02 | 2016 € 6,00
MITG LIE DE R Z EIT U NG DE R FIN A NZ PL A N E RV E R EIN E N FP U N D N FE P
Die Immobilienanlage in der Finanzplanung
Immobilienanlagen – vermeintliche Sicherheit und hohe Investitionsbeträge (ab S. 24)
Die große Rolle kleiner Finanzplanungsziele Michael E. Kitces (S. 11)
Hochprozentiges als Alternative zu niedrigen Zinsen und Dividenden? Thomas Abel (S. 44)
Praxisfälle aus dem Finanzplanungsalltag Sven Scherner (S. 48)
INNOVATION ERFAHRUNG
Jeder Tag stellt Investoren vor neue Herausforderungen – heute mehr denn je. Diese zu meistern verlangt nicht nur jahrelange Expertise, sondern auch Innovation und Weitblick. Ob Institution oder Intermediär – als führende Fondsgesellschaft bringen wir Sie mit Erfahrung, Umsicht und unserem breiten Spektrum an Investmentlösungen ans Ziel. Heute genauso wie morgen.
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Diese Anzeige dient ausschließlich Informationszwecken. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Empfehlung dar, ein Finanzinstrument zu erwerben oder eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Der Wert einer Anlage sowie die Erträge hieraus können sowohl steigen als auch fallen. Es ist möglich, dass der Anleger den ursprünglich angelegten Betrag nicht zurückerhält. Herausgeber: AB Europe GmbH, Maximilianstraße 21, 80539 München. Das [A/B] Logo ist eine Dienstleistungsmarke von AllianceBernstein L.P. © AB Europe GmbH 2016
Editorial
Editorial
Sehr geehrte Berufskolleginnen und -kollegen, werte Leser, die vorliegende Ausgabe des Financial Planning Magazins beschäftigt sich schwerpunktmäĂ&#x;ig mit dem Thema Immobilien und Finanzierungen in der Finanzplanung. Vor dem Hintergrund der extrem Sehr geehrte Damen und niedrigen Zinsen und derHerren, andererseits in einzelnen Städten deutlich sehr geehrte FinanzplanerInnen, gestiegenen Immobilienpreise stellt sich bei der Erstellung einer Finanzplanung natĂźrlich die Frage, wie mit diesen RahmenbedingunSie halten die ersteistAusgabe des Empfehlungen Financial Planning Magazins in Kungen umzugehen und welche gegenĂźber dem den Händen. Ein Format, das in dieser Form auf dem Markt nicht den ausgesprochen werden: verfĂźgbar war, obwohl Finanzplanung im deutschsprachigen Raum seit 20 Jahren etabliert ist. Auch auf meinen • D gut arlehenszinsen mĂśglichst langfristig sichern?Reisen durch Deutschland als Dozent fĂźr Financial & Estate Planning sowie im • F orward-Darlehen abschlieĂ&#x;en? 3BINFO NFJOFS /FU[XFSLU˜UJHLFJU BMT 7PSTUBOE EFT OFUXPSL Ă?OBODJBM • Immobilien verkaufen und Gewinne mitnehmen oder gar nachkaufen? QMBOOFS F 7 IBCF JDI EFT Â?Ĺ&#x;FSFO EFO 8VOTDI OBDI TP FJOFN .BHB[JO • D irekte oder indirekte Immobilienbeteiligungen erwerben? vernommen. Zu diesen Fragen finden Sie im Heft entsprechende Artikel. In den letzten 15 bis 20 Jahren sind allein in Deutschland, Ă–sterreich „Finanzplaner Interview“ wird in Ausgabe fortgesetzt mit und der Schweizim Tausende Berater alsdieser Financial Consultant, Financial Annika FinanzĂśkonom Peters, CFPÂŽ oder und Estate Finanzplanerin bei der Vertiva Family Planner, Planner ausgebildet worden. An GmbH in Stuttgart. Ebenso des sieOffice richtet sich unser Magazin, an die finden BeraterSie ausdie derFortsetzung FinanzdienstleisThomas Abel, CFP, CFEP Thomas Abel, CFPÂŽ, CFEPÂŽ tungsbranche Estate-Planning-Falls von Sven Scherner, UnsereAnleger. beiden sowie selbstverständlich an denCFPÂŽ. interessierten Chefredakteur Chefredakteur Gastschreiber Michael Kitces und Ronald Sier greifen die Themen „Die fanden groĂ&#x;e Rolle kleiner und Finanzplanungsziele“ undin „Wie Sie den Bisher Fortbildung Erfahrungsaustausch unserer Zahlschmerz Ihrer Kunden lindernâ€? auf. #SBODIF [VNFJTU CFJ 5SFĹĽFO VOE 5BHFTWFSBOTUBMUVOHFO TUBUU 'BDIMJUFSBUVS .BHB[JOF /FXTMFUUFS VOE #MPHT [VN 5IFNB Ă?OEFO Als aktuelle Fortbildungsveranstaltung darf ich Ihnen den 2. Hamsich dagegen kaum im deutschsprachigen Raum. Hier muss man burger Finanzplanertag am 10. Juni empfehlen, welcher somit geaktuell auf englischsprachige Publikationen zurĂźckgreifen. nau zum Beginn der FuĂ&#x;ball-Europameisterschaft stattfindet. Als Teilnehmer haben Sie die Gelegenheit, das ErĂśffnungsspiel im Kreis Das vorliegende Magazin soll diese LĂźcke nun schlieĂ&#x;en und die Basis von Kollegen gemeinsam auf einer GroĂ&#x;bildleinwand anzuschauen fĂźr eine tiefer greifende Diskussion in der Financial-Planning-Branche – wer mĂśchte bei diesem Anreiz dann noch nach Paris? IJFS[VMBOEF TDIBĹĽFO &T TPMM SFHFMN˜“JH FSTDIFJOFO VOE *IOFO "SUJLFM BVT EFS 8FMU EFS 'JOBO[QMBOVOH MJFGFSO %BCFJ XPMMFO XJS BVDI ÂŻCFS Am 24. Juni findet die Mitgliederversammlung des FPSB Deutschden deutschsprachigen Artikeln und land in Frankfurt statt. Tellerrand Zu diesemhinausblicken, Zeitpunkt stehtmit bereits schon fest, Meinungen von europäischen undAchtelfinale amerikanischen Finanzplanern. ob die deutsche Mannschaft ins einzieht. Die Aktivitäten Indes denVorstands USA wurde Financial Planning vordes gutVerbandes 40 Jahren in „erfunden“. und der Arbeitsgruppen den letzten 8JS GSFVFO VOT TFIS EBTT XJS *IOFO EVSDI FJOF ,PPQFSBUJPO NJU EFN zwĂślf Monaten deuten darauf hin, dass auch der FPSB in die nächste Journal Financial Planning – dem Sprachrohr Financial Planning Rundeof der Ă–ffentlichkeitsarbeit vorstoĂ&#x;en kannder und wird, was allen Association (FPA)des – kontinuierlich Inhalte daraus in deutscher Sprache Finanzplanern Landes zugutekommen sollte. vorstellen kĂśnnen. Weitere Veranstaltungshinweise fĂźr Finanzplaner finden Sie wie imDas Financial Planning Magazin ist in Rubriken wiedort Financial & Estate mer am Ende des Magazins. Nicht enthalten sind die AnstoĂ&#x;zeiten der FuĂ&#x;balleuropameisterschaft. Hier gehen wir natĂźrlich davon Planning, Journal of Financial Planning, Investmentphilosophie und aus, dass Ihnen diese bereits bekannt sind und dass Sie, genauso .BSLUNFJOVOH VOUFSUFJMU 8JS NŠDIUFO *IOFO GBDIMJDI BOTQSVDITWPMMF wie wir, mitdem Vorfreude aufPlanning dieses sportliche GroĂ&#x;ereignis blicken. Inhalte aus Financial und den einzelnen Beratungssegmenten präsentieren. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sind Wie vor zwei Jahren in diesem Magazin erwähnt, wir aufschon die Zusammenarbeit miteinmal Ihnen als Leser und Finanzplaner bleibt die Hoffnung, dass in der Zukunft die Menschen mit ebenso BOHFXJFTFO 8JS GSFVFO VOT BVG *IS 'FFECBDL [VN BLUVFMMFO )FĹ&#x; viel Freude an den Termin mit ihremThemen Finanzplaner denkenSie wie an ein sowie Ăźber RĂźckmeldungen, welche und Inhalte gerne solches FuĂ&#x;ballturnier – dafĂźr gilt es weiter hart zu arbeiten und das [VLÂŻOĹ&#x;JH MFTFO NŠDIUFO Finanzplaner-Team Deutschland richtig aufzustellen! *DI XÂŻOTDIF *IOFO WJFM 4QB“ CFJ EFS -FLUÂŻSF VOE IPĹĽF EBTT EJFTF Unter www.kicktipp.de/finanzplaner kĂśnnen SieFinanzplanung sich kostenfrei fĂźr dazu beiträgt, den Gedanken der ganzheitlichen unser diesjähriges EM-Tippspiel anmelden. Als erster Preis winkt die noch tiefer in Ihrem Herzen zu verwurzeln. kostenlose Teilnahme am 12. Financial Planner Forum vom 25. bis 26. November in Berlin! Beste GrĂźĂ&#x;e aus Berlin, Thomas Abel
Mit kollegialen GrĂźĂ&#x;en
Thomas Abel – Chefredakteur
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INHALT 08
3 | Editorial
Financial Planning | Verbände News & Facts
6 | Finanz- und Erbschaftsplaner e.V. network financial planner e.V.
Financial & Estate Planning | Praxis 8 | Wie Sie den Zahlschmerz Ihrer Kunden lindern von Ronald Sier
11 | Die große Rolle kleiner Finanzplanungsziele von Michael E. Kitces
14 | W eshalb sich die Finanzberatung neu erfinden muss von Ulf Niklas
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16 | Finanzplaner im Interview
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mit Annika Peters
18 | A short History of Retirement von Gordon Gibson
Marktmeinung
20 | E in Plädoyer für das Bargeld Die Kolumne von Gerit Heinz
21 | Helikoptergeld.
Das Geld aus der Druckerpresse. Die Kolumne von Hans-Jörg Naumer
Journal of Financial Planning
22 | I ntegrität in der Beratung führt zu Freiheit von George Kinder
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Immobilien | Finanzierung
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24 | Die Immobilienanlage in der Finanzplanung von Thomas Abel
29 | Einkaufszentren
Deutsche Asset Management
32 | Investments in Infrastruktur von Dr. Michel Degosciu
34 | München: „Hier liegt noch so viel Entwicklungsund Wertsteigerungspotenzial“ Im Interview: Thomas Aigner
36 | Umsetzungsgesetz der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie
38 | Indirekte Beteiligungen an Immobilienentwicklun-
40 | Immobilien in der Finanzplanung
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von Volker Weg
Recht | Regulierung
42 | L iquide und regulierte alternative Investments (Hedgefonds) in der Asset Allokation von Maximilian Kleyboldt
44 | Hochprozentiges als Alternative
zu niedrigen Zinsen und Dividenden? von Thomas Abel
47 | Veranstaltungskalender 48 | Praxisfälle aus dem Finanzplanungsalltag von Sven Scherner
50 | Impressum
gen als stabile Renditelieferanten in der strategischen Finanzplanung
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Financial Planning | Verbände News & Facts Finanz- und Erbschaftsplaner e.V. network financial planner e.V.
Financial Planning | Verbände News & Facts
Aktuelles vom Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner
Liebe Leser, das Jahr 2016 ist schon fast zur Hälfte rum. Und noch immer weiß man börsentechnisch nicht, was von diesem Jahr zu halten ist. Nach wie vor gibt es hohe Volatilitäten und Unsicherheiten im Markt. Ganz aktuell hängt das Thema „Brexit“ wie ein Damoklesschwert über den Märkten. Neben schwierigen Aktienmärkten sind auch die Rentenmärkte renditeschwach. Investoren, die long-only investieren (müssen), stoßen performancemäßig an ihre Grenzen. Eine vernünftige Rendite bei überschaubarem Risiko ist kaum zu erzielen. In einer solchen Marktphase auch bei fallenden Kursen zu verdienen, oder von marktunabhängigen Erträgen zu profitieren, kann der Schlüssel sein. Immer mehr Investoren wenden sich daher dem Thema Hedgefonds und alternative Anlageformen zu. Was bei einem Investment in dieser Anlageklasse wichtig ist und wie man die für sich geeigneten liquiden Fonds findet, erläutern Georg Reutter und Roland Schulz von Kepler Partners LLP im Experteninterview des NFEP e.V. auf Seite 42.
mentnotstandes“ auch für die „Anlageklassen“ Edelmetalle und Fremdwährungen. Worauf hierbei auch aus steuerlicher Perspektive geachtet werden muss, erläutert Karsten Seidel von K&L Gates LLP im Rahmen eines NFEP-Abendvortrages am 07.11.2016. Zuvor findet am 12.09. noch ein spannender Einblick in das Thema FinTechs und Digitalisierung im Wealth Management mit Dr. Holger Sachse, Partner & Managing Director bei der Boston Consulting Group, statt. Einen sehr guten Überblick über portfolioorientierte, steuerliche und rechtliche Themen für Finanzplaner finden Sie auf dem 5. Frankfurter Finanzplaner Forum am 23./24. September (15 CPD-Credits). Auch in diesem anspruchsvollen Magazin können Sie wieder viele spannende Themen entdecken und sich Anregungen für den Berufsalltag holen.
Viele Kunden interessieren sich wegen des erwähnten „Invest-
Samir Zakaria, 1. Vorsitzender NFEP e.V.
Mit freundlichen Grüßen,
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News & Facts
Neues vom network financial planner e.V.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Mitglieder, die erste Jahreshälfte liegt fast schon wieder hinter uns. Die Berichterstattung war in diesem Zeitraum von Terror, Konflikten und Flüchtlingskrisen beherrscht, die Probleme in unserer täglichen Praxis bleiben dennoch dieselben wie in den letzten Jahren! Eine ausufernde Geldmenge, nicht mehr existente Zinsen, trotzdem niedrige Inflationsraten und ein weiterhin volatiler Aktienmarkt beherrschen unser tägliches Planungsgeschäft. Lebensversicherer stellen ihr Geschäftsmodell in Frage und biometrische Risiken werden immer schwerer kalkulierbar – alles in allem kein leichtes Marktumfeld! Vielleicht sind all diese Punkte ein Grund dafür, dass wir auch in diesem Jahr bereits auf eine Vielzahl erfolgreicher Veranstaltungen zurückblicken können. Schwerpunkte haben wir bei den Abend- oder Tagesveranstaltungen, unter anderem dem 2. Düsseldorfer Finanzplanertag und dem 1. Stuttgarter Finanzplanertag, auch auf alternative Anlageformen gelegt, welche mit Sicherheit in heutigen Zeiten eine interessante Portfoliobeimischung darstellen können. Die weiteren geplanten Termine können Sie dem Veranstaltungskalender am Ende des Magazins entnehmen, natürlich finden Sie diese aber auch in unseren Newslettern und auf unserer Homepage www.nfpb.de. Wir freuen uns wie immer sehr, Sie auch vor Ort in unseren regionalen Standorten begrüßen zu dürfen. Erwähnen möchten wir hier besonders noch einmal den 2. Hamburger Finanzplanertag am 10.06.2016 mit dem anschließenden nfp-Golfturnier am 11.06.2016 sowie den 4. Münchener Finanzplanertag am 30.09.2016. Auf beiden Veranstaltungen werden wir auch wieder besondere Redner und Gäste präsentieren. Melden Sie sich gerne an und lassen Sie sich überraschen! Über die Grenzen der lokalen Fortbildungsveranstaltungen hi-
naus haben wir vom 14. bis 16.04.2016 unsere zweite Mitgliederreise nach Edinburgh angetreten und konnten insgesamt acht Teilnehmer in Schottlands Hauptstadt begrüßen. Neben dem Besuch und Vortrag bei unserem Fördermitglied Standard Life haben wir am Nachmittag Carbon Financial Partners Ltd. und Geschäftsführer Gordon Wilson besucht und konnten so aus erster Hand über die Arbeit eines britischen Vermögensverwalters und Finanzplaners Informationen sammeln und Fragen stellen. Abgerundet wurde der Besuch durch eine „Eat and Walk Tour“ durch die Altstadt der schottischen Metropole. Unserer einzigen Frau in der Runde, Annika Peters, hat die Reise ebenfalls gut gefallen. Sie sagt: „Es waren sehr interessante und spannende Tage. Ich würde mich freuen, wenn sich in Zukunft mehr reisebegeisterte Finanzplanerinnen anschließen würden.“ Für den 24.06.2016 wirft die Mitgliederversammlung des FPSB wieder ihre Schatten voraus. Wie in jedem Jahr werden Thomas Abel und ich unsere Mitglieder dort vertreten und über aktuelle Themen diskutieren. Sollten Sie nicht persönlich vor Ort sein können, freuen wir uns über die Übertragung Ihrer Stimme auf uns! Wir freuen uns auf weiter erfolgreiche, spannende Monate in diesem Jahr. Ihrem Besuch auf unseren Veranstaltungen und/oder Ihrer Teilnahme an der Diskussion sehen wir gerne entgegen!
Sven Putfarken im Namen des Vorstands des network financial planner e.V.
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Financial & Estate Planning | Praxis
Financial & Estate Planning | Praxis
Wie Sie den Zahlschmerz Ihrer Kunden lindern von Ronald Sier
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tellen Sie sich vor, Sie fahren in einem Taxi. Stellen Sie sich vor, wie Sie auf dem Rücksitz sitzen und auf das Taxameter schauen. Ist es Ihnen nicht verhasst, es bei jedem Meter steigen zu sehen und dabei zu wissen, dass jeder Zentimeter Sie etwas kostet? Warum hassen Sie das? Sie hassen es, weil Sie Schmerzen erleiden. Natürlich keine körperlichen Schmerzen, sondern vielmehr die Aktivierung der Hirnareale, die mit körperlichen Schmerzen in Verbindung stehen.
selkortex – aktiviert, wie in Hirnscans zu sehen ist. Und das passiert nicht nur bei physischen Schmerzen, sondern auch bei psychischen Schmerzen. Was genau sind also psychische Schmerzen? Nun ja, Geld auszugeben ist ein Beispiel. Sozialwissenschaftler nennen das „Zahlschmerz“. Es ist dieses unbehagliche Gefühl, das mit der Ausgabe unseres hart erarbeiteten Geldes (unabhängig von den Umständen) auftritt. Es gibt zwei interessante Aspekte des Zahlschmerzes.
Nun stellen Sie sich Ihren Kunden vor, wenn er Ihre stündliche Gebühr zahlt. Ist das etwas anderes? Geld zu bezahlen tut weh. Im wahrsten Sinne des Wortes. Da Ihre Kunden nicht die Kosten von heute gegen den Gewinn von morgen abwägen, verspüren sie sofort Schmerzen, wenn sie daran denken, wie viel sie zahlen müssen. Was wäre, wenn Sie Ihren (Neu-)Kunden diesen Schmerz ersparen könnten? Meinen Sie, das könnte für Ihren Kundenstamm zuträglich sein? Die Frage ist: wie?
Aus „Predictably Irrational: The Hidden Forces That Shape Our Decisions“ von Dan Ariely:
Der wahre Grund, warum Finanzplanung nicht eingekauft wird Nun, wenn wir Schmerzen verspüren, wird ein bestimmtes Hirnareal – der In-
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Als Erstes und Offensichtlichstes: Wir verspüren keinen Schmerz, wenn wir nichts ausgeben. Als Zweites und weniger Offensichtliches: Der empfundene Schmerz steht nicht im Verhältnis zum bezahlten Betrag. Das heißt, dass wir mehr Schmerzen mit steigender Rechnung empfinden, jeder zusätzliche Euro uns jedoch weniger wehtut! Diese abnehmende Empfindlichkeit für Zahlschmerz bedeutet, dass der erste gezahlte Euro am meisten wehtut, der zweite schon weniger und so weiter, bis wir nur ein ganz kleines Zwicken für beispielsweise den 47sten Euro spüren.
Wenden wir diese Weisheit auf unsere Finanzplanung an. Wenn Sie stündlich oder monatlich abrechnen, was meinen Sie, was passiert, wenn die Kunden Sie mehrmals bezahlen müssen? Jedes Mal, wenn sie Sie bezahlen müssen, lassen Sie sie den Zahlschmerz spüren. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kosten niedrig sind, sie spüren den psychischen Schmerz trotzdem. Es wird noch schlimmer. Denn Forschern der Carnegie Mellon University, Stanford University und des MIT gelang es zu beweisen, dass die Aktivität des Inselkortex dazu dient vorherzusagen, ob jemand einen Kauf tätigen wird oder nicht. In dem Versuch sahen die Testpersonen erst ein Produkt, dann den Preis und entschieden sich dann, es zu kaufen oder nicht. Sobald die Probanden den Preis sahen, wurde der Inselkortex aktiviert. Die Aktivität war deutlich höher bei den Produkten, die am Ende nicht gekauft wurden, als bei denen, die gekauft wurden. Wenn sich potenzielle Kunden also gegen den Kauf entscheiden, dann liegt es nicht nur daran, dass sie Ihre Dienstleistung bewerten und sich überlegen, was sie sonst alles mit dem Geld machen könnten. Sie entscheiden sich auch dage-
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Financial & Estate Planning | Praxis
gen, weil sie unmittelbar Zahlschmerzen empfinden.
Wie der Kauf Ihrer Dienste schmerzfrei wird Zuerst einmal: Warum tut es weh, Finanzplanung einzukaufen? Nun ja, der Zahlschmerz kommt daher, dass Finanzplanung eine nicht greifbare Dienstleistung darstellt. Es ist kein greifbares Produkt. Es ist keine greifbare Versicherung. Ganz im Gegenteil, die Finanzplanung ist gar nicht greifbar. Tatsächlich existiert die Finanzplanung gar nicht in dem Moment, in dem sie gekauft wird. Ihr potenzieller Neukunde kauft also ein Produkt ohne jegliche Garantien – und somit kauft er Ungewissheit. So wie zum Beispiel die Ungewissheit, ob Ihre Dienstleistung seine Erwartungen erfüllen kann. Die Ungewissheit, ob es nicht eine große Zeitverschwendung ist. Oder noch schlimmer: die Ungewissheit, ob es nicht die falsche Entscheidung war, die ihn auch noch viel Geld gekostet hat. Was müssen Sie also tun? Sie müssen Abhilfe schaffen. Wenn Sie das erreichen, steigt die Anzahl Ihrer Kunden. Wie tun Sie das? Nun, hier ist ein Geheimnis: Sie lassen die Kunden ihre Finanzplanung „besitzen“.
Warum Besitz funktioniert (wissenschaftlich belegt) Warum schätzt ein Hauseigentümer gemeinhin den Wert des Hauses höher ein als der potenzielle Käufer? Warum setzt der Verkäufer eines Autos den Preis höher an als der Käufer? Wieso schätzt in vielen Verkaufsgeschäften der Verkäufer den Wert seiner Waren höher ein, als der potenzielle Kunde bereit ist zu zahlen? Nun, alles ist eine Frage des Blickwinkels. Als Eigentümer blickt man anders auf den Wert seines Hab und Guts, als der potenzielle Käufer es tut. Anders ausgedrückt: Das Besitzen einer Sache erhöht den Wert dieser Sache im Auge des Besitzers/Eigentümers. Das zieht sich durch unser ganzes Leben und hat auf merkwürdige Weise großen Einfluss auf viele unserer Taten. Da unser Leben so stark vom Besitztum geprägt wird, wäre es dann nicht gut, die besten Entscheidungen in diesem Zusammenhang zu treffen? Wäre es nicht gut, beispielsweise genau zu wissen, wie gut uns die Dienstleistung eines Finanzplaners tun würde? Leider kommt das selten vor. Die meisten Menschen tappen im Dunkeln. Hier wieder Dan Ariely:
1. Menschen verlieben sich in das, was
sie bereits haben. Haben Sie jemals ein Haus verkauft? Dann erinnern Sie sich bestimmt an den Moment, als Sie das „Zu verkaufen“-Schild aufstellten. Sie erinnern sich sicher auch an die schönen und besonderen Momente in dem Haus. Warme Nostalgie hüllt Sie und das Haus ein. Nun, ich glaube nicht, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Kunden von einem warmen Gefühl erfüllt werden, wenn es um ihren Finanzplaner geht, aber dennoch ist es schwer, sich von ihm zu verabschieden, denn alles beim Alten zu belassen, fühlt sich meist gut an.
