INSIDE 6

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1. 2012 // Das Konzern-Magazin von ALPINE

PROJEKT

UNTERNEHMEN

CITY PORTRAIT

Volles Rohr

Gesucht – gefunden

Salzburg


Schnittstelle zwischen Alt und Neu SEITE 14


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// 1.2012

Editorial Liebe Leserinnen und Leser,

Andreas Eder ALPINE Marketingleitung

ich war in letzter Zeit ein paar Mal krank. Und damit meine ich wirklich krank, also mit Bettruhe, Medikamenten und Fieber. Dabei bin ich nie krank. Es ist Jahre her, ich kann mich gar nicht mehr erinnern. Möglicherweise als Kind oder Jugendlicher. Also vor sehr langer Zeit. Und ich habe keine Ahnung, wovon ich krank geworden bin. Da es wirklich ungewöhnlich war, war ich natürlich auch verunsichert. Gründe gibt es viele - Allergien, aggressive Viren, der Klimawandel oder einfach Stress. Oder einer von Millionen anderen Gründen. Ich war unsicher, ob ich einen Arzt brauche oder sogar im Krankenhaus vorbeischauen sollte. Unsicher war ich auch, ob denn der Arzt- oder der Krankenhausbesuch unserem Gesundheitswesen weniger Kosten verursachen würde. Wo ich doch eigentlich kerngesund bin. Letzten Endes war ich weder da noch dort. Aber ich gebe zu, in einem Krankenhaus hätt ich gern mal wieder vorbeigeschaut. Aber natürlich lieber nicht meinetwegen, sondern einfach nur so. Die Götter in Weiß, hektischer Betrieb, straff organisierte Abläufe, zufriedene Patienten. So kenne ich das aus meiner Kindheit, wo mir bedauerlicherweise der Blinddarm entfernt werden musste. Und wahrscheinlich ist das immer noch so. Nur der Bedarf wird immer größer. Und die Gebäude werden moderner. Die Anforderungen an Krankenhäuser und Kliniken wachsen stetig. Genau hier kommen wir ins Spiel. Denn irgendwer muss es ja bauen. Und wie das Beispiel des Landesklinikums Mistelbach nördlich von Wien zeigt, wird selten alles plattgemacht und neuer, größer und schöner wieder aufgebaut. Nein, im Normalfall wird bestehende Substanz erweitert. Klingt recht einfach. Was das aber in Wirklichkeit bedeutet, wie es den Alltag bei laufendem Betrieb beeinflusst und wie viel Sensibilität hier gefordert ist, das sollten Sie unbedingt lesen. Ich kann nur so viel sagen, wäre ich dort ins Krankenhaus gegangen, ich hätte nichts gemerkt. Gott sei Dank. Keineswegs so unauffällig verhalten sich die Dinge, wenn es um Bauverträge geht. Schon gar nicht bei internationalen Großprojekten. Angesichts der langen Projektlaufzeiten und der unglaublichen Dimensionen ist es kaum fassbar, dass man die Rahmenbedingungen zweier und oft mehrerer Partner überhaupt juristisch einwandfrei zu Papier bringen kann. Aber es geht – und ist auch unerlässlich. Wie das läuft und worauf geachtet werden muss, haben wir versucht, in dieser Ausgabe annähernd darzustellen. Und eines ist klar, ohne Spezialisten würden wir hier richtig alt aussehen. Diese fehlen leider bekanntermaßen inzwischen an allen Ecken und Enden. Dieser Umstand wirft viele Fragen auf. Wie gewinnt man Spezialisten für das Unternehmen, wie hält man sie und wo findet man sie überhaupt? Wann spricht man eigentlich von einem Spezialisten? Natürlich haben wir die Antworten. Nicht nur darauf. Fragen Sie sich auch ab und zu, woher die Stimme aus Ihrem Handy kommt? Und damit meine ich jetzt nicht, wenn sich jemand versehentlich auf die Wiederwahl setzt oder Ihr Nachname mit „A“ beginnt und Sie ständig versehentlich angewählt werden. Nein, wieso kommt die Stimme Ihrer Frau, Ihres Mannes, Ihrer Freundin oder Ihres Freundes aus dem - wie man so schön sagt - mobilen Endgerät? Wieso ist sie manchmal glasklar und dann wieder weg? Auch auf diese Fragen, selbst wenn Sie sich diese noch nicht gestellt haben, gibt es die Antworten in diesem Heft. Denn Spezialisten in unserem Unternehmen sorgen dafür. Und um sich von all den Fragen und Antworten ein wenig zu erholen, begleiten wir Sie noch durch das schöne Salzburg. Flanieren Sie mit uns durch eine der schönsten Städte der Welt, wo auch ALPINE seinen Firmensitz hat. Der Frühling ist übrigens eine hervorragende Jahreszeit, um dieser Stadt einen echten Besuch abzustatten. Stichwort „Mirabellgarten“. Viel Vergnügen.


// INHALT Das Konzern-Magazin von ALPINE

Weitere Inhalte im Web aktuell auf

Ausgabe 6 / April 2012

INSIDE.alpine.at

Ü

INTERVIEW

06

Alpine in Bewegung – Johannes Dotter stellt sich vor

MARKT

10

Vom Bau für den Bau

PROJEKT

14

Operation Krankenhaus

19

Einblicke

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Volles Rohr

24

Container mit Aussicht

28

Gesucht – gefunden

31

Expats // Singapur

32

Juchtenkäfer müsste man sein

36

Leben in alten Mauern

39

Einblicke

40

Anytime – Anywhere

43

Aufgeladen

44

Salzburg – zu Füßen des Mönchsbergs

47

Einblicke

48

Zurück zur Natur

50

Erbauliches // Daumen hoch für die modernen Gladiatoren

50

Impressum

UNTERNEHMEN

LEBENSRÄUME

INNOVATION

CITY PORTRAIT

RESSOURCEN


05

// TOP-THEMEN

MARKT

Großprojekte im Ausland

Neue Vertragspartner, Unterschiede in der Mentalität und mitunter sogar religiös verwurzelte Rechtssysteme schaffen immer neue, andere Rahmenbedingungen für internationale Bauverträge. Diesen Faktoren müssen sich die Bauunternehmen stellen. „Learning by Doing“ und eine Vertragsbasis für internationale Bauverträge schaffen eine Grundlage.

10 Totalunternehmerschaft

Krankenhausumbau

Es beginnt bei den Grundrissen und hört bei der Psychologie von Menschen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen auf. Beim Umbau eines Krankenhauses muss eine Vielzahl an Faktoren berücksichtigt werden. Vor allem wenn der laufende Krankenhausbetrieb nicht gestört werden soll - und Zeit und Geld eine Rolle spielen.

14 unternehmen

Spezialisten gesucht

Bereits heute fehlen in Europa quer durch alle Berufsgruppen Fachkräfte – vor allem in know-how-intensiven Branchen. Dabei bedeutet gerade am Bau gut ausgebildetes Personal einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil. Unternehmen können entgegensteuern, indem sie die Besten für das Handwerk begeistern – das gelingt nicht nur mit monetären Anreizen.

28 PROJEKTMANAGEMENT

Wellenbewegung

Über den Wolken oder besser gesagt in den Wolken – sogenannten Clouds – werden in Zukunft Daten zur Verfügung stehen. Flächendeckend, auch in den ländlichen Regionen. Dafür braucht es neue Mobilfunkstandards. Und schlagkräftige Unternehmen, die die Infrastruktur planen und einen Rollout umsetzen können, um eine optimale Flächenabdeckung zu erzielen.

40 CITY PORTRAIT

Salzburg

In Schokolade getunkte Marzipankugeln, die nie eroberte Festung Hohensalzburg auf dem Mönchsberg, zahlreiche Kulturveranstaltungen und die kleine, fast kitschige Innenstadt samt dem Schloss Mirabell mit seinem verspielten Garten locken das ganze Jahr über Besucher an. Im Schnelldurchlauf erkunden lässt sich die überschaubare Innenstadt jedoch nicht.

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06

// INTERVIEW

Alpine in Bewegung – Johannes Dotter stellt sich vor

INTERVIEW Er will gestalten und motivieren: Der 51-jährige Baumanager Dipl.-Ing. Johannes Dotter leitet seit Jahresanfang den ALPINE Konzern. Im Interview spricht er über seine Ziele, Chancen für das Unternehmen und seine Freude am Umgang mit Menschen. // Claudia Lagler

Sie stehen seit einigen Wochen an der Spitze des ALPINE Konzerns. Was hat Sie in dieser Zeit am meisten überrascht? Die Bereitschaft zur Veränderung. Die Menschen in diesem Unternehmen wollen etwas bewegen. Was hat Sie gereizt, diese Aufgabe zu übernehmen? Es ist sehr ehrenvoll, die Leitung des zweitgrößten Bauunternehmens in Österreich zu übernehmen. Ich kann mein Wissen, meine Erfahrung einbringen und viele Ideen umsetzen. Es macht Spaß, gestalten zu können.

Welche Rolle hat Ihre Familie bei der Entscheidung gespielt? Ich habe das Angebot natürlich mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern besprochen, sie unterstützen mich. Wenn man in einer Führungsposition vollen Einsatz bringen muss, ist der Rückhalt in der Familie sehr wichtig. Was macht das Besondere an ALPINE für Sie aus? Es ist die Dualität zwischen einem in Österreich stark verwurzelten Bauunternehmen und der Zugehörigkeit zu einem internationalen Konzern und dem damit verbunde-

nen Wachstum. Im Kern ist ALPINE ein sehr gut aufgestellter Baumeisterbetrieb mit ausgezeichnetem Know-how. Wo sehen Sie für den Konzern die größten Herausforderungen? Die Werte der ALPINE – gewinnbringend und kosteneffizient zu arbeiten, Sparsamkeit und die absolute Orientierung an den Wünschen des Kunden mit den Anforderungen eines internationalen Konzerns in Einklang zu bringen. Und natürlich geht es darum, Marktentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und schneller zu sein als die anderen.


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08

// INTERVIEW

»Ich möchte, dass wir unter die Top 3 in Europa kommen.«

Mit welchen Marktentwicklungen rechnen Sie? Ich denke, dass wir in den Kernmärkten Österreich und Deutschland in den nächsten Jahren einen rückläufigen Markt haben werden. Die öffentliche Hand muss sparen, es gibt weniger Geld für große Infrastrukturprojekte. Solche Entwicklungen bieten auch Chancen, die wir nützen werden. In welchen Regionen sehen Sie Wachstumspotenzial? In Ost- und Südosteuropa wird die Europäische Union auch weiterhin viel Geld für die Finanzierung der Infrastruktur zur Verfügung stellen. In diesen Märkten müssen wir uns gegen lokale Mitbewerber durchsetzen und sehr stark auf das Risikomanagement achten. Außerhalb Europas sehe ich im Fernen und Mittleren Osten viele Möglichkeiten für uns, mit Erfahrung und Spezialwissen zu punkten. Eines ist klar: Wir werden Chancen ergreifen, aber sicher nicht um jeden Preis.

johannes dotter

Für welchen Baubereich orten Sie große Entwicklungsmöglichkeiten?

Dipl.-Ing. Johannes Dotter wurde 1961 in Wien

Die Verbindung des Bauens mit Energiefragen wird immer wichtiger. Der Umstieg auf alternative Energieformen, der Transport von Energie, die Nutzung von Solaroder Windstrom, der Ausgleich von tageszeitlichen Schwankungen im Verbrauch: All das sind Themen, die viel Potenzial haben und wo wir mit ALPINE-ENERGIE sehr gut aufgestellt sind.

geboren, er absolvierte die HTL Mödling und danach das Studium Bauingenieurwesen – Baubetrieb und Bauwirtschaft an der Technischen Universität Wien. Seit 1987 ist er in der Baubranche, seit Jahresanfang 2012 Vorsitzender der Geschäftsführung der ALPINE Holding GmbH. Dotter ist mit der Architektin Gabriela Dotter verheiratet und Vater von zwei Töchtern: Laura und Natalie.

ALPINE-Gründer Dietmar AlutaOltyan hat kürzlich seine Anteile an den FCC-Konzern verkauft. Was bedeutet das für das Unternehmen? Das ist natürlich eine große Veränderung. Wir müssen viel lernen, um seine Erfahrung zu kompensieren. Er wird uns aber auch weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen. Welche Ziele haben Sie sich für die nächsten Jahre gesetzt? ALPINE soll eingebettet in den Gesamtkonzern FCC einer der großen Player im Baugeschäft in Mitteleuropa sein. Ich möchte, dass wir unter die Top drei in Europa kommen. Das werden wir nur erreichen, wenn wir uns auf das konzentrieren, was wir gut können und wir exzellent in der Ausführung sind. Es braucht effiziente Prozesse, ein vernünftiges Risikomanagement, eine hohe Liquidität und die Freude an der Weiterentwicklung. Sie leben in Wien, ALPINE ist ein Salzburger Unternehmen. Wird die Zentrale auch in Zukunft in Salzburg bleiben? Natürlich, ALPINE bleibt ein Salzburger Unternehmen. Es wäre wirtschaftlich und inhaltlich unvernünftig, daran etwas zu ändern. Sind Sie persönlich eher ein Teamplayer oder ein Einzelkämpfer? Als Konzernchef muss man beides sein: Ohne ein Team kann man nichts bewegen. Es ist aber auch Teil meines Jobs, Entscheidungen


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allein zu treffen und sie zu verantworten. Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben? Fordernd, motivierend, unterstützend, verlässlich und mit einem Schuss Pragmatismus. Sie sind seit 25 Jahren in der Baubranche. Ist es in Ihrer Karriere immer linear nach oben gegangen oder hat es auch Brüche und Enttäuschungen gegeben? Es gab Phasen, in denen es nicht so schnell und reibungslos gegangen ist, wie ich mir das gewünscht hätte. Ich würde das aber eher als Seitwärtsbewegungen beschreiben. Es waren Zeiten, in denen ich nachdenken und mich neu orientieren konnte. Sie haben Ihre Ausbildung an einer HTL gemacht, dann an einer technischen Universität studiert. War es immer klar, dass Sie in die Baubranche wollen, oder war das eher ein Zufall? Mein Vater war in der Baubranche und hat mich schon als kleines Kind oft auf Baustellen mitgenommen. Die Erinnerung daran hat mich bewogen, eine HTL zu machen. Nach

der Matura war ich ein paar Monate in einem Architekturbüro. Da ist mir rasch klar geworden, dass mich weniger das Planerische, sondern vor allem der Baubetrieb interessiert. Der Fokus lag bei mir klar auf der Wirtschaft. Was fasziniert Sie daran? Ich mag das Miteinander auf der Baustelle, den Umgang mit Menschen. Von der Planung über die Ausführung bis hin zur Übergabe des Objekts an den Kunden – diese Gesamtheit macht es spannend. Sie haben zwei Töchter. Spielen sie lieber mit Puppen oder mit Lego Technik? Meine Frau ist Architektin, es gibt also eine gewisse Technikaffinität in der Familie. Ich versuche meinen Kindern eine breite Palette an Möglichkeiten zu zeigen. Sie müssen dann selbst entscheiden, wohin sie einmal gehen wollen. Sehen Sie einen Vormarsch der Frauen in technischen Berufen? Ich glaube, es ist der Zug der Zeit, dass Frauen in diesem Bereich stark aufholen. Ich bemühe mich, Frauen zu fördern.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit? Mit Reisen und Lesen. Und vor allem mit meiner Familie. In den vergangenen Jahren haben wir zu Weihnachten immer große Reisen unternommen. Wir waren in Australien, in Südafrika, im asiatischen Raum. Ich möchte meinen Kindern etwas von der Welt zeigen und ihnen damit neue Horizonte öffnen. Diese gemeinsamen Reisen machen uns allen sehr große Freude. Und was lesen Sie gerade? „Der Hund aus Terracotta“ von Andrea Camilleri ist derzeit meine Entspannungslektüre. Als Sachbuch habe ich mit „Tatort Hypo Alpe Adria“ begonnen. Und dann lese ich natürlich auch immer Fachliteratur, um am Laufenden zu bleiben. Womit kann man Ihnen Freude machen? Mit Engagement, Verlässlichkeit und guten Ideen. Und was mögen Sie gar nicht? Unehrlichkeit. Danke für das Gespräch! //


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// MARKT

BAUVERTRÄGE Bauaufträge im Inland realisiert man meist mit Stammpersonal, bekannten Projektpartnern und in der Regel auf der Grundlage heimischen Rechts. Bei Baugeschäften im Ausland werden Vertragspartner und Mentalitäten immer wieder neu zusammengewürfelt. Mit den Gepflogenheiten, beginnend bei Auftragsvergabe über Rahmenbedingungen bis zur Bauabwicklung, vertraut zu werden, erfordert Zeit. Internationale Standard-Bauverträge erleichtern die rechtliche Auftragskomponente. // Karin Legat

vom bau für den bau


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E

ine Industrieanlage in Abu Dhabi, der Gotthard-Basistunnel in der Schweiz, Stadien in Polen für die Fußball-EM oder U-Bahn-Baulose in Singapur und in der Londoner City – all das sind aktuelle Großprojekte von ALPINE Bau, für die es internationaler Bauverträge (IBV) bedarf. „Im IBV finden sich im Wesentlichen alle Elemente des nationalen Bauvertrags. Es gelten jedoch andere Detailrahmenbedingungen, beginnend beim Arbeitsrecht und endend in der Gewährleistung“, informiert Univ.Prof. Dr. Andreas Kropik von der TU Wien, Institut für interdisziplinäres Bauprozessmanagement. „Wer das erste Mal in einem anderen Land arbeitet, bezahlt im Regelfall Lehrgeld“, zeigt Kropik auf, der neben seiner universitären Laufbahn ein bauwirtschaftliches Beratungsunternehmen führt. „Wir leben nach der mitteleuropäischen Mentalität, die gibt es im EU-Ausland nicht, oft nicht einmal in der EU. In Saudi-Arabien wickeln Vertragspartner Geschäfte anders ab als in Russland.“ Diesen Faktoren müssen sich Bauunternehmen stellen. Geänderte Rahmenbedingungen auSSerhalb Europas

