Öffentliche Vorlesung des Seminars für Filmwissenschaft. Eintritt frei
18:30 Anschliessend jeweils Kino-Konzerte mit Live-Musik
Fr 18.10. 13
18:30 PEDRO COSTA
CAVALO DINHEIRO
Pedro Costa, Portugal 2014 In Anwesenheit des Regisseurs 20:30 WERKSTATTGESPRÄCH MIT PEDRO COSTA
In englischer Sprache, 80', Eintritt frei
Sa 19.10. 13
18:15 PEDRO COSTA
NE CHANGE RIEN
Pedro Costa, Portugal/Frankreich 2009
Anschl. Q&A mit dem Regisseur
Mi 23.10. 12
18:30 PEDRO COSTA SICILIA!
Danièle Huillet, Jean-Marie Straub, Italien/Frankreich/Deutschland 1998 Einführung von Mischa Hedinger 20:15 OÙ GÎT VOTRE SOURIRE ENFOUI?
Pedro Costa, Frankreich/Portugal 2001 Einführung von Mischa Hedinger
Fr 25.10. 24
20:15 PREMIERE
SAY GOD BYE
Thomas Imbach, Schweiz 2024
Anschl. Thomas Imbach im Gespräch mit Pascal Blum
So 27.10. 26 11:00 ZÜRICH LIEST
100 JAHRE JOHANNES MARIO SIMMEL
DER VERGESSENE BESTSELLERAUTOR Podiumsdiskussion mit SimmelBiografin Claudia Graf-Grossmann und Filme macher Xavier Koller, 60'
12:15 ES MUSS NICHT IMMER KAVIAR SEIN
Géza von Radványi, Deutschland/ Frankreich 1961
Di 29.10. 20
18:30 HEIMLICHE STARS
THE WORLD ’ S GREATEST SINNER
Timothy Carey, USA 1962
Anschl. KEINE NEBENSACHE! NEBENFIGUREN
Buchpräsentation und Podiumsdiskussion mit Stefanie Diekmann, Dennis Göttel und Fabienne Liptay
Mi 5.11. 7
18:30 MARLENE DIETRICH
MARLENE DIETRICHS HOME MOVIES (1932 – 1942)
Vorgestellt und kommentiert von Kristina Jaspers und Silke Ronneburg (Deutsche Kinemathek), 70'
DAS UNWIDERSTEHLICHE VIELLEICHT 6
LEUCHTENDE SCHATTEN 10
HEIMLICHE STARS
EINE ODE AN DIE NEBENFIGUREN 14
VORTRAGSREIHE 9 RE:VISION 5/01 DESTRY RIDES AGAIN
VORLESUNGSREIHE 22 FILMGESCHICHTE DURCH DIE JAHRZEHNTE: VOM KINO DER ATTRAKTIONEN BIS 1945
INTERNATIONALE TAGUNG 23 AS WE MAY SEE: TRACKING AND TRACING THE IMAGE AFTER FAROCKI
PREMIERE 24 SAY GOD BYE
CLASSICS 24 QUATRE NUITS D’UN RÊVEUR
OCCUPY FILMPODIUM 25 DIE F+F KAPERT DAS FILMPODIUM
SÉLECTION LUMIÈRE 26 ONE FLEW OVER THE CUCKOO’S NEST
ZÜRICH LIEST 26 100 JAHRE JOHANNES MARIO SIMMEL
FAMILIENFILM 27 DER GIGANT AUS DEM ALL
UND AUSSERDEM 27
VORSCHAU, IMPRESSUM 28
DAS UNWIDERSTEHLICHE VIELLEICHT
Ob als Schauspielerin oder Sängerin, im Berlin der Weimarer Republik oder in Hollywood, vor einem elektrisierten Kinopublikum oder vergnügungshunrigen amerikanischen Soldaten – Marlene Dietrich war ein Star, wie es ihn nur einmal gab. Ihre Filme sind erotisch, elegant und stets ein grosses Spektakel. Sie war schon eine Powerfrau, als es weder das Wort gab noch die Forderung, ihm gerecht zu werden. An ihrem androgynen Auftreten, ihrer spielerischen Verruchtheit und ihrem natürlichen Glamour biss sich selbst die strenge Zensur Hollywoods die Zähne aus. Sie war aber auch eine fleissige Filmarbeiterin, die weitgehend allürenbefreit mit ihren Regisseuren zusammenarbeitete und sich in den unterschiedlichsten Genres auszudrücken wusste, wie die 15 Filme der Retrospektive eindrücklich beweisen. Und für alle, die dem Star noch näher kommen wollen, bieten wir eine wahre Programmperle: Kristina Jaspers und Silke Ronneburg von der Deutschen Kinemathek stellen am 5. November von Marlene Dietrich selbst gefilmte 16-mm-Home-Movies vor.
Noch bevor sich der Erfolg des Films abzeichnet, denkt Dietrich bereits unerbittlich an die Zukunft. Sie trägt die Libertinage der Weimarer Republik nach Hollywood, konfrontiert das US-Publikum mit einer Weltläufigkeit und einem Sündenstolz, die es bislang nicht kennt. Bei einem Auftritt in Morocco (1930) verkauft sie Äpfel – «the fruit that made Adam wise». Dass Frauen in Hose oder gar Frack auftreten, war im Berlin der 1920er-Jahre gang und gäbe, in Dietrichs neuer Heimat indes exotisch. Ihre Garderobe in Morocco signalisiert, dass sie offen ist für eine Vielzahl amouröser Zuständigkeiten. Die Kombination maskuliner und femininer Attribute steht zunächst noch unter dem Vorbehalt des Bühnengeschehens. Ihre Figuren lösen sich von den Geschlechterkonventionen bei Auftritten in Nachtclubs und Cabarets, schaffen sich Freiräume in Maske und Kostüm. Das frei schwebende erotische Angebot steht in Anführungszeichen: ein unwiderstehliches Vielleicht.
Stage Fright (1950) legt die Rückblende raffiniert eine falsche Spur aus. In Fritz Langs Rancho Notorious (1952) gleicht die Suche nach ihr einer Schnitzeljagd, wo aus lauter Erzählungen ein Bild von ihr entstehen soll. In Langs Western ist sie eine Legende, bevor sie ein Charakter wird.
Den Aspekt des Fremden, der existenzialistischen Ausnahme unterstreicht stets auch die Inszenierung. Von Angel (1937) an häufen sich Einstellungen, in denen die Kamera sie isoliert und sie zugleich die Einstellungen dominieren lässt. Sie kehrt ihren Leinwandpartnern den Rücken zu und spielt gleichsam nur für die Kamera. Dietrich adressiert sie als einen tiefen Spiegel, dem allein sie ihre Gefühle offenbart.
Tränen zu vergiessen, käme ihr nicht in den Sinn; nicht einmal angesichts des Erschiessungskommandos, vor dem sie jetzt steht. Vielmehr muss sie dem jungen Offizier, der es befehligt, ihr Taschentuch reichen. Als er sich gefasst hat, hält er seinen Säbel vor ihr hoch, damit dieser der entlarvten Spionin als Spiegel dient, während sie ein letztes Mal ihren Lippenstift aufträgt.
Sich ins rechte Licht zu setzen, bis zum Ende die Kontrolle über das Bild zu bewahren, das die Welt sich von ihr macht, darin liegt der unbeirrbare Ehrgeiz der Figur, die Marlene Dietrich in Dishonored (1931) verkörpert. Noch im Untergang will sie die Würde des Glamours behaupten. Keiner anderen Schauspielerin würde man in einem solchen Moment Glauben schenken. Aber ihr Spiel erhebt sich über jede profane Realität und ist dem Klischee immer einen Schritt voraus. Zwar nimmt ihr Mentor Josef von Sternberg stets für sich in Anspruch, Marlene Dietrich erschaffen zu haben. Seine
Inszenierung umfängt sie mit mysteriös gewobenem Licht und stellt sie in eine Welt, die er nach seinen Fieberträumen von Exotik dekoriert hat. Sie pflichtet ihm sogar bei, wenn er das behauptet. Und dennoch scheinen ihre Filme einzig um ihre Aura herum konstruiert und bersten vor Dialogen, denen nur sie den definitiven Klang geben kann.
Erotische Eloquenz
Dass sie die Kontrolle über ihr Image nie vollends aus der Hand gibt, demonstrieren schon die Probeaufnahmen, die von Sternberg mit ihr für Der blaue Engel (1930), ihren ersten Tonfilm, dreht. Sie ist energisch und offensiv, ohne gefallen zu wollen. Mitunter hat man das Gefühl, die Kamera müsse hier eine Prüfung bestehen. Sie ist keine unerfahrene Debütantin, ist bereits in fast 20 Filmen aufgetreten, als sie für die Rolle vorspricht, mit der sie ihren Durchbruch erlebt. Sie verkörpert die Femme fatale Lola, der ein unbescholtener Gymnasiallehrer verfällt, als eine Komödiantin der Verführung. Sie ist unbarmherzig sprunghaft, folgt jeder erdenklichen Laune und kann diabolisch schmollen.
Ihre Sängerinnen mischen sich unter das Publikum, sie nehmen den gesamten Raum in Besitz. Dort sind sie in ihrem Element. Wenn sie beiläufig einem Gast oder einem Chorgirl über die Schulter streifen, liegt darin eine anzügliche Geselligkeit. Die flüchtige Nähe, die Dietrich flanierend zum Publikum herstellt, entspricht der Dramaturgie der Liebesgeschichten, die sie in von Sternbergs Filmen erlebt. Sie streift mit amüsierter Abgeklärtheit und stählernem Desinteresse an Sentimentalität durchs Leben. Bei von Sternberg dominiert sie masochistische Männer. Aber sie braucht ebenbürtige Gegenspieler. Der Mangel an ihnen ist eine Quelle der Melancholie, die nie versiegt.
Ein fernes Zentrum
Dietrichs Akzent muss im Verlauf ihrer Karriere nie vollends getilgt werden. In ihm liegt der Bodensatz einer Ursprünglichkeit, der zum Unterpfand ihrer Leinwandautorität wird. Sie brilliert als die Fremde, die anstössige, verruchte Frau. Von The Devil Is a Woman (1935) an, dem Abschluss und endgültigen Kristallisationspunkt ihrer Arbeit mit von Sternberg, ist sie der Planet, um den die anderen Figuren als Satelliten kreisen. Die Filme nähern sich ihr dabei oft auf Umwegen, bewegen sich in Rückblenden auf sie zu. In
Vergebliche Domestizierung Ihr und von Sternberg bleibt nur ein kurzes Zeitfenster, bevor 1934 der Production Code, die Selbstkontrolle der Filmbranche, in Kraft tritt und Hollywoodproduktionen sittenstrenger, konservativer werden. Dietrichs Amoral, so vergnüglich sie in Ernst Lubitschs Angel auch sein mag, lässt sie zum Kassengift werden. Nun muss sie ihr Image schleunigst amerikanisieren. In der Westernkomödie Destry Rides Again (1939) gelingt ihr das mit rustikalem Elan. Als Saloonsängerin und Gangsterbraut ist sie die heimliche Herrscherin der Stadt, stellt aber ihren bisherigen Rollentyp auf den Kopf. Die Hasenpfote im Strumpfband verrät eine gewisse Treuherzigkeit, und am Ende entdeckt sie, dass sie ein Herz aus Gold hat. Der vermeintlich unbedarfte James Stewart bietet ihr derweil wenig Angriffsfläche und zähmt sie nach allen Regeln des Slapstick. Als Findelmutter in The Lady Is Willing (1942) lässt sie sich drei Jahre später mit Verve auf die eminent amerikanischen Konventionen der Screwball Comedy ein und zieht dabei jedoch das Dialogtempo beträchtlich an. Die USA adoptieren sie auch abseits der Leinwand, als sie sich während des Zweiten Weltkriegs unermüdlich in der Truppenbetreuung engagiert. Sie reist durch das Land, um Kriegsanleihen zu verkaufen, und unterhält GIs in Fronttheatern an europäischen und nordafrikanischen Kriegsschauplätzen. Hier kommt eine andere Tugend ihrer Herkunftswelt zum Tragen: ihr preussisches Pflichtgefühl. Dieses zeigt sich bereits in ihrem Arbeitsethos der Unermüdlichkeit und der Geduld: Sie verzichtet in ihren Filmen auf ein Stand-in und fungiert als ihr eigenes Lichtdouble. Dem spielt nun die private Legende der loyalen Gefährtin zu, die sich fürsorglich um Freunde, Freundinnen und Geliebte kümmert; es wird später die heimliche Grundierung ihrer Rolle in Witness for the Prosecution (1957) werden. Das Mischungsverhältnis zwischen Illusion und Identität wird in ihrer ersten Zusammenarbeit mit Billy Wilder, A Foreign Affair (1948), neu austariert. Darin verkörpert sie eine Nachtclubsängerin, die im zerbombten Berlin auftritt und ins Fadenkreuz der amerikanischen Besatzungsmacht gerät, da sie einst Kontakte in hohe Nazikreise unterhielt. Eine Wochenschau zeigt, wie sie Hitler einen Witz erzählt. Die Lieder, die sie in den Ruinen singt, handeln von Überlebensstolz, freilich mit einem Sarkasmus, der zwölf Jahre lang aus Deutschland verbannt war. Sie stammen von ihrem alten Weggefährten Friedrich Holländer, den die Nazis ins Exil trieben. In diesem Spagat überspringt Dietrich die verheerenden Jahre nicht, die dazwischenlagen. Sie versöhnt das Publikum nicht mit ihnen. Für die Generation meiner Eltern war sie eine Verräterin. Sie erinnerte daran, dass es zuvor ein anderes Deutschland gegeben hatte. Von dem sang sie in ihrer zweiten Karriere, in der sie ihre One-Woman-Show um die ganze Welt führte. Auch diese bestritt sie mit preussischem Verantwortungsgefühl: Sie blieb unermüdlich jene Marlene, die sie dem Publikum schuldig war.
Gerhard Midding ist freier Filmjournalist und Blogger.
Essay von Gerhard Midding
MARLENE DIETRICH AN BORD DER SS EUROPA, MAI 1933
DIE FRAU, NACH DER MAN SICH SEHNT
KINO-KONZERT
Fr 4.10. 20:45
Live-Musik: André Desponds (Piano) Deutschland 1929, sw, DCP, Stummfilm mit d Zw'titeln, 80
REGIE Kurt Bernhardt DREHBUCH Ladislaus Vajda, nach dem Roman von Max Brod KAMERA Curt Courant, Hans Scheib MIT Marlene Dietrich, Fritz Kortner, Frida Richard, Uno Henning, Oskar Sima, Bruno Ziener, Karl Etlinger, Edith Edwards.
«In Marlene Dietrichs Karriere bildet das Jahr 1929 so etwas wie eine Zäsur: Es beginnt mit den Dreharbeiten zu Die Frau, nach der man sich sehnt, ihrem letzten Stummfilm und ihrer ersten Titelrolle, und endet mit den Proben zu Josef von Sternbergs Der blaue Engel, ihrem nationalen wie internationalen Durchbruch. In beiden Filmen spielt sie die klassische Femme fatale – eine Rolle, auf die Marlene Dietrich in den folgenden Jahren zunehmend festgelegt werden wird. In Bernhardts Stummfilmmelodram verkörpert sie Stascha, die mysteriöse titelgebende ‹Frau, nach der man sich sehnt›. Auf einer Zugreise in Begleitung des nicht weniger mysteriösen Dr. Karoff (Fritz Kortner) trifft sie auf den jungen, frisch verheirateten Henri, der ihr sofort verfällt. Auf die Bitte, sie vor Karoff zu beschützen, verlässt er seine Frau und reist Stascha und Karoff hinterher. Am Silvesterabend in Cannes spitzt sich die Situation zwischen den dreien zu.» (Milena Gregor, Kino Arsenal, Apr 2022) Aus dem Bestand der Friedrich-Wilhelm-MurnauStiftung (www.murnau-stiftung.de) in Wiesbaden.
DER BLAUE ENGEL
Do 3.10. 20:45 Sa 12.10. 15:00
Deutschland 1930, sw, DCP, D, 108 ' REGIE Josef von Sternberg DREHBUCH Carl Zuckmayer, Karl Vollmoeller, Robert Liebmann, Josef von Sternberg, nach dem Roman «Professor Unrat» von Heinrich Mann KAMERA Günther Rittau, Hans Schneeberger MUSIK Friedrich Hollaender SCHNITT Sam Winston MIT Emil Jannings, Marlene Dietrich, Kurt Gerron, Rosa Valetti, Hans Albers, Eduard von Winterstein, Reinhold Bernt, Karl Huszár-Puffy, Gerhard Bienert, Wilhelm Diegelmann, Rolf Müller, Roland Varno, Carl Balhaus, Friedrich Hollaender, Wolfgang Staudte.
Mit keuscher Entrüstung erfährt ein Gymnasialprofessor, dass sich einige seiner Schüler für eine Varietésängerin begeistern. Um der Sache auf den Grund zu gehen, sucht er sie in einem schlüpfrigen Nachtlokal auf. Doch ehe er sichs versieht (oder weil er zu sehr hinschaut), erliegt er selbst der Macht ihrer Reize. Dadurch nehmen nicht nur seine Prinzipien, sondern bald auch seine Karriere Schaden. (tb)
«Es gibt Filme, die sich so tief in unserem kollektiven (und privaten!) Bewusstsein eingenistet haben, dass man sie auswendig zu kennen glaubt – und doch immer wieder anschauen will. Kinomythen eben. Der blaue Engel ist so einer: Die Dietrich mit Zylinderhut als Varieté-Diseuse Lola Lola mit cooler Stimme und endlosen Beinen ist zur Ikone lasziver Sünde mit Domina-Touch für bourgeoise Ängste geworden. Und der unmöglich verliebte Pauker Professor Unrat aus der Feder von Heinrich Mann zum Inbegriff des Hahnreis, so wie ihn Emil Jannings mit dem Mut zur Selbstentblössung verkörpert hat.» (Martin Walder, NZZ, Dez 2008)
Aus dem Bestand der Friedrich-Wilhelm-MurnauStiftung (www.murnau-stiftung.de) in Wiesbaden.
MOROCCO
Mi 2.10. 15:00 Fr 11.10. 18:30 Di 5.11. 20:15
USA 1930, sw, DCP, E/d*, 92 '
REGIE Josef von Sternberg DREHBUCH Jules Furthman, nach dem Theaterstück «Amy Jolly» von Benno Vigny KAMERA Lee Garmes, Lucien Ballard MUSIK Leo Robin, Karl Hajos SCHNITT Sam Winston
MIT Marlene Dietrich, Gary Cooper, Adolphe Menjou, Ullrich Haupt, Eve Southern, Francis McDonald, Paul Porcasi, Juliette Compton, Emile Chautard.
«Mit dieser romantischen Träumerei gab Marlene Dietrich ihr triumphales Debüt in den USA und enthüllte die fesselnde, unbekümmerte Persönlichkeit, die ihre Zusammenarbeit mit dem Regisseur Josef von Sternberg in Hollywood bestimmen sollte. Morocco spielt am anderen Ende der Welt, wurde aber ausserhalb von Los Angeles gedreht. Die Kabarettsängerin Amy Jolly (Marlene Dietrich) flieht aus ihrem früheren Leben und zieht mit ihrer Show an die Küste Nordafrikas, wo sie den Annäherungsversuchen eines wohlhabenden Mannes von Welt nachgibt, während sie sich zunehmend zu einem strammen Legionär (Gary Cooper) hingezogen fühlt, der selbst eine dunkle Vergangenheit hat.» (The Criterion Collection)
«Vermutlich von Sternbergs definitives Stück Hollywoodkino. Wechselball von ‹thrill› und ‹fun›, ‹splendor› und ‹suspense›. Ein Lustspiel in der unmittelbarsten und ein erotischer Abenteuerfilm in der doppelten Bedeutung des Worts. Zum einen ein Pas de deux von Blicken, Sätzen und Gesten, die Marlene Dietrich und Gary Cooper einander in wollüstig knisternder Lässigkeit zuwerfen. Zum anderen ein Streifen, der Erotik und Glamour nicht bloss zum Thema erkürt, sondern hinreissend suggestiv in Film verwandelt. Jede Einstellung eine Verführung, jedes Bild eine Evokation. Gleissen von Licht und Seide, spielende Schatten, irisierender Schimmer auf der Geografie der Gesichter.» (Harry Tomicek, Österreich. Filmmuseum, Feb/Mrz 2017)
DISHONORED
So 13.10. 15:00 So 27.10. 20:45
USA 1931, sw, 35 mm, E/d*, 91 REGIE Josef von Sternberg DREHBUCH Daniel N. Rubin, Josef von Sternberg KAMERA Lee Garmes MUSIK Karl Hajos, Herman Hand SCHNITT Josef von Sternberg MIT Marlene Dietrich, Victor McLaglen, Gustav von Seyffertitz, Warner Oland, Lew Cody, Barry Norton. «Marlene Dietrich entwickelt in Josef von Sternbergs atmosphärischem Spionagethriller ihre Starpersona als Witwe weiter, die im Ersten Weltkrieg als Spionin für Österreich angeworben wird. Unter dem Decknamen X-27 setzt Dietrichs gerissene Heldin ihr Talent für Verführung und Doppelzüngigkeit –ebenso wie ihr musikalisches Talent – für die patriotische Sache ein, bis sie in dem russischen Schurken (Victor McLaglen) einen würdigen Gegner findet, der sie in ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel verwickelt. Von Sternberg inszeniert seine Heimatstadt Wien mit gewohnter Extravaganz neu und erzählt diese Spionagegeschichte als fesselnde Maskerade, in der niemand der ist, der er zu sein scheint, und der Tod nur einen falschen Ton entfernt ist.» (The Criterion Collection)
«Es ist möglich, sich diesen Film anzusehen und nichts als Camp darin zu sehen, aber wenn man ihm ein bisschen Respekt entgegenbringt, wird man ein bemerkenswertes ästhetisches Objekt entdecken, eine wahre Fingerübung in der Inszenierung von überwältigender, eisiger Schönheit.» (Dave Kehr, Chicago Reader, 1983)
BLONDE VENUS
Sa 5.10. 18:15
So 3.11. 15:00
Sa 19.10. 21:00
USA 1932, sw, DCP, E/d*, 93 REGIE Josef von Sternberg DREHBUCH S. K. Lauren, Jules Furthman (ungenannt), nach einer Story von Josef von Sternberg (ungenannt) KAMERA Bert Glennon MUSIK W. Franke Harling (ungenannt), John Leipold (ungenannt), Paul Marquardt (ungenannt), Oscar Potoker (ungenannt) SCHNITT Josef von Sternberg MIT Cary Grant, Marlene Dietrich, Herbert Marshall, Dickie Moore, Francis Sayles, Gene Morgan, Robert Emmett O’Connor, Rita La Roy, Sidney Toler, Morgan Wallace.