2. Menschen konzentrieren sich mehr
auf den möglichen Verlust als auf den möglichen Gewinn. Wenn wir einen Preis für unser geliebtes Haus festsetzen, dann denken wir mehr an das, was wir verlieren (die guten Erinnerungen), als an das, was wir gewinnen (zukünftige schöne Erinnerungen in dem neuen Haus). Gleichermaßen stehen für Ihren Kunden die guten Momente, in denen ihm sein gegenwärtiger Planer in schwierigen Geldfragen half, im Vordergrund.
3. Es wird angenommen, andere sähen
das Geschäft aus demselben Blickwinkel wie man selbst. Irgendwie erwarten wir, dass der Käufer des Hauses unsere Gefühle und Erinnerungen teilt. Oder wir erwarten, dass der Käufer es zu schätzen weiß, wie schön das Licht durch die Küchenfenster fällt. Leider wird dem Käufer eher der Schimmel in der Ecke auffallen. So wie vielen neuen Finanzberatern eher die „Lücken“ in der vorangegangenen Finanzplanung auffallen als die guten Seiten. Dennoch bleibt die Frage: Wie können Sie Ihre Dienstleistung zum Besitz Ihrer potenziellen Neukunden machen, ohne sie den Zahlschmerz spüren zu lassen? Das ist die Antwort: Sie geben ihnen eine Garantie. Ich weiß, was Sie jetzt denken: „Ich kann keine Garantien für die Resultate meiner Finanzplanung geben!“ Das verstehe ich. Doch das meine ich damit nicht. Ich meine die Art einer Garantie, die die Ungewissheit des Neukunden auf Sie, den Finanzplaner, verlagert – damit Ihr Kunde nicht mit leeren Taschen dasteht, falls Sie nicht den Wert erzielen, den er erwartet. Denken Sie nur an Zappos, FedEx oder – für niederländische Leser – Coolblue. Diese bekannten Unternehmen bieten ihren Kunden die ideale Garantie. Und sie haben es geschafft, milliardenschwere Geschäfte aufzubauen.
Vier Arten von Garantien, die Sie geben können Derek Halpern (Gründer von Social Triggers) hat einmal einen Beitrag zu Garantien verfasst. Das hat mich dazu gebracht, darüber nachzudenken, wie wir Garantien bei unserer Finanzplanungsdienstleistung einsetzen können. Was ist das Irrationale, das Sie über Garantien wissen sollten? Vielleicht denken Sie, dass die Garantien mit den wenigsten Bedingungen immer die besten sind. Das ist definitiv nicht wahr. Die Forschung hat gezeigt, dass Bedingungen ein Angebot glaubhafter machen für einen Kunden, der sich über die Auswirkungen Ihres Dienstes nicht sicher ist. Lassen Sie mich Ihnen also ein paar Garantien vorstellen, die Sie im Zusammenhang mit Ihrem Finanzplanungsdienst geben können.
Garantie Nr. 1:
Die klassische Geld-zurück-Garantie Eine Geld-zurück-Garantie anzubieten, scheint für die Finanzplanung unmöglich zu sein, nicht wahr? Falsch. Ich sage Ihnen gleich, wie Sie das umsetzen, aber zunächst rufen Sie sich dies ins Gedächtnis: Eine einfache Geld-zurück-Garantie wird Ihre Dienste nicht von den anderen abheben, es sei denn, Sie sind der Einzige, der sie anbietet! Da ich mir so sicher bin, dass es funktioniert, habe ich es in meinem eigenen Finanzplanungsdienst integriert. Ich mache es so wie in der abgebildeten Grafik auf Seite 10. Was passiert da? Was ich hier zunächst einmal tue, ist, dem Ganzen etwas Kontext zu geben. Die teuerste Option (von der ich möchte, dass die potenziellen Kunden sie nicht wählen) wird als ein Preisanker wahrgenommen und lässt die anderen beiden Optionen günstiger erscheinen – wobei bei der günstigsten Variante nicht mehr viel nachgedacht werden muss. Das Ergebnis ist, dass die potenziellen Kunden die weniger teure Variante in Betracht ziehen, um so die teuerste zu vermeiden. Doch das ist nicht die einzige Waffe meines psychologischen Arsenals. Ich habe meiner 195-Euro-Option auch eine Geld-zurück-Garantie beigefügt. Ich biete eine Beratung für 195,– Euro an. Wenn die Kunden nicht zufrieden sind, können sie ganz einfach die Geld-zurück-Garantie in Anspruch nehmen. Ganz unverbindlich. Das ist sehr wirksam.
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Financial & Estate Planning | Praxis
Garantie Nr. 2:
Die umfassende Geld-zurück-Garantie Wenn Sie es richtig ausreizen wollen, dann können Sie machen, was Zappos macht: Sie bieten ein 365-Tage-Rückgaberecht an. Diese Strategie hat für Sie sehr große Vorteile. Denken Sie nur daran, was ich Ihnen noch vor ein paar Sätzen über Besitztum gesagt habe, und Sie werden wissen, was ich meine. Wenn Sie diese Strategie nutzen, stechen Sie übrigens sehr heraus. (Eine Nebenbemerkung: Wenn Sie diese Art der Geld-zurück-Garantie anbieten, dann legen Sie bitte Geld zur Seite.)
Garantie Nr. 3:
Mehr als eine Geld-zurück-Garantie Versetzen Sie sich für einen Moment in die Lage Ihrer Kunden. Wenn sie sich entschließen, Ihre Dienste in Anspruch zu nehmen, dann riskieren sie nicht nur das Geld, das sie ausgeben. Sie investieren auch Zeit und nehmen andere Möglichkeiten nicht wahr. Wenn sie mit Ihrem Dienst also nicht zufrieden sind, dann erfahren sie tatsächlich immer einen Verlust, selbst wenn sie ihr Geld zurückbekommen. Als schlauer Finanzplaner können Sie die Auszahlung Ihrer Geld-zurück-Garantie anpassen und MEHR anbieten, als dass der Kunde nur sein Geld zurückbekommt, um dieses Problem zu lösen. Sie können so etwas sagen wie: „Wenn Sie nicht zufrieden sind, bekommen Sie Ihr Geld zu-
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rück UND wir verweisen Sie an andere Finanzplaner, die Ihnen besser dienen können.“ Wie bitte? Andere Finanzplaner bewerben? Ja genau. Sie haben richtig gehört. Noch einmal, versetzen Sie sich in die Lage Ihres Kunden. Wenn Sie eine solche Garantie anbieten, dann sagen Sie tatsächlich: „SIE liegen uns am Herzen (und nicht Ihre Vermögenswerte).“ Übrigens zeigt die Forschung, dass Verletzbarkeit die Beziehung zu potenziellen Neukunden stärkt.
Garantie Nr. 4:
Die Garantie des Minimalergebnisses Anstatt eine vage Zufriedenheitsgarantie anzubieten, ist es immer besser, die zu erwartenden Ergebnisse dem Kunden klar und genau darzulegen. Das tut die Garantie des Minimalergebnisses. Nun, ich weiß, dass es beängstigend sein kann, eine solche Garantie anzubieten. Welches Ergebnis werden Sie schon nach, sagen wir mal, einem Jahr erzielen? Sie können nicht sagen: „Sie werden das Finanzziel Ihres Lebens in einem Jahr erreichen.“ Was sind also die Alternativen? Denken Sie in einem kleineren Rahmen. Schauen Sie sich die Ergebnisse an, die Sie mit Ihren anderen Kunden erreicht haben. Fragen Sie sich: Was ist das Minimum, das ich garantieren kann? Vielleicht so etwas wie • s orglos zu sein nach nur einem Gespräch, • kein Verkauf von Finanzprodukten,
• ein Gespräch über Sie an erster Stelle, über Finanzen an zweiter. Ich weiß, dass es manchmal sehr schwierig sein kann, diese doch recht ungewöhnlichen Garantien umzusetzen, vor allem, wenn es das erste Mal ist. Deshalb biete ich Ihnen eine weitere bewährte Garantie, die ich selbst schon eingesetzt habe. Kopieren Sie sich diese Garantie, um den Zahlschmerz zu lindern. Sie bietet sich vor allem für Finanzplaner an, die stündlich abrechnen. Ich habe ein kostenloses PDF mit dem Namen „The Rock Solid Guarantee that Makes Your Hourly Rate Feel Less Painful To Clients“ zu diesem Thema erstellt. Alles, was Sie dafür tun müssen ist, unter http://seebeyondnumbers.com/ author/ronaldsier/ in der Kommentarbox die Frage zu beantworten: Welche Art der Garantie möchten Sie für Ihren Finanzplanungsdienst nutzen? Lassen Sie uns die Finanzplanung richtig angehen. Ronald Sier
Ronald Sier ist Financial Planner bei der Rabobank und seit 1999 in der Finanzbranche tätig. In seinem Blog www. seebeyondnumbers.com schreibt er regelmäßig zu aktuellen Themen der Branche.
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Financial & Estate Planning | Praxis
Die große Rolle kleiner Finanzplanungsziele von Michael E. Kitces
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Michael E. Kitces, MSFS, MTAX, CFP®, CLU, ChFC, RHU, REBC, CASL ist Herausgeber des “The Kitces Report” und Blogger des “Nerd‘s Eye View”. Außerdem ist er Partner und Director of Research der Pinnacle Advisory Group in Columbia, Maryland.
ie Finanzplanung ist häufig auf sehr große, langfristige Ziele wie das Sparen für die Ausbildung des Kindes, die Akkumulation von Vermögenswerten oder die jahrzehntelange Altersvorsorge fokussiert. Das grundlegende Problem von großen Zielen – sei es in der Finanzplanung oder in anderen Bereichen – ist allerdings, dass sie so groß und überwältigend erscheinen, dass Demotivation einsetzt. Im Extremfall scheint das Ziel so weit weg und unerreichbar, dass die Person das Ziel gleich aufgibt! Dementsprechend müssen langfristige Ziele zunächst einmal in kleinere Ziele zerlegt werden, um sie erreichbar erscheinen zu lassen. Einen Marathon läuft man auch am besten Schritt für Schritt. Und die Forschung im Bereich Verhaltensänderung und Motivation stellt zunehmend fest, dass kleine Erfolgserlebnisse des erfolgreichen Meisterns kleinerer Ziele tatsächlich der Schlüssel zu einer erfolgreichen langfristigen Verhaltensänderung sein könnten! Leider beinhaltet die Ausbildung zum Finanzplaner wenig Stoff über das Zerlegen größerer Ziele in kleinere und die meisten Software-Produkte zur Finanzplanung leisten keine gute Arbeit bei der Dokumentation kurzfristiger Ziele! In einer Welt, in der die Umsetzung von Zielen zunehmend standardisiert wird, ist das Zerlegen der großen Finanzplanungsziele des Kunden in kleinere SMART-Ziele, die spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden sind, gepaart mit der Fortschrittsdokumentation und der Funktion als Rechenschaftspartner für konsequente Zielverfolgung mögli-
cherweise der größte Mehrwert, den die Finanzplanung bieten kann!
Mit großen Finanzplanungszielen umgehen – Wie läuft man einen Marathon? Auch einen Marathon läuft man am besten Schritt für Schritt. Der wesentliche Punkt dieser Aussage ist die Erkenntnis, dass große Ziele überwältigend wirken, wenn man sie auf einmal angehen will. Das geht so weit, dass man sie gar nicht angeht, da sie ganz und gar unerreichbar scheinen. Stattdessen ist der Schlüssel zum Erfolg bei großen Zielen, sie in kleinere „Häppchen“, die realistisch und erreichbar sind, zu teilen. Immer mehr Studien kommen zu dem Schluss, dass es genau die kleinen Ziele und die kleinen Erfolgserlebnisse sind, die Auswirkungen auf unser Gehirn haben und uns so dazu bringen, langfristige Ziele zu erreichen. Es ist nicht nur, dass das Erfolgserlebnis uns ein gutes Gefühl gibt und uns motiviert, unser Ziel weiter zu verfolgen, um mehr von diesem guten Gefühl zu erleben. Kürzlich veröffentlichte Studien des Dopamin-Neurotransmitters haben gezeigt, dass es möglicherweise die ganze Grundlage für Motivation an sich ist – wenn Sie kleine Ziele erreichen, macht das Dopamin, das diese Hirnpfade entlangschießt, aus dem Verhalten eine Gewohnheit. Anders ausgedrückt: Kleine Erfolgserlebnisse führen zur Ausschüttung von Dopamin, welches das Gehirn so umstrukturiert, dass die-
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Financial & Estate Planning | Praxis
ses gute Verhalten wiederholt wird. Dies führt letztlich dazu, dass Sie auf dem Weg zum langfristigen Erfolg bleiben. In anderen Branchen und Bereichen der Verhaltensänderung ist dieses Wissen bereits weit verbreitet und wird regelmäßig angewandt. So ist es zum Beispiel kein Zufall, dass die FitBit-App Sie auffordert, jeden Tag 10.000 Schritte zu gehen. Über ein Jahr ergibt das 2937 gelaufene Kilometer! Doch es wäre unmöglich, dieses Ziel als Neujahrsvorsatz aufzustellen und über das ganze Jahr den Fokus darauf zu behalten. Deshalb bricht FitBit das Ganze runter auf „nur“ 8 km am Tag und, da selbst das für Viele abschreckend wirkt, wird es auf 10.000 Schritte am Tag reduziert, wobei jeder Schritt über den Tag gezählt wird. Das Endergebnis: Es gelingt uns besser, die 2937 km im ganzen Jahr zu laufen, aber nur, weil wir das Ziel im wahrsten Sinne des Wortes „Schritt für Schritt“ angehen. Gleichermaßen wissen wir, dass wir, um ein halbes Kilo abzunehmen, ca. 3500 Kilokalorien mehr verbrennen müssen als wir aufnehmen. Wenn Sie aber 12 Kilo abnehmen wollen und sagen: „Ich werde ein Kaloriendefizit von 87.500 in diesem Jahr erzeugen“, klingt es wieder vollkommen unmöglich. Ein realistischeres Ziel ist es, ein halbes Kilo pro Woche verlieren zu wollen, das entspricht einem Kaloriendefizit von 1750 pro Woche. Wenn man das weiter zerlegt, ergibt es für ein Abnehmziel von 12 Kilo „nur“ 250 Kalorien weniger pro Tag. Und für 250 Kalorien sind gerade mal kleine Ernährungsanpassungen (beispielsweise den Käse vom Hamburger weglassen, einen kleinen Softdrink statt einem großen bestellen und Pizza mit dünnem statt dickem Boden essen) oder 30-60 Minuten Bewegung am Tag nötig.
Finanzplanungsziele in die kleinstmöglichen Zieleinheiten teilen Wie ein kürzlich veröffentlichter Artikel von Morningstar zeigt, wird die Taktik des Zerlegens von Zielen sehr häufig im Bereich Fitness und Abnehmen angewandt, jedoch fast nie im Bereich der Finanzplanung (oder von Finanzberatern selbst!). Stattdessen neigt die Finanzplanung dazu, große langfristige Ziele aufzustellen, wie zum Beispiel €1.000.000 oder mehr für die jahrzehntelange Altersvorsorge zu sparen oder „nur“ €50.000, €100.000 oder €250.000 für die Ausbildung des Kindes in 18 Jahren. Doch das Problem ist, dass diese Ziele – genauso wie für jemanden, der 2937 km im Jahr
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laufen möchte oder 87.500 Kalorien über das Jahr einsparen möchte – zu groß, zu weit weg und zu überwältigend sind, um eine tatsächliche Verhaltensänderung herbeizuführen. Sie sind der Marathon ohne Streckenbeschreibung. Der Fairness halber muss erwähnt werden, dass wir als Finanzberater oft Sparziele in kleinere Spareinheiten aufteilen. Das Ziel eines jungen Anlegers von €1.000.000 über einen Zeitraum von 40 Jahren kann auf ein Sparziel von €300,- pro Monat mit einer Anlage von 8 Prozent Rendite runtergebrochen werden. Mit derselben Rendite ergibt ein Sparziel von €100.000 in 18 Jahren ca. €220,- pro Monat.
Sind Sparziele tatsächlich Ausgabeziele? Für viele Haushalte ist diese Stückelung des Ziels jedoch immer noch nicht genug, um ein realistisch umsetzbares Ziel zu sein, denn sie haben die €300,- oder €220,- nicht zur Verfügung, um sie auf die Seite zu legen. Anders ausgedrückt, um ein Akkumulationsziel zu erreichen, muss zunächst ein Sparziel aufgestellt werden. Doch um ein Sparziel zu erreichen, muss eventuell erst eine Ausgabenanpassung erfolgen. Unterstützung bei der Erreichung eines langfristigen Akkumulationsziels setzt also die Setzung von Ausgabenzielen voraus. Gibt es vielleicht einen Posten von €100,- pro Monat für „alte“ Abonnements, der aufgelöst werden könnte? Gibt es eventuell einen Spielraum von €100,- im monatlichen Restaurantbudget, der gegebenenfalls gekürzt werden könnte? Könnte die Familie möglicherweise eine Reise im Jahr mit dem Auto statt mit dem Flugzeug unternehmen und so mehrere €1000,- an Flügen sparen? Im letzten Schritt liegt der Anstoß zur Verhaltensänderung nicht nur im Zerlegen großer Ziele in kleinere, sondern darin, sicherzustellen, dass die Ziele klein genug sind, um erreichbar und umsetzbar zu sein. Für die meisten Haushalte sind die kleinsten Zieleinheiten nicht Akkumulations- oder Sparziele, sondern Ausgabenziele oder das Management des Cash Flows, der das wahre finanzielle Herzstück der Haushalte darstellt!
Die Bedeutung von Ziel- und Fortschrittsdokumentation Ein wesentlicher Punkt, der mit dem Teilen größerer Ziele in kleinere zusammenhängt, ist das Feedback; die Fortschrittsdokumentation, die nötig ist, um jemandem zu zeigen, dass er auf dem
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richtigen Weg zur Erreichung seines Ziels ist. Im Bereich Gesundheit und gesünderes Leben geht es zum Beispiel nicht nur darum, das Ziel der 10.000 Schritte am Tag gesetzt zu haben. Es geht auch darum, Mittel und Wege zur Verfolgung des Fortschritts zu haben. Wenn wir versuchen, unsere Verhaltensweisen zu ändern oder ein Ziel zu erreichen, ist Feedback so essentiell, dass wir großes Verlangen danach haben. Deshalb haben FitBit und andere Fitness-Apps überhaupt so großen Anklang gefunden!
back wäre nicht einfach oder regelmäßig genug einzuholen, um wirklich aufbauend zu sein. Stattdessen brauchen wir eine Waage, auf die wir uns täglich stellen können, oder sogar eine App, um uns im Tagesverlauf den Fortschritt darzustellen. Als ich beispielsweise mein eigenes Abnehmziel letztes Jahr verfolgte, waren es die täglichen und wöchentlichen Eintragungen in eine Tabelle, – und der Fortschritt, der darin sichtbar wurde – die mich ermutigt haben, weiterzumachen.
Im Bereich der Finanzplanung haben auch in diesem Punkt viele Finanzberater noch Nachholbedarf – hauptsächlich, weil wir nicht einmal gute Werkzeuge zur Verfügung haben, um dem Kunden dieses Feedback überhaupt bieten zu können. Viele Software-Instrumente zur Unterstützung der Finanzplanung haben nicht einmal die Funktion, ein Ziel für den Kunden zu setzen und den Fortschritt in der Erreichung dieses Ziels zu dokumentieren. Natürlich können Sie einen Finanzplan aufstellen, ihn regelmäßig auf den neuesten Stand setzen und dem Kunden zeigen, dass es eine positive Entwicklung zu geben scheint. Das ist allerdings ein komplizierter Vorgang, der kein persönliches, wirklich aufbauendes Feedback bietet. Zudem geht der Fortschritt sowieso nicht schnell vonstatten. Wenn ein 44-jähriger Kunde 33 Prozent seines Altersvorsorgeziels gespart hat und nach einem Jahr aktiven Sparens auf 34,5 Prozent seines Akkumulationsziels kommt, ist das nicht wirklich ermutigend nach einem Jahr harter Arbeit.
Wie sähe also gute Fortschrittsdokumentation in der Finanzplanung aus? Wie oben bereits erwähnt, ist eine Aufstellung, die den Fortschritt hin auf ein (jahrzehntelanges) Altersvorsorgeziel darstellt, nicht besonders nützlich. Vielmehr geht es wieder um Cash Flow. Das stimmt, weil zum einen überhaupt nur die Veränderungen im Cash Flow zum Erfolg eines Sparziels führen. Zum anderen, weil langfristige Akkumulationsziele zunehmend durch nicht kontrollierbare, äußere Faktoren (wie die Marktrendite) beeinflusst werden, wohingegen CashFlow-Ziele vom Kunden kontrollierbar sind. Das heißt also, dass durch die Konzentration auf Cash-Flow-Ziele eine Konzentration auf Ziele im Einflussbereich des Kunden erfolgt, wodurch die Ziele auf kleinere runtergebrochen werden können, was großen Einfluss auf die Erreichung der Ziele haben kann.
Im Bereich Gesundheit wäre es dasselbe, wenn Fortschritt nur über den einmal im Jahr stattfindenden Besuch beim Arzt festzustellen wäre. Das Feed-
SMART-Ziele in der Finanzplanung setzen Eines der in der Literatur zum Thema Zielsetzung häufig verwendetes Akronym ist das der SMART-Ziele. SMART steht für spezifisch (specific), messbar (measurable), erreichbar (achievable),
Creating Smart Financial Planning Goals
relevant (relevant) und zeitgebunden (time-bound, also mit einer festgesetzten Frist). Man könnte es auch so ausdrücken: Um erfolgreich zu sein, muss klar sein, was erreicht werden soll, wie es gemessen werden kann, dass es realistisch ist, dass es zuträglich zum langfristigen Vorhaben ist und einen festgesetzten Endpunkt hat (zumindest für diesen Teilschritt des Ziels), damit an diesem Punkt bestimmt werden kann, ob es erreicht wurde oder nicht. In diesem Zusammenhang ist es die Aufgabe des Finanzplaners zu entscheiden, was genau die SMART-Ziele des Kunden sind. Natürlich hat der Kunde bereits ein langfristiges Ziel (möglicherweise mit Hilfe des Finanzplaners, der über die grundsätzliche Umsetzbarkeit urteilen kann). Dennoch sind die Hilfe bei der Identifizierung passender, realistischer taktischer Ziele für den Fortschritt und die Bereitstellung von Fortschrittsdokumentation, Feedback und Verantwortlichkeit wesentliche Leistungsversprechen eines Finanzberaters. Eine der Schlüsselfunktionen des Finanzberaters ist es, den Kunden zu zeigen, wie sie ihre Marathon-Ziele in kleinere, schrittgroße SMART-Ziele, die verfolgt, dokumentiert und erreicht werden können, zerlegen können. Dafür ist es allerdings unerlässlich, dass diese Ziele nicht zu hoch angesetzt sind, der Finanzplaner (und Kunde) die nötigen Instrumente haben, um den Fortschritt zu verfolgen und zu dokumentieren, und dass der Berater bereit ist, als Rechenschaftspartner aufzutreten, um dem Kunden bei der Zielverfolgung zu helfen. In einer Welt, in der die Umsetzung der Ziele, zum Beispiel die Eröffnung eines Investmentkontos oder die Anlage eines Sparplans, mehr und mehr standardisiert wird, ist der Aspekt des Coachings und der Zielsetzung im Rahmen der Finanzplanung möglicherweise der höchste Mehrwert, den Finanzberater bieten können (zumindest oder ganz besonders bei Kunden, die für die Altersvorsorge oder andere Ziele sparen). Was meinen Sie? Denken Sie, Berater sollten bei der Setzung von SMART-Zielen in der Finanzplanung und beim Zerlegen großer Ziele in kleinere eine Rolle spielen? Haben Sie als Berater den Eindruck, bereits alle nötigen Tools dazu zur Verfügung zu haben? Denken Sie darüber nach, die Setzung von Aktionspunkten zu verändern oder Ihre Kundenempfehlungen anders auszusprechen, um den Kunden bei der Setzung kleinerer SMART-Ziele zu helfen?