„Es gibt Erfahrungspotenzial. Teil des Risikomanagements muss es sein, Vergleichsprojekte zu untersuchen, Fehler aufzudecken und auf das eigene Projekt umzulegen“, betont Kropik. „Die rechtlichen Gegebenheiten sind außerhalb Europas generell schwierig“, ergänzt Klemens Einspieler, Leiter der Rechtsabteilung von ALPINE Bau. „Teilweise sind die Systeme sogar religiös verwurzelt, wie in der Scharia. Die Hauptschwierigkeit ist

das Erkennen der zwingend einzuhaltenden Rahmenbedingungen, die auch nicht durch eine anderslautende vertragliche Vereinbarung mit dem Auftraggeber abbedungen werden können. Das beginnt mit der Klärung, ob geeignetes Personal vor Ort vorhanden ist bzw. eigenes Personal vor Ort gebracht werden kann und ob bzw. wie Material und Geräte eingeführt werden können, dem Zollsystem und der Bezahlung. Dazu kommt auf jeder Baustelle die kulturelle Komponente.“ Der Zusammenarbeit mit ausländischen Vertragspartnern steht Einspieler aufgeschlossen gegenüber. „Generell habe ich sehr unterschiedliche Verhaltensmuster und kulturelle Fragestellungen erlebt. Das hängt auch davon ab, ob öffentliche Auftraggeber wie Ministerien und Beamte oder private Investoren Vertragspartner sind.“ Faktor Zeit

Bei internationalen Bauvorhaben bildet der Faktor Zeit einen wesentlichen Part. „Die Bauzeiten sind sehr knapp bemessen“, informiert Einspieler. „Wenn man sich den Lebenszyklus eines Gebäudes ansieht, ist die Phase von Vorplanung, Entwurf und Projektentscheidung durch den Bauherrn relativ lang, danach folgen die Bau- und die Nutzungsphase. Bauherren wollen die Bauzeit daher immer kurz halten, weil sie nach der langen Vorlaufzeit rasch ein nutzbares Projekt verfügbar haben wollen.“ Hier spielt der internationale Standardbauvertrag F.I.D.I.C. einen seiner Vorteile aus. „Durch Standardvertragsklauseln, die mittlerweile internationalen Baustandard darstellen, wird das Handling stark vereinfacht. F.I.D.I.C. stellt kein national vorgeschriebenes Vertragsmuster dar, als Basis für internationale Großaufträge wird

F.I.D.I.C.-VERTRAGSTYPEN F.I.D.I.C. ist nicht projektspezifisch, es gibt mehrere Vertragstypen. Ein wesentliches Unterscheidungskriterium liegt in der Planungsverantwortung. Red book Die Planung wird vom Auftraggeber beigestellt. Typisches Beispiel sind laut CMS klassische Bauprojekte. Yellow book Das Vertragsmuster ist geprägt durch das Schlagwort Design-&-Build und wird vor allem bei elektro- und haustechnischen Anlagen eingesetzt. Silver book Der Auftragnehmer ist zu funktionaler Leistungserbringung verpflichtet. Das silver book eignet sich besonders für Turnkey-Projekte. Neben diesen drei Kernkonzepten liegt F.I.D.I.C. in folgenden Vertragsmustern auf: Green Vertragsmuster für einfachere Bauvorhaben mit geringem Auftragsvolumen und kurzer Bauzeit White regelt vertragliche Beziehungen zwischen Ingenieuren/Architekten und Auftraggebern Blue Vertragsmuster für Bauprojekte mit Einsatz von schwerem Gerät und erschwerten Witterungsbedingungen Gold regelt komplexe Vertragskonstellationen, in denen Planungsleistung, Bauleistung und Betrieb einer Anlage beauftragt werden

F.I.D.I.C. „Red Book“ – Die Vertragstypen unterscheiden sich in der Art des Bauvorhabens, für das sie verwendet werden.

„Teil des Risikomanagements muss sein, Vergleichsprojekte zu untersuchen, Fehler aufzudecken und auf das eigene Projekt umzulegen“ Univ.-Prof. Dr. Andreas Kropik


12

// MARKT

30 sec.

// F.I.D.I.C. Finanzierung und Institutionen

Das ist vor allem für Aufträge wichtig, die von der Weltbank und anderen multilateralen Entwicklungsbanken (EBRD) bzw. der Europäischen Union (ISPA) finanziert werden. Viele nationale und multilaterale Entwicklungsbanken empfehlen F.I.D.I.C.-Vertragswerke im Rahmen ihrer Kredit- und Vergabebedingungen (siehe z. B. die SBDW der Weltbank). Solche Aufträge werden daher regelmäßig auf der Grundlage von F.I.D.I.C.-Vertragsbedingungen ausgeschrieben und abgewickelt. F.I.D.I.C.-Vertragswerke haben als Teil der Vergabebedingungen für Entwicklungshilfeprojekte, vor allem in Afrika und Asien, große Bedeutung gewonnen. Aber auch die Europäische Union und andere Einrichtungen empfehlen für die von ihnen geförderten Vorhaben diese Vertragsbedingungen. In vielen Teilen Osteuropas, Afrikas und Asiens ist F.I.D.I.C. daher Standard für Straßenbau, Dammbau etc. Genutzt wird insoweit das F.I.D.I.C.-Red Book (Aufmaß- und Einheitspreisvertrag). In manchen Regionen (Osteuropa) und manchen Ländern (z. B. Dubai, Vietnam, Abu Dhabi, Qatar, Rumänien) werden inzwischen regelmäßig F.I.D.I.C.-Bedingungen eingesetzt. Rumänien hat eine Lizenz von F.I.D.I.C. erworben, um zukünftig regelmäßig F.I.D.I.C.-Vertragsbedingungen nutzen zu können, vor allem für Infrastrukturvorhaben. Quelle: www.germanfidicseminare.de

es aber von immer mehr Unternehmen genutzt. Auch mit viel Erfahrung greift man gerne auf derartige Muster zurück, schon allein aus dem Grund, um nichts zu vergessen“, berichtet Nikolaus Weselik von der Anwaltskanzlei CMS Reich-Rohrwig Hainz.

„F.I.D.I.C.-Verträge sind bei uns noch nicht so ins Bewusstsein gerückt. Der Beratungsbereich ist noch lange nicht abgedeckt.“ Dr. Nikolaus Weselik

Bei GroSSprojekten setzen Investoren auf bekannte Vertragsmuster

Als Vertragsschablone wird die Genfer Norm von der Weltbank und anderen Großfinanciers herangezogen. „Bei Großprojekten wollen die Investoren auf Vertragsmuster zurückgreifen, mit denen sie schon viel Erfahrung haben und die als sicher

und zuverlässig gelten“, erklärt der Anwalt. „Wenn man auf bewährten Vertragsvorlagen aufbaut, muss man sich im Fall des Scheiterns eines Projekts zudem nicht den Vorwurf gefallen lassen, dass die falsche Vertragsstruktur gewählt wurde. Mit F.I.D.I.C. kann der eigentliche Vertrag mit dem Bauherrn zudem relativ kurz ausfallen.“ Die spezifischen Vertragspunkte wie etwa ein besonderes Haftungsrecht und spezielle Dokumentationserfordernisse werden in den particular conditions geregelt. Die general conditions umfassen unter anderem die Definition der Vertragsparteien, Regelungen über Verzug, Gewährleistung, Leistungsänderungen, Vertragspreis, Materialien und technische Ausführung, Nachtragsforderungen, Grundsätze der Haftung, Versicherung sowie Rechtsstreitigkeiten. Letztere werden nicht vor nationalen Gerichten ausgetragen, sondern vor einem Schiedsgericht. „Die Erfahrung zeigt, dass die ordentliche Gerichtsbarkeit vor allem in Entwicklungsländern nicht ausreichend entwickelt ist. Vor diesem Hintergrund wurde eine Schiedsklausel in den F.I.D.I.C.-Vertrag aufgenommen.“

lung stellt für Paul Luiki von fellner wratzfeld partner den größten Kernbereich dar. Das hängt mit dem Volumen von Großprojekten zusammen. „Oft bin ich mit ausgefallenen Jurisdiktionen konfrontiert. Ansprüche einzuklagen und durchzusetzen ist bei internationalen Verträgen noch schwieriger als im nationalen Recht. Einen Bauprozess im Ausland zu führen bedeutet oftmals ein Ding der Unmöglichkeit verglichen mit dem gut funktionierenden österreichischen System, das in vertretbarer Zeit zu einer Lösung führt“, ergänzt Weselik. Entscheidend sind zudem die unterschiedlichen nationalen Regelungen für Haftung und Gewährleistung. „Es gibt Länder, in denen weitreichende vertragliche Freiheit bezüglich der Gewährleistungspflicht herrscht. In anderen herrschen dagegen strikte gesetzliche Vorgaben“, so Einspieler. „In Rumänien gibt es etwa eine generelle 10-jährige Gewährleistungspflicht, die vertraglich nicht eingeschränkt werden kann. Darüber hinaus haftet das Bauunternehmen für strukturelle Schäden während der gesamten Lebensdauer des Gebäudes.“

International Risk

„In unserem nationalen Bauvertragsrecht gibt es verdichtetes Know-how, im internationalen ist man oft noch im weniger griffigen Bereich unterwegs. F.I.D.I.C.-Verträge sind bei uns noch

Risikomanagement genießt im internationalen Baugeschäft besondere Bedeutung. Die Risikozutei-

IBV-Zukunft


13 nicht so ins Bewusstsein gerückt“, bedauert der CMS-Anwalt. In diesem Zusammenhang verweist er auf eine F.I.D.I.C.-Seminarreihe des Linde Verlags. Auch das ARS, die Akademie für Recht, Steuern und Wirtschaft, bietet ein F.I.D.I.C.-Seminar an. „Der Beratungsbereich ist noch lange nicht abgedeckt“, zeigt Weselik auf. „Das wird sich aber in den nächsten Jahren ändern.“ Große Bauunternehmen stützen sich gerne auf Fachexpertisen, externe juristische Unterstützung wird vor allem bei spezifischen Fragen etwa zu möglichen Rechtsstreiten oder zur Beweissicherung beigezogen. Neben den anwaltlichen Dienstleistungen können Unternehmen vertragsrelevante Informationen ferner bei den Außenhandelsstellen der WKO einholen. „Es empfiehlt sich zudem, Personen mit ins Boot zu holen, die die Lage vor Ort kennen“, rät Kropik. „Ansässige Subunternehmer erleichtern die lokale Auftrags-

abwicklung“, bestätigt Luiki. Und Einspieler ergänzt: „Durchgängig erforderlich ist die Kooperation mit einem lokalen Anwalt, um eine seriöse Einschätzung der rechtlichen Risiken vornehmen zu können.“ Michael Hecht von fwp hat noch einen Tipp im Zusammenhang mit UVPs. „Unternehmen kümmern sich immer zu spät um Umweltverträglichkeitsprüfungen. Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVPs) sind natürlich eine gewisse Routinesache. Hier müssen rechtzeitig einschlägig ausgebildete Fachleute herangezogen werden Bauexperten für Bauunternehmen.“ Einschlägige und bewährte Muster für internationale Bauverträge gibt es seit Jahrzehnten. //

Ü

www.fidic.org

AUSLANDSANTEIL DER BAULEISTUNG 2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

SHORTCUT internationale alpine groSSprojekte Wasserkraftwerk Tsankov Kamak, Bulgarien: Speicherkraftwerk mit einer 130 Meter hohen Staumauer mit 457 m Kronenlänge // EM-Stadien, Polen: drei Stadien für die Fußball-EM 2012 in Polen (Bild 1) // Donaubrücke bei Beska, Serbien: Bau einer Zwillingsbrücke zwischen Novi Sad und Belgrad (Bild 2) // Autobahnabschnitt Arad Nadlac Lot 2, Rumänien: zweispurige Autobahn mit einer Länge von rund 16,6 Kilometern //

1

Tapovan Vishnugad Headrace Tunnel (HRT), Indien: Bau des Triebwasserstollens für ein Wasserkraftwerk in Tapovan am Fuße des Himalayas // Pinglu Tunnel: Tunnelausbruch, Betonauskleidung, Verfüllung und Injektionsarbeiten eines 25 km langen Tunnels des Yellow River Projects // Metro Delhi AMEL-C6, Indien: Planung und Bau einer Tunnelröhre von ca. 2,4 Kilometern Länge // Metro Singapur Baulos C917 und C918, Singapur: drei neue Metrostationen und eingleisige Metrotunnel mit einer Länge von 5,72 km (TBM) und 445 m in offener Bauweise //

2

30+70+M 36+64+M 38+62+M 63+37+M 43+57+M 49+51+M 52+48+M 55+45+M 30%

€ 556 Mio.

36%

€ 688 Mio.

38%

€ 764 Mio.

63%

€ 1.409 Mio.

43%

€ 1.123 Mio.

49%

€ 1.701 Mio.

52%

€ 1.763 Mio.

55%

€ 1.763 Mio.


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// PROJEKT


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KRANKENHAUSBAU Ein Krankenhaus-Umbau bei laufendem Betrieb gehört mit zu den größten Herausforderungen der Baubranche. Auch weil davon im besten Fall niemand so richtig Notiz nehmen soll. // Michael Kriess

d

er Krankenwagen schlittert mit quietschenden Reifen und heulender Sirene die Zufahrt zur Notaufnahme heran. Die Türen öffnen sich noch bevor er zum Stillstand gekommen ist, heraus springen Sanitäter und Notarzt. Während die Trage mit dem Schwerverletzten in höchster Eile und mit präzisen Griffen aus seinem Inneren hervorgeholt wird, eilen bereits weitere Einsatzkräfte zu Hilfe. Hoch konzentriert werden

knapp gefasste Fragen und Antworten über den Zustand des Patienten ausgetauscht, während er in rasender Eile durch ein Gewirr an weiteren Patienten, Angehörigen und Krankenhauspersonal zielsicher in den OP geschoben wird. Gut aussehende Chirurgen warten dort schon mit souveräner Lässigkeit auf ihre nächste Herausforderung. So sieht Krankenhausalltag aus. Zumindest im TV. Seit vorwiegend

US-amerikanische Ärzte in heimischen Wohnzimmern beinahe allabendlich praktizieren. Mit der – heimischen - Realität haben deren Arbeitsplätze in etwa genauso viel zu tun wie „CSI Miami“ mit dem Polizeirevier ums Eck. Was nicht heißt, dass in unseren Krankenhäusern Langeweile herrscht. Ganz im Gegenteil. Die Komplexität der Abläufe, die ein reibungsloser Betrieb erfordert, ist mindestens


16

// PROJEKT

Die Architekturprofessorin Christa Illera bereitet Architekten

Modell des neuen Landesklinikums Weinviertel

darauf vor, Krankenhäuser zu entwerfen.

genauso spannend wie Hollywoods Herz-Schmerz-Dramen in weißen Kitteln. Planerische Spitzenleistungen

Bei der Krankenhausplanung müssen schon beim Grundriss alle Eventualitäten einkalkuliert werden.

Der noch bestehende OP-Trakt des Krankenhauses, der nach Fertigstellung in den Neubau übersiedelt wird

Etwa für Christa Illera. Die Architekturprofessorin der Technischen Universität Wien ist eine der ganz wenigen in diesem Land, die Architekten darauf vorbereitet, Krankenhäuser zu entwerfen. Man muss ihr nur wenige Minuten lauschen, um zu erkennen, dass dies eine Aufgabe ist, die mehr als „nur“ die architektonischen Fähigkeiten erfordert, einen Großbau zu planen. Eine Unzahl von Faktoren muss einkalkuliert werden und die Frage drängt sich auf, wie deren Berücksichtigung gelehrt und erlernt werden kann, so verschieden sind sie.

Es fängt an bei den Grundrissen und hört auf bei der Psychologie von Menschen mit unterschiedlichsten Ansprüchen. „Sie wollen eine gute Verkehrsanbindung und eine optimale Lage der Küche und Verwaltung. Dazu möglichst kurze Wege bei gleichzeitig maximaler Raumnutzung. Eine möglichst geringe Außenfläche, denn das bedeutet geringere Heizkosten, bei gleichzeitiger möglichst guter Beleuchtung mit natürlichem Licht. Zukünftige Erweiterungen sollen möglichst einfach vorzunehmen sein und natürlich soll der Bau alle rechtlichen Vorschriften – vor allem hygienische – erfüllen und nicht Unsummen verschlingen. Und wenn Sie an all diese technischen Parameter gedacht haben, dann stehen Sie erst vor der wahren Komplexität des Vorhabens. Der

Psychologie derer, für die überhaupt gebaut wird: und das sind neben dem Krankenhauspersonal in allererster Linie Patienten und unterschiedlich schwer erkrankte Menschen. An ihren Bedürfnissen muss sich jeder Krankenhausbau orientieren.“ Besondere Bedürfnisse

Alleine die Hygienevorschriften für den Bau einer Krankenanstalt weisen verständlicherweise Telefonbuchdicke auf. Hinzu kommen rechtliche Vorgaben wie das Arbeitnehmerschutzgesetz. In ihm wird etwa geregelt, dass in Räume, in denen Menschen mehr als 4 Stunden am Tag Arbeit verrichten, Tageslicht eindringen können muss. Gerade OP-Teams würde die immer gleiche, ermüdende Intensität künstlichen Lichts die erforderliche


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Bei laufendem Betrieb wird an den Altbestand angebaut.

