jahren an einer WM-Endrunde (wegen der grossen Hitze und der Höhenlage) zwei Auswechslungen pro Team und Spiel erlaubt, erstmals stellte Adidas eigens für die WM-Endrunde einen Matchball (den “Telstar”) her, erstmals waren die Partien dank Satellitentechnik weltweit am TV zu sehen – und erstmals in Farbe. Passend dazu standen den Schiedsrichtern erstmals Gelbe und Rote Karten zur Verfügung. Auch sportlich stiess der Fussball in neue Sphären vor: Erstmals qualifizierten sich nur ehemalige Weltmeister fürs Halbfinale. Die zweite Partie der Vorschlussrunde (Italien - Deutschland 4:3 n.V.) – als sich Franz Beckenbauer mit gebrochenem Schultergelenk und “angebundenem” Arm durch die Verlängerung quälte – gilt noch heute als Jahrhundertspiel. Meine persönlichen Erinnerungen aber sind auch untrennbar mit Tostão verbunden. Der Brasilianer aus Belo Horizonte gehörte zu jenen Fussballern, deren Horizont nicht an der Seitenlinie endete: Er absolvierte ein Medizinstudium und arbeitete nach seinem Rücktritt als Arzt. Später wurde er Buchautor, avancierte zu einem der renommiertesten Zeitungskolumnisten Brasiliens und lieferte damit ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass das L eben mit dem Schlusspfiff noch lange nicht zu Ende ist.
Ihr Sepp Blatter T H E F I FA W E E K LY
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Beine zu! Spiele werden durchgeplant wie eine Schachpartie. Der Beinschuss aber ist der lebendige Ausdruck des kreativen Talents, und niemand kann ihm entkommen, schreibt Jordi Punti.
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m März kämpften der FC Barcelona und Manchester City um einen Platz im Viertelfinale der UEFA-Champions-League. Beim Rückspiel im Camp Nou setzte sich Messi in der 38. Minute mit einem Tunnel (Beinschuss) gegen James Milner durch. Es war nur eine sanfte Ballberührung, ganz schlicht und doch genial, mit der er den Ball z wischen den Beinen des ungestümen englischen Mittelfeldakteurs hindurchschob und ihn damit aus dem Konzept brachte. Die Fans der Azulgrana quittierten den Tunnel mit einem bewundern-
den “Oh!” Unter ihnen war auch Pep Guardiola, der Trainer des FC Bayern München, der die möglichen nächsten Gegner seines Klubs in Europa unter die Lupe nahm. Als er Messis A ktion sah, schlug er staunend die Hände vors Gesicht. Im richtigen Augenblick Am nächsten Tag gingen die Bilder rund um die Welt und die Kommentatoren ergingen sich in den unterschiedlichsten Sprachen in Beschreibungen des Tunnels: Caño (Spanisch), Nutmeg
AB DURCH DIE MITTE Pelé (l; Brasilien) sieht sich zum Tunneln genötigt.
Popperfoto / Getty Images
CHRONOLOGIE EINES KABINETTSTÜCKCHENS Lionel Messi (l; FC Barcelona) tunnelt James Milner (Manchester City) in der Champions League. Bayern-Coach Pep Guardiola (Bild ganz rechts) kann’s nicht fassen.
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(Englisch), Caneta (Portugiesisch) oder Mata nuki (Japanisch). Der Trick ist überall derselbe, aber viele Länder haben ihre eigene Form gefunden, um ihn zu beschreiben. Für die einen ist es ein Tunnel, für die anderen eine Brücke. In einigen katholisch geprägten Ländern spricht man auch von einer Soutane, weil der Trick bei e inem Priester im langen Gewand nicht m öglich wäre, anderswo bevorzugt man eine Metapher aus dem kulinarischen Bereich und definiert ihn als Schürze. Messis Tunnel ist ein Wunderding, an dem man sich nicht sattsehen kann, weil es in das Spiel eingebunden ist. Er ist keine Effekt hascherei, sondern ein Mittel, das man aus dem Hut zaubert, um einen Spielzug fortführen zu können. Die Mehrzahl derartiger Tricks wird instinktiv ausgeführt. Dasselbe gilt für den Fallrückzieher, den Hackentrick, den Doppel pass oder den Übersteiger. Sie alle kann man trainieren, das ist klar, und die Spieler haben in der Regel viel Spass daran, sie mit ihren Teamkameraden einzustudieren. In einem Spiel kommt darin jedoch fast immer der Ins tinkt des jeweiligen Spielers zum Ausdruck. Wenn du es tust, denkst du nicht darüber nach, wenn du darüber nachdenkst, tust du es
nicht – und ausserdem nehmen sie dir auch noch den Ball ab. Die Intuition wird im Bruchteil einer Sekunde geboren. Das Gehirn entscheidet, dass dies die beste Option ist, um den Gegen spieler auszutricksen, und plötzlich ist alles pure M agie. Wenn der Tunnel in der Absicht angewandt wird, den Gegner lächerlich zu ma chen, oder einfach nur, um das Publikum zu unterhalten, ohne wirklichen Einfluss auf das Spiel – wie in einem Basketballspiel der legen dären Globetrotters –, dann verwandelt sich der Spieler in einen Jongleur und der Fussball wird zum Zirkusspektakel. Der Gegenspieler wird wütend ob dieser Provokation, fühlt sich der Lächerlichkeit preisgegeben und reagiert gewöhnlich mit einem Foul. Heutzutage wird dieser Art von eingängi gen Bildern, aus denen sich leicht eine Samm lung zusammenstellen liesse, in den im Internet und den sozialen Netzwerken veröf fentlichten Videos der Vorzug gegeben. Einige Kommentatoren reden dann von der Demüti gung des Gegners, auf der Suche nach einer eindrucksvollen Auswirkung, die ohne Weite res in einen Actionfilm passen würde. Im Fussball ist das jedoch etwas anderes. Es gibt
