INSIDE 5

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2. 2011 // Das Konzern-Magazin von ALPINE

Br端ckenZwilling

PROJEKT

UNTERNEHMEN

DOSSIER

Bauen mit Aussicht

Gute Nachbarschaft

Licht


Beška-Brücke / RS SEITE 14


03

// 2.2011

Editorial Liebe Leserinnen und Leser, wir wurden erleuchtet! Und Sie wollen das sicher auch. Denn streben wir nicht alle danach, nach Erleuchtung? Doch dafür braucht es Licht. Nur Licht erhellt das Universum. Es ist Grundlage und Voraussetzung für Leben. Und es ist ein wesentliches Element im Leistungsspektrum unseres Unternehmens. Also haben wir ein Dossier eingeführt, das sich in seinem erstmaligen Erscheinen gebührend diesem physikalischen Wunder widmet. Wenn Sie also einen Weg zur Erleuchtung suchen – jetzt ist es nicht mehr weit. Sollte es wider Erwarten nicht klappen, dann können Sie am Ende wenigstens guten Gewissens behaupten, Sie haben etwas dazugelernt.

Andreas Eder ALPINE Marketingleitung

Dazulernen werden Sie auch auf den restlichen Seiten viel. Es ist viel Erhellendes dabei. Zum Beispiel das charmante und intelligente Interview mit einer außergewöhnlichen Frau. Wir hatten die große Ehre, einer Persönlichkeit von Weltruf Fragen stellen zu dürfen. Frau Benita Ferrero-Waldner hat uns im altehrwürdigen Ambiente des Hotel Sacher in Wien auf sympathischste Art und Weise Antworten gegeben. Ich möchte Sie an dieser Stelle vorwarnen. Es könnte der Eindruck entstehen, wir hätten unseren Blick diesmal nicht sehr weit schweifen lassen: Gleich mehrere Artikel widmen sich österreichischen Themen. Unsere internationalen Leser mögen das verzeihen. Doch hier ist die Heimat von ALPINE. Und das Unternehmen kennt man erst, wenn man seine Niederlassungen kennt. Davon gibt es viele. Aus gutem Grund. Zugegeben, dafür muss man ein wenig die österreichische Seele verstehen. Man hat es gern persönlich und familiär. Das haben wir früh erkannt und entsprechend reagiert, indem wir vor Ort gezogen sind. In der breiten Brust von ALPINE leben zwei Seelen. Bei großen, internationalen Projekten brauchen wir die Eigenschaften und Fähigkeiten eines Konzerns, aber in Österreich, da ist es auch schön, wenn manchmal eine vertraute Person in meiner Tür steht und mir die Hand schüttelt. Weil wir das auch gut finden, aber selten jemand darüber spricht, haben wir dieses Thema aufgegriffen. Aber keine Sorge: Unser Blick richtet sich auch wieder in die Ferne. Sie können mit uns z. B. im Geiste nach Indien wandern. Aus unserem üblichen Städteporträt wurde nämlich dieses Mal ein Länderporträt. Falls Sie noch nie in Indien waren, nach diesem Bericht werden Sie denken, Sie waren es. Ich selbst habe mich danach mit dem Gedanken einer zweiten Staatsbürgerschaft getragen. Denn wenn man sich hinreißen ließe, dann könnte man auf die Idee kommen, die indische und die österreichische Seele sind sich in vielen Dingen gar nicht unähnlich. Um nicht zu sagen so etwas wie Zwillinge. Kennen Sie Zwillinge? Oder sind Sie gar einer? Also nicht im Sternzeichen, sondern mit optisch gleich aussehenden Geschwistern. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Wir hatten auch viele Jahre intensiv mit einem Zwilling zu tun. Einem Brückenzwilling. Bei denen ist der Altersunterschied allerdings ein paar Jahrzehnte. Sie kamen also nicht zur selben Zeit auf die Welt. Die Geburt war trotzdem eine schwere. Wenn nicht sogar deshalb. Am besten Sie lesen es nach und bilden sich Ihr eigenes Urteil. Am Ende jedenfalls standen sie in ihrer vollen Pracht und Spannweite da. Bestimmt sind sie Ihnen auf unserer aktuellen Titelseite schon aufgefallen. An dieser Stelle kann ich in gewohnter Manier nur sagen, es warten viele Seiten darauf, von Ihnen gelesen zu werden. Dieses Mal sogar mehr als üblich, wir mussten um vier Seiten aufstocken. Ich hoffe, Sie finden Erleuchtung. Wenn nicht, dann soll unser Magazin wenigstens ein wenig Licht in Ihren Alltag bringen. Wir alle wissen, wie wichtig das ist. Haben Sie Freude an den Inhalten und bleiben Sie uns treu.


// INHALT Das Konzern-Magazin von ALPINE

Weitere Inhalte im Web aktuell auf

Ausgabe 5 / Oktober 2011

INSIDE.alpine.at

Ü

INTERVIEW

06

Leadership ist in der Politik ebenso wichtig wie in der Wirtschaft

MARKT

10

Zukunft Energiewende

PROJEKT

14

Brückenzwilling

19

Einblicke

20

Bauen mit Aussicht

24

Aus Holz gebaut

26

Gute Nachbarschaft

29

Expats // Alta

30

Miteinander reden

32

Zuhause auf Zeit

35

Einblicke

36

Und ... Action

38

Nichts für Anfänger

INNOVATION

40

Ein Baustoff, viele Gesichter

PORTRAIT

42

Der ganz normale Wahnsinn. Eine Annäherung an Indien.

45

Einblicke

46

Licht fürs Leben

50

Mit Lichtgeschwindigkeit in die Zukunft

52

Unendlich viel Energie

54

Erbauliches // Gentrifizierung – Risiko oder Chance?

54

Impressum

UNTERNEHMEN

LEBENSRÄUME

TECHNOLOGIE

DOSSIER


05

// TOP-THEMEN

BEŠKA-BRÜCKE

Brückenzwilling

Mit ihren 2.200 Metern Länge ist die Beška-Brücke die längste Donaubrücke überhaupt. Ein junges internationales Team hat nun die enorme Herausforderung bewältigt, diesem gigantischen Bauwerk eine „Zwillingsbrücke“ zur Seite zu stellen. Was einfach klingen mag, hat in Wahrheit viel Einsatz und eine gehörige Portion Geduld gefordert.

14 BAUEN IM ALPINEN RAUM

Bauen mit Aussicht

Bauprojekte im alpinen Raum fordern den verantwortlichen Teams alles ab. Dort zu arbeiten, wo andere nur mit Pickel und Steigeisen unterwegs sind, ist echte Knochenarbeit: Schnee und Eis, unwegsames Gelände und rasante Wetterveränderungen machen eine vorausschauende Planung und viel Handarbeit notwendig.

20 REGIONALITÄT

Gute Nachbarschaft

Eine Firma, die Großes leistet, braucht ein solides Fundament. Dieses Fundament bilden die zahlreichen kleinen und mittleren Aufträge, die ALPINE Niederlassungen in ganz Österreich erfolgreich abwickeln. Gut entwickelte regionale Strukturen und das hohe Engagement der Mitarbeiter vor Ort tragen maßgeblich zum Erfolg von ALPINE bei.

26 PORTRAIT

Indien

1,2 Mrd. Menschen, Millionen Götter, 120 Sprachen. Indien ist ein Land der Superlative. Seine Vielfalt verzaubert und verwirrt, seine Kultur fasziniert und befremdet. Egal, ob man beruflich oder privat kommt: Das wahrscheinlich bunteste Land der Erde verlangt einem vieles ab. Jene, die mit offenem Herzen anreisen, werden dafür belohnt.

42 DOSSIER

Licht

Licht ist ein Lebenselixier. Doch Licht kann noch mehr: Als Ressource, die unsere Zukunft nachhaltig verändern könnte. Oder als Werkstoff, der schier unendliche Möglichkeiten in sich birgt. In unserem Dossier berichten wir von neuesten Entwicklungen, faszinierenden Forschungsergebnissen und spannenden Projekten.

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06

// INTERVIEW

»Leadership ist in der Politik ebenso wichtig wie in der Wirtschaft.« INTERVIEW Nach einer Karriere als Diplomatin und Politikerin ist Benita Ferrero-Waldner wieder in die Wirtschaft zurückgekehrt. Seit Jahresanfang ist sie im Aufsichtsrat der ALPINE Holding GmbH. Im Interview erzählt sie über Beziehungen, Erfolge und die Kunst, Kompromisse zu schließen. // Claudia Lagler

Sie sind seit Anfang des Jahres im Aufsichtsrat der ALPINE Holding GmbH. Was reizt Sie an dieser Aufgabe besonders? Es freut mich, meine internationale Erfahrung auch in ein Unternehmen wie ALPINE einbringen zu können. Dass ich auch für spanische Unternehmen tätig bin, macht diese Aufgabe besonders interessant, da ich diese beiden Welten gut verbinden kann. Kann man in der Wirtschaft mehr bewegen als in der Politik? In der Wirtschaft gehen Entscheidungen schneller, in der Politik ist meist das Bohren harter Bretter nötig, und das braucht Zeit. Wie sehen Sie Ihre Rolle als Aufsichtsrätin? Was wollen Sie in dieser Funktion einbringen?

Man hat mich in den Aufsichtsrat geholt, damit ich meine internationale Erfahrung, mein Netzwerk einbringe. Dort sehe ich auch meine Aufgabe. Ein international tätiges Unternehmen mit jenen Kontakten zusammenzubringen, die dem Unternehmen helfen, sich weiterzuentwickeln, ist sehr spannend. Sie sind auch im Aufsichtsrat des Architekten Norman Foster. Haben Sie einen persönlichen Bezug zum Thema Bauen und Architektur oder ist das Zufall? Architektur ist Teil gelebter Kunst und Kunst hat mich schon immer interessiert. Leider habe ich nie in diesem Bereich gearbeitet. Jetzt kann ich mein Interesse mit meiner Erfahrung gut kombinieren. ALPINE hat einen Tätigkeitsschwerpunkt im Energiebereich.

Was ist für Sie in Sachen Energie die größte Herausforderung? Vor allem die Umstellung auf erneuerbare Energie ist enorm wichtig. Österreich hat Gott sei Dank mit seiner Energiequelle Wasser ein großes Potenzial. Darüber hinaus ist aber auch die Energie aus Wind, Sonne und Biomasse ebenso von immenser Bedeutung. Es braucht noch große Anstrengungen, um die Menschen davon zu überzeugen, wie wichtig die Investitionen in diese zukunftsträchtigen Energieformen sind und dass wir Energie nicht unlimitiert verbrauchen können. Sie sind auch Mitglied im Aufsichtsrat der Münchner RE, die jenes Konsortium führt, das das Solarstrom-Projekt Desertec plant. Ist die Sonne die Zukunft der Energieversorgung in Europa?


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08

// INTERVIEW

»Politik kann von der Wirtschaft lernen, dass man sich vor klaren Entscheidungen nicht fürchten soll.« Desertec ist ein Spezialprojekt der Münchner RE. Ich bin im Aufsichtsrat und daher operativ nicht in den einzelnen Geschäftsfeldern tätig. Die Sonne ist eine der vielen erneuerbaren Energiequellen, die es gilt, optimal dort zu nutzen, wo es Sinn macht. Noch ist diese Energie sehr teuer, deshalb gilt es, weiter zu forschen und sie für die Energiegewinnung kosteneffizient zu gestalten. Sie waren von 2004 bis 2010 Mitglied der Europäischen Kommission. Wie hat sich danach Ihr Leben verändert? Ich bin in die Wirtschaft zurückgekehrt, wo ich nach meinem Jusstudium zu arbeiten begann. Das heißt, der Kreis schließt sich. Der Wechsel Wirtschaft-DiplomatiePolitik-Wirtschaft sollte meiner Meinung nach öfter vollzogen werden. Das würde beiden Seiten den Einblick in die reale Machbarkeit beider Welten stark verbessern. Mein 16-Stunden-Tag hat sich auf einen 10-Stunden-Tag reduziert (lacht). Genießen Sie es, nicht mehr in der Politik zu sein?

dr. Benita Ferrero-Waldner Benita Ferrero-Waldner (62) ist gebürtige Salzburgerin. Sie studierte Jura an der Universität Salzburg. Sie arbeitete nach ihrem Studium in der Wirtschaft und wechselte 1984 in den diplomatischen Dienst. 1995 ging sie als Staatssekretärin

Alles hat seine positiven wie negativen Seiten. Ich möchte die Zeit in der Politik keinesfalls missen. Ob als österreichische Außenministerin oder als EU-Kommissarin der Außenbeziehungen – Politik mitprägen zu können, habe ich als sehr aufregend empfunden.

Die für mich spannendste Zeit war jene als EU-Kommissarin für Außenpolitik. Der Höhepunkt war die Möglichkeit, die Politik für alle EU-Staaten mit der übrigen Welt, vor allem mit den USA, Russland, China, Indien oder Brasilien mitzugestalten. Was können die einzelnen Bereiche voneinander lernen? Politik kann von der Wirtschaft lernen, dass man sich vor klaren Entscheidungen nicht fürchten soll und Umfragewerte allein noch keinen erfolgreichen Politiker ausmachen. Leadership ist in der Politik ebenso wichtig, wie in der Wirtschaft. Die Wirtschaft kann aber auch von der Politik lernen. Zum Beispiel, dass es nicht von Haus aus schlecht sein muss, Kompromisse zu schließen. Wie würden Sie Ihren Arbeitsstil beschreiben? Und hat sich dieser im Lauf der Zeit verändert? Ich will wissen, um was es geht, damit Entscheidungen gefällt werden können. Daher bereite ich mich immer, egal in welcher Position, gut vor, studiere die Unterlagen, etc. Danach ist es mir aber wichtig, dass das, was entschieden wurde, auch umgesetzt wird. Denn nur ankündigen ist mir zu wenig. Das war mir immer schon wichtig, daher hat sich mein Arbeitsstil eigentlich nicht wirklich geändert. Gibt es etwas, was Sie bedauern, dass es Sie nicht erreicht haben?

für auswärtige Angelegenheiten in die Politik und war von 2000 bis 2003 österreichische Außenministerin. Von 2004 bis 2009 war sie Kommissarin für Außenbeziehungen der Europäischen Union. Seit Jänner 2011 ist Ferrero-Waldner Mitglied des Aufsichtsrats der ALPINE Holding GmbH.

In Ihrer Biografie gibt es eine Zeitspanne der Diplomatie, ein Abschnitt gehörte der Politik, ein weiterer der Wirtschaft. Was war die für Sie bisher spannendste Phase? Und warum?

Ich bin viel zu zukunftsorientiert, um mich mit dem Bedauern von nicht Erreichtem aufzuhalten. Glauben Sie mir, in allem liegt eine Chance.


09

Ihr größter Wunsch? Der ist nicht anders als bei den meisten Menschen: körperliche und geistige Gesundheit von mir und meiner Familie. Für alles andere ist man sowieso selbst zuständig. Worauf sind Sie am meisten stolz? In der Zeit der Sanktionen gegen Österreich im Jahr 2000 konnte ich mich sehr aktiv einbringen, damit diese aufgehoben wurden. Und darüber hinaus war sicherlich die Befreiung der bulgarischen Krankenschwestern und eines jungen palästinensischen Arztes aus der Haft in Libyen eines der emotional stärksten Erlebnisse. Sie sind eine gebürtige Salzburgerin, Ihr Mann ist Spanier. Auch ALPINE hat eine Verbindung Salzburg – Spanien. Ist es die Verbindung dieser beiden Welten, die Ihnen als Aufsichtsrätin Spaß macht? Ich bin in beiden Welten zu Hause. Daher ist es auch diese Kombination, die ich positiv in meine Tätigkeit als Aufsichtsrat einbringen kann. Spanien oder Österreich: Was schätzen Sie an der jeweils anderen Welt am meisten?

An Spanien schätze ich den Mut und die Ausdauer der Spanier sowie deren Großzügigkeit. Österreich ist meine Heimat und daher wird immer mehr als die Hälfte meines Herzens hier verankert bleiben. An meinem Lande liebe ich besonders die Kombination von Kultur und Naturschönheit.

‚Tiempo entro costuras‘. Es dürfte bald auch auf Deutsch erscheinen, ich kann es sehr empfehlen.

Gibt es etwas, das Österreich von Spanien lernen könnte?

In meiner Generation war ich sicherlich in vielen wichtigen Positionen eine der wenigen Frauen, oft die erste, die diese Funktion je hatte, und daher Vorreiterin bzw. Vorkämpferin. Egal, ob ich in der Wirtschaft oder Politik in die erste Reihe gestellt wurde, ich musste mir meine Stellung, meine Anerkennung immer erst erobern. Erst wenn man gezeigt hat, was man kann, wurde einem jene Anerkennung entgegen gebracht, die ein Mann von vornherein erhält oder erhalten hätte. Aber es hat sich gebessert: Immer mehr Frauen streben eine Position in der Politik an. Wobei man aber nie vergessen darf, dass es auch nicht jedem gegeben ist, dieses enorme Zeitpensum und die allumfassende Öffentlichkeit ertragen zu wollen. Denn ein Familienleben ist dabei nur unter enormen Koordinationsbemühungen möglich.

In Österreich könnte man mutiger sein. Und etwas, was Spanien von Österreich lernen kann? Die Spanier könnten mehr Disziplin übernehmen. Durch Ihre öffentlichen Auftritte kennt man Sie als unheimlich disziplinierte, weltgewandte und immer perfekt gekleidete Frau. Wie ist die private Benita Ferrero-Waldner? Wissen Sie, die öffentliche Wahrnehmung ist das Eine, der wirkliche Mensch aber das Andere. Ich bin und bleibe ein ganz einfacher Mensch. Ich gehe gerne spazieren, fahre Rad, genieße Kultur und gute Bücher – auch wenn ich meistens viel zu wenig Zeit dafür finde. Das letzte Buch, das ich gelesen habe, war von Maria Dueñas und heißt:

In Ihrer Zeit in der internationalen Politik hatte man oft den Eindruck eines ‚Gruppenbildes mit Dame‘: Sind aus Ihrer Sicht zu wenige Frauen in der Politik?

Danke für das Gespräch! //


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// MARKT

Zukunft Energiewende

ENERGIE Sonne, Wind und Biomasse können nicht immer vor der eigenen Haustür den Energiebedarf decken. Zentrale Energieerzeugung nimmt weltweit nach wie vor einen bedeutenden Stellenwert ein. Im verantwortungsvollen Mix aus zentraler und dezentraler Energieproduktion liegt die Zukunft. // Karin Legat

K

limaverträglichkeit, Risikoarmut, regionalwirtschaftliche Impulse, Versorgungssicherheit und Krisenbeständigkeit – die Anforderungen an die Energieversorgung sind vielfältig und hier bei weitem nicht zur Gänze aufgezählt. Dazu kommt, dass der prognostizierte

Verbrauchszuwachs gedeckt werden muss. Österreichs E-Wirtschaft spricht von einer Steigerung um 50 % bis ca. 2050, v. a. hervorgerufen durch E-Mobilität und demografische Veränderungen. Dezentralisierung wird gefordert. Grund dafür sind für Trendforscher Andreas Reiter geändertes Kon-

sumentenverhalten, neue technische Möglichkeiten wie smart grids und intelligente Netze sowie das zunehmende Bedürfnis nach Unabhängigkeit von Kommunen und Unternehmen. „Den optimalen Mix an Energieträgern zusammenzustellen scheint schwierig. Ich erwarte eine spannende Fragmentierung.“

Schaltzentrale der VERBUNDAustrian Power Grid AG


11 Nachhaltige und sichere

Bürbaumer, Leiter der Geschäftsstelle e5 Österreich.

Energielandschaft

Laut einer IHS-Studie wäre in Österreich aber bis 2050 auch die Halbierung des Energieverbrauchs, ein 85%iger Anteil erneuerbarer Energieträger sowie die Einsparung von mehr als 90 % an CO2Emissionen möglich. Die Nutzung fossiler Energie würde sich dann auf Teile von Industrie und Verkehr beschränken. Für diese Vorgabe braucht es laut IHS und Greenpeace den kontinuierlichen Ausbau erneuerbarer Energieträger. Die Volatilität dieser Energielieferanten erschwert jedoch ihre Realisierung, da erforderliche Speichermodule nicht vorhanden oder noch zu teuer sind. Für Martin Graf, Vorstand der E-Control Austria, können Pumpspeicher- und Gaskraftwerke Energiespitzen ausgleichen. Gas könnte dabei in einer nachhaltigen Form eingesetzt werden. „In Deutschland sowie in Österreich wird in Richtung erneuerbares Methan geforscht. Die bestehende Gasinfrastruktur lässt sich so weiter nutzen“, informiert Heimo

E-Konsum

Nachhaltige Energiezukunft erfordert die Nutzung erneuerbarer Energien und deren wirtschaftlichen Einsatz. „Energieeffizienz ist dabei ein zentrales Anliegen. Sie ermöglicht das Erreichen der Ziele einer Niedrig-Emissionswirtschaft und der Energiestrategie 2020. Ohne Verhaltensänderung erreicht die EU Schätzungen zufolge die angestrebte 20%ige Erhöhung der Energieeffizienz nur zur Hälfte“, bemerkt EControl Austria-Vorstand Graf. Energetische Sanierung sowie Energiemanagement und hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, sind weitere erfolgversprechende Ansätze. Auf europäischer Ebene wird derzeit an einer entsprechenden Richtlinie gearbeitet, die bis Herbst 2013 in nationales Recht umgewandelt werden soll. Der Schlüssel zu mehr Energieeffizienz liegt für alle Umwelt- und

Energieexperten in Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung der Kunden durch verständliche Informationen sowie in der raschen Einführung von ‚smart meters‘ (siehe Shortcuts). Heißt das Ziel aller Energieeffizienzmaßnahmen und der erneuerbaren Versorgung Energieautarkie? „Ich denke, Energieautarkie an sich ist eine Vision. Man strebt sie an, muss sie aber nicht um jeden Preis erreichen. Vernetzte Energieautarkie dagegen formt ein sinnvolles Projekt. Ich schließe mich als Gemeinde nicht ab, sondern schöpfe mein Potenzial an erneuerbaren Energieträgern wie auch Einsparungsmaßnahmen aus und kooperiere mit anderen Gemeinden. Das verkörpert ein multiplizierbares Modell“, wertet Bürbaumer. Im Bereich Mobilität ortet der e5-Geschäftsführer vor allem raumplanerische Maßnahmen als Lösung. „In den 60er bis 90er Jahren wurden viele Strukturen falsch aufgebaut, Zersiedelung breitete sich aus, Shopping Center wurden in der Pampa errichtet und die Nahversorgung in den Dörfern vernachlässigt. Daher besteht heute ein Mobilitätsbedarf. Diesen kann ich

Energieautarkie ist nicht als Abkapselung nach außen zu verstehen, sondern besteht in der optimalen Nutzung der vorhandenen lokalen Ressourcen.