Konzentration wohl unmöglich machen. Sie brauchen – wie alle anderen Angestellten und vor allem auch die Patienten – die Möglichkeit des „Weitblicks“. Zu Deutsch: Fenster, die es ihnen ermöglichen, in ihrem Sehen nicht nur auf den Umkreis weniger Meter beschränkt zu sein. Ist dies über längere Zeit der Fall, ermüdet das Auge, mit unangenehmen Folgeerscheinungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Ermüdung. Es braucht eben Arbeit. Jenes der Patienten braucht zudem Abwechslung „Und sei es die Möglichkeit, eben nicht nur im Einzelzimmer abgeschottet zu liegen – was nur in manchen Fällen notwendig ist -, sondern in Mehrbettzimmern durchaus den Besuch beim Bettnachbarn mitzuerleben oder generell ein Kommen und Gehen“, so Illera, die selbst unlängst wieder eine unfreiwillige Auffrischung ihrer Wahrnehmung als Patientin bekam, musste sie doch nach einem Beinbruch mehrere Wochen in einem Krankenhaus verbringen. Aber auch der Akustik, Farbe und Material von Wänden und Böden, der Psychologie der Fluchtweggestaltung oder einfach dem Vorhandensein von Freiflächen wie Gärten oder Terrassen kommt große Bedeutung zu. „Letztlich geht es darum, den Patienten nicht das Gefühl von Eingesperrtsein zu geben“, gibt die emeritierte Professorin zu verstehen, wer sich nach wem zu richten hat. Dass der Architektur ein

großer Einfluss auf das Befinden der Patienten und damit auch eine besondere Verantwortung zukommt. „Schließlich kommen die nicht freiwillig in ein Krankenhaus.“ Von der Theorie in die Praxis

All diese Dinge, die der Professorin in ihren Vorlesungen Herzensangelegenheit sind, und einige weitere mehr, sind das täglich Brot von Mario Reiter. Gemeinsam mit seinem Vorgänger Anton Mayr sitzt er in seinem Büro in einem der typischen Baucontainer, in denen Projektleiter üblicherweise anzutreffen sind. Sein Projekt, das ist der Umbau des Landesklinikums Weinviertel Mistelbach-Gänserndorf. 186 Millionen Euro schwer und in den Augen des 37-Jährigen selbst „nichts Besonderes“. Vielleicht hat seine bescheidene Zurückhaltung mehr mit Pragmatismus zu tun. Schließlich hat der ein Jahr als Oberbauleiter vor Ort tätige Reiter die Projektleitung erst vor kurzem übernommen, nachdem die zwei Jahre dauernden Vorarbeiten in dieser Position von Anton Mayr erledigt wurden. Dazu gehörten neben den Abstimmungsund Vertragsabschlussphasen sowie der Einreichung des Projekts vor allem Nutzerabstimmungsrunden. Medizinisches und pflegerisches Personal waren darin ebenso eingebunden wie die Verwaltung, die Materialwirtschaft, die Haustechnik und natürlich die Architekten. So wurde in insgesamt 30 oft mehrstündigen Gesprächstermi-

ALPINE Projektleiter Mario Reiter in seinem Bürocontainer

nen für jede einzelne Abteilung sichergestellt, dass die Erfahrungen aller Beteiligten in den Entwicklungsprozess einfließen konnten. Eine Vorgehensweise, die auch dem langjährigen kaufmännischen Direktor des Krankenhauses imponierte. „Wir bauen bereits seit 35 Jahren kontinuierlich dazu. So effektiv ist das aber noch nie gegangen“, nickt Josef Kober anerkennend.

Die Architektur hat einen großen Einfluss auf das Befinden der Patienten, damit kommt ihr eine besondere Bedeutung zu. Novum Totalunternehmerschaft

Ein absolutes Novum beim Umbau des LK ist aber die Totalunternehmerschaft der ARGE aus ALPINE Bau GmbH und VAMED. Der internationale Marktführer in Errichtung und Betriebsführung von Gesundheitseinrichtungen mit Sitz in Wien und der Bauriese aus Salzburg erledigen zum Umbau nämlich auch gleich die Finanzierung. Die Baukosten sind wie die Bauzeit gedeckelt, sollte der Umbau teurer


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// PROJEKT

2000 — 2001 Neubau Landeskrankenhaus Vöcklabruck

2002 — 2005 Neubau Unfallkrankenhaus Linz

2006 — 2009 LKH Klagenfurt/Ver- und Entsorgungszentrum

2011 — 2017 Landesklinikum „Weinviertel“ in Mistelbach

Visualisierung des Landesklinikums Weinviertel Mistelbach-Gänserndorf im Endausbau

spitalsentlassungen & aufenthaltsdauer 1960 – 2010 35.000

35

30.000

30

25.000

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1960 1970 1980 1990 2000 2010

Entlassungen pro 100.000 der Bevölkerung Durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Tagen Quelle: Statistik Austria, 15.11.2011

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werden, als angenommen, würde dies die Steuerzahler keinen Cent mehr kosten. Die ARGE müsste dafür aufkommen. Ebenso wie für die Überschreitung der bis 2017 angesetzten Umbauzeit Pönalen fällig würden. In den milden Dezembertagen des Jahres 2011 ist die Fertigstellung noch Zukunftsmusik. Und der Besucher der Baustelle hautnah mit den Schwierigkeiten des Unterfangens konfrontiert. Um den laufenden Betrieb nicht zu stören, muss hier behutsamer gebaut werden als auf anderen Baustellen. Kaum Baulärm dringt an das Ohr und mit geradezu chirurgischer Präzision enden die Baustellenbereiche an ihren Absperrungen. Kein Schmutz, kein Lärm – man könnte denken, die Arbeiten wären eingestellt. Sind sie aber nicht. Nur eben in Einklang mit dem laufenden Betrieb. Was sie natürlich nicht schneller vorangehen lässt. Alleine die Leitungsumlegungen, die Errichtung der Baustraße, eines Parkdecks sowie der Abbruch von Bestand und die Verlegung des Hubschrauberlandeplatzes haben ein Jahr gedauert. Dazu kommt, dass sich das Krankenhaus in den mehr als 100 Jahren seines Bestandes auf dem terrassenartigen Gelände „den Hang hinauf entwickelt hat“, wie es der Leiter Betriebsorganisation und Funktionsplanung der VAMED, Mathias Seraphin, beschreibt. „Mit dem geplanten Bezug des Neubaus Anfang 2015 werden die freiwerdenden Flächen im Bestand zwischengenutzt und ermöglichen so die Sanierung des zentralen Bettenhauses.“ Was der erfahrene Seraphin trocken mit „zwischengenutzt“ umschreibt, ist nichts anderes als eine Übersiedlung bei laufendem Betrieb. Im Falle eines Krankenhauses ist das verständlicherweise nicht nur ein enormer Aufwand, sondern auch hochkomplex. Die letzte Operation in den alten OPs muss ebenso unbeeinträchtigt vonstattengehen wie Minuten später die ersten in den neuen. Die Betreuung ambulanter wie stationärer Patienten muss klappen wie sonst auch. Zu keiner Zeit darf die

Versorgung der Bevölkerung des Weinviertels gefährdet sein. Eine gewaltige Herausforderung für alle Beteiligten. Auch nicht ohne: An drei Geschossen des Hauptgebäudes wird der Neubau am Altbestand andocken. Das heißt nicht bloß einmal übersiedeln, sondern zwei Mal. LKDirektor Kober traut den Projektleitern zu, das für ihn wichtigste Kriterium erfüllen zu können: „Mir ist wichtig, dass es zu keiner Beeinträchtigung von Patienten und Personal kommt.“

Alt und neu: an die abgerissenen Gebäudeteile wird der Neubau andocken. Am Ende soll die „qualitative Verbesserung des Hauses“, wie Kober es nennt, vollzogen sein. Die Technik soll modernisiert, die Wege innerhalb des Baus kürzer und die Anzahl der Parkplätze bei gleichbleibender Bettenzahl von 750 auf 1.000 aufgestockt werden. Den rund 1.500 Bediensteten soll die Betreuung von jährlich etwa 29.000 stationären und 135.000 ambulanten Patienten in der neuen Umgebung noch besser gelingen. Und natürlich soll das umgesetzt worden sein, was Christa Illera am wichtigsten ist: den besonderen Bedürfnissen der Kranken auf eine besondere Art und Weise Rechnung zu tragen. Kein Stress für die Patienten also, der soll weiterhin nur in TV-Krankenhäusern herrschen. //


einblicke

Trüffel SEITE 24

Die weltbesten Trüffel findet man unterhalb des Städtchens Motovun in Istrien, wo sich neben dem Fluss Mirna der periodisch überschwemmte Eichenwald befindet. Hier wurde der größte weiße Trüffel weltweit gefunden. Die Delikatesse lockt Küchenchefs aus ganz Europa an, um die tollsten Gerichte mit der MotovunTrüffel zu kreieren.

HO C H H I NAUS SEITE 36

Altbau Raumhöhe: ca. 3,25 – 4,50 m Neubau Raumhöhe: mind. 2,50 m Neubau Geschäfte Raumhöhe: 3,20 m Biedermeierhäuser: 2,70 – 4,00 m

Salzburger Nockerl SEITE 44

… sind süß wie die Liebe und zart wie ein Kuss! So wurde die aus Eiern, Zucker und wenig Mehl bestehende Dessertspezialität in der Operette „Saison in Salzburg“ von Fred Raymond besungen. Laut einer Legende soll diese typische Salzburger Dessert-Spezialität die drei Hausberge der Altstadt darstellen, den Mönchsberg, den Kapuzinerberg und den Festungsberg. SEITE 10

GENF

Genf ist nach Zürich der zweitgrößte Finanzplatz der Schweiz, gefolgt von Lugano. Hinter Zürich und Tokio gilt Genf als drittteuerste Stadt der Welt und ist als Stadt mit höchster Lebensqualität weltweit gelistet. Die Stadt Genf ist Sitz vieler internationaler Organisationen, darunter: UNO Organisation der Vereinten Nationen CERN Europäische Organisation für Kernforschung IKRK Internationales Komitee vom Roten Kreuz WHO Weltgesundheitsorganisation IAO Internationale Arbeitsorganisation ISO Internationale Organisation für Normung ITU Internationale Fernmeldeunion WIPO Weltorganisation für geistiges Eigentum WMO World Meteorological Organization WOSM Weltpfadfinderorganisation WTO Welthandelsorganisation UNHCR Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen

cloud computing

SEITE 40

Mit dieser Technologie werden Rechenkapazitäten, Datenspeicher, Netzwerkkapazitäten und auch fertige Software in abstrahierte IT-Technologien ausgelagert. Angebot und Nutzung erfolgen dabei ausschließlich über technisch definierte Schnittstellen und Protokolle. Die dem Nutzer zur Verfügung gestellte IT-Infrastruktur erscheint dem Nutzer undurchsichtig und fern, wie in einer Wolke verhüllt.


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// PROJEKT

PIPELINEBAU Wenn wir von Nord-Stream, Opal und Gazelle hĂśren, sprechen wir nicht Ăźber polare Kaltluft, vorzugsweise in Australien abgebaute Halbedelsteine oder grazile, in der afrikanischen Savanne lebende Paarhufer. Es geht um etwas ganz anderes, etwas Essenzielles.

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// Ines Schmiedmaier

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twas ganz Unauffälliges, nicht Hörbares und kaum Sichtbares, etwas, das unser tägliches Leben sehr viel komfortabler macht. Es geht um simple Stahlrohre. Rohre, in denen über weite Strecken unter Wasser und an Land Erdgas an seinen Bestimmungsort gebracht wird - sogenannte Pipelines. Die klingenden Namen bezeichnen einzelne Abschnitte der manchmal tausende Kilometer langen Transportwege. Ein dichtes Geflecht solcher Transportrouten durchzieht Europa. Durch diese lückenlose Versorgung mit Erdgas sind viele Annehmlichkeiten des Alltags für uns selbstverständlich verfügbar. Komfort aus der Leitung

Wenn es draußen kalt und unwirtlich wird, verströmen mit Gasthermen betriebene Heizungen angenehm-wohlige Wärme in unseren Wohnungen, Sterneköche fabrizieren ihre köstlich-kreativen Gerichte bevorzugt auf Gasherden und die Zahl der mit Erdgas betriebenen Fahrzeuge ist stark steigend. Doch bevor die Gasmoleküle in unsere Komfortzone gelangen, legen sie große Entfernungen zurück.

Die größten Erdgasreserven befinden sich nämlich nicht dort, wo sie gebraucht werden – nämlich in Ballungszentren mit hoher Bevölkerungsdichte. Der Nahe Osten, die GUS-Staaten und Europa verfügen über die größten natürlichen Erdgasvorkommen. Derzeit wird rund die Hälfte der in der EU benötigten Gasmenge importiert, bis 2050 wird dieser Anteil noch auf 80 % ansteigen. Ein Grund mehr, die Sicherheit und Verlässlichkeit der Transportwege sicherzustellen. Nicht genug der klingenden Namen

Doch wie kann über so lange Distanzen sichergestellt werden, dass die Rohre keine Lecks haben oder beschädigt sind? Zur Überprüfung des einwandfreien Betriebes werden spezielle Geräte, sogenannte „Molche“ eingesetzt, im englischen Fachjargon „Pigs“ (engl. Schwein) genannt. Diese Geräte spielten schon in drei James-Bond-Filmen eine Rolle – in „Diamonds are forever“ setzte der Geheimagent einen Molch außer Gefecht, um aus einer Pipeline zu entkommen. In the „Living Day-

lights“ wurde das Gerät umgebaut, um eine Person durch den Eisernen Vorhang zu schleusen, und in „The World Is Not Enough“ wurden Nuklearwaffen mit Hilfe von Molchen transportiert.

Damit der CO2Ausstoß weiter reduziert werden kann, wird der Verbrauch an Erdgas wei-

Im alltäglichen Leben ist die Funktion der Molche weit weniger spektakulär - sie werden zur Reinigung und Inspektion von Rohrleitungen eingesetzt. Das Gerät füllt den Leitungsquerschnitt aus und wandert mit dem Produktstrom durch die Leitung. Eingesetzt und nach dem Prüfabschnitt wieder entnommen werden die Molche in dafür vorgesehenen Schleusen, sogenannten „Molch-Fallen“. Nach Inbetriebnahme einer Pipeline werden

ter steigen. Wird Erdgas als Kraftstoff eingesetzt, erzeugt es als Verbrennungsrückstand in erster Linie Wasserdampf (H20).

Die Freisetzung umweltschädigender Kohlenstoffverbindungen liegt deutlich unter denen anderer fossiler Brennstoffe.

Die Rohre werden per LKW zu den Rohrlagerplätzen gebracht.


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// PROJEKT

molch Ein Molch (engl. „Pig“ (Schwein)) ist ein Reinigungs- oder Inspektionsgerät zum Einsatz in Rohrleitungen. Weitere Aufgaben können die saubere Trennung zwischen aufeinanderfolgenden Produktchargen sein oder je nach Konsistenz des Produkts eine Unterstützung des Transports selbst. In der Regel soll dafür der Betrieb nicht unterbrochen werden. Diese Technik wird in der Gas-, Erdölund Produkten-Pipeline-Technik eingesetzt.

In einem LKW kann weniger Erdgas transportiert werden, als in einer Stunde durch die Pipeline strömt.

Mit der GazellePipeline wird Gas aus bisher kaum genutzten Gasvorkommen in der Provinz Tyumen Oblast über das Baltische Meer und Norddeutschland nach Europa gebracht.

neben Reinigungsmolchen auch ‚intelligente Molche‘ (engl. ‚smart Pigs‘) eingesetzt. „Ihre Aufgabe ist es, die Rohrqualität hinsichtlich Beulen, Spannungskorrosionen und Umhüllungsschäden zu prüfen. Auch ein komplettes Profil über die Wandstärken und mögliche Rohrschwächungen wird erstellt“, berichtet Albert Schücker, Construction Manager bei der tschechischen Betreibergesellschaft NET4GAS, s.r.o. Die vom Molch im Inneren der Pipelines gesammelten Daten werden von einer Software ausgelesen und geben Aufschluss über den Zustand der Leitung.

Millionen Nm3 pro Tag. Im Vergleich dazu können mit einem LKW ca. 6.000 Nm3 Flüssigerdgas transportiert werden. Das ist weniger, als in einer Stunde durch die Pipeline fließt.