«In Blonde Venus , einem der handlungsreicheren Filme der Dietrich, spielt sie die Hausfrau Helen, die zu ihrem früheren ShowgirlDasein zurückkehren muss, um für die medizinische Behandlung ihres schwer kranken Mannes (Herbert Marshall) zahlen zu können. Ein reicher, gut aussehender Wohltäter (Cary Grant) gibt ihr Geld, und sie entwickeln Gefühle füreinander. Als ihr Mann die Affäre entdeckt, droht er damit, sie zu verlassen und den kleinen Sohn mitzunehmen. Doch Helen kommt ihm zuvor und macht sich mit dem Jungen aus dem Staub.» (Chloe Walker, British Film Institute)
«Nach dem Triumph von Shanghai Express bei Kritik und Publikum reichte Josef von Sternberg ein Originaldrehbuch für Dietrichs nächsten Film ein, doch die Paramount-Bosse hielten es für unmoralisch und verlangten weitreichende Änderungen. Als von Sternberg sich weigerte, wurde er suspendiert und das Projekt an Richard Wallace übergeben, doch Dietrich wollte nicht mit ihm zusammenarbeiten. Von Sternberg wurde unter der Bedingung wieder eingestellt, das Drehbuch zu entschärfen.» (David Parkinson, Empire, Mrz 2006)
MARLENE DIETRICH HOME MOVIES (1932 – 1942)
Di 5.11. 18:30
Vortrag von Kristina Jaspers und Silke Ronneburg (Deutsche Kinemathek), 70' Im überaus umfangreichen Nachlass von Marlene Dietrich, der in der Deutschen Kinemathek in Berlin aufbewahrt wird, befindet sich ein ganz besonderer Schatz. Ab 1931 drehte Dietrich mit ihrer eigenen 16-mm-Cine-Kodak-Kamera Home Movies. In diesen kurzen Aufnahmen sehen wir sie auf Reisen und Ausflügen, die sie zusammen mit ihrer Tochter, ihrem Ehemann und verschiedenen Liebhabern (Douglas Fairbanks Jr, Jean Gabin) sowie befreundeten Künstler:innen (darunter Josef von Sternberg, Erich Maria Remarque, Dolores Del Río) unternimmt. Aber auch während der Dreharbeiten hielt sie besondere Momente fest, so etwa bei Destry Rides Again eine wilde Saloon- Szene. Kristina Jaspers und Silke Ronneburg (Deutsche Kinemathek) werden diese einzigartigen Filmaufnahmen im Filmpodium vorstellen und ausführlich kommentieren. Ein Ausflug ins Hollywood der 1930er-Jahre, mit einer wohldosierten Portion Klatsch.
Für die Unterstützung danken wir:
MOROCCO
SHANGHAI EXPRESS
Di 1.10. 20:45 Fr 25.10. 18:15
Di 12.11. 20:45
USA 1932, sw, DCP, E/d*, 82
REGIE Josef von Sternberg DREHBUCH Jules Furthman, nach einer Erzählung von Harry Hervey KAMERA Lee Garmes MUSIK W. Franke Harling MIT Marlene Dietrich, Clive Brook, Anna May Wong, Warner Oland, Eugene Pallette, Lawrence Grant, Louise Closser Hale, Gustav von Seyffertitz, Emile Chautard.
In diesem fast gänzlich in einem chinesischen Schnellzug, der brav im Paramount-Studio in Hollywood stand, gedrehten Film gerät ein klug aufgestelltes Figurenkabinett in sentimentale Schwingungen und die politischen Wirren des Chinesischen Bürgerkriegs. Bestechend ist die Leistung des Kameramanns Lee Garves, der dafür einen Oscar bekam. «Die Regisseure taten sich immer wieder schwer, die Dietrich mit männlichen Hauptdarstellern zu paaren, die neben ihrer schillernden Ausstrahlung nicht einfach verblassen würden – Clive Brook, ihr Kostar in Shanghai Express , ist ein Paradebeispiel für dieses Welken (...). Dieser Mangel wird jedoch durch die Chemie zwischen ihr und dem zweiten Kostar mehr als wettgemacht: der berühmten chinesisch-amerikanischen Schauspielerin Anna May Wong. Die beiden spielen Kurtisanen, welche die Passagiere eines Zuges nach Shanghai aus einer Geiselnahme retten, und sie tun das auf eine betörende und unvergessliche Weise.» (Chloe Walker, British Film Institute)
THE DEVIL IS A WOMAN
Do 10.10. 18:15 Mi 13.11. 18:30 USA 1935, sw, 35 mm, E/d*, 79 ' REGIE Josef von Sternberg DREHBUCH John Dos Passos, S.K. Winston, nach einem Roman von Pierre Louys KAMERA Lucien Ballard, Josef von Sternberg MUSIK Nikolai Rimski-Korsakow, Ralph Rainger, Adrea Setaro SCHNITT Sam Winston MIT Marlene Dietrich, Lionel Atwill, Cesar Romero, Edward Everett Horton, Alison Skipworth, Don Alvarado.
Die letzte Zusammenarbeit zwischen Dietrich und von Sternberg: Im Spanien der Jahrhundertwende tobt der Karneval, es wird gefeiert, getrunken und getanzt. Mittendrin Concha Pérez (Dietrich), eine berüchtigte Verführerin, die einst einen Offizier ins Unglück stürzte. Dieser warnt nun einen jungen Kollegen vor Concha – doch natürlich verfällt auch dieser ihr. (hb) «Mehr als 40 Jahre vor Buñuels Cet obscur objet du désir (1977) inszenierte von Sternberg nach gleicher Vorlage ein exzentrisches und überbordendes Melodram, das er noch einmal ganz auf Marlene Dietrich zuschnitt. Die letzte Zusammenarbeit fand weder bei Kritik noch Publikum allzu viel Anklang und wurde erst später als grandios artifizielles, barockes Spiel mit dem schönen Schein, mit Abgründen und Rollenbildern gewürdigt.»
(Siegrid Püschel, weltexpresso.de, Sep 2017)
ANGEL
Mo 7.10. 20:45 Mo 14.10. 20:45
Fr 18.10. 15:00
USA 1937, sw, DCP, E/d*, 91
REGIE Ernst Lubitsch DREHBUCH Samson Raphaelson, Guy Bolton, Russell Medcraft, nach einem Bühnenstück von Melchior Lengyel KAMERA Charles B. Lang MUSIK Friedrich Hollaender SCHNITT William Shea MIT Marlene Dietrich, Herbert Marshall, Melvyn Douglas, Edward Everett Horton, Douglas Ernest Cossart, Laura Hope Crews, Herbert Mundin, Dennie Moore, Ivan Lebedeff, Lionel Pape.
«In Angel spielt Marlene Dietrich eine aristokratische Ehefrau, die einst ein Callgirl der Oberschicht war, sich auf eine aussereheliche Affäre einlässt und doch beim besten Willen nicht als schlechte Frau angesehen werden kann. ‹Ohne je das Wort zu benutzen oder Prostitution direkt offenzulegen›, schreibt Gerald Mast, ‹entwickelt Lubitsch einen Film über einen Mann, der bereit ist zuzugeben, dass eine Hure ein Engel sein kann, und einen zweiten, der damit umgehen muss, dass seine scheinbar engelshafte Frau eine ehemalige Hure ist.›
Allein diese Prämisse reichte, damit der Film im puritanischen New-Deal-Amerika der dreissiger Jahre beim Publikum wie bei der Kritik zu einem Misserfolg wurde. Mehr als jeder andere ihrer Filme trug Angel dazu bei, Dietrich 1938 auf die Liste der Stars zu setzen, die als Kassengift bezeichnet wurden. (...) Wie jeder Film, der unter den Zensurvorgaben des Production Code gedreht wurde, wagt Angel die vorgefertigten Konventionen von Laster und Tugend, Gut und Böse, Hell und Dunkel zu hinterfragen, auf denen die MainstreamUnterhaltung in Hollywood traditionell beruhte.» (David Melville, Senses of Cinema, Mrz 2020)
DESTRY RIDES AGAIN
Mi 9.10. 15:00 Mi 16.10. 20:45 Mi 6.11. 20:15
RE:VISION 18:30 (S. 9)
USA 1939, sw, 35 mm, E/d*, 95
REGIE George Marshall DREHBUCH Felix Jackson, Henry Myers, Gertrude Purcell, nach dem gleichnamigen Roman von Max Brand KAMERA Hal Mohr MUSIK Frank Skinner, Friedrich Hollaender, Frank Loesser
SCHNITT Milton Carruth MIT Marlene Dietrich, James Stewart, Charles Winninger, Mischa Auer, Brian Donlevy, Allen Jenkins, Warren Hymer, Irene Hervey, Una Merkel, Tom Fadden, Samuel S. Hinds, Lillian Yarbo. Der neue Deputy-Sheriff Tom Destry (James Stewart) soll in einem rauen Frontierstädtchen endlich hart durchgreifen. Die Erwartungen, die er erfüllen soll, werden zunächst jedoch herb enttäuscht: Er trinkt im Saloon Milch statt Whiskey, ist charmant zu den Damen und greift lieber zum schnellen Mundwerk als zur Waffe. Dann verliebt sich auch noch die schöne Barsängerin und heimliche Herrscherin des Städtchens, Frenchy (Marlene Dietrich), in ihn. Und bald merken auch seine Kritiker, was in ihm schlummert. (tb) «Ein James-Stewart-Film muss zwei wesentliche Zutaten haben: Er muss sauber sein und den Triumph des Underdogs über den Tyrannen beinhalten», meinte der Schauspieler zu seinen Rollen. «Der auf dem Roman von Max Brand basierende Film Destry Rides Again erfüllt beide Kriterien. Er unterwandert aber auch Stewarts Image, denn seine sinnbildliche Integrität wird ausgenutzt, um die Karriere von Marlene Dietrich wieder anzukurbeln, die nach dem Misserfolg von Angel im Jahr 1937 als ‹Kassengift› gebrandmarkt wurde. Nachdem sie nach einem gescheiterten Projekt mit Julien Duvivier aus Europa zurückgekehrt war, war sie bei Universal tatsächlich nur zweite Wahl, um Paulette Goddard zu ersetzen. Die Dietrich hätte Stewarts Ruf aber noch mehr geschädigt, wenn sie ihn erfolgreich verführt hätte, was sie während der Produktion ständig versucht hatte.»
(David Parkinson, Empire, Mrz 2006)
Mo 28.10. 18:15 So 3.11. 20:45
USA 1942, sw, 16 mm, E/sp, 92
REGIE Mitchell Leisen DREHBUCH James Edward Grant, Albert McCleery, nach einer Erzählung von James Edward Grant KAMERA Ted Tetzlaff MUSIK W. Franke Harling SCHNITT Eda Warren MIT Marlene Dietrich, Fred MacMurray, Aline MacMahon, Stanley Ridges, Arline Judge, Roger Clark, Marietta Canty, David James, Ruth Ford, Harvey Stephens, Harry Shannon.
Die mit dem üblichen Dietrich-Glamour ausgestattete Broadway-Schauspielerin Elizabeth Madden stösst auf der Strasse auf ein Findelkind und entschliesst sich, es zu adoptieren. Da sie aber ledig ist, muss dafür erst mal ein Mann her. Dafür geht sie eine Zweckehe mit einem Kinderarzt ein, dem sie im Gegenzug verspricht, ihn bei seinen Forschungsplänen zu unterstützen. Dass sich aus der nüchternen Verbindung bald mehr entwickelt, ist voraussehbar und nicht das einzige Problem, das auf das Paar zukommt. (tb) Nicht mehr Femme fatale, sondern fürsorgliche Mutter – nicht alle Kritiker waren von diesem Imagewechsel begeistert: «Der Anblick der schlanken Marlene Dietrich, die auf ihren entblössten Knien ein Baby schaukelt und vor mütterlicher Zuneigung nur so strotzt, mag als komische Ungereimtheit erscheinen. Wie kommen kluge Köpfe auf die Idee, dass Glamour-Ladys zuweilen vor Mutterliebe strotzen müssen? (…) Frau Dietrich hat sich als eminent unmütterliche Femme fatale bestens geschlagen. Warum sollte sie wegen eines Babys, das sie auf der Eight Avenue findet, plötzlich dahinschmelzen?»
(Bosley Crowther, The New York Times, Apr 1942)
A FOREIGN AFFAIR
So 13.10. 18:15 Fr 8.11. 15:00 USA 1948, sw, 35 mm, E/d*, 116 REGIE Billy Wilder DREHBUCH Charles Brackett, Billy Wilder, Richard L. Breen, Robert Harari, nach einer Vorlage von David Shaw KAMERA Charles Lang jr. MUSIK Friedrich Hollaender SCHNITT Doane Harrison MIT Marlene Dietrich, Jean Arthur, John Lund, Millard Mitchell, Peter von Zerneck, Bill Murphy, Stanley Prager, Charles Meredith.
Die puritanische amerikanische Kongressabgeordnete Phoebe Frost (Jean Arthur) soll im zerstörten Berlin der Nachkriegszeit die Moral amerikanischer Besatzungstruppen überprüfen und kommt einer deutschen Barsängerin (Marlene Dietrich) auf die Spur, die einst in höchsten Nazizirkeln verkehrte und nun – gegen gute Schwarzmarktware – für die ausserdienstlichen Vergnügungen eines US-Offiziers sorgt. (Filmpodium, Dez 2001)
«Dieser dialoglastige, intelligente, zynische Film schreckt auch heute noch auf mit trockenen Witzen über Gaskammern und gehirngewaschene Jugendliche, die immer noch überall Hakenkreuze reinritzen. Sätze wie dieser – von einer ehemaligen Nazianhängerin ihrem amerikanischen Beschützer gegenüber geäussert – lassen einen zusammenzucken: ‹Jetzt habe ich einen neuen Führer: dich. Heil, Johnny.› Man stelle sich vor, wie das damals, nur wenige Jahre nach dem Krieg, auf das Publikum gewirkt haben muss! Ich würde gerne einen modernen Regisseur mit Wilders Mut sehen, der die Herausforderung annimmt, zu zeigen, wie die damalige Besatzungsarmee mit einem Land voller ‹offener Gräber und geschlossener Herzen› umging.» (Andrea Mullaney, eyeforfilm.co.uk, Nov 2006)
SHANGHAI EXPRESS
THE LADY IS WILLING
ANGEL
STAGE
Di 8.10. 20:45 Mo 21.10. 18:00
So 27.10. 15:00
USA 1950, sw, DCP, E/d*, 110
REGIE Alfred Hitchcock DREHBUCH Whitfield Cook, James Bridie, nach einem Roman von Selwyn Jepson
KAMERA Wilkie Cooper MUSIK Leighton Lucas
SCHNITT E. B. Jarvis MIT Jane Wyman, Marlene Dietrich, Michael Wilding, Richard Todd, Alastair Sim, Alfred Hitchcock.
«Der Schauspielschüler Jonathan (Richard Todd) gerät in Verdacht, den Ehemann des Revuestars Charlotte (Marlene Dietrich) aus Eifersucht ermordet zu haben. Jonathans Verlobte und Kollegin Eve (Jane Wyman) versucht auf eigene Faust, Charlotte als Täterin zu überführen, und bringt dabei die überraschende Wahrheit ans Licht.» (Filmpodium, Nov/ Dez 2001)
«Stage Fright ist im Theatermilieu angesiedelt, der Welt der Tricks und Illusionen. (…) Um die Polarität zwischen Leben und Kunst geht es in dem Film. Keiner, der in diesem Werk nicht zwei Rollen spielt. Schon wenn zu Beginn des Films ein Bühnenvorhang hochgeht, verweist Hitchcock auf den Spielcharakter der vermeintlichen Realität. Zum Spiel tritt der Spiegel. (…) In Stage Fright wird er zum Bild. Kaum eine Szene, in der wir Marlene Dietrich nicht in einem oder durch einen Spiegel sehen.» (Bodo Fründt: Alfred Hitchcock und seine Filme, 1986)
RANCHO NOTORIOUS
Fr 4.10. 15:00 Sa 12.10. 20:45
Mi 6.11. 15:00
USA 1952, 35 mm, E/d/f, 89 REGIE Fritz Lang DREHBUCH Daniel Taradash, nach einer Erzählung von Silvia Richards KAMERA Hal Mohr MUSIK Emil Newman SCHNITT Otto Ludwig MIT Marlene Dietrich, Arthur Kennedy, Mel Ferrer, Gloria Henry, William Frawley, Lloyd Gough, Lisa Ferraday, John Raven, Jack Elam, George Reeves, Frank Ferguson, Francis McDonald.
Die Suche nach dem Mörder seiner Braut führt einen Cowboy (Arthur Kennedy) zu einer einsamen Ranch, wo Banditen bei einer Saloonbesitzerin (Marlene Dietrich) mit Vergangenheit als Sängerin Unterschlupf gefunden haben. Im Umgang mit den Banditen gleicht sich der Rächer diesen nach und nach an. Mit der Rolle der abgebrühten Saloonbesitzerin knüpft Marlene Dietrich in diesem ungewöhnlichen Western nochmals an ihre grossen Rollen als Königin der Nachtclubs und der Halbwelt an. Tony Rayns schreibt über den Film: «Die schicksalhafte Moral, die konsequente Vermeidung von jeglichem Naturalismus und das Einweben einer Ballade in den Plot machen aus diesem Film ein genuin Lang’sches Werk. Käme noch eine politische Haltung hinzu, könnte man es glatt brechtisch nennen.» (Time Out Film Guide)
WITNESS FOR THE PROSECUTION
So 20.10. 20:45 Do 14.11. 20:45
USA 1957, sw, 35 mm, E/d*, 116 '
REGIE Billy Wilder DREHBUCH Billy Wilder, Harry Kurnitz, nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Agatha Christie KAMERA Russell Harlan MUSIK Matty Malneck SCHNITT Daniel Mandell MIT Tyrone Power, Marlene Dietrich, Charles Laughton, Elsa Lanchester, John Williams.
«Leonard Vole (Tyrone Power) steht vor Gericht, weil er die reiche Mrs. French (Norma Varden) ermordet haben soll. Der Staranwalt Sir Wilfrid Robarts (Charles Laughton) übernimmt dessen scheinbar aussichtslose Verteidigung. Der Prozess läuft bereits nicht in seinem Sinne, als die Anklage auch noch eine vermeintliche Entlastungszeugin als eigene Kronzeugin ins Spiel bringt: Voles Ehefrau Christine (Marlene Dietrich), die jedoch aus eigennützigen Motiven handelt. Wilder spielt in seiner Verfilmung des Bühnenerfolgs von Agatha Christie wie üblich mit Schein und Sein und hintergründigen Mann-Frau-Beziehungen. Die brillanten schauspielerischen Darbietungen vor allem der ‹monstres sacrés› Charles Laughton und Marlene Dietrich und die kühl-präzise Inszenierung erhalten in diesem klassischen ‹courtroom drama› die Spannung buchstäblich bis zum letzten Augenblick aufrecht.» (Michel Bodmer, Filmpodium, Jul/Aug/Sep 2019)
Preserved by the UCLA Film & Television Archive with funding provided by The Film Foundation.
TOUCH OF EVIL
Di 15.10. 20:45 Di 22.10. 20:45 Mi 30.10. 15:00
USA 1958, sw, 35 mm, E/d/f, 111 (rekonstruierte Fassung)
REGIE und DREHBUCH Orson Welles, nach dem Roman «Badge of Evil» von Whit Masterson KAMERA Russell Metty MUSIK Henry Mancini SCHNITT Virgil W. Vogel, Aaron Stell, Edward Curtiss, Walter Murch MIT Charlton Heston, Orson Welles, Janet Leigh, Joseph Calleia, Akim Tamiroff, Joanna Moore, Marlene Dietrich, Ray Collins, Zsa Zsa Gabor, Dennis Weaver.
Der Drogenfahnder Vargas (Charlton Heston) küsst grade seine Frau, als ein Auto in nächster Nähe durch eine Bombe hochgeht. So explosiv, gleich nach einer der legendärsten Plansequenzen der Filmgeschichte, beginnt der Film, der im US-amerikanisch-mexikanischen Grenzraum spielt und in dem Vargas versucht, den korrupten Polizisten Hank Quinlan (Orson Welles) zu überführen. Gewalt kennt in diesem Film noir weder geografische Grenzen noch Unterschiede zwischen Polizei und Verbrechertum. Die Dietrich als Wahrsagerin und ehemalige Geliebte Quinlans haucht dem Werk Mystik und Wehmut ein. (tb) Um François Truffauts Meinung zu Touch of Evil zu paraphrasieren: «Orson Welles hat mit dem korpulenten Hank Quinlan eine Figur geschaffen, die so hemmungslos widerwärtig ist, dass wir uns schliesslich in sie verlieben. Und mit Mike Vargas eine, die so geradlinig ist, dass es wehtut, und die wir am Ende hassen. (...) Selbst für die späten fünfziger Jahre, als Leute wie Samuel Fuller und Nicolas Ray äusserst schräge Filme oder zumindest bizarre Varianten normaler Filme drehten, bringt Touch of Evil das Ganze nochmals auf eine neue, barocke Ebene.» (David Jenkins, Little White Lies, 2015)
Vortragsreihe mit Thomas Binotto
Genau hinschauen, erneut hinschauen, anders hinschauen eröffnet unerwartete Perspektiven. In Kooperation mit der Volkshochschule und dem Publizisten Thomas Binotto lädt das Filmpodium zur fünften Staffel der Vorlesungsserie «Re:vision».
RE:VISION 5/01
Mi 6.11. 18:30
Online sind Tickets zu Film und Vorlesung separat erhältlich; vergünstigte Kombitickets gibt es nur an der Kinokasse.
Die bereits 5. Staffel von «Re:vision» startet mit dem ewig frischen Klassiker Destry Rides Again . Dieser Western schuf 1939 etwas Einzigartiges, weil er für das Genre prägend wurde und es gleichzeitig bereits parodierte. Schon die Wahl von Marlene Dietrich und James Stewart für die Hauptrollen ist waghalsig. Für beide war es der erste Western ihrer Karriere und keine KI der Welt hätte sie als Paar gecastet. Dietrich und Stewart sind im «Wilden Westen» fehl am Platz und gleichzeitig für das Genre aber doch wie geschaffen. Thomas Binotto entdeckt einmal mehr einen Klassiker beim genauen Hinschauen neu und würdigt damit das Westernjahr 1939, in dem das Genre mit Stagecoach , Jesse James und Destry Rides Again erwachsen wurde.
Eine Kooperation von Filmpodium und Volkshochschule Zürich.