Alternative Szenarien und Perspektiven zeigen, dass eine emissionsarme und nachhaltige Energiezukunft möglich wäre. Weltweite Primärenergienachfrage nach Energieträgern und Szenarien (in Mtoe) Mtoe (Millionen Tonnen Erdöläquivalent); 1 toe (ton oil equivalent) = 41,9 GJ (41,9 * 106 J)

current policy scenario

NEW policy scenario

5.000

Erdöl

Gas 3.000

Biomasse & Abfall

2.000

Kernenergie Wasserkraft

1.000

Sonstige Erneuerbare 1980

1990

2000

2010

2020

2030

2040

1980

1990

2000

2010

2020

2030

2040

Die IEA (International Energie Agency) stellt dem „Current Policy Scenario“, bei dem davon ausgegangen wird, dass keine Änderungen der derzeitigen Energiepolitik erfolgen, ein „New Policy Scenario“ gegenüber, das eintreten würde, wenn in Aussicht gestellte Maßnahmen der Politik zur Förderung erneuerbarer Energieträger und Reduktion der Treibhausgase auch umgesetzt werden.

Quelle: IEA - World Energy Outlook 2010

Kohle

4.000


12

// MARKT

nicht einfach mit E-Kraftfahrzeugen beseitigen, besser wäre, z. B. die Nahversorgung in der Gemeinde zu beleben bzw. neu aufzubauen.“ Europaweites Know-how

Programme wie der European Energy Award erleichtern den Informationsund Erfahrungsaustausch.

Mit Bewusstseinsbildung, Akzeptanz und nachhaltiger Energieversorgung haben bereits zahlreiche Gemeinden in ganz Europa Erfahrung gesammelt. In Österreich gilt Güssing als eine der ersten Gemeinden, die auf Selbstversorgung im Wärme- und Energiebereich gesetzt hat. Mit einem 27 km langen Fernwärmenetz werden seit Mitte der 90er Jahre alle öffentlichen Gebäude, gewerblichen Großabnehmer und viele Kleinabnehmer mit Wärme aus Biomasse versorgt. Der Eigendeckungsgrad im Energiebereich beträgt 71 %, abhängig von produktionsseitigen Schwankungen. Österreichweit unterstützt das Programm e5 Gemeinden im effizienten Umgang mit der Ressource Energie und in der Nutzung erneuerbarer Energieträger. e5 fungiert als Trägerprogramm für den European Energy Award. Dieser wird in Ländern wie der Schweiz, Deutschland, Irland, Litauen, in den Niederlanden und Tschechien realisiert. Weitere europäische Projekte sind die Schweizer 2000-WattGesellschaft, die Climate Change Bill in Großbritannien, die Vision ‚Deutschland Energieautark im Jahr 2040‘ und solarcomplex im Bodenseeraum (Auszug). Energieunternehmen sind auf den Zug erneuerbare Energie längst auf-

gesprungen. „Energie generell und erneuerbare Energie im Speziellen bedeuten die großen Zukunftsthemen unserer Gesellschaft. Daher engagieren wir uns seit Jahren in diesen Bereichen und haben eine ausgezeichnete Marktposition aufgebaut. Mit unserem großen Know-how etwa im Wasserkraftbereich sind wir europaweit einer der größten Anbieter von Wasserkraftwerken“, so Dietmar AlutaOltyan, Aufsichtsratspräsident des ALPINE Konzerns. Zu den jüngsten Projekten zählen Tsankov Kamak in Bulgarien und Hepp Ermenek in der Türkei. „Steigende Bedeutung hat der Bereich Modernisierung und Revitalisierung von bestehenden Wasserkraftanlagen“, berichtet Rudolf Knopf, Bereichsleiter für internationalen Wasserkraftwerksbau bei ALPINE. „National und international gibt es einige Kraftwerke, die mehr als 100 Jahre in Betrieb sind. Neue Technologien im Turbinen- und Generatorenbereich ermöglichen höhere Wirkungsgrade und mehr Effizienz.“ Nachhaltigkeit im Kraftwerksbau ist laut Knopf nicht selbstverständlich. „Gerade im Ausland drängen viele private Investoren in die Energiebranche. Für sie zählen Rentabilität, Betriebsdauer, Stromproduktion und Gewinn. Nachhaltigkeit hat da fast keinen Platz mehr.“ Kompetenz und Engagement u. a. in den Bereichen Windkraft, Photovoltaik und Biomasse zeigt ALPINE-ENERGIE. Windparks in Ungarn, Kroatien und Österreich finden sich ebenso auf der Referenzliste wie große PV-Anlagen in Deutschland und Spanien. „Der

Trend hin zu einer nachhaltigen, ressourcenschonenden Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern bewegt nicht nur breite Bevölkerungsschichten, sondern in den letzten Jahren auch zunehmend die Wirtschaft, Medien und die höchste politische Ebene“, so Helmut Schnitzhofer, Geschäftsführer von ALPINEENERGIE. „Ereignisse wie Fukushima fördern ein Umdenken auf vielen Ebenen und werden diese Entwicklung weiter ankurbeln.“ Kostenfaktor Erneuerbare Energie

Finanzaspekte spielen bei erneuerbaren Energieformen eine besondere Rolle. „Viele Fachleute sind der Ansicht, erneuerbare Energie sei grundsätzlich nicht kostendeckend. Das stimmt nicht“, wehrt Heimo Bürbaumer falsche Kalkulationen ab. „Nach der Anschubinvestition sind die Kosten geringer, da der Rohstoff frei zur Verfügung steht. Daher fallen bei erneuerbaren Energien im Gegensatz zu fossilen Energien keine steigenden Energiepreise bei der Kalkulation ins Gewicht. Das wird bei Vergleichen zu wenig berücksichtigt. Oft wird bei Gas und Öl der heutige Energiepreis für Zukunftskalkulationen angenommen. Wenn man zukünftige Auswirkungen wie den ‚peak oil‘ (siehe Shortcuts) einbezieht, dann sieht die Rentabilität erneuerbarer Energie ganz anders aus.“ Auch Schnitzhofer ist sich sicher: „Der wachsende Bedarf an Energie, einhergehend mit der Verknappung fossiler Brennstoffe, wird die Energie-

‚e5‘-zertifizierte gemeinden in österreich Derzeit nehmen 104 Gemeinden und Städte in sieben Bundesländern am e5-Programm teil.

0

25

50

Kilometer


13 SHORTCUTS

Anteil erneuerbarer Energieträger an der Gesamtstromproduktion im „New Policy Scenario” der IEA

Smart Meter (auch: intelligente

Quelle: IEA - World Energy Outlook 2010

Zähler) sind digitale Zählgeräte zur ErBrasilien

2008 2035

fassung des Energieverbrauchs. Sie zei-

Kanada

2008 2035

den tatsächlichen Verbrauch und die

EU

2008 2035

Welt

2008 2035

OECD Ozeanien

2008 2035

Russland

2008 2035

China

2008 2035

Indien

2008 2035

USA

2008 2035

ASEAN

2008 2035

Japan

2008 2035

gen dem jeweiligen Anschlussnutzer Nutzungszeit an. Die erfassten Daten kann er automatisch an das jeweilige Energieversorgungsunternehmen

Wasser

übertragen. Durch den besseren Informations- und Kostenüberblick für den

Wind

Kunden soll eine Sensibilisierung für

Biomasse

den Stromverbrauch erreicht werden.

Photovoltaik

Peak Oil Mit dem englischen

Solartherm. Kraftwerke

Begriff peak oil wird der Zeitpunkt bezeichnet, zu dem das globale Ölför-

Geothermie Meeresenergie

dermaximum erreicht ist. Marion King Hubbert prägte den Begriff 1956 und prognostizierte den peak oil für das Jahr 2010. Heute gibt es eine Viel-

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

90 %

zahl von Prognosen und es herrscht Uneinigkeit zwischen den Experten, ob das Ölfördermaximum bereits erreicht wurde. Wegen der intensiven Abhängigkeit aller Industriestaaten von rohölbasierten Produkten und

kosten merklich steigern. Damit treten technologisch spannende, aber bisher noch unwirtschaftliche Alternativlösungen aus ihrem Nischendasein in den Fokus der Öffentlichkeit. Wir haben diese Entwicklungen genau im Blick und engagieren uns schon in der Frühphase, z. B. mit der Entwicklung von Elektromobilitätskonzepten für die Fortbewegung von morgen.“ „Die Einspeisung erneuerbarer Energien erfolgt über den Hausanschluss“, erklärt oekostrom-Vorstand Horst Ebner. „Es muss lediglich ein Zähler mit 2 Zählwerken installiert werden, der Bezugs- und Einspeisemengen misst. Die Verrechnung erfolgt direkt über oekostrom.“ Große PVAnlagen-Betreiber stehen mit der OeMAG (Abwicklungsstelle für Ökostrom AG) in Kontakt. Neben dem Hausanschluss sind hochleistungsfähige Netze vonnöten. Dazu bildet der 380-kv-Ring der Austrian Power Grid AG, der bis 2020 größtenteils fertiggestellt sein soll, einen entscheidenden Fortschritt. Energieexperten sehen ihn als Lebensader der nationalen Stromversorgung. Dazu Joachim Hacker, Geschäftsführer des Europäischen

Zentrums für erneuerbare Energie Güssing: „Österreich befindet sich in einer gesicherten Position. Netzprobleme, wie sie etwa in Deutschland prognostiziert werden, sollten bei uns nicht auftreten.“ Ausschlaggebend für die drohenden Netzprobleme in Deutschland wird der Entfall der AKW sein, wodurch riesige Energiemengen von den OffshoreWindparks an der Nordsee ins Landesinnere transportiert werden müssen. „Das bedingt den Netzausbau der Höchstspannungsebene, die als Übertragungsebene dient. Die Niederspannungsebene, also das Hausanschlussnetz, muss nicht verstärkt werden, auch nicht für Erzeuger.“ Eine generelle Lösung zur Entlastung der Netze wäre die Forcierung so genannter Hauskraftwerke. Dabei soll Strom auf der einen Seite mit Hilfe von Photovoltaikanlagen, Kleinwindkrafträdern, aber auch mit Hilfe von Brennstoffzellen produziert und danach von Vanadium Redox Batterie-Systemen gespeichert werden. „Mit den Güssinger Hauskraftwerken, die bereits in einigen Monaten im ökoEnergieland zum

Treibstoffen würde ein Einbrechen der weltweiten Versorgung dramatische Folgen haben.

Fossile Energieträger werden teurer, die Kosten für erneuerbare Energie sinken. Einsatz kommen sollen, stehen wir am Beginn einer neuen Ära.“, ist Hacker zuversichtlich. Eine neue Energieepoche ist bei ALPINE-ENERGIE längst eingeleitet. PV-SheddachAnlagen, Windparks, hybride Energieversorgung und die outdoorfähige Stromladestation RaeCHARGE sind nur ein Auszug aus der Leistungsvielfalt der ALPINE Tochter, die das ganze Technologie-Spektrum eines internationalen Konzerns bei Planung und Errichtung von Anlagen zur Gewinnung von Energie aus regenerativen Energieträgern einbringt. //


14

// PROJEKT

Br端ckenZwilling


15

BRÜCKENBAU Ein junges und internationales Team hat im serbischen Beška eine ungewöhnliche Herausforderung gemeistert: Es hat die exakte Kopie einer Brücke gebaut. // Michael Kriess

d

er Tag beginnt früh im heißen serbischen Sommer. Bei Höchstwerten von 40 Grad in diesen Julitagen kein Wunder. Kurz vor halb sechs Uhr morgens trifft man bereits ein kleines Grüppchen Wartender an der Bushaltestelle mitten in BeŠka. Die etwa 8.000 Einwohner zählende Kleinstadt liegt bloß eine dreiviertel Autostunde und doch Welten von Belgrad entfernt. Hier die Balkanmetropole, eine der angesagtesten Destinationen der internationalen Partygesellschaft, mit einer Unzahl an Restaurants, Bars und Clubs, die aber auch als beachtetes Zentrum für Kultur, Musik und Architektur gilt. Dort ein von endlosen Mais- und Sonnenblumenfeldern ebenso idyllisch eingerahmtes wie hermetisch abgeriegeltes Provinznest, dem das So-tun-als-ob fremd zu sein scheint und das sich nicht schämt, altmodisch daherzukommen. Hier in der serbischen Provinz darf die Zeit stillstehen.

Das Gegenteil davon gilt gerade einmal zwei Kilometer entfernt an der nahen Donau. Dort ist Zeit Geld. Wie auf jeder Baustelle der Welt.

Die Brücke ist ein Wahrzeichen von Beška. Hier spannt sich seit 36 Jahren eine gigantische Brücke über den gemächlich dahinmäandernden, mächtigen Fluss: die BeŠka-Brücke. Mit ihren 2.200 Metern Länge ist sie die längste aller Betonbrücken über die hier nicht mehr ganz so blaue Donau. Nicht dass diese 650 Kilometer südlich von Wien zu derart mächtiger Breite angeschwollen wäre. Aber es gilt hier zusätzlich zum Strom das angrenzende Überschwemmungsgebiet zu überbrücken.


16

// PROJEKT

Die Distanz zwischen den beiden Pfeilern der Schifffahrtsrinne beträgt 210 m.

Nadelöhr

Die Brücke ist Teil der Europastraße 75, die von Vardø in Norwegen bis

Die wie auf gigantischen Stelzen durchs Wasser pflügende Brücke ist Teil der E 75, die hier durch die Vojvodina führt. Sie verbindet auf mehr als 4.300 Kilometern den hohen Norden Europas mit dem Südosten des Kontinents. Was seit jeher mit sich bringt, dass sie für zahllose Fremdarbeiterfamilien vor allem während der Sommermonate den kostengünstigsten Weg in ihre eigene oder die Heimat ihrer Vorfahren bedeutet. Mit der Zahl der Auswanderer stieg auch die Zahl der Fahrzeuge, die Jahr für Jahr heim nach Süden rollen, erheblich an.

nach Kreta in Griechenland führt.

Unter dieser Last litt der Brückenkoloss mehr als unter seinem Alter.

Zudem geriet er 1999 im Kosovokrieg gleich zweimal unter heftigen NATO-Beschuss. Ein ganzes Brückenfeld wurde von den Bomben der alliierten Streitkräfte zerstört. Zwar konnte die Brücke im selben Jahr provisorisch wiederhergestellt und für den Verkehr geöffnet werden, doch wollten die Verantwortlichen kein weiteres Risiko mehr eingehen. Sie beschlossen, der Beška-Brücke eine Zwillingsschwester zur Seite zu stellen, die für Entlastung sorgen sollte. Zehn Jahre nach dem Beschluss ragt diese wie ein Abziehbild neben ihr aus Donau und Au. Letzte Kubikmeter Beton schließen die noch übrigen Lücken, die Arbeiten kommen dieser Tage in ihre Endpha-

se. Ab Oktober wird sie ihre ältere Zwillingsschwester entlasten, die im Zuge der Neubauarbeiten einer kompletten Sanierung unterzogen wurde und noch immer wird. Mit der Verdoppelung der Fahrstreifen von zwei auf vier wird das Brücken-Nadelöhr auf der E 75 beseitigt sein. Startschwierigkeiten

Auch auf der Baustelle versucht man der herrschenden Hitze zuvorzukommen. Ein wenig zumindest. Und so ist es nicht unüblich, wenn zwischen sechs und sieben Uhr morgens bereits allerorts gearbeitet wird. Egal ob im klimatisierten Container oder mehr als 55 Meter darüber, wo bald der Asphalt auf-


17 getragen wird. Ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, was hier in den vergangenen drei Jahren bewerkstelligt wurde. So lange werden die Bauarbeiten letztendlich gedauert haben.

Die Errichtung einer ‚Twin Bridge‘ erfordert Präzision und entsprechendes Know-how.

Die mühevolle Startphase kostete fast genauso viel Zeit. Ein wahrer Genehmigungs-Dschungel verlangte nach erfahrenen Spezialisten und viel Geduld. Zwei volle Jahre zögerte der serbische Prüfer die Freigabe der Pläne hinaus. Erst der zusätzliche Einsatz des Wiener Consulting-Unternehmens VCE als Prüfer im Auftrag von ALPINE und als Unterstützung der örtlichen Verantwortlichen führte zum Erfolg. Der Stillstand war beendet, die Kopie der alten Brücke konnte angegangen werden.

„Das erfordert ein sehr vorsichtiges und exaktes Arbeiten“, so Jungbauer. Ein Hobeln ohne Späne sozusagen. Eigentlich ein Widerspruch in sich. ‚Eigentlich‘ deshalb, weil es in Beška funktioniert hat.

Wobei ‚Kopie‘ so einfach klingt. In Wahrheit ist der Wunsch des Bauherrn nach einer ‚Twin Bridge‘, einem exakten Nachbau, alles andere als eine Vereinfachung der Aufgabenstellung. Im Gegenteil: „Die Schwierigkeit lag vor allem in der Fundierung unmittelbar neben der bestehenden, baufälligen Brücke“, erklärt Peter Jungbauer. Und in dem Umstand, dass Pfeilerform und -standorte der alten Brücke zentimetergenau übernommen werden mussten. Präzisionsarbeit

Der Oberbauleiter, der direkt vom Bau der Donaubrücke (siehe INSIDE 1.2009) in Traismauer nach Serbien kam, ist die Ruhe selbst. Doch wenn er das Monitoring erklärt, mit dessen Hilfe während der Bauarbeiten kleinste Vibrationen an der alten Brücke aufgespürt werden sollten, merkt man, wie heikel die Fundierung war. Kein Wunder: Aufgrund des Fehlens einer nahen Umfahrung durfte die bestehende Brücke während der Arbeiten nicht gesperrt werden. Während auf ihren zwei Spuren der Verkehr dahinrollte, mussten 55 Meter tiefer die neuen Brückenfundamente in unmittelbarer Nähe ihrer Pfeiler errichtet werden. Das Ganze mitten im bis zu 17 Meter tiefen Fluss und mit 36 Meter langen Bohrpfählen.

Das war allerdings nicht die einzige große Herausforderung für das jüngste Brückenbau-Team von ALPINE, dessen bestes Beispiel Jungbauer mit seinen 31 Jahren selbst ist. Bereichsleiter Franz Bergmair hatte ihm im letzten Baujahr sukzessive mehr und mehr Kompetenzen übergeben, um sich selbst um nicht weniger Wichtiges zu kümmern: die Eintreibung ausstehender Zahlungen. Land unter

Des Öfteren musste man erfahren, dass das Überschwemmungsgebiet seinem Namen immer wieder einmal gerecht wird. Im Juni 2010 in einer Dimension, die durchaus als haarsträubend bezeichnet werden darf. Ein Jahrhunderthochwasser verursachte ‚Land unter‘. Die Baustraße stand zwei Meter unter Wasser, die Flut stand dem Team nicht bis an den Hals, sondern exakt bis an die Fußsohlen. Zumindest dem Teil des Teams, das sich in den Containern befand. Wäre das Wasser einige Zentimeter höher gestiegen, die Baustelleneinrichtung wäre schwerer beschädigt worden. Die Mischanlage war jedenfalls bereits geflutet, die Baustelle komplett überschwemmt, Stillstand die Folge. Vorausschauende Sicherungsmaßnahmen konnten zumindest Schäden an der Einrichtung verhindern. „Effektiv waren das sechs verlorene Wochen, aber durch gewaltige Forcierungsmaßnahmen haben wir alles aufgeholt, liegen in der Zeit. Und das war nicht das einzige Hochwasser, das wir zu überstehen hatten“, merkt Jungbauer nicht ohne Stolz an. „Da

hatte ich wenigstens Zeit, angefallenen Bürokram zu erledigen“, bringt Claudia Graber eine Prise Pragmatismus ins Spiel. Die Veldenerin ist zwar das Küken im Team, mit ihren 26 Jahren allerdings bereits Bauleiterin. Sieht man sie mit den vorwiegend männlichen Arbeitern umgehen, weiß man, warum. Ne-

Länge: 2.205 Meter Anzahl Pfeiler: 42 Max. Höhe über Wasser: 55 Meter Max. Entfernung zwischen zwei Pfeilern: 210 Meter Betonkubatur: ca. 60.000 Kubikmeter Pfeilerform und –standorte der beiden Brücken sind identisch.


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// PROJEKT

Drei unterschiedliche Baumethoden kamen bei der BeŠka-Brücke Zum Einsatz: Freier Vorbau Über Wasser Vorschubrüstung im Überschwemmungsgebiet Schweres Lehrgerüst ben der notwendigen fachlichen Qualifikation bringt sie eine ganze Menge Menschlichkeit mit. Ihrem sonnigen Gemüt ablehnend zu begegnen, scheint auch für rauere Gesellen schwer möglich.

Der Verkehr rollte auch während der Bauarbeiten weiter.

Dass ausgerechnet sie die Gastfreundschaft der Einheimischen immer wieder zu spüren bekam, überrascht da wenig. Höhepunkt an sich seltener privater Einladungen bei Arbeitern war die ihrer Reinigungsfrau zur orthodoxen Ausgabe der Stillen Nacht, einer Weihnachtsfeier am 7. Jänner. Einem Tag, an dem sich der serbische Winter glücklicherweise nicht von seiner rauen Seite zeigte. „Bei Schneefall kannst du das Auto hier nämlich stehen lassen. Das ist nicht wie bei uns, dass da die Schneeräumung kommt, auch nicht auf der Autobahn“, führt sie in die feinen Unterschiede staatlicher Dienstleistungen ein. Nahtstelle

Ein Gerüst ermöglicht sicheres Arbeiten 55 m über der Donau.