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Weshalb sich die Finanzberatung neu erfinden muss von Ulf Niklas
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Ulf Niklas ist Erster Sprecher der BundesInitiative der Honorarberater. Seit 2007 ist er Geschäftsführer der Berliner Honorarberater GmbH. Der Certified Financial Planner berät unter anderem das Bundesfinanzministerium und den deutschen Gesetzgeber insbesondere in Fragen der Honorarberatung.
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egulierungsdruck, Transparenzvorschriften, steigende Kosten, Prüfungspflichten, zunehmender Wettbewerb durch Fintechs, Weiterbildungsanforderungen: Kein Zweifel, die Finanzberatung in Deutschland und mit ihr jeder einzelne Berater stehen weiterhin vor großen Herausforderungen. Wesentliche Schritte stehen mit der Umsetzung der MiFID II in nationales Recht nun unmittelbar bevor. Kein Wunder also, dass derzeit viel über die neuen Anforderungen an Berater berichtet, argumentiert und bisweilen leidenschaftlich gestritten wird. Eines steht dabei aber ganz bestimmt schon jetzt fest: Die neuen Anforderungen werden wesentliche Änderungen in der Beratung unumgänglich machen – jeder Berater ist deshalb selbst bestens beraten, sich hierfür rechtzeitig gut aufzustellen: Denn wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Nehmen wir beispielhaft einmal zwei Anforderungsaspekte: Transparenz
und steigende Kosten in der Beratung. Ersteres ist politisch unabwendbar gewollt, letzteres ergibt sich zwangsweise schon allein aus zahlreichen neuen Regulierungsvorgaben. Auch die etablierten Anbieter sind gezwungen, entsprechend zu reagieren. Als Beispiel mag die aktuelle Diskussion um die Wiedereinführung von Kontoführungsgebühren und kostenpflichtige Barverfügungen an Geldautomaten dienen, oder mehr noch die Behandlung von Bestandsprovisionen in der Vermögensberatung und -verwaltung. Wieso sollte eine Dienstleistung, die für den Kunden wertvoll und wichtig ist, nicht auch vergütet werden müssen? Daran wird deutlich, dass Kosten zukünftig nicht mehr versteckt werden können – und auch nicht sollten. Dies aber setzt ein Verständnisprozess auch bei den Kunden voraus, die sich jedoch über Jahrzehnte in Deutschland daran gewöhnt haben, Beratung und Bankdienstleistungen „kostenfrei“ in An-
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spruch zu nehmen. Das Verständnis für den fairen Wert einer Beratungs- oder einer Finanzdienstleistung muss erst (wieder) entwickelt werden. Andere Länder in Europa sind da zweifelsfrei schon deutlich weiter.
Eine gute Leistung darf nicht kostenfrei sein Würde der Kunde in Deutschland auf die Beratungsleistung seines Steuerberaters, Unternehmensberaters oder seines Rechtsanwaltes vertrauen, wenn er diese nicht entsprechend vergüten müsste? Niemand würde an dieser Stelle eine hochqualitative, aber kostenfreie Beratung erwarten. Genau dieses Verständnis und Selbstbewusstsein im positiven Sinne benötigt auch die neue Finanzberatung. Jeder Berater selbst sollte selbstbewusst den Wert seiner Zeit, seines Wissens und Handelns vertreten, und zwar im eigenen Interesse. Sonst wird er sich seine Beratung und seinen Kundenservice irgendwann schlicht selbst nicht mehr leisten können. Die Aufklärung des Kunden ist schwierig und kompliziert? Vielleicht – aber langfristig eben auch sehr erfolgreich. Politisch aus guten Gründen gewollt und gefördert, weil tatsächlich transparent und kundenorientiert: Die Honorarberatung kann ein zukunftssicheres Beratungsmodell auf Augenhöhe mit dem Kunden bieten.
Honorarberatung ist Beratung der Zukunft Deutliche Veränderungen sind längst im Gange und der Berater sollte das aufmerksam zur Kenntnis nehmen. Zahlreiche Studien belegen inzwischen, dass sich auch etablierte Anbieter und Vermittler eine – zumindest teilweise – Umstellung auf Honorarberatung vorstellen können. Vor fünf Jahren wäre das noch kaum vorstellbar gewesen. Die Zulassungszahlen isoliert betrachtet geben diese Entwicklung allerdings noch nicht wieder: Lassen wir der Honorarberatung doch einfach etwas mehr Zeit. Da sich der deutsche Gesetzgeber gegen ein generelles Provisionsverbot entschieden hat, erfolgt die Etablierung der Honorarberatung sukzessive und nicht sprunghaft. Sehr wahrscheinlich ist dies auch der langfristig bessere Verlauf, bei dem sich Produkt- und Servicewelt sowie Kundenverständnis parallel entwickeln können. Im Markt ist diese sukzessive Etablierung längst zu beobachten: Etablierte Serviceprovider öffnen sich zunehmend auch weiter für Honorarberater und provisionsfreie Produkte.
Den Erfolg der Honorarberatung übrigens allein an den aktuellen Zulassungen festzumachen, greift zu kurz: Nicht erfasst sind in diesen Zahlen die vielen Berater, die als klassische Finanzanlagenvermittler mit Zulassung nach § 34f Gewerbeordnung ihre Kunden im Rahmen so genannter Mischmodelle bereits fallweise gegen Provision oder gegen Honorar beraten. Zudem nicht erfasst sind bislang sämtliche Regelungstatbestände außerhalb der Anlageberatung – also zum Beispiel Versicherungen, Altersvorsorge, Finanzierungen oder Finanzplanung. Auch hier werden viele Beratungen bereits auf Honorarbasis erbracht. Der wesentliche Treiber für diese sukzessive Etablierung ist übrigens nicht die Branche, sondern der Kunde selbst. Durch seine Erfahrung einer tatsächlich unabhängigen Beratungsdienstleistung – losgelöst vom (Produkt-) Ergebnis – wird er nämlich ein langfristig zufriedener Kunde. Und dieser empfiehlt seinen Berater dann deutlich lieber weiter: Man kann eine überdurchschnittlich hohe Empfehlungsquote erkennen und davon profitieren langfristig auch die Berater. Der Kunde erfährt dabei seine höhere Zufriedenheit durch die vollständige Transparenz, die tatsächliche Unabhängigkeit in der Beratung und eine zunehmende inhaltliche Qualität. Fakt ist übrigens auch, dass trotz der geltenden gesetzlichen Vorschriften der Mehrheit der Kunden in Deutschland heute immer noch nicht bewusst ist, dass der provisionsfinanzierte Berater von den Produktanbietern vergütet wird – und der Kunde dabei trotzdem selbst zahlt. Dass sich der Honorarberater dagegen ausschließlich und transparent vom Kunden bezahlen lassen darf und ein möglicher Interessenskonflikt in der Beratung so von vornherein konsequent vermieden wird, muss in der erforderlichen Breite erst noch ausreichend transportiert werden. In diesem Umfang wird die Nachfrage nach Honorarberatung somit auch weiter steigen. Es lässt sich also festhalten: Die Etablierung der Honorarberatung schreitet in Deutschland unbeirrt anderslautender Rufe sukzessive voran.
Raus aus der Nische Unbeachtet der nationalen Gesetzgebung hat der europäische Gesetzgeber im Rahmen der MiFID II bereits neue gesetzliche Regelungen beschlossen, die bis 2018 in nationales Recht transferiert werden müssen.
Die Umsetzung der MiFID II erfordert eine klare Unterscheidung zwischen unabhängiger und nicht-unabhängiger Beratung. Hierbei ist definiert, dass unabhängige Beratung in Zukunft vollständig provisionsfrei und damit ausschließlich gegen Honorar durchzuführen ist. Ein Umstand, den derzeit eindeutig nur der Honorar-Finanzanlagenberater, der Honorar-Anlageberater und der Versicherungsberater erfüllen. Dies wäre ein entscheidender Durchbruch für die Honorarberatung auch in Deutschland. Noch vor endgültiger Umsetzung der MiFID II ist auf nationaler Ebene übrigens der Honorarimmobiliendarlehensberater im März 2016 mit dem neuen § 34i Gewerbeordnung geschaffen worden. Darüber hinaus soll ein Honorar-Versicherungsvermittler bis 2017 gesetzlich verankert werden. Dies unterstreicht, dass der deutsche Gesetzgeber von den Vorteilen einer tatsächlich unabhängigen Honorarberatung unverändert überzeugt ist. Auch deshalb sind wir optimistisch, dass sich – eine fortlaufende Koexistenz von Provision und Honorarberatung unterstellt – in fünf bis zehn Jahren der Anteil der Honorarberatung auch in Deutschland auf 15 bis 20 Prozent erhöhen kann.
Eine starke Interessenvertretung Mit den geschilderten Entwicklungen einher geht natürlich auch eine erstarkende Interessenvertretung für die Honorarberatung in Deutschland. Dies ist wichtig, um perspektivisch auch an dieser Stelle den gewünschten gleichberechtigten Wettbewerb zwischen Honorar- und Provisionsberatung in Deutschland zu erreichen. Die BundesInitiative der Honorarberater setzt sich für die reine Honorarberatung ein und sieht sich als übergeordnete, rein ehrenamtlich organisierte Interessenvertretung dabei in starker Position. Dass es bereits unterschiedliche Interessenvertretungen für die Honorarberatung gibt, ist dabei ein gutes Zeichen – denn auch die etablierten Banken und Versicherungen werden von zahlreichen unterschiedlichen Interessenvertretungen unterstützt. Dies führt zu einem dynamischeren Dialog, der die Honorarberatung langfristig besser voranbringt. Auch einzelne Honorarberater bringen sich im Sinne der gemeinsamen Sache gezielt und sehr hilfreich in die Interessenvertretung ein. In diesem Sinne: Es geht voran.
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Finanzplaner im Interview Annika Peters – Portfoliomanagerin Vertiva Family Offices
rund um die Kapitalanlage unter Berücksichtigung der individuellen familiären Situation und der Ziele der Generationen. Am Anfang einer Zusammenarbeit steht dabei der ausführliche Dialog mit dem Mandanten, meist über einen Finanzplan. Das Dienstleistungsangebot umfasst außerdem auch eine eigene Vermögensverwaltung, Kunstberatung und das klassische Family Office mit Reporting, Controlling und Vermögensstrukturierung.
Annika Peters ist zertifizierte Finanzplanerin (CFP®). Nach ihrem dualen Studium absolvierte sie die Weiterbildung zum Financial Planner. Sie verfügt über Erfahrungen in der ganzheitlichen Beratung und im Wertpapiergeschäft und ist beim Vertiva Family Office im Portfoliomanagement und in der Finanzplanung tätig. Beschreiben Sie bitte Ihre Tätigkeit (und Ihr Unternehmen). Annika Peters: Die Vertiva Family Office GmbH mit Sitz in Stuttgart wurde 2012 gegründet und betreut vermögende Familien, Privatpersonen und Institutionen. Unsere unabhängige und ganzheitliche Beratung umfasst alle Fragen
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Als Finanzplanerin und CFP bin ich gemeinsam mit einer Kollegin für die Erstellung und Präsentation der Finanzpläne verantwortlich. Neben der Finanzplanung, die ich als Planung für die Zukunft sehe, verantworte ich außerdem das Vermögensreporting und -controlling, also die nachgelagerte Betrachtung in Bezug auf Rendite und Risiko. Welche Kundengruppe beraten Sie schwerpunktmäßig? Annika Peters: Unsere Mandanten sind überwiegend vermögende Familien, Einzelpersonen (zum Beispiel Manager und Sportler) und Stiftungen. Was sind Ihre Beratungsschwerpunkte? Annika Peters: Unser Fokus liegt ganz klar auf der ganzheitlichen Vermögens-
beratung. Wir stehen der Familie als Ansprechpartner für alle finanziellen Belange zur Seite und arbeiten dabei sehr lösungsorientiert und gehen auf die individuellen Bedürfnisse ein. Meist gibt es einen konkreten Anlass bzw. eine konkrete Fragestellung, die es zu beantworten gilt. Wir versuchen im Finanzplan diese Fragestellung zu lösen bzw. verschiedene Szenarien aufzuzeigen. Unser Ziel ist es, dass der Mandant sich in seinem Finanzplan wiederfindet. Dafür machen wir die Finanzplanung erlebbar und ermöglichen es dem Mandanten in der Präsentation noch Einfluss zunehmen. Am Ende der Präsentation haben wir so die Stellschrauben des Vermögens erarbeitet, die wir in einer möglichst kurzen Expertise zusammenfassen. In der Regel gleicht kein Finanzplan dem anderen, da die Ziele und Wünsche sehr individuell sind. Unser Bestreben ist es, dass unsere Beratung genau so individuell und unabhängig ist. Langfristig wollen wir gemeinsam mit unseren Mandanten deren Lebensweg bestreiten und ihnen dauerhaft als Partner zur Verfügung stehen. Dies erfolgt entweder durch regelmäßige Aktualisierungen des Finanzplans oder sehr ausführlich in Form des Vermögensreporting und -controlling. Zum Thema Honorar: Welche Gestal-
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tung haben Sie hier, Höhe des Honorars, Preismodelle, Durchsetzbarkeit, Umsetzungsquote der Kunden bei den Empfehlungen? Annika Peters: In der Regel arbeiten wir auf Honorarbasis, dies kann sowohl ein Stundensatz als auch eine pauschale Gebühr sein. Bei der Finanzplanung erhält der Mandant meist nach dem kostenlosen Erstgespräch und einer groben Datenaufnahme ein Angebot, das sich am Umfang und an der Komplexität des Vermögens orientiert. Für die laufende Betreuung in der Vermögensverwaltung oder dem Vermögensreporting wird eine All-in-Fee vereinbart. Welche Software setzen Sie ein? Annika Peters: Wir arbeiten mit dem Finanz- und Nachfolgeplaner von OptiPlan (Gschwind Software). Damit erstellen wir sowohl ganzheitliche Finanzpläne als auch Teilpläne oder Immobilienberechnungen. Im Vermögensreporting und -controlling arbeiten wir seit letztem Jahr mit iComps zusammen. Welche Literatur lesen Sie und was würden Sie den Lesern des Magazins empfehlen zu lesen? Annika Peters: Neben der Tageszeitung lese ich vor allem Magazine wie beispielsweise Capital oder private wealth. Am meisten informiere ich mich jedoch übers Internet und dann zu konkreten Themen. Hier sind spannende Beiträge beispielsweise auf Blogs zu finden. Spannende Beiträge und Studien habe ich in letzter Zeit zum Thema FinTechs auf www.derbank-blog.de und www.next-finance-blog. de gefunden. Das Financial Planning Magazin lese ich natürlich auch, da hier Bei-
träge konkret zur Finanzplanung zu finden sind, die leider so sehr selten in anderen Publikationen erscheinen. Welche Fortbildung und Netzwerke nutzen Sie? Warum? Annika Peters: Jedes Jahr besuche ich das Financial Planner Forum in Berlin, mir gefallen das abwechslungsreiche Programm und die gute Organisation, außerdem trifft man viele bekannte Finanzplaner und kann sich so austauschen. Weitere Veranstaltungen, die ich besuche, sind der Fonds-Kongress, der Vermögenstag der V-Bank und die Finanzplanertage des network financial planner e.V. Wichtig ist mir bei Fortbildungsveranstaltungen, dass der Inhalt stimmt und es nicht nur Produktpräsentationen sind. Der fachliche Austausch mit anderen CFPs und der Aufbau eines Netzwerkes sind mir ebenfalls wichtig. Da im Alltag immer viel los ist, freue ich mich auch über regionale Veranstaltungen. An Webinaren nehme ich nur selten teil, da fehlt mir der Netzwerkgedanke. Da ich in Stuttgart für den network financial planner e.V. die Veranstaltungen organisiere, weiß ich, welcher Aufwand dahintersteckt. Wir wollen hierbei in Zukunft den Fokus auf qualitativ hochwertige Veranstaltungen legen und zudem Workshops integrieren. Welche Ausbildung haben Sie? Annika Peters: Nach meinem Studium an der Dualen Hochschule Stuttgart (früher Berufsakademie) habe ich an der Frankfurt School den Financial Consultant und Financial Planner absolviert und mich zum Certified Financial Planner zertifizieren lassen.
Was macht für Sie einen guten Finanzplaner aus? Annika Peters: Ein guter Finanzplaner kann auf die Wünsche und Bedürfnisse seines Mandanten eingehen. Wichtig sind dabei Individualität und Unabhängigkeit. Die Finanzplanung ist kein Produkt von der Stange, sondern immer eine Maßanfertigung. Mit seitenlangen standardisierten Auswertungen ist es schwer, das Problem des Kunden zu erfassen und zu lösen. Wichtig ist dabei natürlich auch, dass der Finanzplaner keinem Verkaufsdruck unterliegt und seine Empfehlungen entsprechend frei abgeben kann. Die Ausbildung zum Financial Planner ist die Grundlage für eine gute Beratung, noch wichtiger ist aber das vernetzte Denken und die Fähigkeit, den Mandanten abzuholen. Dies bedeutet auch, die Komplexität zu reduzieren und die Finanzwelt auch für „Laien“ verständlich zu machen. Was wünschen Sie sich für die Zukunft an Unterstützung? Weiterentwicklung? Annika Peters: Wie bereits erwähnt, setze ich auf ein breites Netzwerk und den Austausch mit anderen Finanzplanern. Mich würde es freuen, wenn sich mehr Finanzplaner an diesem Netzwerk beteiligen würden, zum Beispiel bei Workshops oder durch Beiträge hier im Magazin. Verbessert werden kann außerdem die Wirkung in der Öffentlichkeit. Das Sigel CFP ® ist leider bei den Kunden noch nicht wirklich bekannt. Hier sehe ich Verbesserungsbedarf. Vielen Dank für das Gespräch.
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A short History of Retirement von Gordon Gibson, MBA, CFP, Pl Fin – PlanPlus Inc.
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omprehensive financial plans are supposed to cover a number of areas including risk protection, cash flow management, tax optimization, transfer of assets upon death, budgeting and more, but the reality is that most plans focus almost exclusively on one thing: retirement. This is understandable, because moving from collecting a salary to living off of one‘s savings and accumulated pensions is probably the single biggest financial event that will happen in most people‘s lives. And these days, retirement can last one third of your life or more – almost as long as your working career. With retirement being such an important focal point for our profession, we thought it appropriate to take closer look at the subject – examining where the notion of retirement came from, and how it has evolved. This article is written from a North American perspective, reflecting the locus of PlanPlus‘ head office, but the general themes apply throughout most „developed“ countries. A follow-up article will deal with how we expect to see the concept of retirement evolve going forward, and what the implications might be for society, for financial services firms and, more specifically, for financial planners.
Not so very long ago ....
Retirement is actually a fairly recent „invention“. Going back to the early 1800s, we were still mainly an agrarian society. Families tended to be nuclear with two or more generations living under the same roof. Older people weren‘t „put out to pasture“ – rather, they were relied on for their insight, their moral compass, and especially, their deep knowledge of crafts and farming. But for most, life was hard back then and people generally kept working in some form or capacity right up until their death.
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Industrialization changed people’s relationship with their work, and it spawned the conditions from which the current concept of retirement evolved. Along with its much vaunted benefit of increased productivity, industrialization brought a profound shift in the nature of work. The sense of shared effort that marked production in earlier eras disappeared. Family-run concerns gave way to corporations, where the bond between owners and workers was weakened. As mass production became the dominant style, employers began to consider workers as replaceable cogs in a big machine. Workers also began to view their labor differently, and as the population moved to cities, work became a means to an end – a way to earn an income – rather than a way of life.
William Osler and the birth of ageism In 1905, William Osler, one of North America‘s most respected physicians, delivered a speech in which he said „Take the sum of human achievement in action, in science, in art, in literature, and subtract the work of men above 40. While we would miss great treasures, even priceless treasures, we would be practically where we are today.“ Osler went even further. He claimed that people older than 60 were entirely useless and were, in fact, a drain on society because of their inelastic minds. He waxed poetic about the „incalculable benefit“ that would result if everyone simply stopped working at age 60.
juxtaposed with the first incidences of unemployment Osler‘s biases dovetailed perfectly with
a new social problem that was just being discovered at the dawn of the 20th century but that is unfortunately all too familiar today: unemployment. The logic expounded by social engineers at the time was simple: if older people retired, this would free up jobs that could help reduce, or even eradicate unemployment. What did organized labor think of this new concept? In 1900 only 10 percent of the workforce in developed countries was unionized, usually those in highly skilled trades, and unions were at the time too busy fighting for the right to strike to give much attention to the matter. The few labor leaders who looked into this newfangled concept of retirement saw an opportunity rather than a threat: forced retirement would create lots of newly vacated job openings which they could deliver their members. So, business, labor and social engineers were all singing from the same song book, so to speak. There was only one small problem: what were retired workers supposed to live on once their salaries had stopped?
Birsmarck – the real father of retirement We could say with a certain truthfulness that the real “father” of modern retirement was Otto Eduard Leopold, Duke of Lauenburg, Count von Bismarck-Schönhausen. As Minister-President of Prussia, in order to keep the German economy operating at maximum efficiency, and to stave-off calls for more radical socialist alternatives, Bismarck introduced the Old Age and Disability Insurance Bill of 1889 – the world‘s first old age social insurance program. He originally picked age 70 as the threshold to qualify for benefits, based on the biblical reference to „three score years and ten“, and then lowered the age to 65 a few years later. Participation was mandatory, and old age benefits were financed with contributions taken from the employer and the employee, with the government kicking in the rest. However, since life expectancy in Germany at the time was around 46, this pension scheme didn‘t cost the government much in its early years.
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American Express – the first corporate pension plan At the same time, we also witnessed the birth and slow growth of private pension plans. American Express is widely known as the company that invented Travelers Cheques and was largely responsible for popularizing the credit card, but it can also claim one other achievement: in 1875 Amex created the world‘s first private pension plan for its employees. Slow is the operative word for the growth of private pensions, because by 1930, only 15 percent of North American workers were covered by an employer plan.
The impact of the great depression
Another big breakthrough in terms of creating retirement as we now know it came as a result of the Great Depression. At its peak, one out of four North Americans was without work, and huge masses of unemployed angry young men out on the streets created explosive social conditions. Something clearly had to be done to ward off the very real threat of insurrection. Under Franklin Delano Roosevelt‘s New Deal program, public pensions were introduced in the U.S. The strategy was clear – get more young people working again by inducing older people to retire. The solution chosen to fund this new initiative is one that we still live with today: taxing those who are still working – the „next“ generation so to speak – to pay benefits to those who are retired. Roosevelt was left with a crucial decision – choosing an appropriate retirement age. He based his decision on Bismarck‘s civil servant retirement scheme, settling for 65 as the age for qualifying for Social Security – the legislation for which was passed in 1935. And like Bismarck, he also wasn‘t exactly giving away the store since at that time the average American died at age 63.
The first generation of retirees Government pension schemes are but one piece of the retirement puzzle since they generally only provide for a subsis-
tence lifestyle. It was the first generations of retirees that gave us the tragic images of the old widow or widower living in a
dingy apartment, forced to eat pet food to make ends meet. Two other developments combined with some heavy duty marketing by financial institutions were necessary for our society to begin viewing retirement as the sort of idyllic permanent summer vacation that it is now being sold as. These two developments were the increasing proliferation and attractiveness of private pension plans, and a soaring residential real estate market. Beginning with the period of wage freezes in place during World War II, savvy
union officials quickly learned that it was easier to bargain for fringe benefits than for direct wage increases. From the corporations‘ perspective, increased pension coverage contributions were tax deductible, and future obligations of this nature didn‘t always show up on the company‘s books as liabilities. From this point on, for large companies virtually every round of contract negotiations included some form of enhancement to the company pension plan. In order to be competitive in what was at the time a tight labor market, an increasing number of companies were forced to begin offering retirement schemes to their employees. To put the cost of this into perspective, employer benefit programs – the most costly element of which are pension plans – now account for over 30 percent of the typical company‘s labor costs.