DESTRY RIDES AGAIN
Mi 9.10. 15:00 Mi 16.10. 20:45 Mi 6.11. 20:15
George Marshall, USA 1939, sw, 35 mm, E/d*, 95
Der neue Deputy Scheriff Tom Destry (James Stewart) soll endlich in einem rauen Frontierstädtchen hart durchgreifen. Die in ihn gesteckten Erwartungen werden zunächst jedoch herbe enttäuscht: Er trinkt im Saloon Milch statt Whiskey, ist charmant zu den Damen und greift lieber zum schnellen Mundwerk als zur Waffe. Dann verliebt sich auch noch die schöne Barsängerin und heimliche Herrscherin des Städtchens Frenchy (Marlene Dietrich) in ihn. Bald merken aber auch seine Kritiker, was in ihm schlummert. (tb)
PEDRO COSTA CAVALO DINHEIRO
LEUCHTENDE SCHATTEN
Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben, ausgeschlossen und unsichtbar, stehen im Mittelpunkt der Filme von Pedro Costa. Sie kämpfen mit den Ungerechtigkeiten des Alltags, wehren sich gegen Armut und trauern Verschollenen nach. Die Filme, die Pedro Costa zusammen mit ihnen erschaffen hat, gehören zum Aussergewöhnlichsten, was man im internationalen Kino sehen kann. Wie kaum einem anderen Regisseur gelang es Costa, mit seinen digitalen Kameras überaus eindringliche Bildwelten, ja genuine filmische Gemälde zu erschaffen, die dem Leben seiner Protagonist:innen mit grosser Würde begegnen. Seit 1989 dreht Pedro Costa Langfilme – wir präsentieren alle in unserer Retrospektive. Ganz besonders freuen wir uns, Pedro Costa am 18. und am 19. Oktober im Filmpodium begrüssen zu dürfen. In einem ausführlichen Werkstattgespräch wird er einen Einblick in seine Arbeit geben und erläutern, wie er Ende der 1990er-Jahre seine Auffassung vom Filmemachen komplett überdachte.
Patrick Holzapfel Pedro Costa, 65 Jahre, geboren in Lissabon, Beruf: Filmemacher. Einmal hat er gesagt, seine Filme seien wie Häuser. Es gebe ein Fundament, Wände, Zimmer, Flure, ein Bett, Fenster, Verstecke, ein Dach. Es stecke viel Arbeit in der Errichtung eines solchen Hauses. Neun Langfilme und einige Kurzfilme hat er seit seinem Debüt O Sangue (1989) realisiert, einem somnambulen, betörenden Film über perspektivlose Jugendliche. Seine ersten drei abendfüllenden Arbeiten entsprechen den gängigen Vorstellungen europäischen Autorenkinos auf höchstem Niveau, darunter auch der auf den Kapverdischen Inseln, einer Hunderte Kilometer vom afrikanischen Festland entfernt liegenden vulkanischen Inselgruppe im Atlantik, angesiedelte Casa de Lava (1994). In diesen frühen Filmen Costas offenbart sich eine filmische Sprache, die nach den feinsten Regungen sucht, danach, was den
Menschen zum Menschen macht. Hier sind die Schweigenden die Schönsten, die Outlaws am sensibelsten.
Auf den Kapverden setzte sich dann etwas in Bewegung für den ehemaligen Studenten von António Reis, einem wichtigen portugiesischen Lyriker und Filmemacher. Er lernt eine Welt kennen, die nicht zuletzt von der Kolonialgeschichte seines Landes geprägt war. Zurück in Portugal überdenkt Costa sein filmisches Schaffen grundlegend. Nicht nur wird er sich fortan mit wenigen Ausnahmen der kapverdischen Diaspora in Portugal widmen, sondern auch die Produktionsbedingungen seiner Filme ändern. Es geht nicht nur darum, ein Haus zu errichten, es geht darum, wie man es errichtet. Seinen dritten Film Ossos (1997) realisiert Costa noch unter den herkömmlichen Bedingungen des portugiesischen Kinos. Er schreibt ein Drehbuch, verantwortet ein grosses Team und erzählt zum ersten Mal mit Laiendarsteller:innen vom schwierigen Leben der Migrant:innen und Ausgestossenen im Armenviertel und von einer Frau, die von ihrer Rolle als Mutter überfordert wird. Eine bemerkenswerte Arbeit im Halbdunkel des armen Lissabons. Nach dem Dreh stellt Costa, wie er selbst sagt, eine Weiche um. Er befreit sich aus den Zwängen des industriellen Kinos, weil er erkennt, dass die filmische Beziehung zur Wirklichkeit vom herrschenden Geld und dem technischen Apparat behindert wird.
Neuerfindung des filmischen Porträts
Heute lassen sich die Häuser von Pedro Costa nicht betreten, ohne drei Menschen an der Tür zu begegnen: Vanda, Ventura und Vitalina. Sie einen ihre kapverdische Herkunft, ihr schwieriges Leben in Lissabon und ihre Nähe zu Costas Kamera. Was bedeutet das? Costa, der beginnend mit No Quarto da Vanda (2000) nur noch mit sehr kleinen Teams in langen, mit dem Leben verschränkten Drehphasen filmt, macht ein Menschenkino. Ausgerüstet mit einer Panasonic DVX 100, einem digitalen Camcorder, verbringt er Monate mit seiner titelgebenden und drogenabhängigen Hauptfigur in engsten Räumen. Er schafft eine Intimität, die das filmische Porträt neu erfindet. Nicht mehr der Blick auf eine fremde Welt ist entscheidend, sondern die Begegnung und Zusammenarbeit mit Menschen. Mehr noch, diese Filme sind auch für die Menschen und mit den Menschen, die er filmt. Er verleiht den Ungehörten eine Stimme. In Vitalina Varela (2019) begegnet man einer der vielen Frauen, die in ihrer kapverdischen Heimat zurückblieben, während die Männer in Portugal arbeiteten. Als sie endlich nachkommt, ist es zu spät. Ihr Mann ist verstorben, sie bleibt trotzdem in Portugal. Vitalinas Präsenz erinnert an die ikonische Kraft des vergangenen Kinos. Vanda, Ventura und Vitalina, allesamt Laiendarsteller:innen, die Costa im Rahmen seiner Aufenthalte in den Lissabonner Vierteln Fontainhas (inzwischen abgerissen und von der Landkarte verschwunden), 6 de Maio oder Cova da Moura kennenlernt und filmt, spielen ihr eigenes Leben (manchmal ein bisschen mehr als das) und tauchen wiederholt in unterschiedlichen Rollen in den Filmen auf. Sie flüstern, husten, zittern, weinen. Ihre Körper erzählen das, was professionelle Schauspieler:innen nie zeigen könnten.
Liebesbriefe
Das seinen Filmen Gemeinsame ist der Kampf ums Überleben. Damit sind nicht, wie sonst oft im Kino, sinkende Schiffe oder Schiessereien gemeint. Vielmehr zeigt Costa in klaustrophobischen Räumen und engen Gassen, was es braucht und was es kostet, weiterzuatmen. «Überleben, das heisst einen Liebesbrief zu wiederholen», wie João Bernard da Costa, der ehemalige Leiter der Cinemateca Portuguesa und eine wichtige Bezugsperson für Costa, einmal zu einer unvergesslichen Szene in Juventude em Marcha (2006), einer beinahe mythologischen, dennoch bedingungslos konkreten Auseinandersetzung mit Venturas Migrationsgeschichte, formulierte. Darin wie-
derholt der Protagonist gleich einem Mantra einen Liebesbrief an jemand Zurückgelassenen, an eine der vielen Nicht-Anwesenden, die die Filme Costas heimsuchen. Der Brief wird in ein scheinbares Nichts gesprochen, gegen die lichtschluckenden Mauern der vom Zerfall bedrohten Häuser, und doch erschallt er ganz klar als Ausdruck einer menschlichen Sehnsucht, die danach verlangt, gehört und berührt zu werden. Die Kamera ist präsent, wenn das ausgedrückt wird, was man in gewöhnlichen Worten nicht sagen kann: Gesten, Blicke, Gedichte und Musik. Es passt, dass Costa sich jüngst mit As Filhas do Fogo (2023), einer Art Vorstudie zu einem kommenden Langfilm, dem Musical zuwandte.
Zeit als Luxus
Seine Filme besitzen eine Temperatur, die aus dem Licht, den Farben, den Tönen entsteht. Das ist nicht Effekten oder Filtern zu verdanken, sondern einer Genauigkeit in der Betrachtung der Welt. Costa begreift seinen Vorbildern Danièle Huillet und Jean-Marie Straub folgend Zeit als Luxus, den es gegen die gehastete Welt zu behaupten gilt. Er hastet nicht, mit seinen Filmen lernt man, dass genaues Hinsehen mit Zärtlichkeit einhergeht. Mit dem Filmemacherpaar drehte er Où gît votre sourire enfoui? – neben Ne change rien (2005) mit Schauspielerin und Sängerin Jeanne Balibar – einen seiner zwei Filme über künstlerische Arbeit. Darin begibt sich Costa mit Huillet und Straub während deren Arbeit an Sicilia! (1999) in das Schnittzimmer. Es entsteht eine grosse Würdigung ihrer Arbeit und zugleich eine Art romantische Komödie, die viel mit den Abschweifungen Straubs zu tun hat. Das Finale in Sicilia! , als zwei Männer all das aufzählen, was Menschen verbindet, kann man auch auf Costas Kino ummünzen. Sie sprechen vom Licht, der Freude, dem Leid, von Erinnerung und Aufrichtigkeit. Die Überlebenden träumen nicht vom Umsturz, sie klammern sich an das, was die Wirklichkeit noch übriglässt: eine Tasse Kaffee, die Schönheit vergilbter Wände oder die Liebe zwischen denen, die noch da sind. Das Kino bei Costa ist ein Blick, der mehr sagt als tausend Diskurse. Darüber hinaus gibt es Dämonen aus der Vergangenheit, schlechte Angewohnheiten und manchmal einen Albtraum wie jenen, den Costa mit dem zitternden, speichelnassen Ventura in Cavalo dinheiro (2014) mit einem Soldaten in einem Aufzug durchlebt. Der Film dreht sich um die Ereignisse der Nelkenrevolution 1974, die kapverdische Migrant:innen als grosse Zeit der Unsicherheit erlebten. Er drehe Filme nicht, um sich zu erinnern, sagt Costa, sondern um endlich vergessen zu können. Nie zeigt er einfach nur ein Elend, er filmt die Würde und folglich die menschlichen Fähigkeiten jener, die im Elend leben. Das ist ein wichtiger Unterschied. Denn das Ästhetische seiner Filme, seine Hinwendung an Schatten und starke Kontraste, dient keiner Verklärung, es schützt vielmehr einen Zugang zur Welt, der den Protagonist:innen genau wie dem Blick des Kinos gehört. Costa baut das Haus nicht für sich, sondern für die, die in seinen Filmen leben.
Patrick Holzapfel arbeitet literarisch, kuratorisch und journalistisch. Er ist Herausgeber des Online- und Printmagazins «Jugend ohne Film». 2024 erschien sein Debütroman «Hermelin auf Bänken». Für die Unterstützung danken wir:
Essay von
O SANGUE THE BLOOD
So 27.10. 18:30
Portugal 1989, sw, DCP, Port/e, 95 REGIE und DREHBUCH Pedro Costa KAMERA Acácio de Almeida, Elso Roque, Martin Schäfer MUSIK António Pinho Vargas SCHNITT Manuela Viegas MIT Pedro Hestnes, Inês de Medeiros, Nuno Ferreira, Luís Miguel Cintra, Canto e Castro, Isabel de Castro, Henrique Viana, Luís Santos, Manuel João Vieira.
«Pedro Costas Debütfilm ist eine unter anderem an Robert Bresson, Kenji Mizoguchi und Nicholas Ray geschulte romantische Fabel über gesellschaftliche Aussenseiter:innen mit bestechenden und hochstilisierten Schwarzweisskompositionen. Der Film erzählt von den Brüdern Vicente und Nino, die am Ufer des Tejos aufwachsen. Ihr Vater scheint in mysteriöse Machenschaften verwickelt zu sein und verschwindet eines Tages spurlos. Es fehlt an Geld, doch Vicente und Nino versuchen fortan, ihren Alltag gemeinsam mit der jungen Lehrerin Clara zu organisieren. Mit einer elliptischen, in ihrem Kern jedoch fast schon klassischen Erzählung und der an Verweisen auf die Filmgeschichte reichen, klaren visuellen Sprache ist O Sangue Costas zugänglichster Film.» (Deutsches Filminstitut, Frankfurt 2020)
CASA DE LAVA
Mo 14.10. 18:15
Portugal/Frankreich/Deutschland 1994, Farbe, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/e, 110 REGIE und DREHBUCH Pedro Costa KAMERA Emmanuel Machuel MUSIK Raul Andrade SCHNITT Dominique Auvray MIT Inês Medeiros, Isaach de Bankolé, Edith Scob, Pedro Hestnes, Sandra do Canto Brandão, Cristiano Andrade Alves.
«Leão, ein junger Mann von den Kapverdischen Inseln, der in Portugal auf einer Baustelle arbeitet, liegt nach einem Sturz im Koma. Die Krankenpflegerin Mariana möchte mit Leão ihrer Welt der Verzweiflung entrinnen und beschliesst, den ‹toten Mann› in seine Heimat und in die Welt der Lebenden zurückzubringen. Sieben Tage und Nächte später
muss sie ihren Irrtum erkennen: Sie führt einen Lebenden unter die Toten.» (Johannes Beringer, Viennale, 2005)
«Pedro Costas Casa de Lava führt in die raue, vulkanische Landschaft der Kapverden, der ehemaligen portugiesischen Kolonie vor der Küste Westafrikas, die einst eine Station im Sklavenhandel war und auch nach der Unabhängigkeit eine Quelle für schlecht bezahlte und leicht auszubeutende Arbeitskräfte geblieben ist. (…) Der Film greift auf I Walked with a Zombie zurück, um Jacques Tourneurs postkoloniale Fragestellungen in einem zeitgemässeren sozialen Kontext fortzuschreiben. (…) Die anhaltende hypnotische Kraft des Films macht ihn zu einem zentralen Eintrag in Pedro Costas Filmografie.» (Jake Cole, Slant Magazine, 20.11.2017)
OSSOS BONES
Mo 7.10. 18:30 Di 12.11. 18:30
Portugal/Frankreich/Dänemark 1997, Farbe, DCP, Port/e, 94 REGIE und DREHBUCH Pedro Costa KAMERA Emmanuel Machuel SCHNITT Jackie Bastide MIT Vanda Duarte, Nuno Vaz, Mariya Lipkina, Isabel Ruth, Inês de Medeiros.
«Eine junge Frau aus dem Lissabonner Elendsviertel Fontainhas ist durch die Armut und Enge ihrer Existenz abgestumpft. In ihrer neuen Rolle als Mutter überfordert, dreht sie verzweifelt den Gashahn auf. Das Baby entgeht jedoch dem sicheren Tod, auch als sein Vater versucht, es auf der Strasse zu verkaufen. Über verschiedene Stationen findet das kleine Kind wieder zu ihm zurück. Costas dritter Film ist der letzte, den er mit grossem Team und auf 35 mm drehte – und der erste, in dem drei Bewohner:innen von Fontainhas (u. a. Vanda Duarte) als Darsteller:innen mitwirken. Er erzählt nicht nur von materieller Not, sondern auch von der Armut der Gefühle. In schonungslosen und zugleich poetischen Bildern beobachtet er seine Figuren, die ihrer Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit nicht entkommen. Sie wirken verloren und irren wie Schatten in einer hermetischen Welt herum, deren Realitätsgehalt Costa nachspürt, ohne dokumentarisch zu arbeiten.» (Birgit Kohler, Kino Arsenal, Sep 2015)
SICILIA!
Mi 23.10. 18:30
Italien/Frankreich/Deutschland 1998, sw, 35 mm, I/d*, 66 REGIE Danièle Huillet, Jean-Marie Straub DREHBUCH Danièle Huillet, Jean-Marie Straub, nach dem Roman «Conversazione in Sicilia» von Elio Vittorini KAMERA William Lubtchansky SCHNITT Danièle Huillet, JeanMarie Straub MIT Gianni Buscarino, Angela Nugara, Vittorio Vigneri, Carmelo Maddio, Ignazio Trombello, Simone Nucatola, Giovanni Interlandi.
« Sicilia! ist eine Verdichtung, keine Kürzung eines Romans von Elio Vittorini aus den ausgehenden dreissiger Jahren, in dem er verträumt, wiewohl lakonisch und humorvoll seine Rückkehr nach Sizilien beschreibt. Straub/Huillet folgen ihrem monolithischen Lebensprojekt, begreifen ihre Schauspieler in einem Brecht’schen Sinne als rezitierende Körper, die sich rhythmisch komponierte Dialoge zurufen. Unerreicht: das Aufeinandertreffen des Mannes und seiner Mama, eingekesselt von zwei verschwenderisch anmutenden Kameraschwenks über ein faszinierendes Sizilien-Panorama. Den Abschluss bildet eine grotesk, beinahe dadaistisch wirkende Dialogsequenz, die einen Scherenschleifer, der keine Scheren schleift, beinhaltet. Sicilia! ist einer der berührendsten, dichtesten, schönsten Filme von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet.» (Markus Keuschnigg, fm4/ORF
EINFÜHRUNGEN
Mi 23.10. 18:30 und 20:15 Mischa Hedinger, jeweils ca. 10' Pedro Costa beobachtet in seinem Dokumentarfilm Où gît votre sourire enfoui? Jean-Marie Straub und Danièle Huillet während dem Schnittprozess an Sicilia! Der Filmemacher Mischa Hedinger (African Mirror, Fälle) führt in diese beide herausragenden wie berührenden Werke ein und erläutert, wie sie sein eigenes Schaffen inspirierten.
OÙ GÎT VOTRE SOURIRE ENFOUI? WHERE DOES YOUR HIDDEN SMILE LIE?
Mi 23.10. 20:15
Frankreich/Portugal 2001, Farbe + sw, DCP, F+I/e, 104 REGIE Pedro Costa DREHBUCH Janine Bazin, André S. Labarthe KAMERA Pedro Costa, Jeanne Lapoirie SCHNITT Dominique Auvray, Patricia Saramago MIT Danièle Huillet, Jean-Marie Straub. «Pedro Costa filmt Jean-Marie Straub und Danièle Huillet im Schneideraum bei der Arbeit an ihrem Werk Sicilia! (1999). Où gît votre sourire enfoui? bietet einen offenbarenden Einblick in den Prozess des Filmemachens und ist gleichzeitig ein künstlerisches Manifest und das berührende Porträt einer aussergewöhnlichen Liebesgeschichte. Das Paar, das von den fünfziger Jahren bis zu Huillets Tod im Jahr 2006 zusammenlebte und -arbeitete, teilte sich die Aufgaben klar auf: Huillet übernahm den praktischen Teil des Schnitts, während Straub herumlief und brillant redete, bis sie ihm entweder widersprach oder ihn mit schroffer Bewunderung zum Schweigen brachte. Costas geduldige Kompositionen geben Straub eine Bühne, auf der er die gemeinsamen Ideale von ‹theatralischer Abstraktion› und politischer Revolution verkünden kann, doch der Film behält auch die praktischen Aspekte der redaktionellen Entscheidungsfindung im Auge, über die sich die beiden auf einzigartige Weise verständigen.» (Richard Brody, The New Yorker, 21.9.2012)
O SANGUE
OSSOS
NO QUARTO DA VANDA IN VANDA′ S ROOM
Mi 2.10. 20:00 Do 7.11. 20:15
Portugal/Deutschland/Schweiz 2000, Farbe, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/e, 170 REGIE, DREHBUCH und KAMERA Pedro Costa SCHNITT Dominique Auvray, Patricia Saramago MIT Vanda Duarte, Lena Duarte, Zita Duarte, Manuel Gomes Miranda, Diogo Pires Miranda, Evangelina Nelas, Miquelina Barros, António Semedo Moreno, Paulo Nunes, Paulo Jorge Gonçalves, Pedro Lanban, Fernando Paixão, Julião, Geny.
Mi 2.10. 20:00 Einführung von Hannes Brühwiler zur Retrospektive PEDRO COSTA , 10'
«‹Die herkömmliche Art, Filme zu machen, ist völlig falsch›, erinnerte sich Costa an seine Erfahrungen, die er am Set von Ossos gemacht hatte. ‹Wir sollten alles überdenken.› Und das tat er auch. Der Film No Quarto da Vanda , den Costa in Fontainhas mit einer Zweimann-Crew und in enger Zusammenarbeit mit wenigen Laiendarsteller:innen drehte, ist ein Meilenstein des modernen Kinos. Fast drei Stunden lang sehen wir Vanda und ihrer Schwester dabei zu, wie sie sich einen Schuss setzen, husten, lachen, reden und ihrem Alltag nachgehen, während um sie herum Bulldozer und Baumaschinen bedrohlich rumpeln. Wir werden Zeuge einer nahtlosen Konvergenz von Fiction und Non-Fiction (…) und der Entdeckung eines neuen, ungemein reichen visuellen Vokabulars, das dem digitalen Bild eigen ist: seine Art, natürliches Licht und die Bewegung von Körpern im Hier und Jetzt einzufangen. No Quarto da Vanda ist für einen bestimmten Bereich des zeitgenössischen Kinos das, was die Entdeckung der Perspektive für die Malerei war: der Film, der eine Generation von Filmemacher:innen dazu brachte, die Bedingungen ihrer Kunst neu zu überdenken.» (Film Society at Lincoln Center, New York)
JUVENTUDE EM MARCHA
COLOSSAL YOUTH
Do 10.10. 20:15 Mo 21.10. 20:15 Portugal/Frankreich/Schweiz 2005, Farbe + sw, DCP, Kapverdisches Kreol+Port/e, 155 REGIE und DREHBUCH Pedro Costa KAMERA Pedro Costa, Leonardo Simões MUSIK Nuno Carvalho SCHNITT Pedro Marques MIT Ventura, Vanda Duarte, Beatriz Duarte, Cila Cardoso, Alberto «Lento» Barros. Sechs Jahre nach No Quarto da Vanda kehrt Pedro Costa mit Juventude Em Marcha erneut nach Fontainhas zurück. Dieses Mal steht Ventura im Zentrum der Geschichte, ein Einwanderer der Kapverdischen Inseln, der früher als Bauarbeiter tätig war. Nun beschliesst die Stadtverwaltung, das Elendsviertel abzureissen und alle Bewohner:innen in neu errichteten Sozialwohnungen unterzubringen. Zwischen gleissend weissen Wänden und aseptischer Kälte, die dieses Viertel ausstrahlt, wandert Ventura umher und gilt als eine Art Vaterfigur – nicht zuletzt auch für Vanda, die Protagonistin aus No Quarto da Vanda (hb) «Costa hat den Film nach eigenen Angaben aus insgesamt 320 Stunden Filmmaterial zusammengeschnitten, das über zwei Jahre hinweg gedreht wurde, und man hat das Gefühl, dass Venturas Wanderschaft weder gerade erst beginnt noch kurz vor dem Ende
steht. Costa fügt der gequälten Verzweiflung seiner Figuren ein politisches Element hinzu, indem er ihre Biografien mit der kolonialen Geschichte der kapverdischen Vergangenheit vermischt. Als ein mitfühlendes und unverkennbar spirituelles Dokument hinterlässt Juventude Em Marcha jedoch seine tiefsten Spuren: In Momenten, in denen Ventura oder Vanda ihren Schmerz erkennen, werden die Phantome des Films kurzzeitig zu Fleisch, und ein einschüchterndes ästhetisches Experiment wird unmittelbar und kolossal berührend.»
(Fernando F. Croce, slantmagazine.com, 30.7.2007)
NE CHANGE RIEN CHANGE NOTHING
Sa 19.10. 18:15
Portugal/Frankreich 2009, sw, 35 mm, F+E/e, 98 REGIE, DREHBUCH und KAMERA Pedro Costa
SCHNITT Patricia Saramago MIT Jeanne Balibar, Rodolphe Burger, Hervé Loos, Arnaud Dieterlen, Joël Theux, François Loriquet, Fred Cacheux.
