EDUARD WAIDHOFER
DIE NEUE MÄNNLICH WEGE ZU EINEM KEIT ERFÜLLTEN LEBEN
fischer & gann
eduard waidhofer
DIE NEUE MÄNNLICH WEGE ZU EINEM KEIT erfüllten LEBEN
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inhalt vorwort von Konrad P. Grossmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
geleitwort von David Steindl-Rast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1. männliche identität im wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Wann bin ich ein Mann? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Traditionelle Rollenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Männer auf der Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Wie steht es mit der Emanzipation der Männer? . . . . . . . . . . . . . . 30
»Neue« Männer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Brauchen wir eine Männerpolitik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Männer in der Krise? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2. beruf, arbeit und leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Hauptsache Arbeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
»Psychodroge« Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Männer unter Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Ernährermythos – Traditionsfalle Haupternährer . . . . . . . . . . . . . 56
Teilzeitmodelle und Flexibilisierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . 57
Auch Männer haben ein Vereinbarkeitsproblem . . . . . . . . . . . . . . 59
Weniger Arbeit – mehr Lebensqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Ausgebrannt?– Stress und Burnout bei Männern . . . . . . . . . . . . . . 64
Arbeitslosigkeit macht krank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Neues Väter-Leitbild: vom »Arbeitsmann« zum »ganzen« Menschen . . . 71
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3. männer und ihre gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Schutzfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Sind Männer Gesundheitsmuffel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
Männer und Frauen sind nicht gleichermaßen gesund . . . . . . . . . . . 77
Sozial bedingte Unterschiede bei der Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . 80
Einfluss von Lebenslagen und Lebensstilfaktoren . . . . . . . . . . . . . . 81
Männer und Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Sucht – Männer auf der Suche nach Männlichkeit . . . . . . . . . . . . . 85
Der innere Rhythmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Ressourcenorientierte Männergesundheitsförderung . . . . . . . . . . . 90
4. männer und ihre beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4.1 partnerschaft – wie liebe gelingen kann . . . . . . . . . . . . . . . 95
Umgang mit Partnerschaftskonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
Unterschiedliche Beziehungsgestaltung von Männern und Frauen . . . .102
Männer und ihre Gefühle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Männer zwischen Autonomie und Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . .107
Entwicklung zum »Herzenskrieger« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Damit Partnerschaft gelingt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Erotik und Sexualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .124
Außenbeziehungen – Untreue als Chance . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Versöhnung und Vergebung – Warum Vergeben vernünftig ist . . . . . . 133
Gewalt – Männer zwischen Macht und Ohnmacht . . . . . . . . . . . . .138
4.2 wie vatersein gelingen kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Väter mit einem neuen Rollenverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Aktiv Vater sein – Die Vaterrolle in Bewegung . . . . . . . . . . . . . . 149
Der Gewinn des Vaterseins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
Erfahrungen mit dem eigenen Vater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Wenn Vatersein sich gut anfühlt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
Positive Väterlichkeit – Aspekte gelungenen Vaterseins . . . . . . . . . . 158
Eine neue Kultur der Väterlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
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Die Bedeutung der Beziehung zum Vater für die Entwicklung der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Zwischen Kind und Karriere – Aktive Väter in Elternzeit . . . . . . . . 172
Vater sein trotz Scheidung – Väter und Kinder nach einer Trennung . . 174
»Vaterwunde« und Vatersehnsucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
Ich möchte ein guter Vater sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
4.3 beziehungen zu anderen männern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
Tabu Männerfreundschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
Männergruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
5. werte, lebensziele, spirituelle sinnsuche . . . . . . . . . 189
Immer schneller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Haben oder Sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Immer mehr – wie viel ist genug? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
Kooperation statt Konkurrenz – ein neues Paradigma . . . . . . . . . . 200
Männer und ihre Beziehung zur Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
Die »zweite Halbzeit« zählt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
Wenn Männer älter werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
Männer und Spiritualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
Dankbarkeit als »spiritueller Weg« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Loslassen versus Festhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
Leben im Hier und Jetzt – Wege der Achtsamkeit . . . . . . . . . . . . . 221
Selbstliebe und Mitgefühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
Der Weg nach innen – vom Ego zum Selbst . . . . . . . . . . . . . . . . 231
Der Traum vom gelungenen Selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
Visionen und Ziele entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
Lebenskrisen als Chance: Wert- und Sinnfragen . . . . . . . . . . . . . .241
ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
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vorwort »the times they are a-changin’«, so Titel und Refrain eines bekannten
Songs von Bob Dylan (1964). Besonders rasch und intensiv änderten sich diese Zeiten in den letzten Jahrzehnten, und mit ihnen die persönlichen wie gesellschaftlichen Lebenswelten und damit einhergehende Lebensund Beziehungsentwürfe von Frauen wie Männern. Eduard Waidhofer hat – das ist in jeder Zeile seines Buchs spürbar – diesen Wandel in seinem eigenen Leben als Mann, Partner und Vater erfahren und als Therapeut und Berater am Leben anderer Männer, Partner und Väter miterlebt; und er hat diesen Wandel durch sein Engagement in der Männerbewegung, durch die Gründung und langjährige Leitung einer Männerberatungsstelle und eines Familientherapie-Zentrums begleitet sowie durch seine wissenschaftliche und publizistische Tätigkeit stets reflektiert und auch aktiv mitgestaltet. So ist auch der vorliegende Text zu sehen: Es ist der gelungene Versuch, den gegenwärtigen Wandel männlichen Lebens in einen zugleich äußeren wie inneren, aktuellen wie historischen größeren Zusammenhang einzubetten und ihm durch seine Vision eines gelingenden Männerlebens einen Zielpunkt und eine Orientierung zu verleihen.