Home sweet home The final element contributing to retirement as we know it was the residential real estate boom that raged during the 1960s through the beginning of the
21st century. Most of the suburbs surrounding North America‘s major cities were developed during this period, and in the early stages of this development, houses were cheap and mortgages very affordable. The generation that is currently retired saw the value of their residences skyrocket in value, and many is the house that was purchased for $15,000, only to be re-sold for ten or even twenty times that amount several decades later. This price explosion was largely created by massive demand for residential real estate as the baby boomers began buying their first houses during the late 1970s and 1980s.
The option of selling the family dwelling has provided many current retirees with the nest egg needed to make a comfortable retirement possible. Adding regular income from government benefits, company pension plans and wealth accumulated from careful investing to this nest egg is what has turned the dream of retirement into a reality for several generations of North Americans. The same is true for Western Europe, although with a greater reliance on government and private pensions, and somewhat less emphasis on private savings.
Retirement – are we at a tipping point? So we have seen that the concept of retirement is a fairly recent one – which suggests that we should resist the temptation of thinking that it will be with us forever in its current form. We are at a very interesting historical juncture as „front end“ of the Baby Boom – the huge population cohort born between 1946 and 1965 – recently turned 65. The Baby Boom has been such a powerful demographic force that it has changed virtually everything in its path as it moves along the age wave. The 65+ segment of the North American population will be fastest growing age cohort over the next decade and a half and we think that the boomers will exert a huge impact on retirement as we now know it. We look forward to exploring this impact in our next article on retirement, as well as how it will affect us as financial planners. Stay tuned!
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Marktmeinung
Marktmeinung
Ein Plädoyer für das Bargeld Die Europäische Zentralbank hat entschieden, die Ausgabe des 500-EUR-Scheins gegen Ende des Jahres 2018 einzustellen. Zudem wird in Deutschland derzeit eine Debatte darüber geführt, Zahlungen mit Bargeld nur noch bis zu einer Höhe von 5000 EUR zu erlauben. Noch weiter ging der bekannte Ökonom Kenneth Rogoff, als er vor zwei Jahren die gänzliche Abschaffung des Bargelds forderte. Dabei erfüllt Bargeld einige wichtige Funktionen.
von Gerit Heinz
Gerit Heinz ist ChefAnlagestratege Wealth Management, UBS Deutschland AG
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uro-Banknoten sind unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel. Trotzdem gibt es in zahlreichen europäischen Staaten bereits Beschränkungen bei der Bezahlung mit Bargeld. Die Befürworter einer Bargeldobergrenze argumentieren, dass sie es schwieriger mache, Geldströme zu verschleiern. Die Gegner sehen darin einen Eingriff in die Freiheitsrechte. Ob sich diejenigen, die Geldströme verschleiern wollen, an Bargeldobergrenzen halten, darf zumindest bezweifelt werden. Zudem könnte auf alternative Werte wie Gold ausgewichen werden. Insofern wären dann auch Beschränkungen für das Edelmetall oder auch andere alternative Werte konsequent. Auch wenn die völlige Abschaffung des Bargeldes noch nicht auf der Tagesordnung steht, ist es sinnvoll, sich der daraus entstehenden Konsequenzen bewusst zu werden, die nachstehend erläutert werden.
Funktion des Geldes Geld erfüllt die Funktion eines Zahlungsmittels, einer Recheneinheit und hat eine Wertaufbewahrungsfunktion. Aus der Funktion als unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel folgt, dass Euro-Banknoten und -münzen zur Begleichung einer Geldschuld angenommen werden müssen, sofern nicht vertraglich etwas anderes vereinbart worden ist. Im Vergleich zu anderen Zahlungsformen hat die Barzahlung den Vorteil der unmittelbaren Erfüllung der Forderung. Bei Zahlung beispielsweise mit einem Kar-
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tensystem werden streng genommen bis zur endgültigen Begleichung erst einmal Forderungen getauscht. Bargeld funktioniert zudem ohne technische Voraussetzungen. Auch in Krisenzeiten, wie einem länger andauernden Stromausfall, wären Bargeldzahlungen weiterhin möglich. Insofern kann Bargeld auch eine wichtige Funktion zur Aufrechterhaltung des Wirtschafts- und Warenverkehrs haben. Zudem kann eine Bargeldzahlung vollkommen anonym erfolgen. Das ist ein wesentlicher Kritikpunkt der Bargeldgegner. Aber auch unbescholtene Bürger haben womöglich kein Interesse daran, mit ihren Transaktionen vollkommen transparent zu sein.
Hohe Bargeldpräferenz in Deutschland und Österreich Während in den USA weniger als 50 Prozent der Einkäufe in bar beglichen werden, liegt der Anteil der Barzahlungen in den meisten westlichen Ländern über der Hälfte. Deutsche und Österreicher scheinen eine besonders ausgeprägte Tendenz zu Bargeldzahlungen zu haben und begleichen rund 80 Prozent ihrer Transaktionen in bar. Höhere Umsätze werden dabei eher unbar durchgeführt. Der meistgenannte Grund für die Zahlung mit Bargeld ist das Gefühl besserer Ausgabenkontrolle. Ein physischer Bestand an Bargeld scheint also Vielen ein besseres Gespür für die finanziellen Möglichkeiten zu vermitteln.
Die 500-EUR-Note als Wertaufbewahrungsmittel Die Europäische Zentralbank gibt bislang mit der 500-EUR-Note einen Geldschein mit einem auch im internationalen Vergleich hohen Wert bzw. hoher Kaufkraft aus. Die Ausgabe wird eingestellt, da dieser Geldschein rechtswidrige Aktivitäten begünstigen soll. Illegale Aktivitäten zu erschweren, ist ein nachvollziehbares Motiv. Allerdings kommt
Bargeld auch eine Wertaufbewahrungsfunktion zu. Dazu eignen sich größere Scheine besonders, wie die sprunghaft gestiegene Nachfrage während der Finanzkrise 2008 belegen mag. Das Horten von Bargeld ist allerdings auch mit Sicherungskosten verbunden. Zudem stellt die Inflation eine Gefahr dar, momentan zehrt sie allerdings wenig am Wert des Geldes. Kritiker fürchten, die Abschaffung großer Geldscheine könne der Beginn der Abschaffung des Bargelds sein. Dafür sprach sich der Harvard-Professor Kenneth Rogoff bereits vor zwei Jahren aus. Diese würde zu vollkommener Transparenz führen und es damit unmöglich machen, Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit, Geldwäsche und ähnliches zu verschleiern.
Negativzinsen und finanzielle Repression Als weiteres Argument führte Rogoff an, dass ein Ende des physischen Bargeldes es den Zentralbanken leichter mache, negative Zinsen durchzusetzen. Derzeit haben die Finanzakteure immer noch die Möglichkeit, auf Bargeld auszuweichen, sollten die Zinsen zu stark unter 0 Prozent sinken. Wenn diese Ausweichmöglichkeit aber nicht mehr besteht, wären negative Zinssätze nichts weiter als eine explizite Steuer. Die einzige Möglichkeit ihr zu entkommen, wäre (wahrscheinlich durchaus gewünscht) das Geld auszugeben. Um das Vermögen zu erhalten, müssten ansonsten höhere Risiken in der Vermögensanlage eingegangen werden. Negative Zinsen bedeuten auch eine Umkehrung ökonomischer Gesetze. Der durch Sparen in der Gegenwart erlittene Konsumverzicht wird dann nicht mehr durch Zinsen belohnt, sondern gar bestraft. Letzten Endes würde eine vollständige Abschaffung des Bargelds zum Risiko der permanenten Besteuerung oder Enteignung führen und Geld wäre insofern kein privates Eigentum mehr.
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Marktmeinung
Helikoptergeld. Das Geld aus der Druckerpresse. von Hans-Jörg Naumer
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mmer stärker drängt der Begriff des „Helikoptergeldes“ in die Öffentlichkeit. Was dabei im Vergleich mit der öffentlichen Debatte auffällt ist: Im dahinter stehenden akademischen Diskurs geht es nicht um Helikoptergeld, verstanden als Zentralbankgeld, das aus der Druckerpresse geschaffen und an die Bürger/Endverbraucher verteilt wird. Es geht um die Monetisierung der Staatsschuld, das heißt die Finanzierung bestehender Staatsschulden wie laufender Defizite durch die Geldpolitik. Während das Helikoptergeld zur Finanzierung laufender Konjunkturpakete zum Einsatz kommen soll, setzt die Monetisierung an den bereits bestehenden Staatsschulden an. Die Monetisierung könnte in verschiedenen Ausprägungen stattfinden: temporär, zum Beispiel, um übergangsweise die Refinanzierungsbedingungen durch günstigere Zinsen zu erleichtern (was der quantitativen Lockerung „QE“ entspricht), oder permanent. Aber auch bei einer permanenten Monetisierung wäre wieder zu unterscheiden, wie weitgehend diese ist. Drei Ausprägungen sind vorstellbar, die teilweise etwas unterschiedlich von ihrer bilanziellen Wirkung gesehen werden müssen:
1. Die Staatsanleihen werden im Rah-
men der quantitativen Lockerung durch die Zentralbank gekauft und durch fortgesetzte Aufkäufe neu emittierter Staatsanleihen prolongiert. Die Kupons werden folglich direkt von der Zentralbank und nicht aus dem öffentlichen Haushalt bedient. Eine Entwicklung, die bei der Bank of Japan (BoJ) bereits zu beobachten ist.
2. Die Staatsanleihen blieben pro forma
auf der Aktivseite der Zentralbankbilanz stehen. Laufzeiten und Kupons würden aber so verändert, dass sie faktisch kaum noch eine Verpflichtung für die Staaten darstellen. Es könnten zum Beispiel die Laufzeiten deutlich verlängert werden bis hin zu sogenannten „perpetuals“ und Kupons reduziert oder ganz auf Null gesenkt werden. Das käme von
der Wirkung einem Schuldenschnitt gleich, da der Barwert der Anleihen gegen Null sinken würde, würde aber, zumindest wenn die allgemein gängigen Bilanzierungsregeln nicht angewendet werden, die Zentralbanken davor schützen, dass sie Abschreibungen vornehmen müssten.
3. Die Staatsanleihen werden „ausgebucht“, was einem selektiven Schuldenschnitt („haircut“) auf die eigenen Aktiva gleich käme, aber eben nicht einem generellen Haircut, bei dem auch weitere Schuldner außer der Zentralbank in Mitleidenschaft gezogen werden. Aus der Perspektive der Zentralbanken für sich genommen, müssten diese eine
gen die Maastrichter Verträge gleichkommen dürfte. Bundesbankpräsident Weidmann hat auf das Problem der „fiskalischen Dominanz“ bereits 2013 hingewiesen, in dem er die Frage aufwarf, wer letztlich die Oberhand über die Geldpolitik habe: die Zentralbank oder die Fiskalpolitik? Fiskalische Dominanz führe zu höherer Inflation. Die Geldpolitik würde zum Erfüllungsgehilfen der Fiskalpolitik. Und nicht zuletzt der im Kontext des Helikoptergeldes gerne als Kronzeuge zitierte Milton Friedman hat auf die Gefahr der Inflation hingewiesen: Wenn Geld explizit dazu geschöpft würde, um die Defizite der Regierung zu finanzieren, so könnte dies eine unverantwortliche Fiskalpolitik und in der Folge Inflation fördern.
Die Einheit von Zentralbankbilanz und dem Haushalt der Zentralregierung wäre aber faktisch das Ende der Zentralbankunabhängigkeit, was einem Verstoß gegen die Maastrichter Verträge gleichkommen dürfte. Abschreibung vornehmen, die je nach Höhe auch zu einem negativen Eigenkapital führen könnte. Alan Greenspan, der frühere Fed-Chef, stellte heraus, dass die Zentralbank selbst bei negativem Eigenkapital unbegrenzt eigenes Geld schöpfen könne, worin ihn sein Nachfolger im Amt, Ben Bernanke, bestärkte: „In short, one could make an economic case that the balance sheet of the Central Bank should be of marginal relevance at best to the determination of monetary policy.“ Bilanztechnisch wäre eine permanente Monetisierung demnach kein Hindernis. Was bei der aktuellen Debatte auffällt, ist, dass die Finanzierung staatlicher Ausgaben durch die Zentralbank als machbar und scheinbar frei von Konsequenzen geschildert wird, wenn es hier auch Nuancen gibt. Die Einheit von Zentralbankbilanz und dem Haushalt der Zentralregierung wäre aber faktisch das Ende der Zentralbankunabhängigkeit, was einem Verstoß ge-
Helikoptergeld ist Geld aus der „Druckerpresse“ der Zentralbank. Was technisch betrachtet machbar erscheint, muss mit allen seinen Risiken und Nebenwirkungen bedacht werden. Für Investoren heißt dies: Wenn auch die Realisierung des Helikoptergeldes noch als unwahrscheinlich angesehen wird, so spricht das Risiko alleine schon dafür, „Sachwerte“ bei der Kapitalanlage höher zu gewichten. Und ich werde nicht müde – Volatilität hin oder her – Aktien zu meiner „first choice“ der Sachwerte zu zählen. Sie zahlen, anders als Gold, Dividenden, und sind, anders als Immobilien, nicht politischen Risiken wie der Mietpreisbremse ausgesetzt.
Hans-Jörg Naumer – Global Head of Capital Markets & Thematic Research, Allianz Global Investors
Journal of Financial Planning
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Integrität in der Beratung führt zu Freiheit von George Kinder, CFP, RLP
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ch möchte gern über Freiheit sprechen. Doch zuerst ein Geständnis: Ich bin Finanzberater. Ja genau, ich bin diese schmierige Person, die ganz besondere Freude daran hat, armen Leuten wie Ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich bin einer dieser Schurken im schwarzen Anzug, der von Ihrem Vermögen einen Teil abhaben will, um sich auf Ihre Kosten zu bereichern. Ich bin der Betrüger, der zum Scheitern verurteilte Produkte verkauft. Der Typ, der nicht zögern würde, Ihnen ein Auto ohne Motor zu verkaufen oder ein Haus mit Asbest in den Wänden. Doch es ist in der Tat so viel einfacher für mich, Ihnen Finanzprodukte zu verkaufen, die für Ihr (oder gar mein) Verständnis zu komplex sind. Und wenn ich Glück habe, dann haben Sie keinen blassen Schimmer, was Sie gerade gekauft haben. Diese gut verpackten Produkte werden weder zusammenbrechen noch ihre versteckten Gebühren, Bedingungen oder fälschlicherweise angestellten Vermutungen über die nächsten Jahre zu erkennen geben – Jahre, in denen ich das süße Leben genieße. Ich wurde ausgebildet, um den richtigen Moment zu finden, Ihre Gier anzusprechen. Und ich habe ein Produkt, das entweder zu Ihrer Gier oder zu Ihren
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Ängsten passt – genau in dem Moment, in dem Sie am verwundbarsten sind und sich am meisten danach sehnen. Ja, das bin ich, aber nur in den Albträumen, die durch die tägliche Berichterstattung über Betrug und Korruption seitens der Finanzberater, ihrer Unternehmen, der Banken oder der Versicherungsunternehmen mit ihren versteckten Maklergebühren, entstehen. Es gibt lange nicht genug Berichterstattung über die tragischen Geschichten einiger Kunden, aus denen riesige Gewinne geschlagen wurden. Wäre das der Fall, dann wäre das System, das diese Betrüger hervorgebracht hat, heute sicherlich längst geändert. Doch das ist es nicht. Es wird aber Zeit.
„Wachstum entspringt vor allem dem Unternehmergeist.“ Die Wahrheit ist, dass ich hoffe trotz meines Berufes als Finanzberater nie einer dieser Schurken, die ich gerade beschrieben habe, gewesen zu sein. Ich bin mir sicher, dass die meisten meiner Kollegen im Finanzdienstleistungssektor es auch nicht sind. Doch das System, das fehlenden Verbraucherschutzes befördert, hält nach wie vor Einzug und
es deutet sich an, dass es sogar stetig stärker wird. Ich bringe Finanzberatern bei, die Dinge anders anzugehen. Ich sage ihnen, dass ihr Beruf einfach sei. Als Vorbild der Integrität vorangehen und Freiheit bieten, das ist alles. Diese Prinzipien zu wahren, ändert alles. Es ist Zeit, dass der systematische Betrug und die systematische Korruption endlich ein jähes Ende finden. Sowohl Menschen in der Branche als auch außerhalb haben genug davon. Weder Regulierung noch finanzielle Freiheit können die Dinge wieder gerade rücken. Wandel ist nicht einfach herbeizuführen. Dafür braucht es grundlegende Veränderungen in der Berufsethik, die zu gelebter Integrität und Vertrauen führen. Dafür muss sich der Berater dem Kunden und nicht einem Produkt, dem Gewinn oder dem Verkauf verpflichtet fühlen. Warten Sie nicht darauf, dass Politiker oder Unternehmen das ändern – sie haben schon zu viel davon profitiert. Doch Finanzplaner unternehmen bereits viel, um die Dinge grundlegend zu ändern.
Integrität vorleben Wie trotzdem auch aus der Debatte um Treuhandgeschäfte ersichtlich wurde, beugen wir uns immer noch zu sehr
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Kräften, die stärker sind als wir selbst. Der Finanzberater (der Produktverkäufer), den ich beschrieben habe, hätte genauso gut ein Politiker sein können, der uns Integrität verspricht und uns bittet, ihm zu vertrauen, während er seine fehlende Ethik unter dem Deckmantel der Demokratie versteckt. Beide Berufsgruppen haben mit der niedrigsten Vertrauenswürdigkeit zu kämpfen, wie aus Umfragen hervorgeht. Beide sind stark von Unternehmen abhängig, die ihnen politische oder wirtschaftliche Gefallen tun, die für uns nach Betrug und Korruption nur so schreien. Wir stecken immer noch mitten in der langen und langsamen Erholungsphase der schwersten Rezession und Bankenkrise seit der Großen Depression. Doch der Fluch des Wachstums ist falsch, er basiert auf falschen wirtschaftlichen Annahmen. Dabei ist die Annahme falsch, Wachstum könne nur geldlich bemessen werden oder hänge von Geld- und Steuerpolitik ab. Die Annahme, Wachstum könne nur durch die korporatistischen Mächte der Regierung und der Unternehmen befördert werden. Tatsächlich entspringt Wachstum dem Unternehmergeist einzelner. Dieser Unternehmergeist kann durch gute Beratung hervorgerufen, durch eine gute Kultur gefördert und auf freie Märkte losgelassen werden.
„Was wäre, wenn überall um uns herum Menschen und Institutionen Integrität leben würden?“ Als ich an meinem neuen Buch, „Model Integrity, Deliver Freedom: A Banking
Manifesto and the Life Planning Revolution”, das in diesem Jahr erscheinen soll, arbeitete, sah ich meine zentrale Botschaft als eine Art Herzstück einer neuen Wirtschaftsansicht und als Wiedergeburt der Demokratie wie sie unsere Vorfahren entworfen haben. Ich stellte mir Integrität und Freiheit als Eckpfeiler unserer Gesellschaften überall auf dem Globus vor. Ich stellte mir die Leben der Mächtigen und der Machtlosen in jeder erdenklichen Institution vor. Wie wäre es, wenn überall um uns herum die Menschen dem Ausleben von Integrität und Freiheit verschrieben wären? Um die gesellschaftlichen Veränderungen, die dafür nötig wären, zu verstehen, nahm ich mir sieben politisch und wirtschaftlich wichtige Bereiche vor: Führungspositionen, Medien (wo Kultur eingebettet ist), Märkte, Unternehmergeist, Produkte, Demokratie und Beratung. Was sagt es über die Zukunft und Stabilität von Demokratie und Kapitalismus aus, dass die Hauptvertreter jedes einzelnen Punktes so in Verruf geraten sind?
Produkte und Beratung Mich treibt eine Frage um: Gibt es ein Modell der Demokratie und der Wirtschaft, das alle ansprechen und nachhaltig für die Menschheit an sich sein könnte? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass dafür jeder dieser sieben Punkte Integrität und Freiheit bieten muss. Ich nenne sie „die sieben Integritäten“. Von diesen sieben Integritäten kennen wir in der Finanz-
planung die Beratung und das Produkt am besten. Wir kennen den betrügerischen Berater, der gefährliche Produkte verkauft (die derzeitige Schuld stammt komplett aus Produkten), und den empfänglichen (oder gierigen) Kunden, der sie kauft, wobei er seitens der Medien, der Regierung und der Märkte, die nicht frei sind, aber von Unternehmen oder der Regierung beherrscht werden, dazu ermutigt wird, sie zu kaufen. Die Integrität, die wir am besten kennen, an der wir seit 40 Jahren rumfeilen und an der wir auch heute noch eisern festhalten, ist die Beratung. Bei dem Ansatz der Lebensplanung im Finanzplan bietet Integrität Freiheit und fördert den Unternehmergeist des Kunden. Für die Gesellschaft bringt das organisches, nachhaltiges und natürliches Wachstum. Dieses ist optimal und maximal, weder überbewertet noch von übermächtigen Kräften der Gesellschaft aufgezwungen. Es wird Zeit, dass wir in der Demokratie sowie in der Wirtschaft unsere Bedenken über die korporatistischen Mächte durch das Zelebrieren und Ausleben menschlicher Freiheiten ersetzen. Das ist die Revolution, die die Finanzplanung durch sein Pflichtgefühl dem Kunden gegenüber, das wir als Lebensplanung kennen, mit sich bringt. Freiheit zu bieten ist ebenso Aufgabe des Finanzplaners wie es Aufgabe des Arztes ist, Gesundheit zu bieten. Freiheit ist am Ende des Tages das, was wir vom Geld wollen.
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Immobilien | Finanzierung
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Die Immobilienanlage in der Finanzplanung – eine kritische Betrachtung –
von Thomas Abel, CFP, CFEP
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ei der Erstellung von Finanzplänen zeigt sich häufig eine hohe Gewichtung von Immobilienanlagen im Gesamtvermögen. Die Ursache hierfür sind die positive Einstellung zu Immobilien, die vermeintliche Sicherheit und natürlich auch die hohen Investitionsbeträge, welche schnell im sechsstelligen Bereich liegen. Mittlerweile haben die Mandanten teilweise zusätzlich auch Immobilien von ihren Eltern geerbt oder übertragen bekommen. Andere Bestandteile des Gesamtvermögens, wie unter anderem Aktien, Renten, Versicherungen, Beteiligungen, lassen sich dagegen mit deutlich geringeren Beträgen erwerben und somit auch besser diversifizieren.