Schwer möglich ist es auch, einen genaueren Brückenschluss hinzubekommen als den, den das ALPINE Brückenbau-Team in Serbien zuwege gebracht hat. Immerhin 210 Meter mussten zwischen den beiden Pfeilern der Schifffahrtsrinne im wahrsten Sinne überbrückt werden. Ein Unterfangen, das nicht nur aus technischer Sicht Präzision erfordert, sondern bei der Arbeit 55 m über dem Fluss auch viel Vorsicht. Beim Bau der alten Brücke stürzten 1975 sechs Arbeiter mit dem Gerüst in die Donau und damit in den Tod. Und auch wenn alles perfekt funktioniert hat, zeigt Peter Jungbauer auch bei diesem Thema Emotionen: „Wir hatten bei der Annäherung zwischendurch Unterschiede von bis zu 10 Zentimetern. Da haben wir schon

ordentlich geschwitzt.“ Nachvollziehbar, bedenkt man, dass jeweils nur 3 Meter Auflage auf den beiden mittleren Pfeilern ausreichen mussten, um 105 Meter Brücke in beide Richtungen zu betonieren. Das Ganze im freien Vorbau (d. h. ohne stützende Pfeiler oder Gerüste) und in schwindelerregender Höhe. Letztendlich betrug die Abweichung beim Zusammenschluss weniger als 10 mm. „Ein Balanceakt, bei dem normalerweise Doppelstützen mehr Auflagefläche hergeben. Und das Gerüst in 55 Metern Höhe zu montieren war auch nicht ohne“, zollt der Oberbauleiter den Arbeitern Respekt. Im Herbst 2011 wird die BeškaBrücke fertig sein. Ab 1. Oktober wird Verkehr über die BrückenZwillinge rollen. „Durch die gute Zusammenarbeit aller, der Ingenieure und der Arbeiter, der erfahrenen Älteren und der Jungen, der Serben, Kroaten, Österreicher, Ungarn und Bulgaren haben wir es in dieser kurzen Zeit geschafft“, betont auch Zoran Kostic, technischer Direktor von ALPINE Belgrad und der offizielle Vertreter zum Bauherrn. Ein Gemeinschaftserfolg für ein internationales Team. Bis zu 200 Mitarbeiter aus sieben Nationen hat dieses herausfordernde Projekt zusammengeschweißt. „So etwas baust du nur einmal im Leben“, ist sich Franz Bergmair sicher. Ihre Erfahrungen und die daraus gewonnenen Fähigkeiten werden dagegen allen Beteiligten mit Sicherheit bei jeder weiteren Herausforderung zugutekommen. //


einblicke

die fichte

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An einem optimalen Standort hat eine Fichte eine natürliche Lebenserwartung von 500 Jahren. Im Durchschnitt wird sie nach 80-140 Jahren gefällt. Von den 22 Mio. Festmetern Holz, die pro Jahr in Österreich geerntet werden, entfallen rund 60 % auf die Fichte. Das leicht zu bearbeitende Fichtenholz zeichnet sich durch sehr gerades Wachstum, geringes Gewicht und eine hohes Festigkeit aus. (Quelle: Dr. Norbert Putzgruber, Österreichische Bundesforste) SEITE 24

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WALDBIER

BEST OF BRÜCKEN

Für das von den Vereinten Nationen ausgerufene ‚Jahr des Waldes‘ haben sich die Österreichischen Bundesforste und die Trumer Privatbrauerei Josef Sigl zu einer besonderen Kooperation zusammengeschlossen. Österreichs erstes ‚Waldbier‘ wird gebraut. Dafür wurden aus den in rund 1.200 Meter Seehöhe gelegenen Wäldern des Hochkönigs in Salzburg frische Tannentriebe geerntet. Das ‚Waldbier‘ soll Ende September 2011 auf den Markt kommen. Die frischen, aromatischen Tannentriebe beinhalten besonders viele Nährstoffe und werden traditionell für die Herstellung von Sirup oder Honig verwendet.

Mit 42,5 Kilometern ist die Qingdao-Haiwan-Brücke in China die längste über Wasser gebaute Brücke der Welt. Sie wurde im Januar 2011 fertiggestellt. Das meist-frequentierte Bauwerk ist die Rabindra Setu- (auch: Haora-Brücke, siehe Bild) in Indien. Sie verbindet Kolkata mit Haora und wird täglich von Millionen Pendlern benutzt sowie von rund 60.000 Fahrzeugen überquert. Bis 2015 soll zwischen Katar und Bahrain die teuerste und längste Brücke der Welt entstehen: Die Qatar-Bahrain Friendship Bridge wird 45 Kilometer lang sein und rund 3 Mrd. US-Dollar kosten.

252

252 Meter misst der größte Wiener. Den Titel als höchstes Bauwerk heimste der Donauturm ein, nachdem der Sendeturm Bisamberg, der ihn um 13 Meter überragte, 2010 in drei Teile zerlegt und dem Schrotthändler überantwortet wurde. Weitere Giganten der Bundeshauptstadt sind der Millennium Tower mit 202 Metern, dicht gefolgt vom InnenstadtPlatzhirsch Stephansdom mit 137 Metern. Der Rathausmann wacht auf einer Höhe von 103,3 Metern über die Stadt.

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// PROJEKT

Bauen mit Aussicht

Atemberaubende Aussicht von der Gipfelstation des Kitzsteinhorns


21 BAUEN IM ALPINEN RAUM Bauprojekte, die fernab von gut asphaltierten Straßen, wohltemperierter Umgebung und flachem Gelände umgesetzt werden müssen, fordern den verantwortlichen Teams alles ab. Ein Einblick in das Arbeiten mit Ausblick. // Klaus Haselböck

w

ie kommt eigentlich die Berghütte ins Hochgebirge? Oder eine Seilbahnstation auf 3.000 Meter Höhe? Wie baut man abseits von Zufahrtswegen und schnell erreichbaren Lagerhäusern? Viele Dinge sind uns längst selbstverständlich geworden und ringen uns daher kein Staunen mehr ab. Die Magie des Kinos und die virtuelle Realität des Internet haben unsere Phantasie überstrapaziert und vieles in unserem Leben allzu selbstverständlich werden lassen. Bei Patrick von Sobbe ist es genau umgekehrt: Er kennt die Superlative im Realen. Von Herbst 2010 bis Frühjahr 2011 hatte er für ALPINE im Salzburger Pinzgau die Leitung des Rohbaus der ‚Nationalpark Gallery‘ inne. Unter seiner Aufsicht entstand in 3.029 Metern Höhe, also knapp unterhalb des höchsten Punktes des Kitzsteinhorns und hart an der Grenze zum Nationalpark Hohe Tauern, die Basis für eine ebenso moderne wie spektakuläre Anlage.

Als er nach der Eröffnung im Juni dieses Jahres durch das fertige Gebäude schlendert, bewundert er genau wie die anderen Gäste auch dessen mondänes Flair und die funktionale Architektur, die heute zwei spektakuläre Panorama-Plattformen mit gewaltigen Ausblicken und eine informative Ausstellung zu verschiedenen Themen beinhaltet. Aber die Erinnerungen an die großen Herausforderungen der ersten Bauphase, die er so hautnah miterlebt und koordiniert hat, sind selbst bei ihm schon – fast – wieder dahin. Flaschenhals Materialtransport

Der anspruchsvollste Aspekt lag bei der ‚Nationalpark Gallery‘ – wie bei praktisch allen Projekten, die in großer Höhe stattfinden – im Materialtransport zur Baustelle. Auf den Gipfel des Kitzsteinhorns führt eben keine Straße mehr, wo man den Sand zum Betonieren bequem abkippt oder die Stahlträger per LKW geliefert werden. Und das

Gipfelwelt 3000 Mit der Umgestaltung der Kitzsteinhorn-Bergstation zur ‚Gipfelwelt 3000‘, die bequem via Seilbahn erreicht werden kann, entstand eine spektakuläre hochalpine Erlebniswelt. Der Gebäudekomplex beinhaltet ‚Cinema 3000‘ - Österreichs höchstgelegenes Kino, zwei Panorama-Plattformen ‚Top of Salzburg‘, die Nationalpark Gallery mit Info-Stationen im Berginneren und ein Gipfelrestaurant. Als Ganzjahresattraktion und Außenposten des Nationalparks Hohe Tauern eröffnet sich von hier aus ein gewaltiger Panoramablick zu den höchsten Bergen des Landes wie Großglockner und Großvenediger.

Ü

w w w . k i t z s t einhorn.at/Gipfelwelt3000

spontane Nachkaufen von Vergessenem spielt es dort auch nicht. Von der Anreise der Arbeiter ganz zu schweigen. Denn wir sprechen hier von einem hochalpinen Areal mit extremen Hanglagen von bis 85 Grad, wo die Luft – sprichwörtlich – dünn wird. In dieser klimatisch exponierten und ökologisch sensiblen Region pfeifen das ganze

Eine Baustelle für Alpinisten – in über 3.000 Metern Höhe. Jahr scharfe Winde und aus Sonnenschein kann binnen Minuten eisiger Nebel mit Minusgraden und Schneefall werden. Das ist zu Recht keine Region für Bauarbeiter, sondern der bevorzugte Tummelplatz für gut ausgerüstete Alpinisten oder Skifahrer mit Tendenz zum Einkehrschwung bei plötzlicher Wetterverschlechterung.


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// PROJEKT Durch den Tunnel

Glücklicherweise wird der grandiose Aus- und Tiefblick hier schon länger geschätzt: Bereits in den sechziger Jahren entstand am Kitzsteinhorn die allererste Bergstation, um den Gletscher als Skiberg zu erschließen. Der 400 Meter lange Stollen, der als Ausstiegspunkt für die Gäste durch den Berg getrieben wurde, war schon damals eine respektable Leistung der Ingenieurskunst. Dieser sollte das Bauvorhaben des Jahres 2010/2011, das auf eine komplette Neugestaltung der Gipfelstation abzielte, enorm erleichtern. So konnte zumindest ein Gutteil des nötigen Baumaterials mit der Bahn in Richtung Gipfel geschafft werden. Bei den finalen 400 Metern waren aber auch im 21. Jahrhundert menschliche Muskelkraft und Zähigkeit die essentiellen Faktoren: Allein 35 Tonnen an Estrichbeton wurden durch den Tunnel, der als Teil des Projekts ebenfalls erweitert und touristisch neu definiert wurde, geschleppt, während das Schuttmaterial des alten, abgerissenen Gebäudes ins Tal abtransportiert wurde. „Da steckt so viel Handarbeit drinnen“, lässt ALPINE Bauleiter Patrick von Sobbe die inUnverzichtbar: der Hubschrauber

Der Kampf gegen Schnee und Eis gehörte auf der Baustelle zum Alltag.

tensiven Tage am Berg Revue passieren. „Daran möchte man gar nicht mehr denken.“ Bauen mit dem Hubschrauber

Für die notwendigen Betonierungsarbeiten des Fundaments und den Transport vom Schalungsmaterial führte am Kitzsteinhorn aber letztlich kein Weg am Hubschrauber vorbei. „Gibt es Zufahrtswege, dann ist das die billigste Lösung. Der Transport mit einer Materialseilbahn ist sicher der sauberste, da diese wieder abgebaut werden kann. Der Hubschrauber ist immer ein großer Kostenfaktor, im alpinen Gelände aber oft unverzichtbar!“, so Wolfgang Eichinger, der als erfahrener Leiter der Tiefbau-Abteilung von ALPINE Tirol zuletzt die Rendlbahn in St. Anton umsetzte. Beim Bau des höchstgelegenen Bahnhofs Österreichs am Schneeberg, der ähnlich anspruchsvoll war und im Jahr 2009 von ALPINE durchgeführt wurde, konnte der notwendige Maschinenpark für die Beton-Herstellung teils im zerlegten Zustand mit der Zahnradbahn auf das Plateau geschafft werden. Am Kitzsteinhorn war das nicht möglich: Zu wenig planbar das

Wetter in 3.000 Metern Höhe, zu steil das Gelände im unmittelbaren Gipfelbereich. Deshalb fiel der Entschluss, die Mischanlage in 2.000 Meter Höhe aufzubauen und den fertigen Beton mit zwei Hubschraubern im Pendelflug zur Baustelle zu bringen. € 150.000,— machten allein die Flugstunden für den Rohbau aus. Und sobald ein Hubschrauber im Spiel ist, wird jede Minute in Gold aufgewogen und Tag für Tag in Koordination mit den Piloten, die immer das letzte Wort haben, strategisch durchgeplant: Jedes Schönwetterfenster muss bis zum Anschlag genützt werden. Bei gutem Flugwetter heißt es bis in die Abendstunden arbeiten und auch der Samstag ist dann kein Tabu. Knackpunkt Wetter

Allerdings: „Schlechtwetter ist immer dabei“, gibt sich Wolfgang Eichinger aus jahrelanger Praxis realistisch und liefert damit einen Grund mehr, warum beim Bauen in den Bergen immer alles länger dauert. So erwies sich auch am Kitzsteinhorn der erhoffte ‚sehr stabile‘ Herbst, auf den man in der Planung spekuliert hatte, 2010 als ‚stabil schlecht‘. Das drückte auf den Baufortschritt: „Wenn wir zwei Abschnitte betonieren konnten, dann


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Die Nationalpark Gallery und zwei Panorama-Plattformen

war das ein gewaltiger Tag für uns“, resümiert Patrick von Sobbe. Im Tal hätte sich ein solches Projekt, das im Hochgebirge rund drei Monate in Anspruch nahm, in sechs bis sieben Wochen abwickeln lassen. Auch die Versorgung der Baustelle muss umsichtig an die Launen des Wetters angepasst werden: Wenn zu viel Material vor Ort ist, dann sind die Arbeiter nach einem plötzlichen Wintereinbruch hauptsächlich mit dem Freischaufeln beschäftigt. Ist die Kalkulation zu knapp, dann kann es bei schlechtem Flugwetter über mehrere Tage schnell zu Stehzeiten kommen, die es zu vermeiden gilt.

Die glorreichen Sechs

Erfolgreich umgesetzte Projekte wie die „Nationalpark Gallery“ oder das bereits 1996 als solares und ökologisches Vorzeigeprojekt angelegte Schiestl-Haus am Hochschwab beweisen, dass heute fast alle architektonischen Wünsche auch im Hochgebirge realisierbar sind. Das ist nicht nur eine Frage moderner Technik: Voraussetzung ist eine psychisch starke, eigenverantwortliche und alpin-erfahrene Partie, die den Herausforderungen von Kälte, Höhe und langen Wegen zu trotzen und zuzupacken weiß. Sechs Männer, alle natürlich mit Spezial-Equipment wie Thermoanzügen, Stirnlampen und Handschuhen ausgerüstet, waren es am

Anfang und Ende dieser Bauphase. Zwischendurch wurde das Team auch nur dezent personell verstärkt. Bauleiter von Sobbe: „Mehr oben zu haben, macht keinen Sinn. Die stehen sich dort nur im Weg.“

Ein unverwüstliches Team. Ein enorme Leistung für so ein kompaktes Team: Sie legten den Grundstein für ein Projekt, in das eine Vielzahl heimischer Unternehmen involviert war, rund 1,5 Millionen Euro gekostet hat und als imposante hochalpine Erlebniswelt schon jetzt ein Schmuckstück und Publikumsmagnet ist. //


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// PROJEKT

Aus Holz gebaut STADIONBAU Architektonisch herausragend, wirtschaftlich, nachhaltig. Obwohl die Niederösterreich Arena mit einer Besuchergröße von 8.000 Personen nicht zu den ganz Großen gehört, ist sie schon jetzt ein herausragendes Beispiel zeitgemäßer Stadionarchitektur. // Ines Schmiedmaier

i

n der niederösterreichischen Hauptstadt St. Pölten wird derzeit das modernste Einrangstadion Österreichs errichtet. Der Entwurf passt sich ideal in das städtebauliche Umfeld ein. „Wir schaffen damit auch außerhalb des Spielbetriebs des SKN St. Pölten einen attraktiven Anziehungspunkt am Rande des Naherholungsgebietes Ratzersdorfer See“, zeigt sich Mag. Matthias Stadler, Bürgermeister von St. Pölten, überzeugt. Die von ALPINE als Generalunter- und -übernehmer errichtete ‚Niederösterreich Arena‘ wird ein modernes, familiengerechtes und ökologisches Fußball-Wahrzeichen. ‚Sonnenscheibe‘ als Wahrzeichen für den St. Pöltener FuSSball

Die kreisrunde Sonnenscheibe dient als Anziehungspunkt und Markenzeichen für den St. Pöltener Fußball

Das Gebäude ist energieeffizient geplant, die Energieversorgung besteht aus umweltfreundlicher Fernwärme, ergänzt durch die selbst gewonnene Solarenergie. Mit einer Familientribüne, die eigens für Eltern mit Kindern reserviert ist, und Räumen für die Kinderbetreuung werden neue Maßstäbe im Bereich Familienfreundlichkeit gesetzt. Als markantes Wahrzeichen schwebt eine kreisrunde Holzdachkonstruktion über dem Stadion – als Symbol für den Fußball - und die Sonne. Und das aus gutem Grunde: die ‚Sonnenscheibe‘ wird, ausgestattet

mit einer Photovoltaikanlage, für die energetische Ausnutzung des Sonnenlichts zum Betrieb des Stadions sorgen. Auf den leicht geneigten Trägerkonstruktionen liegen Photovoltaik-Module, die jährlich mindestens 400 kWp (Kilowattpeak) an Strom erzeugen werden. Im Herbst 2011 wird mit den Montagearbeiten für die rund 1,6 Millionen teure Photovoltaik-Anlage am Dach begonnen, die Vorbereitungsarbeiten in der Holzkonstruktion werden jetzt schon durchgeführt.

unter ein Dach zu bringen“, erläutert Stadionarchitekt Dr. Stefan Nixdorf von agn Niederberghaus & Partner die Überlegung des Entwurfs. „Wenn die Zuschauer den Bereich unter dem Dach betreten, bleiben sie mit dem Geschehen auf dem Spielfeld verbunden und müssen das Stadion nicht mehr verlassen. Dadurch wird eine offene und freundliche Atmosphäre geschaffen, da alle Bereiche gut einsehbar sind“, so Nixdorf weiter. Flexible Erweiterung des Stadions möglich

Alles unter einem Dach

Betreten die Besucher die Sportstätte, erwartet sie eine besondere Atmosphäre – die räumliche Dichte des Erdwallstadions und die Leichtigkeit der schwebenden Holzdachkonstruktion gehen eine positive Allianz ein. Es entsteht ein Gefühl des ‚Beschütztseins‘ in den Rängen bei gleichzeitig freiem Blick in die Umgebung. Die Tribüne wird so zu einem Teil der Landschaft mit einem offenen weiten Horizont, bei gutem Wetter haben die Zuseher Sicht bis auf die Bergketten des Voralpenlandes. Das klassische Rechteck des Spielfelds und das schwebende Dach bilden so viel Raum, dass alles unter einem Dach Platz hat. „Unser Konzept war es, alle Funktionalitäten für Spielbetrieb und Gastronomie

Das Stadion soll bis Mitte 2012 fertiggestellt werden, der Baubeginn erfolgte nach einer umfangreichen Umweltverträglichkeitsprüfung Ende Februar 2011. In der Heimstätte des ‚SKN St. Pölten‘ finden 8.000 Besucher Platz - ohne die Dachkonstruktion verändern zu müssen, kann das Stadion flexibel auf 13.000 Zuschauerplätze erweitert werden. Die Holzdachkonstruktion ist nicht nur eine außergewöhnliche architektonische Besonderheit, sondern auch ein nachhaltiger ökologischer Faktor. „Als Material verwenden wir weitgehend Holz und realisieren in St. Pölten das umweltfreundlichste Stadion Österreichs“, erklärt Josef Rettenwander, zuständiger Projektleiter bei ALPINE Bau.


25 Eine der gröSSten HolzdachkonstruktionEN im europäischen Stadionbau

Die Produktion des Daches ist in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung. „Die Konstruktion weist eine Fläche von ca. 14.300 m2 auf und besteht aus 60 Hauptträgerachsen in Form von Zwillingsträgern, welche wiederum aus 120 Einzelträgern zu je einem Hohlkastensystem in verschiedenen Längen gefertigt sind“, berichtet Walter Randy von der herstellenden Holzbaufirma, „Die Herstellung der Bauteile fordert auch die Produktion innerhalb des vorgegebenen Ausführungszeitrahmens.“ Das verwendete Brettschichtholz (BSH) besteht aus 40 Millimeter starken, ausgehobelten Fichtenholzlamellen, die zu BSH-Trägern mit Längen von 21 m bis 47,50 m verleimt werden. Ingenieurholzbau mit anspruchsvoller Logistik

Die Herstellung des Daches wurde von der Auftragsvergabe bis zur

Fertigstellung von der Firma Lieb Bau Weiz in Trofaiach in der Obersteiermark durchgeführt. „Einige Wochen lang saßen die Planer auch über den Logistikplänen“, erzählt Walter Randy weiter. Um einen möglichst effizienten Ablauf zu gewährleisten werden, die Teile nach Eintreffen am Bestimmungsort sofort eingehoben, um Stehzeiten der Maschinen zu minimieren. Die Teile werden nach Bauplan produziert und angeliefert, dabei sind Schwertransporte von 25 bis 39 Metern Länge und einem Gesamtladungsgewicht von bis zu 36 Tonnen im Einsatz.

soll ein Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit sein“, kommentiert Landesrätin Dr. Petra Bohuslav. Ab Mitte 2012 sollen die ersten Spiele im neuen Stadion St. Pölten über die Bühne gehen.

Die Energiekosten werden durch das Einspeisen des Stroms ins lokale Stromnetz minimiert.