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Die Gegenwart ist durch eine Erosion traditioneller Männlichkeitsvorstellungen geprägt.1 Männer – so Egger2 – greifen immer seltener auf intergenerativ weitergereichte Rollen- und Identitätsmuster zurück. Diese Erosion hat viele Ursachen – eine davon ist jene der Veränderung der männlichen Arbeitswelt. Noch vor wenigen Jahrzehnten gründete männliche Identität vor allem in körperlicher (Erwerbs-)Arbeit im Kontext einer bäuerlichen und später industriellen Gesellschaft. Tugenden wie körperliche Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit haben jedoch in einer durch rasante Technisierung und Mentalisierung geprägten Arbeitswelt stark an Bedeutung verloren – sie bieten immer weniger Möglichkeit dafür, Männlichkeit zu leben und zu demonstrieren. Konzepte wie jenes des mit industrieller Arbeit verbundenen »Arbeitsmannes« 3 dienen zunehmend weniger als Quelle männlicher Identität. Erwerbsarbeit ist längst kein männliches Alleinstellungsmerkmal mehr. Eine andere Quelle dieser Erosion ist jene der Auflösung von Bildungsunterschieden: Höhere Bildung war noch vor wenigen Jahrzehnten eine Domäne der Männer. Bildungseinrichtungen wie etwa Universitäten waren fast durchgängig exklusive männliche Räume, reserviert für die »ernsten Spiele« männlich-intellektuellen Wettbewerbs.4 Inzwischen sind die Chancen von Mädchen/Frauen auf Abschluss einer höheren Schule oder universitäre Ausbildung gleich oder besser als die von Jungen und Männern.5 Eine weitere Ursache dieser Erosion ist jene der Auflösung der traditionellen Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern – Männlichkeit gründete über Jahrtausende hinweg in einem geschlechtsspezifischen Rollenkonzept der ökonomischen Versorgung der Familie als Gegenpart der weiblichen Versorgung der Kinder und des Haushalts. In der Gegenwart »bearbeiten« zunehmend mehr Partner viele Bereiche ihrer Paar- und Familienbeziehung – wie Einkommen, Haushalt, Erziehung der Kinder, Gestaltung sozialer Kontakte – gemeinsam.6 Männlichkeit birgt vor diesem Hintergrund einen Zugewinn an Freiheit und Wahlmöglichkeiten, aber auch vermehrte Unsicherheit.7 Der Wandel der männlichen Lebenswelt und männlicher Lebens- und Beziehungsentwürfe impliziert nicht nur eine Befreiung von vorgegebenen
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Identitätsschablonen, sondern auch ein Mehr an Suchbewegungen, die unter anderem im Kontext von Beratung und Therapie verwirklicht werden. Im Lauf dieses Wandels begannen Männer nach und nach, sich selbst in den Blick zu nehmen – erst zögerlich (vielleicht auch deshalb, weil Männer sich selbst und ihrem sozialen Umfeld zumeist weniger Beachtung schenken als Frauen),8 dann zunehmend engagiert und interessiert: Eine wissenschaftlich-systematische Erforschung von Männlichkeit und männlichen Lebenslagen etablierte sich in den 1970er- und 1980er-Jahren im angelsächsischen Sprachraum unter dem Begriff der »critical men’s studies«. 9 Vor diesem Hintergrund wissen wir heute, dass »Geschlecht neben Schicht/Bildung und Ethnien […] die bestimmendste Variable in Bezug auf seelische und körperliche Gesundheit und Lebenszusammenhänge« darstellt.10 Eduard Waidhofers Text ist eine große Erzählung über gelebtes, erlebtes und erzähltes männliches Leben heutzutage. Er skizziert ein Panoptikum (nicht nur heterosexueller) männlicher Themenstellungen. Er fokussiert auf privates wie öffentliches Leben von Männern, auf ihre familiären, partnerschaftlichen, arbeitsweltlichen Bezüge, auf ihren körperlichen wie emotionalen Umgang mit sich selbst, auf ihr Verhältnis zu ihrer sozialen, ökonomischen wie natürlichen Umwelt. An diesem Text beeindruckt unter anderem sein kohärenter Aufbau: Nach einem einleitenden Grundsatzkapitel erkundet er unterschiedlichste Areale männlichen Lebens, ehe er mit einem als »Ausblick« titulierten Kapitel schließt. Diese Kohärenz prägt auch die einzelnen Kapitel: Jeweils zu Beginn wird ein Themen bereich kritisch erkundet und in seinen Bezügen dargestellt, ehe er Schritt für Schritt in einen visionären Lösungsansatz weiterentwickelt wird. Beispielhaft zeigt sich dies bereits im zweiten, der Arbeitswelt von Männern gewidmeten Kapitel: Waidhofer skizziert hier eine von Leistungsdruck geprägte männliche Arbeitswelt und geleitet dann die Leser zu einer Lösungsvorstellung, die er als Übergang vom »Arbeitsmann« zum »ganzen Menschen« skizziert. Vielleicht spiegelt dieser erzählerische Aufbau den beraterischen beziehungsweise therapeutischen Hintergrund
