Dr. Martina Mettner
Fotografie mit Leidenschaft Vom Abbilden zum k端nstlerischen Ausdruck
fotofeinkost
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© Fotofeinkost Verlag Dr. Martina Mettner www.fotofeinkost-verlag.de
Lektorat: Dr. Jörg Tykwer Druckproduktion: Annette Völckner | voelckner.de Printed in Germany 1. Auflage 2012
ISBN 978-3-9813869-1-2
Inhalt Vom Knipsen zur Kunst 13 15
Kann ein Foto Geschichten erzählen? Henri Cartier-Bresson nennt sich „Fotojournalist“
Das Fotobuch wird Ausdrucksmedium 22 33 38
„The Americans“ von Robert Frank Walker Evans, Godfather of Modern Photography Dorothea Lange: Migrant Mother, 1936
Der Schnappschuss als Kunstform 46 47 49 50 53 55
Bildbesprechung: Walker Evans, Children playing in the street, New York 1938 Der Zufall als Methode – Walker Evans knipst Walker Evans und Robert Frank Die obsessiven Knipser oder: Street Photography John Szarkowski vom MoMA adelt den Schnappschuss William Eggleston‘s Guide (1976)
Die schlichte Abbildung von Landschaft als Lebenswelt 62 67 70 74 77 79 80 82
Das vorbildliche System des Eugène Atget Heinrich Riebesehls thematische Serie „Agrarlandschaften“ Bildanalyse: Schillerslage (Hann.), Okt. 1978, aus „Agrarlandschaften“ Zwischenbilanz: Arbeitsmodelle „Second Nature“. Landschaftsfotografie im 21. Jahrhundert Bildbesprechung: Comptroller Bay, Nuku Hiva 2011 von Guy Tillim Bildbesprechung: Tautira, Tahiti 2011 von Guy Tillim Die virtuellen Landschaften des Michael Reisch
Augenkontakt: Die großen Porträtisten 84 87 91 95
Paris 1855: Nadar erfindet das moderne Künstlerporträt Köln 1929: August Sander und das „Antlitz der Zeit“ New York 1964: Richard Avedon publiziert „Nothing Personal“ Die Praxis des Porträts
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Porträts von Family & Friends 100 102 107 110
Die eigene Frau als Hauptmotiv Nan Goldin: „Die Ballade von der sexuellen Abhängigkeit“ (1986) Doug Dubois: „All the Days and Nights“ Alex Nelson: „From Here on Out“
Von der Reportage zum Kunstmarkt 112 116 121 122 124 124 127 130
Die deutsche Nachkriegsfotografie: fotoform und ‚Subjektive‘ Otto Steinert – Lehrer an der Folkwangschule in Essen Barrierefreiheit in der Fotografie Das Paradies im Auge: Peter Bialobrzeski Sieht die menschliche Komödie: Massimo Vitali Möglichkeiten versus Anspruchsdenken Taryn Simon: „The Innocents“ (2003) Künstler sind die Magazinfotografen des 21. Jahrhunderts
Wie kommt der künstlerische Ausdruck ins Foto?
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Das Prinzip des Verdichtens Durch Beobachtung & Recherche zur Verdichtung Bildbesprechung: „Arkadia“ #13 von Andreas Meichsner Bildbesprechung: „Bastøy“ von Ilja C. Hendel Das Fotoprojekt Das gute Konzept Shizuka Yokomizo: „Stranger“ Die Bildkontrolle Inszenierung als Verdichtung? Kontrolle durch Bildbearbeitung Ralf Peters: „Tankstellen“ Synthese aus Technik und manuellem Gestalten Andreas Gursky: „F1 Boxenstopp I“ Das bewegte Bild Thomas Demand: „Pacific Sun” Die Bildbetrachtung Typologie der Rezeption
Der Kunstbetrieb 166 168
Was ist eigentlich Kunst – im Idealfall zumindest? Der Kunstmarkt
Die Kunst, sein Glück in der Fotografie zu finden 177 181 183 185 189
„Odo Yakuza Tokyo“ von Anton Kusters „Fish-Work: The Bering Sea“ von Corey Arnold Margarita Broich: „Ende der Vorstellung“ Modelle künstlerischen Arbeitens mit der Kamera Neugier und Genauigkeit im Hier und Jetzt
Praktische Tipps zur Realisierung freier Projekte 192 195 196 198 200 200 202 205 207 208 209 213
... für Fotografen ohne kommerzielle Zwänge „Roadside“ von Yannik Willing Bildbesprechung: „Waidwerk“ von Friederike Brandenburg Der Schaffensrausch Tipps für Werbefotografen Freie Projekte fürs Selbstmarketing Wie Sie ein Thema finden Resümee für Fotojournalisten Zum Beispiel Jodi Bieber Schönheit in der Fotografie Fotografie – Das Rezept! Die Fotografie spiegelt die Haltung zum Leben
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Nachwort Literaturverzeichnis Fotografen-Index
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Dorothea Lange, 1936 in Kalifornien als „Resettlement Administration photographer“ unterwegs beim größten Fotoprojekt aller Zeiten. Library of Congress Prints and Photographs Division Washington, DC | cph 3c28944