Hunderte Beispiele, die belegen, dass ein Tun nel schlicht Bestandteil des Spiels ist. Bleiben wir bei der gerade abgeschlosse nen Saison. Im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League zwischen Paris Saint- Germain und dem FC Barcelona (1:3) erzielte der Uruguayer Luis Suárez zwei Tore. Beide Tore entstanden aus einem Dribbling, in dessen Verlauf der Brasilianer David Luiz getunnelt wurde. Gleichzeitig muss man sie aber auch als eine Art Tür ansehen, die beim Öffnen den Blick auf einen komplexeren Spielzug freigibt: im Falle des ersten Tores bestehend aus Dribblings und Entschlos senheit und im Falle des zweiten als ein Musterbeispiel für Konterfussball und Abschlussstärke. Der Tunnel und die Strasse Niemand weiss, wer in einem Spiel zum ersten Mal einen anderen Spieler getunnelt hat, aber sicher ist der Trick fast ebenso alt wie der Fussball selbst. Tatsächlich gehen die K abinettstückchen des Dribblings wie der Hackentrick, der Doppelpass oder der Über steiger auf den Strassenfussball zurück. Ob ein Kind nun auf Schotter, Asphalt oder Sand
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E ie r, Tu n n e l, N ü s s e u n d 5 0 C e n t
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er Fussball ist eine universelle Sprache, die wir alle verstehen, und doch übersetzt jede Kultur ihn gemäss den ihr eigenen Gepflogenheiten. Ein Tor bedeutet immer und überall dasselbe, auch wenn man es vielleicht unterschiedlich bejubelt, und diese kulturellen Unterschiede kommen in den Sprachen zum Ausdruck. So wird die Tunnel-Finte, bei der der Ball zwischen den Beinen des Gegenspielers hindurchgespielt wird, mit ganz unterschiedlichen Metaphern beschrieben. In der angelsächsischen Welt wird der Tunnel oftmals als Nutmeg (Muskatnuss) bezeichnet. Einigen Interpretationen zufolge geht dies auf den Trick der Händler zurück, die Muskatnüsse verkauften und versuchten, dem Käufer dabei auch andere Nüsse unterzuschieben. Andere sehen in dem Ausdruck einen Euphemismus für die Hoden des Verteidigers, die in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn dieser die Beine schliesst, um den Tunnel zu vermeiden. Abgeleitet von Nutmeg heisst die Finte in Australien Nutty und in Kenia Chobo. In mehreren europäischen Ländern verwendet man Entsprechungen von Tunnel oder Brücke, beispielsweise in Frankreich (Petit Pont), Spanien (Caño) oder eben auch in Deutschland (Tunnel). Die Niederländer ziehen es vor, von einer Tür zu sprechen. In den skandinavischen Ländern wie Schweden oder Dänemark hat man sich ebenfalls für das Bild des Tunnels entschieden. In Ägypten und Saudiarabien kommt die Metapher der Brücke, Kobry, zum Einsatz. In Brasilien spricht man von einer Janelinha, was soviel wie “kleines Fenster” bedeutet, und auf Kantonesisch passiert der
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Ball einen Graben – ein ähnliches Bild wie das in Peru verwendete, wo der Tunnel als Huaca bezeichnet wird, die “Furche, die der Pflug im Acker hinterlässt”. In einigen arabischen Ländern konzentriert man sich eher auf den Ball, der die Beine des Spielers passiert, und nennt den Trick “Ei”. So wird er im Libanon und in Marokko als Bayda, in Tunesien als Adma und in Libyen als Dahya bezeichnet. Ein ähnlicher Zusammenhang wird in Südkorea mit der Bezeichnung Alggagi hergestellt – “ein Ei pellen”. Ein weiteres wiederkehrendes Bild steht im Zusammenhang mit der Kunstfertigkeit, die diese Finte erfordert, die so schwierig ist, wie das Einfädeln eines Fadens in ein Nadelöhr. So wird sie in Israel auf Hebräisch Hashkhala genannt. In Rumänien bezieht sich die Bezeichnung U rechi (Ohr) ganz konkret auf das Nadelöhr. Auch das semantische Feld der Kleidung taucht immer wieder in Fussballmetaphern auf. Im Katalanischen spricht man von einer Sotana oder Soutane, in Anspielung auf das lange Gewand eines Priesters. In Griechenland wählt man mit der Schürze (Podia) einen ähnlichen Bezug, ebenso wie in Ungarn (Kötény). Die Portugiesen ziehen hingegen als Metapher eine Unterhose (Cueca) vor. In der Ukraine heisst der Tunnel 25 Kopiyok, oder 25 Cent, in Bezug auf den Geldbetrag, den der Verteidiger demjenigen zahlen muss, der ihn getunnelt hat. In Malaysia und Singapur nimmt man ebenfalls Bezug auf die Währung, allerdings fällt die Strafe hier höher aus und beträgt 50 Cent (50 Sen).