« Ne change rien entstand aus einer Freundschaft zwischen der Schauspielerin Jeanne Balibar, dem Tontechniker Philippe Morel und Pedro Costa. Jeanne Balibar, Sängerin, von Proben bis zur Aufnahme, von Rockkonzerten bis zu Gesangsstunden lyrischer Musik, vom Dachboden in Sainte-Marie-aux-Mines bis zur Bühne in einem Tokioter Café, von Johnny Guitar bis zu Offenbachs ‹La Périchole›.» (Viennale, 2009)
«Es ist notwendig zu wissen, wo man sich befindet und wie weit man von dem, was man filmen will, entfernt ist. Das ist einerseits Reflexion und Intuition, andererseits Geometrie und Gefühl. Ich flüchte panisch vor kinematografischem Experimentalismus, der überlässt sich immer dem Dekorativen, der Verzierung, und ist vor allem kopflastig und sehr wenig sinnlich. Nur mit einem starken Blick auf einen gut definierten Raum kann man auf Abenteuer ausgehen. Dann erst verlieren wir uns in Geheimnissen und Schönheiten eines Filmes. Und nachher treten wir aus dem Kino auf die Strasse, die Welt wiedererkennend, die Menschen, die Bäume, die Steine.» (Pedro Costa)
Sa 19.10. 18:15
Anschliessend Q&A mit Pedro Costa in englischer Sprache, Moderation: Hannes Brühwiler
CAVALO DINHEIRO HORSE MONEY
Fr 18.10. 18:30 Mo 4.11. 18:30
Portugal 2014, Farbe, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/d, 104 REGIE und DREHBUCH Pedro Costa KAMERA Leonardo Simões, Pedro Costa MUSIK Os Tubarões SCHNITT João Dias MIT Ventura, Vitalina Varela, Tito Furtado, António Santos, Benvindo Tavares, Alberto Barros.
AS FILHAS DO FOGO Vorfilm
Portugal 2023, Farbe, DCP, OV/d/e, 9 REGIE und DREHBUCH Pedro Costa KAMERA Leonardo Simões SCHNITT Vítor Carvalho MIT Alice Costa, Elizabeth Pinard, Karyna Gomes.
Sa 18.10. 18:30 In Anwesenheit von Pedro Costa
«Seit Langem kreist die Arbeit Costas um die Welt der marginalisierten Immigrant:innen in den Armenvierteln von Lissabon. Einer von diesen, der von den Kapverdischen Inseln stammende Ventura, wird inzwischen wegen eines Nervenleidens in einer Klinik behandelt. Dieser Ort in Verbindung mit Venturas Verstörung, seinen Halluzinationen und Absencen wird in Cavalo Dinheiro zu einer vergessenen Schattenwelt, in der Erinnerung und Gegenwart ununterscheidbar sind. Noch radikaler und verdichteter als in Costas bisherigem Werk wird das Dasein des Vertriebenen hier zu einer dunklen Parabel der politischen Gegenwart nicht nur Portugals.» (Viennale, 2014)
«Cavalo Dinheiro erzählt die Geschichte einer enttäuschenden Revolution, mit der ein Heer von Stimmen Ventura am Ende konfrontiert. Die Nelkenrevolution von 1974 und das Ende der Diktatur waren für ihn und die Seinen kein Start in ein besseres Leben. Die marxistischen Ideale, die die Revolution inspiriert hatten, wurden aufgegeben; Portugal wurde ein kapitalistischer Staat. (…) Die ungeheuren Bilder, die Pedro Costa in Cavalo Dinheiro mit viel Geduld und Arbeit aus dem Dunkeln birgt, das seinen Film stets umfliesst, zeigen ihn als einen der grössten Filmemacher unserer Zeit.» (Philipp Stadelmeier, Süddeutsche Zeitung, 11.10.2015)
VITALINA VARELA
Di 29.10. 20:45
Mi 13.11. 20:45
Portugal 2019, Farbe, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/ d/f, 125
« Vitalina Varela verdankt seinen Titel dem Namen seiner Hauptdarstellerin, einer kapverdischen Frau, die wie üblich bei Costas nicht professionellen Schauspielern eine fiktive Version ihrer selbst spielt. Vitalina trat zum ersten Mal in einer Episode des vorherigen Films des Regisseurs, Cavalo Dinheiro auf, in der sie erzählte, wie ihr Ehemann vor fast 25 Jahren seine Heimat verlassen hatte, um in Lissabon zu arbeiten – eine Trennung, die endgültig wurde, als sie auf dem Kontinent ankam, drei Tage nach seiner Beerdigung. In Vitalina Varela bricht und erweitert Costa diese Episode und fängt ihre aussergewöhnliche Stärke und Widerstandsfähigkeit ein, während sie auf den spärlichen physischen Spuren ihres Mannes navigiert, sein geheimes, illegales Leben entdeckt.» (Cinémathèque suisse, Lausanne)
«Es gibt einen Grund, warum es nicht viele Filme wie diesen gibt. Vitalina Varela ist so kompromisslos und konzentriert, dass er droht, den Lichtstrahl des Kinoprojektors zu absorbieren, als ob die schwarze Kaschierung der Projektion das gesamte Bild einnehmen könnte.» (A. S. Hamrah, The
WERKSTATTGESPRÄCH MIT PEDRO
Fr 18.10. 20:30
COSTA
In englischer Sprache, 80' Moderation: Patrick Holzapfel, Eintritt frei
In den vergangenen 30 Jahren hat Pedro Costa ein einzigartiges Werk geschaffen, mit dem er die gängige Art des Filmemachens herausfordert und hinterfragt. In einem ausführlichen Gespräch mit dem Autor und Filmkritiker Patrick Holzapfel erläutert Pedro Costa seinen Arbeitsprozess und sein Verständnis vom Kino. Welche Freiheiten und neuen Ausdrucksmöglichkeiten haben sich dank der digitalen Technik eröffnet? Und wie sieht seine Beziehung zu den Be wohner:innen des ehemaligen Armenviertels Fontainhas aus, mit denen er seit über 20 Jahren zusammenarbeitet?
REGIE und DREHBUCH Pedro Costa, Vitalina Varela KAMERA Leonardo Simões SCHNITT João Dias, Vítor Carvalho MIT Vitalina Varela, Ventura, Manuel Tavares Almeida.
Baffler, 26.4.2020)
CAVALO DINHEIRO
HEIMLICHE STARS
EINE ODE AN DIE NEBENFIGUREN
«Ein Film, in dem Harry Dean Stanton mitspielt, kann nicht schlecht sein!»
Der legendäre Filmkritiker Roger Ebert bezog sich mit diesem Bonmot nicht auf Stantons Hauptrollen wie etwa in Paris, Texas , sondern auf seine unzähligen Kurzauftritte. Auf Nebenrollen, die prägend für einen ganzen Film sein konnten. Das Filmpodium richtet den Scheinwer fer für einmal auf eine Figurenkategorie, ohne die so mancher Film blutleer wäre und so manche Hauptfigur sich nicht in Szene setzen könnte. Was wäre beispielsweise Bruce Lee in Enter the Dragon ohne seinen unterlegenen Gegenspieler, den Bodybuilder Bolo Yeung, der Lees Kampfkunst erst so richtig zur Attraktion macht? Yeung und viele andere sind die überraschenden Stars der 17 ganz unterschiedlichen Filme, die wir in Zusammenarbeit mit dem Seminar für Filmwissenschaft präsentieren. Abgerundet wird die Reihe mit einem Gespräch zwischen Casting Direc tor Ulrike Müller und der Schauspielerin Maren Eggert sowie mit einer Buchvernissage. Spot on!
Essay von Stefanie Diekmann und Fabienne Liptay
In beinahe zweitausend Filmen hat Jill Goldston im Hintergrund mitgespielt, als Kellnerin, Krankenschwester, Mitfahrerin in der U-Bahn oder Tänzerin im Ballsaal. Im Kurzfilm Jill, Uncredited (2023) sind 78 ihrer Auftritte zu einem eigenen Werk kompiliert, in dem sich Jill – nun als Hauptfigur – wie in einem Suchbild überall verbirgt. Ein Suchbild, das den Blick für einmal auf die Nebenfigur lenkt. Filme sind voll von ihnen. Es sind vertraute Gesichter, aber nur wenige kennt man beim Namen.
Am Rande
Hattie McDaniel in Victor Flemings Gone With the Wind hingegen ist eine bekannte und vor allem auch laute Nebenfigur in einem lauten Film. Zwischen den Wortgefechten, den Auseinandersetzungen, den Geräuschkulissen der gesellschaftlichen und der kriegerischen Aushandlungen besetzt ihre Figur Mammy eine kleine Kampf- und Keifzone für sich. Damit entspricht sie den Traditionen des «comic relief», einer klassischen Zuständigkeit der Dienstboten, die in einer tragischen Handlung für kurze Momente der Komik zu sorgen haben. Und sprengt zugleich von Szene zu Szene den Rahmen, in dem für sie nicht viel mehr vorgesehen ist als eine dienende und allemal marginale Position.
Die Academy of Motion Pictures hat ihr dafür 1940 einen Oscar verliehen, den ersten überhaupt für eine schwarze Darstellerin. Den für die weibliche Hauptrolle erhielt Vivien Leigh, so wie in jenem Jahr die meisten Auszeichnungen an Gone With the Wind gingen (u. a. Film, Kamera, Regie, Drehbuch). An einen separaten Tisch wurde McDaniel bei der Preisverleihung mit ihrem Partner trotzdem gesetzt; und sie selbst, das dokumentieren die Aufzeichnungen des Abends, absolviert den Auftritt am Mikrofon mit einer Befangenheit, die in den meisten ihrer Filmrollen völlig abwesend ist. Vor Gone With the Wind trat sie in etwa fünfzig Filmen auf, oft ohne im Abspann genannt zu werden, und auch nach dem Oscar blieben einige ihrer Auftritte «uncredited». Sie nahm es pragmatisch und mit Humor: Ein Dienstmädchen darzustellen, sei so viel lukrativer, als eines zu sein. Und spielte weiter, unerschrocken und energetisch, in einem rassistischen Umfeld, das ihr mehr als eine Rolle schuldig blieb.
Kleine Rollen, grosse Auftritte
Der namenlose Anhalter wiederum, den Harry Dean Stanton in Two-Lane Blacktop verkörpert, ist eigentlich nur eine von vielen Nebenfiguren, die bei einer Wettfahrt quer durch die USA auf der Route 66 mitgenommen werden. Im Laufe des Films lernen wir ganz unterschiedliche Menschen kennen, die andere Lebensentwürfe ins Spiel bringen und Schicksale, die nur angedeutet werden. Beiläufig
weitere vierzig Rollen (darunter auch zwei Hauptrollen); aber wie Tom Dugan (Bronski), dessen Filmografie 260 Titel umfasst, ist er vor allem für das abgründige und zugleich hochkomische Finale bei Lubitsch bekannt, das ein Theaterfoyer zum Ort des ganz grossen Auftritts macht und die «zwei kleinen Chargen» zu Figuren, die eine Theaterkompagnie und damit vielleicht auch die Welt retten.
Stealing Scenes
ergibt sich dadurch auch ein vielschichtiges Bild der US-amerikanischen Gesellschaft. Die nur knapp drei Filmminuten, die Harry Dean Stantons «Oklahoma Hitchhiker» im Pontiac GTO sitzt, hinterlassen jedoch einen unvergesslichen Eindruck. Als er seine Hand auf das Knie des Fahrers legt und dieser ihn dafür im strömenden Regen aus dem Auto werfen will, weigert er sich beinahe kindlich: «I ain’t movin’!» Während die anderen Mitreisenden freiwillig aussteigen, sehen wir nicht einmal, wie der «Oklahoma Hitchhiker» das Auto verlässt. Nach einem Schnittwechsel ist er einfach aus der Erzählung verschwunden. Aber sein Aufbegehren bleibt noch lange im Gedächtnis, und man fragt sich, wie seine Geschichte weitergeht, für die es beim Rennen auf dem zweispurigen Asphalt keine Zeit gibt. «This is competition, man. I got no time for sidetracks.» Stanton hat in seiner langen Karriere als Schauspieler fast ausschliesslich Nebenrollen gespielt und dabei immer wieder eigenbrötlerischen, gewitzten und manchmal auch melancholischen Charakteren Gestalt gegeben: als singender Gefangener in Cool Hand Luke, als kurzlebiges Mitglied der Bordmannschaft in Alien oder als alleinerziehender Vater einer Teenagerin in Pretty in Pink . Für seine einprägsamen Auftritte wurde er nicht nur vom Publikum verehrt, sondern auch von seinen Schauspielkolleg:innen. Jack Nicholson etwa verewigte seine Bewunderung in den achtziger Jahren, indem er in vielen Filmen, in denen er spielte, Stantons Initialen «H. D. S.» hinterliess: als Graffiti an einer Gefängniswand oder in einem Western in einen Baum geritzt. Neben denen, die sich mit kurzen Auftritten arrangieren oder sogar froh sind, nicht im Rampenlicht zu stehen, gibt es auch solche, die nach mehr streben. Spielen wollen – nicht die Dienerfigur, die nette Nachbarin oder den nächsten Anhalter, sondern eine Rolle mit Gewicht – ist eine Sehnsucht, die nicht nur den Nebendarsteller:innen zugeschrieben wird, sondern häufig auch den Nebenfiguren, die sie im Kino verkörpern. Für die fiktiven Nebendarsteller Bronski und Grünberg, nach denen heute sogar ein Wiener Theater benannt ist, erfüllt sie sich in Ernst Lubitschs To Be or Not to Be unter ungewöhnlichen Umständen, und auch die Karriere ihrer beiden Darsteller ist exemplarisch und exzeptionell zugleich: Felix Bressart (Grünberg) hatte bereits um die vierzig Nebenfiguren gespielt, bevor er 1938 vor dem Nationalsozialismus in die USA flüchtete. In Hollywood erhielt er
Die dunkle Seite des Traums von Weltbedeutung erforscht Timothy Carey in The World’s Greatest Sinner . Nachdem man ihn immer nur in Nebenrollen engagiert hatte, drehte er schliesslich selbst einen Film, in dem er als Autor, Regisseur, Produzent und Verleiher nicht nur sämtliche zentralen Positionen ausfüllte, sondern auch die Hauptrolle übernahm: die eines gewöhnlichen Menschen, der Gott sein will. Zuvor hatte sich Carey als notorischer «scene stealer» einen Namen gemacht: ein Method-Actor, der in den Rollen manischer und pathologischer Figuren reüssierte und dabei, auch wenn er nur am Rande auftrat, immer ins Zentrum der Szene strebte. Er spielte in billigen Grindhouse-Filmen und in Meisterwerken der Filmgeschichte, in Nebenrollen, in denen er Bier ins Gesicht von Marlon Brando spritzte ( The Wild One ), James Dean verprügelte ( East of Eden ) oder vom Set gefeuert wurde, weil er die Sicht auf Kirk Douglas blockierte ( Ace in the Hole ). Als Clarence «God» Hilliard tauscht er sein Leben als Versicherungsvertreter und Familienvater ein gegen das eines Rockstars, der die langen, schlaksigen Beine in Glitzerhosen auf der Bühne zappeln lässt; eines Verführers, dem alte, reiche Damen und jugendliche Groupies erliegen; eines Laienpredigers und Präsidentschaftskandidaten, der von Macht besessen ist. Mit verdrehten Augen, schweren Lidern und angeklebtem spitzem Kinnbart forciert Carey ein Spiel, das derart überdreht ist, dass man kaum zu sagen vermag, ob es sich um eine bizarre Posse oder ein kompromissloses künstlerisches Experiment handelt. Ebenfalls abgründig: der Blick aus den unteren Rängen, der sich in Nicolas Wackerbarths Casting auf diejenigen richtet, die über Besetzung, Rollenverteilung und damit über Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit entscheiden. Andreas Lust performt einen Aushilfsschauspieler, der für die Schauspieler:innen auf einem Filmset den Anspielpartner gibt. Ein trauriger Clown, der mehr sieht und weiss als die meisten anderen und der sich doch nicht aus der ihm zugewiesenen Position zu befreien vermag. Und so verfolgt er in Casting das Defilee der Diven, die eine nach der anderen zum Casting erscheinen: vier grosse Damen aus dem deutschsprachigen Film und Fernsehen, u. a. Andrea Sawatzki und Ursina Lardi, in ungewohnt kurzen Episoden. Der Film verwandelt diesen Casting-Reigen in eine Serie von Porträts der Schauspielerin in mittleren Jahren, immer aus dem Blickwinkel der «Anspielwurst», und die Diven ziehen, wie so viele andere Nebenfiguren vor und nach ihnen auch, alle Register, um sicherzustellen, dass ihre Auftritte, erfolgreich oder nicht, noch lange in Erinnerung bleiben werden.
Stefanie Diekmann ist Professorin für Filmund Medienwissenschaft an der Stiftung Universität Hildesheim. Sie forscht unter anderem zu Nebenfiguren und ist Mitherausgeberin des Bandes «Nebenfiguren», der im Herbst 2024 erscheint.
Fabienne Liptay ist Professorin für Filmwissenschaft an der Universität Zürich. Sie forscht unter anderem zu Statist:innen im Film und hat als Autorin zum Band «Nebenfiguren» mit einem Essay über die Durchschnittlichkeit und Gewöhnlichkeit filmischer Figuren beigetragen.
Das Filmprogramm entstand in Zusammenarbeit mit dem Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich. Programm: Nicole Reinhard, Fabienne Liptay, Stefanie Diekmann.