Versorgungssicherheit

Weltweit erstes

für Europa

Automatisierungs-

Mit dem Bau von zwei Teilabschnitten der Gazelle-Pipeline mit einer Gesamtlänge von 105,8 Kilometern trägt ALPINE maßgeblich zur Versorgungssicherheit mit Erdgas in Europa bei. Mit diesem Auftrag wird die technische Infrastruktur in Tschechien für eine lückenlose Gasversorgung in Europa gewährleistet.

verfahren

Pipelines sind die umweltfreundlichste Methode, um Gas zu transportieren - trotz hoher Baukosten ist der Transport von Erdöl und -gas in Pipelines ökonomischer als der Einsatz von Tankwagen. Pipelines haben hohe Kapazitäten – durch die Gazelle-Pipeline können 4,73 Millionen Nm3 (Normkubikmeter) Gas pro Stunde strömen, das sind 113,52

Doch bevor mit dem Bau von neuen Pipeline-Routen begonnen werden kann, müssen einige Hürden genommen werden. Zuerst findet eine Umweltverträglichkeitsprüfung statt (EIA – Environmental Impact Assessment). Auch das Festlegen der Pipeline-Route ist ein aufwendiger Prozess, denn der Verlauf

muss bewohntes Gebiet, Nationalparks und topografische Barrieren berücksichtigen. Erst dann beginnen die Grabungen für den Einbau. „Das Verlegen von Rohren ist ein extremer maschineller Aufwand“, berichtet Christian Schadler, der als ALPINE Projektleiter für den Einbau der Rohre zuständig ist. „Für den Einbau werden Seitenbäume mit Seitenauslegern verwendet, die zwischen 60 und 80 Tonnen wiegen.“ Die Grabungen sind trapezförmig, ca. 3 Meter tief und werden mit einem sogenannten Trapezlöffel ausgehoben. Bevor die Rohre eingehoben werden, müssen sie noch verschweißt, sandgestrahlt und mit einem Schutzmantel umhüllt werden. „Weltweit ist das die erste Baustelle, auf der diese Arbeitsschritte automatisch durchgeführt werden“, erzählt Christian Schadler weiter. Nach den Grabungsarbeiten wird das Aushubmaterial wieder an seinem ursprünglichen Ort verfüllt, damit ist der Boden für die Agrarwirtschaft wieder voll nutzbar. Gleichzeitig mit den Rohren wird ein optisches Kabel verlegt – es ge-


23 Die Rohre sind 18 Meter lang, haben einen Durchmesser von 1,4 Metern und ein stolzes Gewicht von 12 bis 14 Tonnen/Stück.

Die zwei Stränge der Nord Stream-Pipeline verlaufen durch die Ostsee von Wyborg, Russland, nach Lubmin in der Nähe von Greifswald. Von dort verläuft die OPAL (Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung) in den Süden Sachsens. Die neu gebaute GazellePipeline verläuft in Nord-Süd-Richtung durch die Tschechische Republik von Brandov zum Übergabepunkt Rozvadov/Waidhaus. Dort wird sie an das Transitsystem MEGAL

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angeschlossen, das Gas von Süddeutschland nach Frankreich transportiert.

20 sec.

LV

// Umweltfreundlich

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Erdgas ist der umweltfreundlichste fossile Energieträger und der umwelt-

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freundlichste Kraftstoff für Verbrennungsmotoren. Erdgas als Kraftstoff wird unter dem Kürzel CNG (Compressed Natural Gas) verkauft. CNG wird in Kilogramm gemessen und verkauft. Das komprimierte Erdgas CNG ist nicht zu verwechseln mit Flüssiggas - LPG (Liquified Petroleum Gas), einem Raffinerieprodukt, das bei der Rohöldestillation anfällt. LPG ist im Gegensatz zum natürlichen Erdgas schwerer als Luft, verflüchtigt sich langsamer und ist leichter entzündbar.

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Quelle: Wien Energie

DE

währleistet den Betrieb und die Überwachung der Pipeline. Vor der Inbetriebnahme werden alle Schweißnähte visuell, ultraschallund teilweise röntgengeprüft. Danach erfolgt ein Stresstest mit Wasser: Die Rohre werden mit Wasser gefüllt und unter Druck gesetzt. Verlaufen die Tests positiv, kann die Pipeline übergeben werden. Nach Inbetriebnahme werden die laufenden Überprüfungen dann von den „Molchen“ oder „Pigs“ übernommen. Laut einem Lehrbeauftragten

für Pipelinebau an der Montanuniversität Leoben bekamen die Molche ihren Namen, weil sie wie ihre Namensvettern aus der Familie der Amphibien gerne „in dunkle Höhlen kriechen“. Aber ob sich der Name „Pigs“ von dem quietschenden Geräusch, mit dem sich die Geräte in der Leitung fortbewegen, ableitet oder von der Abkürzung „Pipeline Inspection Gauge“ (PIG), darüber scheiden sich die Geister. //

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// PROJEKT

Container mit Aussicht TUNNELBAU Stellen Sie sich vor, Sie atmen salzige Meerluft und spüren immer eine leichte Brise, sobald Sie einen Fuß ins Freie setzen. Und die Mittelmeersonne scheint Ihnen auch im Winter milde ins Gesicht. Sie haben einen Arbeitsplatz mit Meerblick und beobachten von Ihrem Büro aus die ein- und auslaufenden Containerschiffe. Das Team, das am Markovec-Tunnel in Slowenien seine Arbeit verrichtet, kann den malerischen Ausblick genießen. // Ines Schmiedmaier


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umindest manchmal. Ihre Bürocontainer liegen nämlich gegenüber dem Hafen von Koper an der slowenischen Adriaküste - Zeit und Muße, um aus dem Containerfenster zu schauen, haben die Arbeiter und Projektleiter im Alltag wohl nicht oft. Denn die meiste Zeit verrichten sie ihre Arbeit an der staubigen, lärmerfüllten Tunnelbaustelle unter Tage. Der Zugang zum Mittelmeer ist mit 47 Kilometern Küstenabschnitt auf slowenischer Seite knapp – und der Landstreifen am Meer heiß begehrt. Um mehr von dem exklusiven Landstrich am Golf von Triest für den Tourismus besser nutzen zu können, wird ein Teil der Küstenstraße in den Berg verlegt. Statt der engen, kurvigen Straße wird ein

neuer Doppelröhrenautobahntunnel die beiden Urlaubsorte Isola und Koper verbinden. Der Boden ist geschichtet wie ein Ildefonso

Tunnelgrabungen, die in bergmännischer Tunnelbauweise in der Nähe des Meeres ausgeführt werden, sind eine seltene Ausnahme. Diese Besonderheit ergibt sich durch die tiefe Gliederung der istrischen Küstenlandschaft mit Kalkstein. Istrien ist mit 2.380 Sonnenstunden klimatisch sehr günstig gelegen. Doch nicht nur das milde Klima macht die touristisch sehr gut erschlossene Halbinsel als Urlaubsdestination attraktiv. Koper und viele andere istrische Küstenstädte bezaubern durch venezianisches Flair und erinnern noch heute

an die vierhundert Jahre andauernde venezianische Herrschaft.

Der Karst Teran ist die typische

Auch kulinarisch hat die Region einiges zu bieten: Der italienische Einfluss ist an der Küste besonders ausgeprägt. Neben fangfrischen Fischen und Meeresfrüchten werden Risotti mit Trüffeln (Tartufi), Pasta (Fuzi), Teigwaren aus Kartoffelteig (Njoki) und ravioliähnliche Teigtaschen (Zlikrofi) in den zahlreichen Restaurants angeboten. Auch Weinbau wird intensiv betrieben, vor allem werden der gelbe bis grünliche, leicht bittere Malvazija sowie der helle rote Teran gekeltert. Diese Rebsorten erfordern einen besonderen Boden. Und der setzt sich hauptsächlich aus Kalkstein, Dolomit, Sandstein und Mergel zusammen.

Rotweinspezialität Sloweniens. Zunächst verwundert der tiefdunkle Rote durch seine markante Säure, verblüfft aber im nächsten Moment durch Kraft und Schmelz.


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// PROJEKT

„In Slowenien sind es nur 100 Kilometer von den Alpen zum Meer. Bei uns sagt man, dass Gott, als er die Welt erschuf, auch ein Zimmerchen vermieten wollte. Zu diesem Zweck hat er Slowenien erschaffen.“ Davo Karničar, Extremskifahrer und Nationalheld

„Die Geologie ist mit Flysch relativ einfach. Mergel mit Sandsteineinlagerungen, flach gelagert. Das muss man sich vorstellen wie eine Torte oder ein Ildefonso“, berichtet der Geologe Dr. Riepler von der Firma GWU in Salzburg. Doch was für den Wein gut ist, gestaltet sich als Herausforderung für die Tunnelbauer. Mergel und Sandstein folgen

Kleiner Tunnel, groSSe Maschine

dem Prinzip des Nougatwürfels ‚Ildefonso‘.

Mit einer Länge von 2,2 Kilometern zählt der Tunnel nicht zu den großen Tunnelbauprojekten, eigentlich ein Klacks für die erfahrenen Ingenieure von ALPINE BeMo Tunnelling. Möchte man meinen. Doch so einfach, wie es klingt, ist es nicht. Die Bohrarbeiten auf der kurzen Strecke gestalteten sich äußerst zäh. Die Arbeit unter Tage ist an sich schon mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Und manchmal gibt es schon im Vorfeld Hindernisse anderer Natur.

Die über 100 Tonnen schwere Teilschnittmaschine Sandvik MT720 hat eine Schneidleistung von über 300 kW.

Beispielsweise schreibt die Ausschreibung Spreng- und Bohrtechnik fest. Obwohl alle gesetzlichen Auflagen für die Sprengarbeiten unter dem bewohnten Gebiet erfüllt waren, wurden die Aushubarbeiten wegen Beschwerden der Anwohner durch den Auftraggeber gestoppt. Erschütterungen durch unterirdische Sprengungen wurden befürchtet. Wegen der geringen Überdeckung von 10 bis 35 Meter mussten für den kritischen Bereich von 500-600 Metern Teilschnittmaschinen eingesetzt werden. Also musste statt dem Sprengvortrieb gefräst werden. Die Maschinen bissen sich die Zähne aus

Zu Beginn der Grabungen wurden zwei kleinere Fräsmaschinen, die man sich wie Bagger mit Schneidköpfen vorstellen muss, für den maschinellen Vortrieb eingesetzt. Aufgrund erheblicher Änderungen der geomechanischen Parameter stellte sich heraus, dass die Kraft der kleinen Maschinen nicht

ausreichen würde – es gab kein Vorankommen mehr. Das Gebirge war viel härter, als angenommen. Die Schneidköpfe bissen sich an der harten Tunnelbrust im wahrsten Sinne des Wortes die Zähne aus. Die kleinen Schneidköpfe hatten einen hohen Verschleiß, außerdem konnte der notwendige Druck auf die Tunnelbrust nicht ausgeübt werden – vor allem im östlichen Bereich, wo die Bohrer auf eine zwei bis drei Meter breite und sehr harte Sandsteinschicht trafen. „Das Risiko kann in beide Richtungen gehen“, meint Scott Kieffer, geologischer Gutachter und Professor an der Technischen Universität Graz. Er sieht in den unerwarteten Gegebenheiten nicht unbedingt einen Nachteil: „Im kritischen Gebiet mit der geringen Überdeckung war das Gebirge härter, als angenommen. Das ist einerseits ein Vorteil, weil der Untergrund stabiler ist, andererseits ein Nachteil, weil man mit den Bohrungen viel schwerer und langsamer vorankommt.“ Das harte Gebirge konnte nur mit der weltweit einzigartigen, ca. 100 Tonnen schweren Teilschnittmaschine, der Sandvik MT 720 mit einer Schneideleistung von 300 KW, geschnitten werden. Von dem österreichischen Koloss gibt es weltweit nur rund 60 Stück. Doch das Team hatte Glück – eine Maschine war verfügbar – nur befand diese sich auf einem anderen Erdteil, nämlich in Australien. Über den Seeweg wurde die Maschine in Teilen nach Bremen geliefert und von dort per Schwertransporter zur Tunnelbaustelle nach Slowenien gebracht, wo sie im Juni 2011 ankam. Der Schneidkopf, der Arm und das Förderband wurden in einer Sand-


27 Geophysikalische Untersuchungsmethoden Bohrungen Nadelstichproben werden genommen und im Labor untersucht.

geophysikalische Untersuchungen Alle 10 Meter werden Geophone in die Erde geschlagen. Mit Hammerschlägen oder Minisprengungen wird ein Impuls erzeugt und die reflektierten Wellen mittels Software ausgewertet. Die mittelalterlichen Gassen im Stadtkern zeugen von Izolas reicher Geschichte.

vik-Niederlassung in Zeltweg in der Steiermark serviciert, während die Maschine selbst direkt bei der Tunnelbaustelle überholt wurde. Ende Juli 2011 schließlich konnten die Bohrungen fortgesetzt werden. Die Analysen geben nicht alles über das Gestein preis

Trotz geologischer Messungen und Gutachten weiß man nie genau, was einen erwartet – man muss immer auf Überraschungen gefasst sein. „Durch Laboruntersuchungen kann man zwar die Beschaffenheit des Gesteins analysieren, wie sich das Gebirge dann letztendlich zusammensetzt, kann man aber nicht genau sa-

gen“, ist vom Geologen Dr. Riepler weiter zu erfahren. Abgesehen davon sind noch weitere Individuallösungen gefragt. Während sich der Stahlkoloss lärmend durch das Gestein frisst, ist die Luft dicht mit Staub durchsetzt. Um jedoch im Tunnel voranzukommen, ist klare Sicht an der Tunnelbrust unerlässlich. Die staubige Luft wird abgesaugt, gefiltert und als Frischluft wieder zugeführt, dafür sorgt eine eigens konstruierte Entstaubungsanlage, denn von „der Stange“ gibt es so etwas nicht. Der Tunnel muss auch laufend entwässert werden. Durch die besonderen Eigenschaften von Mergel

müssen auch die Abwässer speziell behandelt werden. Sie sind durch den hohen Anteil an Tonmineralien sehr trübe - das Sediment bleibt lange in Schwebe und muss erst in einer speziell dafür aufgestellten Wasseraufbereitungsanlage behandelt werden, bevor es in den nahegelegenen Fluss gepumpt werden kann. Der Tunneldurchbruch erfolgte im Jänner 2012. Wenn der neue Tunnel befahrbar sein wird, sind die Tunnelbauer längst wieder abgereist und verrichten ihre Arbeit wieder auf neuen Baustellen. Erinnern werden sie sich aber sicher gerne an die malerischen Küstenstädtchen und das gute Essen. //

Kalotte – Aushubarbeiten mit der Teilschnittmaschine 10 sec.

// Teilschnittmaschine

Die Schneidköpfe einer Teilschnittmaschine können durch einen schwenkbaren Schneidarm nach links, rechts, oben und unten geführt werden. Dadurch werden nacheinander Teile aus der Tunnelbrust gelöst, während beispielsweise eine Vollschnittmaschine den gesamten Tunnelquerschitt gleichzeitig bohrt und auch ausfüllt. Mit einer Teilschnittmaschine kann ein beliebiges Tunnelprofil geschnitten werden: rechteckig, bogenförmig oder sogar trapezförmig. Eine Vollschnittmaschine, wie eine klassische Tunnelbohrmaschine auch genannt wird, kann nur ein kreisrundes Profil schneiden. Jedoch ist sie aufgrund ihrer höheren installierten Leistung in der Lage, höhere Vortriebsleistungen zu erzielen.

Die Schneidleistung konnte von 14 m³ auf 60 m3 Nettoschneidleistung pro Stunde erhöht werden.


// UNTERNEHMEN

Gesucht – gefunden?

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Gefragte Fachkräfte Warum immer mehr Unternehmen über einen Mangel an Spezialisten klagen – und was sich dagegen unternehmen lässt. // Claudia Riedmann

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erwaiste Krankenhäuser, unvollendete Straßen, schlecht beleuchtete Städte. Eine Vision, die schon bald Realität sein könnte. Bereits heute fehlt es in ganz Europa quer durch die Branchen an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – zum Beispiel in der Krankenpflege, in technischen Berufen oder im Tourismus. Und in den kommenden Jahren wird ihre Zahl weiter zurückgehen. Der vielbeschworene Fachkräfte-Mangel ist bei den Unternehmen angekommen. Aber woran liegt das und was lässt sich dagegen unternehmen? Wachstumsbremsen

Die in zehn Jahren notwendigen Fachkräfte müssten heute bereits die Schulbank drücken. Die Statistiken sprechen jedoch eine andere Sprache: Die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge gehen in Pension. Gleichzeitig kommen immer weniger Junge nach: Seit 1960 ist die Zahl der Geburten in den EU-Mitgliedsländern um beinahe

30 % gesunken. Um einer weiteren Verschärfung am Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, raten Experten, ältere Fachkräfte zu reaktivieren, den Pensionsantritt zu verschieben oder Arbeitslose zu qualifizieren. Wie viele Menschen so zu gesuchten Fachkräften werden könnten, wird allerdings unterschiedlich bewertet. Know-how-intensive Branchen leiden besonders unter dem Fachkräfte-Mangel. In der EU könnten im Jahr 2015 bis zu 700.000 IT-Spezialisten fehlen, schätzt BUSINESSEUROPE, die Dachorganisation der europäischen Arbeitgeberverbände. Auch die Baubranche ist betroffen. Alleine in Österreich sucht jede dritte Baufirma qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie eine Studie der KMU-Forschung Austria zeigt. Dabei ist der Einsatz von Fachleuten am Bau enorm wichtig. In Bereichen wie Spezial-Tiefbau, Tunnel- oder Stadionbau bedeuten ihr Wissen und ihre Erfahrung einen klaren Vorteil im Wettbewerb.


29 Spezialisten gesucht!

Einen Zuzug frischer Arbeitskräfte verhieß die Arbeitsmarkt-Öffnung in neuen EU-Mitgliedsländern wie Polen, Tschechien oder der Slowakei im Mai 2011. Aber die damit verbundenen Hoffnungen haben sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: Die Ostländer sind selbst vom Mangel betroffen, da viele qualifizierte Fachkräfte bereits vor Jahren ins Ausland abwanderten. Wie prekär

die Lage ist, zeigt BUSINESSEUROPE am Beispiel Polens auf: Hier fehlten schon vor fünf Jahren fast 40 % der erforderlichen Ingenieure. Der Fachkräfte-Mangel wirkt sich laut Einschätzung der Organisation auf die Entwicklung der Infrastruktur aus. So gäbe es Probleme, das 38-Milliarden-Euro-Straßenbauprogramm für 20072013 umzusetzen. Die Arbeit am Bau leidet nach wie vor unter einem schlechten Image. Trotz Ausbildungsinitiativen und Lehrlingsprämien tun sich Betrie-

be schwer, qualifizierte Bewerber zu finden. „Wir brauchen die Besten. Dafür müssen wir Jugendliche für das Handwerk begeistern“, erklärt Peter Scherer von der WKO-Geschäftsstelle Bau, BAUAkademie Österreich. Dass das funktionieren kann, zeigt Alexander Aichinger. Der 20-Jährige wurde 2011 zum besten Jungmaurer Österreichs gekürt. Er kam ursprünglich zu ALPINE, um die Zeit bis zur Ausbildung als Kunstschmied zu überbrücken, sattelte um und begann eine Lehre am Bau. „Es ist einfach faszinierend, wenn man etwas baut, was Jahrzehnte stehen bleibt. Diese Erfahrung macht man bei einem reinen Bürojob nicht“, ist Aichinger überzeugt.