spielt – es lernt alle Tricks und Kniffe, die es gibt, um den Ball zu kontrollieren. Die Brasi lianer, seit je mit dem Jogo Bonito behaftet, sind überzeugt, dass der Tunnel – A Janelinha – eine Erfindung des legendären Garrincha ist. Der Legende nach nahm Garrincha 1953 im Alter von 19 Jahren an einem Probe training bei Botafogo teil. Gleich bei der ers ten Ballberührung soll er das Leder zwischen den Beinen des Verteidigers Nílton Santos hindurchgeschoben haben, der damals Aus senverteidiger in der Seleção war. Beim nächs ten Spielzug wiederholte er das Ganze. Am Ende der Trainingseinheit empfahl Nílton Santos seinem Trainer höchstpersönlich, Garrincha unter Vertrag zu nehmen. Garrincha ist das perfekte Beispiel dafür, dass der Tunnel die Rache der kleinen Spieler ist. Den Ball zwischen den Beinen des Gegen spielers hindurchzuspielen, um den Gegner blosszustellen – dieser Trick erinnert unwill kürlich an die Lausbubenstreiche von Tom und Jerry. “Beine zu!” – einer der ersten Sätze, den hünenhafte Verteidiger lernen, und natürlich mussten alle grossen Abwehrspieler – von
Thomas Zimmermann / imago
WELTSTARS UNTER SICH Zinédine Zidane (l; Frankreich) erwischt Kaká (Brasilien).
Romario gelang ein Tunnel bei Maradona, Dani Alves bei Cristiano Ronaldo, Chedjou bei Ibrahimovic, Marcos Senna bei Xavi, Rooney bei Yaya Touré …
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Gonzalo Arroyo Moreno / Getty Images
DER MEISTER UND DER BALL Cristiano Ronaldo (l; Real Madrid) düpiert mit der Hacke Marcos Angeleri (Málaga FC) in der Primera División.
iqué bis Hummels, von Carvalho bis Kompany P – bereits das eine oder andere Mal miterleben, wie der Ball zwischen ihren Beinen hindurchrollte. Dasselbe gilt für die Torhüter. Aber sie bilden keinesfalls die Ausnahme. Im aktuellen Fussball, in dem die Spiele von den Trainern so gut durchgeplant werden, als handle es sich um eine Partie Schach, ist der Tunnel der lebendige Ausdruck der Kunst sowie des kreativen Talents, und niemand kann ihm entkommen, nicht einmal die geschicktesten Akteure. Zu Beginn haben wir davon gesprochen, wie Messi den Engländer Milner getunnelt hat und die Bilder davon um die ganze Welt gingen. Doch Milner ist nicht der einzige, dem dieses Schicksal widerfahren ist. Zu den grossen Spielern, die mit ansehen mussten, wie Messi ihre Beine in einen Tunnel verwandelt, zählen unter anderem Fernandinho, Kroos, Tiago, Marcelo, Arda Turan, Silva und Xabi Alonso. Umgekehrt kann der Mittelfeldspieler Milan Badelj, derzeit bei der Fiorentina u nter Vertrag, von sich behaupten, dasselbe
anlässlich eines Länderspiels z wischen A rgentinien und Kroatien bei M essi geschafft zu haben. Alle Spieler mussten die bittere Pille bereits irgendwann e inmal schlucken. Heutzutage ist Youtube das grosse Archiv der jüngsten und historischen Tunnel. Hier kann man sich beispielsweise jenen Fussballnachmittag in Erinnerung rufen, an dem Pelé Beckenbauer mit einem Beinschuss austrickste. Auf dieser Plattform ist auch Platz für die aussergewöhnlichen Exemplare. Romário tunnelte einst Maradona. Dani Alves schaffte es einmal bei Cristiano Ronaldo. Als der Kameruner Chedjou noch bei Lille spielte, trickste er den Giganten Ibrahimovic mit einem Tunnel aus (und Zlatan gab sich lächelnd geschlagen). Marcos Senna schaffte es bei Xavi, Rooney bei Yaya Touré, Busquets bei Adebayor, Ballack bei Cesc Fàbregas. Die effektivsten Tunnel sind natürlich diejenigen, bei denen der Spielzug in einem Tor gipfelt. Die schönsten Tunnel sind diejenigen, die mit einem anderen Kabinettstückchen der Dribbelkunst kombiniert werden, wie der
unnel per Hackentrick, mit dem Rücken zum T Spieler, oder der Tunnel aus dem Lauf heraus, der direkt einem Übersteiger entspringt. Der schönste Tunnel von allen ist der, der aus einem Cola de Vaca hervorgeht, einem kunstvollen Trick, bei dem der Ball mit dem Innenrist mitgenommen wird und einen Halbkreis beschreibt. Es ist unmöglich zu sagen, welcher Spieler sich im Tunneln am meisten hervorgetan hat. Maradona hat grossartige Beispiele geliefert. Riquelme hat einmal sogar einen doppelten Tunnel bewerkstelligt. Doch vielleicht waren die Brasilianer Ronaldinho und Ronaldo d iejenigen, die die Technik am Besten beherrschten. Wenn man sich Videoaufnahmen von ihnen anschaut, wird deutlich, mit welcher Leichtigkeit sie dieses Kabinettstückchen ausgeführt haben – als hätte der Fussball aus ihrer Sicht vier Dimensionen. Solange es Spieler wie sie gibt – Kinder, die in eben d iesem Augenblick auf einer staubigen S trasse entdecken, dass sie einen Tunnel ausführen können – so lange bleibt der Fussball ein w underschönes Spektakel. Å T H E F I FA W E E K LY
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Š 2015 adidas AG. adidas, the 3-Bars logo and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group.