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des Autors wider – in einer Beratung oder Therapie geht zumeist die Problemanalyse und -klärung dem Entwurf eines Lösungsbildes voraus. Möglicherweise ist dies auch einer der Gründe für den »lösenden« und vielleicht »therapeutischen« Effekt, den der Text birgt. Der Text beeindruckt durch seine Vielfältigkeit und Poetik: Als Bezugspunkte dienen sorgfältig recherchierte empirischen Studien, doch er nimmt auch Bezug auf literarische, philosophische, musikalische und andere Quellen. So treffen einander im Text Martin Luther King und Nelson Mandela, Erich Kästner und Heinrich Böll, Herbert Grönemeyer und Konstantin Wecker, Anselm Grün und Martin Buber. Angereichert wird das »mäandernde« Erzählen Waidhofers durch Vignetten aus dem Beratungs- und Therapiekontext des Autors, die Erzähltes verdeutlichen und veranschaulichen. Einzelne Kapitel und Kapitelüberschriften lassen sich durchaus programmatisch lesen: So postuliert Waidhofer ein Paradigma der »Kooperation statt Konkurrenz« oder eine »männliche Schöpfungsverantwortung« vom Umgang von Männern mit der Umwelt. Sehr persönlich wird sein Text, wenn von »Dankbarkeit als spirituellem Weg« die Rede ist, wenn er männliches Leben unter eine Prämisse der Achtsamkeit für das »Hier und Jetzt« stellt, wenn er Männer zu vermehrter Selbstliebe und größerem Mitgefühl aufruft und männliche Lebenskrisen als Chance zur Überprüfung von Wert- und Sinnorientierungen interpretiert. Mit seinem Buch ist Eduard Waidhofer ein richtungsweisender Text zu männlichem Leben gelungen. Univ.-Dozent Dr. Konrad Peter Grossmann Linz, März 2015
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geleitwort aufwachsen verlangt von jedem jungen, dass er Mann werde. Das klingt
wie eine Binsenweisheit. Und doch zeigt sich immer wieder, dass nicht nur Jungen, sondern auch Männer erwarten, das Reifwerden als Mann und als Mensch käme ganz von selbst. Erst in Krisen zeigt sich, wie schwierig doch diese Aufgabe in Wirklichkeit ist. Keiner schafft es allein, ihr gerecht zu werden. Da brauchen wir erfahrene, weise und geduldige Lehrer. Eduard Waidhofer ist ein solcher Lehrer; sein Buch »Die neue Männlichkeit« weist ihn als vertrauenswürdigen Bergführer aus für Wege zu einem gelingenden und erfüllten Leben, die ja lebenslange Gratwanderungen sind. Männer jeden Alters werden hier praktische Hilfe finden und wertvollen Rat für ein weites Spektrum von Lebenssituationen. Auch Fachkollegen werden Waidhofers Ansätze immer wieder anregend finden. Und nicht zuletzt Frauen könnte »Die neue Männlichkeit« helfen, Männer in ganz neuer Tiefe zu verstehen. Hier ist ein Buch, auf das viele, vielleicht ohne es zu wissen, lange gewartet haben. David Steindl-Rast OSB
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einleitung was mich als mann und männerberater bewegte, dieses Buch zu schrei-
ben, ist die Vorstellung von einer neuen Männlichkeit. Ich sehe, wie viele Männer, die zu mir in Beratung oder Therapie kommen, mit ihrem Leben kämpfen. Sie machen sich selbst das Leben schwer, indem sie sich verschließen und ihren Schmerz und ihre Verletzlichkeit nicht zeigen. Manche Männer fühlen sich Frauen, die sich persönlich ständig weiterentwickeln und immer stärker werden, unterlegen; sie verstummen oder versuchen erfolglos ihre Macht auszuüben, indem sie ihre Partnerin abwerten und damit die Beziehung zerstören. Viele jedoch unterwerfen sich und passen sich den Wünschen der Frau an, was sie aber immer unzufriedener macht. Manche beginnen auch zu trinken und stehen schließlich vor den Trümmern ihrer Ehe. Andere powern sich im Beruf aus und riskieren damit gesundheitliche Probleme. Und dann stellt sich die Sinnfrage: Wozu habe ich unter großen Entbehrungen ein Haus gebaut, in dem sich meine Frau nicht glücklich fühlt und das nach einer Trennung verkauft werden muss? Wozu habe ich ständig Überstunden gemacht? Wozu das alles? Dabei geschah dies alles nur in bester Absicht. Man wollte der Familie etwas bieten. Und nun geht die Frau mit den Kindern fort; zurück bleibt Verzweiflung.
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Sich über den Beruf zu definieren und in der Arbeit aufzugehen, hat einen hohen Preis. Die Beziehungen zur Partnerin, zu den Kindern und zu anderen Männern bleiben auf der Strecke. Das alte Männerbild vom Familienernährer trägt nicht mehr und ist überholt. Wir brauchen eine Vision von einer »neuen Männlichkeit«, von selbstbewussten Männern, die Verantwortung für ihr Leben übernehmen und der Mitmenschlichkeit und ihren Beziehungen den Vorrang geben. Gelingende Beziehungen machen schließlich ein erfülltes und befriedigendes Leben aus. Die Männer des ersten Männerzentrums in Berkeley/Kalifornien formulierten bereits vor 45 Jahren: »Wir als Männer wollen unsere volle Menschlichkeit wiederhaben. Wir wollen nicht mehr länger in Anstrengung und Wettbewerb stehen, um ein unmögliches und unterdrückendes männliches Image zu erreichen – hart, schweigsam, cool, gefühllos, erfolgreich, Beherrscher der Frauen, Führer der Männer, reich, brillant, athletisch und heavy. Wir möchten uns selbst gern haben. Wir möchten uns gut fühlen und unsere Sinnlichkeit, unsere Gefühle, unseren Intellekt und unseren Alltag zufrieden erleben.« 11 Visionen haben eine große Kraft. »Es braucht eine Vision, um in dieser Welt etwas in Bewegung zu bringen.«12 Wenn wir etwas verändern wollen, brauchen wir attraktive und realistische Zukunftsbilder, die uns begeistern, motivieren und emotional bewegen. Aber wir müssen etwas dafür tun. Antoine de Saint-Exupéry schreibt 1948: »Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.« In diesem Sinne möchte ich Männer ermutigen, eine Vision ihres eigenen Lebens zu entwickeln, ihre Männlichkeit bewusst zu leben, ihrer inneren Stimme zu folgen, ihrer Sehnsucht nach einem erfüllten Leben nachzugehen, ihren Lebenstraum zu verwirklichen und sich nicht mit einem halben Leben zufriedenzugeben. Es geht im Leben um den »Traum vom gelungenen Selbst« (siehe Kapitel 5) und bei Männern speziell um den Traum von einem gelingenden Männerleben.