Einleitung Die Fotografie ist das Medium, in dem es am leichtesten fällt, etwas Vorzeigbares herzustellen. Der qualifizierte Umgang mit der Ausrüstung ist relativ rasch zu lernen. Folglich konzentriert sich eine ganze Branche auf diesen technischen, mittels Regeln zu vermittelnden Bereich. Fotografie ist aber sehr viel mehr als Handwerk. Immer wieder gelingt es Einzelnen, aus der Menge an Fotografen herauszuragen, weil sie in der Lage sind, eine persönliche Sichtweise umzusetzen, ja mehr noch, die Fotografie als künstlerisches Ausdrucksmittel zu verwenden. Die Leichtigkeit, mit der das Medium Fotografie „beherrschbar“ ist, macht es offenbar umso schwerer, zu einer individuellen Bildsprache zu finden. Und das ist kein exotisches Problem von wenigen Kunststudenten. Sich um einen persönlichen Ausdruck zu bemühen, wird im 21. Jahrhundert für jeden Berufsfotografen wichtiger als je zuvor. Warum? Technisch perfekte Standardware lässt sich zunehmend preisgünstiger rechnen als fotografieren. Was an typischen Motiven nicht zu rendern ist, kann weltweit online erworben werden. In etlichen fotografischen Aufnahmebereichen ist das klassische Know-how gar nicht mehr erforderlich, weil die Bildbearbeitungsprogramme nachträglich jede Art Korrektur und Veränderung selbst Laien ermöglichen. Nicht austauschbar, ersetzbar und verzichtbar ist einzig und allein die individuelle Sichtweise, der persönliche Ausdruck, das, was nur SIE erkennen und visualisieren können. Gleiches gilt, wenn auch weniger nachdrücklich, für alle anderen Fotografierenden. Es gibt keine Unterscheidung in „Profis“ und „Amateure“ mehr. Das ist eine Differenz aus der Zeit der Handwerksverordnung. Heute hat jeder Fotografierende die Möglichkeit, technisch einwandfreie Fotos herzustellen. Doch mit welcher Absicht entstehen die Fotos: Zum eigenen Vergnügen, als künstlerisches Statement, um über ein Ereignis zu berichten oder im Auftrag? Sind sie künstlerisch oder kommerziell? Und selbst wer knallhart kommerziell eingestellt ist, sollte einmal im Jahr ein freies Projekt in Angriff nehmen. Sonst wird das nie etwas mit dem eigenen Stil! Nun fällt eine Vision nicht vom Himmel. Oder, wie Robert Frank im analogen Jahr 1958 so treffend formulierte: „Will der Fotograf Künstler werden, können seine Gedanken leider nicht über Nacht in der Drogerie an der Ecke entwickelt werden.“ Wenn man eines darüber sagen kann, dann, dass es ohne Hirn und Herz nicht funktionieren wird. Aber man steht nicht alleine da. Alle Fotografen, die einen Beitrag zur Bildgeschichte der Fotografie leisteten, haben sich von Vorgängern inspirieren lassen! Nicht zu verstehen, was im eigenen Medium wichtig ist und bereits geleistet wurde, heißt doch, selbst bei Null anzufangen. Man könnte aber auch bei, sagen wir, 50 einsteigen, um am Ende auf 100 zu kommen. Zum Beispiel, indem man dieses Buch liest, in dem Wegweiser aufgestellt werden. Wegweiser heißt: Man kann sich durchschlängeln und das Wesentliche verstehen, ohne sich mit
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endlosen – historischen – Details zu überfrachten. Es geht hier weder um eine vollständige fotografische Stilgeschichte noch um eine Chronologie der Veränderungen, sondern um sinnlogische und genretypische Zusammenhänge anhand von aufschlussreichen Beispielen. Im Grunde also um praktisch anwendbares Wissen für Fotografierende und an der Fotografie Interessierte. Wer neugierig ist, bekommt sicherlich Lust, den einen oder anderen der erwähnten Bildbände zu studieren oder eine thematische Linie weiter zu verfolgen. Es gibt viele Richtungen, die man sich auf der Basis der erläuterten systematischen Zusammenhänge erschließen kann. Die zentrale Frage ist: Wie funktioniert künstlerische Fotografie? Genauer gesagt: Wie funktioniert sie aus Fotografensicht, nicht aus der von Kunsthistorikern, Kuratoren oder Poststrukturalisten? Warum werden einige Fotografen berühmt und weltweit ausgestellt? Warum kann man manchmal auch mit berühmten Fotos gar nichts anfangen? Wenn Fototechnik kaum noch eine Rolle spielt, was dann? Warum ist jemand ein gutes Vorbild und ein ebenso berühmter Fotograf heutzutage nicht mehr? Es geht um inhaltliche Zusammenhänge, die ein tieferes Verständnis des Mediums ermöglichen. Schön wäre es, als Leser eine prinzipielle Offenheit und Neugier mitzubringen, sich in und mit diesem Buch auf eine Entdeckungsreise zu begeben. Und wie das auf Reisen so ist, wird vieles schön und aufregend sein, aber der Weg kommt Ihnen vielleicht bisweilen beschwerlich vor und einige Erkenntnisse sind sicherlich desillusionierend. Sie werden, so viel sei bereits verraten, mittels Fotografie nicht mühelos reich und berühmt. Und Sie werden hier nicht lernen, wie man im landläufigen Sinne „gute“ Fotos macht. Idealerweise werden Sie überhaupt von dem Gedanken lassen, man müsse verkäuflich wirkende Fotografien produzieren. Schön wäre, wenn Sie – spätestens nach der Lektüre – Fotografien in Ausstellungen daraufhin betrachten, was sie Ihnen zu sagen haben und sich eine ernsthafte Meinung bilden. Und wunderbar wäre, wenn Sie für sich entdecken, wie erfüllend es ist, mit Herz und Verstand zu fotografieren, ganz einfach das, was Ihnen wichtig erscheint. Zu Fotografieren, nicht, um „Kunst“ zu produzieren, sondern um anderen etwas zu zeigen, oder um einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit schlicht als Abbild zu bewahren, ist ein wirklich aussichtsreicher Weg zum künstlerischen Arbeiten mit der Kamera. Folgen Sie den Wegweisern durch die faszinierende Welt der Fotografie als Ausdrucksmedium.
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