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SPOTLIGHT ON
ALLGEMEINE INFORMATIONEN Land: El Salvador FIFA-Kürzel: SLV Kontinent: Zentralamerika Hauptstadt: San Salvador
Der Zimmermann Alan Schweingruber
Mario Wagner / 2Agenten
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enn Journalisten unter Druck geraten, endet das manchmal im Leichtsinn. Davon hatte Rudi schon als Kind gehört. Nun ist Rudi erwachsen und selbst J ournalist. Sein Vater wollte das so. “So fährt dein Schiff immer in ruhigen Gewässern, mein Sohn.” Ruhig sind die Gewässer schon lange nicht mehr. Es herrscht sozusagen Dauersturm im Printbereich. Und bei Rudi, der den Druck eben gar nicht mag, fallen die Telefonate nicht immer so aus, wie er sich das erhofft. Die P rotagonisten sind schwer zu erreichen. Die Informanten widersprechen sich. Wenn aber die Story schon steht und das Raunen der Kollegen an der Sitzung noch in seinen Ohren liegt (“Wow, tolle Story ...”), dann hilft Rudi manchmal ein b isschen nach. Er zimmert sich die Artikel selbst zurecht. Gerade an Wochenenden geschieht das oft. Aber man muss an dieser Stelle den Journalisten auch mal in Schutz nehmen. Wenn sich die Freunde beim Grillen am See vergnügen, ist es nicht einfach, in den m iefigen Redaktionsräumen einen klaren Gedanken zu fassen. Dazu die ausbleibenden Rückrufe, der schlechte Filterkaffee, die leeren Gänge. Das ist alles zäh. Deshalb hat sich Rudi jetzt intern transferieren lassen. Freiwillig! – wie er bei jedem Smalltalk ausdrücklich erwähnt. Rudi der Wirtschaftsreporter ist jetzt Rudi der Sportreporter. “Im Fussballstadion kannst
du nicht viel falsch machen”, hat ihm der Chefredakteur in einem Gespräch unter vier Augen gesagt. “Zur Not, wenn die Spieler nach einer Niederlage die Krise schieben, dann schreibst du einfach, was auf dem Feld geschehen ist.” Rudis Schiff fährt nun wieder in etwas ruhigeren Gewässern. Er hat sogar einen eigenen Blog mit einem flotten Slogan. Sein Vater wäre stolz auf ihn. “Keine Panik auf der Titanic”, hatte der immer g esagt, als zu Hause die Hunde bellten. Nur wenn es dem lokalen Fussballklub nicht so läuft, kommt etwas Hektik auf. Aber dann sitzt Rudi einfach still auf den Reporterplätzen und tippt das Geschehene auf dem Rasen in den Computer. Er hört dann dieses Raunen in seinen Ohren. “Wow, tolle Story.” Å
GEOGR APHISCHE INFORMATIONEN Landesfläche: 21 040 km² Höchster Punkt: Ilamatepec 2381 m ü. M. Nachbarmeere und -ozeane: Pazifischer Ozean
FUSSBALL MÄNNER FIFA-Ranking: 89. Rang Weltmeisterschaften: 2 Teilnahmen 1970, 1982 Bestes Ergebnis: Gruppenphase
FUSSBALL FR AUEN FIFA-Ranking: 100. Rang Weltmeisterschaften: Bisher keine Teilnahmen
LET Z TE RESULTATE Männer: El Salvador - St. Kitts und Nevis 4:1 16. Juni 2015 Frauen: El Salvador - Costa Rica 0:4 22. Mai 2014
FIFA-INVES TITIONEN Seit 2001:
Die wöchentliche Kolumne aus der The-FIFA-Weekly-Redaktion
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DAS INTERVIEW
“Rennfahren ist eine Leidenschaft, Fussball ist mein Leben” Fabien Barthez prägte eine Epoche in Frankreich. Das Nationalteam wurde mit dem charismatischen Torhüter Welt- und Europameister. Heute fährt Barthez Autorennen. “Ich wollte nie einfach eine Show machen. Beim R ennfahren ist es ähnlich. Es ist viel Leidenschaft dabei.”
Fabien Barthez, haben Sie das Gefühl, dass sich die Position des Torhüters in den letzten Jahren weiterentwickelt hat? Fabien Barthez: Nicht besonders. Noch immer haben viele Torhüter in den grossen europäischen Ligen Probleme mit dem Pass spiel. Man sieht zwar Akteure wie Manuel Neuer, Thibaut Courtois oder Hugo Lloris sehr weit vorne agieren, doch den meisten Tor hütern fehlt in ihrem Spiel die Tiefe. Die Entwicklung geht fast zurück! In den 80er-Jahren musste ein Torhüter vor allem gross sein, um möglichst viel Platz in einem Tor auszufüllen. Wir sind ein wenig dorthin zurückgekehrt. Ich persönlich sehe die Rolle des Torhüters natürlich nicht so. Es scheint mir, dass sie ein klein wenig wichtiger als das ist.
Manuel Neuer hat einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg Deutschlands bei der WM geleistet. Sind Sie überrascht, dass er nicht mit dem Ballon d’Or ausgezeichnet wurde? Das hat mich nicht wirklich überrascht. Es ist eine Tatsache, dass der Torhüter immer im Hintergrund steht. Er wird selten hervorgehoben. Von Trainern hört man oft, dass man einen guten Torhüter und einen guten Stürmer braucht, um eine Mannschaft um sie herum zu bilden. Doch ausser bei den Trainern geniesst diese Position viel zu wenig A nerkennung. Seit es den Fussball gibt, wird der Torhüter unterschätzt. Wenn man jung ist und spontan ein Fussballspiel organisiert, stellt man immer den schlechtesten Spieler ins Tor.
Sie wollen doch nicht sagen, dass Sie Ihre Berufung auf diese Weise entdeckt haben? Nein. Bei aller Bescheidenheit: Ich war ein guter Feldspieler! Ich meine das all gemein. In den 80er- und 90er-Jahren gab es noch keine Torhütertrainer. Das sagt doch auch schon einiges über die traditionell 30
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fehlende W ertschätzung für diese Position aus. Aber es ist so. Die Jungs, die Tore schiessen, werden gegenüber denjenigen, die sie verhindern, bevorzugt. Erzielte Tore sind halt spektakulärer.