Umfassende Nachhaltigskeitprüfung für das Bauwerk

Das Stadionkonzept für Bau und Betrieb wurde im Auftrag des Landes vom Institut für Industrielle Ökologie in Zusammenarbeit mit der Abteilung Umweltwirtschaft einer umfassenden Nachhaltigkeitsprüfung unterzogen. „Die NÖ Arena

Darauf freuen sich ganz besonders die Spieler des SKN St. Pölten, die, getreu den Eigenschaften ihres Leittieres, des Wolfes, jungen, bissigen und erfolgshungrigen Spitzenfußball aus Niederösterreich präsentieren wollen – und damit auf dem blau-gelben Weg in die oberste Spielklasse der Österreichischen Bundesliga unterwegs sind. //

Eigenschaften von Holz Thermische Eigenschaften: Durch relativ hohe Porosität und schlechte Wärmeleitfähigkeit kann eine konstruktive Wärmeausdehnung vernachlässigt werden. Hygroskopie: Die Baustoffe können viel Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben. Dadurch nehmen sie entscheidend Einfluss auf die Luftfeuchtigkeit eines Raumes und dessen Raum-

Visualisierung der künftigen Niederösterreich Arena

klima. Anisotropie: Damit wird unterschiedlichstes Schwinden in der Trocknungsphase, unterschieden in drei Grundrichtungen des Holzes in Axial-, Radial- und Tangentialauslegung, beschrieben. Brandschutz: Bei entsprechenden Querschnitten kann Holz im Brandfall gegenüber Stahl den Vorteil einer höheren Widerstandsdauer in Bezug auf die Gebäudestabilität erbringen.

Das enorme Holzdach ist umweltfreundlich und ein architektonischer Blickfang.


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// Unternehmen

Gute Nachbarschaft SOLIDE BASIS ALPINE verfügt über ein dichtes Netz von Niederlassungen und Filialen, die jährlich hunderte kleine und mittlere Projekte erfolgreich abwickeln. Ihre Arbeit ist für den Erfolg des Konzerns unverzichtbar. // Melanie Müller

D

er Mensch liebt Superlative. Daher richtet sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit vor allem dann auf die Baubranche, wenn wieder einmal Grenzen verschoben werden. Egal, ob es sich dabei um Höhen, Tiefen, Volumina oder Summen handelt.

sen rund € 1,4 Mrd. wiederum 50 % durch Projekte, deren Auftragssumme kleiner war als € 5 Mio. „Kleinbaustellen sind von enormer Bedeutung für unseren Konzern“, ist sich Geschäftsführer Roman Esterbauer sicher. Pluspunkt Regionalität

Über 40 % der Bauleistung von ALPINE wurden 2010 in Österreich erbracht.

Doch eine Firma, die Großes wagt, muss auf einem soliden Fundament stehen. Und dieses Fundament bilden die kleineren und mittleren Aufträge. Die vielen Straßen, die asphaltiert, Kanäle, die verlegt, Gebäude, die errichtet werden. Für Gemeinden, Behörden und Privatpersonen. ALPINE hat 2010 über 40 % der € 3,2 Mrd. Bauleistung in Österreich erbracht. Und von die-

Hauptauftraggeber ist die öffentliche Hand, also vor allem Gemeinden und Behörden. Daraus ergeben sich häufig weitere kleinere Aufträge für Private oder Betriebe. Eines ist dafür unerlässlich: die Präsenz vor Ort. Denn nur wer sich das Vertrauen der Menschen vor Ort erarbeitet, hat eine gute Chance, sich in einer Region als verlässlicher

Partner zu etablieren. „Wir müssen unsere Kontakte pflegen und Aufträge in gutem Einvernehmen abwickeln, damit nach einem Auftrag auch ein Nachfolgeauftrag kommt“, erzählt ALPINE Bereichsleiter Werner Nindl, der für die Filialen in St. Veit, Hollersbach und Saalfelden verantwortlich ist. „Die Menschen müssen wissen, dass sie sich auf unser Wort, unseren Handschlag verlassen können. Dafür ist Kontinuität wichtig und eine regionale Verwurzelung.“ Der Weg zu einer Niederlassung ist in den meisten Fällen kürzer als der zur Zentrale des Konzerns in Salzburg. Und das ist natürlich gewollt. Das dichte Netz an Niederlassungen und Filialen – vor allem in Öster-


27 60 sec.

// Dezentralität

Dezentralität gilt als ideale strukturelle Voraussetzung für das profitable Wachstum eines Unternehmens, da sie eine schnelle und flexible Reaktion auf die Anforderungen der Märkte ermöglicht. Darüber hinaus wirkt sich eine dezentrale Organisation zumeist positiv auf die Unternehmenskultur aus: Mehr Eigenverantwortung der Mitarbeiter führt zu erhöhter Motivation und Jobzufriedenheit. Idealerweise sollte ein Unternehmen aber die Vorteile beider Organisationsformen – zentral und dezentral – für sich nutzen. Dazu Rupert Petry, Managing Partner bei Roland Berger Strategy Consultants: „Die grundsätzlichen Vorteile einer dezentralen Führungslogik in Wachstumsphasen gelten unverändert. Die Krise hat jedoch gezeigt, dass eine zentrale Finanz-Steuerung und Transparenz der Zahlen unerlässlich sind. Monatliches Projektcontrolling mit zentralem Reporting ist wichtig, um Überraschungen bei der finalen Projektabrechnung zu vermeiden. Auch sollte eine dezentrale Führung nicht zulasten möglicher Kostensynergien im Konzern gehen.“

reich – ist über die Jahre organisch gewachsen und gehört zu den besonderen Qualitäten des Unternehmens. „Die dezentrale Struktur des Unternehmens ist eine bewusst gewählte Entscheidung“, weiß Willy Böck, Mitglied des ALPINE Aufsichtsrates und Mitarbeiter der ersten Stunde. „Von Anfang an wollten wir auch in den Regionen präsent sein, um kleinere Aufträge einbinden und den Kontakt zu Gemeinden und regionalen Auftraggebern herstellen und halten zu können. Und dann haben wir eben wichtige Chancen, die sich ergeben haben, rechtzeitig erkannt und genutzt.“ So boten sich über die Jahre immer wieder Möglichkeiten, durch die Akquisition von Firmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren, regional verankerte Strukturen ins Unternehmen einzubinden und Arbeitsplätze aufzufangen. Schritt für Schritt ist ALPINE so vom kleinen Baumaschinenhandel zum zweitgrößten Baukonzern Österreichs gewachsen. Kapital Mensch

Doch eine genutzte Chance allein ist noch nicht genug, es braucht noch mehr, um Standorte erfolgreich aufzubauen und zu halten. „Für den Erfolg einer Niederlassung oder Filiale sind immer Menschen verantwortlich. Manchmal ist es das Engagement eines Einzelnen, das viele andere mitreißt“, betont Esterbauer. „Das Grundkapital unseres Unterneh-

mens ist und bleibt der Mensch. Geräte oder Kräne kann man kaufen – aber die Weiterentwicklung des Konzerns bedingt das entsprechende Personal!“ Auch Willy Böck sieht ein ‚Erfolgsgeheimnis‘ von ALPINE in der Personalpolitik: „Eine große Stärke unseres Unternehmens war und ist, dass dem Einzelnen die Chance gegeben wird, etwas zu bewirken. Das mittlere Management bekommt von der Zentrale Vertrauen entgegengebracht und kann selbst Verantwortung übernehmen, selbst entscheiden.“ Davor gilt es die Mitarbeiter aufzubauen – und auch das geschieht häufig in den Niederlassungen und Filialen. Die Aus-, aber auch die Vertrauensbildung finden auf den kleineren und mittleren Baustellen statt. Es gehört zu der Philosophie des Unternehmens, dass alle Projekte so weit wie nur möglich mit eigenem Personal und Gerät abgedeckt werden. „Es war immer ein Ziel, die Arbeit selbst zu machen und sie nicht von jemand anderem erledigen zu lassen“, so Esterbauer. „Auf diese Weise haben wir Kompetenz und Know-how innerhalb des Unternehmens aufgebaut und Arbeitsplätze gesichert.“ Enorme Bandbreite

Die Arbeit der Niederlassungen und Filialen ist höchst vielfältig, ein breites Spektrum an Leistungen

wird abgedeckt. Das Hauptbetätigungsfeld liegt im Hoch-, Straßen-, Leitungs- und Tiefbau. Dabei geht es auch darum, örtlich vorhandene Ressourcen zu ergänzen. Häufig kann etwa der lokale Baumeisterbetrieb Tiefbauarbeiten nicht so gut abdecken wie den Hochbau.

Vor allem Verlässlichkeit und Engagement bringen Folgeaufträge. Ein wichtiger Vorteil für das Unternehmen liegt in der relativen Sicherheit der kleinen und mittleren Aufträge. „Auch wenn die Gemeinden im Moment sehr sparsam sind – gebaut oder saniert wird immer etwas. Und wenn die Menschen merken, dass man engagiert und verlässlich arbeitet, kommen sie wieder“, so Bereichsleiter Nindl. „Das finanzielle Risiko ist vergleichsweise gering, Aufträge werden eher rasch abgewickelt und verrechnet.“ Rund 3.000 Rechnungen gehen bei ihm pro Jahr über den Tisch. „Die Herausforderung ist dabei vor allem eine logistische.“ Eine enorme logistische Leistung muss auch Karl Gruber, ALPINE


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// UNTERNEHMEN „Wir sind flächendeckend gut aufgestellt und können daher die erforderliche Kundennähe gewährleisten. Unsere Niederlassungen können Projekte jeder Art und Größenordnung bewältigen, von Klein- und Kleinstaufträgen – bis hin zu Großprojekten. Dabei können wir auch regional eine Vielzahl an Sparten abdecken.“ Karl Gruber Geschäftsführer der österreichischen Niederlassungen

Geschäftsführer und als solcher für den größten Teil der österreichischen Niederlassungen und Filialen verantwortlich, erbringen. Er fährt rund 60.000 km im Jahr mit dem Auto, um den persönlichen Kontakt zu seinen Mitarbeitern und regionalen Kunden zu pflegen und die Kommunikation zwischen den Niederlassungen und der Zentrale sicherzustellen. „Die Nähe zum Menschen ist für mich unverzichtbar“, erzählt Gruber. „Es ist mir wichtig, mit allen Bereichsleitern in gutem Kontakt zu stehen und regelmäßig über alle anfallenden Themen, Arbeitsschritte und Probleme zu spre-

chen. Die Kommunikation zwischen der Zentrale und den Niederlassungen ist unerlässlich für erfolgreiches Arbeiten.“ Die enorme Summe an Projekten verlangt aber nicht nur nach offener Kommunikation, sondern auch nach viel Vertrauen. Kein Problem für Gruber: „Ich kenne alle Verantwortlichen gut und oft schon sehr lange. Ich weiß, dass ich mich 100%ig auf sie verlassen kann.“ Ein tragfähiges Fundament also. //

// alpine vor ort PolieR Roman Braun „Mit meiner fünfköpfigen Partie sind wir vor allem für die öffentliche Hand im Hochbau tätig und bauen z. B. Schulen, Kindergärten, Bürogebäude in Mistelbach und dem Umland. Unsere Filiale ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen und ich habe mir ein solides Team aufgebaut. Zu meiner Arbeit als Polier gehört aber nicht nur die Leitung einer Mannschaft und die Verantwortung für ein Projekt, sondern auch die Kommunikation mit den Menschen vor Ort. Bei unserer letzten Baustelle kam jede Woche der Bürgermeister zu Besuch, um sich über den Fortschritt zu informieren. Es war mir wichtig, dass er stets den Eindruck gewinnen konnte, dass sein Projekt bei uns in guten Händen ist. ALPINE hat einen guten Ruf in der Gegend, deshalb bin ich nach der Lehre auch gerne ins Unternehmen

ALPINE NIEDERÖSTERREICH MistelbacH

gekommen. Die guten Kontakte in der Region auch zu pflegen – das gehört für mich dazu.“

BAULEITER Christian Fuchs „Wir haben vier Partien, die eigentlich so gut wie alles machen, was im privaten Bereich oder für Gemeinden so anfällt – von der Einfahrt bis hin zur kleinen Gartenmauer. Asphaltierungen bilden allerdings unser Hauptgeschäft. Wir schreiben zwischen 900 und 1.100 Angebote pro Jahr, 40–70 Rechnungen gehen monatlich raus. Wenn wir in einer Siedlung einmal anfangen, kommen meist auch noch die Nachbarn vorbei und fragen, ob wir bei ihnen auch noch etwas machen könnten. Die Leute kommen auf uns zu, weil sie wissen, dass wir einen fairen Preis machen, verlässlich sind und uns jeden Auftrag ansehen – auch wenn es dabei nur um € 300 geht. Wir sind uns für nichts zu schade, arbeiten mit viel persönlichem Einsatz und in einem bewährten Team. Die Arbeit machen wir ausschließlich selbst, jeder Stein wird selbst gelegt. Das ist eine Philosophie, die mir von meinem Vorgänger weitergegeben wurde und die Hr. Nindl uns als zuständiger Bereichsleiter vorlebt. Der Lohn für

ALPINE SALZBURG ST. VEIT

die viele Arbeit ist die Wertschätzung und Freude der Menschen.“

BAULEITER Johann Fritzenwanger „Unsere Filiale ist vor allem im Hochbau tätig, wobei wir von der Gartenmauer bis zum Geschäftshaus alles machen. Wir betreuen auch viele „Häuslbauer“ in der Region. Das Wichtigste sind dabei die persönlichen Kontakte und ein eingespieltes Team. Ich arbeite seit 20 Jahren in Osttirol und kenne meine Vorarbeiter fast genauso lange. Und nach dem Kirchengang oder beim Vereinsfest erzählt man sich eben, mit welchem Polier oder Bauleiter man sein Haus erfolgreich gebaut hat und ob alles korrekt gelaufen ist. Deswegen lassen wir niemanden hängen und sind ein verlässlicher Partner. Das bedeutet aber viel Arbeit, manchmal auch am Wochenende. Häuslbauen ist eben sehr intensiv für alle Beteiligten. Alle 4–5 Wochen muss man sich als Bauleiter oder Vorarbeiter in ein neues Projekt hineinfinden. Dann ist ein Haus fertig und das nächste wird gebaut. Das erfordert Engagement und Flexibilität. Aber man bekommt auch viel Dankbarkeit zurück und freut sich mit, wenn die Häuser später fertig sind.“

ALPINE TIROL LIENZ


Alta EXPATS // ALTA city:intro

region:facts

Alta ist eine Kommune und die größte Stadt in der nordnorwegischen Provinz Finnmark. Mit rund 12.000 Einwohnern ist die Stadt Alta die weltweit nördlichste Ortschaft mit mehr als 10.000 Einwohnern. In den Wintermonaten kann man dort sehr gut das Polarlicht beobachten.

expat:info Stefan EBENBAUER Ebenbauer STEFAN 27 Jahre // ledig // HTL für Tiefbau // berufsbegleitendes Studium an der HTWK Leipzig (Konstruktiver Ingenieurbau) // seit 2007 bei ALPINE // geht in seiner Freizeit gerne Angeln

expat:life Wie LANGE lange SIND sind SIE Sie NUN nun SCHON schon IN in NORWEGEN? Norwegen? Ich bin seit Mai WIE 2011 hier. Ich befinde mich in der Kleinstadt Alta, ca. 230 km südlich vom Wie SIND sind IHRE Ihre ERSTEN ersten EINDRÜCKE? Eindrücke? Mir gefällt es gut in Nordkap. WIE Alta. Die nordnorwegische Fjordlandschaft ist sehr beeindruckend, die Menschen sind überaus freundlich und zuvorkommend. Nur das teilweise raue Wetter und die Abgeschiedenheit sind etwas gewöhnungsbedürftig. war BISHER bisher NICHT nicht IN in NORWEGEN Norwegen TÄTIG. tätig. SIE Sie SIND sind ALPINE WAR also DER der ERSTE erste MITARBEITER Mitarbeiter VOR vor ORT Ort GEWESEN. gewesen. WORUM Worum ALSO müssen SIE Sie SICH sich NUN nun KÜMMERN? kümmern? Zuerst habe ich ein Haus in der MÜSSEN Nähe der Baustelle angemietet, das wir derzeit noch als Baubüro nutzen. Jetzt geht es um den Aufbau einer Baustelleninfrastruktur, also das Organisieren von Fahrzeugen und Unterkünften für die Bauleitung und das gewerbliche Personal. Strom- und Wasseranschlüsse müssen erst bewerkstelligt werden. Außerdem bin ich auf der Suche nach verlässlichen Wie VIELE viele ALPINE MITARBEITER Mitarbeiter Lieferanten und Subunternehmern. WIE sind INZWISCHEN inzwischen VOR vor ORT? Ort? Das Projektteam besteht im Moment SIND aus fünf Personen. Anfang September werden außerdem sechs Zimmerer und ein Kranfahrer auf der Baustelle sein. Die Bauarbeiten haben bereits Worin LIEGEN liegen DIE die GRÖSSTEN gröSSten HERAUSFORDERHerausforderbegonnen. WORIN ungen? In der Logistik, dem rauen Klima und den technischen UNGEN? Gibt ES es SPRACHsprachHerausforderungen, die das Projekt an uns stellt. GIBT liche BARRIEREN? Barrieren? Ich spreche kein Norwegisch, aber wir haben eine LICHE Dolmetscherin im Team. Und ich werde versuchen, die Sprache noch ein In ALTA Alta GEHT geht DIE die SONNE Sonne VON von MAI Mai BIS bis bisschen zu lernen. IN Juli NICHT nicht UNTER unter UND und VON von NOVEMBER November BIS bis JANUAR Januar NICHT nicht JULI auf. WIE Wie GEHEN gehen SIE Sie DAMIT damit UM? um? Am Anfang war es schwierig, trotz AUF. der Helligkeit zu schlafen. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran, inzwischen geht es. Der Tagesablauf verändert sich nicht wirklich. Was MÖGEN mögen SIE Sie JETZT jetzt SCHON schon AN an NORWEGEN? Norwegen? Die Offenheit der WAS Und WAS was Menschen. Norweger sind sehr gastfreundlich und höflich. UND vermissen SIE Sie AUS aus ÖSTERREICH? Österreich? Meine Familie und meine VERMISSEN Freunde.

km² Fläche Kommune Alta: 3.849 km2 Einwohner: 19.066, davon 12.000 in der Stadt Alta km² Einwohnerdichte: 5 Einwohner je km2 Sprache: Bokmål, eine der beiden offiziellen Standardvarietäten des Norwegischen Klima: subpolar, kalt und trocken Wirtschaft: Fischfang, Bergbau, Tourismus Sehenswürdigkeiten: Felsritzungen aus der Steinzeit (ca. 6.200 Jahre alt) // wunderschöne Fjordlandschaft (Altafjord, Kåfjord) // ein 300 – 420 m tiefer Canyon (Sautso)

alpine:project ALPINE baut in Alta eine 300 Meter lange einhüftige Schrägseilbrücke für den überregionalen Straßenverkehr. Die 108 Millionen Norwegische Kronen (14 Mio. EUR) teure Kåfjordbrücke soll Ende 2012 fertiggestellt werden. Für ALPINE ist es das erste Projekt in Norwegen und damit ein wichtiger Schritt für die Expansion in den Norden Europas.


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// UNTERNEHMEN

miteinander reden SOFT SKILLS Wird der Bau wie geplant fertig oder häufen sich Pannen, das Budget wird überschritten und der Abschluss rückt in weite Ferne? Immer öfter entscheiden soziale Kompetenzen über den Erfolg von Bauprojekten mit. // Claudia Riedmann

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m sich auf der Baustelle erfolgreich zu behaupten, brauchen Bauleiter, Poliere und Vorarbeiter mehr als technisches Know-how: Wille zur Kommunikation ist gefragt, der richtige Umgang mit Konflikten – und die Fähigkeit, Mitarbeiter zu führen und zu motivieren. „Soft Skills sind alle Fähigkeiten, die wir brauchen, um mit Menschen, Entscheidungen, aber auch Problemen angemessen umzugehen“, erklärt Dr. Brigitte Polzin. Die Managementberaterin und Trainerin hat gemeinsam mit Herre Weigl, Oberbauleiter bei ALPINE in Deutschland, ein Buch zu Führung, Kommunikation und Teamentwicklung am Bau veröffentlicht. Zahlreiche Konflikte entstehen durch Missverständnisse im Alltag. Weil nicht genügend gesprochen wird oder weil man denkt, der andere weiß es ohnehin. „Viele Führungskräfte müssen lernen, wie sie mit Mitarbeitern umgehen – etwa klare Anweisungen geben, Besprechungen effizient leiten oder Kritikgespräche führen“, sagt Polzin. Jungspunde und alte Hasen

Treffen frischgebackene Bauleiter auf der Baustelle auf praxiserfahrene Poliere und Vorarbeiter, sind Konflikte nicht selten: Für jene, die direkt von der Universi-

tät kommen, ist das Führen des Teams eine zusätzliche Herausforderung, auf die sie nicht vorbereitet sind. Und für die erfahrenen Mitarbeiter geht es vielfach darum, ihr Terrain abzusichern. „Der Polier muss in die Entscheidungen eingebunden sein. Ansonsten ist er nicht bereit, die Konsequenzen zu tragen, wenn etwas schiefläuft“, sagt Ko-Autor Herre Weigl. Von Bauleitern, die das Team auf der Baustelle via Webcams überwachen, hält er nichts: „Man muss vor Ort sein, mit den Leuten arbeiten. Sonst kriegt man doch gar nicht mit, was funktioniert und was nicht.“ Eine Einstellung, die Rudolf Füsselberger teilt. Der Polier ist seit fast 30 Jahren in der Baubranche tätig. Aktuell ist er bei einem Großprojekt im Einsatz – dem Brückenbau im Rahmen des dreispurigen Ausbaus der A1-Westautobahn bei Amstetten in Österreich. Dafür koordiniert er vier Teams mit zusammen 20 Zimmerern. „Im Idealfall – wie bei diesem Projekt – arbeiten Bauleiter und Polier eng zusammen und ergänzen einander mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung. Dann greift der eine auch mal dem anderen unter die Arme“, sagt Füsselberger. Was sind die Erfolgsfaktoren für den Umgang mit Mitarbeitern, örtlicher Bauaufsicht und Auftraggebern? „Ehrliche und offene Kommunikation und fachliche Kompetenz“, ist der Brückenbau-Fachmann überzeugt.


31 Viele Firmen denken: Wenn ich eine Maschine kaufe und einen Mitarbeiter dazustelle, läuft das Werk. Aber sie vergessen dabei, wie wichtig das Team und die Kommunikation untereinander ist. Herre Weigl Oberbauleiter und Teamleiter ALPINE

Trainings und Workshops sowie auch Coaching sind sehr wirksam, wenn es darum geht, Soft-SkillKompetenzen wie Führung, Kommunikation und Teamentwicklung zu erweitern.