Thomas Abel, CFP®, CFEP®, Chefredakteur
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Zu unterscheiden ist bei den Immobilieninvestments zunächst zwischen selbstgenutzten und fremdgenutzten Objekten. Bei den selbstgenutzten Immobilien spielen beim Kauf selten rationale Gründe eine Rolle. Hier werden oftmals Argumente wie Lebensqualität, eigener Herr im Haus, Vererbbarkeit an die Kinder, sichere Anlage genannt. Insofern bietet es sich in Abstimmung mit dem Kunden meist an, diese aus der Betrachtung der „reinen“ Kapitalanlagen
und aus der Optimierung der Kapitalstruktur auszuklammern, da diese Objekte nicht disponibel sind. Bei den vermieteten Immobilien wird zwar beim Kauf durchaus auf die erzielbaren Renditen geachtet, oftmals wird aber lokal gekauft, da man ja den Markt vor der Haustür zu kennen glaubt, die Mieterauswahl persönlich vornehmen kann und sich vielleicht sogar um die Instandhaltung selbst kümmern könnte. Das mag für den pensionierten Mandanten unter Umständen eine Möglichkeit der Beschäftigung sein, für den berufstätigen Angestellten oder Unternehmer wird das nicht selten schnell zur Last und wird gegen Gebühren (von vornherein) ausgelagert auf eine Hausverwaltung. Bei der Renditebetrachtung werden auch gerne die Kosten, die mit der Anschaffung (Makler, Grundbuch) verbunden sind, und spätere Instandhaltungskosten nicht berücksichtigt. Der Finanzplaner muss sich im Rahmen der Planung hierzu folgende Fragen stellen: Ist das vorhandene Immobilienvermögen ausreichend diversifiziert? Sind die Nutzungsarten und Standorte gestreut? Wie ist der Instandhaltungsbedarf
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der Objekte? Wie ist die Vermietungssituation? Welche demografische Perspektive haben die Standorte, und vieles mehr. Nicht zu vergessen ist auch die Beurteilung bestehender Immobilienkredite. Also eine sehr umfangreiche Prüfung der Rahmenbedingungen, bei welcher sich die Frage stellt, ob der Kunde bereit ist, hierfür eine angemessen Vergütung zu zahlen. Im Einzelfall könnte sogar ein vollständiges Exposé für sehr werthaltige Objekte sinnvoll sein, was schnell mehrere Tausend Euro kosten dürfte. Aber auch die „einfache“ Analyse des Planers wird oft sehr schnell ergeben, dass unabhängig vom einzelnen Objekt eben keine ausreichende Streuung vorhanden ist, sich das Vermögen auf wenige Objekte am selben Standort verteilt und somit eine RisikokumulatiAnzeige
on vorhanden ist. Oder aber auch, dass Mieten bereits über einen längeren Zeitraum nicht gesteigert worden sind, Instandhaltungen verschoben wurden und der Mandant auch nicht genügend Zeitbudgets oder Know-how für die Verwaltung seines Immobilienbestandes aufbringen kann. Welche Lösungsvorschläge könnten sich daraus ableiten? Die Empfehlung könnte zum Beispiel lauten, einzelne Objekte abzustoßen und in der aktuellen Marktphase Gewinne aus Wertzuwächsen mitzunehmen, sofern der Standort sich positiv entwickelt hat. Während solche Verkaufsempfehlungen bei Aktien, Renten und anderen „nicht anfassbaren“ Anlageformen meistens vom Mandanten umgesetzt werden, stößt man bei Immobilien sehr oft auf Wider-
stand. Auch bei einer weit entfernt liegenden Immobilie hat der Mandant das Gefühl, etwas Eigenes zu besitzen, was er anfassen kann und „begreifen“ kann. Emotionen kommen ins Spiel, ähnlich wie bei der selbstgenutzten Immobilie, Renditen stehen auf einmal nicht mehr im Vordergrund, voraussehbare demografische Entwicklungen und damit einhergehende Leerstandspotenziale werden ausgeblendet. Mancher fragt zumindest nach, warum diese Empfehlung ausgesprochen wird, und – nach hoffentlich befriedigender Antwort – fragt dann: Was soll ich anschließend mit der Liquidität machen? Nun, es könnte sein, dass der Planer nur die Struktur des Immobilienvermögens des Kunden optimieren will, es
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nicht einmal reduzieren möchte. Mittel der Wahl hierfür sind dann indirekte Investitionen in das Segment mit deutlich geringeren Beteiligungsbeträgen, wie zum Beispiel offene oder geschlossene Immobilienfonds, Einzelaktien oder Investmentfonds. Hierüber kann schnell eine deutlich bessere Diversifikation über alle Aspekte hinweg erreicht werden (Standorte, Nutzungsarten, Mietverträge, Laufzeiten, etc.), ein professionelles Management wird eingekauft, persönliche Kreditaufnahmen werden vermieden, Zeit wird gespart.
Bleiben noch offene Immobilienfonds, welche zumindest langfristig und im Durchschnitt stabile Wertentwicklungen über Jahrzehnte hinweg darstellen konnten, ohne große Volatilitäten und bei mehr oder weniger täglicher Verfügbarkeit und Liquidität. Genau dies führte aber, wie wir alle wissen, in Krisenzeiten zu erheblichen Problemen in Bezug auf die ab- oder zufließende Liquidität, mit dem Resultat, dass eine größere Anzahl an Fonds abgewickelt werden musste bzw. sich immer noch in der Auflösung befindet.
Das klang und klingt alles plausibel und einleuchtend. Die Erfahrungen, die Mandanten mit diesen Anlagen in der Vergangenheit machen mussten, stehen oft allerdings diametral der Entwicklung der direkt gehaltenen Immobilien gegenüber. Ein Anleger, der dem Rat des Finanzplaners gefolgt wäre, seine direkten Investments zu veräußern und indirekt anzulegen und zu diversifizieren, hätte zwar aus portfoliotheoretischer Sicht alles richtig gemacht, hätte aber über viele Jahre in ernsthaften Diskussionen mit seinem Finanzplaner gestanden.
Der Gesetzgeber hat hier mittlerweile eingegriffen und reguliert, so dass nunmehr mindestens eine zweijährige Haltefrist für neu erworbene Anteile vorgesehen ist.
Geschlossene Immobilienfonds waren zu einem großen Teil eine katastrophale Investition über die letzten 45 Jahre für viele Anleger, endeten teilweise sogar im Totalverlust. Die Ursachen waren viel zu hohe Produktkosten; falsch ausgewählte Standorte; zu hohe Kredithebel, um möglichst hohe Steuervorteile zu produzieren; Fremdwährungen, die sich negativ entwickelt haben, und vieles mehr.
Die verbliebenen Fonds kämpfen mittlerweile mit dem entgegengesetzten Problem, sie werden mit Liquidität überschüttet, da die Anleger eine noch einigermaßen verzinste Alternative zum Rentenmarkt suchen und diese vermeintlich im offenen Immobilienfonds mit seinen stabilen Wertentwicklungen gefunden haben. Dies führt dazu, dass die ersten Fonds bereits keine Gelder mehr annehmen, da diese ja auch in den Immobilienmarkt investiert werden und hierfür erst einmal geeignete Objekte identifiziert werden müssen. Die Liquiditätsquoten der Fonds liegen seit Jahren zwischen 20-40 Prozent und diese Gelder wiederum werden nur noch minimal verzinst, so dass die Gesamtperformance der offenen Fonds in den letzten Jahren rückläufig war und im Durchschnitt nur noch bei zwei bis drei Prozent pro Jahr liegt, was aber immerhin noch deutlich über der Inflationsrate liegt.
Immobilienaktien folgen kurzfristig dem Trend am allgemeinen Aktienmarkt und haben teilweise höhere Volatilitäten als zum Beispiel DAX-Standardwerte, die Portfolien sind zum Teil sehr hoch finanziert, das Management war nicht immer gut und es kam auch hier zu Insolvenzen. Langfristig folgen sie im Durchschnitt aber dem inneren Wert ihres Portfoliobestandes, Investmentfonds könnten hier eine Lösung sein. Allerdings werden auch diese vom Mandanten eher wie eine klassische Aktieninvestition gesehen und zeigen eben auch ähnliche Reaktionen.
Eine bessere Streuung als über offene Immobilienfonds bei moderatem Risiko (Kredithebel maximal 30 Prozent im Gesamtportfolio) lässt sich für einen „gewöhnlichen“ Anleger kaum erzielen. Dennoch bindet diese Anlageform derzeit per 31.01.2016 gerade einmal ca. 73 Milliarden EUR (zzgl. ca. 10 Milliarden EUR in den abzuwickelnden Fonds). In geschlossenen Immobilienfonds dürften schätzungsweise noch ca. 80 Milliarden EUR Kapital gebunden sein, der Immobilienaktienmarkt in Deutschland hat gerade einmal eine Markkapitalisierung per Ende 2015 von
Woran lag es, dass die Anleger mit all diesen indirekten Anlageformen in der Vergangenheit zum Teil erhebliche Verluste erlitten haben?
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ca. 58 Milliarden EUR. Insgesamt binden alle drei Anlagesegmente zusammen ca. 220 Milliarden EUR, dem stehen Direktinvestitionen der deutschen Anleger in Immobilien in Höhe von über vier Billionen EUR gegenüber! Nicht einmal fünf Prozent des deutschen Immobilienbesitzes sind also indirekt erworben worden. Der Großteil wurde direkt gekauft, trotz der angesprochenen Probleme des direkten Investments, der hohen laufenden Kosten und der hohen Anschaffungsnebenkosten.
Fazit Der deutsche Kapitalanleger liebt die Immobilie, sie entspricht seinem Risikoprofil, da er Angst vor größeren Schwankungen hat (deswegen ist vielleicht auch immer noch die gute alte Kapitallebens- oder Rentenversicherung so beliebt). Die Immobilie ist vermeintlich wertstabil (zwischenzeitliche
Wertschwankungen werden einfach ausgeblendet und stehen ja auch nicht täglich in der Zeitung), man hat alles selbst in der Hand (auch wenn man in Eigentümergemeinschaften ähnlich wie in einem geschlossen Fonds nur einer von vielen ist) und man muss durch den Einsatz von Krediten ja auch gar nicht so viel Eigenkapital einsetzen (der Mieter zahlt den Kredit ab, auch wenn die Mietrendite manchmal noch nicht einmal für die Zinsen reicht). Dies sollte man als Finanzplaner immer im Hinterkopf haben, wenn man mit dem Mandanten über seine Immobilieninvestitionen spricht. Im Zweifel kommt man besser mit seinen Empfehlungen durch, wenn man innerhalb des bestehenden Portfolios Optimierungen vorschlägt, zum Beispiel Mieterhöhungen endlich durchzuführen, Instandhaltungen zu planen, die Flächennutzung zu optimieren, etc.
DIE richtige Lösung für die optimale Höhe des Immobilienanteils am Gesamtvermögen zu finden, ist schwierig, da die Mandanten und ihre Risikoeinstellungen unterschiedlich sind. Gleiches gilt für den richtigen Grad der Diversifikation in Bezug auf die Standorte – der Münchner Mandant wird den Planer unter Umständen auslachen, wenn der von der Investition in andere Standorte spricht, da er ja in den letzten Jahrzehnten alles richtig gemacht und nur Wertsteigerungen erzielt hat. Der Mandant aus Pirmasens oder Magdeburg wird da vielleicht schon eher aufmerksam zuhören. Eine Beimischung indirekter Investments ist trotz der teilweise negativen Vergangenheit sinnvoll, zumal die aktuelle Regulierung für mehr Transparenz, geringere Kostenbelastungen und Risiken durch Kredithebelbegrenzungen gesorgt hat.
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Einkaufszentren
Menschen kommen längst nicht mehr nur zum Shoppen ins Einkaufszentrum. Sie verbringen hier mehr und mehr ihre freie Zeit und treffen Freunde. Was Betreiber vor neue Herausforderungen stellt, bietet Investoren neue Chancen. Deutsche Asset Management
M
it jedem Aufenthalt und jedem Einkauf können Centerbesucher Punkte sammeln und sie zu einem späteren Zeitpunkt für spezielle Angebote einlösen oder in Gutscheine umwandeln: Mit seiner App Shop & Smile liegt das Shoppingcenter K in Lautern in Kaiserslautern, das Teil des offenen Immobilienfonds grundbesitz europa ist, voll im Trend. Besucher, die sich mit ihrem Smartphone für das centereigene Bonusprogramm registrieren, kommen beim Einkaufsbummel in den Genuss zahlreicher Vorteile. Damit die Verbindung beim Einkaufsbummel nicht abreißt, gibt es im Einkaufszentrum WiFi gleich gratis dazu.
Digitaler Service „Der Einsatz von digitalen Services ist heute einer der wichtigsten Erfolgsfakto-
ren für Shoppingcenter“, sagt Fondsmanager Bernd Ebert, der für den grundbesitz europa Ausschau nach attraktiven Einzelhandelsimmobilien hält. Während der Mehrwert von Shoppingcentern früher mehr oder weniger darin bestand, alle Läden unter einem Dach zu finden, ist die Einkaufswelt von heute zweifelsohne anspruchsvoller geworden. Konsumenten haben praktisch zu jeder Tageszeit und an sieben Tagen in der Woche die Möglichkeit, Waren zu kaufen. Sie können Produkte im Internet recherchieren und zeitnah mit ihrem Smartphone Preise vergleichen. „Wichtig ist, die Digitalisierung weniger als Gefahr für den stationären Einzelhandel zu sehen, sondern mehr und mehr als Chance zu begreifen“, so Ebert. Erfolgreiche Einkaufszentren setzen deshalb darauf, die Vorzüge der Online-Welt mit den Vorteilen des Einkaufs vor Ort – also digitale
Services mit Beratung, Anprobe und der sofortiger Verfügbarkeit der Waren – zu kombinieren. Zum Einsatz kommt dabei auch das sogenannte Geo-Fencing: Informationen erscheinen nur dann auf dem Smartphone des Kunden, wenn er sich in der Nähe des Centers aufhält.
Mehrwert bieten Aber nicht nur die Digitalisierung stellt Einkaufszentren vor ganz neue Herausforderungen. Das internationale Immobilienberatungsunternehmen Cushman & Wakefield kommt in seinem Report „Survival of the Fittest“ zu dem Ergebnis: „Das Shoppingcenter der Zukunft ist urban, gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden und hochflexibel. Es wandelt sich stetig und ist ein Treffpunkt, ein Ort des sozialen Austausches. Das Shoppingcenter der Zukunft ist ein Ort
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Anzahl der Shopping-Center in Deutschland (1965-2015) Anzahl der Shopping-Center absolut
1965 1975 1985 1995
2 50 81 179
2000
279 363
2005
428
2010
463
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für Veranstaltungen, Unterhaltung und Dienstleistungen mit verschiedensten Funktionen.“1 Kunden – so der Report – legen neben abwechslungsreichen Shops zunehmend Wert auf Service und eine angenehme Atmosphäre. Dieser Trend spiegele sich auch in den jüngsten Shoppingcenter-Entwicklungen wider: Einkaufszentren bieten eine größere Vielfalt an Einzelhändlern, mehr Freizeitangebote und eine größere Auswahl an Speisen und Getränken. Fakt ist: Shoppingcenter werden neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz mehr und mehr zu sogenannten Third Places – also zu Orten, an denen Menschen gerne ihre Freizeit verbringen. Zum Beispiel, um sich mit Freunden zum Mittagessen zu treffen oder, um sich zum Kaffeetrinken zu verabreden. Aktuelle
Umfragen des Shoppingcenter-Betreibers ECE belegen diesen Trend: Der Anteil der Gastronomienutzer hat sich binnen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Der Anteil der Besucher, die das Einkaufszentrum als Treffpunkt in ihrer Freizeit sehen, hat sich gleichzeitig sogar verzehnfacht 2.
Erfolgsbeispiel Kaiserslautern Ulrich Steinmetz ist mit Blick auf seine Immobilienportfolios zuversichtlich: „Die neun Einkaufszentren in unseren Fonds sind gut für die Zukunft gerüstet – auch dank unserer professionellen Partner, die sich um das Centermanagement kümmern“, so Steinmetz, der das Immobilienfondsmanagement bei der Deutschen Asset Management verantwortet.
Ein gutes Beispiel dafür: das K in Lautern. Wenige Monate nach seiner Eröffnung im März 2015 ist das Einkaufszentrum auf dem sogenannten Fackelrondell mitten in der Innenstadt von Kaiserslautern bereits einer der beliebtesten Treffpunkte der Stadt. Das vollvermietete Einkaufszentrum macht nicht nur durch regelmäßig neue Events auf sich aufmerksam. 100 Shops – darunter angesagte Modelabels wie Mango, Superdry, Camp David und Hallhuber – sorgen für Vielfalt in der Shopping-Tüte. Damit die Auswahl genau den Nerv der knapp 400.000 Menschen im Einzugsgebiet trifft, haben die Vermietungsexperten der ECE nichts dem Zufall überlassen: Bei der Auswahl der Einzelhandelsmieter wurden die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden berücksichtigt. Wer sich eine kurze Pause gönnt, findet im Food-Court eine Auswahl verschiedener Cafés und Restaurants mit mehr als 400 Sitzplätzen. Eine Markthalle lockt darüber hinaus mit regionalen und internationalen Spezialitäten. Alle vier Etagen sind für die Besucher über Fahrtreppen und Aufzugsanlagen bequem zu erreichen. Die Ladenbesitzer berichteten bereits in den ersten Monaten über gute Umsätze.
Kauffreudige Konsumenten „Trotz der Dominanz des innerstädtischen Einzelhandels in Deutschland sind Einkaufszentren ein wichtiger Baustein im Immobilienportfolio“, erklärt Martin Lippmann, Immobilien-Rese-
1 Quelle: Cushman & Wakefield, Shopping Centres & E-Commerce, Survival of the Fittest, Stand: 11/2014 2 Quelle: Focus on the Customer, ECE Marktreport, Stand: 2015
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Privatanleger können bereits ab einem Betrag von 50 Euro in offene Immobilienfonds investieren, wie z. B. - grundbesitz europa - grundbesitz global - grundbesitz Fokus Deutschland
IMMOBILIEN NEU DENKEN www.DWS.de/neudenken
arch-Experte bei der Deutschen Asset Management. Grund: „Sie lassen sich in der Regel vom Auf und Ab der Konjunktur wenig beeindrucken und sorgen für relativ verlässliche Mieteinnahmen“, so Lippmann. Aktuell profitieren Einzelhandelsimmobilien wie Shoppingcenter insgesamt vom guten Konsumklima.
Beispiel Deutschland: Rekordbeschäftigung, steigende Löhne und geringe Inflation heizten die Kauflaune der Konsumenten kräftig an. Die guten Rahmenbedingungen bescherten den Einzelhändlern 2015 mehr als 470 Milliarden Euro Umsatz – 2,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.3 Research-Experte Lippmann ist auch in Bezug auf den Konsum in Europa optimistisch gestimmt: Zwar sank der Konsumklimaindex für die Staaten der Europäischen Union im dritten Quartal 2015 von 10,8 Punkten im Juni auf 10,3 Punkte im September.4 Allerdings lag das vom Marktforschungsunternehmen GfK ermittelte Barometer noch immer auf einem hohen Niveau. Interessant: In den ehemaligen Euro-Krisenstaaten Spanien und Portugal geben sich die Konsumenten optimistisch. Sie rechnen mit Wirtschaftswachstum und steigenden Einkommen.
Immenses Interesse Angesichts dieser attraktiven Ausgangslage verwundert es nicht, dass Einkaufszentren und Co. bei Investoren gefragt sind: In Westeuropa kletterte das
Transaktionsvolumen bei Shoppingcentern im ersten Halbjahr 2015 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um satte 65 Prozent auf 15,7 Milliarden Euro.5 Das Interesse dürfte auch in den kommenden Monaten bestehen bleiben: „Mit ein Grund dafür ist das anhaltende Zinstief. Investoren suchen nach Anlagen mit der Aussicht auf attraktive Renditen“, so Lippmann.
Fläche der Shopping-Center Fläche in Quadratmetern je 1.000 Einwohner
244
227 180
Spanien
Italien
Deutschland
Attraktive Aussichten Doch wo sieht der Research-Experte derzeit weltweit das stärkste Wachstum? „Gemessen an der Fläche sind
die USA der wichtigste Shoppingcenter-Markt rund um den Globus“, sagt Lippmann. Er schätzt die Lage aber insbesondere in Asien als aussichtsreich ein. Auch einige Länder in Europa bieten seiner Ansicht nach Chancen – insbesondere die östlichen Regionen könnten in nächster Zeit im Fokus stehen. Doch die Größe allein ist nicht entscheidend. Ob Märkte in Zukunft noch Potenzial bieten oder nicht, beurteilen Immobilienexperten unter anderem mit Blick auf die Shoppingcenter-Dichte. „Sie kann Hinweise auf möglichen Nachholbedarf geben“, so Lippmann. Im Fokus der Immobilienexperten stehen in erster Linie große Populationen mit einer Shoppingcenter-Dichte unterhalb des Durchschnitts. Dazu gehört zum Beispiel Deutschland: Auf 1.000 Einwohner kommen hier rund 180 Quadratmeter Shoppingcenter-Fläche. Das ist weit unter dem Durchschnitt, der in Westeuropa bei knapp 253 Quadratmetern liegt. Unterhalb dieser Marke befinden sich auch die Länder Italien und Spanien – mit jeweils 227 und 244 Quadratmetern je 1.000 Einwohner.6 Noch weniger engmaschig als in einigen Ländern Westeuropas ist das Shoppingcenter- Netz in Zentral- und Osteuropa, wie die Beispiele Türkei und Russland zeigen. Beide Länder liegen mit 112 beziehungsweise 115 Quadratmetern unter dem Durchschnitt der Region von 141 Quadratmetern.6
3 Quelle: Statistisches Bundesamt, HDE-Berechnungen, HDE-Prognose 2015, ohne Umsatzsteuer, vorläufige Daten, Stand: 11/2015; 4 Quelle: GFK, Stand: 10/2015; 5 Quelle: Cushman & Wakefield, European Shopping Centre Development Report, Stand: 11/2015; Quelle der Tabelle: RREEF Investment GmbH, Stand: 30. November 2015 6 Quelle: Cushman & Wakefield, European Shopping Centre Development Report, Stand: 11/2015
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Investments in Infrastruktur von Dr. Michel Degosciu – LPX AG
Dr. Michel Degosciu ist Gründungspartner der LPX Group und verantwortet den Bereich Business Development.
Dienstleistungen dient.
Starres Angebot – dies impliziert, dass Anpassungen in Angebot und Nachfrage nur zeitverzögert stattfinden können, da insbesondere die Planung- und Konstruktionszeiten von Infrastruktureinrichtungen von langer Dauer sind.
Langlebig – Infrastruktureinrichtungen Wie kann man Infrastruktur definieren? Der Begriff Infrastruktur ist schon seit einigen Jahren ein Modewort in der Finanzbranche. Lange Zeit hat es jedoch an einer stringenten Definition des Begriffs gemangelt. Dies führt auch dazu, dass Fondsmanager unterschiedlichste Strategien verfolgen und man manchmal überrascht ist, welche Unternehmen sich teilweise in Infrastrukturfonds befinden. Im Allgemeinen kann der Begriff „Infrastruktur“ aufgrund physischer Charakteristika definiert werden, wobei eine Infrastrukturanlage typischerweise folgende Charakteristika aufweist:
Investitionsanlagegut – dies impliziert, dass es als Grundlage für nachgelagerte
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weisen in der Regel einen langen Lebenszyklus auf.
Räumlich gebunden und nutzenspezifisch – Infrastrukturanlagen sind in der
Regel unbeweglich und auf die spezifische regionale Nachfrage angepasst. Weiterhin sind sie nutzenspezifisch und können somit nicht für andere Zwecke verwendet werden.
che ein Infrastrukturnetzwerk und/oder einen Infrastrukturknotenpunkt betreiben sowie durch eine natürliche Monopolstellung gekennzeichnet sind. Bei dieser Definition finden infrastrukturverwandte Unternehmen und soziale Infrastruktureinrichtungen keine Berücksichtigung, da sie nicht die Netzwerkeigenschaften einer Basis-Infrastruktur aufweisen.
In welchen Sektoren findet man Infrastrukturunternehmen? Basis-Infrastrukturunternehmen findet man in folgenden Industriesektoren: Energie, Transport, Wasser und Kommunikation.
Stabile Cash-Flows – Aufgrund der oben
Die im Energiesektor enthaltenen Unternehmen betreiben Basis-Infrastruktureinrichtungen im Bereich der Energiewirtschaft. Dies sind im wesentlichen Unternehmen, welche ein Stromleitungsnetz oder Öl- und Gas-Pipelines bereitstellen.
Infrastruktur bezieht sich somit auf physische Infrastruktureinrichtungen, wel-
Der Transportsektor umfasst die Subsektoren Mautstraßen, Flug- und Schiffshäfen sowie Schienennetze und beinhaltet somit alle herkömmlichen Transportmodi im privaten Personen- und Warenverkehr.
Natürliches Monopol – Infrastrukturanlagen weisen eine fallende Durchschnittskostenfunktion auf, welche eine natürliche Monopolstellung impliziert. genannten Charakteristika weisen Infrastrukturanlagen in der Regel sehr stabile Cash-Flows auf.
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Immobilien | Finanzierung
Historische Performance
Schulungen
NMX30Global ®TR* 700
LPX führt im Jahr 2016 wieder Schulungen zum Thema Infrastruktur und Private Equity durch:
600 500
München – 27.9 Augustiner Keller – Jag’d Stube Arnulfstr. 52
400 300
Düsseldorf – 07.10 Wirtschaftsclub Düsseldorf Blumenstr. 14
200 100 0
12/1999
12/2001
12/2003
12/2005
12/2007
12/2009
12/2011
12/2013
12/2015
*der NMX30 ist ein Infrastrukturindex, der die Wertentwicklung der 30 größten Basis-Infrastrukturunternehmen an der Börse misst.