Welche Torhüter mögen Sie heute besonders? Ich mag Hugo Lloris sehr. Nicht nur als Torhüter, sondern auch als Mensch. Auch Thibaut Courtois. Er ist für mich der zukünftige “ganz Grosse”. Ich glaube, er wird das viele Jahre lang bleiben.
Und wem eiferten Sie nach? Joël Bats (französischer Nationaltorhüter 1983–1989, Red.). Zunächst, weil er Linkshänder ist wie ich. Ausserdem, weil er eine nüchterne und saubere Spielweise hatte. Und dann, weil er bei Standard situationen sehr oft nach vorne ging. Er war immer mein Vorbild.
Gibt es ein Spiel in Ihrer Karriere, auf das Sie besonders stolz sind? Das EM-Halbfinale von 2000 gegen Portugal gehört zu meinen schönsten persönlichen Erinnerungen. Es war sehr intensiv und es herrschte viel Druck. Wir mussten in die Verlängerung, in der Zinédine Zidane das Golden Goal erzielte. Aber natürlich auch das Finale der WM 1998 oder das Endspiel der Champions League 1993 mit Olympique Marseille. Nun, es gibt einige recht nette Spiele.
Fühlten Sie sich mit Laurent Blanc, Marcel Desailly, Lilian Thuram und Bixente Lizarazu vor Ihnen nicht ohnehin unbezwingbar? Es war weniger ein Gefühl der Unschlagbarkeit, als eines der Leichtigkeit. Wir haben uns wirklich gut ergänzt. Das war unsere Stärke. Jeder verstand die Spiel weise des anderen – jeder wusste exakt, wie der andere spielte.
Und welche Stürmer stellten Sie vor die grössten Probleme? Pauleta und Ronaldo. In der National mannschaft ging das mehr oder weniger, aber im Verein war das etwas anderes. Ich erinnere mich an ein sehr schmerzhaftes Viertelfinal duell in der Champions League 2003 z wischen Manchester United und Real Madrid, in dem mir Ronaldo sehr zugesetzt hat.
Welche als Fussballer erworbenen Kenntnisse helfen Ihnen, auch als Pilot am Steuer gute Leistungen zu bringen? Als Spitzensportler habe ich die Fähigkeit, gut zuzuhören, und ich bringe eine gewisse Demut mit. Das sind meiner Meinung nach wichtige Vorteile, um im Sport erfolgreich zu sein. Und dann natürlich gute Reflexe und Antizipationsfähigkeit.
Haben Torhüter und Autorennfahrer Gemeinsamkeiten? Beide gehen nur kalkulierte Risiken ein. Jedes Dribbling, das ich im Strafraum gemacht habe, und jedes Verlassen meines Sechzehners waren gut überlegt. Ich wollte nie einfach nur Show machen. Beim Rennfahren ist es ähnlich. Es ist viel Leidenschaft dabei.
Würden Sie sich selbst als adrenalinsüchtig bezeichnen? Nein, aber ich bin wirklich süchtig nach den Freuden des Lebens. Ich bin ein G eniesser und koste das Hier und Jetzt in vollen Zügen aus.
Gibt es eine Leidenschaft, die die Oberhand gewinnt? Ja. Das Rennfahren ist eine sehr grosse Leidenschaft, aber der Fussball steht darüber. Der Fussball ist mein Leben. Å Mit Fabien Barthez sprach Baptiste Dubosc
Name Fabien Barthez Geburtsdatum, Geburtsort 28. Juni 1971, Lavelanet, Frankreich Position Torhüter Stationen als Spieler 1990–1992 FC Toulouse 1992–1995, 2003–2006 Olympique Marseille 1995–2000 AS Monaco 2000–2003 Manchester United 2006–2007 FC Nantes Nationalteam Frankreich Courtes Franck / Presse Sports / freshfocus
1994–2006, 87 Einsätze Grösste Erfolge UEFA-Champions-League-Sieger 1993 Französischer Meister 1997, 2000 Weltmeister 1998 Europameister 2000 Welttorhüter des Jahres 2000 Englischer Meister 2001, 2003 Vize-Weltmeister 2006 Autorennen (Auswahl) Le Mans 2014 (27. Platz, Ferrari 458) FIA GT Series 2013 (1. Platz, Gentlemen Trophy) GT-Meisterschaft Frankreich 2012 (7. Platz)
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Melbourne, Australien
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Buenos Aires, Argentinien
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Jeder Moment zählt
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Kommt jetzt das grosse Jahrzehnt des deutschen Fussballs?
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“Meine Familie hält dann aber immer zu mir.” Die deutsche Nationalspielerin Celia Sasic über das WM-Viertelfinale gegen Frankreich. Sie besitzt dank ihrer Mutter auch einen französischen Pass.
“Am Anfang haben alle erwartet, dass wir in jedem Spiel 0:5, 0:6, 0:7 unter die Räder kommen. Doch das Team hat sich durch alle Runden gekämpft. Und jetzt schauen sich alle die Spiele an. Ich kann Ihnen versichern, dass in Dakar jetzt niemand schläft! ” Joseph Koto (Senegal-Coach) nach dem Halbfinal-Einzug an der U20-WM
“In dieser Position gebe ich den Ball normalerweise weiter. Doch der Trainer und meine Teamk ameradinnen hatten gesagt, dass ich auch mal schiessen muss.” Zum Schluss in Blau-Weiss Günter Netzer bei den Zürcher Grasshoppers 1977.