„Praxisbezogene Weiterbildung ist unverzichtbar. Das stellt sicher, dass wir auf der Baustelle die gleiche Sprache sprechen und die passenden Management-Tools einsetzen.“ Andrei Boghez, Bauleiter ALPINE, Rumänien


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// UNTERNEHMEN

facts

& figures

Fach-Karriere bei ALPINE

»Eine Lehre zu machen ist nie verkehrt. Das kann einem niemand mehr wegnehmen – ganz egal, wofür man sich später beruflich entscheidet.« Alexander Aichinger Bester Jungmaurer Österreichs 2011

»Die Einstellung muss sich ändern: Ein Facharbeiter muss als gleich wertvoll angesehen werden wie ein AHS-Absolvent.« Geschäftsstelle Bau BAUAkademie Österreich

Dem Mangel begegnen Ostländer sind vom Arbeitskräftemangel betroffen, da viele qualifizierte Fachkräfte bereits vor Jahren ins Ausland abwanderten.

Tatsächlich mangelt es nicht nur bei handwerklichen Berufen wie Maurern, Schalungs- oder Tiefbauern an Fachkräften – auch in der Administration und im kaufmännischen Bereich ist die Lage mitunter prekär. Gar nicht zu sprechen von qualifizierten Technikern. Wie lässt es sich bewerkstelligen, für ein Riesenprojekt wie ein Kraftwerk oder ein Stadion auf einen Schlag rund 30 Bauingenieure zu gewinnen? Viele Studierende technischer Studienrichtungen werden noch vor Studienende auf Berufsfachmessen angeworben. Um Nachwuchs zu gewinnen, kooperiert ALPINE mit zahlreichen Universitäten in osteuropäischen Ländern – von der Vergabe von Diplomarbeitsthemen und Stipendien bis zu Praktika oder Traineestellen. Darüber hinaus muss man die „Schätze“ im eigenen Haus fördern. Wir müssen heute anfangen, die Fachkräfte von morgen heranzubilden. Dabei gilt es, das vorhandene Potenzial zu nutzen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Karrierechancen zu bie-

> Trainings on the Job; Fach- und Führungsseminare > Aufbauprogramme für Poliere, Techniker & Bauleiter > Berufsbegleitendes Fernstudium mit der Fachhochschule Leipzig > Traineeprogramme für Bauingenieure > Diverse Lehrgänge für Techniker und Bauleiter (z. B. Bauen im Ausland)

Peter Scherer

Selbst die

> Rund 200 Lehrlinge

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www.alpine.at/karriere www.alpinelehrling.at

ten“, sagt Michael Pichler, der das Recruiting und die Personalentwicklung bei ALPINE leitet. Man lernt nie aus

Die Anforderungen an Fachkräfte steigen. Ein Bauleiter braucht heute neben seinem Fachwissen auch rechtliche Grundlagen, kaufmännisches Verständnis und Social Skills. Um dem gewachsen zu sein, müssen sich selbst Experten mit akademischem Abschluss laufend weiterbilden. Ein Beispiel ist Andrei Boghez, der derzeit den Bau der Unterführung der Hauptverkehrsader DN2A in der ostrumänischen Stadt Constanţa leitet. Der 30-jährige Rumäne begann bereits während seines Studiums an der Technischen Universität in Bukarest bei ALPINE zu arbeiten. Im Jahr 2009 durchlief Boghez das interne Site Manager Development Program, das 2010 mit dem Internationalen deutschen Trainingspreis in Silber ausgezeichnet wurde. „Durch diese Weiterbildung habe ich verstanden, wie wichtig die Organisation eines Projektes ist und dass

nur Teamwork zum Erfolg führt“, sagt Boghez heute. Das Besondere: Den Großteil der Inhalte setzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ALPINE um, auf dem Stundenplan stehen Projektmanagement oder Controlling ebenso wie Exkursionen zu Großbaustellen in Österreich und im CEE-Raum. Der Spruch „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ hat ausgedient. Heute ist lebenslanges Lernen angesagt – und das eröffnet neue Chancen für Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Kein Patentrezept gegen den Fachkräftemangel, aber ein wichtiger Puzzlestein für die Zukunft. //


EXPATS // Singapur city:intro

region:facts

Singapur liegt im Pazifischen Ozean zwischen Malaysia und Indonesien. Die Insel, auf der die Stadt Singapur erbaut wurde, wurde in chinesischen Texten bereits im 3. Jahrhundert erwähnt. Sie war unter dem Namen „Temasek“ bekannt, was so viel wie „Stadt am Meer“ bedeutet. Der heutige Name Singapur stammt aus dem Sanskrit und heißt so viel wie „Löwenstadt“. Sir Thomas Raffles erschloss die Insel im 19. Jahrhundert für die East India Trading Company und legte damit den Grundstein für das heutige moderne Singapur.

expat:info Ralf Kämmerer 50 Jahre // verheiratet // 1 Sohn // Studium zum Bauingenieur // spricht Deutsch und Englisch // insgesamt 12,5 Jahre für ALPINE tätig // lebt mit Frau und Sohn derzeit in Singapur

expat:life Sie haben schon in Afrika, Hong Kong und China gearbeitet. Wie lange leben Sie schon immer wieder im Ausland und wie hat sich das für Sie ergeben? Gleich nach dem Studium waren 5 Jahre Auslandsaufenthalt geplant, insgesamt sind es dann 21 Jahre geworden – eins hat das andere ergeben. Jetzt hatte ich die Wahl zwischen Hongkong und Singapur – ich habe mich für Singapur entschieden. Was mögen Sie an Ihrem Gastland? Singapur ist „Asien light“ – sozusagen die Schweiz Asiens, alles ist gepflegt und reglementiert. Das merkt man besonders am Bau, Vorschriften müssen strikt eingehalten werden, besonders das „Safety System“ ist vorgegeben. Singapur ist wirklich multikulturell. Obwohl der chinesische Teil der Bevölkerung die Mehrheit bildet, sind alle Einwohner gleichberechtigt. Gibt es genug qualifiziertes Personal auf der Baustelle? Es gibt viele Baustellen und immer neue Großbaustellen – das Angebot wird knapper, weil nicht mehr so viele ausländische Arbeitskräfte nach Singapur dürfen. Aber die Reglementierungen seitens der Regierung werden im Bedarfsfall wieder gelockert. Die Ausbildung ist besonders bei Ingenieuren sehr gut, aber die Umsetzung ist anders. Vor allem gilt ein anderer Zeitbegriff. Wie verständigen Sie sich mit den Arbeitern auf der Baustelle? Auf Englisch – die Baustelle ist sehr international: Die Arbeitskräfte kommen aus Indien, Bangladesch, China, England, Australien, Südafrika, Neuseeland, Dänemark, Malaysia, Burma und Indonesien. Wie verbringen Sie Ihre Freizeit in Singapur? Mit der Familie. Entweder gehen wir an den Strand, besuchen einen der zahlreichen Spielplätze oder einen Freizeitpark – wenn es zu heiß ist oder regnet, gibt es auch Indoor-Angebote. Was brauchen Sie im Ausland, um sich wohlzufühlen? Meine Familie und ein zivilisiertes Umfeld, sodass sich meine Familie auch wohlfühlt. Ganz besonders wichtig ist mir, dass der Teamgeist auf der Baustelle passt.

Fläche: 712,4 Quadratkilometer Stadtstaat, der flächenmäßig kleinste Staat Südostasiens Bevölkerungszahl: rund 5.076.700 Einwohnerdichte: 7.126 Einwohner pro km2 Landessprachen: Englisch (Verwaltungssprache), Chinesisch (Mandarin), Malaiisch (Nationalsprache) & Tamilisch Klima: Jahresdurchschnitt 27° C Ethnische Gruppen: Chinesen 76,8 %, Malaien 13,9 %, Inder 7,9 %, Sonstige 1,4 % Höchste Erhebung: der 166 m hohe Bukit Timah Hill

alpine:project Im Rahmen des Ausbaus der Downtown-Linie Bauphase 2 errichtet ALPINE drei neue Metrostationen und eingleisige Metrotunnel mit einer Länge von 5,72 Kilometer in Tunnelbauweise und 445 Meter in offener Bauweise. Die geotechnischen Bedingungen und der Durchmesser der zu bauenden Tunnels machen es erforderlich, speziell auf diese Herausforderungen zugeschnittene Tunnelvortriebsmaschinen zum Einsatz zu bringen. Davor war ALPINE bereits bei zwei Baulosen der Circle Line in Singapur beteiligt.


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// unternehmen

Juchtenkäfer müsste man sein PROTESTKULTUR Über Wutbürger, das Internet und moderne Spannungsfelder in der Bauindustrie. // ANDREE BOCK

N

iemals zuvor hat ein Insekt so viel mediale Aufmerksamkeit bekommen wie seit einer Weile der eher unscheinbare Juchtenkäfer. Er ist weder besonders hübsch, noch fällt er durch besonderes Verhalten auf. Er schillert nicht in tausend Farben und schiebt keine Mistkugeln vor sich her; er stürzt sich noch nicht mal in riesigen Schwärmen auf unsere Ernte. Er ist ein einfacher, braunschwarzer Käfer. Was ihn trotz seines durchschnittlichen Käferseins dennoch so besonders macht, dass er durch die Presse getrieben wird? Er ist selten, artengeschützt - und er lebt un-

ter anderem auf den Bäumen des Schlossparks Stuttgart. Diese Bäume wiederum stehen dem Bauvorhaben der Deutschen Bahn im Wege, die aus dem veralteten Stuttgarter Kopfbahnhof einen modernen Durchgangsbahnhof machen will. Der „Wutbürger“ wurde geboren

An diesen Käfern, aber beileibe nicht nur an diesen, hat sich ein Protest entzündet, der die deutsche Sprache um das viel zitierte Wort „Wutbürger“ ... kann man


33 wirklich sagen, bereichert hat? Um das moderne Protestbürgertum weltweit geht es in diesem Artikel und darum, wie sich Proteste durch den Einsatz des Internets und der sozialen Netzwerke, des sogenannten Web 2.0, verändert haben. Fakt ist, dass in Stuttgart mit harten Bandagen für und gegen den neuen Bahnhof gekämpft wird. Das Besondere daran aber ist, dass nicht der gewalttätige Schwarze Block, also diejenigen, die traditionell gegen alles sind, auf die Straße geht, sondern Menschen wie Sie und ich. Die Normalos. Das Bürgertum. So viel Protest wegen eines unscheinbaren Käfers? Natürlich nicht.

Es wäre polemisch und unsachgemäß, die Massenproteste gegen Stuttgart 21 auf den Schutz der Juchtenkäfer zu reduzieren, auch wenn er derzeit eine große Rolle spielt. Der Juchtenkäfer ist nur ein ahnungsloser Beteiligter in einem Spiel, bei dem es um Politik geht, um die Entwicklung einer ganzen Region und natürlich auch um viel Geld.

hend in die Knie gezwungen hat? David gegen Goliath funktioniert eben immer. Und selten war David kleiner und Goliath ... goliathischer.

Google Maps zeigt den kürzesten Weg

Stell dir vor, es ist Demo und alle

von der Uni zum

gehen hin

Protestort.

Und selten war ein Protest besser organisiert und medial begleitet. Wo vor ein paar Jahrzehnten in Fabriken bei der Kaffeepause oder in dunklen Hinterzimmern der Protest gegen Diskriminierung, Hunger oder niedrige Löhne organisiert wurde, werden heutzutage soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook bemüht, um einen Käfer zu schützen. Google Maps zeigt den kürzesten Weg von der Uni zum Protestort - die genaue Kenntnis des eigenen Stadtteils, die früher dem Katzund-Maus-Spiel mit der Polizei zuträglich war, ist heute nicht mehr entscheidend. Viel wichtiger ist es, ein Smartphone mit GPS und Kamerafunktion bedienen zu können. Aufmerksamkeitsstarke Bilder und Videos landen so innerhalb von Sekunden im Netz und sorgen für die Schlagzeilen in den Abendnachrichten. Alle sehen alles, überall und zugleich

Mangelnde Integrität führt zu überbordendem Protest

Von Seiten der Demonstranten geht es vor allem um Glaubwürdigkeit und Integrität in puncto Baukosten. Wenn man Integrität im Sinne von Wort geben/Wort halten definiert, dann haben der Auftraggeber und die zuständigen Politiker nicht integer gehandelt und sich unglaubwürdig gemacht. Denn wer vier Milliarden Euro als Baukosten angibt, braucht sich über den Aufschrei der Steuerzahler angesichts der de facto acht Milliarden Baukosten nicht zu wundern. Man übertreibt wohl nicht, wenn man sagt, dass die Menschen in Stuttgart sich verschaukelt, belogen und ohnmächtig fühlen. Dass sie zumindest Letzteres, also machtlos, nicht sind, zeigt der voraussichtlich dreimonatige Baustopp in Stuttgart, der beim Schreiben dieses Artikels gerade von einem deutschen Gericht beschlossen wurde. Raten Sie mal, worum es in diesem Verfahren ging. Genau, um den Juchtenkäfer. Der Schutz seines Habitats wurde gesetzeskonform als wichtiger eingeschätzt als der Bau des Bahnhofs. Und so stehen alle Räder still. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt

Böse Zungen mögen einwenden, dass es den Klägern nicht ausschließlich um das Wohlergehen der Juchtenkäfer ging. Sondern dass er ihnen einfach nur in die Karten spielte, um den Bau zu verhindern. Das ist selbstverständlich nur eine Hypothese, und selbst wenn: Es entspricht den Gesetzen. Und mal unter uns: Wer ertappt sich denn nicht zumindest bei einem Schmunzeln angesichts der Tatsache, dass ein schnöder Käfer die Deutsche Bahn vorüberge-

Das ist im Übrigen die eigentliche Sensation, denn wir leben heutzutage in internationaler Echtzeit. Das heißt, wir bekommen den Großteil der weltweiten Ereignisse live und in Farbe mit. Das war früher nicht möglich. Zum Vergleich: Im Jahre 1938 fand die erste Weltmeisterschaft im Fußball statt, und zwar in Uruguay.

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Bäume wurden im Mittleren Schlossgarten im Februar 2012 gefällt oder verpflanzt, damit der Trog für den Tiefbahnhof ausgehoben werden kann.

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Bäume wird die Bahn laut Planfeststellungsbeschluss im Rahmen von GestaltungsmaSSnahmen und zur Parkerweiterung neu pflanzen.


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// UNTERNEHMEN

Aufmerksamkeitsstarke Bilder und Videos landen innerhalb von Sekunden im Netz und sorgen für Schlagzeilen.

Knapp 60 % der Bürger in Baden-

Nach dem Endspiel hat es drei Wochen gedauert, bis die Nachricht von Uruguays Triumph per Schiff nach Deutschland übermittelt wurde.

Württemberg stimmten in

Stirbt der seriöse Journalismus aus?

einer Volksabstimmung am 27. 11.2011 für den Weiterbau des neuen Bahnhofs.

Und es ist eine Entwicklung, die insbesondere gestandenen Journalisten Sorgenfalten auf die Stirn wirft. Denn wo es vor ein paar Jahren noch zwei Wochen gedauert hat, bis ein Artikel den Weg durch die Blogosphäre, also die Welt der Blogbetreiber, bis in die Abendnachrichten fand, beklagt mancher seriöse Journalist, dass sich die Medien heutzutage durch die Blogosphäre Themen vorgeben lassen. Die deutsche Zeitung mit den vier großen Buchstaben hat das Ganze zur Kunstform erhoben. Leser werden zu „Fotoreportern“, die Redaktion schreibt einen knackigen Text und fertig ist die neue Schlagzeile, den neuen Telefonen mit Fotoapparat sei Dank. Denken wird, wir

begrüßen einen weiteren Neuankömmling in der deutschen Sprache, outgesourct. Ein Ergebnis: Die Proteste in Stuttgart erreichten anfangs eine Aufmerksamkeit wie die Revolutionen im Nahen Osten, die ungefähr im gleichen Zeitraum stattfanden. Liegt Stuttgart im NaheN Osten?

Allein diese Tatsache bietet ausreichend Stoff für eine seitenlange Medienanalyse, aber wir lassen das zunächst einmal unkommentiert so stehen und betrachten lieber die Parallelen, die sich bei diesen beiden Fällen aufdrängen. Denn die Aktivisten im Nahen Osten und die in Stuttgart nutzten die gleichen medialen Werkzeuge. Gerade hier zeigt sich, welch großen Einfluss das Internet auf die Protestkultur und die Öffentlichkeit hat: Die

shortcuts // Stuttgart 21 Bahnhöfe Hauptbahnhof Stuttgart mit acht Bahngleisen // Filderbahnhof Flughafen mit Station Terminal und Station Neubaustrecke // S-Bahn-Station Mittnachtstraße in Stuttgart // Abstellbahnhof Untertürkheim

Strecke 57 km Gesamtstreckenlänge // davon 29,9 km Schnellfahrstrecke // davon 33 km Tunnel- und Durchlassstrecke // 16 Tunnel und Durchlässe // 18 Brücken // 3 Personenbahnhöfe // 1 Abstellbahnhof // etwa 9 Jahre Bauzeit

Geschwindigkeit max. 250 km/h


35 Bilder der Demonstrationen und der Reaktionen der Regime in Ägypten und Libyen gingen in Echtzeit um die Welt, was den Entscheidungsprozess pro Intervention enorm beschleunigt hat. Der öffentliche Druck auf die Regime wurde immer größer und größer und so tat sich die Weltöffentlichkeit viel leichter damit, zum Beispiel Luftangriffe gegen das libysche Regime zu akzeptieren, als dies ohne die Bilder der misshandelten Regimegegner möglich gewesen wäre.

sellschaftliche Verantwortung lernen, denn wo Juchtenkäfer geschützt werden, gedeihen kleinere Sub-Unternehmer eher schlecht.