Die Voraussetzung ist, ehrlich und offen zu kommunizieren. Nur so gelingt es am Bau, das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen.

Dr. Brigitte Polzin. Managementberaterin und Trainerin

Rudolf Füsselberger Polier ALPINE

Keine Zeit für einen Roman

Die Kommunikation am Bau ist sehr direkt, was Oberbauleiter Weigl auch mit der Arbeitssituation erklärt: „Wer neben einer lauten Baumaschine steht und dem Mitarbeiter eine Anweisung gibt, muss lauter sprechen, um verstanden zu werden. Und er wird sich kurz fassen, denn für einen Roman ist in dieser Situation keine Zeit.“ Dennoch darf es nicht passieren, dass man seine Mitarbeiter nur noch anschreit. „Die Wertschätzung ist enorm wichtig“, betont Füsselberger. „Man muss in die Menschen investieren. Das braucht Zeit und erfordert persönlichen Einsatz, speziell bei Lehrlingen.“ Wie entscheidend Soft Skills sind, hat die Baubranche erkannt. Man ist sich bewusst, dass Baustellen Visitenkarten für Unternehmen sind. Wenn es zu Konflikten und Reibungspunkten kommt, kosten diese viel Geld. Ausbildungsstätten wie die Bauakademien haben ihre Lehrpläne daran angepasst. Schon in der Lehrlingsausbildung sind Soft Skills heute ein Thema – ebenso wie bei der Vorbereitung auf den Polierpass oder der Grundausbildung zum Bauleiter. Im Berufsalltag helfen begleitende Schulungen und Weiterbildungen.

Erlernte rasch umsetzbar sein. Ein Credo, dem ALPINE folgt. Die interne Weiterbildung orientiert sich am tatsächlichen Bedarf und an konkreten Situationen aus dem Arbeitsalltag der jeweiligen Zielgruppe, viele Seminare finden vor Ort auf der Baustelle statt.

BUCHTIPP Führung,

Kommunikation und Teamentwicklung im

Soft Skills stehen beim ALPINE Lehrgang für angehende Bauleiter ebenso auf dem Stundenplan wie in der Weiterbildung für Poliere. Denn auch ihnen obliegen viele Führungsaufgaben – von der operativen Überwachung über die Einteilung von Personal und Material bis zum Berichtswesen. In Seminaren wie ‚Unterweisen auf der Baustelle‘ erhalten sie vor Ort die Instrumente, die sie brauchen. Das hilft bei der Kommunikation am Bau: „Ich habe zum Beispiel gelernt, Dinge sachlich zu betrachten und nicht persönlich zu nehmen. Und bei Konflikten das Vier-Augen-Gespräch zu suchen“, bestätigt der Polier Füsselberger. Ab 2012 ist ein weiteres Intensivprogramm für Poliere mit vier Modulen geplant.

Bauwesen Brigitte Polzin, Herre Weigl / Vieweg + Teubner Verlag 2009

Letztlich geht es auf der Baustelle – wie bei jeder anderen Art der Kommunikation – um Vertrauen. Und dieses gilt es jeden Tag aufs Neue zu erarbeiten. //

// Soft Skills

Für das Leben lernen

10 sec.

„Junge Bauleiter, die direkt von der Hochschule kommen, können in Führungs- und Kommunikationstrainings lernen, wie es richtig gemacht wird, bevor sie sich schlechtes Führungsverhalten angewöhnen. Und uns alten Hasen hilft das, über unser Verhalten zu reflektieren, um noch besser zu werden“, sagt Weigl. Damit sie Erfolg bringen, müssen solche Seminare praxisorientiert angelegt und das

Häufig werden Soft Skills auch als ‚weiche Fähigkeiten‘ bezeichnet. Im Arbeitsleben versteht man darunter die Sozial- und Führungskompetenz eines Menschen – also die Fähigkeit, angemessen mit Personen und Entscheidungen umzugehen. Methoden-Kenntnis (z. B. Selbstmanagement, Präsentation) zählt ebenso zu Soft Skills wie Soziales (z. B. Team- und Kommunikationsfähigkeit, Bewältigung von Konflikten) oder MitarbeiterFührung (z. B. Motivation, Zielorientierung).


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// lebensräume

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BUDGET- & LUXUSHOTELS Ihr nächster Urlaub steht vor der Tür? Diese von ALPINE gebauten Hotels warten auf Ihren Besuch.

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JUFA Bleiburg Campus Futura Gästehaus für Jugendliche, Familien und Gruppen Motto: Junge Urlaubsidee für alle

Ü

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www.jufa.at

B&B-Hotel Nürnberg-City Budget-Hotel Motto: Wir sparen am Schnickschnack und Sie am Preis

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w w w . h o t e l b b . de

Empire Riverside Hotel, Hamburg Lifestyle-Hotel Motto: Wahrzeichen der Hamburger Hafenkrone

Ü

4

w w w . e m p i r e - r i v e r side.de

Gat Point Charlie, Berlin City-Hotel Motto: Sleep smart

Ü

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w w w . g a t r o o m s . de

Deluxe Hotel Villa Kennedy 5*, Frankfurt/M. Luxushotel Motto: Tradition und Innovation

Ü

w w w . v i l l a k ennedy. com

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ZUHAUSE AUF 33

ZEIT

HOTELS Wohnzimmer in der Fremde, mobiles Büro oder Erlebnispark: Welche Bilder Hotels in unseren Köpfen erzeugen und was wir uns als Reisende von ihnen erwarten. // Claudia Riedmann

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as Hotel als Durchgangsstation, Insel der Zuflucht und Schauplatz fesselnder Spielfilme: Seit jeher hat es Menschen fasziniert. In seinem Film ‚Amarcord‘ lässt Federico Fellini das Grand Hotel in Rimini auferstehen. In ‚Pretty Woman‘ lernen Richard Gere und Julia Roberts einander im Luxushotel in Beverly Hills lieben. Und wo befindet sich der 160-Millionen-Tresor im Film ‚Ocean’s Eleven‘? Unter einem Casino-Hotel in Las Vegas. Baumhaus, Feng Shui

Die Sterne eines Hotels sind längst nicht mehr der alleingültige Maßstab für Gäste. Wohlfühlräume nach Feng Shui, iPhones mit Sprach- und Reiseführern oder der E-Reader mit dem Krimi auf dem Nachtkästchen: Hotels lassen sich immer mehr einfallen, um ihre Gäste zu verwöhnen. Und vielfach machen Kleinigkeiten den Unterschied. Rund 75 % der Businessreisenden vermissen laut Studie nach wie vor zugängliche Steckdosen, ein gutes Licht und eine funktionierende WLAN-Verbindung. Für Hotelbetreiber heißt das: Service ist angesagt!

oder iPhone Wohnen wie die Katze

Wir alle haben Bilder von Hotels im Kopf. Aber was erwarten wir uns als Reisende? Welche Ansprüche muss ein Hotel erfüllen? Und welchen Trends ist es unterworfen? Die Wünsche der Gäste werden immer vielfältiger, wie die Studie ‚Hotel der Zukunft‘ des Zukunftsinstituts Österreich zeigt: Auf der einen Seite wird Luxus im Urlaub immer wichtiger. Auf der anderen Seite sind zunehmend kleine Hotels im mittleren Segment gefragt, aber auch Häuser, die Nischen besetzen – vom Baumhaus-Hotel für Familien über die Hotel-Klinik bis zum energieautarken Öko-Ressort.

Eine Philosophie, die die spanische Hotel-Gruppe Gat Rooms in die Tat umsetzt. Sie spricht Reisende an, die Städte erkunden, modern und preisgünstig wohnen möchten – und bietet ihnen praktische Services, vom Restaurantoder Barbesuch bis zum Radverleih. 2010 eröffnete das größte Hotel der Gruppe, ‚Gat Point Charlie‘ in Berlin. Auf Katalanisch bedeutet ‚Gat‘ Katze. Schon am Eingang begrüßt ein Katzenauge die Gäste, das Thema wird durch die Handschrift des Architekten, das Design, die Accessoires und das Beleuchtungs-

konzept beständig weitergeführt. Im Hotel taucht man ein in eine verspielte und zugleich funktionale Welt aus gegensätzlichen Formen und Farben. So modern und stylish das Ambiente, so ungewöhnlich ist der Ort: ALPINE realisierte das Hotel durch die vollständige Umstrukturierung eines Plattenbaus aus dem Jahr 1987. Hauptelemente der statischen Grundkonstruktion wurden entfernt, das ehemalige Bürogebäude um ein Geschoss erweitert. Das internationale Team aus Planern und Ausführenden musste unter anderem ein individuelles Statik-Konzept entwickeln, die organischen Formen in den quadratischen, kleinteiligen Grundriss integrieren und die Design-Fassade mit den Denkmalbehörden abstimmen. „Dieses Hotel ist ein hervorragendes Beispiel für Architektur, die Trends setzt. Heute glaubt kein Gast mehr, dass hier ein monotoner Plattenbau stand“, erklärt ALPINE Projektleiter André Haßmann. Komfort für schmale Geldbörsen

Viele junge Menschen und Familien mit Kindern wollen im Urlaub

Das Hotel der Zukunft stellt sich auf die Bedürfnisse seiner Gäste ein.


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// LEBENSRÄUME

Berühmte Film-Hotels In diesen Hotels können Sie auf den Spuren der Stars wandeln: > Cipriani, Venedig: Hier macht Daniel Craig als James Bond in ‚Casino Royal‘ sein Boot am Steg fest. Die anschließende Zimmerszene entstand allerdings im Studio. .> The Ritz, London: Im ‚Ritz‘ checkt Julia Roberts als Filmstar in ‚Notting Hill‘ ein. Und verdreht dem schrulligen Buchhändler William Thacker (Hugh Grant) den Kopf. > The Four Seasons, New York: Mr. Big, die große Liebe von Carrie Bradshaw (Sarah Jessica Parker) macht hier regelmäßig Halt in ‚Sex and the City‘. .> Westin Grand, Berlin: In ‚The Bourne Supremacy‘ steigt Ex-Agent Jason Bourne (Matt Damon) in diesem Hotel in Berlin ab. .> Park Hyatt, Tokio: Star-Regisseurin Sophia Coppola setzte dem herausragenden Design-Hotel im Film ‚Lost in Translation‘ ein Denkmal.

JUFA-Vorstand Gerhard Wend. Jedes Gästehaus hat einen Schwerpunkt, von ‚Leben am Bauernhof‘ bis ‚Energie‘. Im Juni 2010 öffnete der JUFA Bleiburg Campus Futura in Kärnten. ALPINE setzte den Bau vollständig als Passivhaus um. Pro Jahr spart das rund 80 % der Energiekosten und 47 Tonnen CO2. Den Gästen stehen E-Scooter, E-Bikes und Segways zur Verfügung. Im angeschlossenen energy-park laden 30 Stationen zum Entdecken und Staunen ein. Im Zweistern-Segment geht der Trend ebenfalls zu mehr Komfort. Ein Beispiel ist die französische Hotelkette ‚B&B Hotels‘. Die Gäste erhalten größtmöglichen Komfort zum kleinen Preis. Services wie Klimaanlage, WLAN oder Sky-TV sind inkludiert, gespart wird am Prunk. ALPINE hat einige der B&BHotels in Deutschland umgesetzt, unter anderem in Nürnberg, Berlin oder Koblenz. Im Luxus schwelgen

etwas erleben und sich mit anderen vernetzen. Ein Trend, der sich in den JUFA-Gästehäusern niederschlägt. Der Name ist Motto: Junge Urlaubsidee für alle. Was vor 20 Jahren mit drei Herbergen begann, umfasst heute 40 Gästehäuser in Österreich und Deutschland. Das Konzept: leistbarer Urlaub, aber mit Qualität. „Wir bieten hochwertig ausgestattete Familien- und Doppelzimmer zu günstigen Preisen“, sagt

Wohnzimmer der Präsidenten-Suite im Luxushotel Villa Kennedy

Aber auch der Trend zu Luxusreisen ist ungebrochen. Im Jahr 2010 stieg der Umsatz der ‚Leading Hotels of the World‘ um 15 %. Zu ihnen zählt das ‚Deluxe Hotel Villa Kennedy 5*‘ in Frankfurt am Main. Das Herzstück des von der Rocco Forte Gruppe betriebenen Hotels bildet die 1904 erbaute, denkmalgeschützte Villa Speyer. ALPINE hat das Gebäude behutsam renoviert

und mit drei Neubauten im gleichen Stil ergänzt. Wer es sich leisten kann, bucht die exklusive Präsidenten-Suite mit kugelsicheren Fenstern und separatem Zugang für Bodyguards auf 326 m2 Fläche. Immer öfter wird das Hotel selbst zur Destination von Reisenden. Wie das neue ‚Empire Riverside Hotel‘ in Hamburg. Der imposante, bronzeverkleidete Hotelturm sticht aus der Hamburger Hafenkrone heraus. Das von Stararchitekt David Chipperfield geplante und von ALPINE gebaute Lifestyle-Hotel erhielt zahlreiche Architekturpreise. Die Besonderheit: Die Panoramafenster von der Decke bis zum Boden bieten von jedem Zimmer aus eine atemberaubende Aussicht, die Skybar 20up ist der Szene-Hotspot in Hamburg. Und das nächste Highlight steht bereits kurz vor der Fertigstellung: Ende 2011 wird das 5*-Plus-Hotel Waldorf Astoria im Zoofenster Berlin eröffnet, das von ALPINE errichtet und schlüsselfertig ausgebaut wurde. So vielfältig wie ihre Besucher sind also auch die Hotels. Aber eines gilt für alle: Wer sich nicht um seine Gäste bemüht, ist rasch weg vom Fenster. Und dann kann es passieren, dass das Haus zur einsamen Filmkulisse wird. So wie das Bane Motel in Hitchcocks legendärem Thriller ‚Psycho‘. //


einblicke

Die Rettung der Welt Es ist ein Brite, der alle Klima- und Energieprobleme der Erde löst: Michael Beard, ein Nobelpreisträger mit ernsthaften Bindungs- und Gewichtsproblemen. Seine Ideen zur künstlichen Photosynthese können die Klimakatastrophe aufhalten und Welt für immer verändern. Leider sind sie bisher nur Science Fiction: Michael Beard ist der Protagonist in Ian McEwans Roman ‚Solar‘, in dem es nicht nur um Sonnen-, sondern auch um kriminelle Energie geht. SEITE 42

Kennen Sie die deutsche Entsprechung der indischen Lebensweisheiten?

SEITE 52 Ian McEwan, Solar September 2010 Diogenes, 416 Seiten

SEITE 20

Geschichtsträchtiges Skivergnügen Auf dem Gletscher des Salzburger Kitzsteinhorns kann man beinahe ganzjährig Ski fahren. Ein Vergnügen, das Tradition hat: Bereits 1915 absolvierte eine Truppe der k. u. k. Armee dort ihre militärische Skiausbildung. Genau 50 Jahre später wurde das erste Gletscherskigebiet Österreichs auf dem Kitzsteinhorn eröffnet. Zwei Schlepplifte mit einer Stundenkapazität von je 800 Personen auf einem fließenden Gletscher galten als weltweite Neuheit. Bereits im zweiten Jahr zog man 200.000 Gäste an, 30 Jahre später schon eine Million. Heute können allein die beiden ‚Gletscherjets‘ 4.000 Personen pro Stunde auf das Kitzsteinhorn befördern.

Die schrillsten Hotels der Welt

Wolken, die donnern, regnen nicht. Hunde, die bellen, beißen nicht. Wenn man im Wasser lebt, ist es nicht gut, mit dem Krokodil in Feindschaft zu leben. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Hänge die heutige Pflicht nicht auf den morgigen Haken. Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Die Trommeln erscheinen betörender aus der Ferne. Die Kirschen aus Nachbars Garten schmecken immer ein bisschen süßer.

Immer mehr Hotels versuchen den Aufenthalt ihrer Gäste möglichst aufregend und abenteuerlich zu gestalten. Ob Schlafen in einem Baumhaus 13 m über dem Boden oder Kuscheln in einem Schloss aus Schnee und Eis bei gemütlichen 5 Grad Celsius – fast jedes skurrile Bedürfnis wird heute erfüllt. In den USA wurde etwa ein zwei Stockwerke hoher Hund gebaut, welcher als Gästehaus genutzt wird und 4 Personen Unterkunft bietet. Gut gebucht ist auch ein Gefängnishotel in Slowenien, das seinen Besuchern den Komfort einer Zelle bietet. SEITE 32


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und…

// TECHNOLOGIE

ABBRUCH Während am Filmset die Klappen fallen, prasseln in der Realität, Ziegel und Metall geräuschvoll zu Boden. Das ALPINE-Team um Gernot Steinberger – ganz hollywoodtauglich auch ‚Demolition Squad‘ genannt – erlebt den Thrill nicht nur auf der Leinwand. // Michaela Hocek

d

ie Menschen, die Gernot Steinberger (Gruppenleiter und Gründungsvater der ALPINE ‚Demolition Squad‘) um sich schart, sind den Superhelden beliebter Hollywood-Blockbuster nicht unähnlich. Statt Spidermans körperbetonten Anzügen und Hulks grünem Teint bevorzugen sie zwar wetterfeste Schutzkleidung, Spezial-Helme und adäquates Schuhwerk, aber in Präzision und Spezialbegabungen wären sie für spektakuläre Stuntszenen durchaus eingeübt. Sprengarbeiten werden von ihnen auf Millisekunden getimt. In der Realität müssen zwar nicht die Headquarter böswilliger Widersacher weichen, aber Mülldeponien oder aufgelassene Tankstellen zeigen mitunter auch ihre dunklen Seiten. Die meiste Masse wird beim Entkernen von baufälligen oder häufig auch denkmalgeschützten Häusern im Stadtgebiet, beim Tunnelbau oder an Berghängen bewegt. Unwegsames Gelände und luftige Höhen bestimmen den Alltag rund um den Abriss. Während unsereins Klettern als Freizeitsport ansieht und Baustellen unweigerlich mit sperrigen Gerüsten assoziiert, erklimmen ausgebildete Industriekletterer von Berufs wegen schwer zugängliche Stellen mit ausgefeilter Seil- und Sicherheitstechnik. Nicht selten mit schwerem Gerät am Rücken.

werden. Am First oder im Innenbereich bei Deckenabbrüchen werden Anker eingebohrt und eine sogenannte ‚Lifeline‘ gespannt, in der man sich zur Arbeitsplatzpositionierung mit längenverstellbarem Seil sichert.

Schlampigkeitsfehler bedeuten

Die Spezialisten schreiten überall dort zur Tat, wo für Bagger, Kräne oder Gerüste nur bedingt Platz ist. Das kann inmitten von jahrhundertealten Häuserzeilen sein, wo beengte Straßenverhältnisse oder Berge von Schutt herkömmliches Arbeiten unmöglich machen. Oder in Tiefgaragen und historischen Kellern, in denen uralte Tresore lagern oder gusseiserne Wendeltreppen dem Zahn der Zeit trotzen. Unentdeckte Schätze blieben der Mannschaft bis-

Lebensgefahr

Vertrauen ist gut, Sicherheit ist besser: Eingesetzt werden dreifach gesicherte Twist-Lock-Karabiner. Klettergurte und Seile werden laufend auf Abnützung, Risse und sonstige Mängel inspiziert. Kommt ein Seil mit Benzin oder Diesel in Berührung, muss es sofort ersetzt

Gearbeitet wird bei der Entkernung vom Dach bis in den Keller. Alles, was nicht Rohbau ist, wird entfernt. Die Demolition Squad begegnet nichttragenden Wänden, abgehängten Decken, Fußböden, Liften, Installationen und der Haustechnik mit dem nötigen Respekt. Probeschlitze und -bohrungen verraten nicht immer das gesamte Darunter. Das Gesicht der Baustelle wandelt sich mitunter täglich. Absperrzäune rund um frische Deckenlöcher, Schächte und nicht mehr vorhandene Treppenhäuser sowie neu errichtete Stützpfeiler zeigen sichere Routen an. Bei historischen Gebäuden ist die Statik das große Problem, da im Lauf der Jahrhunderte immer wieder erweitert oder umgebaut wurde und kaum Pläne vorhanden sind. Doch so erschütterungsempfindlich die Projekte der Abrisstruppe zeitweise sein mögen, sie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Arbeitsplatz: Abwechslungsreich und unvorhersehbar


her leider verwehrt, von betonierten Leichen wurden sie glücklicherweise verschont. Erstmals aufgetan hat sich die Nische ‚Abbruch und Umwelttechnik‘ bei der Neugestaltung des Nordbahnhofs 2007. Seither wird der Bereich sukzessive ausgebaut, denn kletternde Tiefbauer sind in Ostösterreich selten. Die rund 20 Mitarbeiter im Alter von 22 bis 45 Jahren haben ihre Tiefbaulehre oder das Studium Bauingenieurwesen/Projektmanagement beendet, verfügen alle über die Ausbildung zum Höhenfacharbeiter, einige haben sich zusätzlich auf Industrieklettern spezialisiert. In mehreren Modulen haben sie erlernt, was sie für ihre Arbeit in der Vertikalen benötigen, z. B. Fluchtweg-Evaluierung oder die Rettung von Bewusstlosen aus der Wand. Alle zwei Jahre werden ihre Fähigkeiten erneut überprüft. Schon vom Start weg ergibt sich ein ungewöhnliches Zusammengehörigkeitsgefühl. Beim Absichern am Seil ist Hierarchiedenken fehl am Platz. Über den Dächern von Wien und Umgebung beim Abtragen von Gesimsen oder auf einem 209 Meter hohen Kamin ist das Verhältnis von Lehrling zu Polier gleichrangig, die Kommunikation mit dem Bauleiter unkompliziert. Spontane Entscheidungen und flexibles Handeln sind häufig erforderlich. Jedes Mal anders, jedes Mal spannend

Seit vier Jahren wächst die Erfahrung mit jedem Projekt. ‚Learning by doing‘ steht an der Tagesordnung. Kein Haus ist wie das andere, wenn der Ausbau eines

Aufzuges, der Abtransport einer Rolltreppe oder das Wegheben von Fertigteilen per Kran anstehen. Unzählige Tonnen Schutt müssen möglichst effizient in Wannen und Kübelrutschen aus den Gebäuden geschafft werden. Danach geht es an die Trennung, Entsorgung und den Erhalt verwertbarer Stoffe. In diesem Bereich bewähren sich das fachgerechte und gesetzeskonforme Wissen und die Kontakte der Demolition Squad vor allem auf der Kostenseite. Kalkulatorische Glücksfälle, wo Dachstühle, ganze Hallen oder Granitplatten weiterverkauft werden, kommen vor, sind aber nicht die Regel. Der lückenlose Nachweis vom Verbleib des Bauschutts, alten Schlackeböden und wiederverwertbaren Rohstoffen wie Stahl oder Holz ist ein Muss, um behördliche Strafen zu vermeiden. Im Bereich der Umwelttechnik sind das Altlastensanierungsgesetz und diverse Deponieverordnungen die wichtigste Literatur. Sie ändern sich zum Leidwesen von Teamleiter Steinberger jährlich. Dennoch ist seine Begeisterung für die Materie im Interview spürbar. Tarife pro Tonne und Fakten zu Projekten hat er sofort parat. Echter Stolz klingt durch, wenn er über Lehrlinge spricht, die mit Auszeichnung bestehen und Mitarbeiter, die den ‚Karriere-Turbo‘ einschalten und in wenigen Jahren vom Gesellen zum Polier aufsteigen. „Wir behalten unsere Lehrlinge gerne im Unternehmen und bilden so unsere eigenen Spitzenführungskräfte aus.“ So viel Loyalität können sich Leinwandhelden von Filmstudiobossen nur wünschen. //

Nicht nur Superhelden lassen es gerne richtig krachen. Das erfahrene Team von ALPINE steht bei Sprengungen ebenso gerne in der ersten Reihe, wie es dem Kern von Gebäuden auf den Grund geht oder umwelttechnisch Zeichen setzt.