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a, das glaube ich tatsächlich. Deutschland wird an allen kommenden Turnieren eine tragende Rolle spielen. Denn das Land verfügt über ein grossartiges Fundament im fussballerischen Bereich. Es ist noch nicht lange her, da ging es dem deutschen Fussball schlecht. Man hatte den Aufbau einer professionellen Nachwuchs förderung ignoriert und war Ende der 90er-Jahre erstaunt, dass keine guten Fuss baller mehr heranwuchsen. So wie in Frank reich oder den Niederlanden. Das Verhalten mutet im Nachhinein fast etwas arrogant an. Dass der deutsche Fussball heute wieder brilliert, ist auch das Verdienst von Gerhard Mayer-Vorfelder. Er stiess als Verbandspräsi dent 2001 eine Nachwuchsreform an. Es floss Geld in die Talentförderung. Das Konzept mit den vielen Stützpunkten für die jungen Spieler im Land ist fantastisch. Deutschland verfügte immer über gute Fussballer. Zwischendurch klaffte aber auch immer wieder mal ein Loch. Es m angelte an Qualität. Und da liegt der grosse Unterschied: In der Nationalmannschaft von heute rücken ständig herausragende Spieler nach. Deutsch
lands Kader ist in allen Altersklassen über durchschnittlich gut besetzt. Was mich als Deutscher besonders freut, ist, dass wir das Klischee, einen rustikalen Stil zu pflegen, ablegen konnten. Unter Jogi Löw spielt die Nationalelf einen taktisch und tech nisch hochstehenden Offensivfussball. Und müde Floskeln sind im Zusammenhang mit dem WM-Titel übrigens fehl am Platz. Löw hat sehr viel mehr als nur “alles richtig gemacht”. Auch nicht zu unterschätzen ist die A rbeit von Pep Guardiola. Es ist ein Fakt, dass sich der Fussball in Deutschland verändert hat seit seiner Ankunft. Nicht nur die Bayern orientieren sich an Guardiola, sondern auch die anderen Bundesligavereine. Da wirkt ein Trainer, der den modernen Fussball auf höchstem Niveau zelebriert. Grossartig. Å
Englands Verteidigerin Lucy Bronze über ihren Weitschuss zum 2:1 gegen Norwegen
“Aufgrund meiner Schuhprobleme hatte ich mich nicht sicher gefühlt. Es ging nicht um mich, es ging um die Mannschaft. Es war vielleicht eine der besten Entscheidungen meiner Karriere.” Lothar Matthäus im “Kicker” – der Deutsche verzichtete im WM-Finale 1990 gegen Argentinien auf die Ausführung des entscheidenden Strafstosses zum 1:0.
“Es war deine Mutter, die den Ball ins Tor lenkte, als er den Pfosten berührte.” Was wollten Sie schon immer über Fussball w issen? Fragen Sie Günter Netzer: feedback-theweekly@fifa.org
Alex Greenwood (Mittelfeldspielerin, England) zur Teamkollegin Fran Kirby, die im Alter von 14 Jahren ihre Mutter verlor T H E F I FA W E E K LY
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FIFA PARTNER
TURNING POINT
“Daran hätte ich nicht mal im Traum gedacht” Der Schwede Mats Gren erzielte in seinem ersten Spiel für die Zürcher Grasshoppers gleich vier Tore. Ein Einstand nach Mass und eine Partie, die ihn bis heute begleitet.
Noë Flum / 13 Photo
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ein erstes Spiel im Ausland: Ja, das werde ich wohl nie vergessen. Es war der 9. November 1985. Drei Tage zuvor war ich mit IFK Göteborg in Istanbul gegen FenerbahÇe im Euro papokal der Landesmeister angetre ten. Ich bin d anach sofort nach Zürich ge reist, habe ein Training bei meinem neuen Klub, dem Grasshopper Club Zürich, absol viert und bin dann in diesem Spiel aufgelau fen. Es war ein Pokalspiel gegen die Young Boys aus Bern. Man hat ja immer gewisse Vorstellungen, wie so ein Einstand verlaufen könnte. Man wünscht sich, zu überzeugen, das Spiel zu gewinnen und sogar ein Tor zu erzielen – als Stürmer ohnehin. Dass es aber so gut lief, d aran hätte ich nicht mal im Traum gedacht. In der 15. Minute traf ich nach einer Flanke zum 1:0 per Kopf. Drei Minuten später erziel te ich aus 20 Metern Entfernung meinen zweiten Treffer und kurz vor der Pause nach einem A bpraller sogar einen dritten. Ein Hattrick also. Wir siegten 5:2, wobei ich kurz vor S pielschluss meinen Einstand sogar noch mit einem vierten Tor krönte. Das Spiel schlug hohe Wellen. Auch in Skandinavien wurde in den Medien darüber berichtet. Ich war der einzige Schwede, dem so etwas gelungen war. Bis heute begleitet mich diese Partie. Und sie verbindet mich für immer mit GC. Ich hatte die Schweiz ei gentlich als Sprungbrett gesehen, um in eine stärkere Liga zu wechseln, um noch mehr von der Welt zu sehen. Bei Borussia Dort