Aber nicht nur internationale Krisenherde, wir alle befinden uns unter einer digitalen Lupe, was schon kleineren Kalibern als Herrn Dr. von und zu Guttenberg schlecht bekam.

Die ganze Stuttgart-21-Geschichte, die diesem Artikel als Handlauf für die modernen Anforderungen an die Baubranche gedient hat, lädt umso mehr zum Kopfschütteln ein, wenn man sich vor Augen führt, dass durch die mediale Präsenz der Proteste der Eindruck erweckt wurde, eine ganze Region stünde geschlossen hinter den Protesten. Bis der Volksentscheid kam und alles ad absurdum geführt hat.

Das ist Fluch und Segen zugleich. Man muss beispielsweise kein Magier sein, um zu schätzen, dass sich BP bei der Beseitigung der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko etwas mehr Zeit gelassen hätte, wenn die Weltöffentlichkeit, befeuert durch die Bilder des ausströmenden Öls und der sterbenden Vögel, nicht Druck ausgeübt hätte.

Wer die Meinungshoheit hat, gewinnt?

Die Herausforderungen von heute

Jeder Baukonzern, auch ALPINE, bewegt sich mit seinen Aktivitäten in diesem Spannungsfeld aus Anforderungen der Auftraggeber, wirtschaftlichen Notwendigkeiten, umweltschutztechnischen Auflagen und den Interessen der Anrainer. Als besonderes Beispiel dafür kann wohl der Bau zweier U-Bahn-Stationen in der dicht bebauten Londoner Innenstadt genannt werden. Um die Lärm- und Staubbelästigung einzudämmen und damit der sensiblen Umwelt und den Anrainern in dicht bebautem Stadtgebiet gerecht zu werden, muss die oberirdische Baustelle eingehaust werden. Dafür sind besondere Kran- und Betonmischanlagen erforderlich. Enge Zugangsschächte, über die die gesamte Tunnelbaustelle versorgt werden muss, eine kritische Verkehrssituation mitten in der Londoner City und beengte Platzverhältnisse über den Zugangsschächten stellten die Mitarbeiter vor logistische Herausforderungen. Und dann sind da natürlich noch die moralischen Herausforderungen

Darf man in einem Land, in dem politisch Andersdenkende verfolgt werden, einen Bauauftrag annehmen und durchführen? Wie weit darf man in die Natur eingreifen? Ein weltweit agierender Baukonzern wie ALPINE bewegt sich in einem sehr komplexen Gebilde aus Interessengemeinschaften und befindet sich damit in bester Gesellschaft aller Beteiligten. Interessiert schauen deswegen viele Baufirmen auf den Baustopp und fragen sich, wie die beteiligten Unternehmen mit dem Baustopp umgehen. Hier kann jeder Konzern viel über ge-

Denn siehe da, auf einmal stellt sich heraus, dass die Mehrheit der Bürger den Bau will. Vielleicht haben sie die Argumentationen gelesen, dass Stuttgart ohne den Ausbau des Bahnhofs langsam, aber sicher vom europaweiten Güterverkehr abgekoppelt werden würde und alle mehr verlören als die abstrus gestiegenen Baukosten. Von all dem weiß der Juchtenkäfer zum Glück nichts. //

Flashmob

kurzeR, scheinbar spontaneR Menschenauflauf auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen // Teilnehmer kennen sich nicht persönlich und tun ungewöhnliche Dinge // spezielle Ausprägungsformen der virtuellen Gesellschaft // online Organisiert // Ursprünglich nicht politisch motiviert


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// LEBENSRÄUME

Faszination Altbau Das Leben in alten Mauern ist in. Aber was macht den Reiz von Altbauten aus? Wie wohnt und arbeitet es sich in historischem Ambiente? Und was ist bei einem Umbau zu beachten? // Claudia Riedmann

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Wohnen mit Charakter

Licht. „Die hohen Räume und das weite Ambiente befreien den Geist“, sagt Gerlinde Baldauf. Die 40-jährige PRBeraterin bewohnt mit ihrem Mann und drei Kindern eine umgebaute Altbauwohnung auf 140 Quadratmetern. Besonders angetan haben es ihr die dicken Wände, der Parkettboden, die Flügeltüren und die Kastenfenster. „Ein Neubau mag schick sein, aber er ist sicher nicht so heimelig“, verweist Frau Baldauf auf den Gegensatz zu modernen Glas-Stahl-Bauten.

Oft werden unter Altbauten Häuser aus der Zeit der Jahrhundertwende verstanden. Sie zeichnen sich durch hohe Räume, geräumige Zimmer und große Fenster aus. Das sorgt für ein großzügiges Wohngefühl und viel

Alte Gebäude haben Charakter. Aber sie weisen auch Nachteile auf, wie eine schlechte Wärmedämmung, Feuchtigkeit in der Struktur oder zugige Fenster. Bis eine Wohnung heutigen Standards entspricht, ist viel

uietschende Dielen, schiefe Wände, und der Wind pfeift durch alle Ritzen. Mit solchen Klischees haben modernisierte Altbauten von heute nichts mehr gemeinsam. Sie verbinden den Charme früherer Zeiten mit modernstem Innenleben und zeitgemäßem Wohnkomfort. Aber bis es so weit ist, sind Zeit und Fachleute gefragt.

Hohe Räume, Parkett, Flügeltüren, und große Fenster versus Neubau


37 Arbeit erforderlich, von der Entfeuchtung über die Isolierung und neue Fenster bis zum Heizsystem. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren große Wohnungen ein Statussymbol für bürgerliche Familien. Hohe Räume galten als Zeichen des Wohlstands, auch konnte die schlechte Luft nach oben steigen. Die Arbeiterschicht lebte im Gegensatz dazu in beengten Verhältnissen und musste ihren Lebensraum mit nächtlichen „Bettgehern“ und Ungeziefer teilen. Heute gelten revitalisierte Gebäude in Altstädten als begehrte Immobilien. Sie verheißen ein tolles Lebensgefühl, verfügen über exzellente Innenstadtlagen – und sind dadurch auch für Einzelhandel und Büros interessant. Herausforderung Statik

Ein Beispiel ist das Palais an der Oper in München. Auf dem fast 4.600 m2 umfassenden Grundstück der ehemaligen Residenzpost entsteht bis Ende 2012 ein hochwertiges Gebäude-Ensemble mit rund 32.000 m2 Bruttogeschossfläche. Nach der Fertigstellung wird das Gelände zum Flanieren zwischen Cafés und Geschäften einladen und Wohnungen und Büros in exklusiver Lage bieten. Die historischen Wurzeln des Hauptgebäudes reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Im 19. Jahrhundert baute der Architekt Leo von Klenze das Haus zum Stadtpostamt um, im Krieg wurde es massiv beschädigt und in der Folge nach Umbauten – bis auf die denkmalgeschützten Bereiche – entkernt. Eine Vorgabe für dieses Projekt war, die historische Fassade und den Opernsaal zur Maximilianstraße zu erhalten. Neu errichtete Gebäudeteile sollten sich harmonisch in den Komplex einfügen. Dies stellte die Experten von ALPINE beim Ingenieur-, Roh- und Umbau vor spezielle Herausforderungen. „Die größte Hürde bei solchen Projekten ist die technische Umsetzung aus statischer Sicht. Und natürlich auch, dem Denkmalschutz gerecht zu werden“, erklärt Bauleiter Alexander Kümpel. Die Tragfähigkeit des Bestands darf beim Umbau zu keinem Zeitpunkt gefährdet werden. Keine einfache Vorgabe, angesichts des Herausbrechens ganzer Geschossdecken sowie großer Mauerauswürfe über mehrere Geschosse. Wertvolle Bausubstanz

Eines steht außer Frage: Das Leben im Altbau ist in. In vielen Städten entstehen Projekte auf historischem Boden. Aber die Umsetzung ist nicht einfach. Die vielen erforderlichen Abstimmungen mit Architekten, Denkmalschutzbehörden und sonstigen Beteiligten können die Vorplanungszeit hinauszögern. Beim Umbau muss äußerst sensibel vorgegangen werden – und täglich warten neue Herausforderungen auf die Ausführenden. „Nicht immer steckt das hinter den Mauern, was wir annehmen. Die Pläne entsprechen häufig nicht mehr dem Bestand, vermeintlich stabile Wände weisen Hohlräume auf“, erklärt Karl Kohn. Er ist Oberbau-


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// LEBENSRÄUME

leiter von ALPINE für die Hofstatt München, eines der bedeutendsten Stadtentwicklungsprojekte der bayerischen Hauptstadt.

Historische Luxus-Immobilie Palais an der Oper, München

Insgesamt sind hier ca. 18.000 m2 Büroflächen, ca. 15.500 m2 für Einzelhandel und Gastronomie sowie 69 Wohnungen geplant. Neben der Errichtung von zwei neuen Gebäuden revitalisiert ALPINE zwei denkmalgeschützte Altbauten – ein Wohn- und Geschäftshaus aus dem Jahr 1892/93 sowie das ehemalige Druckereigebäude des Süddeutschen Verlags aus den 1920er Jahren. Mit beträchtlichem Aufwand: Die genietete und tragende Stahlkonstruktion blieb erhalten, aber das Innere des Druckereigebäudes wurde komplett neu aufgesetzt. Selbst das Fundament musste für eine im ersten Untergeschoss geplante Verkaufspassage abgesetzt werden.

Geplante Fertigstellung: Ende 2012, Umfang: 4.590 m2 Grundstück, 32.000 m2 Bruttogeschossfläche, Nutzung: Büros, Praxen, Einzelhandel (Louis Vuitton),

Gefragte Currywurst-Bude

Gastronomie, Wohnungen Bauherr: LBBW Immobilien, Accumulata Immobilien Development GmbH

Stil in bester Lage N˚195 Kudamm, Berlin Geplante Fertigstellung: Ende 2012, Umfang: 4.500 m2 Grundstück, 62.000 m3 Gebäudevolumen, 15.200 m2 Geschossfläche, Nutzung: Büros, exklusiver Einzelhandel, Gastronomie, Tiefgarage Bauherr: FREO Immobilien

Ein anderes Projekt von ALPINE erregte wegen eines Alt-Mieters Aufsehen: Am Kudamm 195 in Berlin befindet sich seit über dreißig Jahren Berlins wohl berühmteste Currywurst-Bude. Es galt, ihr Geschäft sowie den laufenden Betrieb einer ebenfalls eingemieteten Bank beim Umbau zu erhalten. Das bestehende Gebäude-Ensemble aus den 1960er Jahren wird derzeit saniert, daneben entsteht ein gläserner Neubau. Künftig sollen hier auf 15.200 m2 Fläche hochwertige Büround Einzelhandelsflächen sowie Tiefgaragenstellplätze zu finden sein. Das denkmalgeschützte zwölfgeschossige Hochhaus wird in originalgetreuer Optik wieder aufgebaut und in das Projekt integriert. „Der Neubau musste eine Schrägfassade erhalten, damit der Blick auf das historische Hochhaus bestehen bleibt“, erklärt die ALPINE Projektleitung eine der Vorgaben des Denkmalschutzes. Das Bestandsgebäude wurde durch den Einbau einer weißen Wanne von unten wasserdicht gemacht. Eine Herausforderung ist, wie auch bei vielen anderen Projekten, mit neuen Materialien den Altbestand nachzubauen. Die Revitalisierung eines Altbaus verlangt allen Beteiligten – von den Hausherren über die Planer bis zu den Ausführenden – viel Kopfzerbrechen ab. Aber die Arbeit lohnt sich, wie Altbau-Eigentümerin Gerlinde Baldauf bestätigt: „Ob ich jemals wieder in einen Neubau ziehen möchte? Nein danke!“ //

Einzigartig wohnen, shoppen und arbeiten Hofstatt, München Geplante Fertigstellung: Ende 2012/Anfang 2013 Umfang: ca. 10.800 m2 Grundstück, ca. 42.500 m2 Geschossfläche, Nutzung: Büros, Einzelhandel, Gastronomie, Wohnungen Bauherr: LBBW Immobilien


einblicke SEITE 43 SEITE 28

06.12.1774

Am 6. Dezember 1774 wurde die „Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämmtlichen Kayserlichen Königlichen Erbländern“ eingeführt. Dadurch wurden der Schulbetrieb und die Unterrichtspflicht geregelt. Für sechs- bis zwölfjährige Kinder wurde eine einklassige Volksschule eingeführt. Nach dem Tod Maria Theresias gab es 500 dieser Trivialschulen. Damit gelang es aber noch keineswegs, alle Kinder zu unterrichten.

Funketiketten RFID - „radio-frequency identification“ lässt sich mit „Identifizierung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen“ übersetzen. RFID-Responder können so klein wie ein Reiskorn sein und implantiert werden. Ein System besteht aus einem Transponder, der den kennzeichnenden Code enthält, und einem Lesegerät, das den Code auslesen kann. Die Einsatzbereiche liegen in Zutrittskontrollsystemen, Zeiterfassungssystemen, aber auch der Verrechnung von Leistungen und Waren.

SALZBURGER FESTSPIELE 1N Z4HL3N

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95 Prozent betrug die Auslastung der Festspiele 2010. Rund 250.000 Gäste aus 72 Nationen besuchten in 35 Tagen an 14 Spielorten 190 Aufführungen in den Sparten Oper, Konzert und Schauspiel. 3.145 saisonal angestellte Mitarbeiter und 200 Ganzjahresbeschäftigte waren vor und hinter den Kulissen beschäftigt.

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Krankenanstalten in Österreich waren 2010 in folgende Versorgungssektoren unterteilt:

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Häuser Akut-Krankenanstalten

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Häuser Langzeitversorgung

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Häuser Rehabilitation

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Häuser Genesung/Kur

drei monate 3 Monate können die heimischen Kunden aus Inlandsproduktionen, Speichern und anderen Importquellen mit Gas versorgt werden. Mit diesen Vorräten liegt Österreich im europäischen Spitzenfeld.

monovalent und bivalent SEITE 20 Bivalent heißt, dass das Auto wahlweise mit Erdgas und Benzin betrieben werden kann, also über einen Erdgas- und einen Benzintank verfügt. Beim bivalenten Antrieb können die Kraftstoffe mittels Knopfdruck während der Fahrt problemlos gewechselt werden. Die Zukunft gehört jedoch der monovalenten Variante. Monovalente Fahrzeuge fahren nur mit Erdgas oder verfügen über einen kleinen Benzintank bis maximal 15 Liter. Durch die Optimierung auf Erdgas werden die Vorteile des Kraftstoffs besser genutzt als im bivalenten Antrieb.


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// INNOVATION

LTE Manche Digital Immigrants werden sich noch mit Schaudern an die Anfänge der digitalen Datenübertragung erinnern – das Summen und Surren in einer Ecke der Wohnung, während des InternetSurfens, oder das unmelodische dü-dü-dü beim Einwählen ins Internet. Immer ein wenig Spannung, ob das Modem die Verbindung zum World Wide Web auch schaffen würde. // Ines Schmiedmaier


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d

ann der zeilenweise Aufbau von Bildern, falls der Webdesigner sie nicht webkonform komprimiert hatte. Minutenlanger Download von EMails, denen ein zu großes Attachement angehängt war … Geübte deaktivierten im Browser die Anzeige von Grafiken beim Surfen sogar, um Textinformationen schneller laden zu können. Ach ja, und telefonieren konnte man auch nicht zur gleichen Zeit. Zumindest nicht vom Festnetz, denn in der Buchse für das Telefon steckte ja das Modemkabel.

Internet verbunden sein können und drahtlosen, ortsunabhängigen Breitband-Internetzugang gewährleisten. Jeder Standort wird individuell umgerüstet

Doch bevor das neue Netz zur Verfügung steht, müssen die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Der neue LTEStandard setzt auf den bestehenden Infrastrukturen der UMTS- und der GSM-Netze auf.

– eine Vielzahl von Faktoren mit bedacht werden. Eigentümer der bestehenden Funkstandorte müssen über bevorstehende Baumaßnahmen informiert werden oder Anpassungen in Gestattungsverträgen zustimmen. Die Planung ist im Vorfeld genau abzustimmen, um Interferenzen zwischen den Funkfeldern der jeweiligen Anlagenbetreiber zu vermeiden. In Deutschland wird die Funkversorgung von der Bundesnetzagentur reguliert.

Für jeden Standort gibt es individuelle Ansprechpartner, die auch von Region zu Region variieren.