Der Wassersektor bezieht sich auf Betreiber von Trink- und Abwassernetzwerken. Die Dienstleistungen umfassen den Transport von Wasser, die Verteilung von Trinkwasser zum Verbraucher und die Aufbereitung von Abwasser. Der Kommunikationssektor umfasst Unternehmen, die physische Kommu-
nikationsnetzwerke bereitstellen, die für die Übermittlung von Daten notwendig sind. Dazu zählen insbesondere Kupferkabelnetze, Glasfasernetze, Telekommunikationsmasten und Satellitenanlagen. Die Dienstleistungen umfassen das gesamte Spektrum der Übertragung von Daten und ermöglichen somit jegliche nachgelagerte Telekommunikationsdienstleistung.
Leverkusen – 10.10 Bürogemeinschaft Felderstr. 47 Hamburg – 24.11 Börse Hamburg Kleine Johannisstr. 4
Interessenten können sich bei Interesse unter folgender Email anmelden: lpx@acinnovation.com
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Immobilien | Finanzierung
München: „Hier liegt noch so viel Entwicklungs- und Wertsteigerungspotenzial“ Interview mit Thomas Aigner
D
ie Münchner Mietpreise explodieren – ebenso die Immobilienpreise. Wie riskant sind Immobilieninvestitionen in einer Stadt wie München? Sind die Preise ausgereizt? Darüber unterhielten wir uns mit Thomas Aigner, dem Inhaber der Aigner Immobilien GmbH, einem Maklerunternehmen, das mit über 100 Mitarbeitern an sieben Standorten zu den Top-Playern im Großraum München zählt.
Herr Aigner, Sie kennen den Münchner Markt seit über 25 Jahren. Ist preislich das Ende der Fahnenstange so langsam mal erreicht? Thomas Aigner: So lange ich zurückdenken kann, gehörte München immer zu den teuersten Immobilienstandorten in Deutschland. Da ist zunächst einmal die exponierte geografische Lage, die für den Standort spricht. Die Nähe zu den vielen landschaftlichen Highlights,
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die Seen, die Berge, die Skigebiete, die Nähe zu Italien und Salzburg, die vielen Kulturgüter, die alle eine sinnliche Komponente haben. Hier wohnt sich‘s einfach schön. München hat einen extrem hohen Freizeitwert. Dann zählt natürlich die ökonomische Stärke der Region. Der gesunde Branchenmix aus internationalen Großunternehmen und erfolgreichen Mittelständlern. Das ist noch gelebte Marktwirtschaft – obwohl es durch die Konzentrationsprozesse im Einzelhandel natürlich auch in München eine Verdrängung der Kleinbetriebe durch die Handelsriesen gibt. Hier stehen viele kleine Geschäfte leer. Nicht zu vergessen die vielen Handwerksbetriebe und bäuerlichen Familien, die zum Teil seit Generationen eingesessen sind und nicht dem Schicksal der großen Enteignung unterworfen waren, wie ihre mittel- und ostdeutschen Mitbürger, die nach 1945 ihr ganzes Vermögen, ihren Land- und Immobilienbesitz verloren
haben. Hier ist deshalb noch sehr viel Vermögen, Immobilien- und Grundbesitz vorhanden. Unternehmer verdienen Geld und Angestellte finden Jobs. In München und im Landkreis ist die Welt also noch in Ordnung und deshalb will jeder hierher. Im Ausland hat sich das auch rumgesprochen, besonders bei internationalen Investoren. München ist im Vergleich zu anderen Top-Lagen immer noch preiswert. Das Angebot ist knapp und das treibt die Preise nach oben. Also: Ein Ende der Fahnenstange ist für mich hier nicht in Sicht.
Nun gibt es ja im Wohnimmobilienbereich auch irgendwo Grenzen. Exorbitante Kaufpreise sind ja irgendwann durch Mieten nicht mehr rentabel zu finanzieren – zumindest nicht im Rahmen üblicher Renditen. Wie geht das zusammen? Thomas Aigner: Eine kleine Rendite ist
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Immobilien | Finanzierung
immer noch besser als keine Rendite. Die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank hat ja diesen Run auf Immobilieninvestitionen – zumindest im Privatbereich – erst ausgelöst. Das Geld sucht Anlageformen, wo es sicher ist und sich wenigstens ein wenig verzinst. Und da hat München als erfolgreicher Wirtschaftsstandort mit die besten Karten. Die Renditen von Wohnimmobilien unterliegen im Vergleich zu Gewerbeimmobilien geringeren Schwankungsrisiken. Natürlich ist auch Spekulation im Spiel. Die Käufer und Investoren setzen in München nach wie vor auf Wertsteigerung. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre in München und im Umland haben ihnen bislang Recht gegeben.
zugsgebiet“ hält, sind große Wohnungen nicht mehr opportun. Hier zählen Qualität, Komfort in der Ausstattung und schnelle Anbindung sehr viel mehr als Größe. Große Wohnungen machen ja auch Arbeit. Die dafür notwendige Zeit kann man besser nutzen. Also werden zukünftig auch persönliche Dienstleistungen eine Rolle spielen, die seitens des Immobilienbesitzers oder -betreibers angeboten werden können und die zusätzliche Einnahmen generieren. Der anspruchsvolle und erfolgreiche Hedonist will sich vergnügen, entledigt sich alles Unbequemen und wird auch dafür bereit sein, den Preis dafür zu zahlen.
Wo sehen Sie denn noch Luft nach oben?
Thomas Aigner: München ist auf dem Weg dorthin, zumindest was den Serviceund Qualitätsanspruch seiner gutbetuchten Einwohner betrifft. Natürlich gibt es auch einen hohen Bedarf an bezahlbaren Wohnungen für Normalverdiener und Senioren. Es wäre wünschenswert, wenn Investoren hier an Mischformen denken, diese heterogenen Zielgruppen irgendwie zusammenzubringen. Das Münchner Konzept der Sozialen Bodennutzung mit dem schrecklichen Be-
Thomas Aigner: Nun, in den TopCity-Lagen wird die Luft dünn, denn einerseits sind sie nur noch von einem sehr wohlhabenden Klientel zu finanzieren, andererseits wird dort das Angebot immer knapper. Interessant wird es in den City-Randlagen und in den bisher nicht so nachgefragten Gebieten. Die Preise steigen auch in diesen Lagen. Hier steckt noch sehr viel Entwicklungspotenzial, Stichwort: „Gentrifizierung“. Ich denke, Potenzial steckt auch in neuen Wohnkonzepten.
Das klingt stark nach New York.
München kaum mehr einer, die knappen Flächen optimal zu bebauen – und zwar nach oben, nicht in die Breite. Die vielen neuen Flachbauten entlang der S-Bahnstrecke bis hin zum Münchner Hauptbahnhof sind ein Beleg für die skandalöse Grundstücksverschwendung.
Was bedeutet diese entwicklungshemmende Einstellung der Öffentlichkeit letztendlich für Investoren? Thomas Aigner: Geld gestaltet die Welt. Wie ich Investoren einschätze und kenne, werden sie Mittel und Wege finden, München auch in Zukunft attraktiv und lebenswert zu gestalten. Das bedarf natürlich auch einer Mitwirkung der politisch Verantwortlichen. Es wird zukünftig, schon aus dem Expansionsdruck heraus, dem München unterliegt, immer mehr Bürgermeister geben müssen, die sagen, „das machen wir jetzt“. Alles andere wäre fatal. Sie werden den Mut aufbringen müssen, ihren Wählern klarzumachen, dass die Zukunft nur im Wachstum liegt und nicht im Stillstand. Das gilt ja für jeden Bereich und ist quasi das Naturprinzip. Deshalb liegt die Zukunft Münchens nicht nur in der Stadt selbst, sondern zukünftig verstärkt auch
An was denken Sie da speziell? Thomas Aigner: Käufer, die in Wohnimmobilien investieren, sollten sich die veränderten Lebens- und Wohnverhältnisse in unserer Gesellschaft ansehen. Natürlich suchen Familien nach wie vor große Wohnungen oder bezahlbare Häuser im Grünen. Diese Zielgruppen werden aber immer weniger. München ist eine SingleStadt. Hier leben High-Performer, die gutes Geld verdienen, zum großen Teil international unterwegs sind und ihren Lebensmittelpunkt nicht auf der Couch zu Hause haben. Wer zentral wohnt, zahlt hohe Preise, nutzt das große kulturelle und gastronomische Angebot der Stadt und bewegt sich immer weniger mit dem Auto, sondern springt in die U- oder S-Bahn oder fährt ein paar Meter mit dem Taxi und kommt so schnell von A nach B. Das entwickelt sich in München so wie in jeder Metropole. Die Mietangebote müssen diesen Ansprüchen entsprechen: kompakt, repräsentativ und gut angebunden. Die große Vierzimmer-Altbauwohnung ist schick für die, die es sich leisten können. Für Singles oder für Paare, bei denen jeder noch gerne seine eigene Wohnung als „Rück-
Thomas Aigner, Inhaber der Aigner Immobilien GmbH hörden-Akronym „SoBoN“ geht da den richtigen Weg. Die alt eingesessenen Münchner, die Fraktion der überwiegend ökologisch gesinnten Zukunftsverweigerer – man möge mir verzeihen – und die Traditionalisten im Umland haben nur noch nicht erkannt, dass sich die Zeiten längst geändert haben. Sie wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, und verschenken wertvolle Entwicklungspotenziale. Ein Beispiel ist der fatale Hochhausentscheid von 2004. Seitdem traut sich in
in der gesamten Metropolregion. Hier liegt noch so viel Entwicklungs- und Wertsteigerungspotenzial, dass ich mir um die zukünftigen Renditen der Anleger keine Sorgen mache. Sie müssen nur ein wenig über den Tellerrand hinausblicken und vergrabene Potenziale dort entdecken, wo sie zu heben sind. Wir sind da gerne behilflich. Vielen Dank für das Gespräch.
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Immobilien | Finanzierung
Umsetzungsgesetz der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie
D
as Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist am 21.03.2016 in Kraft getreten. Die Immobiliendarlehensvermittlung wird durch den neu geschaffenen §34 i GewO zur erlaubnispflichtigen Tätigkeit und fällt nicht mehr wie bisher unter § 34c GewO. Für folgende Tätigkeiten gilt die neue Richtlinie: • d ie gewerbsmäßige Vermittlung von Immobiliarverbraucherdarlehen oder einer entsprechenden entgeltlichen Finanzierungshilfe, • wenn ein Darlehen für den Erwerb einer Immobilie verwendet werden soll oder das Darlehen durch eine Immobilie besichert wird, • darüber hinaus für die entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn ein Immobilienbezug durch den Verwendungszweck oder die Besicherung besteht. Eine Übergangsfrist für Erlaubnisinhaber gilt bis zum 20.03.2017 und „alte Hasen“ können die neue Erlaubnis in einem vereinfachten Verfahren beantragen. Wichtig: Während der Übergangsfrist darf auch weiterhin vermittelt werden. Allerdings müssen bereits die neuen Regelungen hinsichtlich der Beratungsund Dokumentationspflichten beachtet werden. Eigentlich soll das „Umsetzungsgesetz der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie“ Darlehensnehmer ja davor schützen, sich übermäßig zu verschulden. Doch die neue Regelung hat offensichtlich einige Fehler bzw. führt zu Problemen in der Darlehensvergabe.
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Die Lage hat sich seit März nicht nur für die Darlehensvermittler verschärft, sondern auch für manche Bankkunden. Sie tun sich jetzt schwer damit, überhaupt noch ein Baudarlehen, eine Anschlussfinanzierung oder einen Kredit für die Renovierung von Immobilien zu erhalten. Das neue Regelwerk umfasst ein Bündel von Vorschriften, verpackt in knapp 50 Seiten Gesetzestext. Viele der darin formulierten Vorschriften machen Sinn. So wird beispielsweise der Erhalt der Vorfälligkeitsentschädigung festgeschrieben. Dieses bewährte Instrument ermöglicht es den Kunden auch weiterhin, langfristige Immobilienfinanzierungen zu stabilen Konditionen bei ihrer Bank aufzunehmen. Außerdem sind praxisgerechte Beratungspflichten der Banken bei dauerhafter Inanspruchnahme von Dispokrediten verankert oder präzisierte Vorgaben zu Widerrufsfristen. Doch neben Licht gibt es auch viel Schatten.
Der Immobilienerwerb wird für kleine Einkommen erschwert Das Umsetzungsgesetz verlangt, dass Banken Immobilienkredite nur noch nach intensiver Prüfung der Kreditwürdigkeit ausreichen dürfen. Klingt vernünftig. Ist es grundsätzlich auch, denn bei so einer Finanzierung geht es für die Darlehensnehmer oft um stattliche Beträge und lange Laufzeiten. Da ist Sorgfalt angebracht. Doch der Gesetzgeber hat es versäumt, die Kreditwürdigkeitsprüfung klar und eindeutig zu definieren. Die entsprechenden Passagen im Gesetz sind schwammig formuliert und wimmeln nur
so von „unbestimmten Rechtsbegriffen“, wie Juristen sagen. Es müsse „wahrscheinlich“ sein, dass der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen vertragsgemäß nachkommen kann, heißt es beispielsweise im neuen Paragrafen 505a BGB. Doch wann genau davon ausgegangen werden kann, dass ein Kreditnehmer „wahrscheinlich“ seinen Kredit bedient und wann nicht, dazu bleibt das Gesetz vage. Die Bewertung strittiger Fälle wälzt der Gesetzgeber damit elegant auf die Gerichte ab. Die Konsequenz: Unsicherheit, mit der sich Kreditnehmer und Kreditgeber arrangieren müssen. Das wird viele Banken dazu veranlassen, konservativ zu agieren und im Zweifelsfall keinen Kredit zu vergeben. Oder sie werden sich absichern müssen, wodurch sich die Konditionen für den Kreditnehmer verschlechtern und der Immobilienerwerb für Menschen mit kleineren Einkommen zusätzlich erschwert wird. Ein weiterer wichtiger Aspekt im neuen Gesetz: Ab sofort sind die Höhe des Einkommens und des frei verfügbaren Vermögens bei der Kreditwürdigkeitsprüfung ausschlaggebend. Anders als bisher dürfen die Kreditinstitute laut Paragraf 505b BGB nicht mehr „hauptsächlich“ – noch so ein unbestimmter Rechtsbegriff – auf die Werthaltigkeit der grundpfandrechtlichen Sicherheit des finanzierten oder belasteten Grundstücks abstellen. Im Klartext: Wer mäßig verdient oder eine kleine Rente bezieht, ist womöglich nicht mehr kreditwürdig –
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Immobilien | Finanzierung
selbst wenn er eine Villa am Starnberger See sein Eigen nennt. Das ist fragwürdig und für einige Kundengruppen von erheblichem Nachteil, wie die beiden folgenden Beispiele verdeutlichen.
Grund- und Immobilienbesitz wird faktisch entwertet Beispiel 1: Ein älteres Ehepaar möchte
das eigene Haus altersgerecht umbauen. Verfügt das Paar nur über niedrige Renten, die für den Kapitaldienst allenfalls knapp reichen, werden sich die Banken in Zukunft zurückhalten müssen. Bis zum 20. März 2016 hätten sie solche Renovierungen in der Regel finanziert, da das Darlehen durch den Grundbesitz besichert gewesen wäre. Doch das hauptsächliche Abstellen auf den Wert des Grundstücks ist für die Kreditwürdigkeitsprüfung nicht mehr zulässig. Die Folge: Das Ehepaar bekommt im schlimmsten Fall keinen Kredit für den Umbau. Bitter aus Verbrauchersicht ist in diesem Zusammenhang, dass die europäische Wohnimmobilienkreditrichtlinie Ausnahmeregelungen für solche barrierefreien Umbaumaßnahmen zugelassen hätte. Der deutsche Gesetz-
geber hat sich bei der Umsetzung aber dazu entschieden, diesen Freiraum nicht zu nutzen.
Beispiel 2: Ein Landwirt möchte den
Dachstuhl seines Hauses ausbauen. Er ist vermögend, da ihm große landwirtschaftliche Flächen gehören. Allerdings ist seine Liquiditätslage angesichts der gesunkenen Preise für Agrarerzeugnisse im Moment angespannt. Da er keine Felder verkaufen will, möchte der Landwirt den Umbau privat finanzieren. Zwar ist er nicht kapitaldienstfähig und, ob eine Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu erwarten ist, lässt sich nicht voraussagen. Gleichwohl wurde in solchen Fällen in der Vergangenheit in der Regel ein Darlehen vergeben, da der Wert der mit Grundschulden belasteten Grundstücke den Darlehensbetrag überstieg. Das ist nun nicht mehr erlaubt. Die Banken werden dazu gezwungen, auch bei dieser Art der Kreditvergabe an Landwirte restriktiver zu sein. Der Gesetzgeber will die Verbraucher mit dem Umsetzungsgesetz vor Überschuldung schützen. Doch die neuen Regelungen sind an entscheidenden
Passagen unpräzise und schießen über das Ziel hinaus. Denn wenn Immobilieneigentümer Haus oder Wohnung nicht mehr zur Kreditrückführung einbringen können, wird Grund- und Immobilienvermögen faktisch entwertet. Die Bürger werden so bei der freien Verfügung über ihr Vermögen bevormundet. Diesen Eingriff in die persönliche Freiheit muss der Gesetzgeber korrigieren. Das Beispiel der Wohnimmobilienkreditrichtlinie macht einmal mehr deutlich: Eine strengere Qualitätskontrolle in der Finanzmarktregulierung ist dringend erforderlich. Für jede neue EU-Verordnung, jede Leitlinie der Aufsicht und für jedes Bundesgesetz muss gefragt werden: Erreicht eine Maßnahme ihr Ziel? Welche Risiken und Nebenwirkungen gibt es? Ist der Nutzen größer als die Kosten? Sind einzelne Regeln aufeinander abgestimmt? Vor dem Hintergrund der Finanzkrise musste es zuletzt häufig schnell gehen. Eine sorgfältige Folgenabschätzung kam deshalb oft zu kurz. Doch jetzt ist die Zeit reif, um innezuhalten und nachzuarbeiten. Das gilt auch für das Umsetzungsgesetz der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie.
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Immobilien | Finanzierung
Indirekte Beteiligungen an Immobilienentwicklungen als stabile Renditelieferanten in der strategischen Finanzplanung
Die Summe der fehlenden Wohnungen im Zeitraum 2013 bis 2030
hochpreisigen Markt eine Wohnung direkt erwerben. Folglich nehmen sie eine geringe Mietrendite aufgrund der Zukunftssicherheit und damit langfristigen Preisstabilität in Kauf.
Problemstellung der Fehlallokation im Immobilienportfolio
Quelle: Wohnen in Deutschland 2045. Studie von Prognos im Auftrag der Allianz.
E
s sind beeindruckende Zahlen, die die deutschen Immobilienmärkte liefern: 2015 haben Grundstücke, Wohnungen und Häuser mit einem Verkaufsvolumen von insgesamt 200 bis 210 Milliarden Euro den Besitzer gewechselt. Die Angaben beruhen auf Schätzungen der amtlichen Gutachterausschüsse, die alle Kaufverträge mit Immobilien in Deutschland erfassen. Wer jetzt Immobilieneigentum besitzt, könnte angesichts weiter steigender Kaufpreise einen guten Schnitt machen, wenn er seine Immobilie veräußert. Doch wohin dann mit dem Geld? Die Europäische Zentralbank gibt jedenfalls keinerlei Anlass, auf eine baldige Aufgabe ihrer Nullzinspolitik zu hoffen.
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Das stellt Investoren vor eine ernste Herausforderung bei ihrer Vermögensplanung. Bei ihrer Suche nach stabilen und ertragreichen Investmentalternativen ist die deutsche Wohnimmobilie längst kein Geheimtipp mehr. Die immense Nachfrage nach Betongold hat innerhalb der letzten Jahre vor allem die Kauf- und Mietpreise in den Metropolregionen in zum Teil schwindelerregende Höhen getrieben. Im Münchener Stadtgebiet ist eine 2-Zimmer-Neubaueigentumswohnung nicht unter 250.000 Euro zu haben. Gleichzeitig ist kaum ein Immobilienmarkt so zukunftssicher wie die Bayerische Landeshauptstadt. Aus diesem Grund finden sich nach wie vor genügend Kapitalanleger, die in diesem
Doch auch in steigenden Märkten wie München besteht im Rahmen einer Direktinvestition die Gefahr, dass Immobilien im Anlageportfolio zu stark oder zu schwach allokiert sind. „Schon bei der Datenaufnahme des Kunden zeigen sich regelmäßig Klumpenrisiken: Lokale Wohnobjekte sind das Ergebnis einer langfristigen buy-and-hold-Strategie“, sagt der Hamburger Vermögensberater John Eulenburg, Inhaber der Eulenburg Financial Planning. Mit anderen Worten: Es wird zu wenig diversifiziert. Investoren konzentrieren sich regional auf Städte, in denen sie sich auskennen und ihr Netzwerk haben. In aller Regel erfolgt keine Streuung nach Anlagezeiträumen und Wertschöpfungsstrategien. Der Fokus liegt in der Regel auf Bestandshaltung und langfristigem Investment. Die zentrale Frage, die sich also stellt, lautet: Welche Alternativen gibt es und wie kann ich weitestgehend unabhängig der zurzeit teuren Immobilienmärkte sinnvoll das Immobilienportfolio optimieren beziehungsweise umstrukturieren? „Aus Sicht der Finanzplanung zeigt sich deutlich der Bedarf an professionell gemanagten und diversifizierten Immobilieninvestments als Ergänzung zum bestehenden Portfolio“, rät Eulenburg und ergänzt: „Zur Umsetzung der im
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Immobilien | Finanzierung
Finanzplan getroffenen Handlungsempfehlungen in die Praxis haben wir einen Spezialisten zum Thema Wohnimmobilienentwicklung gesucht.“ Die Nachfrage nach Wohnraum kann in den Metropolregionen auch in den nächsten Jahren nicht gedeckt werden (siehe Abbildung „Die Summe der fehlenden Wohnungen im Zeitraum 2013 bis 2030“). Daraus ergeben sich attraktive Investitionsmöglichkeiten als Alternative zum Immobiliendirekterwerb. Die verhältnismäßig kurzen Laufzeiten von circa sieben Jahren sind ein weiterer Vorteil. Die indirekte Investitionsstrategie über Alternative Investmentfonds (AIF) trägt auch der individuellen Vermögenssituation des Anlegers Rechnung, denn sie erlaubt mehr Flexibilität bei der Wahl, wie das Kapital investiert und damit Rendite generiert wird.
Unterschiedliche Investmentstrategien Entscheidend für den Anlageerfolg sind die jeweiligen Investmentstrategien, die Immobilienfonds verfolgen. Vom bestandshaltenden Fonds mit Vermietungsstrategie über Handelsimmobilienfonds, die durch einen günstigen Einkauf und gesteigerten Wiederverkaufswert Wertschöpfungspotentiale heben, bis hin zu Beteiligungen im Bereich der Immobilienentwicklung ist das AIF-Angebot differenziert. Bestandshaltende Immobilienbeteiligungen, die die Rendite über die Vermietung ihrer Objekte erzielen, haben im aktuellen Markumfeld wenig Spielraum für Mieterhöhungen und werden zudem durch die gesetzliche Mietpreisbremse belastet. Bei Handelsimmobilienfonds ist die Ankaufspipeline des Anbieters aus Renditegenerierungsgesichtspunkten von Bedeutung. Vor allem Immobilien, die Initiatoren aus Zwangsversteigerungen beziehen, bieten günstige Konditionen, sind jedoch aus moralisch-ethischen Gesichtspunkten nicht für jeden Anleger das passende Investment. Zudem besteht die Herausforderung beim Immobilienhandel, dass die Kaufpreise für gute bis sehr gute Lagen in den Metropolregionen weiter anziehen und dementsprechend auf die Gewinnmarge drücken.