mund hatte ich bereits unterschrieben. Doch dann verletzte ich mich und verpasste die Europameisterschaft. Ich habe darauf hin meinen Vertrag im gegenseitigen E invernehmen mit dem Verein aufgelöst. Es war mir zu riskant. Ich hätte in Dortmund wohl nicht gespielt. Später wollte mich Rolf Fringer zum VfB Stuttgart holen. Doch ich war in einer persönlich schwierigen Situa tion, steckte inmitten einer Scheidung. Ich blieb auch in Zürich, weil ich meine Kinder nicht verlassen wollte. 14 Jahre sind es am Schluss geworden. Natürlich frage ich mich manchmal: Was wäre gewesen, wenn ich mich nicht verletzt hätte? Wo wäre ich später gelandet? Was hätte ich in der Bundesliga erreichen können? Aber ich bereue nichts. Ich habe mich selbst zu den Schritten entschieden. Und das ist gut so. Å Aufgezeichnet von Sarah Steiner
Name Mats Gren Geburtsdatum, Geburtsort 20. Dezember 1963, Falun, Schweden Position Abwehr Stationen als Spieler 1982–1984 Falu BS 1984–1985 IFK Göteborg 1985–2000 Grasshopper Club Zürich Stationen als Trainer 2005–2006 FC Vaduz 2009–2011 Vejle BK 2012–2014 Jönköpings Södra IF Grösste Erfolge Schweizer Meister 1990, 1991, 1995, 1996, 1998 Schweizer Cupsieger 1988, 1989, 1990, 1994 Nationalteam Schweden 1984–1992, 23 Einsätze
Persönlichkeiten des Fussballs erzählen von einem wegweisenden Moment in ihrem Leben. T H E F I FA W E E K LY
37
W E LT R A N G L I S T E D E R M Ä N N E R
Deutschland (unverändert) Frankreich (9, plus 2) Schweiz (11, minus 2) 44 Madagaskar, Namibia (je 6 Spiele) Madagaskar (+ 122 Punkte) Madagaskar (+ 37 Ränge) Ruanda (– 128 Punkte) Malediven (– 38Ränge)
Spitzenreiter Aufsteiger in die Top 10 Absteiger aus den Top 10 Spiele insgesamt Teams mit den meisten Spielen Grösster Aufsteiger nach Punkten Grösster Aufsteiger nach Rängen Grösster Verlierer nach Punkten Grösster Verlierer nach Rängen Rang Team
+/- Punkte
Rang Team
+/- Punkte
Letzte Aktualisierung: 4. Juni 2015 Rang Team
1 Deutschland
0 1775
55 Ägypten
-4
596
109 Kanada
2 Belgien
1 1509
56 DR Kongo
-2
591
110 Benin
3 Argentinien
-1 1496
57 Türkei
-5
590
4 Kolumbien
0 1435
58 Republik Korea
-1
587
5 Brasilien
0 1392
59 Gabun
-4
6 Niederlande
0 1378
60 Republik Irland
2
7 Portugal
0 1229
61 Peru
8 Uruguay
0 1183
9 Frankreich
+/- Punkte
Rang Team
+/- Punkte
6
290
162 Malaysia
4
121
-16
289
164 Hongkong
5
118
111 Botsuana
-7
285
165 Jemen
3
117
112 St. Vincent und die Grenadinen
-2
279
166 Bangladesch
3
116
583
113 Madagaskar
37
278
167 Puerto Rico
0
114
581
114 St. Kitts und Nevis
-2
275
168 Dominica
-3
112
2
546
115 Aserbaidschan
1
272
169 Neukaledonien
6
111
62 Bulgarien
5
537
116 Dominikanische Republik
2
257
170 Pakistan
3
106
2 1164
63 Australien
1
532
117 Niger
2
251
171 Amerikanische Jungferninseln
3
104
10 Spanien
0 1147
64 Norwegen
6
528
118 Palästina
23
242
172 Tschad
-20
100
11 Schweiz
-2 1146
65 Jamaika
9
524
119 Simbabwe
4
238
173 Turkmenistan
-14
99
12 Rumänien
0 1115
66 Burkina Faso
0
520
119 Libyen
-7
238
174 Guam
2
97
13 Italien
0 1101
67 Trinidad und Tobago
-2
519
121 Syrien
4
234
175 Laos
3
94
14 Costa Rica
1 1056
68 Sambia
9
90
15 England
-1 1051
69 Südafrika
16 Tschechische Republik
2 1036
70 Montenegro
17 Slowakei
2 1012
18 Kroatien
-1
-8
517
122 Lesotho
-1
226
176 Mauritius
-10
515
123 Kenia
-6
220
177 Kirgisistan
-24
89
5
513
124 Moldawien
-4
219
178 Malediven
-38
86
71 Uganda
0
504
125 Kuwait
1
218
178 Kambodscha
1
86
992
72 Venezuela
-3
497
126 Bermuda
2
217
178 Chinese Taipei
1
86
19 Chile
-3
989
73 Vereinigte Arabische Emirate
-5
496
127 Vietnam
-3
215
181 Montserrat
-9
74
20 Österreich
5
946
74 Usbekistan
-2
479
127 Tansania
-20
215
182 Tahiti
3
71 70
21 Algerien
-1
941
75 Honduras
1
462
129 Thailand
13
207
183 Nepal
-2
22 Wales
-1
929
76 Haiti
3
442
129 Liechtenstein
-2
207
184 Brunei Darussalam
-2
69
23 Mexiko
-1
926
77 Togo
3
438
131 Luxemburg
6
201
185 Macau
-2
66
24 Elfenbeinküste
-1
916
78 Finnland
0
410
132 Barbados
-2
196
186 Sri Lanka
2
64
25 Griechenland
-1
899
79 VR China
3
409
133 Kasachstan
1
195
187 Seychellen
2
60
26 Russland
1
833
80 Belarus
3
400
134 Burundi
-12
194
188 São Tomé und Príncipe
2
58
27 USA
1
823
81 Mosambik
5
391
135 Libanon
9
188
189 Cayman-Inseln
2
48
28 Schottland
2
818
82 Lettland
3
390
136 St. Lucia
-5
186
190 Komoren
-5
44
29 Tunesien
2
808
83 Sierra Leone
5
387
137 Philippinen
0
183
190 Salomon-Inseln
2
44
29 Dänemark
0
808
84 Armenien
-7
383
138 Neuseeland
6
180
192 San Marino
2
40
31 Ecuador
3
806
85 Paraguay
-4
382
139 Georgien
0
173
193 Turks- und Caicos-Inseln
-10
33
32 Bosnien und Herzegowina
0
802
86 Irak
0
381
139 Tadschikistan
4
173
194 Britische Jungferninseln
4
29
32 Polen
3
802
87 Zypern
9
377
141 Zentralafrikanische Republik
3
161
195 Fidschi
1
28
