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Finanzplanung in Zeiten von Corona: Jetzt erst recht

Von P R O F. D R . R O L F TIL M ES

Die derzeitige Corona-Pandemie sorgt dafür, dass die Sorgen der Verbraucher zunehmen. Das ist – grob formuliert – das Ergebnis einer aktuellen Umfrage von Kantar (EMNID) im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Gleichzeitig haben Deutschlands Unternehmen bis Ende April für 10,1 Millionen Menschen Kurzarbeit angemeldet. Laut Schätzungen des McKinsey Global Institute ist für 2020 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5 beziehungsweise 10 Prozent zu rechnen, und ohne nachhaltigen Strukturwandel ist eine Rückkehr auf den ursprünglichen Wachstumspfad in diesem Jahrzehnt nicht mehr machbar. Es ist daher verständlich, dass sich viele Menschen nicht nur Sorgen um Rückerstattungen für ausgefallene Reisen oder Wucherpreise für knappe Güter machen, sondern um ihren Arbeitsplatz und damit um die Altersvorsorge. Etwa ein Drittel der von Kantar (EMNID) Befragten hat die Befürchtung, dass ihre private Vorsorge wegen sinkender Aktienkurse oder niedrigerer Renditen an Wert verliert. Manche Immobilienfinanzierung wird ins Wanken kommen, Ziele und Wünsche müssen zurechtgestutzt werden.

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Und was ist Ihre Antwort als Beraterin/Berater, als Finanzplanerin/Finanzplaner?

Diese Krise birgt nicht nur Risiken, sondern auch Chancen für verantwortungsbewusste, vertrauensvolle und persönliche Beratung und Kundenbeziehungen. Kunden suchen nach dem ersten Schock und der Isolation durch den Lockdown, der auch viel Zeit zum Nachdenken gegeben hat, Orientierung. Die Fragen der Kunden sind vielfältig und haben doch alle etwas mit den Auswirkungen auf die finanzielle Lebensplanung und Absicherung zu tun. Gerade jetzt sind Sie als Finanzplaner gefordert – getreu dem Motto „Finanzplanung ist Lebensplanung“. Unterstützen Sie Ihre Kunden in diesen Tagen, nehmen Sie Zukunftsängste und versichern Sie Ihren Kunden Ihre Unterstützung – auch in Krisenzeiten. Denn gerade jetzt zeigt sich, dass Finanzplaner verantwortungsbewusst für ihre Kunden agieren. Diese Unterstützung wird uns alle nicht nur kurzfristig, sondern auch mittel- bis langfristig fordern. Diese professionelle Unterstützung durch Finanzplaner gibt gerade in Krisenzeiten Kunden Halt und Sicherheit. Den Wert einer solchen langfristigen Planung der Finanzen verdeutlicht eine weltweite Umfrage unter den Mandanten von Finanzplanern: Demnach sind Verbraucher, die einen schriftlichen Finanzplan haben, fast dreimal so zuversichtlich, ihre finanziellen Ziele zu erreichen, als diejenigen ohne einen solchen Plan. Mit anderen Worten: Finanzplanung im Sinne einer langfristigen Lebensplanung zahlt sich aus – gerade auch in Krisenzeiten. In den vergangenen Jahren war es gar nicht so schwer, am Kapitalmarkt eine gute Rendite zu erzielen. Wer einen simplen Exchange Traded Fund (ETF) auf den amerikanischen Aktienindex S&P 500 kaufte, der konnte sein Geld seit der Finanzkrise bis Ende vergangenen Jahres mehr als verdreifachen. Sie haben sicherlich auch schon die Erfahrung gemacht, dass sich viele Menschen die Frage gestellt haben, wozu sie eigentlich Finanzberatung brauchen, wenn der Vermögensaufbau und die Altersvorsorge mit einem ETF so einfach sind. Durch die Corona-Krise und den nachfolgenden Einbruch am Kapitalmarkt dürfte vielen Verbrauchern aber vielleicht klar geworden sein, dass für den langfristigen Vermögensaufbau eine professionelle Beratung doch sinnvoll sein kann. Darüber hinaus dürften sich einige Ihrer Kunden Gedanken über ihren persönlichen – meistens nicht existenten – Notfallkoffer machen. Da fehlen nicht nur Bankvollmachten, Testament oder Regelungen für den digitalen Nachlass, sondern auch Vorsorgevollmachten, Patientenverfügung und Betreuungsvollmachten. Das alles sind Anknüpfungspunkte für Beratungsgespräche und eine ideale Ausgangsbasis für eine Finanzplanung. Oder denken Sie an das Krisengespräch mit dem Unternehmer, Selbständigen oder Handwerker. Nur mit einer soliden Finanzplanung können Sie Fragen nach Steuerstundung oder -herabsetzung, Aussetzung von Zins- und/oder Tilgungszahlungen für bestehende Darlehen oder die Beantragung von Covid-19-Liquiditätshilfen fundiert beantworten.

Finanzplanung als Anker in stürmischen Zeiten

Die Frage lautet also nicht, ob Sie mit Ihren Kunden über die finanzielle Langfristplanung reden sollten, sondern wann Sie eine ganzheitliche Finanzplanung oder einen Themenplan mit Ihren Kunden realisieren. Im internationalen FPSB-Netzwerk haben Vertreter aller 26 CFP®-Länder intensiv über die Auswirkungen der Corona-Krise diskutiert. Im Communication Advisory Panel haben alle Länder ihre Materialien zur Verbraucherkommunikation und zur Unterstützung der CFP®-Professionals geteilt sowie weitere Maßnahmen besprochen. Natürlich kann es krisenbedingt teilweise zu weniger Neuzertifizierungen oder zu einem Rückgang der aktuell knapp 190.000 zertifizierten CFP®-Professionals kommen, doch sind sich alle CFP®-Länder einig, dass die Krise auch zu einer Überprüfung der persönlichen Finanzstrategie führt – und da ist die Finanzplanung das richtige Instrument in Krisenzeiten. Deshalb wird der FPSB Deutschland dieses Thema zum Leitthema des World Financial Planning Day 2020 machen: „Finanzplanung in unsicheren Zeiten: Früher planen“. Machen Sie mit – unterstützen Sie Ihre Kunden durch Finanzplanung in diesen herausfordernden Zeiten – und bleiben Sie vor allem gesund! ❚ P R O F. D R . R O L F TI L M ES , EFA®, CFP®, HONCFEP, Vorstandsvorsitzender, Financial Planning Standards Board Deutschland e. V.

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