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// TECHNOLOGIE

Nichts für Anfänger ADVANCED DRILLING SYSTEM Damit gigantische Talsperren nicht zur Gefahr werden, müssen diese ständig überwacht werden. Pendellote messen die Bewegungen einer Staumauer. Vorher sind allerdings Spezialbohrarbeiten erforderlich, die nicht nur viel Erfahrung, sondern vor allem Fingerspitzengefühl verlangen. // Melanie Müller

s

teht man auf der Staumauer des Wasserkraftwerkes Tsankov Kamak in Bulgarien und blickt nach unten, besteht die Gefahr, dass einem schwindlig wird. 130,5 Meter hoch ist die Bogenstaumauer, die von ALPINE im Sommer 2010 fertiggestellt wurde. Der Blick in die Tiefe ist imposant. Ein Höhenrekord ist das jedoch nicht. Den hält etwa in Österreich die Staumauer der Kölnbreinsperre mit 200 Metern. Die derzeit höchste Betonstaumauer weltweit steht im Schweizer Kanton Wallis, heißt Grande Dixence und misst unglaubliche 285 Meter von der Sohle bis zur Mauerkrone. Das ist in etwa so hoch wie der Pariser Eiffelturm. Giganten unter Druck

Hinter diesen gigantischen Mauern befinden sich mehrere hundert Millionen Kubikmeter Wasser (Kölnbreinsperre: 200 Mio. m³, Grande Dixence: 400 Mio. m³). Der Druck, der auf den Bauwerken lastet, ist also enorm. Würde eines davon dieser Belastung nicht mehr standhalten, könnte dies eine Katastrophe bedeuten. Dementsprechend wichtig sind die Sicherheitsmaß-

nahmen rund um den Bau und den Betrieb von Talsperren. Diese beginnen bereits bei der Konstruktion der Anlagen, die mögliche Gefahren- oder Notfälle (z. B. Hochwasser, Hangrutschungen, Erdbeben) schon im Vorfeld berücksichtigen sollte. Geht ein Wasserkraftwerk schließlich in Betrieb, ist eine kontinuierliche Überwachung notwendig, um gefährliche Situationen oder Schäden am Bauwerk möglichst früh erkennen und sofort handeln zu können. Neben der regelmäßigen Begehung und visuellen Kontrolle von Stauanlagen sind zur genauen Überwachung auch verschiedenste Messungen und Funktionsproben wichtig. So werden etwa die Grundablässe, die ein rasches Entleeren des Speichers ermöglichen, in regelmäßigen Abständen auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft. Wetterstationen liefern Daten zu Temperatur und Niederschlag und warnen rechtzeitig vor möglichem Hochwasser. Wassermessungen geben Aufschluss darüber, wie viel Sickerwasser sich im Untergrund befindet und wie stark der dadurch entstehende Auftrieb auf das Betonfundament

ist. Alle Informationen laufen beim sogenannten Talsperrenwärter (oder Staumeister, siehe Shortcuts) zusammen, der ‚sein‘ Kraftwerk genau kennt und bei Unregelmäßigkeiten sofort Alarm schlägt.

Lote werden seit tausenden von Jahren als Werkzeug verwendet und haben sich in

Messinstrument Pendellot

dieser Zeit praktisch nicht

Ein weiteres wichtiges Messinstrument für die Überwachung einer Staumauer stellt das Pendellot dar. Mit ihm können horizontale Bewegungen der Staumauer, die z. B. durch Temperaturveränderungen oder unterschiedliche Füllstände entstehen, gemessen werden. Um dieses Lot installieren zu können, muss zuerst ein Rohr in die Staumauer und den darunterliegenden Boden eingebracht werden. Die Herausforderung dabei: Die Bohrung für das Rohr muss völlig senkrecht bzw. lotrecht sein, damit das enorme Pendel darin Platz findet und frei hängen kann. Auf die Frage, wie schwierig so eine Spezialbohrung ist, antwortet Herr Buchacher, Bereichsleiter bei der Grund-, Pfahl- und Sonderbau GmbH (GPS), schmunzelnd mit einer Gegenfrage: „Schon mal versucht, eine 20 cm große Zielscheibe aus einer Entfernung von 113 m zu treffen?“

verändert.

Die verwendeten Pendellote zählen zu den inversen Pendeln, d. h. der Schwerpunkt liegt oberhalb der Achse.


39 113 m tief ist die Pendellotbohrung, die GPS derzeit im Inneren des Deriner-Damms im Nordosten der Türkei vornimmt. Die Herausforderungen sind enorm und höchst komplex. So misst der Arbeitsplatz, der im Inneren einer Staumauer für eine derartige Bohrung zur Verfügung steht, selten mehr als 3 m x 5 m, bei einer Deckenhöhe von ca. 3 m. Beengte Verhältnisse, die nach einer logistischen Meisterleistung verlangen. Zum Beispiel, wenn man Bohrstrang und –krone, die zusammen rund 10 Tonnen wiegen, bewegen will. Dies kann nur mit einer Seilwinde bewerkstelligt werden und so eine Seilwinde braucht Platz. „Wir bewegen uns also ständig an der Grenze des Machbaren“, so Buchacher. „Jede Bohrung stellt uns vor neue Herausforderungen, jedes Projekt verlangt nach neuen Lösungen.“ Lösungen, die er mit seinem Team erarbeitet. Darin liegt auch die Besonderheit des sogenannten Advanced Drilling Systems von GPS: Das gängige Equipment wird an jedes Projekt individuell angepasst. Hier sind die jahrzehntelange Erfahrung und das umfassende Know-how, über die das Unternehmen verfügt, von entscheidender Bedeutung.

Bohren für Fortgeschrittene

Dass die Bohrung für das Pendellot völlig senkrecht verläuft und mit einer maximalen Abweichung von 20 cm in der Tiefe ankommt, ist nur dank des Fingerspitzengefühls und der Routine der GPS-Mitarbeiter möglich. „Normalerweise liegt die Gesamtabweichung bei Bohrungen bei ca. 2-3 %“, erklärt Buchacher. „Da wären wir in diesem Fall dann bei 2-3 Metern – und nicht 20 cm.“

Deriner-Damm im Nordosten der Türkei

Ist das Loch gebohrt, wird ein Edelstahlrohr – das aus ca. 1,50 m langen Teilstücken besteht - eingebracht. Das Pendel, das am oberen Ende an einem sogenannten Schwimmlot (siehe Shortcuts) und am unteren Ende am Untergrund befestigt wird, installiert schließlich eine auf Pendellote spezialisierte Firma. Elektrooptische Geräte können dann jede noch so kleine Bewegung des Pendels bzw. der Staumauer messen . Herr Buchacher und sein Team sind dann meistens nicht mehr vor Ort. Sie arbeiten inzwischen schon an einer neuen Lösung für das nächste Projekt. Für ihn ist das eben business as usual. // Das GPS-Team arbeitet auf engstem Raum.

Querschnitt Staumauer mit Lot Staubecken

Mauerkrone

SHORTCUTS Talsperrenwärter Die wichtigste Rolle bei der Überwachung von Stau-

Fixpunkt Lot

anlagen spielt der Talsperrenwärter. Er ist direkt vor Ort und daher der Erste, der Anomalien oder Gefahren erkennen kann. Rund zwei Drittel aller außerordentlichen Ereignisse werden durch Sichtkontrollen entdeckt. Neben regelmäßigen

Schwimmer

Rundgängen und visuellen Kontrollen gehören zu seinen Aufgaben das Durchführen und Interpretieren verschiedenster Messungen und Funktionsproben sowie gängige Instandsetzungs- und Reparaturmaßnahmen.

Lot Ein Lot (auch Senklot, Richtblei) ist ein Werkzeug, mit dem man die Senkbzw. Lotrechte feststellen kann. Im Grunde besteht es aus einem symmetrischen Gewicht an einer Schnur. Einfache Formen (Stein an einem Faden) wurden bereits 2600 v. Chr. beim Pyramidenbau in Ägypten verwendet. Über die Jahrhunderte haben sich unterschiedlichste Formen und Varianten des Werkzeuges entwickelt, das aufgrund seiner Genauigkeit immer noch Verwendung findet. Eine SonderSchwimmer

form stellt das sog. Schwimmlot dar, bei dem sich ein Schwimmer auf einer Flüs-

Fixpunkt

der zu einem Fixpunkt führt. So können Bewegungen des Schwimmers gemessen

sigkeit horizontal frei bewegen kann. An dem Schwimmer ist ein Draht befestigt, werden.


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// INNOVATION

Ein Baustoff, viele Gesichter INNOVATION Die Zeiten, als Beton noch ein einfaches Gemisch aus Zement, Wasser und Zuschlag war, sind vorbei. Hightechbeton punktet mit vielfältigen Zutaten und Anwendungen. // Claudia Riedmann

n

Beton soll künftig zum ressourcenschonenden Heizen und Kühlen eingesetzt werden.

och bis 8. Jänner 2012 steht der Crash-Porsche des Vorarlberger Bildhauers Gottfried Bechtold anlässlich der Ausstellung CAR CULTURE im Schlosspark von Karlsruhe. Er ist rund 3,5 Meter lang, mehr als 12 Tonnen schwer – und durchgehend aus Beton. Bis die Oberfläche den Vorstellungen entsprach, waren monatelange Kopfarbeit und mehrere Probe-Betonierungen erforderlich. Damit befindet sich der Künstler in guter Gesellschaft: Architekten, Zementhersteller und Baufirmen arbeiten unermüdlich an der Weiterentwicklung des Baustoffs und seiner Einsatzgebiete. Beton als Energiespeicher

Angesichts von Klimaschutz und steigenden Energiepreisen ist die

Bauwirtschaft mehr denn je gefordert, Energie einzusparen. Eine Antwort darauf ist das Heizen und Kühlen von Gebäuden mit Beton. Das Prinzip ist einfach: Für die Betonkern- oder Bauteilaktivierung legt man beim Bau Leitungen in Böden, Wände oder Decken. Durch diese fließt später warmes Wasser zum Heizen oder kaltes Wasser zum Kühlen. Oft genügt auch das Einspeisen warmer oder kühler Luft. Wie das funktioniert, führt die BAUAkademie Lehrbauhof Salzburg mit einem Simulationsraum aus Stahlbeton auf 12 Quadratmetern vor: „Jede einzelne Fläche lässt sich individuell steuern, um alle Varianten zu simulieren – vom Heizen mit dem Fußboden bis zum Kühlen mit der Decke“, erklärt Geschäftsführer Ronald Setznagel. Untersucht wird beispielsweise, wie sich die

Luftfeuchte und die Temperatur von Luft und Oberflächen verändern. Beton als Energiespeicher eignet sich vor allem für Gewerbe- und Bürobauten, Einfamilienhäuser und zur thermischen Sanierung denkmalgeschützter Gebäude. Ein Beispiel ist das Bürogebäude ‚Holzhafen West‘ samt 20-stöckigem Wohnturm ‚Kristall‘, das ALPINE in Hamburg errichtet hat. Hier wird die Betonkernaktivierung zur Lüftung eingesetzt. Beim Projekt Ericusspitze & SPIEGEL-Haus in der Hamburger HafenCity wurden die Böden jedes Geschosses – in Summe rund 20.000 m² – thermisch aktiviert. Zusammen mit Erdwärme, Doppelfassade mit Sonnenschutz sowie Heiz- und Kühlsegeln an den Bürodecken ersetzt das Klimaanlage und Heizkörper. Das Transparenter Beton

Gottfried Bechtolds Kunstwerk „Betonporsche II, Crash 2001“ lässt sich im Karlsruher Schlosspark bestaunen.


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Preisgekrönt: Die Paul-Amann-Brücke Seit September 2010 überbrückt der neue, von ALPINE gebaute Steg den Wienfluss und die U-Bahn-Trasse der U4 in Wien. Die weiße Farbe verleiht dem Bauwerk Leichtigkeit und Dynamik. Möglich macht dies eine Mischung aus Beton, Weißzement und zusätzlichen Farbpigmenten. Für die homogene Farbqualität wurden die rund 40 Meter langen Tragwerksteile gleichzeitig produziert. Dabei wurde auf eine absolut saubere Schalung geachtet, um jegliche Verunreinigung des weißen Betons zu vermeiden. Der Einsatz hat sich gelohnt: Das ALPINE-Projekt erhielt den SOLID Bautech Preis 2011.

Haus der SPIEGEL-Verlagsgruppe wurde mit dem Umweltzeichen HafenCity in Gold ausgezeichnet. Druckfest, leicht oder transparent

Aber nicht nur als Energiespeicher leistet Beton hervorragende Dienste. Auch innovative Rezepturen sind gefragt. „Die größte Herausforderung beim Beton ist, seine Dauerhaftigkeit sicherzustellen. Und er muss in der Praxis gut anwendbar sein“, sagt Thomas Eisenhut von der Bautechnischen Prüf- und Versuchsanstalt GmbH. Schon vor langer Zeit hat man erkannt, dass Beton als DreiPhasen-Werkstoff aus Zement, Wasser und Gesteinskörnungen an seine Einsatzgrenzen kommt. Das Beimischen von Zusatzstoffen – z. B. Mineralien, Kunstharz, Farbpigmente oder Fasern – soll seine Eigenschaften positiv beeinflussen. Ultrahochfester Beton zum Beispiel zeichnet sich durch eine wesentlich höhere Druck- und Zugfestigkeit aus. Er eignet sich u. a. für besonders weit gespannte Brücken, sehr

Holzhafen West, Hamburg

hohe Hochhäuser oder extrem belastete Verbundstützen. Ultraleichtbeton hingegen hat eine hohe Wärmedämmung und ist beispielsweise als Sichtbeton für die Außenwände von Wohnhäusern einsetzbar. Noch einen Schritt weiter führt lichtdurchlässiger Beton. Mithilfe lichtleitender Fasern, zum Beispiel aus Textil oder Glas, wandelt sich der schwere Baustoff in den Augen des Betrachters zum federleichten Material. Selbst bei größeren Wanddicken sind dahinterliegendes Licht, Schattenwürfe und sogar Farben sichtbar. Damit ergeben sich neue Perspektiven für Planer und Baufirmen. Wird dieses Material heute in erster Linie in der Inneneinrichtung eingesetzt – etwa für Raumteiler oder Treppenstufen – geht die Entwicklung dahin, künftig noch größere Formate zu produzieren. Aber wie so oft sind es die Kosten, die hier wesentlich mitspielen. „Viele innovative Lösungen sind heute noch relativ teuer und werden daher noch nicht in der Breite eingesetzt“, erklärt Eisenhut.

Dicht ohne Rütteln

BetonInnovationen

Das gilt auch für selbstverdichtenden Beton, eine der wichtigsten Innovationen der letzten Jahre. Ist beim herkömmlichen Beton das Verdichten – zum Beispiel durch Rütteln oder Stochern – unverzichtbar, kommt der Spezialbeton ohne diesen Arbeitsschritt aus. Das bedeutet geringeren Personalbedarf, weniger Lärm beim Einbau und aufgrund der Qualität und Beständigkeit auch niedrigere Gesamtkosten über den Lebenszyklus.

UHPC / Ultrahochfester Beton dichtes Gefüge; oft mit Fasern aus Stahl oder Kunststoff versetzt ULWAC / Ultraleichtbeton erhält durch Lufteinschlüsse ein besonders

Wie sich selbstverdichtender Beton für mehr Licht und Brandsicherheit im Tunnel einsetzen lässt, belegt ein Forschungsprojekt des Forschungsinstituts der Österreichischen Zementindustrie: Der eigens dafür entwickelte Beton weist aufgrund von Weißpigmenten eine besonders helle Oberfläche auf. Das verbessert die Sicht der Autofahrer und verringert die Unfallgefahr im Tunnel. Die Beimischung von Polypropylen-Fasern macht den Beton höchst brandbeständig, verhindert das ,Abplatzen‘ der Tunneloberfläche im Brandfall und erhöht die Sicherheit von Einsatzteams im Notfall. Alle diese Beispiele zeigen: Der Baustoff Beton hat Zukunft und wird weiterhin die Phantasie von Architekten, Zementherstellern und Baufirmen beflügeln. Auch der Künstler Gottfried Bechtold hat seinen Betonporsche weiterentwickelt: Für die aktuelle Skulpturen-Serie ‚Elf-Elf‘ setzt er bereits selbstverdichtenden Beton ein. //

geringes Gewicht SCC / Selbstverdichtender Beton enthält mehr Fließmittel und stabilisierende Zusätze als Normalbeton Lichtbeton in den Vollbeton werden Fasern (z. B. aus Textil oder Glas) eingesetzt, die Licht leiten


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// PORTRAIT

Der ganz normale Wahnsinn. Eine Annäherung an Indien. Andree BOCK Bock // ANDREE

ané Virdee, englische Fashion Designerin mit indischen Wurzeln, die in Neu-Delhi lebt und arbeitet, lächelt, als sie in einem Satz den Unterschied zwischen dem Leben in Indien und dem in Europa beschreiben soll. „Indien in einem Satz? Das ist ungefähr so, als solle ich anhand eines Sandkorns die Welt erklären.“ Recht hat sie. Wie soll man auch 1.2 Milliarden Menschen leben? – und damit weit in einem Satz ein Land beschreiben, in dem . 120 Sprachen und weit mehr als in ganz Europa zusammen. Ein Land, dessen Bewohner über  400 Dialekte sprechen. Eines, das in einem ständig schwelenden Konflikt mit seinem über  Bruderstaat Pakistan lebt und gleichzeitig dem Friedensnobelpreis-Träger Dalai Lama Exil bietet.


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„Die Gesetze von Logik und Ordnung, die wir aus Europa kennen“, fährt die 28-jährige Londonerin schmunzelnd fort, „diese Gesetze gelten in Indien nicht.“ Wer als Europäer zum Arbeiten nach Indien komme und denke, er könne sein gewohntes Leben einfach starr weiterleben, so führt sie aus, der werde vermutlich einige Überraschungen erleben. Wer aber offenen Auges und Herzens nach Indien komme, für den werde es höchstwahrscheinlich das größte Abenteuer seines Lebens werden. Mitunter sogar ein gefährliches. Ein Beispiel: An einer dreispurigen Ausfallstraße in Neu-Delhi warten Menschen auf einen Bus. Es ist Regenzeit, die Schwüle hat die Kleidung der Menschen durchnässt. Jeden Moment könnte ein Unwetter auf die Menschen herunterprasseln, das man in unseren Breitengraden wohl ‚biblisch‘ nennen würde. Hier nennt man es einfach Monsun. Der Verkehrslärm übertönt die Gespräche, nur die ständig gleichen Rufe der Obstverkäufer durchdringen das ohrenbetäubende Chaos aus hupenden Autos, lahmenden Ochsenkarren, knatternden TukTuks und unsicher schwankenden Kleinbussen. Dann endlich, der Bus kommt. Vor den am Straßenrand Wartenden liegen nun zwanzig sehr gefährliche Meter. Denn die Busspur, sie liegt innen und um sie zu erreichen, muss man die beiden äu-

ßeren Fahrspuren überqueren, was ältere Semester an das Computerspiel ‚Frogger‘ denken lässt, in dem man einen Frosch über eine stark befahrene Straße bugsieren muss. Mit dem feinen Unterschied, dass man in Neu-Delhi kein Extraleben hat. Dafür aber viele, viele Götter. Alltag in Indien. So wie Neu-Delhi eine Megacity ist, so ist Indien selbst ein Mega-Land. Allein vier der aktuellen Megacities liegen in Indien. In Kalkutta, Mumbai, NeuDelhi und Puna werden im Jahre 2015 zusammen knapp 60 Millionen Menschen leben; davon alleine 21 Millionen Menschen in der Metropol-Region Neu-Delhi und 23 Millionen in Kalkutta. Zum Vergleich: In Österreich lebten im Jänner 2011 insgesamt 8,5 Millionen Menschen. Und vielleicht ist genau das – der Vergleich zwischen Unvergleichbarem – der größte Fehler, den man machen kann, wenn man als Europäer Indien bereisen oder dort ein Projekt oder gar die Filiale eines Unternehmens leiten will. Natürlich versuchen wir alle, uns die Welt zu erklären, indem wir Altbekanntes als Maßstab heranziehen. Aber das bedeutet nicht, dass alles, was wir sehen, auch in unsere Maßstäbe passt. Manches bricht diese Maßstäbe auf. Indien zermalmt sie.