FAST TIMES AT RIDGEMONT HIGH
1. OKT — 14. NOV 2024
MARLENE DIETRICH
DAS UNWIDERSTEHLICHE VIELLEICHT
PEDRO COSTA
LEUCHTENDE SCHATTEN
HEIMLICHE STARS
EINE ODE AN DIE NEBENFIGUREN
Di 1
18:15
HEIMLICHE STARS CASTING
Nicolas Wackerbarth, Deutschland 2017, DCP, D, 91
Anschliessend: Gespräch mit der Casterin Ulrike Müller und der Schauspielerin Maren Eggert
20:45 MARLENE DIETRICH SHANGHAI EXPRESS
Josef von Sternberg, USA 1932, DCP, E/d*, 82 '
Mi 2
15:00
MARLENE DIETRICH MOROCCO
Josef von Sternberg, USA 1930, DCP, E/d*, 92
18:00 HEIMLICHE STARS
TO BE OR NOT TO BE
Ernst Lubitsch, USA 1942, 35 mm, E/d/f, 99
20:00 PEDRO COSTA
NO QUARTO DA VANDA
Pedro Costa, Portugal/Deutschland/Schweiz 2000, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/e, 170 ' Einführung von Hannes Brühwiler zur Retrospektive PEDRO COSTA, 10'
Do 3
16:15 VORLESUNG: FILMGESCHICHTE
DAS «KINO DER ZWEITEN EPOCHE» UND DIE ENTWICKLUNG DES NARRATIVEN SPIELFILMS
Vorlesung von Prof. Dr. Daniel Wiegand
18:30 VORLESUNG: FILMGESCHICHTE KINO-KONZERT
MAUDITE SOIT LA GUERRE
Alfred Machin, Belgien 1914, DCP, Stummfilm mit niederländ. Zw'titeln/e, 45
Phillips Smalley, USA 1913, DCP, Stummfilm mit e Zw'titeln, 10
LÉONCE FLIRTE Vorfilm
Léonce Perret, Frankreich 1913, DCP, Stummfilm mit f Zw'titeln, 16'
20:45 MARLENE DIETRICH
DER BLAUE ENGEL
Josef von Sternberg, Deutschland 1930, DCP, D, 108
Fr 4
15:00
MARLENE DIETRICH
RANCHO NOTORIOUS
Fritz Lang, USA 1952, 35 mm, E/d/f, 89
18:30 HEIMLICHE STARS LA RÈGLE DU JEU
Jean Renoir, Frankreich 1939, DCP, F/e/d*, 106
20:45 MARLENE DIETRICH KINO-KONZERT DIE FRAU, NACH DER MAN SICH SEHNT
Kurt Bernhardt, Deutschland 1929, DCP, Stummfilm mit d Zw'titeln, 80
Live-Musik: André Desponds (Piano)
21:00 SPECIAL KARAOKE
Veranstaltung in der Filmpodium-Lounge Sa 5
15:00 FAMILIENFILM DER GIGANT AUS DEM ALL
Brad Bird, USA 1999, 35 mm, D (Synchronfassung), 86 ' , 6 (8)
Mo 7
18:30 PEDRO COSTA
OSSOS
Pedro Costa, Portugal/Frankreich/Dänemark 1997, DCP, Port/e, 94
20:45 MARLENE DIETRICH ANGEL
Ernst Lubitsch, USA 1937, DCP, E/d*, 91 '
Di 8
18:30 HEIMLICHE STARS FAST TIMES AT RIDGEMONT HIGH
Amy Heckerling, USA 1982, DCP, E/d*, 92 Studentische Einführung, 10'
20:45 MARLENE DIETRICH STAGE FRIGHT
Alfred Hitchcock, USA 1950, DCP, E/d*, 110 '
Mi 9
15:00
MARLENE DIETRICH DESTRY RIDES AGAIN
George Marshall, USA 1939, 35 mm, E/d*, 95
Mo 14
18:15 PEDRO COSTA CASA DE LAVA
Pedro Costa, Portugal/Frankreich/Deutschland 1994, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/e, 110 '
20:45 MARLENE DIETRICH ANGEL
Ernst Lubitsch, USA 1937, DCP, E/d*, 91
Di 15
18:15 HEIMLICHE STARS LA RÈGLE DU JEU
Jean Renoir, Frankreich 1939, DCP, F/e/d*, 106 Einführung von Prof. Dr. Fabienne Liptay
20:45 MARLENE DIETRICH TOUCH OF EVIL
Orson Welles, USA 1958, 35 mm, E/d/f, 111 ' (rekonstruierte Fassung)
Mi 16
15:00 SÉLECTION LUMIÈRE ONE FLEW OVER THE CUCKOO ’ S NEST
Premiere
In Anwesenheit von Cast/Crew 35-mm-Film-Kopie
16-mm-Film-Kopie
Kino-Konzert
X/x Gesprochene Sprache/Untertitel
x* Elektronische Untertitel vom Filmpodium erstellt
OV Mehrere Originalsprachen
6 (8) Freigegeben ab 6 Jahren, empfohlen ab 8 Jahren
KINO Nüschelerstr. 11, 8001 Zürich
T +41 44 415 33 66 www.filmpodium.ch
EINTRITTSPREISE CHF 18.— / CHF 15.— (AHV/ Legi) CHF 9.— (Alle unter 25 Jahren und Kulturlegi) Specials und Filme mit Überlänge: erhöhte Preise Vorverkauf zu den Kassenöffnungszeiten
ABONNEMENTE & VERGÜNSTIGUNGEN
• Filmpodium-Generalabonnement: CHF 400.— (freier Eintritt zu allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft)
• Filmpodium-Halbtaxabonnement: CHF 80.— (halber Eintrittspreis bei allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft)
• Programm-Pass: CHF 60.— (freier Eintritt zu allen Vorstellungen einer Programmperiode)
Anschliessend: FILM-WORKSHOP FÜR KINDER mit Oswald Iten, Filmwissenschaftler und Animator, 30
18:15 MARLENE DIETRICH BLONDE VENUS
Josef von Sternberg, USA 1932, DCP, E/d*, 93
20:45 HEIMLICHE STARS TWO-LANE BLACKTOP Monte Hellman, USA 1971, DCP, E/d*, 103 A STORY FOR THE MODLINS Vorfilm Sergio Oksman, Spanien 2012, Digital HD, E, 26 '
So 6
14:00 HEIMLICHE STARS GONE WITH THE WIND
Victor Fleming, USA 1939, DCP, E/d*, 238 BLACK STAR – VIDEOESSAY Vorfilm
Johannes Binotto, Schweiz 2022, Digital HD, D, 3 '
18:30 CLASSICS QUATRE NUITS D ’ UN RÊVEUR
Robert Bresson, Frankreich/Italien 1971, DCP, F/e, 83
20:30 HEIMLICHE STARS KIND HEARTS AND CORONETS
Robert Hamer, GB 1949, 35 mm, E/d/f, 118 '
18:15
HEIMLICHE STARS FIRST COW
Kelly Reichardt, USA 2019, DCP, E/d*, 122
20:45 SÉLECTION LUMIÈRE ONE FLEW OVER THE CUCKOO ’ S NEST Milos Forman, USA 1975, 35 mm, E/d/f, 133
Do 10
15:00
HEIMLICHE STARS ROSENCRANTZ AND GUILDENSTERN ARE DEAD Tom Stoppard, GB/USA 1990, 35 mm, E/d/f, 117
18:15
MARLENE DIETRICH THE DEVIL IS A WOMAN
Josef von Sternberg, USA 1935, 35 mm, E/d*, 79
20:15 PEDRO COSTA JUVENTUDE EM MARCHA Pedro Costa, Portugal/Frankreich/Schweiz 2005, DCP, Kapverdisches Kreol+Port/e, 155 '
Fr 11
15:00 HEIMLICHE STARS PAISÀ
Roberto Rossellini, Italien 1946, DCP, I/d, 125
18:30 MARLENE DIETRICH MOROCCO Josef von Sternberg, USA 1930, DCP, E/d*, 92 20:45 HEIMLICHE STARS ENTER THE DRAGON Robert Clouse, USA/Hongkong 1973, DCP, E+Kant/d/f, 98 '
Sa 12
15:00 MARLENE DIETRICH DER BLAUE ENGEL Josef von Sternberg, Deutschland 1930, DCP, D, 108
18:30 HEIMLICHE STARS DIE DREI VON DER TANKSTELLE Wilhelm Thiele, Deutschland 1930, 35 mm, D, 97
20:45 MARLENE DIETRICH RANCHO NOTORIOUS Fritz Lang, USA 1952, 35 mm, E/d/f, 89
So 13
15:00
MARLENE DIETRICH DISHONORED Josef von Sternberg, USA 1931, 35 mm, E/d*, 91 '
18:15 MARLENE DIETRICH A FOREIGN AFFAIR
Billy Wilder, USA 1948, 35 mm, E/d*, 116
20:45 HEIMLICHE STARS CASTING
Nicolas Wackerbarth, Deutschland 2017, DCP, D, 91
Milos Forman, USA 1975, 35 mm, E/d/f, 133
18:00 HEIMLICHE STARS THE ORDINARIES
Sophie Linnenbaum, Deutschland 2022, DCP, D, 124
JILL, UNCREDITED Vorfilm Anthony Ing, GB/Kanada 2022, DCP, E, 18 20:45 MARLENE DIETRICH DESTRY RIDES AGAIN George Marshall, USA 1939, 35 mm, E/d*, 95
Do 17
16:15
VORLESUNG: FILMGESCHICHTE WEIMARER KINO 1: EXPRESSIONISMUS UND FANTASTIK Vorlesung von Prof. Dr. Daniel Wiegand 18:30 VORLESUNG: FILMGESCHICHTE KINO-KONZERT NOSFERATU – EINE SYMPHONIE DES GRAUENS
Friedrich Wilhelm Murnau, Deutschland 1922, DCP, Stummfilm mit d Zw'titeln, 95 Live-Musik: Disco Doom, Anita Rufer (Gitarre, Stimme, Elektronik), Gabriele De Mario (Gitarre, Stimme, Elektronik), Flo Götte (Bass), Tobi Schramm (Schlagzeug) 20:45 CLASSICS QUATRE NUITS D ’ UN RÊVEUR
Robert Bresson, Frankreich/Italien 1971, DCP, F/e, 83
Fr 18
15:00 MARLENE DIETRICH ANGEL
Ernst Lubitsch, USA 1937, DCP, E/d*, 91
18:30 PEDRO COSTA CAVALO DINHEIRO
Pedro Costa, Portugal 2014, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/d, 104 AS FILHAS DO FOGO Vorfilm Pedro Costa, Portugal 2023, DCP, OV/d/e, 9 ' 20:30 WERKSTATTGESPRÄCH MIT PEDRO COSTA In englischer Sprache, 80', Moderation: Patrick Holzapfel, Eintritt frei
Sa 19
15:00 FAMILIENFILM
DER GIGANT AUS DEM ALL Brad Bird, USA 1999, 35 mm, D (Synchronfassung), 86 , 6 (8) Anschliessend: FILM-WORKSHOP FÜR KINDER mit Oswald Iten, Filmwissenschaftler und Animator, 30 '
18:15 PEDRO COSTA
NE CHANGE RIEN
Pedro Costa, Portugal/Frankreich 2009, 35 mm, F+E/e, 98
Anschliessend: Q&A mit dem Regisseur in englischer Sprache
21:00 MARLENE DIETRICH BLONDE VENUS
Josef von Sternberg, USA 1932, DCP, E/d*, 93
So 20
15:00
HEIMLICHE STARS LA RÈGLE DU JEU
Jean Renoir, Frankreich 1939, DCP, F/e/d*, 106 18:00 HEIMLICHE STARS PAISÀ
Roberto Rossellini, Italien 1946, DCP, I/d, 125 ' 20:45 MARLENE DIETRICH WITNESS FOR THE
PROSECUTION
Billy Wilder, USA 1957, 35 mm, E/d*, 116 '
18:00 MARLENE DIETRICH STAGE FRIGHT
Alfred Hitchcock, USA 1950, DCP, E/d*, 110
20:15 PEDRO COSTA JUVENTUDE EM MARCHA
Pedro Costa, Portugal/Frankreich/Schweiz 2005, DCP, Kapverdisches Kreol+Port/e, 155 '
Di 22
18:30 HEIMLICHE STARS
ENTER THE DRAGON
Robert Clouse, USA/Hongkong 1973, DCP, E+Kant/d/f, 98
20:45 MARLENE DIETRICH TOUCH OF EVIL
Orson Welles, USA 1958, 35 mm, E/d/f, 111 (Rekonstruierte Fassung)
Mi 23
14:00 KINDERFILMCLUB
DIE ZAUBERLATERNE
Nur für Mitglieder (6- bis 12-Jährige)
16:00 KINDERFILMCLUB
DIE ZAUBERLATERNE
Nur für Mitglieder (6- bis 12-Jährige)
18:30 PEDRO COSTA SICILIA!
Danièle Huillet, Italien/Frankreich/Deutschland 1998, 35 mm, I/d*, 66 ' Einführung von Mischa Hedinger, 10'
20:15 PEDRO COSTA OÙ GÎT VOTRE SOURIRE ENFOUI?
Pedro Costa, Frankreich/Portugal 2001, DCP, F+I/e, 104 ' Einführung von Mischa Hedinger, 10'
Do 24
16:15 VORLESUNG: FILMGESCHICHTE
WEIMARER KINO 2: GROSSSTADT UND GESELLSCHAFT Vorlesung von Prof. Dr. Daniel Wiegand
18:30 VORLESUNG: FILMGESCHICHTE KINO-KONZERT
BERLIN – DIE SINFONIE DER GROSSSTADT
Walter Ruttmann, Deutschland 1927, DCP, Stummfilm mit d Zw'titeln, 65 ' Live-Musik: Dadaglobal (Elektronik, Piano)
20:45 HEIMLICHE STARS FIRST COW Kelly Reichardt, USA 2019, DCP, E/d*, 122
Fr 25
15:00 HEIMLICHE STARS THE ORDINARIES
Sophie Linnenbaum, Deutschland 2022, DCP, D, 124
JILL, UNCREDITED Vorfilm Anthony Ing, GB/Kanada 2022, DCP, E, 18 18:15 MARLENE DIETRICH SHANGHAI EXPRESS Josef von Sternberg, USA 1932, DCP, E/d*, 82 '
20:15 PREMIERE SAY GOD BYE
Thomas Imbach, Schweiz 2024, DCP, E+Dialekt+F/d, 120 Anschliessend: Thomas Imbach im Gespräch mit Pascal Blum
Sa 26
15:00 HEIMLICHE STARS DIE DREI VON DER TANKSTELLE
Wilhelm Thiele, Deutschland 1930, 35 mm, D, 97 ' 18:30 HEIMLICHE STARS
GONE WITH THE WIND Victor Fleming, USA 1939, DCP, E/d*, 238 BLACK STAR – VIDEOESSAY Vorfilm Johannes Binotto, Schweiz 2022, Digital HD, D, 3 So 27
11:00 ZÜRICH LIEST
100 JAHRE JOHANNES MARIO SIMMEL DER VERGESSENE BESTSELLERAUTOR Podiumsdiskussion mit Simmel-Biografin Claudia Graf-Grossmann und Filmemacher Xavier Koller, 60'
12:15 ZÜRICH LIEST
ES MUSS NICHT IMMER KAVIAR SEIN
Géza von Radványi, Deutschland/Frankreich 1961, 35 mm, D, 106 '
15:00 MARLENE DIETRICH STAGE FRIGHT Alfred Hitchcock, USA 1950, DCP, E/d*, 110 ' 18:30 PEDRO COSTA O SANGUE
Pedro Costa, Portugal 1989, DCP, Port/e, 95
20:45 MARLENE DIETRICH DISHONORED Josef von Sternberg, USA 1931, 35 mm, E/d*, 91
Mo 28
18:15 MARLENE DIETRICH THE LADY IS WILLING
Mitchell Leisen, USA 1942, 16 mm, E/sp, 92
20:30 HEIMLICHE STARS TO BE OR NOT TO BE
Ernst Lubitsch, USA 1942, 35 mm, E/d/f, 99
Einführung von Prof. Dr. Stefanie Diekmann, 10'
Di 29
18:30 HEIMLICHE STARS THE WORLD ’ S GREATEST SINNER
Timothy Carey, USA 1962, DCP, E/e*, 82 '
Anschliessend: Buchvernissage KEINE NEBENSACHE! NEBENFIGUREN
Buchpräsentation und Podiumsdiskussion mit Stefanie Diekmann, Dennis Göttel und Fabienne Liptay
20:45 PEDRO COSTA VITALINA VARELA
Pedro Costa, Portugal 2019, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/d/f, 125
Mi 30
15:00 MARLENE DIETRICH TOUCH OF EVIL
Orson Welles, USA 1958, 35 mm, E/d/f, 111 ' (rekonstruierte Fassung)
18:15 PREMIERE SAY GOD BYE
Thomas Imbach, Schweiz 2024, DCP, E+Dialekt+F/d, 120
21:00 HEIMLICHE STARS FAST TIMES AT RIDGEMONT HIGH
Louis Delluc, Frankreich 1921, DCP, Stummfilm mit f Zw'titeln, 45 LA SOURIANTE MADAME BEUDET
Germaine Dulac, Frankreich 1923, 16 mm, Stummfilm mit f Zw'titeln, 38 Live-Konzert: Constanza Pellicci (Stimme) & Linda Vogel (Harfe, Stimme)
20:45 CLASSICS QUATRE NUITS D ’ UN RÊVEUR
Robert Bresson, Frankreich/Italien 1971, DCP, F/e, 83
NOV
Fr 1
10:00
INTERNATIONALE TAGUNG: AS WE MAY SEE THE HAUNTING OF IMAGE SYSTEMS
Beiträge in englischer Sprache von Blaise Kirschner und Anselm Franke, 150'
14:30 INTERNATIONALE TAGUNG: AS WE MAY SEE DECODING OR RE-ENCODING
Beiträge in englischer Sprache von Johannes Binotto und Kevin B. Lee; Zu Gast: Occitane Lacurie und Hito Steyerl, 180' SCHNITTSTELLE
Harun Farocki, Deutschland 1995, Digital HD, D, 23
18:30 INTERNATIONALE TAGUNG: AS WE MAY SEE ERKENNEN UND VER FOLGEN
Harun Farocki, Deutschland 2003, DCP, D, 58
Sa 2 So 3
Ab 12 Uhr mittags bis zum Morgengrauen.
15:00 MARLENE DIETRICH BLONDE VENUS
Josef von Sternberg, USA 1932, DCP, E/d*, 93
18:00 HEIMLICHE STARS TWO-LANE BLACKTOP Monte Hellman, USA 1971, DCP, E/d*, 103 ' A STORY FOR THE MODLINS Vorfilm
Sergio Oksman, Spanien 2012, Digital HD, E, 26
20:45 MARLENE DIETRICH THE LADY IS WILLING
Mitchell Leisen, USA 1942, 16 mm, E/sp, 92
Mo 4
18:30 PEDRO COSTA CAVALO DINHEIRO Pedro Costa, Portugal 2014, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/d, 104 AS FILHAS DO FOGO Vorfilm Pedro Costa, Portugal 2023, DCP, OV/d/e, 9 ' 20:45 HEIMLICHE STARS KIND HEARTS AND CORONETS Robert Hamer, GB 1949, 35 mm, E/d/f, 118
Di 5
18:30 MARLENE DIETRICH MARLENE DIETRICH HOME MOVIES (1932 – 1942) Vortrag von Kristina Jaspers und Silke Ronneburg (Deutsche Kinemathek), 70'
20:15 MARLENE DIETRICH MOROCCO Josef von Sternberg, USA 1930, DCP, E/d*, 92 '
Mi 6
15:00 MARLENE DIETRICH RANCHO NOTORIOUS Fritz Lang, USA 1952, 35 mm, E/d/f, 89 18:30 VORTRAGSREIHE RE:VISION 5/01 Vorlesung mit Filmausschnitten, präsentiert von Thomas Binotto, 90 '
20:15 MARLENE DIETRICH DESTRY RIDES AGAIN George Marshall, USA 1939, 35 mm, E/d*, 95 Do 7
16:15 VORLESUNG: FILMGESCHICHTE SOWJETISCHES MONTAGEKINO Vorlesung von Prof. Dr. Daniel Wiegand
20:15 PEDRO COSTA NO QUARTO DA VANDA Pedro Costa, Portugal/Deutschland/Schweiz 2000, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/e, 170
Fr 8
15:00 MARLENE DIETRICH A FOREIGN AFFAIR
Billy Wilder, USA 1948, 35 mm, E/d*, 116 18:15 SÉLECTION LUMIÈRE ONE FLEW OVER THE CUCKOO ’ S NEST
Milos Forman, USA 1975, 35 mm, E/d/f, 133 21:00 HEIMLICHE STARS THE WORLD ’ S GREATEST SINNER
Timothy Carey, USA 1962, DCP, E/e*, 82
9. — 10. NOV
6 th GLOBAL SCIENCE FILM FESTIVAL
Das Global Science Film Festival ist eine Schweizer Plattform, die Wissenschaft und Gesellschaft durch Film verbindet. Die sechste Ausgabe läuft unter dem Motto ‹Die kürzeste Distanz zwischen Wissenschaft und Geselligkeit ist Kino›.
Begleitet von spannenden Podiumsdiskussionen mit nationalen und internationalen Gästen aus dem Film- und Wissenschaftsbereich präsentiert das Festival 21 Langund Kurzfilme zum Thema Wissenschaft und Forschung.
Siehe separates Programm unter: sciencefilm.ch
Mo 11
18:00 PREMIERE SAY GOD BYE
Thomas Imbach, Schweiz 2024, DCP, E+Dialekt+F/d, 120
20:45 HEIMLICHE STARS ROSENCRANTZ AND GUILDENSTERN ARE DEAD
Tom Stoppard, GB/USA 1990, 35 mm, E/d/f, 117
Di 12
18:30 PEDRO COSTA OSSOS
Pedro Costa, Portugal/Frankreich/Dänemark 1997, DCP, Port/e, 94
20:45 MARLENE DIETRICH SHANGHAI EXPRESS
Josef von Sternberg, USA 1932, DCP, E/d*, 82
Mi 13
15:00 CLASSICS QUATRE NUITS D ’ UN RÊVEUR
Robert Bresson, Frankreich/Italien 1971, DCP, F/e, 83
18:30 MARLENE DIETRICH THE DEVIL IS A WOMAN
Josef von Sternberg, USA 1935, 35 mm, E/d*, 79 20:45 PEDRO COSTA VITALINA VARELA
Pedro Costa, Portugal 2019, DCP, Port+Kapverdisches Kreol/d/f, 125 '
Do 14
16:15 VORLESUNG: FILMGESCHICHTE VOM STUMMFILM ZUM TONFILM
Vorlesung von Prof. Dr. Daniel Wiegand 18:00 VORLESUNG: FILMGESCHICHTE ABSCHIED
Robert Siodmak, Deutschland 1930, DCP, D, 78
20:45 MARLENE DIETRICH WITNESS FOR THE PROSECUTION
Billy Wilder, USA 1957, 35 mm, E/d*, 116 '
HEIMLICHE STARS ENTER THE DRAGON, BOLO YEUNG
DIE DREI VON DER TANKSTELLE
Sa 12.10. 18:30 Sa 26.10. 15:00
Deutschland 1930, sw, 35 mm, D, 97 '
REGIE Wilhelm Thiele DREHBUCH Franz Schulz, Paul Franck KAMERA Franz Planer MUSIK Werner Richard Heymann SCHNITT Viktor Gertler MIT Lilian Harvey, Willy Fritsch, Oskar Karlweis, Heinz Rühmann, Fritz Kampers, Olga Tschechowa, Kurt Gerron.
«Der für den frühen Tonfilm pionierhafte und kommerziell erfolgreichste UFA-Film der frühen dreissiger Jahre entstand zur Zeit der schlimmsten Arbeitslosigkeit in Deutschland. Drei mittellos gewordene Freunde verkaufen ihr Auto und machen mit dem Erlös eine Tankstelle auf. Da sie sich in dieselbe Frau verlieben, ergeben sich Verwirrungen und Verwechslungen bis zum beschwingten Ende. Der Film, der durch seinen virtuosen Umgang mit Erzählung, Tanz und integrierter Musik eine neue filmische Form erfand, mit der er das US-Musical vorwegnahm, liess die bewegte Handlung mit sehr populären Liedern besingen, die den Erfolg des Films mitbegründeten: ‹Ein Freund, ein guter Freund›, ‹Lieber, guter Herr Gerichtsvollzieher›, ‹Liebling, mein Herz lässt dich grüssen› u. a. m.» (Filmpodium, Apr 1997)
Neben dem Kinostar Willy Fritsch, dem bekannten Bühnendarsteller Oskar Karlweiss und dem durch diesen Film berühmt gewordenen Heinz Rühmann war der Schauspieler Kurt Gerron nur zweite (männliche) Garnitur und durfte nicht um die weibliche Hauptfigur mitwerben. Dennoch war er ein heimlicher Star des Films, der in manchen Musiknummern durch Singen und Tanzen die Aufmerksamkeit auf sich zog. Gerron, der bereits in etlichen Stummfilmen in Nebenrollen und in Der blaue Engel auch als Zauberkünstler Kiepert Beachtung fand, wurde jedoch bald aufgrund seiner jüdischen Herkunft von den Nazis verfolgt, emigrierte 1933 zunächst nach Paris und später nach Amsterdam. 1943 wurde er deportiert und 1944 in Auschwitz ermordet.
GONE WITH THE WIND
So 6.10. 14:00 Sa 26.10. 18:30
USA 1939, Farbe, DCP, E/d*, 238 '
REGIE Victor Fleming, George Cukor (ungenannt), Sam Wood (ungenannt) DREHBUCH Sidney Howard, Oliver H.P. Garrett (ungenannt), Ben Hecht (ungenannt) u. a., nach dem Roman von Margaret Mitchell KAMERA
Ernest Haller MUSIK Max Steiner SCHNITT Hal C. Kern, James E. Newcom MIT Vivien Leigh, Clark Gable, Olivia de Havilland, Leslie Howard, Hattie McDaniel, Barbara O’Neil, Thomas Mitchell, Laura Hope Crews, Harry Davenport, Ona Munson, Victor Jory, Jane Darwell.
BLACK STAR – VIDEOESSAY Vorfilm
Schweiz 2022, Farbe, Digital HD, D, 3 REGIE Johannes Binotto.
«Die schöne und egozentrische Scarlett O’Hara hat während des Amerikanischen Bürgerkrieges nur ein Ziel vor Augen: die Bewahrung ihres Südstaaten-Gutes Tara, auf dem sie glücklich aufwuchs und sich unsterblich in den gutmütigen Ashley Wilkes verliebte. Da er schon Bräutigam der naiven Melanie ist, heiratet sie den Langweiler Charles. Die Ehe ist nicht von Dauer: Charles fällt im Bürgerkrieg. Schliesslich lernt Scarlett den Herzensbrecher Rhett Butler kennen, dessen Zuneigung sie schamlos ausnützt. Zu spät erkennt sie, wen sie wirklich liebt.» (kino.de)
«Das nationale Trauma des Amerikanischen Bürgerkriegs hat schon den 1936 erschienenen Roman von Margaret Mitchell zum Bestseller gemacht. Auf der Leinwand erblüht Scarlett O’Haras Liebe zum Land ihrer Vorväter, verkörpert in dem herrschaftlichen Anwesen Tara. In herrlichstem Technicolor erinnert es an die verschwenderisch-sorglose Lebensart des amerikanischen Südens und übertüncht beinahe den Makel der Sklavenhaltergesellschaft. Im Bürgerkrieg unterlag der Süden dem rational merkantilen Norden, aber er verkörpert bis heute die Seele des Kontinents.» (Marli Feldvoss, deutschlandfunkkultur.de, Jan 2018)
LA RÈGLE DU JEU
Fr 4.10. 18:30 Di 15.10. 18:15
So 20.10. 15:00
Frankreich 1939, sw, DCP, F/e/d*, 106
REGIE Jean Renoir DREHBUCH Jean Renoir, Carl Koch
KAMERA Jean Bachelet MUSIK Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Strauss, Camille Saint-Saëns, Frédéric Chopin, arrangiert von Roger Désormières und Joseph Kosma SCHNITT Marguerite Renoir MIT Marcel Dalio, Nora Grégor, Roland Toutain, Jean Renoir, Mila Parély, Odette Talazac, Pierre Magnier, Paulette Dubost, Gaston Modot, Julien Carette, Claire Gérard, Anne Mayen.