Das Herzstück ist die Projektdatenbank

Ortsunabhängiger Breitband-Internetzugang mit 4G-Standard

Die Kids von heute, deren Finger mit den Touch-Screens ihrer Mobile Devices bereits verwachsen zu sein scheinen, können sich das gar nicht mehr vorstellen. Für sie ist die Übertragung von Sprache, Daten, Videos und Bildern von einem einzigen Gerät selbstverständlich geworden. Was heute in den eigenen vier Wänden mittels WLAN möglich ist, nämlich auch zeitkritische Anwendungen wie Spiele und Videos, Fernsehsendungen und Internetradio „ruckelfrei“ zu nutzen, soll nun immer und überall verfügbar sein. Mit LTE (Long Term Evolution) sollen Endgeräte permanent mit dem

Welche bestehenden Standorte sich für die Umrüstung eignen, entscheidet zumeist die Funkplanung. Abhängig von der Reichweite der Funkzellen, der Bevölkerungsdichte und Topologie ergibt sich die optimale Verteilung und Lage der Standorte. Bei bestehenden Standorten werden vorhandene Infrastrukturen nur noch erweitert, Antennenanlagen ergänzt und ausgerichtet, die Übertragungssysteme installiert und die Anlage in Betrieb genommen. Muss ein Standort neu errichtet werden, müssen Tragekonstruktionen auf den umliegenden Dächern oder Masten befestigt werden. Doch nicht nur die Funktechnik ist entscheidend. Schon während der Planung muss – ähnlich wie bei einer Baugenehmigung

Eine besondere Herausforderung bei solchen Projekten, die hunderte einzelner Baustellen umfassen, liegt in der sorgfältigen Ressourcenplanung im Vorfeld und einem immer verfügbaren Überblick über den Status der Einzelprojekte. „Das

MMS, Video Chat, HD-Radio, mobile TV, HD TV, DVB und normales Telefonieren soll in diesem Netz möglich sein.

LTE-Sende-/Empfangseinheit (RRU - Remote Radio Unit)

facts

& figures

LTE-Geschwindigkeit Die Geschwindigkeit beim neuen LTE-Standard soll bis zu 100 mbit/sec im Download und ca. 50 mbit im Upload betragen – sie übertrifft damit UMTS um ein Vielfaches. So werden (Stand März 2010) mit UMTS maximale Geschwindigkeiten von 3,6 bis 7,2 mbit/sec erreicht. In Vorführungen wurden mit Hilfe von LTE bereits astronomische Werte von 1,3 Gbit (150 MB pro Sekunde!) vorgeführt, dies entspräche dem 180-fachen der aktuellen UMTS (Höchst-) Geschwindigkeit. Die Ziele für LTE sind die Verbesserung der Effizienz, eine Senkung der Kosten, die Verbesserung der Dienstleistungen und die Nutzung der neuen Frequenzen sowie eine bessere Integration mit anderen offenen Standards.

Ü

www.mobiles-lte-internet.de/lte-technik


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// INNOVATION

SHORTCUT Digital Natives vs. Digital Immigrants „Digital Natives“ (dt.: Digitale Eingeborene) sind Personen, die mit digitalen Kommunikationstechnologien wie Computer, Internet, Mobiltelefonie und digitalen Dateiformaten wie MP3 aufgewachsen sind. Sie zeichnen sich durch schnelle Informationsaufnahme und –verarbeitung, MultitaskingFähigkeit, „Hyperlinking“ anstelle einer linearen Denkweise, Lernen mittels Trial-Error-Prinzip, eine hohe Affinität zu Spielen und Feedback –Mechanismen sowie die Tendenz zu Teamwork aus. Im Gegenzug dazu haben die „Digital Immigrants“ (dt.: Digitale Einwanderer) diese Technologien erst im Erwachsenenalter erlernt und ihre digitale Umwelt für sich adaptiert, indem zum Beispiel E-Mails ausgedruckt werden oder Websites gemeinsam angeschaut werden, anstatt Links zu verschicken.

Das Vergessen von einzelnen Komponenten kostet Zeit und Geld.

Richtfunksystem zur Datennetzanbindung

Herzstück dabei ist eine umfassende Datenbank, in der alle Baustellen detailliert erfasst sind“, berichtet Axel Lange von ALPINE-ENERGIE, „alle Projektmitarbeiter greifen auf die Datenbank zu“, so Lange weiter. Damit ist es den Projektverantwortlichen möglich, dem Auftraggeber, das sind in der Regel die Netzbetreiber, über den Status jeder einzelnen Baustelle sowie über den Gesamtstatus des Roll-outs Auskunft zu geben. Die Datenbank enthält genaue Informationen über Plan- und IST-Stände einzelner Funkstandorte und gibt Aufschluss über die Erreichung wesentlicher Meilensteine.

Verzögerungen und Anfahrtspläne zu den einzelnen Funkstandorten. Die Prozesse selbst, mit denen ein neuer Standard eingeführt wird, sind in einzelnen Prozessschritten definiert und sehr eng mit den Prozessen der Netzbetreiber verzahnt. Oft verschieben sich jedoch die Zeitpläne, wenn eine Genehmigung fehlt oder die Witterung die Bautätigkeit nicht zulässt. Mit fortschreitendem Projekt laufen die Zeitschienen der Einzelprojekte oft weit auseinander. Ohne Datenbank wäre es daher kaum möglich, den Überblick zu bewahren.

Kein Überblick ohne

Montag früh beladen die Monteure, die in Teams von zwei oder drei Technikern arbeiten, ihre Autos mit Stahl-, Elektro- und Kommunikationsbauteilen. Die ganze Woche über fahren sie die Standorte auf ihrer individuell geplanten Route an. Genaue Stücklisten geben darüber Auskunft, was mitgenommen werden muss. Vergessen kos-

Datenbank

Detaillierte Informationen wie Namen und Telefonnummern von Standorteigentümern, Behörden und Ansprechpartner der Netzbetreiber – die von Standort zu Standort variieren können - werden genauso erfasst wie die Gründe für

20 sec.

Die Monteure sind Nomaden

tet Zeit und Geld - denn wenn ein Teil fehlt, muss vor Ort für Ersatz gesorgt werden. Denn die Niederlassung und damit das Materiallager liegen oft hunderte Kilometer entfernt. Zudem sind spezielle Montagekomponenten nicht überall erhältlich. Flächendeckende Roll-outs finden alle paar Jahre statt, meist wenn eine neue Technologie eingeführt werden soll. Dann werden Mitarbeiter vielerorts gebraucht. Die Ressourcenplanung bei ALPINEENERGIE ist grenzüberschreitend, ein Austausch innerhalb der Ländergesellschaften findet statt. 2011 arbeiteten österreichische Monteure in Mecklenburg-Vorpommern und Schweizer Kollegen in Frankreich, Deutschland und Luxemburg. Flexibel müssen die Techniker sein, denn die Funkstandorte können überall sein – von den ostfriesischen Inseln bis zur Zugspitze oder vom Montblanc-Massiv bis nach Budapest. //

// LTE-ROLL-OUT IN DEUTSCHLAND

Zuerst soll die Netzabdeckung in den ländlichen Gebieten erfolgen, erst dann werden die Ballungsräume umgerüstet. Der Roll-out des UMTS-Standards erfolgte umgekehrt. Nach der Versteigerung der UMTS-Lizenzen an die Netzbetreiber 2001 musste eine Netzabdeckung von 50 % innerhalb von 5 Jahren in der Gesamtbevölkerung erreicht werden. Zuerst wurden die Ballungszentren und die stark frequentierten Verkehrswege abgedeckt, die ländlichen Regionen blieben unerschlossen, zum Teil sind sie es noch heute. Das soll sich jetzt ändern, auch in den kleinen Dörfern in dünn besiedelten Gebieten soll die Netzabdeckung mit dem neuen 4G-Standard zuerst erfolgen.


. aufgeladen

43 STROMTANKSTELLEN Die Anzahl an strombetriebenen Fahrzeugen ist im Steigen begriffen – schon in naher Zukunft soll ein flächendeckendes Netz an Stromtankstellen dafür sorgen, dass Fahrzeuge immer und überall „unter Strom“ stehen.

Energie tanken Ob daheim oder am Arbeitsplatz, in Parkhäusern, vor dem Supermarkt oder im öffentlichen Bereich - in wenigen Jahren wird es an vielen Plätzen möglich sein, Elektromobile ganz nebenbei zu laden.

ELEKTROMOBILE VIELFALT Die elektromobile Zukunft wird zunehmend bunter - neben Elektroautos sind auch immer mehr E-Bikes, E-Scooter und Segways auf den Straßen und Radwegen unterwegs.

ZAHLUNGSMÖGLICHKEITEN Je nach Ladesäulentyp erfolgt die Bezahlung über Kredit- oder EC-Karte, für beschränkte Nutzergruppen auch via Magnet- und RFID-Card. In absehbarer Zeit kann über Near Field Communication (NFC) auch per Handy abgerechnet werden.

REICHWEITE An über 80 % der Tage eines Jahres werden weniger als 40 Kilometer zurückgelegt. Die Summe der Tagesfahrleistungen unter 40 Kilometer entspricht mehr als 50 % der Jahresfahrleistung - damit wird Elektromobilität attraktiv.

www.alpine-energie.com

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Ü

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LADEDAUER Es wird zwischen Normalladung und Schnellladung unterschieden. Für eine typische Speichergröße von 20 kWh ergibt sich bei langsamer Heimladung eine Ladezeit von 5.5 h (3,7 kW/16 A – einphasig), mit optimierter Heimladestation 30 min. (22 kW/32 A – dreiphasig) und mit Schnellladung ca. 5 min (240 kW DC).


Salzburg44

// CITY PORTRAIT

zuFüßen des Mönchsbergs

In Salzburg gibt man sich gerne die Kugel. Meist bleibt es nicht bei einer. Man gibt die Kugel auch anderen. Ist der Gaumen erst einmal durch den Pistazienkern und seinen Nougatmantel verwöhnt, will er mehr. Seit mehr als hundert Jahren sorgt die vom Konditormeister Paul Fürst erfundene Mozartkugel für so manchen übergewichtigen Bauch, aber auch für den Treibstoff zur Stadterkundung. // Alexander Peer

D

abei war Fürst nicht einfach ein Marketingstratege, der von bloßem Kalkül getrieben war. W. A. Mozart gefiel ihm und seine verspielteste Konditorerfindung nach

dem Lieblingskomponisten zu benennen war schlicht ein Akt der Würdigung. Zu dumm: Da er die Mozartkugel nicht markenrechtlich schützen ließ, begannen bald

Kopisten den Lohn seiner Entwicklung einzuholen. Damit erging es dem Konditor ähnlich wie dem Genie, denn auch Mozart hatte – obwohl zweifelsfrei gut bezahlt – mit


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Backstube der Traditionskonditorei Fürst um 1905

Salzburger Festspiele, Felsenreitschule, Henry Purcells King Arthur unter der Regie von Jürgen Flimm

Intriganten, Dieben und Widersachern zu kämpfen. Es wundert etwas weniger, dass Mozart eisiger Wind entgegen wehte, wenn man sich die zweifelsfrei impulsive Art des Komponisten anschaulich macht: „Ich hoffe nicht, dass es nötig ist zu sagen, dass mir an Salzburg sehr wenig und am Erzbischof gar nichts gelegen ist und ich auf beides scheiße.“ So steht es in einem Brief von Mozart vom 12. Juli 1783. Der dänische Neurologe Rasmus Fog mutmaßt, dass Mozart am Gilles-de-la-Tourette-Syndrom litt, das heißt, er konnte gar nicht anders als schimpfen. Wäre es so, ließe sich sagen: So weit, so gut! Gehen wir vom Umkehrschluss aus. In Wahrheit liebte Mozart also Salzburg (und den Erzbischof), hatte jedoch gewiss nicht alle Tassen im Schrank … vielleicht nicht einmal eine.

148 763

Frivoles Flanieren Auch wenn die Stadt Salzburg mit ihrer überschaubaren Innenstadt Gäste dazu verführt, an eine leichte Eroberung zu denken, wird vielen klar, dass die Mozartkugeln auch eine wichtige Begleitung durch Kirchen, Museen und Kulturabende sein können. Stete Süßstoffzufuhr hat schon manchen Konzertbesucher abends durchhalten lassen, der am Nachmittag zuvor die Altstadt, dieses UNESCO-Weltkulturerbe, durchschritten hatte. Fast zwanzig barocke Kirchenbauten beweisen dem tapferen Wanderer nicht nur die Üppigkeit der Sakralarchitektur, sondern auch ob das passende Schuhwerk gewählt wurde. Dabei sind es gerade die Wege von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten, die es erlauben, ein richtiger Müßiggänger zu sein. Durch all die alten

Gässchen, sei es Getreidegasse, Judengasse, Goldgasse oder auch die Linzergasse, lässt es sich wunderbar flanieren, entlang von Andenkenladen mit „Kinkerlitzchen“, Kulinarischem oder Kunstdevotionalien, vorbei an allen stilbildenden Epochen, Bauwerken des Mittelalters wie romanischen bis klassizistischen Häusern. Dieses kleine, fast kitschige Reich der Salzburger Innenstadt zu erkunden und über die Salzach hinüber zum Schloss Mirabell und seinem verspielten Garten zu spazieren macht aus manchem Touristen einen Flaneur, der seinen neuen Beruf ernst nimmt und willens ist, darin Überstunden zu machen. Vielleicht findet sich ja gerade im Mirabellgarten der Seelenverwandte oder die Seelenverwandte, die bis dahin erfolglos im Internet gesucht wurde …

Museen und Ausstellungsorte

gen Durchhäuser und Innenhöfe vermitteln ein in sich geschlossenes Bild einer mittelalterlich geprägten Straße.

Franz&Maria

2 193 020

Die häufigsten Vornamen bis zum Jahr 2000

17 + 62 2 173 Personen mit Hauptwohnsitz (2011)

Die vielgestalti-

Übernachtungen im Jahr 2010 in allen Salzburger Beherbergungsbetrieben

Durchschnittseinkommen (m/w) in Euro


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// PORTRAIT

798

zum Sitz des Erzbischofs erwählt

11. Jh.

Erste Bautätigkeit zur Festung Hohensalzburg (eine der größ-

Blick auf die Salzburger Altstadt

ten europäischen Burganlagen des Mittelalters)

17. Jh.

Ausbau zur Residenzstadt

1860

Beginn des Abrisses der Stadtbefestigungen

1944/45

Große Teile der Stadt werden durch Fliegerbomben aus den USA beschädigt.

1972

Von Salzburg ausgehend expandiert ALPINE in alle Bundesländer.

Da Salzburg jedoch eine Stadt ist, die sich durch ihr fast 4.000 Veranstaltungen bietendes Kulturprogramm einen internationalen Rang erworben hat, ist der Abend noch lange nicht das Ende des Tages. Manche meinen, er beginne erst dann. Weltberühmt sind die seit 1920 beeindruckenden Festspiele mit ihrem jährlich von Juli bis September stattfindenden Reigen an Theaterstücken, Opern, szenischen Lesungen und vielem mehr. Tatsächlich ist Salzburg zu einer Bühne für alle Disziplinen geworden und bietet zu jeder Jahreszeit triftige Gründe für Besuche an. Mit dem Literaturhaus Salzburg in der Strubergasse 23 zeigen Stadt und Land ferner, dass nicht nur die Geschichte der Literatur eine Bedeutung hat. Die Salzburger AutorInnen-Gruppe ist eine von mehreren Initiativen, die versuchen, den zeitgenössischen SchriftstellerInnen ein wenig mehr an Öffentlichkeit zu geben.

1

Moderne mag man eben Erst vor kurzem ist auf dem Mönchsberg, auf welchem die niemals eroberte Festung Hohensalzburg thront, ein architektonischer Kontrapunkt gesetzt worden, der als Zeitklammer der verschiedenen Hochzeiten der Stadt verstanden werden kann: das Museum der Moderne Mönchsberg. In seiner kubischen Form repräsentiert es nicht nur die Aktualität der bildenden Kunst, sondern auch eine Gegenwart, die immer auf dem Sprung in die Zukunft ist. Am anderen Ende des Plateaus manifestiert sich mit der Burg der Beginn der Größe Salzburgs als Sitz des Erzbischofs. In Salzburg weiß man außerdem sehr genau, dass die Gefahr, zum anachronistischen Freistadt-Museum zu werden, ernst zu nehmen ist, will man im globalen Wettbewerb der Städte nicht aus den vorderen

Rängen abrutschen. Zu der Vielfalt gehört auch die ökonomische Qualität der Bundeshauptstadt. ALPINE hat zahlreiche Projekte in Salzburg erfolgreich und stilbildend abgewickelt. Ein ganz aktuelles Beispiel ist die Fertigstellung der neuen Multifunktionshalle im Messezentrum Salzburg im vergangenen Herbst. Beachtliche 502.045 Besucher zählte das Messezentrum 2009. In Kürze wird der Tagungsbereich eröffnet: Eine besondere Herausforderung dieses Projektes war die Aufbereitung des schwierigen Untergrunds. Drei Kilometer Pfähle wurden benötigt, 30.000 m³ Erdmassen bewegt sowie 25.000 m³ Beton und 5.000 Tonnen Stahl verbaut. ALPINE hat damit einmal mehr gezeigt, dass zeitgenössischer Gewerbebau eben nicht „Jedermanns“ Sache ist. //

ALPINE Projekte in Salzburg 1 Messezentrum Salzburg // 2 Wissenspark Urstein (Fachhochschule Salzburg) // 3 Red Bull Arena Salzburg // Bürogebäude der Wirtschaftskammer Salzburg // Parklife Lehen Wohnbau- und Seniorenwohnprojekt // Neubau Kinderzentrum am Landeskrankenhaus Salzburg // AMEDIA Hotel

2

3


einblicke SEITE 40

SEITE 36

mehr platz 80 m2 Nutzfläche je Wohnung / je Bewohner 70 m2

MILESTONE Als Meilenstein werden (engl. Milestone, ugs. Markstein) Unteroder Zwischenziele im Projektmanagement bezeichnet. Meilensteine sind relevante Überprüfungspunkte bei der Zielerreichung eines Projekts. Sie sind qualitativ und quantitativ kontrollierbar, in der Anzahl überschaubar und stellen sicher, dass das Projekt auf Kurs ist.