Das Land ist riesig, alles ein einziger Superlativ. In Indien leben 368 Menschen auf einen Quadratkilometer; im europäischen Schnitt sind es 65. Nicht umsonst gibt Indien einem Subkontinent und einem Ozean seinen Namen. Die Distanzen sind so groß, dass das Märchen mit den Siebenmeilenstiefeln eigentlich von dort stammen müsste. Inder haben andere soziale Codes. Jeder, der schon mal in Indien war, kennt das Bild von Händchen haltenden Männern. Was bei uns vielleicht die Augenbrauen nach oben schnellen ließe, ist in Indien eine gesellschaftlich anerkannte Form des Seins und hat mit sexuellen Präferenzen nichts zu tun. Dennoch ist es anfangs gewöhnungsbedürftig. Vor allem, wenn sich auf einmal unerwartet eine fremde Hand in die eigene schmuggelt. Sehen Sie es einfach als Zeichen freundschaftlicher Zuneigung. Und lächeln Sie. Lächeln ist die einzige Währung, die weltweit akzeptiert wird. Umso wichtiger also, sich durch interkulturelle Trainings auf den Aufenthalt in Indien vorzubereiten. Es gilt, die Unterschiede zwischen den Kulturen kennenzulernen und die eigene interkulturelle Kompetenz zu verbessern. Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass der größte Unterschied zwischen Europäern und Asiaten der ist: Europäer stellen das Erreichen ihrer Ziele in den Fokus, Asiaten den Menschen.


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// PORTRAIT

lösungen suchen statt probleme finden

Helmut Ligárt Contract Manager

Das hat Konsequenzen im alltäglichen Leben. Auf die Frage, was das Wichtigste sei, was ein Europäer mitbringen muss, wenn er in Indien arbeiten wolle, nennt Helmut Ligárt, Contract Manager bei ALPINE und regelmäßig in Indien aktiv, Geduld und geistige Beweglichkeit. Er führt dazu das Beispiel der unterschiedlichen Meeting-Kultur an: Europäische Geschäftsleute halten maximal fünf Minuten Small Talk, um dann der Reihe nach die Tagesordnungs-Punkte durchzugehen, beginnend mit dem wichtigsten. In Indien muss man mindestens mit einer halben Stunde Small Talk rechnen und man sollte die aktuellen Cricket-Ergebnisse kennen, um mitreden zu können. Die wichtigsten Punkte werden dann am Schluss besprochen – wenn der (meist zu) enge Zeitplan des Europäers keine Zeit mehr für Details lässt. Pünktlichkeit ist also ein Konzept, das wunderbar dazu geeignet ist, um ungeduldigen Menschen in Indien ein leichtes Magengeschwür zu bereiten. Inder dagegen wissen die Kunst des fintenreichen Handelns und Verhandelns sehr zu schätzen. Es sei ein Zeichen von Unhöflichkeit, nicht zu verhandeln, so Ligárt. Sogar bei der Fahrt in einem Tuk-Tuk, wo es umgerechnet um 2 oder 3 Cent geht.

Mané Virdee Designerin

Indern ist wichtig, ihre Position zu kennen, was vielleicht darin begründet ist, dass in Indien selbst heute noch die Kastenzugehörig-

alpine in indien ALPINE setzt aktuell zwei Untertagebau-Projekte in Indien um: > Airport Metro Express Line (Los C1 + C6) > Wasserkraftwerk Tapovan Vishnugad (Head Race Tunnel) im Himalyagebiet

keit über Ansehen und berufliche Stellung bestimmt – obwohl dieses System offiziell längst abgeschafft wurde. In welche Kaste jemand hineingeboren wurde, ist eine Frage, die man allerdings nie stellt. Das ist ungefähr so, als würde man hierzulande zur Begrüßung fragen, ob jemand arbeitslos sei. Wer es lernt, die richtige Balance aus europäischer Arbeitskultur und dem Flair der indischen Kultur zu finden; wer die Lösung sucht, anstatt Probleme zu finden, für den wird die Zeit in Indien eine aufregende und lehrreiche sein. (Stellen Sie sich jetzt einfach vor, hier stünde eine 168 Seiten lange Auflistung der kulinarischen, architektonischen und kulturellen Attraktionen Indiens.) Indien ist ein Land, das zwischen seinen Küsten und Bergwipfeln die Extreme aufspannt. Im Bundesstaat Kerala wohnen die Menschen in den Dörfern wie vor 500 Jahren; in Neu-Delhi wächst das unterirdische Metronetz in rasanter Geschwindigkeit mit der Skyline um die Wette. Zur Entlastung des Straßenverkehrs wurde dort z. B. die Airport Express Metro gebaut, die nun den Hauptbahnhof mit dem Flughafen verbindet. Ein Projekt, an dem ALPINE wesentlich beteiligt war neben anderen Projekten wie einem Wasserkraftwerk im Himalaya. Wo in den Städten die Wolkenkratzer sprießen, führen die Menschen andernorts einen ewigen Kampf gegen die Eingemeindung durch

den Regenwald. Straßenarbeiten sind in Indien vergleichbar mit der Arbeit von Sisyphos: Ist man an einem Ende angelangt, kann man gleich von vorne beginnen, weil in der Zwischenzeit Regen und Schlamm die Straßen wieder überrannt haben. Die gleichen Straßen im Übrigen, auf denen manchmal deswegen Stau herrscht, weil sich eine heilige Kuh dazu bequemt hat, ein kleines Nickerchen auf einer Kreuzung zu halten, und niemand es wagt, sie auch nur böse anzuschauen. Lieber halten die Menschen dann ein Schwätzchen. Vielleicht mag diese Episode als Sandkorn dienen, mit dem man die Welt Indien erklären kann. Denn so wie ein Sandkorn alle Bestandteile des Lebens in sich trägt, trägt dieses spezielle Korn ein Stück indischer Lebensart in sich. Und wenn man es genau betrachtet, wohnt diesem Sandkorn die Schönheit der ganzen Welt inne. Man nennt sie auch ‚Vielfalt‘. Um Mané Virdee das letzte Wort zu geben:

Come openminded.


einblicke SEITE 50

299792458 299.792.458 Meter/Sekunde: Das ist das absolute Tempolimit in der physikalischen Welt. Nur Licht ist so schnell unterwegs. Alle anderen würden unendlich viel Energie benötigen, um mit Lichtgeschwindigkeit reisen zu können. Die Fortbewegung mit Überlichtgeschwindigkeit dürfte also noch eine ganze Weile Science Fiction-Figuren vorbehalten bleiben.

Sagen und verstehen

SEITE 40

Hart wie Beton

„Der Beton ist zu trocken.“ Das sagt der Bauleiter. Aber was will er uns tatsächlich mitteilen? Geht’s nach dem Kommunikationswissenschafter Schulz von Thun, hat jede Nachricht vier Dimensionen. Und das ist der Grund, warum wir nicht immer alles so verstehen, wie’s gemeint ist. Sachinformation

„Der Beton braucht mehr Wasser.“ Selbstdarstellung

„Ich weiß das, weil ich mich mit Beton auskenne.“ Beziehung

„Wieso haben Sie mal wieder nicht aufgepasst?“ Appell

„Lösen Sie das Problem, aber dalli!“

SEITE 30 SEITE 26

Eule vs. Lerche SEITE 46

Regionalwährungen Wer würde nicht gerne sein eigenes Geld drucken? Einige Regionen Österreichs und Deutschlands tun dies – und zwar mit erheblichem Erfolg. Die lokalen Währungen ‚Waldviertler‘, ‚Styrrion‘, ‚Chiemgauer‘ oder der bayrische ‚Regio‘ sollen die regionale Entwicklung fördern, die kulturelle Identität stärken, auf nachhaltige und qualitativ hochwertige Produkte aus der Region aufmerksam machen und insgesamt bewusstseinsbildend wirken.

Die meisten inneren Rhythmen des Menschen folgen einem 24-Stunden-Takt bzw. einer circadianen Rhythmik (circa = ungefähr, dies = tag). Diese innere Uhr wird vor allem durch das natürliche Licht der Sonne eingestellt. Inzwischen weiß man jedoch, dass nicht jeder Mensch dem gleichen Rhythmus folgt – man unterscheidet verschiedene ‚Chronotypen‘: Die innere Uhr der Lerchen geht etwas vor, d. h. sie gehören zu den Frühaufstehern. Die nachtaktiven Eulen sind dafür abends länger leistungsfähig.

Mit der Festigkeit und Belastbarkeit von Materialien beschäftigt man sich im Bauingenieurwesen schon immer. Inzwischen kann die Stabilität einer Brücke berechnet werden, lange bevor sie überhaupt gebaut wird. Nun wird dieses Wissen an der TU Wien dazu verwendet, um Menschen zu helfen: Eine Forschungsgruppe arbeitet an einem Computermodell, das die Stabilität von menschlichen Knochen aus ihrer mikroskopischen Struktur, die sich in ähnlicher Form z. B. auch in Beton finden lässt, ableiten kann. Das würde es künftig möglich machen, die individuelle Knochenbruchgefahr von Patienten, die z. B. an Osteoporose leiden, abzuschätzen.


Licht leben // DOSSIER LICHT

fürs

licht Licht stellt den eher kleinen sichtbaren Bereich der elektromagnetischen Strahlung dar. Diese elektromagnetische Strahlung besteht aus schwingenden Energieeinheiten (Quanten) und wird in Wellen von einer Lichtquelle gesendet. Das weiße Licht ist aus allen Farben zusammengesetzt: vom kurzwelligen Violett – mit einer Wellenlänge von etwa 400 Nanometern – über Blau, Grün, Orange bis zum langwelligen Rot – mit einer Wellenlänge von etwa 750 nm. Außerhalb dieses Bereichs kann das menschliche Auge Strahlung nicht wahrnehmen: Gamma-, Röntgen-, UV- und Infrarotstrahlen sind für uns nicht sichtbar.


47 LICHTPLANUNG Licht ist wichtig für unser körperliches und seelisches Wohlbefinden. Dies wird heute nicht nur durch die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft bestätigt, sondern findet zunehmend Beachtung bei Architekten und Planern. // MELANIE MÜLLER

w

ir alle sind Lichtwesen. Auch wenn Sie nicht an Engel, Aurafotografie oder Lichtnahrung glauben. Die moderne Wissenschaft hat längst eindeutig belegt, dass Licht von immenser Bedeutung für den menschlichen Organismus ist. Es macht uns nicht nur möglich, unsere Welt visuell wahrzunehmen, sondern beeinflusst auch unseren Stoffwechsel und das Hormonsystem, unterstützt das Immunsystem, regt die Phosphorbildung in Knochen an, stärkt das Nervensystem, verhindert Arteriosklerose und und und … Genau wie Pflanzen und Tiere sucht also auch der Mensch das Licht. Jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass die ersten Sonnenstrahlen nach trüben Tagen die Lebensgeister wieder wecken. Sie kurbeln die Produktion von ‚Glückshormonen‘ im Körper an, machen wach und heiter. Umgekehrt leiden im Herbst und Winter, wenn sich die Sonne nur selten und deutlich kürzer zeigt, zahlreiche Menschen an der sogenannten saisonalen Depression. Etwa 2 bis 5 % aller Erwachsenen sind betroffen. Lichtmangel macht also nicht nur blass und grantig, sondern unter Umständen richtig krank. Licht taktet die innere Uhr

Die wahrscheinlich wichtigste Rolle spielt das Licht als Taktgeber des Menschen. Fast alle physiologischen Prozesse im Körper werden von der inneren Uhr gesteuert – und diese wiederum wird vom Licht beeinflusst. Der menschliche Wach-Schlaf-Rhythmus entsprach jahrhundertelang dem Tag-NachtZyklus der Natur. Der sogenannte Suprachiasmatische Nucleus, eine

etwa reiskorngroße Struktur im Gehirn, registriert, ob es gerade hell oder dunkel ist, und reguliert dementsprechend und unter Zuhilfenahme verschiedener Botenstoffe eine Vielzahl von Prozessen. Aus dem Takt bringt uns allerdings zunehmend die Tatsache, dass unser Leben immer unabhängiger wird von Tageszeiten und Sonnenständen. Den größten Teil unserer Zeit verbringen wir inzwischen im Inneren von Gebäuden. Künstliches Licht macht, wenn wir es wollen, die Nacht zum Tag. Manche von uns springen gar zwischen den Zeitzonen hin und her, den Jetlag immer im Gepäck. Chronobiologen betrachten diese Entwicklungen mit Skepsis. Die Missachtung der Biorhythmen geht zulasten von Gesundheit und Wohlbefinden.

Im Lichtlabor der Donau-Universität Krems

Erhellende Erkenntnisse

Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass der Mensch an Lichtmangel leidet – obwohl wir unseren Wachrhythmus mit Hilfe von künstlichem Licht deutlich verlängert haben. Doch im Inneren eines Gebäudes kommt man häufig nur auf 300 bis 500 Lux. Im Freien herrscht allerdings selbst an einem eher trüben Tag eine Lichtstärke von 10.000 bis 20.000 Lux. An einem hellen Sommertag sind bis zu 100.000 Lux möglich. Auch die Folgen des chronischen Lichtmangels sind inzwischen gut erforscht: Leistungsfähigkeit und Produktivität sinken deutlich, physiologische Prozesse werden gestört, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Stresssymptome und körperliche Erkrankungen nehmen zu. Studien zeigen,

dass etwa Wochenbettdepressionen junger Mütter und Lernschwierigkeiten von Schülern durch entsprechende Lichtkonzepte deutlich gemindert werden können. Licht und Architektur

Zeit für Erleuchtung also. Im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen kann die Lösung aber nicht nur darin liegen, den Einsatz von künstlicher Beleuchtung zu erhöhen. Kunstlicht kann den Mangel an Tageslicht auch nur bedingt ausgleichen (siehe Interview, S. 49). Die Bemühungen gehen also eher dahin, künftig die Architektur von Gebäuden an die natürlichen Lichtrhythmen anzupassen und damit die Lichtmenge im Inneren zu erhöhen. Ganz neu ist diese Idee nicht: Bereits in der


Antike wurden Räume je nach Nutzung in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtet und Beschattungselemente so angeordnet, dass sie im Sommer Schatten spendeten, die Wintersonne jedoch in die Innenräume durchdringen ließen.

Licht beeinflusst die Wahrnehmung und das Wohlbefinden. Mit den Erkenntnissen der modernen Forschung wächst die Bedeutung des Themas Licht für die Planung von Wohn- und Arbeitsräumen wieder: „Licht kommt im Zuge der Entwicklung von lebenswerten Gebäuden eine Schlüsselfunktion zu“, betont auch Gregor Radinger, Leiter des Lehrganges ‚Tageslicht Architektur‘ an der Donau-Universität Krems. „Das Wissen über seine gestalterische, energetische, aber auch gesundheitliche Bedeutung wird immer mehr im Bewusstsein von Architekturschaffenden und ihrer Auftraggeber verankert.“

// DOSSIER LICHT

Doch wie lässt sich Licht planen? „Kenntnisse über Standortparameter, wie jährlicher Sonnenverlauf, Wetter-

und Klimabedingungen, Gebäudeorientierung und die Beschaffenheit der Umgebung ermöglichen es, Baukörper optimal im Lichtraum zu positionieren“, erklärt Radinger. Das Department für Bauen und Umwelt der Donau-Universität verfügt über ein sogenanntes Lichtlabor, in dem anhand von Modellen die künftige Lichtsituation in einem Gebäude simuliert und damit optimal geplant werden kann. Darüber hinaus wird mit speziellen Berechnungsprogrammen gearbeitet. Neben der positiven Wirkung auf Wohlbefinden und Gesundheit hilft tageslichtoptimierte Architektur natürlich auch beim Energiesparen. „Berechnungsstudien, die von uns durchgeführt wurden, erlauben die Annahme, dass durch lichtoptimiertes Planen in Wohnbereichen auf künstliche Beleuchtung während der Tagstunden größtenteils verzichtet werden kann“, so Radinger. „Hier liegt ein großes energetisches Einsparungspotenzial. Das im Außenraum vorherrschende Angebot an natürlichem Licht ist gewaltig.“ Masters of Light

Um Tages- oder Kunstlicht gezielt einsetzen zu können, braucht man bereits in der Planungsphase kompetente Beratung. Mit neuen Bedürfnissen entstehen neue Berufe: Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit, sich zum Lichtplaner oder ‚Master of Light and Lighting‘ ausbilden zu lassen. Zum Beispiel an der Donau-Universität Krems, an der Hochschule Wismar im deut-

Ein Modell unterschiedlicher Sonnenhöhen, z. B. bei Sonnenauf- bzw. -untergang, sowie der Sonnenhöchststände im Frühling und Sommer

schen Mecklenburg-Vorpommern – oder aber in Aldrans bei Innsbruck. Die Tiroler Gemeinde mit rund 2.000 Einwohnern ist Heimat eines visionären Vordenkers und Wegbereiters: Christian Bartenbach. Der mittlerweile 81-jährige Gründer des Bartenbach LichtLabors begann 1954 damit, eine lichttechnische Entwicklungsabteilung im elterlichen Elektrounternehmen aufzubauen. Heute stammt ein Großteil der weltweit angewandten Technologien zur Tageslichtplanung aus Aldrans. Seit 2003 gibt Bartenbach sein Wissen an einer eigenen universitären Einrichtung – der Lichtakademie Bartenbach – weiter. Die Projekte, die erfolgreiche Lichtplaner wie das Bartenbach LichtLabor oder die Zumtobel Lighting GmbH umsetzen, sind höchst vielfältig. Ob Bürogebäude, Produktionshallen, Museen, Theater, Verkaufsräume, Hotels, Spas, Schulen, Universitäten, Sportstadien, Parkhäuser, Flughäfen, U-Bahn-Stationen – für jeden Ort gibt es die optimale Lichtsituation. ALPINE Projekte, bei denen Licht-Experten im Vorfeld bereits zum Einsatz kamen, sind u. a. das Einkaufszentrum VARENA in Vöcklabruck, das Lentos Museum in Linz oder die Bergisel-Schanze in Innsbruck. Dort und an allen anderen Orten, an denen die ‚Masters of Light and Lighting‘ tätig werden, wird unser Leben in Zukunft also sicher ein wenig heller werden. Und damit vielleicht sogar ein bisschen glücklicher. //


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„tageslicht macht glücklicher.“

Interview mit Manuel Geyer / Director Business Development / Bartenbach LichtLabor GmbH

Was ist für Ihre Arbeit wichtiger: Tageslicht oder Kunstlicht? Bartenbach LichtLabor verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz der Lichtplanung. Dabei geht es schwerpunktmäßig um Tageslicht – Kunstlicht ist aber nicht davon zu trennen und wesentlich für unsere Lösungen. Gebäude sollen ja auch in den Abend- und Nachtstunden ein Erlebnis darstellen, wirken und zum Verweilen einladen. Kann Kunstlicht Tageslicht ersetzen? Der Mensch hat seit jeher das Tageslicht mit seinem Spektrum als für ihn relevantes Licht ‚gelernt‘. Es verändert sich laufend, je nach Tageszeit, Jahresverlauf, Sonnenstand, Bewölkung – aber auch hinsichtlich seiner spektralen Zusammensetzung. So hat Abendsonne einen erhöhten Rotanteil, ein klarer Nordhimmel einen hohen Blauanteil. Die Wirkung auf den Menschen ist dabei unterschiedlich. Kunstlicht kommt dieser spektralen Zusammensetzung zwar nahe, kann Tageslicht aber nicht ersetzen. Macht uns mehr Tageslicht glücklicher? Ja. Die psychologische Wirkung ist wissenschaftlich bewiesen. Das Wohlbefinden in tagesbelichteten Räumen ist höher. Kunstlicht – und das merken wir – ist nur ein Nachbau der realen Welt. Bartenbach LichtLabor hat das Lichtkonzept für das Einkaufszentrum VARENA entwickelt, das von ALPINE in ARGE gebaut wurde. Welche

Bedürfnisse hinsichtlich Licht müssen in einer Shopping Mall erfüllt werden? Wichtig ist eine ausreichende Tageslichtmenge, die richtigen Lichtfarben und Lichtverteilungen. Die Lichtstimmung muss auf den Besucher abgestimmt werden und sollte verbindend wirken – trotz der eigenen Lichtsituation der Läden. Das Licht soll den Besucherstrom führen und leiten, wir sprechen von einem Lichtleitsystem. Im VARENA wurden auch in den Parkgaragen Tageslichtsysteme geplant, die das Gefühl von Sicherheit erhöhen und das schnelle Auffinden des eigenen Stellplatzes ermöglichen.

mit ihrer Umgebung (z. B. der Textur, Struktur, Farbe und dem Reflexionsgrad von Gegenständen oder Wänden) interagiert. Aus archaisch-biologischen Gründen wird nicht jede Kombination aus Beleuchtungsstärke und Lichtfarbe als angenehm empfunden. Der Rotanteil am Abend bedingt eine gelernte Beleuchtungsstärke – ist diese zu hoch wird das Licht als unangenehm empfunden. //

Bei Shopping Malls ist darüber hinaus der Wiedererkennungswert enorm wichtig. In Falle des EZ VARENA wurden z. B. einheitliche Lichtstelen auf dem Parkplatz installiert. Die Fassadenbeleuchtung weist eine optimale Fernwirkung auf und soll Menschen neugierig machen. Welchen Fehlern – im Bezug auf Licht – begegnen Sie im Alltag am häufigsten? Blendung, zu viel buntes Licht, zu viele Dekor-Elemente, die ablenken. Gerade in Shopping Malls lenkt zu viel ‚Funky Lighting‘ – also zu viel Funkeln und Glitzern häufig von den Shops und der Ware ab. Ist die Luxzahl das entscheidende Kriterium für die richtige Beleuchtung? Die Beleuchtungsstärke (Lux) ist eine wichtige Größe – aber auch die Lichtfarbe und wie eine Lichtquelle

Im EZ VARENA dringt Tageslicht in alle Ebenen.


lichtgeschwindigkeit Mit

Zukunft

in die

PHOTONIK Der High-Tech-Werkstoff der Zukunft ist weder besonders teuer noch rar, sondern gratis und unbegrenzt vorhanden: Licht. // MELANIE MÜLLER

// DOSSIER LICHT

p

hotonen (Lichtteilchen) sind die Hoffnungsträger des neuen Jahrhunderts. 2005 wurde der Nobelpreis für Physik an drei Forscher verliehen, die bahnbrechende Arbeit auf dem Gebiet der Quantenoptik und der Lasertechnologie leisten. 2009 postulierten deutsche Wissenschaftler in ihrer Agenda ‚Photonik 2020‘: „War das 20. Jahrhundert das Jahrhundert der Elektronik, so wird das 21. Jahrhundert das der Photonik sein.“ Schnell, genau und kraftvoll

Doch was macht Licht für die Forschung so interessant? „Licht hat besondere Eigenschaften“, weiß Prof. Dr. Karl Unterrainer vom Institut für Photonik der TU Wien. „Licht ist eine elektromagnetische Welle und transportiert Energie mit Lichtgeschwindigkeit. Kohärentes Licht, das z. B. von Lasern emittiert wird, kann sehr gut fokussiert und gebündelt werden. So können lokal sehr hohe Temperaturen erreicht werden, mit denen man Materialien bearbeiten (schneiden, schweißen) kann. In der Medizin kann damit das Skalpell ersetzt werden.“ Die Genauigkeit, die hier möglich ist, lässt staunen: Licht kann bis auf

einige hundert Nanometer (Nanometer = ein Millionstel Millimeter) fokussiert werden. Die Möglichkeiten – gerade von Laserlicht – sind schier unbegrenzt. „Die hohe Geschwindigkeit des Lichtes und die hohe Frequenz – eine rote Lichtwelle schwingt mit 400 THz, d. h. 400 Billionen Schwingungen pro Sekunde – machen es auch zu einem idealen Medium für die Telekommunikation“, erklärt Unterrainer weiter. „Und es gibt noch viele weitere mögliche Anwendungen. So können mit Laserlicht chemische Substanzen analysiert, eine Art chemischer Fingerabdruck erstellt werden. Die unübertroffene Frequenzstabilität von Licht bildet die Basis für Atomuhren, welche z. B. die Genauigkeit des GPS-Ortungssystems gewährleisten.“ Inzwischen beschäftigen sich unzählige wissenschaftliche Teams mit den Möglichkeiten, die das Licht in sich trägt. Die Photonik zählt heute zu den sogenannten Schlüsseltechnologien und wird unsere Zukunft entscheidend prägen. Schon jetzt sind Laser als hochpräzises Werkzeug nicht mehr wegzudenken aus der Halbleiter-, Photovoltaik-, Medizin- oder Konsumgüterindustrie. Entwicklungen wie LEDs oder LCD-Dis-


51 SHORTCUTS Photonik Die Photonik beschäftigt sich mit Licht in jeder Form. Im Fokus stehen Verfahren und Technologien zur Verarbeitung, Übertragung und Speicherung von optischen Signalen. Photonik verbindet so unterschiedliche Bereiche wie Lasertechnik, Medizintechnik, technische Optik, Optoelektronik, Bildverarbeitung, Feinmechanik, IT und Mikroelektronik.