Di 15.10. 18:15
Einführung von Prof. Dr. Fabienne Liptay, 10'
«Eine breit angelegte Exposition macht mit einer bunten Palette von Charakteren bekannt, die sich später auf dem Landsitz des Marquis de la Chesnaye zur Jagd und sommerlichen Vergnügungen zusammenfinden. Da ist der von mechanischen Spielzeugen faszinierte Marquis selbst, der seiner Geliebten Geneviève den Abschied geben möchte, da ist Christine, seine Frau (Nora Gregor), eine Österreicherin, die in der französischen Hautevolee immer ein wenig fehl am Platz wirkt und mit dem heftigen Begehren des Flugpioniers Jurieu erst recht nichts anzufangen weiss, da ist der ewige Clown Octave (Jean Renoir), der überall dabei ist und nirgends hingehört. So kann ein munterer Reigen erotischer Irrungen und Wirrungen beginnen, an dem neben vielen anderen Gästen auch die zahlreichen Dienstboten des Landsitzes teilhaben. Während des grossen Sommerfestes wird der Reigen für einen fatalen Moment zum Totentanz, doch gleich heisst es: Schwamm drüber.» (Viennale, Okt 2008)
Jean Renoir lässt in seiner bissigen Kritik an einer hierarchischen und unbeweglichen Gesellschaft ein Figurenensemble als «caractère collectif» auftreten. Oder anders gesagt spiegelt die Abkehr von der Hackordnung unter den Filmfiguren die Absage an eine gesellschaftliche Ordnung. Dazu gehört auch, dass zentrale Rollen mit eher unbekannten Schauspieler:innen besetzt wurden, darunter Renoir selbst. (tb) «Die Legende hat nicht lange gezögert, in diesen unerwarteten Besetzungen ein spezifisches Merkmal der Methode des Cineasten zu sehen, das ihn von seinen Kollegen der dreissiger Jahre unterschied: als ob Renoir das Starsystem abgelehnt, sich der freien Inspiration seiner Einfälle hingegeben hätte und aus Spass am Experiment oder der Provokation seiner Neigung gefolgt wäre, seine Schauspieler über die Logik der Figur oder die der Dramaturgie zu stellen.» (Olivier Curchod, Genesis, 2007)
TO BE OR NOT TO BE
Mi 2.10. 18:00 Mo 28.10. 20:30 USA 1942, sw, 35 mm, E/d/f, 99 REGIE Ernst Lubitsch DREHBUCH Edwin Justus Mayer, nach einer Geschichte von Ernst Lubitsch, Melchior Lengyel KAMERA Rudolph Maté MUSIK Werner R. Heymann SCHNITT Dorothy Spencer MIT Carole Lombard, Jack Benny, Robert Stack, Felix Bressart, Lionel Atwill, Stanley Ridges, Sig Rumann, Tom Dugan, Charles Halton, Peter Caldwell, Miles Mander, Henry Victor.
Mo 28.10. 20:30
Einführung von Prof. Dr. Stefanie Diekmann, 10'
«Der Film erzählt die Geschichte eines Warschauer Theaterensembles, das zufällig in den Widerstand gegen die Nationalsozialisten hineingerät. Die Stars der Truppe sind der ebenso eitle wie unbegabte Hamlet-Darsteller Joseph Tura (Jack Benny) und seine glamouröse, kokette, nicht sehr treue Frau Maria (Carole Lombard), die ihrem Gatten auf und hinter der Bühne ein Schnippchen nach dem anderen schlägt. Zuerst proben die Darsteller ein AntiNazi-Drama namens ‹Gestapo›, mit dem Kleindarsteller Bronski als Hitler. Noch die letzte Charge kämpft dabei um einen grossen Auftritt – oder zumindest einen Lacher. Doch schon vor der ersten Aufführung verbietet die Regierung das Stück: Es scheint ihr zu heikel. Dann erfolgt der deutsche Überfall auf Polen – und der Film wandelt sich von der klassischen Bühnenfarce mit geschliffenen, doppeldeutigen Dialogen zum Kriegsdrama.» (Susanne Weingarten, bpb.de, Apr 2010)
Der satirisch-humoristische Blick Lubitschs auf die Naziherrschaft war und ist aufgrund des nun gar nicht spassigen Themas sicherlich nicht unumstritten. Doch die rasante Verwechslungskomödie mit all ihren Täuschungen und Doppelrollen ermöglicht es wirksam, Neben- zu Hauptfiguren zu machen –und das sowohl auf der Theater- als auch auf der Weltbühne. Sie bedient damit auch die Fantasie, dass «unwichtige», kleine Menschen sich vielleicht gegen die grossen Akteure der Geschichte zur Wehr setzen könnten. (tb)
PAISÀ
Fr 11.10. 15:00 So 20.10. 18:00
Italien 1946, sw, DCP, I/d, 125 REGIE Roberto Rossellini DREHBUCH Sergio Amidei, Federico Fellini, Roberto Rossellini, Klaus Mann (Beteiligung am Sujet) KAMERA Otello Martelli MUSIK Renzo Rossellini SCHNITT Eraldo Da Roma MIT 1. Episode: Carmela Sazio, Robert Van Loon, 2. Episode: Alfonsino Pasca, Dots M. Johnson, 3. Episode: Maria Michi, Gar Moore, 4. Episode: Harriet White, Renzo Avanzo, 5. Episode: Bill Tubbs, 6. Episode: Dale Edmonds, Cigolani.
«Filmische Geschichtsschreibung: die Befreiung Italiens von Süden bis Norden. Stationen des alliierten Vormarsches. Begegnungen zwischen amerikanischen Soldaten und Einheimischen, der Kampf der Partisanen gegen deutsche Truppen in der Po-Ebene. Rossellinis Wahl, dies in fünf Episoden zu erzählen, auf Helden und durchgehende Handlung zu verzichten und mit Laien zu drehen, ist prinzipieller Natur. Paisà sucht einen kollektiven historischen Vorgang zu erhellen. Die Wirklichkeit des Kriegs, sich wie von selbst im Epi-Phänomen zeigend, Chaos hinter den Linien, Scharmützel, moralische Verwüstung, absurde Logik des Zufalls, zerstörte Natur, zerstörte Leben. In sachlichen Bildern, die nichts zu beweisen suchen, beschreibt Rossellini eine furchtbare Totalität aus versprengten Schicksalen und einsamen Toden: den Krieg in Italien.» (Österreich. Filmmuseum, Mrz 2001)
Bedeutung und Wertschätzung von Nebenfiguren sind im Credo des Italienischen Neorealismus von vornherein angelegt. Denn es geht auch in Paisà der Stilbewegung darum, ein kollektives Stimmungsbild einer ganzen Gesellschaft abzubilden, statt auf das Schicksal prominenter Einzelpersonen zu fokussieren. Die mehrheitlich konsequente Arbeit mit Laiendarstellern, die in ihrem Dialekt sprechen und oft sich selbst in ihrer harten Alltäglichkeit verkörpern, war nicht nur eine programmatische und ästhetische Absage an das mit Stars besetzte, eskapistische oder bombastisch verherrlichende Studiokino des Faschismus, sondern auch eine Antwort auf dessen allgemein autoritäre Strukturen. (tb)
GONE WITH THE WIND
KIND HEARTS AND CORONETS
So 6.10. 20:30 Mo 4.11. 20:45 GB 1949, sw, 35 mm, E/d/f, 118 ' REGIE Robert Hamer DREHBUCH Robert Hamer, John Dighton, nach dem Roman von Roy Horniman KAMERA Douglas Slocombe MUSIK Ernest Irving SCHNITT Peter Tanner MIT Dennis Price, Alec Guinness, Joan Greenwood, Valerie Hobson, Audrey Fildes, Hugh Griffith, Miles Malleson, John Penrose, John Salew, Barbara Leake.
«Der Film mit Dennis Price in der Hauptrolle als Gentleman der Edwardischen Zeit, der sich gemächlich seinen Weg zum Herzogtum freimordet, indem er alle Verwandten ausschaltet, die sich ihm in den Weg stellen, ist nach wie vor unentwegt komisch. Viele der Morde geschehen vor unseren Augen, und doch bleiben Geheimnisse bestehen, die tiefer reichen als alles, was sich aus der Handlung ergibt. Warum ist das Ergebnis angesichts des Zynismus von Hamers misanthropischem Protagonisten trotzdem so vergnüglich anzuschauen? Und wie schafft es Alec Guinness, acht verschiedene Rollen zu spielen und dennoch als Inbegriff der Zurückhaltung dazustehen? Wohl kein Film ist geschmeidiger geschrieben oder genüsslicher zitierbar, und doch hat man nie das Gefühl, dem beflissenen Abfilmen eines Drehbuchs beizuwohnen: Die Handlung ist lebhaft, knackig und überraschend sinnlich. Bei jeder neuen Sichtung rückt die unterstützende Präsenz von Joan Greenwood – und ihre erstaunlichen Hüte – mehr in den Vordergrund.» (Anthony Lane, The New Yorker, Nov 2019)
Kind Hearts and Coronets ist geradezu ein Lehrstück zu Funktion, Beschaffenheit und Anordnung von Nebenfiguren und eine fantastische Tour de Force für einen Schauspieler, der dabei achtfach besetzt wird – Alec Guinness hat sich über die Herausforderung sichtlich gefreut, arbeitslose Schauspieler:innen vielleicht weniger. (tb)
THE WORLD’S GREATEST SINNER
Di 29.10. 18:30 Fr 8.11. 21:00
USA 1962, sw, DCP, E/e*, 82 '
REGIE Timothy Carey DREHBUCH Timothy Carey
KAMERA Frank Grande, Robert Shelfow, Raymond Steckler, Ove H. Sehested MUSIK Frank Zappa
SCHNITT Carl Mahakian MIT Timothy Carey, Gil Barretto, Betty Rowland, James Farley, Gail Griffin.
«‹Warum kann ich kein Gott sein?›, fragt sich Clarence Hilliard, der sich in The World’s Greatest Sinner vom Versicherungsvertreter zum aufstrebenden Diktator mausert. Wie eine langsam durch den Raum rollende Granate verfolgt Timothy Careys erratisch brillanter, durch und durch unabhängiger Film von 1962 den Aufstieg von Clarence (Carey) (...). Er wird als sonderbarer Vater mit einer frommen Frau und Kindern vorgestellt – bis er das Drehbuch des Lebens über Bord wirft. Clarence will mehr. Nach ein paar Drinks fängt er an, auf der Strasse zu predigen, vielleicht von der Satan-ähnlichen Voice-overStimme inspiriert. Hungrig nach Aufmerksamkeit gründet er eine Rockband, wirbelt vor der Menge herum und löst damit einen Aufruhr aus. (Die Musik stammt von einem jungen Frank Zappa.) Als God Hilliard organisiert er dann eine Bewegung namens Eternal Man’s Party, um als Präsident zu kandidieren.» (Nicolas Rapold, New York Times, Okt 2023)
Eine gewisse (vielleicht selbstironische?) Deckungsgleichheit der filmischen Hauptfigur mit der Person Timothy Carey ist nicht von der Hand zu weisen. Immer wieder und von so berühmten Namen wie Wilder, Kubrick, Kazan oder Cassavetes nur als Nebendarsteller engagiert, erntete Carey von Regisseuren und Schauspielkolleg:innen gleichermassen Bewunderung als auch Empörung, da er mit darstellerischer Verve, aber auch allerlei Tricks und erratischem Verhalten anderen wiederholt die Show stehlen wollte.
In The World’s Greatest Sinner ist er nun nicht mehr zu bändigen und als Drehbuchautor, Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller in jeder Facette Protagonist! (tb)
TWO-LANE BLACKTOP
Sa 5.10. 20:45 So 3.11. 18:00
USA 1971, DCP, E/d*, 103
REGIE Monte Hellman DREHBUCH Rudolph Wurlitzer, Will Corry, Floyd Mutrux (ungenannt) KAMERA
Jackson Deerson MUSIK Billy James SCHNITT Monte Hellman MIT James Taylor, Dennis Wilson, Warren Oates, Laurie Bird, Bill Keller, Harry Dean Stanton, Alan Vint, George Mitchell.
A STORY FOR THE MODLINS Vorfilm
Spanien 2012, Farbe, Digital HD, E, 26 REGIE Sergio Oksman DREHBUCH Sergio Oksman, Carlos Muguiro, Emilio Tomé KAMERA Miguel Amoedo SCHNITT Sergio Oksman, Fernando Franco MIT Elmer Modlin, Margaret Modlin, Nelson Modlin.
«Hellmans Filme zeichnen sich durch eine fast dialoglose, alle Erklärungen und Motivationen abweisende existenzialistische Grundhaltung aus, (…) wobei hier das Auto die Hauptrolle spielt, ein auf Hochleistungen getrimmter alter Chevrolet, mit dem zwei junge Männer durch die Gegend reisen, um sich durch illegale Wettrennen das Geld zu verdienen, das sie für ihr Leben von der Hand in den Mund brauchen. Die Spannung des Films liegt weniger in der physischen Präsenz der Fahrt, der Autos, der Motorengeräusche, die ihn durchwirken, sondern in der Intensität, mit der Hellman am Porträt seiner Personen arbeitet.» (Wolfram Schütte, Filmmuseum München, Sep 2021)
Nur in einer kleineren Szene ist Harry Dean Stanton als Anhalter zu sehen, über den Sam Shepard einmal sagte: «Er ist einer dieser Schauspieler, die wissen, dass ihr Gesicht schon die Geschichte ist.» Roger Ebert beschreibt es «wie einen mittelalterlichen Holzschnitt: eckig, mit eingefallenen Wangen, einem verzerrten, schmallippigen Mund und eingegrabenen grossen Augen. Das Gesicht war eindringlich wegen dem, was es ausdrückte, aber noch mehr wegen dem, was es verbarg. Einsamkeit war in sein Gesicht geätzt. Oder vielleicht war es keine Einsamkeit. Vielleicht war es etwas anderes.» Zum kurzen Auftritt der Figur in Two-Lane Blacktop: «Ich denke manchmal an sie. Ich frage mich, was mit ihr passiert ist. Ich frage mich, wie ihr Leben war. Wie bei den meisten Rollen von Stanton, und seien sie noch so klein, hinterlässt seine Präsenz ein nachhaltiges Gedächtnisbild.»
(Roger Ebert, Sep 2017)
KEINE NEBENSACHE! NEBENFIGUREN
Di 29.10. 18:30
Im Anschluss an die Vorstellung von THE WORLD ’ S GREATEST SINNER findet eine Buchvernissage und Podiums diskussion statt – mit Stefanie Diekmann, Dennis Göttel und Fabienne Liptay. Moderation: Johannes Binotto
Nebenfiguren sind alles andere als eine Nebensache. Was aber macht sie so interessant, sie gleich ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen? Welche Muster lassen sich in den Auftritten erkennen, die Nebenfiguren im Film und in anderen Künsten haben?
Diese Fragen erkundet der vielfältige Tagungsband «Nebenfiguren» – herausgegeben von Stefanie Diekmann und Dennis Göttel –, der unter der Leitung von Johannes Binotto mit den Herausgeber:innen und der Autorin Fabienne Liptay diskutiert und vorgestellt wird.
ENTER THE DRAGON
Fr 11.10. 20:45 Di 22.10. 18:30
USA/Hongkong 1973, Farbe, DCP, E+Kant/d/f, 98 REGIE Robert Clouse DREHBUCH Michael
KAMERA Gil
Im allerersten von Hollywood mitproduzierten Kampfkunstfilm spielt Bruce Lee – der legendärste Kampfkünstler, den Hongkong je hervorgebracht hat – einen Spion des britischen Geheimdienstes. Dieser schleust ihn auf die Privatinsel des ehemaligen ShaolinMönchs Han ein, um diesen zur Strecke zu bringen. Denn der niederträchtige Han, mittlerweile ein Drogenbaron und auch verantwortlich für den Suizid der Schwester des Helden, organisiert dort ein internationales Kampfsportturnier. Wie im Kung-Fu-Genre üblich, muss auch der Held von Enter the Dragon auf seinem Weg zum Endkampf mehrere zweitklassige Kämpfer aus dem Weg räumen, deren einziger Auftrag es ist, Unterlegenheit zu beweisen – in diesem Film zwei Amerikaner, aber auch ein chinesischer Kämpfer namens Bolo. Bolos kurzer Auftritt war jedoch so markant und populär, dass der Figurenname fortan zum (westlichen) Vornamen des Schauspielers Bolo Yeung wurde. Als Yeung Sze wurde er ursprünglich als preisgekrönter Bodybuilder bekannt und trat danach in unzähligen Hongkong-Filmen als Nebenfigur auf. Seine Rollen, und sei es nur durch seinen massigen Körperbau, blieben jedoch vielen im Gedächtnis. Später war er auch, erneut nur als Nebenfigur, an der Seite oder besser gegen Jean-Claude Van Damme in Bloodsport zu sehen. (tb)
FAST TIMES AT RIDGEMONT HIGH
Di 8.10. 18:30 Mi 30.10. 21:00 USA 1982, Farbe, DCP, E/d*, 92 REGIE Amy Heckerling DREHBUCH Cameron Crowe KAMERA Matthew F. Leonetti SCHNITT Eric Jenkins MIT Sean Penn, Jennifer Jason Leigh, Judge Reinhold, Phoebe Cates, Brian Backer, Robert Romanus, Ray Walston, Scott Thomson, Vincent Schiavelli, Amanda Wyss, D. W. Brown, Forest Whitaker, Kelli Maroney, Tom Nolan, Blair Ashleigh, Eric Stoltz, Stanley Davis Jr., James Russo, James Bershad, Nicolas Cage.
Di 8.10. 18:30
Studentische Ein führung, 10'
«Selten wurde die wilde Welt der Adoleszenz mit einem so scharfen Beobachtungsblick eingefangen wie in dieser erfrischend klugen, freimütigen Variation der Teenager-Komödie von Regisseurin Amy Heckerling und Drehbuchautor Cameron Crowe. Basierend auf den Erfahrungen, die Crowe als eingeschleuster Undercover-Student an einer südkalifornischen Highschool machte, verbindet Fast Times at Ridgemont High hormonbestückte Heiterkeit mit einer fast soziologischen Betrachtung der Teenager-Erfahrungen der achtziger Jahre: Herumlungern in Einkaufszentren, Fast-Food-Jobs, nervtötende Lehrer, peinliche Verabredungen und erste Erfahrungen mit Liebe und Sex.» (The Criterion Collection)
Allin
Hubbs MUSIK Lalo Schifrin SCHNITT Kurt Hirschler, George Watters MIT Bruce Lee, John Saxon, Jim Kelly, Kien Shih, Ahna Capri, Geoffrey Weeks, Robert Wall, Angela Mao Ying, Betty Chung, Bolo Yeung.
THE WORLD’S GREATEST SINNER
TWO-LANE BLACKTOP
Berühmt ist der Film aber auch, weil er als Karrierestartschuss einer ganzen Reihe von damals noch un- oder wenig bekannten Darsteller:innen gilt – neben der Regisseurin scheint auch der Casting Director (Don Phillips) ein glückliches Händchen zu haben –, darunter Jennifer Jason Leigh, Forest Whitaker, Anthony Edwards, Eric Stoltz und besonders Sean Penn als Kiffer-Ikone Jeff Spicoli. «Diese auf Anhieb unvergessliche Figur, ein sorgloser Surfer mit unendlichem Vorrat an köstlichen Slang-Ausdrücken, ist nur eine Nebenfigur in der Landschaft der Ridgemont High, eher Beobachter als Teilnehmer am Geschehen. Doch in Heckerlings Plan ist Spicoli die ‹Würze› des Films: Nur gelegentlich tritt er aus seinem Marihuanavernebelten VW-Bus heraus, um ein paar bekiffte buddhistische Weisheiten zu verkünden und dann wieder zu verschwinden.» (Dana Stevens, The Criterion Collection, Mai 2021)
ROSENCRANTZ AND GUILDENSTERN ARE DEAD
Do 10.10. 15:00 Mo 11.11. 20:45
GB/USA 1990, Farbe, 35 mm, E/d/f, 117
REGIE Tom Stoppard DREHBUCH Tom Stoppard
KAMERA Peter Biziou MUSIK Stanley Meyers SCHNITT Nicolas Gaster MIT Gary Oldman, Tim Roth, Richard Dreyfuss, Joanna Roth, Ian Glen, Donald Sumpter, Joanna Miles, Ljubo Zecevic, Ian Richardson, Sven Medvesck, Vili Matula, John Burgess.
Obwohl der Film auf dem wohl berühmtesten Drama Shakespeares (und zugleich auf Tom Stoppards eigenem Theaterstück) basiert, steht hier der dänische König für einmal im Abseits des Schauspiels, die titelgebenden Kumpanen hingegen in dessen Zentrum. «Wie so viele von uns sind Rosencrantz und Guildenstern Bauern im Schachspiel des Lebens. Die Idee, ihre Geschichte in einem abendfüllenden Film zu erzählen, ist eigentlich absurd, denn es gibt kaum eine Geschichte zu erzählen. Sie sind Nebenfiguren, die nur dazu da sind, ein paar Züge auf dem imaginären Feld zu machen, bevor sie kurzerhand aus dem Spiel genommen werden. Das ist gelinde gesagt ein armseliges Schicksal, eine Tatsache, die beide Figuren nur am Rande wahrnehmen. Da sie nichts ändern können, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als miteinander zu philosophieren, alberne Spiele zu spielen, sich mit den Vorzügen eines Schlosses zu amüsieren und so wenig wie möglich über die Welt zu erfahren, in der sie leben.» (Matthew Rozsa, Dez 2020)
« Rosencrantz ist ein Juwel von einem Film, ein Werk von hoher Belesenheit, ausgelassener guter Laune, sprühendem Witz, bizarrem Charme und unheimlicher Spannung. Theatralisch ist ein Wort, das meist abwertend für verfilmte Stücke verwendet wird, aber Stoppards Film ist im besten Sinne theatralisch. Er macht seine ganze Welt zur Bühne, weckt unsere Freude an der reinen Illusion.» (Michael Wilmington, Los Angeles Times, Apr 1991)
CASTING
Di 1.10. 18:15 So 13.10. 20:45
Deutschland 2017, Farbe, DCP, D, 91
REGIE Nicolas Wackerbarth DREHBUCH Nicolas Wackerbarth, Hannes Held MIT Andreas Lust, Judith Engel, Milena Dreissig, Nicole Marischka, Stephan Grossmann, Tim Kalkhof, Ursina Lardi, Marie-Lou Sellem, Corinna Kirchhoff, Andrea Sawatzki.