Lösungsansatz eigenkapitalbasierte Immobilienentwicklung Anders verhält es sich bei Immobilienentwicklungen mit Konzentration auf den Verkauf der entwickelten Wohnungen – eine völlig andere Wertschöpfungsstrategie und damit im Portfolio der Investoren eine Möglichkeit zur effektiven Diversifizierung. Immobilienentwicklungen sind in der Regel kapitalintensiv, weshalb sie für einzelne Anleger kaum als Direktinvestment zu empfehlen sind. Zudem fehlt es oftmals am Marktzugang und am Knowhow für die Durchführung und Realisierung solcher Projekte. Hier bietet sich der Ansatz über einen erfahrenen Partner an. Durch den dringend benötigten Neubau vor allem im Wohnimmobiliensektor können die Objekte in der Phase der höchsten Wertschöpfung zum aktuellen Marktpreis veräußert werden. So investiert beispielsweise der „PROJECT Metropolen SP 2“ in Immobilienentwicklungen mit Schwerpunkt Wohnen in den Metropolregionen Berlin, Hamburg, Frankfurt, Nürnberg, München, Düsseldorf, Köln und Wien. Das Beteiligungsangebot richtet sich speziell an semi-professionelle Anleger, die mindestens 200.000 Euro zuzüglich drei Prozent Ausgabeaufschlag investieren. Dafür dürfen die Investoren eine Rendite von sieben Prozent und mehr pro Jahr vor Steuer erwarten. Der Spezial-AIF bietet zudem eine hohe Investitionsquote von 97 Prozent. „Entscheidend ist die Asset-Kompetenz des Immobilienentwicklers, der über einen langjährig lückenlos positiven Track-Record verfügen und seine Performance über testierte Leistungsbilanzen belegen sollte“, rät Mathias Dreyer, Geschäftsführer der PROJECT Vermittlungs GmbH, Anlegern bei der Wahl des Initiators. Die Franken setzen ausschließlich auf Eigenkapital, das in mehrere Immobilienentwicklungen je Fonds und über mehrere Metropolregionen gestreut wird. Seit Gründung im Jahr 1995 wurde noch nie eine Immobilienentwicklung negativ abgeschlossen.
John Eulenburg erstellt regelmäßig Finanzpläne für private und semiprofessionelle Anleger
Mathias Dreyer ist Geschäftsführer beim Immobilienentwicklungsspezialisten PROJECT
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Investmentstrategie
Immobilien in der Finanzplanung Renditekennzahlen und praktische Hinweise für die Analyse und Bewertung von Immobilien.
von Volker Weg
I
mmobilien sind in den letzten Jahren die Gewinner bei den Kapitalanlagen. Während viele Anlageklassen unter dem Niedrigzinsumfeld leiden, haben Immobilien in mehrfacher Hinsicht profitiert. Zum einen sind die Werte – leider aber auch die Kaufpreise – der Immobilien gestiegen. Zum anderen sind die Finanzierungszinsen extrem niedrig und liegen in aller Regel unterhalb der Mietrendite, so dass sich vermeintlich jede Immobilie mit dem entsprechenden Finanzierungskonzept „rechnet“. Die Gefahr überhöhter Kaufpreise und die Betriebsrisiken der Immobilien werden dabei oft übersehen. Ein Grund mehr für den Finanzplaner, die Immobilien der Mandanten genauer unter die Lupe zu nehmen und den Mandanten bei anstehenden Kaufentscheidungen bestmöglich zu unterstützen.
Kennzahlen „Mietrendite“ und „Objektrendite“ Nehmen wir folgenden Beispielfall: Kauf einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage. Der Kaufpreis beträgt 400.000 € zzgl. 5 Prozent Kaufnebenkosten. Die Miete brutto wird mit 1.250 € monatlich abzüglich 250 € umlagefähige und nicht umlagefähige Nebenkosten angesetzt. Der Mietreinertrag beträgt also 1.000 €. Der Gebäudeanteil wird mit 300.000 € angenommen und mit 2 Prozent jährlich abgeschrieben. Wir gehen davon aus, dass der Kaufpreis angemessen ist und dem aktuellen Verkehrswert entspricht. Die naheliegende und wichtige Kennzahl ist die jährliche Mietrendite nach Kosten (vor Steuern):
Mietrendite =
Mietreinertrag Verkehrswert
Im Beispielfall also 12.000 € ÷ 400.000 € gleich 3 Prozent. Neben den Mieterträgen hat man bei Immobilien die Hoffnung auf Wertsteigerungen. Die Kennzahl, die neben der Mietrendite auch die Wertsteigerungen berücksichtigt, ist die Objektrendite (vor Steuern):
Objekt =
40
Mietreinertrag + Wertsteigerung Verkehrswert
Bei 1 Prozent Wertsteigerung ergibt sich als Objektrendite vor Steuern: (12.000 € + 4.000 €) ÷ 400.000 € gleich 4 Prozent. Vorteil bei der Wertsteigerung ist, dass die Gewinne aus der Wertsteigerung nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei sind. Gehen wir von einem Grenzsteuersatz von 42 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag aus, so ergibt sich eine Steuerzahlung von 2.659 €. Die Mietrendite reduziert sich von 3,0 Prozent auf 2,34 Prozent nach Steuern und die Objektrendite reduziert sich von 4,0 Prozent auf 3,34 Prozent nach Steuern. Die Steuerbelastung ist damit wesentlich geringer als die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge.
Kennzahl „Eigenkapitalrendite“ und „Leverage“-Effekt Nur selten werden Immobilieninvestitionen zu Hundertprozent aus Eigenkapital finanziert. Im Regelfall liegt der Eigenkapitaleinsatz bei anfänglich 20 bis 30 Prozent. Die Mietrendite und die Objektrendite sagen zwar etwas über die Rentabilität der Immobilie aus, ob sich die Immobilie für den Anleger rechnet, hängt aber zusätzlich von den Finanzierungskosten ab. Die für den Anleger wichtige Kennzahl ist die Eigenkapitalrendite: Eigenkapital- = rendite
Mietreinertrag + Wertsteigerung - Finanzierungskosten Eigenkapital
Angenommen, beim Kauf der Immobilie wird ein Kredit von 300.000 € mit einem Sollzins von 1,8 Prozent aufgenommen. Dann sind im ersten Jahr ca. 5.400 € an Zinsen zu zahlen. Der bisherige Gesamtertrag von 16.000 € aus Miete und Wertsteigerung reduziert sich auf 10.600 €. Bezogen auf das gebundene Eigenkapital von 100.000 € ergibt sich eine sensationelle Eigenkapitalrendite vor Steuern von 10,6 Prozent! Grund ist der „Leverage“-Effekt oder Hebeleffekt durch den Kredit. Der Kredit kostet den Immobilienerwerber 1,8 Prozent vor Steuern und erwirtschaftet in der Immobilienanlage 4,0 Prozent. Das ergibt per Saldo einen Zusatzertrag von 2,2 Prozent, der noch mit dem Faktor 3 multipliziert wird, weil das Eigenkapital mit dreifachem Fremdkapital gehebelt wird. So ergibt sich die Eigenkapitalrendite vor Steuern von 10,6 Pro-
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Investmentstrategie
zent gleich 4 Prozent + 3 * 2,2 Prozent. Zu beachten ist, dass der Hebel auch nach „hinten“ losgehen kann. Wenn die Objektrendite der Immobilie später nicht so hoch ist wie erwartet und der Anschlusszins höher als erwartet, kostet der Kredit eventuell mehr als die Anlage bringt. Dann reduziert sich die Eigenkapitalrendite durch den Kredit und kann durch den Kredithebel sehr schnell negativ werden.
Immobilienanalyse in der Finanzplanung Ausführliche Immobilienanalysen mit der Eigenkapitalrendite im zeitlichen Verlauf liefern professionelle Programme wie der XPS-Vermögensplaner im Rahmen der Finanzplanung ohne Zusatzaufwand mit. Wenn man in unserem Beispiel den Kredit mit einer Annuität von 18.000 € jährlich annimmt, wird der Kredit in ca. 20 Jahren getilgt. Das Eigenkapital wächst entsprechend an und die Eigenkapitalrendite sinkt durch den abnehmenden Hebeleffekt in 12 Jahren auf 5,3 Prozent vor Steuern und 4,6 Prozent nach Steuern.
Kritische Betrachtung Die oben erläuterten Kennzahlen sind zweifellos wichtige Kennzahlen im Rahmen von Investitionsentscheidungen. Wie das Beispiel zeigt, sind die Kennzahlen aber „statisch“ und stellen nur jeweils einjährige Momentaufnahmen dar. Es fehlt die dynamische Betrachtung über die gesamte Investitionsdauer hinweg. Ein weiteres Problem stellen einmalige oder temporäre Effekte dar, wie Sonderabschreibungen in den Anfangsjahren. Berücksichtigt man die Sonderabschreibung bei der Objekt- und Eigenkapitalrendite nach Steuern, hat man eine überhöhte Rendite. Lässt man sie unter den Tisch fallen, so rechnet man die Immobilie zu schlecht. Das gleiche Problem hat man, wenn Miet- oder Wertsteigerungen in den ersten Jahren unwahrscheinlich sind und planerisch erst später einsetzen sollen.
sische Investitionsrechnung mit internem Zinsfuß über den gesamten Investitionszeitraum durchführt. Der interne Zins stellt die Eigenkapitalrendite auf das jeweils gebundene Kapital dar und bringt die Rentabilität der Immobilie auf „einen“ Punkt. Vorteil ist, dass Sondereffekte finanzmathematisch korrekt und angemessen berücksichtigt werden und sich die Immobilieninvestition mit jeder anderen Investition vergleichen lässt. Berechnungsvarianten und „Worst-Case“-Szenarien lassen sich leicht abbilden und erlauben damit auch eine Sensitivitätsanalyse. Wenn man den Beispielfall über einen Investitionszeitraum von 20 Jahren rechnet, so ergibt sich eine Investitionsrendite oder interner Zins von 5,15 Prozent vor Steuern und 4,44 Prozent nach Steuern. Insbesondere sind in der Investitionsrendite die Anschaffungsnebenkosten von 20.000 € renditemindernd berücksichtigt, die in den oben genannten anderen Renditekennzahlen gänzlich außen vor bleiben.
Schlussbemerkung Finanzplanungsprogramme bieten integrierte Immobilienanalysen und liefern wertvolle Ergebnisse, die Fragen beantworten wie beispielsweise: Was kostet die Immobilie vor und nach Steuern? Wie groß sind der Verschuldungsgrad und das gebundene Eigenkapital? Wie entwickeln sich Objekt- und Eigenkapitalrendite im zeitlichen Verlauf? Insbesondere kann mit der Finanzplanung überprüft werden, wie gut die Immobilie in das Vermögensgesamtbild passt. Finanzplanungssoftware stößt aber an ihre Grenzen, wenn es um die Beurteilung der Gesamtrendite der Investition geht. Hier sind spezielle Analysetools, wie sie unter anderem die XPS-Finanztools anbieten, schneller und in der Aussagekraft prägnanter.
Dipl.-Math. Volker Weg ist Geschäftsführer der XPS-Finanzsoftware GmbH und absolvierte eine Ausbildung zum Aktuar (DAV) und Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersvorsorge (IVS).
Die Probleme können vermieden werden, wenn man eine klasDatum Alter Immobilie Verkehrswert Einnahme Ausgabe AfA Steuerpfl. Einkommen Kredit Restschuld Zins Tilgung Einnahmen Ausgaben Steuerpfl. Einkommen Ergebnis Vermögenswerte Verbindlichkeiten Nettovermögen Einnahmen Ausgaben Liquidität vor Steuern Steuerliches Ergebnis Steuerzahlung/-ersparnis Liquidität nach Steuern Kennzahlen Verschuldungsgrad Eigenkapitalrendite vor Steuern Eigenkapitalrendite nach Steuern
Dez 16 42/40
Dez 17 43/41
Dez 18 44/42
Dez 19 45/43
Dez 20 46/44
Dez 21 47/45
Dez 22 48/46
Dez 23 49/47
Dez 24 50/48
Dez 25 51/49
Dez 26 52/50
Dez 27 53/51
400.000
404.000 12.000 0 6.000 6.000
408.040 12.120 0 6.000 6.120
412.120 12.241 0 6.000 6.241
416.242 12.364 0 6.000 6.364
420.404 12.487 0 6.000 6.487
424.608 12.612 0 6.000 6.612
428.854 12.738 0 6.000 6.738
433.143 12.866 0 6.000 6.866
437.474 12.994 0 6.000 6.994
441.894 13.124 0 6.000 7.124
446.267 13.225 0 6.000 7.255
300.000
287.296 5.296 12.704 0 18.000 -5.296
274.360 5.065 12.935 0 18.000 -5.065
261.191 4.830 13.170 0 18.000 -4.830
247.782 4.591 13.409 0 18.000 -4.591
234.130 4.348 13.652 0 18.000 -4.348
220.230 4.100 13.900 0 18.000 -4.100
206.077 3.848 15.152 0 18.000 -3.848
191.668 3.591 14.409 0 18.000 -3.591
176.998 3.329 14.671 0 18.000 -3.329
162.061 3.036 14.937 0 18.000 -3.063
146.853 2.792 15.208 0 18.000 -2.792
400.000 300.000 100.000
404.000 287.296 116.704 12.000 18.000 -6.000 704 312 -6.312
408.040 274.360 133.680 12.120 18.000 -5.880 1.055 466 -6.346
412.120 261.191 150.930 12.241 18.000 -5.759 1.411 627 -6.385
416.242 247.782 168.460 12.364 18.000 -5.636 1.772 785 -6.421
420.404 234.130 186.274 12.487 18.000 -5.513 2.139 947 -6.460
424.608 220.230 204.378 12.612 18.000 -5.388 2.512 1.112 -6.500
428.854 206.077 222.777 12.738 18.000 -5.262 2.890 1.281 -6.543
433.143 191.668 241.474 12.866 18.000 -5.134 3.275 1.452 -6.586
437.474 176.998 260.476 12.994 18.000 -5.006 3.665 1.625 -6.630
441.894 162.061 279.788 13.124 18.000 -4.876 4.061 1.800 -6.676
446.267 146.853 299.414 13.225 18.000 -4.745 4.463 1.978 -6.722
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Recht | Regulierung
Recht | Regulierung
Liquide und regulierte alternative Investments (Hedgefonds) in der Asset Allokation von Maximilian Kleyboldt
Maximilian Kleyboldt, CFP®, Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner e.V.
M
aximilian Kleyboldt vom Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner e.V. sprach im Rahmen der Reihe „Experteninterviews“ mit Kepler Partners LLP, ein Researchund Marketing-Spezialist im Bereich für Alternative-UCITS. Das Unternehmen bietet institutionellen Investoren durch ihre Datenbank Absolute Hedge (www. absolutehegde.com) Expertise im Bereich Single/Multi Manager Alternative Investments. Georg Reutter, CFA, ist Leiter des Alternative Investment Research bei Kepler Partners LLP in London. Roland G. Schulz ist im Sommer 2015 zu Kepler Partners LLP gestoßen. Er verantwortet den Aufbau der Geschäftsaktivitäten in Kontinental-Europa. Herr Schulz ist seit fast 20 Jahren im Bereich der alternativen Anlagen tätig. In Deutschland haben Hedgefonds ein schlechtes Image. Was sind die Argumente, die diesen Vorurteilen gegenüberstehen?
42
Kepler Partners LLP: Vielleicht sollte man die Frage umdrehen: Warum nehmen die Volumina von Hedgefonds und alternativen Anlageprodukten allgemein stetig zu? Warum sind auch in Deutschland viele professionelle Investoren in diesem Segment investiert? Eine Grundsatzdebatte zu diesem Thema wird sicherlich aus ideologischen Gründen kein Ergebnis hervorbringen. Zielführender ist doch, sich ganz bestimmte Strategien und Manager anzuschauen und sich zu fragen, ob diese für ein Portfolio Sinn machen oder nicht. Wir sehen nicht unsere Arbeit darin, Investoren davon zu überzeugen, in Alternative Investments zu investieren. Unsere Zielgruppe sind professionelle Anleger, die meistens bereits in diesem Segment tätig sind und sich die Suche nach den passenden Anlagen mit Hilfe unserer Datenbank erleichtern möchten. Wie transparent und wie liquide ist heutzutage der Markt? Kepler Partners LLP: Da es sich um in Europa regulierte Fonds handelt, müssen diese mindestens zwei Mal im Monat handelbar sein, viele sind sogar täglich handelbar. Die gesetzlich vorgegebene Handelbarkeit von Fondsanteilen sagt aber nicht zwangsläufig etwas über die tatsächliche Liquidität einer Strategie aus, insbesondere wenn starker Verkaufsdruck an den Märkten besteht. Allgemein sollten sich Anleger
fragen, ob immer eine hohe Liquidität für jede Strategie sinnvoll ist. Wir schauen stets auf die jeweilige Fondsstrategie und fragen uns, ob die angebotene Liquidität dieses Fonds der Strategie gerecht wird. Bestimmte Strategien wie beispielsweise solche, die von hohen Illiquiditätsprämien profitieren, sollten aus unserer Sicht nicht in einem liquiden UCITS-Format angeboten werden. Zur Transparenz: Allgemein ist festzustellen, dass die meisten Manager recht transparent sind. Manager sagen Anlegern in der Regel, was ihre Anlageziele sind und wie sie diese umsetzen wollen. Bei Abweichungen stellt sich die Frage, ob diese Manager vertrauenswürdig sind. Aus unserer Sicht eine Klare Indikation auszusteigen. Allgemein sollten Investoren auch Investments meiden bzw. hinterfragen, wenn sie die Investmentstrategie nicht vollständig nachvollziehen können. Noch immer gibt es gerade in Deutschland Bedenken, Ängste und Vorurteile gegen Hedgefonds. Sind Hedgefonds nur etwas für spekulative Anleger? Kepler Partners LLP: Der gesetzlich vorgegebene UCITS-Rahmen gibt vor, was Fondsmanager machen dürfen und was sie nicht tun dürfen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Manager sich nicht verspekulieren können. Auch in den traditionellen Anlageklassen gibt es gute 02|2016
Recht | Regulierung
und schlechte Manager. Jedoch ist doch gerade das Ziel der meisten Manager, aus dem Segment der Alternativen Anlagen stetige Wertenwicklung zu erzielen, möglichst unabhängig von der allgemeinen Marktbewegung. Da erscheinen uns einseitige Long-only-Wetten auf steigende Rohstoffpreise oder steigende Aktienmärkte als deutlich risikobehafteter. Man muss vorsichtig sein, hier nicht zu pauschalisieren. Long-only-Anlagen machen Sinn, alternative Anlagen ebenfalls. Es kommt auf die Mischung an und, welche Funktion jeder Baustein in einem Portfolio hat. Hier sind die Verantwortlichen für die Asset Allokation eines Portfolios gefragt. Welche Trends sind im Markt festzustellen, insbesondere wenn man angelsächsische und deutsche Asset Allokation vergleicht? Kepler Partners LLP: Alternative Anlagen sind international fester Bestandteil fast aller Portfolios. Zudem sind Aktienquoten insbesondere in angelsächsischen Ländern deutlich höher. Den Anlegern in diesen Kulturkreisen ist die höhere Volatilität von Aktien bewusst und man weiß damit umzugehen. Bereits seit sehr vielen Jahren sind Aktien dort ein größerer Bestandteil der Altersvorsorge. Anleger haben entsprechend in den guten Jahren ordentlich mit Aktien verdient und werden deshalb nicht so schnell nervös, wenn Märkte eine Atempause einnehmen. Sicherlich haben die unterschiedlichen Vorsorgesysteme in den verschiedenen Ländern Einfluss auf die Anlagekulturen. In Großbritannien und den USA spielen Aktien viel größere Rollen bei der Vorsorge. Da die Volatilität von Aktien meist deutlich höher ist als die der Alternativen Anlagen, werden die Alternative Anlagen als weniger risikoreich betrachtet.
Sicherlich ist die hohe Nachfrage nach Alternativen Anlagen auch auf die Niedrigzinspolitik der Notenbanken zurückzuführen. Schließlich ist die Nachfrage nach sämtlichen Alternativen Anlagen in den vergangenen Jahren gestiegen (Private Equity, Real Assets, Immobilien, etc.). Das aktuelle Anlageumfeld ist schwierig: Die Renditen von Staatsanleihen sind überschaubar, Aktien sind in den vergangenen Jahren gut gelaufen. Somit stellen sich Anleger zu Recht die Frage, wie sie ihr Geld heute anlegen sollen. Welche Player am deutschen Markt nutzen Hedgefonds in ihrer Portfoliogestaltung aktiv? Sind es nur Family Offices? Kepler Partners LLP: Man findet Alternative Anlagen bei fast allen Investorengruppen. So gibt es auch innerhalb dieser Investorengruppen einzelne Anleger, die nach wie vor keine Alternative Anlagen tätigen. Wahrscheinlich haben Family Offices mit die höchsten Allokationen in diesem Anlagesegment in Deutschland. Dies ist teilweise regulatorisch begründet, da einige institutionelle Anlegergruppen durch gesetzliche/regulatorische Vorgaben in ihrer Allokationsfreiheit beschränkt werden, beim aktuellen Zinsniveau sicherlich unvorteilhaft. Wie kann sich ein Berater in Deutschland ein Bild vom Hedgefonds-Universum verschaffen? Was ist der Mehrwert der Kepler Partner LLP Dienstleistung? Wir bieten institutionellen Anlegern kostenlosen Zugang zu unserer Datenbank (www.absolutehedge.com). Dort gibt es eine Vielzahl an Informationen zu den einzelnen in Europa regulierten UCITS-
Fonds und Alternativen Strategien. Wir wollen die Transparenz in diesem Bereich verbessern. Welchen Beitrag liefern Hedgefonds zur Diversifikation eines Portfolios? Kepler Partners LLP: Diese Fonds können sich sehr unterschiedlich verhalten. Entsprechend sollte man genau überlegen, welchen Fonds oder welche Strategien man miteinander kombiniert. Dies dürfte sicherlich für den einzelnen Privatanleger zu schwierig sein. Jedoch kann man Portfolios signifikant diversifizieren wenn man nicht-korrelierende Strategien miteinander kombiniert. Das Ziel sollte sein, die Volatilität von Portfolios zu reduzieren und gleichzeitig Erträge zu stabilisieren. Wie sollte ein Portfolio mit unterschiedlichen Hedgefonds-Strategien aufgebaut werden? Kepler Partners LLP: Diese Frage kann so nicht pauschal beantwortet werden, da die Risikobereitschaft des einzelnen Investors entscheidend ist. Man kann einzelne Strategien sehr unterschiedlich nutzen. Aktuell sehen wir beispielsweise eine hohe Nachfrage nach Long-Short-Aktienstrategien. Dies ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass viele Anleger nicht davon ausgehen, dass Aktienmärkte die Rally der vergangenen Jahre weiterführen werden. Andere Anleger jedoch behalten ihre hohen Aktienquoten bei, mischen dafür Trendfolgesysteme und Makro-Strategien bei, da diese Korrekturen am Markt abfedern sollen. Diese Beispiele zeigen, dass es nicht einen Kaiserweg gibt. Aber es verdeutlicht auch, welchen positiven Beitrag diese Strategien für individuelle Portfolios leisten können.
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Investmentstrategie
Hochprozentiges als Alternative zu niedrigen Zinsen und Dividenden? von Thomas Abel
Liv-ex 100 Index und Liv-ex bid-offer ratio
Warum? Meistens stellen diese Anlagen nur einen geringen Anteil des Gesamtvermögens dar, haben also keine strategische Bedeutung für die Beratung des Kunden. Hinzu kommt die Intransparenz
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240 Jan 13
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Liv-ex 100 Index
Liv-ex bid-offer ratio (LHS)
Liv-ex Fine Wine 100 400
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bei der Preisfindung für viele dieser Gegenstände. Eine vor zwanzig Jahren gekaufte Briefmarke oder Uhr müsste eben erst einmal geschätzt werden, noch besser wären laufende Transaktionen genau dieser Stücke, um einen Marktpreis zu erhalten. Kunstwerke sind da besonders schwierig einzuschätzen, da es sich meist um Unikate handelt
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Meist fragt man dann den Kunden, mit welchem Wertansatz dieser Gegenstand in die Vermögensbilanz einfließen soll. Eine eigene Wertermittlung durch den Finanzplaner scheitert oft zum einen am nicht vorhandenen Know-how in Bezug auf diesen Wertgegenstand und zum anderen an den Kosten für eine professionelle Wertermittlung. Ausnahmen bestätigen die Regel, so zum Beispiel bei der Ermittlung des Wertes von Kunstgegenständen, da diese einen sehr hohen Preis haben können und im Sinne des Risikomanagements ausreichend versichert sein sollten. In den meisten Fällen jedoch wird man die Kundenangaben ungefragt übernehmen.