34 Ghana
-8
800
88 Angola
1
374
141 Indien
6
161
196 Bahamas
2
26
35 Ukraine
-2
784
89 Bolivien
3
371
143 Myanmar
15
160
197 Südsudan
-4
24
36 Senegal
0
782
89 El Salvador
-5
371
144 Curaçao
4
159
198 Samoa
-2
21
37 Island
1
769
91 Estland
2
370
145 Malta
4
154
199 Mongolei
1
19
38 Kap Verde
-1
746
92 Marokko
-2
369
146 Osttimor
5
151
200 Vanuatu
-5
17
39 Schweden
0
737
93 Guatemala
40 Israel
6
725
94 Ruanda
-3
348
146 DVR Korea
10
151
200 Tonga
1
17
-21
346
148 Liberia
-16
149
202 Papua-Neuguinea
0
13
-20
146
203 Amerikanisch-Samoa
0
12
5
141
204 Andorra
0
8
41 Iran
-1
717
95 Malawi
2
345
149 Mauretanien
42 Ungarn
1
685
96 Litauen
4
341
150 Suriname
43 Nigeria
2
681
97 Katar
2
334
151 Aruba
-15
138
204 Eritrea
0
8
44 Nordirland
-2
676
98 Saudiarabien
-3
329
151 Afghanistan
-16
138
206 Somalia
0
6
45 Guinea
-4
673
99 Äthiopien
2
324
151 Nicaragua
3
138
207 Dschibuti
0
4
45 Serbien
-1
673
100 EJR Mazedonien
5
321
154 Singapur
8
136
207 Cook-Inseln
0
4
47 Kongo
2
666
101 Oman
-4
319
155 Guinea-Bissau
-23
131
209 Anguilla
0
2
48 Slowenien
-1
653
102 Färöer
0
318
155 Indonesien
4
131
49 Kamerun
-1
641
103 Jordanien
0
316
155 Belize
4
131
50 Äquatorial-Guinea
11
635
104 Antigua und Barbuda
2
313
158 Guyana
5
129
51 Albanien
6
624
105 Namibia
9
303
159 Bhutan
4
128
52 Japan
-2
623
106 Bahrain
2
299
160 Gambia
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124
52 Mali
4
623
107 Kuba
2
295
160 Grenada
11
124
54 Panama
-1
597
108 Sudan
3
292
162 Swasiland
14
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T H E F I FA W E E K LY
http://de.fifa.com/worldranking/index.html
PUZZLE
Ziel beim Sudoku-Lösen ist es, die leeren Zellen des Spielfeldes mit den Ziffern 1 bis 9 so auszufüllen, dass in jeder Zeile und in jeder Spalte sowie in jedem 3x3-Teilquadranten jede dieser Ziffern genau ein Mal steht.
Eine Wochenpublikation der Fédération Internationale de Football Association (FIFA)
Präsident Joseph S. Blatter
1
6 2
6
9
Generalsekretär Jérôme Valcke
3
Direktor Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Nicolas Maingot (a. i.)
7
Chefredakteur Perikles Monioudis
7
Redaktion Alan Schweingruber (Stv. Chefred.), Sarah Steiner
Layout Richie Krönert (Leitung), Tobias Benz, Susanne Egli
2
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5
4
8
5
2
1
7
4
3
8
Art Direction Catharina Clajus Bildredaktion Peggy Knotz, Andreas Wilhelm (Stv.)
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3
7
6
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9
8
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4
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3
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Projektmanagement Bernd Fisa, Christian Schaub
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Produktion Hans-Peter Frei
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SCHWER
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1 1
Kontakt feedback-theweekly@fifa.org
Ansichten, die in The FIFA Weekly zum Ausdruck gebracht werden, entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der FIFA.
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Redaktionsassistenz Alissa Rosskopf
Der Nachdruck von Fotos und Artikeln aus The FIFA Weekly, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung der Redaktion und unter Quellenangabe (The FIFA Weekly, © FIFA 2015) erlaubt. Die Redaktion ist nicht verpflichtet, unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos zu publizieren. Die FIFA und das FIFA-Logo sind eingetragene Warenzeichen. In der Schweiz hergestellt und gedruckt.
3
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Mitarbeit an dieser Ausgabe Baptiste Dubosc, Mark Gleeson, Simon Massart, Stephen Sullivan
Internet www.fifa.com/theweekly
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Ständige Mitarbeitende Ronald Düker, Luigi Garlando, Sven Goldmann, Andreas Jaros, Jordi Punti, Thomas Renggli, David Winner, Roland Zorn
Druck Zofinger Tagblatt AG
8
8
9
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MIT TEL
Korrektorat Nena Morf (Leitung), Martin Beran, Kristina Rotach
Übersetzung www.sportstranslations.com
3
LEICHT
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8 6
4
4 7
3
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9
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T H E F I FA W E E K LY
Puzzles courtesy: opensky.ca/sudoku
Herausgeberin FIFA, FIFA-Strasse 20, Postfach, CH-8044 Zürich Telefon +41-(0)43-222 7777, Fax +41-(0)43-222 7878
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©2014 FIFA TM
6 June - 5 July