Wein statt (Steinbruch-)Wüste Im Kalkwerk Istein in Baden-Württemberg bringen heute rund sechs Hektar Rebflächen edle Tropfen hervor, wo früher kräftig abgebaut wurde. Mit der Rekultivierung des stillgelegten Teils wurde in den 1980er Jahren begonnen. Neben dem regionstypischen „Markgräfler“ gedeihen hier u. a. auch Pinot Noir, Merlot, Weißburgunder und Riesling. SEITE 48

steinalt … ist die unter jungen Männern wieder beliebte Sportart des Steinschleuderns auf den Baleareninseln. Dabei werden mandarinengroße Steine, vom Schützen an einem jeweiligen Lieblingsplatz eigenhändig gesammelt, mit einer selbstgebauten Steinschleuder mit bis zu 200 km/h auf eine 100 Meter entfernte, ca. 40 cm große gusseiserne Zielscheibe geschleudert. Trifft der Schütze ins Schwarze, zerbirst der Stein in seine Einzelteile. Schon in der Antike waren die Einwohner der Inseln für ihre Treffsicherheit bekannt. SEITE 48

60 m2 50 m2 40 m2 30 m2 20 m2 10 m2

1961

1971

1981

1991

2001

Seit 1961 stieg die durchschnittliche Wohnnutzfläche in Wien pro Person um ca. 72 Prozent an.

25%

SEITE 20

Rund 25 Prozent mehr Erdgas werden bei länger anhaltenden Temperaturen um die –10 Grad Celsius verbraucht.

gas geben SEITE 20

Gas geben bekommt eine neue Bedeutung: Das Erdgasauto ist ganz klarer Testsieger in puncto Umweltverträglichkeit und wirtschaftlicher Betrieb. Es emittierte im dichten Stadtverkehr zehn Prozent weniger Kohlendioxid als die Konkurrenten. Der Ausstoß an Ruß war sogar 85 Prozent geringer als beim Diesel-Pendant ohne Partikelfilter.


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// RESSOURCEN

Zurück zur Natur RENATURIERUNG Steinbrüche assoziieren wir in erster Linie mit reger Bautätigkeit und Lärm. Mitunter schreiben sie durch Anrainerproteste Schlagzeilen. Inside hat sich auf Spurensuche begeben, was passiert, wenn die „Löcher in der Landschaft“ ihre Aufgabe als Lieferant von mineralischen Rohstoffen erfüllt haben. // Michaela Hocek

d

as Schlagwort „Nachhaltigkeit“ hat sich in den letzten Jahren in unserem Wortschatz fix etabliert und wird beinahe schon inflationär benutzt. Dass das Bewusstsein für Umweltschutz und Ressourcenschonung aus dem Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken ist, ist jedoch unumstritten. Dass für den Städte- und Straßenbau nach wie vor Tonnen von Gesteinsmassen benötigt werden, ist ebenso Fakt. Während die Bedeutung von Recyclingmaterialien, wie Asphalt- und Betonbruch oder wiederverwertbaren Ziegelmischungen steigt, sind weiterhin frisch abgebaute mineralische Rohstoffe gefragt. Die Höhe des Anteils von altem und neuem Material variiert je nach Einsatzgebiet. Steinbrüche bleiben somit ein unverzichtbarer Bestandteil der Bauindustrie. Nach deren Stilllegung liegt der Fokus auf der Renaturierung der

stummen Zeugen des Fortschritts. Der Wandel von der tristen Steinlandschaft zur wiederaufkeimenden Naturoase vollzieht sich in anschaulicher Gemütlichkeit. Die Saat geht auf

Die ersten Überlegungen drehen sich um die Weiterverwendung stillgelegter Steinbrüche. Von Rekultivierung spricht man, wenn an eine Nachnutzung unter land- oder forstwirtschaftlichen Aspekten gedacht wird. Der Anbau von Energiepflanzen ist eine Möglichkeit. Hier eignen sich beispielsweise Elefantengras oder Pappeln für die Erzeugung von Biomasse. Rentabel ist dieser Weg allerdings nur, wenn der Zugang mit Maschinen möglich ist. Bei der sogenannten Renaturierung werden keine direkten ökonomischen Ziele ver-

Fachbegriffe Renaturierung Anstreben des ursprünglichen Erscheinungsbildes der jeweiligen Region und die Schaffung naturnaher Lebensräume mit gezielter Bepflanzung ohne direkten ökonomischen Nutzen.

Rekultivierung Bepflanzung, die eine Nachnutzung für Land- oder Forstwirtschaft ermöglicht. Sukzession Natürliche Entwicklung ohne menschliches Zutun. Ingenieurbiologie Wissen und Einsatz von Pflanzen, die Landschaftsschäden – vor allem der Erosion – vorbeugen. Berme Horizontaler Abschnitt, der die Sicherheit bei Dämmen, Baugruben und Hängen erhöht, indem der Druck auf das Erdreich genommen wird. Bei Erdrutschen haben sie die Aufgabe, Material abzufangen.


49 folgt. Fauna und Flora erobern möglichst ungestört ihr Terrain zurück. Meistens ist die Wiederherstellung des Ursprungszustands das Ziel. Zu diesem Zweck wird nach der Auffüllung mit mineralischer Baurestmasse, die aus Aushubmaterial und Bauschutt besteht, eine Rekultivierungsschicht mit humusreichem Oberboden aufgebracht. Für die Rückkehr zu Waldflächen werden Mischungen von Gehölzsamen ausgesät. Für größtmöglichen Erfolg wird mit autochthonem (= gebietstypischem) Saatgut gearbeitet, welches das gute Anwachsen von ortsüblichen Bäumen, Sträuchern, Gräsern und Kräutern fördert.

Gleichgewicht des Wienerwalds auf dem Areal wiederhergestellt ist. Heutige Deponiestraßen werden in Zukunft als Forststraßen fungieren. Die Lehm-Dichtschicht, die hier bei der Renaturierung zusätzlich angebracht wurde, erfüllt ihre Schutzfunktion und sichert das Grundwasser. Das Problem der steilen Flächen wurde hier mit „learning by doing“ gelöst. Nachdem fetter Humus nach ausdauerndem Regen auf dem Lehm abrutschte, wurde er mit Trockenboden vermischt, um die Oberflächenstabilität zu erhöhen.

Auf Nummer Sicher gehen

Allgemein gilt es das Abrutschen von Hängen bei hohen Bruchwänden zu verhindern. Ein sensibler Prozess bei der Renaturierung ist das Anlegen von Bermen. Diese horizontalen Absätze bilden Terrassen, die den Druck der Gesteinsmassen dezimieren und im Notfall ihre Auffangfunktion erfüllen. Ein versierter Forscher auf diesem Gebiet ist Florin Florineth, der Leiter des Instituts für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau an der Wiener BOKU. Wenn es darum geht, von der beim Abbau entstandenen Etagenform und senkrechten Wänden zum Bild des natürlichen Felsbruchs zurückzukehren, ist er der richtige Ansprechpartner. Seine Erkenntnisse rund um Struktursprengungen tragen maßgeblich dazu bei, dass Sprühsaat auf rauen Oberflächen Fuß fassen kann. Die begrünten Flächen sind spätestens nach zwei Jahrzehnten nicht mehr als ehemalige Steinbrüche auszumachen und geben nicht selten gefährdeten Tier- und Pflanzenarten eine neue Heimat. //

Pflanzenvielfalt ist erstrebenswert, um die Erosion auf steilen Böschungen einzudämmen. Während schnell keimende Gewächse den Boden mit einer Vegetationsdecke befestigen, können Bäume in aller Ruhe heranreifen. Zusätzlich locken Samen, Beeren und Fruchtstände Tiere an und der Naturkreislauf beginnt sich zu regenerieren. In der Praxis ist die Artenvielfalt nach abgeschlossener Renaturierung häufig umfangreicher als im Originalzustand. Geringe Wartungskosten werden mit einem Mix angestrebt, der keine künstliche Bewässerung benötigt und das Schneiden von Büschen oder Mähen von Gräsern erspart. Prädestiniert sind immergrüne, ganzjährige Pflanzen. Tief wurzelnde Gewächse, die in die Dichtschicht eindringen könnten, oder zu hohe Pflanzen, die kippen könnten, werden vermieden. Fachexperten aus den Bereichen Naturschutz, Forstverwaltung und Vertreter der Gemeinden entscheiden von Steinbruch zu Steinbruch, wie die Renaturierung auszusehen hat. Die Qualitätskriterien steigen, wenn statt der Forstwirtschaft der Nahrungspfad betroffen ist. Grundsätzlich gilt: „Es muss nicht sauberer als das Nebengrundstück sein“, verrät Ökotechna-Geschäftsführer Günter Gretzmacher bei einem Rundgang auf seinem Betriebsgelände für Entsorgungs- und Umwelttechnik in Perchtoldsdorf. Er ist zuversichtlich, dass die vollständige Bepflanzung der Deponie in fünf bis sieben Jahren abgeschlossen ist und das ökologische

Finale Sprengungen

Vorzeigeprojekte in Österreich Mit Struktursprengungen bekommen ehemalige Steinbrüche ein naturnahes Facelifting. Mit rauen und geneigten Flächen wird natürlicher Felsbruch nachgeahmt und eine großflächigere Begrünung möglich. Bad Häring Im Westen Österreichs findet sich in der Nähe von Kufstein „Am Pölven“ ein alpiner Kalksteinbruch in einem Kurgebiet. Seit 1998 begleiten DiplomandInnen des Studienzweiges Ingenieurbiologie und Landschaftsbau der Universität für Bodenkultur Wien den Renaturierungsverlauf. Umringt von Fichtenwald wurden vor rund vierzehn Jahren Gräser-Kräutermischungen und Gehölzsaat aufgebracht, die gemeinsam mit Spontanvegetation für erfolgreiche Felsbesiedelung gesorgt haben. Berndorf Erschwerten Bedingungen ist Steinbruch „Andrea“ im niederösterreichischen Berndorf ausgesetzt. Extreme Witterung, die Lage in einem Kessel und die erhöhte Erosion des Dolomitgesteins sind Wachstumshemmer, denen zu Beginn der Renaturierung mit einer Heumulchdecke getrotzt wurde. Schafgarbe, Klee und Spitzwegerich setzten sich früh durch. Und auch der Baumbestand hat sich im Lauf der Jahre mit dem Klima arrangiert.


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ERBAULICHES

// IMPRESSUM

kOLUMNE von andree bock

Daumen hoch für die modernen Gladiatoren Diese Kolumne hat sich beinahe von selbst geschrieben, denn ich hatte die seltene Gelegenheit, mein Lieblingsthema Fußball aufzugreifen. Eigentlich, so die Vorgabe des Chefredakteurs, soll diese Kolumne ja „etwas mit Bauen“ zu tun haben. Kinderspiel, denn wir schreiben das Jahr 2012, die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine steht vor der Tür und ALPINE hat in Warschau das Nationalstadion gebaut – eines der modernsten Fußballstadien der Welt, in dem das Eröffnungsspiel der EM ausgetragen wird. Ist Ihnen übrigens auch aufgefallen, dass die wenigsten Fußball-Stadien noch so genannt werden, sondern heutzutage „Arena“ heißen? Arena ist das lateinische Wort für Sand. Es bezeichnete ursprünglich mit Sand bedeckte Plätze, die für kultische Wettkämpfe genutzt wurden. Gladiatorenkämpfe beispielsweise. Und irgendwie ist das Bild der Gladiatoren in den Arenen stimmig, denn man kann die Fußballer von heute sehr gut mit den Gladiatoren von früher vergleichen. Gut ausgebildete Athleten, die sich zur Belustigung des Volkes messen, Mann gegen Mann. (Wobei im modernen Fußball natürlich die Raumdeckung praktiziert wird und statt Dreizack und Netz heute Abseitsfallen zum Einsatz kommen.) Die Arenen boten und bieten Platz für Zigtausende Menschen.

Aber dort, wo früher Otternasen feilgeboten wurden, werden heute Bratwürste verkauft. Wo früher vergorener Wein aus Tonkrügen getrunken wurde, strömt heute gekühltes Bier durch Hunderte Meter Rohrsysteme in die vom Singen durstigen Kehlen der Zuschauer. Wo früher der Daumen gehoben oder gesenkt und über Leben und Tod entschieden wurde, werden heutzutage vergoldete Pokale überreicht. Die verstauben dann zwar in irgendwelchen Vitrinen und dienen neben der schönen Erinnerung hauptsächlich dem Vergolden von Werbeverträgen, aber da sage noch einer, früher sei alles besser gewesen. Der Sport nicht, denn irgendwie erscheint mir die Philosophie des „11 Freunde müsst ihr sein“ sympathischer als das „morituri te salutant“ der Todgeweihten. Jeder Fußballer (mit Ausnahme der Torhüter) liebt die neuen Bälle, die nicht mehr aus sechseckigen Lederstücken gefertigt werden und gefühlte 10 Liter Wasser speichern können, sondern aus Kunststoff und deswegen den Regen abweisen. Und schon gar nicht die Arenen. Auf Rasen spielt es sich einfach besser Fußball als auf Sand. Und seien Sie versichert, dass die von ALPINE gebauten Arenen im Gegensatz zum römischen Kolosseum nicht erst zur Ruine werden müssen, um eine Touristenattraktion zu sein. In diesem Sinne: Gutes Spiel!

Herausgeber - ALPINE Holding GmbH Marketing & Konzernkommunikation Alte Bundesstraße 10 · 5071 Wals / Salzburg · Österreich Telefon +43 662 8582-0 · Fax -9900 · inside@alpine.at www.alpine.at chefredaktion - Andreas Eder Redaktion - Ines Schmiedmaier DESIGN / art direKtion - Florian Frandl Autoren dieser Ausgabe - Andree Bock, Michaela Hocek, Michael Kriess, Karin Legat, Alexander Peer, Claudia Riedmann, Ines Schmiedmaier Konzept & Organisation - Marina Pollhammer bildnachweis - Accumulata Immobilien Development, LBBW Immobilien Management S. 38 (oben) // ajce.or.jp S. 11 (FIDIC Books) // ARGE ARCHITEKTEN Landesklinikum Weinviertel Mistelbach Moser Architekten ZT GmbH / Maurer & Partner ZT GmbH S. 1, 18 (Visualisierungen) // blog. ottonenzeit.de S. 47 (Steinschleuder) // Café-Konditorei Fürst GmbH S. 45 (Backstube, Mozartkugel) // Harald Sahling, Glamourshots S. 30 (Aichinger) // Jaka Jerasa/Luka Koper S. 24-25 (Blick auf den Hafen) // Josef Manner & Comp. AG S. 26 (Ildefonso) // Matthias Steffen S. 38 (Mitte) // Partner ZT GmbH S. 1, 18 (Visualisierungen) // Luigi Caputo S. 30 (rechts) // Salzburg Tourismus S. 19 (Salzburger Nockerl), S. 44 (Mirabellgarten), S. 45 (Salzburger Festspiele Felsenreitschule) // Sandvik S. 26 (Teilschnittmaschine) // Vermietungs- und Verwaltungsgesellschaft Sendlinger Straße GmbH & Co. KG S. 38 (unten) // Wikipedia S. 22, 33ff (Molche, Juchtenkäfer) // WKO-Geschäftsstelle Bau S. 30 (Scherer) // istockphoto.com/peepo S. 12 (contract series) // istockphoto.com/J-Elgaard S. 11-12 (Business man hand writing on paper) // istockphoto.com/VILevi S. 14-15 (hospital doctors surgery corridor) // istockphoto.com/ Zirafek S. 19 (Black Gold) // istockphoto.com/stevegeer S. 19 (Swiss Flag and Lake Geneva) // istockphoto.com/alexsl S. 19 (Cloud Computing) // istockphoto.com/ZU_09 S. 20 (Pipeline construction) // istockphoto.com/AlesVeluscek S. 20 (Piran, Slovenia) // istockphoto.com/Kuzma S. 28-29 (Measuring) // istockphoto.com/oneclearvision S. 31 (Red Asian Lanterns) // istockphoto.com/TommL S. 31 (Singapore Skyline) // istockphoto.com/wakila S. 32 (Streik) // istockphoto.com/ elxeneize S. 36 (Windows of two rehabilitated townhouses) // istockphoto.com/Mitshu S. 37 (Open door) // istockphoto. com/golovorez S. 39 (Chalkboard) // istockphoto.com/JacobH S. 39 (RFID Tag) // istockphoto.com/Daft_Lion_Studio S. 39 (Stethoscope) // istockphoto.com/DoodleDance S. 39 (Gasoline Pump) // istockphoto.com/kunjiang S. 47 (Progress) // istockphoto.com/DaveLongMedia S. 46 (Salzburg Summer Evening) // istockphoto.com/pixhook S. 47 (Grapes) // istockphoto.com/pagadesign S. 47 (eco supercar) // istockphoto.com/lorenzo104 S. 48-49 (Green Grapes on Vine) // istockphoto.com/RusN S. 50 (pebble pyramid) // Restliche Bilder: ALPINE Bildarchiv, ALPINE-ENERGIE, Privat Druck - Friedrich VDV GmbH & Co. KG Erscheinungsweise - 2 x jährlich - Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. - Das Magazin liegt ebenfalls in englischer Übersetzung vor. Bei Abweichungen gilt die deutsche Fassung. - Satz- & Druckfehler vorbehalten. - Alle Angaben in dieser Ausgabe erfolgen trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr; eine Haftung der ALPINE Holding GmbH wird ausdrücklich ausgeschlossen.


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