2,0
Jun 11
Bei der Erstellung einer Finanzplanung für die eigenen Kunden kommt bei der Datenaufnahme so manches „Schätzchen“ zum Vorschein, welchem der Kunde einen hohen Wert beimisst und welches somit den Weg in die Planung findet. Darunter können sich Oldtimer, Uhren, Füllfederhalter, Spielzeuge, Briefmarken, Kunstwerke und eben auch flüssige Schätze wie Wein oder Whisk(e)y1 befinden.
360
Jan 08
Thomas Abel, CFP®, CFEP®, Chefredakteur
2,5
und lediglich über das Gesamtwerk des Künstlers sukzessive Preise für seine Werke ermittelbar sind. Da sieht es dann bei Oldtimern, Briefmarken, Uhren, Wein oder Whisky schon besser aus, da es sich hier meist um ganze Serien oder Abfüllungen in größerer Zahl handelt und über Auktionen oder Handels-
1) Das Wort selbst bedeutet so viel wie „Wasser des Lebens“ und hat sowohl einen schottischen (beatha) als auch einen irisch-gälischen (uisce beatha) Ursprung. In seiner Schreibweise unterscheidet man den schottischen und kanadischen WHISKY von dem irischen bzw. amerikanischen WHISKEY. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Destillat noch in allen produzierenden Ländern ohne „e“ geschrieben. Dann begannen einige Brennereien in Dublin ihre Produkte „Whiskey“ zu nennen um sich damit von der schottischen Konkurrenz zu unterscheiden. In den USA sind bis heute beide Schreibweisen in Gebrauch.
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02|2016
Investmentstrategie
plattformen Preise ermittelbar sind. Über die Bewertung hinaus bleibt dennoch die Frage, ob eine solche Anlage zur Diversifikation des Kundenvermögens sinnvoll ist bzw. sein kann oder ob man sie als Liebhaberei einstufen und nicht in die strategische Asset-Allokation aufnehmen sollte. Schaut man sich die Preisentwicklung in all den genannten Anlagen einmal genauer an, kann man feststellen, dass es hier in den letzten Jahren zu signifikanten Preisanstiegen gekommen ist. Teilweise haben sich die Preise in einzelnen Segmenten sogar vervielfacht, in anderen Bereichen dagegen ging es nach einem enormen Aufschwung in jüngster Zeit aber bereits wieder bergab, wie zum Beispiel beim Wein2 (siehe Grafik links).
Deutscher Oldtimer Index3 2.400 2.200 2.000 1.800 1.600 1.400 1.200 1.000
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Quelle: classic-analytics
Stanley Gibbons GB250 Index Data4 320%
240%
Ein Gegenbeispiel sind die Preise für Oldtimer. Und auch Briefmarken befanden sich im Steigflug (siehe Grafiken rechts). Für die Ermittlung des Index werden 88 Fahrzeuge ausgewählt, die aufgrund ihrer Spezifikationen, ihres Herstellerlandes sowie ihrer Häufigkeit den deutschen Oldtimermarkt repräsentativ abbilden. Dazu werden die jeweiligen Zulassungszahlen berücksichtigt. Die Basis des Index bilden Daten des Bochumer Bewertungsspezialisten classicanalytics. Langfristig zeigt der Deutsche Oldtimer Index eine klar positive Tendenz nach oben. Allerdings lassen sich im Oldtimermarkt verstärkt zwei voneinander unabhängige Segmente beobachten. Einerseits werden auf öffentlichen Auktionen für selten gebaute Fahrzeuge, Einzelstücke oder Rennwagen – nicht selten mit berühmten Vorbesitzern – Rekordpreise erzielt. Dieser Bereich ist für den gesamten Oldtimermarkt jedoch wenig repräsentativ. Die echten Oldtimerenthusiasten begeistern sich für ihre Fahrzeuge unabhängig vom Seltenheitswert oder Wertsteigerungs-
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potenzial. Sie geben im Durchschnitt für ein historisches Fahrzeug deutlich weniger als 20.000 Euro aus, sodass der Wertzuwachs dieser Fahrzeuge in der Regel nicht die anfallenden Wartungsund Unterhaltskosten kompensiert. Solche Fahrzeuge bilden den Kern des Deutschen Oldtimer Index: Hier werden keine Einzelstücke aufgenommen, sondern nur Fahrzeuge, von denen eine gewisse Stückzahl gebaut wurde und die deswegen auch heute noch einem regelmäßigen Handel unterliegen. Und auch bei Whisky sieht es deutlich besser aus (siehe Grafik Seite 46).
Allerdings darf man die Risiken dieser Anlagen und die entstehenden Nebenkosten nicht unterschätzen. Bevor ein Kunde (oder der Berater selbst) hier also einsteigt, sollte er sich mit dem Anlagesegment seiner Wahl intensiv auseinandersetzen, so wie er es bei einer Aktien-, Renten- oder Immobilienanlage auch tun muss.
Anhand dieser Beispiele lässt sich erkennen, dass die alternative Vermögensanlage durchaus signifikante Wertsteigerungen mit sich bringen kann.
1. Eignet sich Whisky überhaupt – und wenn ja, für wen – als Geldanlage? Welche Summen kann/muss man investieren?
Am Beispiel des Whiskys soll an dieser Stelle kurz aufgezeigt werden, ob und für wen sich eine solche alternative Kapitalanlage lohnen kann. Hierzu sollte man sich folgende Fragen stellen:
2) https://www.liv-ex.com/staticPageContent.do?pageKey=Fine_Wine_100 | Declared the „fine wine industry‘s leading benchmark“ by Reuters, the Liv-ex Fine Wine 100 Index represents the price movement of 100 of the most sought-after fine wines for which there is a strong secondary market. The index is calculated monthly. | 3) https://www.vda.de/de/themen/automobilindustrie-und-maerkte/historische-fahrzeuge/der-deutsche-oldtimer-index.html | 4) The Stanley Gibbons GB250 tracks the performance of the top 250 Investment Grade GB stamps. Over the last 10 years (2004 - 2014) it shows a compound annual growth rate (CAGR) of 11.78%. It was first comprised following a request from a major financial newspaper in the UK for a comprehensive list for investors to view the performance of stamps. | http://investment.stanleygibbons.com/news-and-research/2014-09-17-000000/stanley-gibbons-gb250-index-data
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Investmentstrategie
Vorab ist allerdings festzuhalten, und das gilt für andere alternative Geldanlagen auch, dass ein Anleger nur so viel in dieses Segment investieren sollte, wie er bei negativer Entwicklung der Anlage notfalls auch verkraften könnte.
Rare Whiskey Apex 100, 250 & 1000 Index5 700 600 500 400 300 200 100
RW +100
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4 z1 De
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De
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0 De
Der Anleger sollte ausschließlich in schottische Single Malt Whiskys investieren. Diese haben den größten Bekanntheitsgrad, die höchste Nachfrage und damit auch das höchste Wertsteigerungspotenzial. Es sollten ausschließlich Direktabfüllungen bekannter Destillerien wie zum Beispiel Macallan, Ardbeg oder Dalmore erworben werden. Der Kauf von Flaschen, welche durch unabhängige Abfüller produziert wurden, verspricht geringeres Potenzial. Ein Geheimtipp sind Whiskys sogenannter Lost Destilleries, also von Destillerien, welche bereits geschlossen sind (zum Beispiel Port Ellen). Hier kann nichts nachproduziert werden und das steigert – wenn die Qualität des Whiskys stimmt – den Wert der Flaschen. Weiter-
Die Betrachtung und Bewertung der „Schätzchen“ des Kunden kann über die reine Erfassung hinaus durchaus lohnen, denn in vielen dieser betrachteten Bereiche steckt möglicherweise erhebliches Wertsteigerungspotenzial. Der Finanzplaner ist also gut beraten, sich mit diesen alternativen Anlagen zu beschäftigen und zumindest ein Grundwissen aufzubauen. Denn die Anzahl der Kunden, die in diese Anlagen investieren, wird in den kommenden Jahren aufgrund des niedrigen Zinsumfelds, der volatilen Aktienmärkte und der stark gestiegenen Immobilienpreise mit Sicherheit weiter zunehmen.
Der Anleger sollte den Whisky unbedingt direkt bei der Destillerie oder bei einem Fachhändler erwerben, hierzu zählen durchaus einige Internethändler. Da begehrte Abfüllungen dort schnell ausverkauft sind, kann man diese auch auf Auktionsplattformen erwerben, sollte hier aber auf die Seriosität der Plattform achten. In der Vergangenheit kam es gerade bei wertvollen Sammlerflaschen schon häufiger zu Fälschungen, es war oftmals nicht das abgefüllt, was das Etikett versprach.
12
2. Welche Voraussetzungen muss ein Whisky mitbringen, um langfristig im Wert zu steigen? Welche Renditen kann ich (realistisch) erwarten?
Fazit
3. Wo bekommt man am besten den Geldanlage-Whisky, wie kann er bei Bedarf am besten verkauft werden?
Jun
Um einen diversifizierten Bestand aufzubauen, welcher auch Potenzial für Wertsteigerungen verspricht, sind sicherlich Investitionen ab 10.000 EUR aufwärts notwendig. Damit kann man durchaus einen Bestand von ca. 40-50 hochwertigen Whisky-Flaschen aufbauen, und kann somit auch einmal eine Fehlinvestition verschmerzen – welche man dann ja notfalls auch trinken kann.
Whisky ist eine langfristige Geldanlage, man sollte sich auf einen Investitionszeitraum von 10-20 Jahren einstellen. Dann kann man durchaus – bei richtiger Auswahl des Investments – mit dem Aktienmarkt vergleichbare Renditen erzielen.
z1 1
Geeignet ist diese Form der Anlage zum einen für den bereits breit diversifizierten Anleger, der sein Vermögen um eine zusätzliche Anlageform ergänzen möchte. Natürlich sollte er sich in diesem Segment auskennen, Erfahrungen sammeln, zum Beispiel bei Whisky-Tastings oder Whisky-Touren durch Schottland, und nicht einfach teure Flaschen drauflos kaufen.
Sollte die Preisentwicklung nicht wie erwartet erfolgen, kann ein guter Tropfen letztlich immer noch im Kreis guter Freunde getrunken werden. Der erfahrene Whisky-Anleger beherzigt dies, indem er immer drei Flaschen kauft – eine zum Trinken, eine zum Weiterverkaufen und eine zum Behalten. Risiken gibt es bei jeder „hochprozentigen“ Geldanlage – bei dieser hier kann man zumindest, wenn sie eintreten und es zu Wertverlusten kommt, das Glas erheben und darauf anstoßen.
hin sollten es für ein höheres Wertsteigerungspotenzial limitierte Abfüllungen einzelner Jahrgänge sein, die Anzahl der produzierten Flaschen sollte maximal 10.000 betragen.
De
Gegenüber dem Wein, der die deutlich bekanntere Anlageform darstellt, ist die Lagerung eines Whiskys deutlich unproblematischer. Er verändert seinen Charakter in der Flasche nicht und kann auch nicht „umkippen“ wie alter Wein. Man sollte daher auch in Flaschen investieren und nicht in Fässer.
Und auch der Verkauf sollte am besten über eine solche Auktionsplattform vorgenommen werden, so finden sich zum Beispiel auch bei ebay unzählige Whisky-Auktionen. Allerdings sind die Gebühren hier recht hoch und der Investor kann unter Umständen an den Falschen geraten, da die Ware der Käufer und Verkäufer hier nicht unbedingt von einem Fachmann oder Fachhändler kommt.
RW +1000
5) The bottles in the index change regularly as certain bottles move up in value or conversely move down. These indices also allow us to monitor which brands are appearing more/less frequently in each index.Some may be familar with these indices as being the Whisky Highland IGS (Investment Grade Scotch) Indices. The charts track the performance of the respective top performing bottles of Single Malt Scotch Whisky. http://www.rarewhisky101.com/collecting/rw_index_top.html
46
02|2016
Veranstaltungen
Veranstaltungskalender
network financial planner e.V. (www.nfpb.de)
„Digitization in Wealth Management: Social Media, New client interactions and Digital Advice“, Referent: Dr. Holger Sachse (Partner& Managing Director bei der Boston Consulting Group, Leiter Privatkunden und Wealth Management Deutschland und Österreich), Veranstaltungsort: Wird noch bekanntgegeben
07. November 2016, 19:00 Uhr
Basisseminar 13 bis 17 Uhr
27. Juli 2016 Praxisseminar 10 bis 17 Uhr
„Edelmetalle und Fremdwährungen – Anmerkungen aus steuerlicher Perspektive“ Referent: Karsten Seidel, Rechtsanwalt / Steuerberater bei K&L Gates LLP, Veranstaltungsort: K&L Gates LLP, Opernturm, Bockenheimer Landstraße 2-4, 60306 Frankfurt
Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner e.V. (www.nfep.de)
12. September 2016, 19:00 Uhr
„BAV in der Finanzplanung“ (Berlin)
11. Juni 2016 10:00 Uhr
2. nfp-Golfturnier in Red Golf Moorfleet, Vorlandring 16, 22113 Hamburg www.redgolf.de/moorfleet/
30. September 2016, 18:30 Uhr
4. Münchner Finanzplanertag bei Donner & Reuschel, München
Forum Trainingsmanagement UG in Kooperation mit dem network financial planner e.V. (www.trainingsmanagement.com)
Weiterbildung
26. Juli 2016
10. Juni 2016
2. Hamburger Finanzplanertag im elbdeck, Hamburg
25. bis 26. November 2016
12. Financial Planner Forum im KOSMOS Berlin
Finanzplaner Fortbildung in Kooperation mit NFEP e.V. (www.finanzplanerfortbildung.de) 23. / 24. September 2016
Frankfurter Finanzplaner Forum (15 CPD-Credits) Veranstaltungsort: Relexa Hotel, Lurgiallee 2, 60439 Frankfurt
Seminar, München Dozent: Sven Scherner von der Forum Trainingsmanagement UG. Scherner ist ausgebildeter Finanzplaner (CFP®) mit langjähriger Berufserfahrung. Seminar, München Dozent: Sven Scherner von der Forum Trainingsmanagement UG. Scherner ist ausgebildeter Finanzplaner (CFP®) mit langjähriger Berufserfahrung.
LPX Group GmbH (www.lpx-group.com) Private Equity & Infrastruktur - unterschätzte Anlageklassen
Weiterbildung
Netzwerke
12. September 2016, 19:00 Uhr
XPS Finanzsoftware in Kooperation mit der Forum Trainingsmanagement UG (www.xps-finanzsoftware.de)
27. September 2016
München, Augustiner Keller Jag’d Stube – Arnulfstr. 52
07. Oktober 2016
Düsseldorf, Wirtschaftclub Düsseldorf Blumenstr. 14
10. Oktober 2016
Leverkusen, Bürogemeinschaft Felderstr. 47
14. November 2016
Hamburg, Börse Hamburg Kleine Johannisstr. 4
FCM Finanz Coaching (www.fcm-coaching.de) 16. Juni 2016
8. Expertenforum „Risikoprofiling von Anlegern“, Wiesbaden
Gesellschaft für das Stiftungswesen mbH (www.stiftungsgesellschaft.de) 14. September 2016
Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten, Hamburg (Modul 1)
27. September 2016
Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten, Berlin (Modul 1)
28. September 2016
Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten, Berlin (Modul 2)
Webinare für Finanzplaner www.trainingsmanagement.edudip.com/webinars www.fp-trends.de
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Recht | Regulierung
Praxisfälle aus dem Finanzplanungsalltag von Sven Scherner
an Julia vererbt. In der Summe beider Elternteile hat das Erbe einen positiven Saldo. Jedoch stellt sich die Frage, ob ausreichend Liquidität für die Tilgung der Schulden vorhanden ist.
I
Sven Scherner, CFP®, ist als Finanzplaner und Portfoliomanager für die HONORIS Treuhand GmbH tätig
n der letzten Ausgabe Ihres Financial Planning Magazins konnten Sie den Fall des Autounfalls in Namibia nachlesen, bei dem ein Ärzteehepaar und eine der beiden Töchter tödlich verunglückt sind. Die einzige Überlebende dieser Tragödie ist die minderjährige Julia. Wir haben uns insbesondere mit der Thematik des „gleichzeitigen Versterbens“ auseinandergesetzt und wer in diesem Fall eigentlich Erbe wird. In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit den Fragestellungen, die mit dem minderjährigen Kind verbunden sind. Was ist bei einem minderjährigen Erben zu beachten? Und was ist eine Sorgerechtsverfügung? Da im Testament der verstorbenen Eltern von Julia eine sogenannte Unfallklausel enthalten war, bedeutet dies, dass die gegenseitige Erbeinsetzung laut dem vorliegenden Berliner Testament entfällt. Mit der Folge des Direkterwerbs der minderjährigen Julia von jedem Elternteil. Es existieren folgende Vermögenspositionen: -
das Familienheim mit einem Restdarlehen die vermietete Eigentumswohnung mit einem Darlehen Liquidität in Form von Tagesgeld, Vermögensverwaltung die Einzelarztpraxis des Vaters und die Gemeinschaftspraxis der Mutter, jeweils mit Darlehen und Lebensversicherungen
Durch die nicht ausreichend abgesicherte Praxisfinanzierung der Mutter erbt Julia von der Mutter ein negatives Vermögen. Die Todesfallleistung des Vaters deckt dessen Praxisfinanzierung ausreichend ab. Vom Vater erbt Julia ein positives Vermögen. Das gemeinsame Elternhaus wird von beiden Elternteilen
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Sollte Julia das negative Erbe von ihrer Mutter überhaupt annehmen? Jedoch ist in diesem Erbe die Hälfte des Familienhauses gebunden. Bei der Erbschaftsannahme eines Minderjährigen gibt es einige Besonderheiten zu beachten. Der geschäftsbeschränkte Minderjährige kann die Annahme der Erbschaft nicht selbst erklären, weil das für ihn rechtlich nachteilig im Sinne von § 107 BGB ist. Der Nachteil besteht darin, dass er das Recht zur Ausschlagung verliert. Eltern als gesetzliche Vertreter ihres Kindes brauchen für die Erbschaftsannahme keine Genehmigung des Vormundschafts- oder Familiengerichts. Ist ein Elternteil neben den minderjährigen Kindern zum Erben berufen, kann er für sich und die Kinder zugleich die Annahme der Erbschaft klären. Das Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) steht dem nicht entgegen. Denn die Erklärungen der Eltern richten sich nicht an die Kinder und die Erklärungen der Kinder richten sich weder gegeneinander noch gegen die Eltern. Die Erklärungen sind nicht empfangsbedürftig. Zu beachten ist jedoch, dass bei bestimmten Geschäften im Bereich der Vermögenssorge (beispielsweise bei Grundstücksgeschäften) die Eltern ihre Kinder erst nach Genehmigung durch das Familiengericht vertreten dürfen. Sollten beide Eltern versterben, so setzt das Familiengericht einen Vormund ein. In unserem Fall sollte die Nachlassverwaltung für das Erbe der Mutter angeordnet werden. Denn nach § 1975 BGB kann die Erbenhaftung für Nachlass verbindlichkeiten auf den Nachlass beschränkt werden, wenn eine Nachlassverwaltung (Nachlasspflegschaft) angeordnet worden ist. Ziel der Nachlassverwaltung ist die Trennung des Vermögens des Erben (zum Beispiel das angenommene Erbe des Vaters) vom Nachlass. Damit wird die Haftung des Erben auf den Nachlass beschränkt. Ist der Nachlass überschuldet, so wird der Nachlassverwalter die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen. Ein allgemeiner Hinweis an dieser Stelle zum Thema „Minderjährige erben Immobilen“. Wenn für das Kind persönliche Verpflichtungen (beispielsweise Vermietung) oder der Verkauf der Immobilie anstehen, so ist das Einverständnis des Ergänzungspflegers/Vormundschaftsgerichtes notwendig. Da der Ergänzungspfleger und das Gericht gehalten sind, jegliches
02|2016
Risiko für das Kind zu vermeiden, könnten wirtschaftlich sinnvolle Kreditaufnahmen, zum Beispiel zur Sanierung oder Reparatur eines Objekts, verhindert werden. Wenn Julia das geerbte Familienhaus weiter bewohnt, so geht das Familienheim erbschaftsteuerfrei unter bestimmten Voraussetzungen auf Julia über. Da sie aber minderjährig ist, kann sie jedoch nicht alleine im Familienheim weiter wohnen. An dieser Stelle wird deutlich, wie wichtig es ist, Regelungen hinsichtlich minderjähriger Kinder zu treffen. Die Eltern haben ein Benennungsrecht für einen Ergänzungspfleger und den gerichtlich bestellten Vormund ihrer minderjährigen Kinder, für den Fall, dass sie beide verstorben sind (§§ 1776 und 1777 BGB). Es empfiehlt sich die Kombination mit einer Testamentsvollstreckung für eine bestimmte Zeit (beispielsweise bis zum 27. Lebensjahr des Kindes) und Anordnungen für den Vormund hinsichtlich der Vermögenssorge für das Kind. Dann hat der Testamentsvollstrecker das alleinige Verfügungsrecht über das vom minderjährigen Kind geerbte Vermögen. Eine Vorkehrung im Falle der Pflegebedürftigkeit von Kindern kann dadurch erreicht werden, dass die Testamentsvollstreckung in diesem Fall unbefristet angeordnet wird und der Testamentsvollstrecker finanzielle Zuwendungen im Rahmen der im Gesetz vorgesehenen Freibeträge vornehmen darf.
Beschreibung
Nachlass
Ziviler Erwerb Gründungsvermögen
In der Sorgerechtserklärung sollten die Eltern Anweisungen unter anderem zu Aufenthalt, Ausbildung und Vermögenssorge der Kinder treffen. AAuch können die Eltern Personen und Kontrollpersonen für unterschiedliche Aufgabenfelder benennen – und/oder wer auf keinen Fall als Vormund in Betracht kommt. Die Trennung kann beispielsweise bei der Benennung unterschiedlicher Personen in der Personensorge und der Vermögenssorge liegen. Vorsichtshalber sollte auch eine Ersatzperson benannt werden, falls die erst benannte Person vom Familiengericht nicht anerkannt wird oder ausfällt. Wir empfehlen, die Sorgerechtserklärung außerhalb des Testaments zu regeln, damit bei möglichen Veränderungen nicht das Testament erneuert werden muss. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bei minderjährigen Kindern insbesondere die Regelungen zur Personensorge und Vermögenssorge von elementarer Bedeutung sind. Wenn Sie, liebe Leser, minderjährige Kinder haben, dann lassen Sie im Ernstfall nicht die Sorge um Ihr Kind ungeregelt, sondern geben Sie Ihren Angehörigen und Behörden die notwendige Orientierung. Freuen Sie sich auf die nächste Ausgabe, in der Sie zu den Besonderheiten des Erbfalls hinsichtlich der Arztpraxis mehr erfahren.
Julia Arzt
Beschreibung
Nachlass
455.299
455.299
Ziviler Erwerb
-14.760
250.000
250.000
Gründungsvermögen
350.000
350.000
250.000
250.000
Eigengenutzte Immobilie
250.000
250.000
Fremdgenutzte Immobilie 1
100.000
100.000
650.180
650.180
Vater
Eigengenutzte Immobilie Sonstiger Erwerb
Julia Arzt
Mutter
Einzelpraxis Frank Arzt
100.000
100.000
Sonstiger Erwerb
280.122
280.122
Lebensversicherung Frank für Tilgung PD
300.000
300.000
Gemeinschaftspraxis Franziska Arzt
150.000
150.000
Lebensversicherung Franziska für PraxisFin
100.000
100.000
30.122
30.122
-644.881
-644.881
Tagesgeld - Tagesgeldbank Vermögensverwaltung - Vermögensverwalter
50.180
50.180
200.000
200.000
Rentenversicherung - Tilgung ETW
-444.881
-444.881
Verbindlichkeiten
Darlehen SEFH
-144.881
-144.881
Darlehen SEFH
-144.881
-144.881
Darlehen Einzelpraxis
-300.000
-300.000
Finanzierung Gemeinschaftspraxis Franziska
-300.000
-300.000
Fremdgenutzte ETW
-300.000
-200.000
Verbindlichkeiten
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