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Im Folgenden werde ich mich im ersten Kapitel mit dem gegenwärtigen Männlichkeitsdiskurs auseinandersetzen. Es stellen sich viele Fragen: Welche Männerbilder bestehen derzeit? Wie behindern traditionelle Männerbilder die persönliche Weiterentwicklung? Welchen Preis bezahlen wir, wenn wir einengenden herkömmlichen Männerbildern folgen? Was sind neue Männer? Brauchen wir neben der Politik für Frauen auch eine Männerpolitik? Wie steht es mit der Geschlechtergleichstellung? Welche Männerinitiativen gibt es im deutschen Sprachraum? Sind Männer wirklich in der Krise? Und wenn ja, welche Chancen liegen in einer Krise? In Anlehnung an die vier zentralen Lebensbereiche nach Nossrat Peseschkian13 – Beruf, Arbeit und Leistung – Körper und Gesundheit – Beziehungen – Werte, Lebensziele, spirituelle Sinnsuche
werde ich im Folgenden die wichtigsten Lebensbezüge von Männern im Hinblick auf ein gutes, gelingendes Männerleben genauer untersuchen und einige Ideen entwickeln, wie die einzelnen Bereiche in Balance kommen können und mit mehr Leben und Sinn erfüllt werden können. Im zweiten Kapitel geht es um die Dominanz und Überbewertung von Arbeit im Leben der Männer. Traditionell eingestellte Männer sehen sich immer noch als Familienernährer und tun sich schwer, sich mit Teilzeitarbeit anzufreunden. Berufstätigkeit ist für Männer meist identitätsstiftend und bringt ihnen Anerkennung; sie kann jedoch mitunter auch zu Arbeitssucht und schließlich zum Burnout führen. Wie aber kann diesem Ausbrennen vorgebeugt werden? Wie gehe ich deshalb mit dem Zeit- und Leistungsdruck um? Wie kann ich die Balance zwischen Beruf und Familie herstellen? Welche Hürden stehen einer Vereinbarkeit beider Bereiche entgegen? Was sind die Vorteile von Väterkarenz? Welche neuen Leitbilder von Männlichkeit können zu mehr Lebensqualität führen? Das dritte Kapitel widmet sich dem brisanten Thema der Männer
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gesundheit. Was Frauen oft große Sorgen bereitet, ist der sorglose Umgang ihrer Partner mit der eigenen Gesundheit. Finanzielle Probleme und Misserfolge, Frust bei der Arbeit oder in der Partnerschaft werden häufig verdrängt und mit Alkohol betäubt. Risikoverhalten in Sport und Straßenverkehr sowie ein ungesunder Lebensstil führen oft zu frühzeitigem Tod. Männer nehmen sich dreimal häufiger das Leben als Frauen; dies gilt auch bereits für Jungen im Vergleich zu Mädchen. Dass Männer circa fünf Jahre früher sterben als Frauen, liegt vorwiegend an deren Lebensstil. Aber auch die konkreten sozioökonomischen Lebensbedingungen und die Marginalisierung von Männern stehen einem guten und gesunden Leben oft entgegen. Damit ein Männerleben gelingt, ist es notwendig, dass sie sich mehr um sich selbst und ihre Gesundheit kümmern, die eigenen Belastungsgrenzen ernst nehmen und sich die eigene Verletzlichkeit eingestehen. Wie können etwa Depressionen bei Männern besser erkannt werden? Was sind mögliche Hintergründe männlicher Sucht? Wie kann das Gesundheitsbewusstsein gestärkt werden? Und wie können Männer durch Männergesundheitsinitiativen noch besser erreicht werden? Die Beziehungen von Männern zu ihren Partnerinnen, ihren Kindern und zu anderen Männern stehen im vierten Kapitel im Mittelpunkt. Es wird immer wieder behauptet, dass Männer sich mit Beziehungen schwer tun und die Beziehungsarbeit gern an die Partnerin delegieren. In der Praxis der Paartherapie mache ich die Erfahrung, dass Frauen häufig mit der Beziehung unzufrieden sind und den Anstoß zur Beratung und Therapie geben, während Männer sich anfangs eher abwehrend verhalten und die Beziehungsprobleme verharmlosen. Dahinter steckt oft eine diffuse Angst, die Partnerin zu verlieren, und eine Scheu, selbst Verantwortung für die Beziehung zu übernehmen. Männliche Minderwertigkeits- und Ohnmachtsgefühle können schließlich zu Gewalt in einer Beziehung führen. Kernpunkt für ein erfülltes Männerleben sind gelingende Beziehungen: Wie gestalte ich die Beziehung zur Partnerin und zu den Kindern? Was ist mein Beitrag zu einer gleichwertigen Partnerschaft? Wie viel investiere
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ich in die Beziehung? Wie präsent bin ich in der Familie? Wie kann ich eine Balance zwischen Nähe und Distanz, zwischen Abhängigkeit und Selbstbestimmung herstellen? Wie möchte ich die sexuelle Beziehung gestalten? Wie gehe ich mit Konflikten um? Wie gestalte ich meine Vaterrolle? Ist die Ablösung von den eigenen Eltern gelungen? Wie kann ich Freundschaften zu anderen Männern pflegen und aufrechterhalten? Das fünfte Kapitel lädt dazu ein, sich auf wesentliche Themen des Lebens einzulassen. Dazu ist erst einmal eine Bestandsaufnahme notwendig: Wo stehe ich in meinem Leben? Wer bin ich eigentlich? Wie möchte ich sein? War das alles? Bin ich auf dem richtigen Weg, wenn ich so weitermache wie bisher? Was ist mir wichtig? Wie könnte ich mein Leben intensivieren und bewusster gestalten? Was sind meine unverzichtbaren Werte, meine verborgenen Herzenswünsche und Sehnsüchte? Was ist mein Lebensweg, meine Lebensaufgabe, die Vision, die mich erfüllt? Welchen Stellenwert haben Geld und Besitz für mich? Wie kann ich mich dem Zeitgeist des »Immer mehr« entgegenstellen? Wie kann ich Zugang finden zu meiner inneren Kraftquelle, zu meinem Selbst? Was ist mein »Traum vom gelungenen Selbst«? Das Ziel meines Buches ist, Männer, die mit ihrem Leben unzufrieden sind, die aber neugierig sind und etwas verändern möchten, die auf der Suche nach einem neuen Lebensstil sind und sich nach mehr Lebens qualität sehnen, dabei zu unterstützen, ihre männliche Kraft und Vitalität wiederzuentdecken, ihre Angst vor Veränderung zu überwinden und sich in ihrem Leben neu zu orientieren. Mit Konstantin Wecker möchte ich sagen: »Menschen müssen sich verändern, um sich selber treu zu sein.«
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1. männliche identität im wandel »Ein Mann zu sein, heißt – genau genommen – verantwortlich zu sein.« Antoine de Saint-Exupéry
wann bin ich ein mann? Die traditionelle Männerrolle ist im Umbruch, wie die vielen Veröffent
lichungen über Männerthemen, männerspezifische Seminarangebote, Männerinitiativen und -projekte in den letzten Jahren zeigen. Angeregt durch die feministische Männerkritik, welche die alten Männerbilder radikal infrage stellte, beginnen Männer erstmals in der Geschichte, sich mit dem Thema »Männlichkeit« zu befassen und Männlichkeit positiv zu sehen. Männerleben kann auch Spaß und Freude machen, so auch das Motto der ersten österreichischen Männertagung in Wien, die »Lust auf Männlichkeit« (1998) hieß. Bereits 1970 gründeten bewegte Männer in Berkeley, Kalifornien, das weltweit erste Männerzentrum. In den 1980er-Jahren wurden in Deutschland die ersten »Männerbüros« eingerichtet, und in Wien wurde die erste Männerberatungsstelle im deutschen Sprachraum gegründet. Langsam entstand so etwas wie eine »Männerbewegung« und auch eine kritische Männerforschung.