« Casting ist ein improvisierter Fernsehfilm, der vom Casting für ein Fernsehfilm-Remake von Rainer Werner Fassbinders berühmtem Liebesmelodram Die bitteren Tränen der Petra von Kant handelt. Der erfolgreiche Schauspieler Andreas Lust gibt darin den erfolg- und arbeitslosen Schauspieler Gerwin, der sich als Anspielpartner verdingt. Das heisst, dass er in Vertretung des bereits gecasteten männlichen Hauptdarstellers den Schauspielerinnen, die sich um die weibliche Hauptrolle bewerben, die Stichworte liefert. Während sich nun in Probeaufnahmen eine ganze Reihe hochkarätiger deutschsprachiger Miminnen um den Zuschlag bemüht, verzweifelt das Team im Hintergrund an den reichlich verblasenen Ansprüchen der Regisseurin und es droht die ganze Produktion auseinanderzufallen. Da wittert Gerwin seine Chance. Mit Casting gelingt Wackerbarth eine vielfach schillernde, mehrbödige Tragikomödie, die nicht nur von den Nöten arbeitsuchender Künstler:innen erzählt, sondern auch den kreativen Prozess der Rollenerarbeitung dokumentiert. Wobei die beim Vorgang des Castings wirksamen komplexen emotionalen Gemengelagen die Fassbinder-Vorlage spiegeln.» (Bildrausch Filmfest Basel, 2017)
DIE PERFEKTE BESETZUNG
Di 1.10. 18:15
Im Anschluss an die Vorführung von CASTING findet ein Gespräch mit der Casterin Ulrike Müller und Schauspielerin Maren Eggert statt. Moderation: Till Brockmann.
Casting Die Theorie von Allem Verbrannte Erde Amour Fou : Als Casting Director war Ulrike Müller für einige der aufregendsten deutschsprachigen Filme der vergangenen 20 Jahre verantwortlich. Die gefeierte Schauspielerin Maren Eggert (Ich bin dein Mensch Ich war zuhause, aber... ), die bei herausfordernden Projekten durchaus auch gerne Nebenrollen annimmt, hat sie schon mehrmals besetzt, zuletzt in Der Spatz im Kamin von Ramon Zürcher oder in Gavagai von Ulrich Köhler. In einem Gespräch diskutieren die beiden über die perfekte Besetzung, Prozesse beim Casting, wie sich ihre Berufe in den vergangenen Jahren verändert haben und vor welchen Herausforderungen Casting Directors und Schauspieler:innen heute stehen. Und natürlich vor allem auch darüber: Was macht eigentlich eine:n gute:n Nebendarsteller:in aus?
FIRST COW
Mi 9.10. 18:15 Do 24.10. 20:45
USA 2019, Farbe, DCP, E/d*, 122
REGIE Kelly Reichardt DREHBUCH Jonathan Raymond, Kelly Reichardt KAMERA Christopher Blauvelt MUSIK
William Tyler SCHNITT Kelly Reichardt MIT Evie, John Magaro, Orion Lee, Rene Auberjonois, Toby Jones, Ewen Bremner, Scott Shepherd, Gary Farmer, Lily Gladstone, Dylan Smith, Patrick D. Green, Clayton Nemrow, John Keating, Manuel Rodriguez, Jared Kasowski, Alia Shawkat.
«Oregon Territory, etwa 1820: Auf der Suche nach der besseren Zukunft gestrandet in einer behelfsmässigen Ansiedlung, lernen Cookie und King-Lu einander kennen; und als die erste Milchkuh im Landstrich eintrifft, starten sie ein kleines, heimliches Unternehmen. Eine Frontier-Geschichte über Schmalzgebäck. Ein Western, der ohne die hohlen Gesten des Heldischen auskommt, seinen Helden dafür aber die Sehnsucht gönnt, die Fähigkeit zur Freundschaft und das Talent der Rede. Der Beginn dieses zärtlichen Films liefert seinem Ende die Erklärung – ein dramaturgischer Kunstgriff von verblüffender Schönheit und zugleich Beweis für Reichardts Meisterschaft in der Ökonomie des Erzählens.» (Alexandra Seitz, Viennale, Okt 20)
Ein Hund, der zwei Skelette aufspürt, setzt die Handlung von First Cow gleich zu Beginn in Gang, und auch weitere Tiere, allen voran natürlich die erste Kuh Oregons, nehmen in der Handlung eine prominente Position ein –unzählige Repräsentanten des Tierreichs spielen in der Filmgeschichte seit jeher eine wichtige (Neben-)Rolle. Die gutmütige Kuh Evie, die erst nach einem aufwendigen Casting-Prozess von Reichardt aufgrund ihrer makellosen Schönheit zu Ehren kam, ziert in diesem Film nicht nur den Titel, sondern ist auch stille – und man mag schon fast sagen: einfühlsame – Beobachterin. Zugleich eine gute Zuhörerin, wenn Cookie sich mit ihr unterhält und ihr auch sein Beileid dafür ausspricht, dass Evies Partner und ein Kälbchen auf dem Weg nach Oregon verendeten. Sie strahlt eine Ruhe und Milde aus, die sich unweigerlich auf die Protagonisten überträgt und einen wirkungsmächtigen Beitrag zur allgemeinen Stimmung dieses ungewöhnlichen Westerns leistet. (tb)
THE ORDINARIES
Fr 25.10. 15:00 Di 16.10. 18:00
Deutschland 2022, Farbe, DCP, D, 124 ' REGIE Sophie Linnenbaum DREHBUCH Sophie Linnenbaum, Michael Fetter Nathansky KAMERA Valentin Selmke MUSIK Fabian Zeidler SCHNITT Kai Eiermann MIT Fine Sendel, Jule Böwe, Henning Peker, Sira Faal, Noah Tinwa, Denise M’Baye, Pasquale Aleardi, Aurel Manthei.
JILL, UNCREDITED Vorfilm
GB/Kanada 2022, Farbe + sw, DCP, E, 18 ' REGIE Anthony Ing MIT Jill Goldston.
«Das innovative Debüt von Sophie Linnenbaum blickt auf eine unbekannte Welt der Filmfiguren, in der sich Haupt- und Nebenfiguren erbittert bekriegen (…): Mit Stolz berichtet die Ich-Erzählerin zum Auftakt von ihrer Mutter, die als Nebendarstellerin in Filmen auftritt. Selbst unter Hunderten von Komparsen findet Paula die Mama in Archivbildern sofort heraus. Noch stolzer ist die junge Heldin auf den Vater. Der war immerhin eine Hauptfigur und er starb einen heldenhaften Tod. In seine Fussstapfen möchte die Schauspielschülerin treten. Klassenbeste ist sie bereits, sie kann panisch schreien und beherrscht die Zeitlupe. Nur mit dem Erzeugen emotionaler Musik hapert es noch etwas. Um die bevorstehende Prüfung nicht zu verpatzen, will sie zur Inspiration einige Flashbacks ihres Vaters anschauen. Doch im Archiv fehlt von dem vermeintlichen Helden jede Spur. Alles nur ein Versehen, glaubt die Tochter. Papa wurde schliesslich von den Outtakes ermordet. Oder etwa doch nicht?» (Dieter Osswald, programmkino.de, Mrz 2023)
«Der Film beeindruckt von Anfang an durch die Konsequenz, mit der er zwischen allen gängigen Schubladen erzählt, mit Elementen von Coming-of-Age-Drama, Science-Fiction und Gesellschaftssatire, und wie er auf der Handlungsebene wie auch visuell seine anspruchsvolle Grundidee durchspielt (…). Wenn Paulas Weg sie aus der Oberflächen-Idylle der Haupt- und Nebenfiguren in die Elendsquartiere der Outtakes führt, die in düsteren Fabriken für Hintergrundgeräusche schuften oder in einer Kaschemme abhängen, die direkt aus einem proletarischen Drama der Weimarer Republik stammen könnte, positioniert sich The Ordinaries fast schon klassenkämpferisch. Aber bierernst wird er dann doch nicht.» (Patrick Seyboth, epd-film, Mrz 23) Als Vorfilm zeigen wir den Kurzdokumentarfilm Jill, Uncredited : eine vergnügliche Hommage an die «ewige» Nebendarstellerin Jill Goldston.
CASTING
FILMGESCHICHTE DURCH DIE JAHRZEHNTE: VOM KINO DER ATTRAKTIONEN BIS 1945
Vorlesungsreihe des Seminars für Filmwissenschaft, Universität Zürich
Die Filmgeschichtsvorlesung am Seminar für Filmwissenschaft (Universität Zürich) findet in diesem Jahr als öffentliche Veranstaltung im Filmpodium statt. Daniel Wiegand und Gäste behandeln von September bis Dezember jeweils am Donnerstagnachmittag Aspekte der Filmgeschichte aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: von den Anfängen im ausgehenden 19. Jahrhundert über wesentliche Stationen der Stummfilmzeit bis hin zum Übergang zum Tonfilm und zum klassischen Hollywoodkino. Die Vorträge werden ergänzt durch anschliessende Filmvorführungen.
Do 3.10. 16:15
DAS «KINO DER ZWEITEN EPOCHE» UND DIE ENTWICKLUNG DES NARRATIVEN SPIELFILMS gefolgt von MAUDITE SOIT LA GUERRE
Do 17.10. 16:15
WEIMARER KINO 1: EXPRESSIONISMUS UND FANTASTIK gefolgt von NOSFERATU – EINE SYMPHONIE DES GRAUENS
Do 24.10. 16:15
WEIMARER KINO 2: GROSSSTADT UND GESELLSCHAFT gefolgt von BERLIN –DIE SINFONIE DER GROSSSTADT
Do 31.10. 16:15
FILMISCHER IMPRESSIONISMUS gefolgt von FIÈVRE und LA SOURIANTE MADAME BEUDET Vorlesung von Dr. Jan Sahli
Do 7.11. 16:15
SOWJETISCHES MONTAGEKINO gefolgt von PANZERKREUZER POTEMKIN
Do 14.11. 16:15
VOM STUMMFILM ZUM TONFILM gefolgt von ABSCHIED
Alle Vorlesungen von Prof. Dr. Daniel Wiegand wo nicht anders angegeben. Dauer: 90 Min. Eintritt frei.
MAUDITE SOIT LA GUERRE
KINO-KONZERT
Do 3.10. 18:30
Live-Musik: Wieslaw Pipczynski
(Klavier, Akkordeon, Theremin)
Belgien 1914, handkoloriert, DCP, Stummfilm mit niederländ. Zw'titeln/e, 45
DREHBUCH Alfred Machin
REGIE Alfred Machin
KAMERA Jacques Bizeuil MIT Baert, Suzanne Berni, Albert Hendricks, Fernand Crommelynck, Nadia d’Angély, Jane Tony, Georges Étienne.
Das Programm zeigt drei Filme aus dem «Kino der zweiten Epoche» – den Jahren um 1910, in denen sich der narrative Spielfilm sowohl in dramatischer als auch in komödiantischer Form als dominante filmische Gattung etabliert. Suspense ist ein früher amerikanischer Actionthriller von Lois Weber, die hier die Parallelmontage und den «last minute rescue», zuvor schon von Kollegen wie D. W. Griffith erprobt, zur Meisterschaft führt. Nach der frivolen Komödie Léonce flirte aus dem Hause Gaumont folgt das belgische Kriegsdrama Maudite soit la guerre . Alfred Machin drehte sein pazifistisches Pamphlet kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs über einen fiktiven «Zukunftskrieg», der schon bald – teils noch während der Kinoauswertung – traurige Wirklichkeit werden sollte. Der Film überrascht in ästhetischer Hinsicht mit ungewohnter Schablonenkolorierung und anderen spektakulären Farbeffekten. (dw)
SUSPENSE Vorfilm
USA 1913, sw, DCP, Stummfilm mit e Zw'titeln, 10 '
REGIE Phillips Smalley, Lois Weber DREHBUCH Lois Weber MIT Lois Weber, Val Paul, Douglas Gerrard, Sam Kaufman.
LÉONCE FLIRTE Vorfilm
Frankreich 1913, tinted, DCP, Stummfilm mit f Zw'titeln, 16 '
REGIE Léonce Perret KAMERA Georges Specht MIT Léonce Perret, Suzanne Grandais.
NOSFERATU –EINE SYMPHONIE DES GRAUENS
KINO-KONZERT
Do 17.10. 18:30
Live-Musik: Disco Doom
Anita Rufer (Gitarre, Stimme, Elektronik), Gabriele De Mario (Gitarre, Stimme, Elektronik), Flo Götte (Bass), Tobi Schramm (Schlagzeug)
Deutschland 1922, tinted, DCP, mit d Zw'titeln, 95
REGIE Friedrich Wilhelm Murnau DREHBUCH Henrik Galeen, nach dem Roman «Dracula» von Bram Stoker KAMERA Fritz Arno Wagner, Günther Krampf MUSIK Hans Erdmann SCHNITT Fritz Arno Wagner, Günther Krampf MIT Max Schreck, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder, Georg Heinrich Schnell, Ruth Landshoff.
Im «fantastischen Kino» der Weimarer Republik ist Friedrich Wilhelm Murnaus N osferatu das bis heute vielleicht einflussreichste Werk. Der Film «ist wirklich das geworden, was der Untertitel verspricht: eine Symphonie des Grauens. Düstere Gewölbe und enge Gassen (Bauten: Albin Grau), Nebelschwaden, zuckende Lichter, geheimnisvolle Schatten und abgezirkelte Gesten, die das Pathos des Unheimlichen haben, beschwören eine drückende Atmosphäre. Ein Paradestück des Grauens ist die Fahrt durch den Geisterwald zu Nosferatus Schloss. Murnau setzte diese ganze Szene im Negativ in die Kopie ein und gab ihr ausserdem durch Veränderung der Aufnahmegeschwindigkeit ruckartige, unrealistische Bewegungen. Andererseits kam Murnau auch ohne Kulissen und technische Tricks aus, um die Realität zu verfremden. Er drehte in Lübeck und in den Karpaten und gewann der Natur durch Kameraeinstellungen und Montage die Stimmungen ab, die er brauchte. Nosferatu wurde zum Vorbild für eine Vielzahl von Horrorfilmen.» (Filmpodium, Jan/Feb 1997) (dw)
Aus dem Bestand der Friedrich-Wilhelm-MurnauStiftung (www.murnau-stiftung.de) in Wiesbaden.
BERLIN – DIE SINFONIE DER GROSSSTADT
KINO-KONZERT
Do 24.10. 18:30
Live-Musik: Dadaglobal (Elektronik, Piano) Deutschland 1927, sw, DCP, Stummfilm mit d Zw'titeln, 65
REGIE Walter Ruttmann DREHBUCH Karl Freund, Carl Mayer, Walter Ruttmann, nach einer Idee von Carl Mayer KAMERA Robert Baberske, Reimar Kuntze, Karl Freund, László Schäffer MUSIK Edmund Meisel (Neueinspielung 2007) SCHNITT Walter Ruttmann.
Mit Berlin – Die Sinfonie der Grossstadt setzte der Avantgardist Walter Ruttmann 1927 den Startpunkt für das Phänomen der filmischen Stadtsinfonie. Sein Konzept der filmkünstlerischen Komposition aus rhythmisch angeordneten Montagestücken zur Visualisierung der Grossstadtdynamik fand bald überall auf der Welt Nachahmung. Rudolf Kurtz schrieb begeistert in der Zeitschrift «Lichtbild-Bühne»:
«Ruttmanns Film ist keine Sammlung fotografischer Aufnahmen Berlins. Diese grosse Stadt ist als Schauplatz eines unendlich differenzierten Lebens erfühlt, das in seiner Gesamtheit dieses berauschende, überwältigende Gefühl ‹Weltstadt› ergibt. Dieses Gefühl zu einem mächtigen Akkord anschwellen zu lassen, ist die ästhetische Aufgabe dieses Films, der sich nicht zu Unrecht als ‹Symphonie› bezeichnet.» (dw)
FILMISCHER IMPRESSIONISMUS
KINO-KONZERT
Do 31.10. 18:30
Live-Musik: Constanza Pellicci (Stimme), Linda Vogel (Harfe, Stimme)
Als zentrale Stilrichtung der Stummfilmzeit prägte der oft so bezeichnete «Französische Impressionismus» das Kino der Folgezeit massiv. Fièvre und La souriante Madame Beudet sind zwei herausragende Beispiele, die den impressionistischen Impuls zur filmischen Inszenierung von subjektiven Stimmungen und Innenwelten verdeutlichen. Gerade Dulacs Werk wurde dabei auch zu einem der ersten Spielfilme, in denen eine dezidiert weibliche Perspektive zum Ausdruck kommt: «Ohne pädagogische Absicht und ohne moralische Schuldzuweisung hat Dulac die bürgerliche Ehe aus der Sicht der unterdrückten Ehefrau geschildert, nicht ohne Witz und Ironie. Der Film bleibt eines der wenigen avantgardistischen Werke der zwanziger Jahre, in denen die Frau nicht verzerrt, idealisiert oder zum Lustobjekt stilisiert dargestellt wird. Aber Germaine Dulac will keine explizit feministischen Filme machen, sondern das Kino befreien.» (Catherine Silberschmidt, in: Germaine Dulac, Berlin 2002) (dw) FIÈVRE
Frankreich 1921, sw, DCP, Stummfilm mit f Zw'titeln, 45 REGIE Louis Delluc DREHBUCH Louis Delluc KAMERA Alphonse Gibory, Georges Lucas MIT Eve Francis, Edmond Van Daële, Gaston Modot, Elena Sagrary, Solange Sicard, Léon Moussinac, Marcelle Delville, Andrew F. Brunelle, George Footit, Yvonne Aurel.
LA SOURIANTE MADAME BEUDET
Frankreich 1923, sw, 16 mm, Stummfilm mit f Zw'titeln, 38
REGIE Germaine Dulac DREHBUCH André Obey, Germaine Dulac, nach dem Theaterstück von Denys Amiel, André Obey KAMERA Maurice Forster, Paul Parguel MIT Germaine Dermoz, Alex Arquillière, Jean d’Yd, Madeleine Guitty, Yvette Grisier, Raoul Paoli.
REGIE Sergei Michailowitsch Eisenstein DREHBUCH Nina Ferdinandowna Agadschanowa-Schutko, Sergei Michailowitsch Eisenstein, Grigori Wassiljewitsch Alexandrow KAMERA Eduard Tissé, Vladimir Popov MUSIK Edmund Meisel SCHNITT Sergei Michailowitsch Eisenstein MIT Alexander Antonow, Wladimir G. Barski, Grigori Wassiljewitsch Alexandrow Michail Gomorow, Alexander Ljowschin, Konstantin Feldman.
1905, das Jahr der ersten Russischen Revolution: Mit einer Meuterei wehren sich Matrosen auf einem Kriegsschiff gegen die unsäglichen Zustände an Bord; die Zivilbevölkerung solidarisiert sich und versammelt sich auf einer Treppe am Hafen von Odessa, wird jedoch von den Truppen des Zaren blutig niedergeschlagen. Die weltberühmte «Trep-
penszene» ist vielleicht das grösste Bravourstück des sowjetischen Montagekinos und wirkt heute nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Ereignisse am selben Ort umso erschreckender. (dw) «Mit Panzerkreuzer Potemkin gelingt es Eisenstein, in wenigen Begebenheiten – dem Aufstand auf dem Kreuzer, der Demonstration der Bevölkerung und dem Massaker auf der Treppe – nicht nur die Aufstandsbewegung von 1905, sondern das Drama der Revolution und ihres Zusammenpralls mit den etablierten Mächten auf seinen klassischen Ausdruck zu bringen. (...) Die grosse Überzeugungskraft des Panzerkreuzer Potemkin gerade auch in den westlichen Ländern rührt unzweifelhaft daher, dass der thematische Kern des Films, die Revolution, in eine so adäquate und dynamische Form übersetzt wurde.» (Ulrich Gregor / Enno Patalas: Geschichte des Films)
ABSCHIED
Do 14.11. 18:30
Deutschland 1930, sw, DCP, D, 78
REGIE Robert Siodmak DREHBUCH Emmerich Pressburger, Irma von Cube KAMERA Eugen Schüfftan MUSIK Erwin Bootz, Herbert Lichtenstein MIT Brigitte Horney, Aribert Mog, Emilia Unda, Konstantin Mic, Frank Günther, Erwin Bootz, Martha Ziegler, Vladimir Sokoloff.
«In der Berliner Pension Splendide kreuzen sich die Schicksale der vom Leben Enttäuschten: Nur Peter und Hella haben Hoffnungen inmitten gescheiterter Existenzen –die ersehnte Hochzeit rückt in Griffweite, als Peter eine bessere Stelle in Dresden angeboten wird. Er will Hella überraschen, erzählt aber anderen Pensionsgästen davon: So erfährt sie es doch und verschweigt nun ihrerseits Geldprobleme, was eine unglückselige Reihe von Missverständnissen auslöst.» (film.at)
Abschied ist der erste lange Tonfilm Siodmaks, den dieser kurz nach seinem Debüt Menschen am Sonntag realisierte. Wieder begegnet einem der spielerische Einfallsreichtum des Regisseurs, diesmal unter Einbezug des Tons: ein wehmütiger Schlager am Anfang, dann sprachliches Durcheinander, Gemisch an Dialekten; der penetrante Off-Ton des Klaviers in der Berliner Pension durchzieht den ganzen Film ebenso wie der gezielte Einsatz von Geräuschen und Stille. Im Jahr 1 des deutschen Tonfilms setzte Abschied Massstäbe. (dw)
HINWEIS: Das Filmpodium zeigt den Film mit dem klassischen und gleich anschliessend mit einem alternativen Happy End.
Aus dem Bestand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung (www.murnau-stiftung.de) in Wiesbaden.
AS WE MAY SEE: TRACKING AND TRACING THE IMAGE AFTER FAROCKI
Internationale Tagung des Seminars für Filmwissenschaft und des Zentrums Künste und Kulturtheorie Universität Zürich und ZHdK
SCHNITTSTELLE (1995)
Das Farocki-Forum und das Zentrum Künste und Kulturtheorie der Universität Zürich und der ZHdK laden zu einer internationalen Tagung ein: In ihrem Zentrum steht die aktuelle Debatte um die Beschaffenheit und Wirkungsmacht des Bildes im Umfeld der sichtbaren, nicht sichtbaren, automatisierten sowie durch KI unterstützten digitalen Verarbeitung. Unter dem Titel «As We May See» wird gefragt, wie sich heute an Farockis Denken anschliessen lässt. Filme, Vorträge und Gespräche laden dazu ein, den widersprüchlichen Zustand technischer Bilder zu diskutieren.
1945 veröffentlicht Vannevar Bush den einflussreichen Essay «As We May Think». Im Computerzeitalter, so Bushs Prognose, werden hierarchische Techniken der Organisation, Adressierung und Verarbeitung von Informationen durch eine flexiblere und assoziative maschinelle Methode ersetzt, die er «Memex» nannte. «Ganz neue Arten von Enzyklopädien werden entstehen, bereits versehen mit einem Netz assoziativer Pfade, bereit, in den Memex eingebaut und dort erweitert zu werden.» 1986 beendet Harun Farocki seinen Film Wie man sieht , ein filmisches Netz assoziativer Pfade, in dem der Jacquard-Webstuhl, die Erfindung des Maschinengewehrs und alternative Wege der Technikgeschichte zu einem vielschichtigen Muster verwoben sind. Was haben uns Bush, Farocki und andere Denker:innen und Praktiker:innen des Bildes heute, vor dem Hintergrund von digitalen Plattformen, «ubiquitous computing» und sogenannter «generativer KI», zu sagen? (vp)
M i 30.10.
im Kino Xenix
Kanzleistrasse 52, 8004 Zürich
20:00
ERÖFFNUNG DER TAGUNG
Den Auftakt zu «As We May See» bildet ein Abend im Kino Xenix. Farockis Film Bilder der Welt und Inschrift des Krieges (1988) wird zusammen mit einer Lecture-Performance der Medienwissenschaftlerin Estelle Blaschke und des Künstlers Armin Linke (beide zu Gast an diesem Abend) aus dem Kontext ihrer gemeinsamen Ausstellung «Image Capital» (2022/23) gezeigt.