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Anlässlich der 2. Österreichischen Männertagung in Innsbruck (2000) formulierten Männer, die sich über ihr Vatersein, ihr Sohnsein und ihre Männlichkeit Gedanken machten, eine Resolution, in der es unter anderem heißt: wir wollen - gesellschaftliche Anerkennung der Bedeutung der Väter - weniger Arbeit, mehr vom Leben, neue »Karrieremodelle« - Männerfreundschaften wertschätzen - weniger Macht, mehr vom Leben - eine Aufteilung fünfzig-fünfzig bei Geld, Zeit und Verantwortung für die Familie - Anerkennung der homosexuellen Männer - offene Gesprächskultur zum Thema Sexualität - ganzheitliche Männerspiritualität - Bekenntnis zu männlicher Kraft und Stärke - gegen privaten Waffenbesitz, Männergewalt, Kriege und Militarisierung auftreten - attraktive Teilzeitkarenz, Vatermonat, Job-Sharing - familienfreundliche Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten - Teilzeitjobs für Männer - mehr Betriebskindergärten und Krabbelstuben - Förderung von Männerbildung, Männerforschung und Männerberatung - Förderung von Jungenarbeit - mehr Stellen für Männer in Kindergärten und Volksschulen - Gewaltberatung als flächendeckendes Angebot zur Gewaltprävention - materielle Absicherung von Männerprojekten.
Männer sind heutzutage auf der Suche nach einer »neuen Männlichkeit«. Franz und Karger14 machen Mut zu männlicher Neuorientierung, glauben aber nicht, dass es einen »neuen« Mann braucht. Auch Carsten
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Wippermann15 kritisiert die Bezeichnung »neuer Mann«, da sie kein Leitbild darstelle, an dem der Mann sich orientieren könne. Aber auch die Bezeichnung »moderner Mann«, wie sie von Paul M. Zulehner zuletzt verwendet wurde, scheint mir nicht ideal, denn »modern« erinnert an Mode, und Mode verändert sich ständig. Und was heute modern ist, kann morgen schon wieder out sein. Natürlich brauchen wir neue zeitgemäße »Männerbilder«, bildhafte Vorstellungen vom Mannsein, die uns Männer motivieren. Die alten Männerbilder, die von Dominanz, Macht, Härte, Kontrolle, Wettbewerb, Image, Leistung und emotionaler Distanz geprägt sind, werden zunehmend infrage gestellt. Inzwischen wurden viele neue Männerbilder entworfen oder konstruiert, angefangen vom metrosexuellen Mann, der sehr auf sein Äußeres achtet und seine femininen Seiten entdeckt, bis zum Bild vom Softie, der versucht, sich den Frauen anzupassen und deren Wünsche möglichst zu erfüllen.16 Für den Softie war typisch das »androgyne, betont vorsichtige, Konturen verwischende Verhalten: Männer, die dauernd ›freundschaftlich‹ umarmten und viel redeten, aber eigentümlich zurückhaltend blieben, wenn es um Erotik, Flirten oder gar um die aktive Realisierung sexueller Wünsche ging [.... Der ›starke Mann‹ in schwarzer Lederjacke hatte gute Chancen auf dem Beziehungsparkett. Der Softie stand eher für die Hippie-Tradition und eine in der Sackgasse gelandeten Identitätsverwirrung.«17 Die Männerwelt jedenfalls ist verunsichert. »Der Aufbruch der Frauen hat die Männer aus ihrer jahrhundertealten Rollensicherheit gerissen. Seither müssen sie sich, ob sie wollen oder nicht, zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte mit sich selber auseinandersetzen. Ohne die Frauenbewegung und den Feminismus gäbe es diese Herausforderung für Männer so nicht.«18 Der Anspruch an sich selbst, Haupternährer der Familie zu sein, Karriere zu machen und sich in der Leistungsgesellschaft durchsetzen zu müssen, ist ungebrochen. Gleichzeitig gibt es Ansprüche von außen: Der Mann soll gut verdienen, in der Familie als einfühlsamer Partner und liebevoller Vater präsent sein, sich im Haushalt engagieren und vieles mehr. Männer versuchen nun häufiger, den Frauen zu gefallen
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und deren Ansprüchen gerecht zu werden; so finden sie aber kaum zu männlicher Identität und zu Authentizität. Manche Frauen wünschen sich einen »Alpha-Softie«. Er soll also gleichzeitig stark und sanft sein. Dieser Spagat stellt für Männer eine große Herausforderung dar und führt mitunter zu Überforderung und Verunsicherung. Männer machen es sich aber auch selbst schwer, wenn sie glauben, sich nicht schwach und verletzlich zeigen zu dürfen, keine Angst haben zu dürfen, immer cool und überlegen sein zu müssen. Das ist anstrengend und kaum gesund.
was ist männlich? die neue österreichische studie von Zulehner und Steinmair-Pösel
(2014) spiegelt teilweise eher traditionelle Frauen- und Männerbilder wider: Für mehr als ein Drittel der befragten Frauen ist der Mann mehr der kinderliebende fürsorgliche Familienernährer mit Erwerbsarbeit.19 Für einen kleinen Teil der Männer ist die Traumfrau immer noch die fürsorgliche Hausfrau. Frauen werden aus traditioneller Sicht und dem gängigen Klischee entsprechend häufig als gepflegter, gefühlvoller, mitfühlender, erotischer, geselliger, redefreudiger, sanfter und ängstlicher beschrieben als Männer, während Männer als stärker, selbstbewusster, logischer denkend, leistungsbewusster, aktiver, willensstärker, selbständiger, sicherer, ungepflegter, gefühlloser, weniger mitfühlend, gewalttätiger, unerotischer, ruhiger und tapferer angesehen werden. Die jeweilige Zuordnung dieser Eigenschaften hat sich in den letzten 20 Jahren eher noch verstärkt. Moderne Frauen sehen allerdings die Eigenschaften selbstbewusst, selbständig, logisch denkend, aktiv und stark auch als typisch weibliche Eigenschaften. Während sich also das Eigenschaftsset von Frauen beträchtlich erweitert hat, ist das männliche gleich geblieben. Auch die Selbst- und Fremdbilder klaffen oft weit auseinander: Wesentlich mehr Frauen als Männer sind der Überzeugung, dass Männer nicht über Gefühle reden können, andererseits glauben mehr Frauen als die Männer selbst, dass Männer eigene Entscheidungen treffen können.
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Während ein Teil der Befragten große Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Eigenschaften sieht, kann eine größere Gruppe wenig Typisches erkennen. Es gibt also eine Vielfalt an Männlichkeitsund Weiblichkeitsbildern in unserer Gesellschaft. Durch die herrschenden Klischees über »typisch männlich« und »typisch weiblich« (zum Beispiel Männer sind rational, Frauen emotional) fühlen sich viele Frauen und Männer zu recht diskriminiert. Denn es gibt viel weniger »natürliche« Unterschiede zwischen Männern und Frauen, als uns vermittelt wird. Cordelia Fine bringt in ihrem Buch »Die Geschlechterlüge«20 unzählige Beispiele, welche subtile Macht die Vorurteile über Männer und Frauen haben und wie Geschlechterstereotype unser Leben nachhaltig beeinflussen.
negative männerbilder männerkritische bücher sind bestseller. Zum Beispiel formuliert Robert
Betz drastisch: »Die meisten Männer sind inzwischen so normal, so angepasst und brav geworden, dass sich die Frauen fragen: ›Und das soll ein Mann sein?‹ Sie laufen mit gelangweilten, ängstlichen oder traurigen Gesichtern durch die Welt, lassen ihre Schultern hängen, können anderen nicht offen in die Augen schauen und sind nicht in der Lage, über ihre Gefühle zu sprechen […] Sie lieben nicht mehr das, was sie tun, und tun selten das, was sie wirklich gerne tun würden.«21 Seiner Meinung nach unterdrücken Männer von Kindheit an ihre Gefühle von Angst, Trauer, Wut, Ohnmacht, Schuld und Scham, Neid und Eifersucht. In der Folge schlägt der Körper Alarm und reagiert etwa mit Gelenksschmerzen, Bandscheibenvorfall, Tinnitus, Hörsturz, Herzrhythmusstörungen und gar Infarkt. Extremer Sport soll Selbstbewusstsein und Sicherheit ausstrahlen. Männer setzen sich unter Erfolgsdruck und haben gelernt, durchzuhalten und ihre Schwächen und Schmerzen zu verdrängen. Erst wenn sie Depressionen oder Panikattacken haben, wenden sie sich ihrem Innenleben zu oder versuchen es mit Ablenkungen. »Tagsüber funktionieren und spuren sie, so gut es geht, und abends mutieren sie an der Türschwelle entweder zum kleinen Jungen, zum Elefanten im Porzellan
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laden oder zum Tyrannen, der in den eigenen vier Wänden seiner unterdrückten Wut freien Lauf lässt. Den Vorwürfen und Forderungen ihrer Frauen fühlen sie sich meist hilflos und schuldbewusst ausgeliefert […] flüchten in Schweigen und Resignation, in den Keller, in die Garage, vor den Bildschirm von TV oder PC oder in eine der vielen Süchte. Dort suchen sie vergeblich die Leere zu füllen, die sich in ihnen breit gemacht hat.« 22 Oder sie stürzen sich in die Arbeit, um Bestätigung und Anerkennung zu bekommen. Sie »marschieren und funktionieren wie seelenlose Wesen, wie Roboter, als Rädchen in einem Getriebe, das sie im Grunde hassen, und haben nicht das Gefühl, ein freier Mann zu sein. Selbst im Bett plagt sie der Leistungsdruck. […] Und da sie nie gelernt haben, ihr Herz zu öffnen und jemandem auszuschütten, verzweifeln immer mehr hinter den dicken Mauern ihres Herzens und finden keinen Ausweg, bis dann Körper oder Psyche sie in die Waagrechte zwingen, damit sie endlich nach innen gehen und aufwachen. Oder die Männer verzweifeln vollends und nehmen sich das Leben.«23 Diese Formulierungen mögen vielleicht aufrütteln, verallgemeinern aber zu sehr und werden dem einzelnen Mann nicht gerecht.
abwertung von männern noch mehr wirkt meines erachtens die öffentliche abwertung von
Männern, angefangen von der Lächerlichmachung in TV-Familienserien, in Filmen (zum Beispiel »Der bewegte Mann«), Groschenromanen (wie »Beim nächsten Mann wird alles anders«), in einschlägigen Büchern, Artikeln und in der Werbung. Der Männerforscher Walter Hollstein24 spricht etwas pointiert sogar von »Misandrie«, also von Männerhass. »Eine zentrale Rolle haben dabei Werbung und Unterhaltungsindustrie gespielt. Beliebte Figuren in der Comedyszene waren der ›Frauenversteher‹, der ›Sitzpinkler‹ und das ›Weichei‹.«25 In der Medienlandschaft wird das Männliche skandalisiert durch negative Schlagzeilen von sexgierigen Machtmonstern, Gewalttätern, Verbrechern. Abwertende Slogans vom »faulen Geschlecht« und von der »Vater Morgana« und negative Kommentare über »Gewaltmonster« halten in den Printmedien und im
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Unterhaltungsbereich (Kabarett) den Mythos vom »Mangelwesen Mann« aufrecht. So ging auch der österreichische Liedermacher, Sänger und Entertainer Udo Jürgens mit seinem satirischen Song »Der Mann ist das Problem« mit den Männern hart ins Gericht.26 Aber es gibt nicht »den« Mann oder »die« Männer, sondern viele unterschiedliche Männer mit unterschiedlichen Biografien, Einstellungen und Verhaltensweisen. Und es gibt nicht »die Männlichkeit«, sondern viele »Männlichkeiten«, widersprüchliche Männlichkeitsvorstellungen und individuelle Entwürfe des Mannseins nebeneinander. Gott sei Dank gehören Buchtitel wie »Das Elend der Männlichkeit« oder »Der Untergang des Mannes« der Vergangenheit an. Solche Titel kommen selbst bei Frauen nicht gut an und werden auch dem einzelnen Mann mit seiner individuellen Lebensgeschichte nicht gerecht. Sicher gibt es Männer, die Probleme im Zusammenleben machen, aber sie haben auch Probleme. Männer haben in der Menschheitsgeschichte nicht nur Kriege geführt, sondern auch Positives bewirkt. Denken wir nur an die vielen Erfindungen und Entdeckungen in Physik, Chemie und Medizin, an die unzähligen technischen Errungenschaften, die die Welt verändert haben. Große Philosophen, Dichter, Theologen, Künstler, Musiker, Politiker und Wissenschaftler waren und sind Männer. Nicht zu vergessen die Männer, die tagtäglich schwere körperliche Arbeit leisten.
traditionelle rollenbilder die herkömmlichen rollenbilder befinden sich deutlich im Wandel.