BILDER DER WELT UND INSCHRIFT DES KRIEGES
BRD 1988, Farbe, DCP, 75' REGIE Harun Farocki
D o 31.10.
in der Universität Zürich
Aula RAA-G-01, Rämistrasse 59, 8001 Zürich
10:00 – 12:30
THE LABOUR OF IMAGES
Unter den Bedingungen von künstlicher Intelligenz ist nahezu jedes Bild operativ geworden –als Element in Prozessen automatisierter Datenverarbeitung. Wie verändert dies die Arbeit mit und von Bildern, und welche Formen der Arbeit am Bild werden dabei unsichtbar?
Zusammengestellt von Ute Holl, Roland Meyer und Volker Pantenburg
Zu Gast: Ranjodh Singh Dhaliwal und Laliv Melamed
14:30 – 17:00
THE OPERATIONAL IMAGE BEFORE THE LAW
AS WE MAY SEE ist eine Veranstaltung des FarockiForums am Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich und des Zentrums Künste und Kulturtheorie (UZH und ZHdK). Konzeption: Volker Pantenburg und Roland Meyer in Zusammenarbeit mit Anselm Franke (ZHdK), Ute Holl (Universität Basel), Kevin B. Lee (Università della Svizzera italiana) und dem Harun-Farocki-Institut, Berlin (Tom Holert, Doreen Mende, Clio Nicastro, Elsa de Seynes).
Alle Veranstaltungen sind öffentlich und finden in englischer Sprache statt. Die Vorträge sind kostenlos.
«Operative Bilder» kennen keine Urheber:innen. Sie stehen damit in einem spezifischen NichtVerhältnis zu den «Rechtsoperationen» (Oliver Wendell Holmes jr.) des Eigentums. Gleichzeitig kommen sie in Rechtsprechung, Polizeiarbeit oder Strafvollzug zum Einsatz –ebenso wie in einer kritischen Forensik. Das Panel widmet sich dieser widersprüchlichen Verstrickung «operativer Bilder» in die «Rechtsform» der Gegenwart.
Zusammengestellt von Tom Holert, Doreen Mende und Clio Nicastro (Harun-Farocki-Institut, Berlin)
Zu Gast: Katja Müller-Helle und Noam Elcott
F r 1.11. im Filmpodium
Nüschelerstrasse 11, 8001 Zürich
10:00 – 12:30
THE HAUNTING OF IMAGE SYSTEMS
Harun Farockis Interesse an Bildsystemen war vor allem ein Interesse am historischen Verhältnis von sozialen Kämpfen, Technologien, Mythen und Herrschaftssystemen. Ausgehend von Farocki und Sylvia Wynter untersuchen Künstler:in Blaise Kirschner und Autor und Kurator Anselm Franke die gegenwärtige Reproduktion und Rekonfiguration der weltschaffenden, «mythopoeitischen» Funktion moderner wie a-moderner Bildsysteme. Materialien zur Anatomie eines sich neu konsolidierenden Faschismus. Zusammengestellt von Anselm Franke und Blaise Kirschner
14:30 – 17:30
DECODING OR RE-ENCODING? Videoessays zu Medienumgebungen, in denen das Entscheidende jenseits des Bildschirms stattfindet. Politische und technologische Infrastrukturen fordern etablierte Auffassungen von Kritik und Widerstand heraus. Featuring Harun Farockis Schnittstelle (1995).
Zusammengestellt von Johannes Binotto und Kevin B. Lee. Zu Gast: Occitane Lacurie und Hito Steyerl SCHNITTSTELLE
Deutschland 1995, Farbe, Digital HD, D, 23' REGIE UND DREHBUCH Harun Farocki KAMERA Ingo Kratisch, Leo Borchard SCHNITT Max Reimann MIT Harun Farocki (Sprecher)
18:30
ERKENNEN UND VERFOLGEN
Deutschland 2003, Farbe, DCP, 58' REGIE UND DREHBUCH Harun Farocki KAMERA Ingo Kratisch, Rosa Mercedes SCHNITT Max Reimann MIT Margerita Broich (Sprecherin)
«Auch im Krieg ist der Tod immer der Tod der anderen», schreibt Harun Farocki über den Einsatz operativer Bilder in Marschflugkörpern. «Das Erkennen (pattern recognition) und Verfolgen (object tracking) der ‹sehenden› Bomben droht mit Unfehlbarkeit.» In Erkennen und Verfolgen sowie der dreiteiligen Installation Auge/Maschine (2000–2003) geht Farocki von den medialen Bildern aus, die 1991 im Golfkrieg im Fernsehen gesendet wurden: Kamerabilder mit Fadenkreuz aus der Perspektive der Bombe, die ins militärische Ziel stürzen und dort detonieren. Er entwickelt daraus den Begriff des «operativen Bildes», das nur noch in zweiter Hinsicht Bild ist; wichtiger sind die Algorithmen und Rechenprozesse. Das operative Bild ist heute von der Ausnahme zum Normalfall geworden – in militärischen wie zivilen Kontexten. Was tun? (vp)
PREMIERE
Neues Kino – exklusiv im Filmpodium
SAY GOD BYE
Fr 25.10. 20:15 Mi 30.10. 18:15 Mo 11.11. 18:00
Schweiz 2024, Farbe + sw, DCP, E+Dialekt+F/d, 120 ' REGIE, DREHBUCH, KAMERA und SCHNITT Thomas Imbach MUSIK Lukas Langenegger MIT Jean-Luc Godard, Thomas Imbach, David Charap.
«Imbach erzählt, dass er einst Godard geschrieben und sich ihm als Lehrling angeboten habe – der Brief blieb unbeantwortet. Seine Reise in Say God Bye wird von diesem ungehörten Ruf angetrieben: Imbach hofft, Godard am Ende der Pilgerreise zu treffen. Begleitet wird Imbach von seinem langjährigen Schnittberater David Charap, was Say God Bye in ein Buddy-Roadmovie verwandelt. In Tagebuchform und während der Pandemie gefilmt, hält der Film Begegnungen mit Fremden auf ihrer Reise vom Zürich- zum Genfersee fest, unterbrochen von sporadischen Hommagen an Godard und dem Besuch seiner Drehorte. Say God Bye ist geprägt von Imbachs Gedankenwelt und seiner Kommentarstimme: Er erzählt von seiner Karriere als Filmemacher und dem Einfluss
von Godard, was den Film letztlich mehr zu einer Reflexion über Imbachs Leben als zu einem direkten Kommentar zu Godard macht. Say God Bye ist ein Liebesbrief an Godard und ein Abschied vom Kinogiganten, ohne dass Imbach dabei einen funeralen Ton anschlägt.» (Martin Kudlac, Screenanarchy, Jul 2023)
«Betrachtet man seine bewegte und teils kontroverse Karriere, scheint die wichtigste Lehre, die Imbach vom Meister übernommen hat, die, dass Selbsterneuerung und Hinterfragung essenzielle Triebfedern eines jeden Filmemachers sind, dass jedes Projekt radikal in eine neue Richtung drängen muss, damit die Filme ihre Vitalität bewahren.» (Christopher Small, swissinfo.ch, Jul 2023)
THOMAS IMBACH IM GESPRÄCH MIT PASCAL BLUM
Fr 25.10. 20:15
Im Anschluss an die Filmvorführung
Der 1962 in Luzern geborene Imbach zählt zu den produktivsten, eigenwilligsten und experimentierfreudigsten Autoren nicht nur des Schweizer, sondern auch des internationalen Kinos. Ob im Dokumentar- oder im Spielfilm, er sucht und findet stets neue ästhetische und narrative Formen cinephilen Ausdrucks. Der Filmjournalist Pascal Blum wird Say God Bye , aber auch Imbachs künstlerisches Credo im Gespräch ausloten.
CLASSICS
Restaurierungen und rare Filmkopien
QUATRE NUITS D’UN RÊVEUR
So 6.10. 18:30 Do 17.10. 20:45 Do 31.10. 20:45 Mi 13.11. 15:00
Frankreich/Italien 1971, Farbe, DCP, F/e, 83
REGIE Robert Bresson DREHBUCH Robert Bresson, nach dem Roman «Weisse Nächte» von Fjodor Michailowitsch Dostojewski KAMERA Pierre Lhomme, Ghislain Cloquet MUSIK F. R. David, Louis Guitar, Christopher Hayward, Michel Magne SCHNITT Raymond Lamy MIT Isabelle Weingarten, Guillaume des Forêts, Maurice Monnoyer, Lidia Biondi, Jérôme Massart, Patrick Jouané.
«Zwei Jahre nach Une femme douce – und nach dem abgebrochenen und nie verwirklichten Projekt Genèse – liess sich Robert Bresson erneut von einer Erzählung Dostojewskis inspirieren: ‹Weisse Nächte›. Dieses melancholische und gedämpfte Frühwerk hatte bereits zwei russische Filme hervorgebracht (...) und vor allem die in einem träumerischen Livorno angesiedelte und vollkommen im Studio realisierte Verfilmung von Luchino Visconti von 1957, die Bresson
mit inspirierte. Bresson hingegen siedelt den Film in den nächtlichen Strassen des zeitgenössischen Paris an und nimmt gegenüber Dostojewskis Erzählung einige wenige, aber relevante Änderungen vor: Jacques, der ‹verträumte› Protagonist, ist nicht mehr Verkäufer, sondern Maler; und er trifft die junge Marthe, in die er sich verlieben wird, unter viel dramatischeren Umständen: Verlassen vom Mann, den sie liebt, will sie vom Pont Neuf springen. Jacques hält sie zurück – und lässt sich mit ihr durch die Nacht treiben. Vier weitere werden folgen.» (Roberto Chiesi, Il Cinema Ritrovato 2024)
«Von den dreizehn abendfüllenden Filmen, die Robert Bresson gedreht hat, ist Quatre nuits d’un rêveur wohl derjenige, der am häufigsten übersehen wird. Sicherlich der untypischste und vielleicht auch der am schwersten zu fassende. (...) Der Film scheint weit mehr mit Bressons Zeitgenossen der Nouvelle Vague gemein zu haben als mit dem Filmemacher selber, der bisher für seine reduzierten und schonungslosen Darstellungen von Leid und Erlösung bekannt war. Und Guillaume des Foréts, der die Hauptfigur Jacques spielt, hat eine so verblüffende Ähnlichkeit mit Jean-Pierre Léaud, dem emblematischsten Schauspieler der Nouvelle Vague, dass man leicht denken könnte, der Film stamme von Rivette, Godard oder Truffaut, und die Geschichte, die er erzählt, würde auch ins Œuvre von Eric Rohmer gut passen. Doch obwohl Quatre nuits d’un rêveur zweifellos von der französischen Nouvelle Vague beeinflusst wurde und gleichermassen als Hommage, Parodie und Kritik an dieser Bewegung dient, ist er unverkennbar das Werk von Bresson: so intensiv, einfühlsam und makellos wie jeder andere seiner Filme.» (James Travers, frenchfilms.org, 2015)
Nach gut 40 Jahren Absenz und neu restauriert ist Bressons leichtfüssiger und poetischer Liebesfilm, der mit Humor und Musical-Elementen überrascht, zum ersten Mal wieder im Kino zu sehen!
OCCUPY
derF+F
FILMPODIUM Auf Einladung kapern wir für einen Tag das Filmpodium Studierende
KUNST IM KINO BASTELN IM KINO SHOPPEN IM KINO ESSEN IM KINO SCHLAFEN IM KINO TANZEN IM KINO FILM IM KINO VERSTECKEN IM KINO
MUSIZIEREN IM KINO AUFBAUEN IM KINO STREITEN IM KINO KNUTSCHEN IM KINO PHILOSOPHIEREN IM KINO DJ IM KINO POPKORNISIEREN IM KINO
TAUSCHEN IM KINO WEINEN IM KINO WEIN IM KINO
MACH IM KINO WAS DU NOCH NIE GEMACHT HAST IM KINO
� Sa 2. Nov ab 12 Uhr mittags bis zum Morgen grauen
ONE FLEW OVER THE CUCKOO’S NEST
Mi 9.10. 20:45 Mi 16.10. 15:00
Fr 8.11. 18:15
USA 1975, Farbe, 35 mm, E/d/f, 133 REGIE Miloš Forman DREHBUCH Lawrence Hauben, Bo Goldman, nach dem Roman von Ken Kesey und einem Theaterstück von Dale Wasserman KAMERA Haskell Wexler, William A. Fraker, Bill Butler MUSIK
Jack Nitzsche SCHNITT Sheldon Kahn, Lynzee Klingman, Richard Chew MIT Jack Nicholson, Louise Fletcher, William Redfield, Brad Dourif, Will Sampson, Michael Berryman, Danny DeVito, Lan Fendors, Sydney Lassick. «Randle Patrick McMurphy (Jack Nicholson) landet auf der Station einer psychiatrischen Anstalt, nachdem er sich als zu widerspenstig für die Arbeit auf einer Gefängnisfarm erwiesen hat (...). Zunächst hält er das Krankenhaus für einen entspannten Ort, an dem er den Rest seiner Strafe absitzen kann, aber nachdem er die anderen Häftlinge angestachelt hat und mit Schwester Ratched (Louise Fletcher) aneinandergeraten ist, wird McMurphy klar, dass es auch hier ernst wird. Seine antiautoritäre Vitalität macht ihn zum einzigen gesunden Menschen in einer Welt, die von Angst, Unterdrückung und blindem Gehorsam gegenüber willkürlichen Regeln vergiftet wurde. (…)
Das 1962 veröffentlichte Buch ‹One Flew Over the Cuckoo’s Nest› war der erste Roman von Ken Kesey, einem Schriftsteller, der als Übergangsfigur zwischen der Beat-Generation und den Hippies angesehen werden kann. In der 1975 herausgekommenen Verfilmung von Miloš Forman entfällt die halluzinatorische Erzählung von Häuptling Bromden, einem geisteskranken amerikanischen Ureinwohner. Und der Blick des Buches auf die Konformität der 1950er-Jahre wird durch einen traurigeren, fast defätistischen Ton ersetzt, der eher an Watergate, den Vietnamkrieg und den Prager Frühling – Forman ist ja tschechoslowakischer Emigrant – gemahnt.» (Michael Healey, Senses of Cinema, Jul 2010)
SE LECTION LUMIE RE
Der Wunschfilm unseres Fördervereins
100 JAHRE JOHANNES MARIO SIMMEL
Zürich liest – zu Gast im Filmpodium
DER VERGESSENE BESTSELLERAUTOR
So 27.10. 11:00
Podiumsdiskussion mit der Simmel-Biografin Claudia Graf-Grossmann und Filmemacher Xavier Koller, 60', Moderation: Anne Rüffer
Mit über 70 Millionen verkauften Büchern zählt Johannes Mario Simmel zu den populärsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Geprägt durch seine jüdische Herkunft, geschult durch seine Zeit als Reporter, erzählte er von Nazizeit, Wirtschaftswunder und Kaltem Krieg, von Atomtechnik und Umweltzerstörung –betörend unterhaltsam und zugleich hochpolitisch. Mit der Biografie «Mich wundert, dass ich so fröhlich bin» blickt die Autorin Claudia Graf-Grossmann dem Jahrhundertautor von «Es muss nicht immer Kaviar sein» bei seiner Arbeit über die Schulter. Der leidenschaftliche Pazifist Simmel wollte aufrütteln, aufklären, warnen – und verführen. Liebe, Leidenschaft, Verrat, Versöhnung, Hoffnung, Angst und Mut prägen Leben und Werk dieses engagierten Menschen. Unter der Moderation von Anne Rüffer diskutieren Simmel-Biografin Claudia GrafGrossmann und Filmemacher Xavier Koller im Filmpodium über Leben und Werk des Schriftstellers und Drehbuchautors. Im Anschluss läuft die Simmel-Verfilmung ES MUSS NICHT IMMER KAVIAR SEIN die mit Stars wie Senta Berger und Eva Bartok und glamourösen Drehorten zum Kultfilm avancierte.
ES MUSS NICHT IMMER KAVIAR SEIN
So 27.10. 12:15
BRD/Frankreich 1961, sw, 35 mm, D, 106 REGIE Géza von Radványi, Helmut Käutner, Georg Marischka DREHBUCH Henri Jeanson, Jean Ferry, Paul Andréota, nach dem gleichnamigen Roman von Johannes Mario Simmel KAMERA Friedl BehnGrund, Göran Strindberg MUSIK Rolf A. Wilhelm SCHNITT Walter Wischniewsky MIT O. W. Fischer, Eva Bartok, Senta Berger, Geneviève Cluny, Jean Richard, Kervine Geneviève, Viktor de Kowa, Werner Peters, Wolfgang Reichmann, Fritz Tillmann, Karl Schönböck, Peter Carsten, Günter Meisner, Hans W. Hamacher, Werner Finck, Axel von Ambesser.
«‹Wir Deutschen, liebe Kitty, können ein Wirtschaftswunder machen, aber keinen Salat!› So beginnt Simmels wohl bekanntester Roman, dessen Verfilmung zu den erfolgreichsten deutschen Kinoproduktionen der 1960er-Jahre gehört. Im Zentrum: Lebemann Thomas Lieven, im September 1939 zur falschen Zeit am falschen Ort und alsbald NaziAgent wider Willen. Das hält ihn aber nicht davon ab, gleichzeitig f ür drei Geheimdienste zu spionieren, eine Frau nach der anderen nicht nur mit Kochk ü nsten zu verf ü hren und – quasi nebenbei – ein kleines Imperium zu etablieren.» (Florian Widegger, Filmarchiv Austria, Jan/Feb 2019) Online sind Tickets zu Film und Gespräch separat erhältlich; vergünstigte Kombitickets gibt es nur an der Kinokasse.
Vergnügen für Gross und Klein
DER GIGANT AUS DEM ALL THE IRON GIANT
Sa 5.10. 15:00 Sa 19.10. 15:00
USA 1999, Farbe, 35 mm, D (Synchronfassung), 86
REGIE Brad Bird DREHBUCH Tim McCanlies, Brad Bird (ungenannt), Brent Forrester (ungenannt), nach dem Buch «Der Eisenmann» von Ted Hughes KAMERA Steven Wilzbach, Christine Beck, Mark Dinicola MUSIK Michael Kamen SCHNITT Darren T. Holmes.
FILM-WORKSHOP FÜR KINDER
Sa 5.10. und 19.10. 15:00
ca. 30 ' gratis, ohne Voranmeldung
Leitung: Oswald Iten, Filmwissenschaftler und Animator
Im Anschluss an die beiden Vorstellungen bietet das Filmpodium einen Film-Workshop f ü r Kinder an. Sie werden auf eine Entdeckungsreise durch die Welt der Filmsprache mitgenommen und an einzelne Szenen und Themen des Films herangeführt.
«Hogarth ist neun Jahre alt und hat nicht viele Freunde. Zusammen mit seiner Mutter lebt er in dem Küstenörtchen Rockwell – einer typisch amerikanischen Kleinstadt der 1950erJahre. Doch dann wird das beschauliche Leben von Rockwell plötzlich durcheinandergewirbelt. Merkwürdige Dinge geschehen und beängstigende Gerüchte machen die Runde. Eines Abends folgt Hogarth einer seltsamen Spur in den Wald hinein. Doch je tiefer er hineingeht, umso mehr Angst bekommt er: Sollten die irren Geschichten, die einer der Fischer am Morgen erzählt hatte, tatsächlich stimmen? Dieser sprach von einem riesigen Roboter, der aus dem Weltall gekommen sei. Das kann doch alles gar nicht wahr sein. (…) Ein gigantisch gut gemachter Film, der zugleich intelligentes, spannendes Abenteuer als auch aussergewöhnliche, berührende Freundschaftsgeschichte ist.» (kinderfilmwelt.de)
UND AUSSERDEM
KARAOKE IN DER FILMPODIUM-LOUNGE!
Fr 4.10. 21:00
Vom dunklen Kinosaal direkt in die funkelnde Welt des Karaokes? Gemeinsam mit Freund:innen Lieblingssongs zum Besten geben? Am 4. Oktober schmeisst das Filmpodium die Karaokeanlage an und lädt ein, bis tief in die Nacht zu singen und zu tanzen. Ob legendäre Filmsongs oder kultige 80erHits: Unsere Playlist hat für jeden Musikgeschmack etwas auf Lager. Für Verpflegung sorgt unsere Bar Clemens – im Foyer und auf der lauschigen Terrasse.
Cinéma Suisse –Filmsalon mit Richard Dindo
Cinéma mémoire des grossen Dokumentaristen
Jean Perret, Fr 15.11.2024, 13.30 – 17.00 Uhr
Auf der Krim nach 2014
Ein Film- und Buchprojekt über das Bosporusforum
Wir sind in den Wirren der Geschichte ans Schwarze Meer aufgebrochen: Zum internationalen Festival «Bosporusforum», nunmehr einem Phantom. Wir haben dessen Teilnehmende und ihre Lebens- und Denkwelten näher kennengelernt. Dabei sind ein Dokumentarfilm und ein Essaybuch entstanden. Ausgehend davon richten wir in Exkursen den Scheinwerfer auf die konfliktgeladene Geschichte, die mehrsprachige Literatur und das multikulturelle Alltagsleben der Halbinsel.
Tatjana Hofmann und Cyril Venzin
Fr 25.10.2024, 13.30 – 17.00 Uhr
Klassiker des ukrainischen Kinos
Tatjana Hofmann, Sa 11.1.2025, 13.30 – 17.00 Uhr
ROBERT ALTMAN TREFFPUNKT: KAUFHAUS
Unser Dank für das Zustandekommen dieses Programms gilt: Absolute Films, South El Monte; Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Hollywood; Johannes Binotto; Brandman Productions, Los Angeles; La Cinémathèque française – Musée du cinéma, Paris; Clarão Companhia, Lisboa; Pedro Costa, Lisboa; DFF –Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Wiesbaden; Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin; EYE Film Institute Netherlands, Amsterdam; Filmcoopi, Zürich; Gaumont, Neuilly-sur-Seine; Gaumont Pathé Archives, SaintOuen; Les Grands Films Classiques, Paris; Thomas Imbach; Kinemathek Le Bon Film, Basel; Les Amis de la Cinémathèque suisse, Lausanne; Light Cone, Paris; Lobster Films, Paris; Loop, London; Madrid en corto, Madrid; MK2, Paris; Mubi, London; Friedrich-WilhelmMurnau-Stiftung, Wiesbaden; notsold GmbH, Hamburg; Outside the Box, Lausanne; Park Circus, Glasgow; Port au Prince Pictures GmbH, Berlin; Reel Solutions, Halifax; Studiocanal, Berlin; Teatro della Pace Films; London; UCLA Film & Television Archive, Santa Clarita.