Dennoch wirken sie in vielen Männerköpfen unbewusst weiter. Herb Goldberg27 bringt dies in den »sieben maskulinen Imperativen« auf den Punkt: Je weniger Schlaf ich benötige, je mehr Schmerzen ich ertragen kann, je mehr Alkohol ich vertrage, je weniger ich mich darum kümmere, was ich esse, je weniger ich jemanden um Hilfe bitte und von jemandem abhängig bin,
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je mehr ich meine Gefühle kontrolliere und unterdrücke, je weniger ich auf meinen Körper achte, desto männlicher bin ich.
James M. O’Neil28 hat die traditionellen Rollenbilder in sechs Punkten zusammengefasst: 1. eingeschränktes gefühlsleben: Die Unterdrückung von Gefühlen zeigt sich in Verärgerung, Frustration, Feindseligkeit, Wut und Gewalttätigkeit.
2. homophobie: Angst vor Nähe zu anderen Menschen, Angst, als schwul angesehen zu werden, Abwehr von Homosexualität. Xenophobie und Homophobie gehen oft Hand in Hand.
3. kontroll-, macht- und wettbewerbszwänge: Bereits Jungen lernen früh, ihren Selbstwert über Dominanz- und Konkurrenzverhalten zu bestimmen. Verantwortung, Ethik und Mitmenschlichkeit kommen zu kurz.
4. gehemmtes sexuelles und affektives verhalten: Männer haben Angst, ihre weiblichen Seiten zuzulassen. Dadurch werden Sinnlichkeit, Zärtlichkeit, Intimität und Liebe verhindert, Sexualität wird von den Gefühlen abgespalten und als Leistung betrachtet.
5. sucht nach leistung und erfolg: Männer bestimmen ihr Selbstwertgefühl vorwiegend über die Arbeit.
6. gesundheitliche probleme: Die Sorge um die eigene Gesundheit wird als weiblich konnotiert.
der heldenmythos »Unglücklich das Volk, das Helden braucht!« Bertolt Brecht
ein weiteres traditionelles männerbild ist das Bild vom Helden. Der
Held sucht Aufmerksamkeit und pflegt ein besonderes Image und einen außergewöhnlichen Lebensstil. Er »stellt sich ohne zu zögern der Gefahr,
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dem Schwierigen und Riskanten, ja sogar dem Unmöglichen. Er lässt sich nicht ablenken […]. Er handelt wortkarg, bisweilen stumm. Er handelt ohne Zögern und Zaudern, selbst im Augenblick sicheren Scheiterns. Oft genug begegnet er dem Tod und der ultimativen Niederlage, um beides heroisch zu überwinden. Der Held negiert die Aussichtslosigkeit seines Tuns und vergisst dabei sich selbst. Selbstüberwindung ist sein Markenzeichen. Zwiespältige oder gemischte Gefühlslagen wie Zweifel, Verzweiflung, Mitleid, Reue, vage Schuldgefühle und Angst sind ihm fremd.«29 Ein gutes Beispiel ist die Figur des Siegfried im Nibelungenlied, der »das Fürchten nicht gelernt« hat. Doch der Held, der bereit ist, sein Leben zu opfern, ist besonders gefährdet, wie das Schicksal des Achilles aus der griechischen Mythologie zeigt. Die neuen Helden sind heute die Leistungs-, Extrem- und Risikosportler sowie manche Führungskräfte. Beim Heldentum geht es um Ehre, Selbstbestimmung und Kontrolle. Man sollte mit allem allein fertig werden. Doch gleichzeitig ist die Angst vor einer Niederlage, vor Scheitern und Versagen der ständige Begleiter. Wenn der Druck zu groß wird, ist Suizid – als Heldentod – der letzte Ausweg. Bemerkenswert ist der Anstieg der Suizide bei Börsenspekulanten, Managern und Bankern seit Beginn der Wirtschaftskrise, als sich die Hoffnungen auf große Gewinne zerschlagen haben.30 Der traditionelle Mann sieht sich als Familienernährer und Familiengarant, der Vollzeit berufstätig ist, während die Frau auf den Binnenraum der Familie verwiesen wird und höchstens Zuverdienerin ist. Paul M. Zulehner formuliert das so: »Der Mann sorgt für das Einkommen, die Frau für das Auskommen.« Man könnte auch mit Hans Jellouschek vom »Arbeitsmann« und von der »Familienfrau« sprechen. Traditionelle Männer beteiligen sich in der Regel wenig an der Hausarbeit. Und ihre Frauen fühlen sich, besonders in einer Schwangerschaft und der ersten Zeit mit einem Kind, von ihren Partnern oft alleingelassen. Für den »lonesome cowboy« gelten immer noch die zwei Aussagen: Ein Mann hat keine Probleme. Wenn er Probleme hat, löst er sie allein. Oder wie es Martin Koschorke formuliert: Männer haben keine Probleme. Männer lösen Probleme. Das ist das Problem.31
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Manche Männer versuchen Probleme zu lösen, indem sie sich selbst therapieren: mit Arbeit, Alkohol, Fernsehen, Computer, Sport. Ärger und Wut werden gleichwohl verdrängt; oft bleiben nur innere Spannung und nervöse Unruhe. Im traditionellen Männerbild haben Gefühle, die als nicht kontrollierbar erlebt werden, wie Unsicherheit, Angst, Trauer, Überforderung und Schwäche, sowie Werte wie Sensibilität, Fürsorge und Intuition keinen Platz.32 Und »das klaglose Ertragen von Härte ist bis heute ein Kernaspekt der männlichen Rolle«. 33
männer auf der suche durch die kritik an althergebrachten Männlichkeitsvorstellungen fühlen
Männer sich zum Teil stark verunsichert. Eine Orientierung an klaren Geschlechterrollen scheint nicht mehr möglich. Durch diese Verun sicherung sind manche Männlichkeitsentwürfe prekär geworden.34 Männer spüren deutlich die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Gesellschaft an sie und ihr tatsächlich gelebtes Mannsein; sie versuchen, aus den vorgegebenen Rollenzwängen auszubrechen, und haben sich auf den Weg zu einer »neuen Männlichkeit« gemacht. Der australische Psychologe Steve Biddulph35 schlägt sieben Schritte zur Männlichkeit vor: 1. Komm mit deinem Vater ins Reine und bring ihm die gebührende Achtung entgegen. 2. Entdecke die »heilige Dimension« deiner Sexualität. 3. Betrachte deine Partnerin als ebenbürtig. 4. Beteilige dich aktiv an der Erziehung deiner Kinder. 5. Lerne, echte Männerfreundschaften zu begründen und zu erhalten. 6. Suche eine Arbeit, an der dein Herz wirklich hängt. 7. Dein Innenleben braucht eine spezifisch männliche Spiritualität.
Mit solchen und ähnlichen Fragen werden wir uns in diesem Buch beschäftigen. Jeder einzelne Mann ist aufgefordert, seine Geschlechts
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identität zu konstruieren, zu erfinden. Eine Vision einer gelungenen Männlichkeit könnte sein, sich nicht an Leistung und Besitz orientieren zu müssen, sich nicht mit anderen Männern vergleichen und mit ihnen rivalisieren zu müssen, sich selbst zu lieben und wertzuschätzen, warmherzig gegenüber den Mitmenschen zu sein, Freude am Leben zu haben, achtsam mit der Umwelt umzugehen und Verantwortung zu übernehmen für dies alles. Zu dieser Vision könnte gehören, dass ich mich innerlich frei fühle, dass ich nicht nur sogenannte »männliche« (Männern zugeschriebene) Stärken wie Klarheit, Beständigkeit, Entschiedenheit und Verbindlichkeit lebe, sondern auch sogenannte »weibliche« (Frauen zugeschriebene) Qualitäten wie etwa Einfühlungsvermögen, Mitgefühl, Gemeinschaftssinn. Ich möchte meine Schwächen und meine Verletzlichkeit zeigen dürfen und nicht schamhaft vor anderen verbergen müssen, mein Herz öffnen, auch für meine bisher abgelehnten Gefühle. Dann brauche ich keine Angst mehr vor Frauen zu haben, sie nicht ständig beeindrucken, erobern oder retten zu wollen. Dann werde ich Frauen anerkennen, sie in ihrem Frausein würdigen, ihnen auf Augenhöhe begegnen und ihre Freiheit achten. Im Kontakt mit anderen Männern kann ich dann meine männliche Kraft aufladen und echte Freundschaften knüpfen. Sie können sich nun persönlich folgende Fragen stellen: Wo erlebe ich mich als Mann? Wo sind meine Stärken und Schwächen (Grenzen)? Wie setze ich meine Bedürfnisse durch? Wie grenze ich mich ab? Inwieweit erlebe ich mich als autonom? In welchen Beziehungen erlebe ich mich als abhängig? Wie behandle ich die Partnerin, die Kinder? Wie ist meine Selbstwahrnehmung? Wie hoch ist meine Selbstachtung?
wie steht es mit der emanzipation der männer? viele männer haben bereits begonnen, alte Männlichkeitsvorstellungen
zu verändern und selbst neue Bilder zu entwerfen. Doch wie steht es mit der Emanzipation der Männer im Vergleich zu den Frauen? Der
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Schweizer Pionier der politischen Männerbewegung Markus Theunert36 kritisiert die sogenannten Co-Feministen, die mit ihrer Haltung die eigentliche Emanzipation sabotieren. Das Männliche und das Weibliche werden von den Co-Feministen nicht wertschätzend integriert. Sie sind seiner Meinung nach im Innersten eigentlich verunsicherte Machos, die sich ihrem eigenen Mannsein nicht stellen und sich lediglich nach außen hin als Frauenversteher darstellen. Die Wertschätzung der Frauenemanzipation (»Frauenemanzipation ist eine notwendige und gute Entwicklung«) durch Männer und Frauen hat in den letzten 20 Jahren erheblich zugenommen.37 Aber auch die Emanzipation der Männer wird immer mehr als wichtig erachtet.38 Verständlicherweise ist den Frauen ihre Emanzipation noch wichtiger, als diese den Männern ist. Schließlich bestehen ökonomisch und strukturell immer noch große Unterschiede zwischen Männern und Frauen.39 Bezeichnenderweise hat sich der »Gender Pay Gap« eher noch vergrößert. Frauen stehen auch immer wieder an der »gläsernen Decke« an, wenn es um Karriere geht. Zur Geschlechtergerechtigkeit ist es also noch weit, und es besteht nach wie vor dringender Handlungsbedarf. Aber auch die Männer versuchen sich zu emanzipieren, wenngleich mit anderen Zielen. Denn Männer sind auch Opfer ihrer Hegemonie. Das heißt, sie zahlen für die »hegemoniale Männlichkeit«40 einen hohen Preis. Die Geschlechterrollen-Vorgaben zwingen Männer teilweise immer noch in ein enges Korsett, beispielsweise in die Rolle des Familienernährers und des leistungsstarken Machers. »Die Männer erhalten dafür das ›Privileg‹, mit voller Kraft Erwerbsarbeit zu leisten und entsprechend finanzielle Unabhängigkeit ›genießen‹ zu können. Sie tragen aber auch die Kosten, unter anderem in Form hohen Leistungsdrucks, fehlender Zeit für die Partnerschaft, Familie und sich selbst, somatischer Risiken und emotionaler Leere.«41 Abweichungen von dieser Rollenvorgabe werden als unmännlich angesehen und führen zu Marginalisierung und Abwertung der betroffenen Männer. So werden zum Beispiel in der Schweiz Teilzeit arbeitende Männer gegenüber Männern, die Vollzeit arbeiten, stark benachteiligt.
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