LASER Laserlicht unterscheidet sich stark von Licht aus klassischen Lichtquellen (z. B. Glühbirnen). Die erzeugten Lichtwellen haben alle die gleiche Wellenlänge, also die gleiche Farbe, und sind phasensynchron, d. h. sie liegen direkt übereinander. Außerdem breitet sich Laserlicht nicht in verschiedene Richtungen aus, sondern ist stark gebündelt.

Internet aus der Lampe? Vielleicht bald.

plays verändern bereits nachhaltig unseren Alltag. Bald sollen sogenannte OLEDs, LEDs aus organischen Materialien, das Thema Beleuchtung revolutionieren. Durch ihre Transparenz und Flexibilität sind sie vielseitig einsetzbar (z. B. für Bildschirme, Displays und großflächige Raumbeleuchtung) und helfen, Energie zu sparen. In Kombination mit organischen Photovoltaikzellen könnten sie künftig ein Fenster tagsüber zur Solarzelle und abends wiederum zur Lichtquelle umfunktionieren. Die Zeitung werden wir dank OLEDs wohl demnächst auf biegsamem elektronischem Papier lesen.

Glasfaserleitung versendet werden. So kann die Übertragungskapazität deutlich gesteigert werden.“ Die Bandbreiten gehen inzwischen in den Gigabit-Bereich, die Geschwindigkeit steigt ständig. Im Mai 2011 gelang es etwa einem Team des Technik-Instituts Karlsruhe, den Inhalt von 700 DVDs (26 Terabit) in nur einer Sekunde 50 km weit zu übertragen. Das ist Weltrekord. Doch auf diesem Feld fallen Rekorde fast im Monatstakt. Europäische und asiatische Wissenschaftler liefern sich einen Wettlauf. Die Zukunft der Lampe

Kommunizieren mit Lichtgeschwindigkeit

Eine entscheidende Rolle spielt Licht vor allem in der Zukunft der Kommunikation. Die riesige Datenflut der Multimediagesellschaft kann schon heute nur mit Hilfe der Photonik bewältigt werden. Glasfasernetze transportieren Informationen über Lichtsignale und übertragen diese über enorme Distanzen und mit rasender Geschwindigkeit. „Glasfasern haben im Vergleich zu Kupfer, das früher für Datenübertragungen verwendet wurde, eine sehr viel geringere Dämpfung. Signale, die in das Netz gegeben werden, kommen am Ende nahezu verlustfrei wieder heraus. Dadurch sind in der Praxis Reichweiten von bis zu 90 Kilometer ohne weitere Verstärkung möglich“, erklärt Joachim Storjohann, Mitarbeiter von City Service Solutions, einer Tochtergesellschaft von ALPINE-ENERGIE, die moderne Glasfasernetze aufbaut und betreibt. „Ein weiterer Vorteil ist, dass sich Lichtsignale untereinander nicht beeinflussen“, so Storjohann. „Es können also parallel Signale in unterschiedlichen Lichtfarben über eine

Wenn es nach dem Lichtforscher Harald Haas geht, ist allerdings bald kein Kabel mehr nötig: Er erforscht an der Universität Edinburgh die Möglichkeiten der sogenannten Visible-Light-Kommunikation. Dank dieser Technologie könnten Daten künftig mit allen handelsüblichen LEDs und in praktisch unbegrenzter Menge übertragen werden. Jede Lichtquelle – innen und außen – könnte genutzt werden. Ein gigantisches Potenzial. Und irgendwann kommt das Internet dann nicht mehr aus dem Stecker, sondern aus der Lampe. Ampeln leuchten nicht nur, sondern steuern auch den Verkehrsfluss. Autos warnen sich rechtzeitig vor Unfällen. Thomas Edison, der (umstrittene) Erfinder der Glühbirne, würde staunen. //

Die Photonik transportiert schon heute weit über 90 Prozent aller Informationen.


Unendlich

viel

Energie RESSOURCE LICHT Während manche natürliche Ressource dabei ist, auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden, versorgt uns die Sonne unaufhörlich mit Energie. Künftig könnte der gesamte Energiebedarf der Erde damit gedeckt werden. // MELANIE MÜLLER

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// DOSSIER LICHT

tellen Sie sich vor, es gäbe eine Ressource, die im Gegensatz zu fossilen Energieträgern unbegrenzt vorhanden wäre, die keine Treibhausgase oder Feinstaub freisetzen und das Klima schonen würde, die jedem Land dieser Erde zur Verfügung steht und damit energiepolitische Konflikte verhindern könnte. Klingt wie ein schöner Traum? Ist es aber nicht. Denn die Rede ist von Sonnenenergie. Das Energiepotenzial der Sonne ist unerschöpflich – zumindest noch mehrere Milliarden Jahre lang. Irgendwann wird sie sich zu einem Roten Riesenstern aufblähen und schließlich zu einem Weißen Zwerg werden. Doch bis dahin schickt sie uns unaufhörlich ihre durch Kernfusion entstandene Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung. Den sichtbaren Teil dieser Strahlung nehmen wir als Sonnenlicht wahr. Die Menge an solarer Energie, die jeden Tag auf der Erde ankommt, übersteigt den Verbrauch um ein Vielfaches. Und das alles zum Nulltarif. „Die Ressourcen der Sonne sind praktisch unendlich“, bestätigt auch Prof. Eicke R. Weber, Leiter des renommierten Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE. „Die permanent auf der Erde ankommende Leistung von etwa 120.000 Terawatt (TW) muss mit dem durchschnittlichen Energiebedarf der Menschheit verglichen werden, der derzeit etwa 16 TW jährlich beträgt und 2050 etwa 30 TW betragen wird.“

Vergangenheit und Zukunft

Ganz schön großzügig, diese Sonne. Dabei hat sie in der Geschichte der Erde schon so vieles für uns getan. Nur dank Photosynthese konnten sich vor einigen Milliarden Jahren winzige Organismen weiterentwickeln und die Atmosphäre mit Sauerstoff anreichern. Die Entstehung von Leben wäre auf unserem Planeten ohne die Kraft der Sonne unmöglich gewesen. „Selbst die fossilen Brennstoffe Kohle, Öl und Gas sind im Grunde gespeicherte Solarenergie“, erklärt Weber. Doch Sonnenlicht spielt auch für die Zukunft der Erde eine wesentliche Rolle. Im Sinne des Klimawandels und der zu erwartenden Knappheit natürlicher Ressourcen gilt es das größtenteils noch ungenutzte Potenzial der Sonnenenergie künftig auszuschöpfen. Neben der passiven Nutzung, z. B. durch sogenannte Solararchitektur (siehe Artikel S. 46), kann Sonnenlicht durch Photovoltaik-Anlagen in elektrischen Strom, durch thermische Solaranlagen in Wärme und durch solare Kühlanlagen bald sogar in Kälte umgewandelt werden. Auch Wind und Wasserkraft hängen eng mit der Sonneneinstrahlung zusammen. Rekordjahr 2010

„Wir werden nie den gesamten Energiefluss durch die Sonne umfassend nutzen können“, so Prof. Weber. „Doch bis


53 2050 könnten 100 % unseres Energiebedarfs direkt oder indirekt aus der Nutzung der Sonnenenergie gewonnen werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist ein weiterhin aggressives Wachstum des globalen PhotovoltaikMarktes.“ Im vergangenen Jahr wurde die weltweit installierte Kapazität von 20 Gigawatt (GW) Ende 2009 auf mehr als 37 GW Ende 2010 fast verdoppelt. Ein Rekordjahr, in dem Deutschland seine deutliche Vorherrschaft auf dem internationalen PV-Markt ausbauen konnte, während Länder wie Italien, Tschechien, Spanien, Japan und die USA allmählich nachziehen. Österreich bleibt, trotz einer gut entwickelten eigenen PV-Industrie, unter den Nachzüglern in Sachen Photovoltaik. Große Hoffnungen liegen auf sonnenreichen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrika, die in der Lage wären, nicht nur ihren eigenen Bedarf mit Sonnenenergie zu decken, sondern auch Europa mitzuversorgen. Ein entsprechendes Konzept gibt es bereits: Es wurde 2003 – 2007 von internationalen Wissenschaftlern, Politikern und Ökonomen entwickelt. 2009 wurde die sogenannte DESERTEC Foundation gegründet, die die Umsetzung dieser Idee global vorantreiben soll. Damit die hochgesteckten Ziele hinsichtlich Photovoltaik auch Wirklichkeit werden können, bedarf es allerdings einer stetigen Weiterentwicklung. „Der Schlüssel für eine derartige Entwicklung sind rasch fallende Preise bei steigender Umwelteffizienz. Dazu sind weitere Fortschritte in Forschung und Technologie erforderlich sowie der Aufbau von immer effizienteren, hochautomatisierten Anlagen für eine großvolumige Produktion“, erläutert Weber. Trotz aller Zuversicht will er aber keine überzogenen Erwartungen wecken: „Wir sind auf dem richtigen Weg – aber wir benötigen noch viel konzentrierte Arbeit, um das realistische Ziel zu erreichen, dass Strom aus Sonnenenergie preiswerter wird als der aus der Verbrennung der wertvollen Rohstoffe Öl, Gas und Kohle gewonnene.“

Nachhaltigkeit in der PV-Industrie Seit 2005 hat

Doch nicht nur die Technologie, auch die in der Photovoltaik-Branche tätigen Unternehmen entwickeln sich weiter. Aspekte wie Nachhaltigkeit und Corporate Social Reponsibility gewinnen auch hier an Bedeutung. Ausruhen auf dem ohnehin guten und ‚grünen‘ Image? Geht nicht mehr. Umwelt- und Sozialaspekte spielen nicht mehr nur in der Produktion eine wichtige Rolle, sondern auch darüber hinaus. So wurden etwa bei der Errichtung der größten Photovoltaik-Anlage Siziliens durch ALPINE-ENERGIE vorab rund 100 zum Teil ebenso alte Johannisbrotbäume vorsichtig ausgegraben und versetzt. Über 5.000 m Trockenmauern, die zuvor die landwirtschaftlich genutzten Parzellen begrenzten, wurden fotografiert und nach Projektende unter Aufsicht des Umweltamtes neu errichtet. Die Fundamente der Moduluntergestelle wurde nicht wie gewohnt in Betonbauweise ausgeführt. Statt dessen wurden rund 18.000 Löcher mit einer durchschnittlichen Tiefe von 1,2 m gebohrt und Pfosten direkt in den Boden eingebracht. Diese Bauweise lässt eine spätere naturnahe Rückbauoption offen. Ein rundum nachhaltiges Projekt. Die Zukunftsaussichten sind also heiter bis sonnig. Die Photovoltaik-Industrie wächst und gedeiht. Systeme zur Wärme- und Kälteerzeugung durch Sonnenlicht entwickeln sich rasant und wissenschaftliche Teams auf der ganzen Welt arbeiten an verschiedensten Arten künstlicher Photosynthese. Der Traum von der perfekten, unerschöpflichen Ressource – er könnte irgendwann Wirklichkeit werden. //

Photovoltaik-Freilandanlage auf Sizilien

ALPINE-ENERGIE europaweit rund 100 MWp errichtet .


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ERBAULICHES

// IMPRESSUM

kOLUMNE von andree bock

Gentrifizierung – Risiko oder Chance? Über Europas Metropolen fegt seit geraumer Zeit ein Sturm hinweg. Dieser Sturm heißt Gentrifizierung. Gentrifizierung beschreibt den Prozess der Umstrukturierung in ursprünglich preisgünstigen Stadtvierteln, „in denen Immobilien zunehmend von wohlhabenden Eigentümern und Mietern belegt und baulich aufgewertet werden und in denen in diesem Zuge Gruppen mit einem niedrigeren Sozialstatus ersetzt oder verdrängt werden“ (Wikipedia). Verdrängung kennen wir von Freud: Man verdrängt Unangenehmes ins Unterbewusste. Verdrängung in einer Stadt, das steht der Natur der Worte nach in einem schlechten Licht. Gentrifizierung lebt mit dem Makel des Ungerechten. Ungerechtigkeit messen wir aber daran, dass Ergebnisse nicht nach unseren Vorstellungen verteilt sind. Oder dass die persönlichen Möglichkeiten unter denen anderer liegen. Die Forderung nach Gerechtigkeit impliziert in dieser Lesart einen Anspruch auf Gleichheit. Aber bringt uns dieser Anspruch weiter? (Davon ausdrücklich ausgeklammert sind natürlich die Menschenrechte. Und die Tatsache, dass Hautfarben, Nationalitäten und Religionen gleich gültig sind.) Nehmen wir aber mal das Beispiel einer fiktiven Reinigungskraft in einem Krankenhaus. Die empfindet das zehn Mal so hohe Gehalt eines Chefarztes, der genauso viele Stunden im Krankenhaus verbringt, vielleicht als willkürlich. Gleiche Stunden, gleiches Gehalt; das wäre doch gerecht. Was dann passieren würde? Vermutlich sähen die Ärzte dies als willkürlich und über kurz oder lang gäbe es bald keine mehr, weil dann ja niemand mehr die durchaus anspruchsvollen

Bedingungen fürs Arzt-Sein erfüllen müsste. Wie 72-Stunden-Schichten und die Verantwortung im OP-Saal. Den Umstand, dass an jedes Ergebnis bestimmte Bedingungen geknüpft sind, übersehen viele aber geflissentlich. Natürlich sollte jeder ein schönes Dach über dem Kopf haben. Und an denen herrscht ja kein Mangel. Es ist aber auch so, dass an jedes Dach bestimmte Bedingungen geknüpft sind. Um die zu erfüllen, müsste man bereit sein, ein Risiko einzugehen und sich weiterzuentwickeln. Es würde einem Konzern wie ALPINE beispielsweise nicht gut zu Gesicht stehen, wenn er eine Kundenanfrage nach steilen Dammböschungen mit einem resignierten „Das können wir nicht“ beantworten würde. In der ALPINE Forschungsabteilung herrscht deswegen das Credo: „Das können wir NOCH nicht.“ Und dann setzen sich die Ingenieure hin und tüfteln. Entwerfen, verwerfen, tüfteln neu und tüfteln weiter. Bis ALPINE nun Dammböschungen mit bis zu 70° Neigung absichern kann. Auch Gentrifizierung kann eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung sein: In Berlin wollten einige Mieter nicht aus ihrem Kiez raus, obwohl das Haus, in dem sie lebten, verkauft werden sollte. Menschen, die sich sonst nur im Hausflur grüßten, setzten sich dann zusammen. Anstatt zu klagen, fragten sie sich, wie sie es sich leisten können, das Haus zu kaufen. Hat geklappt. Zwei Wohnungen haben sie lustigerweise den Gentrifizierungstreibern Nummer 1 geöffnet: den Touristen. Auf der inhaltlichen Ebene ist Gentrifizierung ja eh nichts anderes als: Menschen ziehen um. So wird aus dem Gewittersturm schnell ein laues Lüftchen, das einem den Sommerabend auf der eigenen Terrasse versüßt.

Herausgeber - ALPINE Holding GmbH Marketing & Konzernkommunikation Alte Bundesstraße 10 · 5071 Wals / Salzburg · Österreich Telefon +43 662 8582-0 · Fax -9900 · inside@alpine.at www.alpine.at chefredaktion - Andreas Eder Redaktion - Melanie Müller DESIGN / art direKtion - Florian Frandl Autoren dieser Ausgabe - Andree Bock, Andreas Eder, Klaus Haselböck, Michaela Hocek, Michael Kriess, Claudia Lagler, Karin Legat, Melanie Müller, Claudia Riedmann, Ines Schmiedmaier Konzept & Organisation - Marina Pollhammer bildnachweis - Chris Boyes S. 1, 2, 5, 14–18 // Claudia Leopold S. 7-9 // Austrian Power Grid AG S. 10 // ÖBf Archiv/ Franz Pritz (Waldbier) S. 14 // Kitzsteinhorn S. 5, 20, 21, 23 // agn S. 25 // OEW/OEW-Bildarchiv S. 26 // Brigitte Polzin S. 31 // JUFA S. 32 // B&B Hotels S. 32 // www.gatrooms.com/Architekt: BOPBAA S. 32 // Rocco Forte Hotels S. 32, 34 // Diogenes Verlag (Solar) S. 35 // Dog Bark Park (Hotels) S. 35 // Grund- Pfahlund Sonderbau GmbH S. 39 // ZKM | Karlsruhe, Foto: Anatole Serexhe (Betonporsche) S. 40 // Luccon (Transparenter Beton) S. 40 // Kurt Wurscher/MA29 (Paul-Amann-Brücke) S. 41 // WALDVIERTLER Regionalwährung S. 45 // Department für Bauen und Umwelt Donau-Universität Krems S. 47-48 // Bartenbach LichtLabor GmbH (Portrait) S. 49 // ALPINE-ENERGIE S. 53 // Cordelia Ewerth S. 55 // istockphoto.com/Veni S. 5 (Offering on the Ganges, Varanasi, India) // istockphoto.com/DawnPoland S. 5 (Catching The Sun) // istockphoto.com/arindambanerjee S. 19 (Howrah Bridge in Kolkata) // istockphoto.com/Lezh S. 19 (fir branch) // istockphoto.com/BettinaSampl S. 19 (Vienna - Alte Donau in autumn) // istockphoto.com/ene S. 27 (handshake) // istockphoto.com/saasemen S. 39 (Ancient Rock Carving in Alta, Norway) // istockphoto.com/Sue120502 S. 39 (The beauty of Norway) // istockphoto.com/Photo_Concepts S. 30 (Construction worker) // istockphoto.com/hnijjar007 S. 35 (Hindu God Ganesh) // istockphoto.com/tupikov S. 35 (skier on the mountain side) // istockphoto.com/sb-borg S. 38 (Plummet) // istockphoto.com/ Veni S. 42-43 (Dusty Street Scene) // istockphoto.com/hadynyah S. 43 (Portrait of Indian street seller selling tea - masala chai) // istockphoto.com/hadynyah S. 43 (Group of Indian children, desert village) // istockphoto.com/Photomorphic S. 43 (India) // istockphoto.com/Sisoje S. 44 (Indian Spices) // istockphoto.com/ PeskyMonkey S. 45 (Smiling Guy Holds Blank Speech Bubble) // istockphoto.com/red_frog S. 45 (Human skeleton, front view) // istockphoto.com/pectral-Design S. 45 (Concrete Brick) // istockphoto.com/GlobalP S. 45 (Eurasian Eagle Owl (22 months)) // istockphoto.com/Blend_Images S. 46 (Beautiful woman in nature walking away from the camera) // istockphoto.com/ aristotoo S. 50 (Light Effect) // istockphoto.com/Tay0527 S. 51 (Bright Idea) // istockphoto.com/zentilia S. 51 (Optic fiber cable) // istockphoto.com/RusN S. 50 (pebble pyramid) // Restliche Bilder: ALPINE Bildarchiv, ALPINE-ENERGIE, Privat Druck - agensketterl Druckerei GmbH Erscheinungsweise - 2 x jährlich - Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. - Das Magazin liegt ebenfalls in englischer Übersetzung vor. Bei Abweichungen gilt die deutsche Fassung. - Satz- & Druckfehler vorbehalten. - Alle Angaben in dieser Ausgabe erfolgen trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr; eine Haftung der ALPINE Holding GmbH wird ausdrücklich ausgeschlossen.


Ericusspitze & SPIEGEL-Haus in der Hamburger HafenCity / DE SEITE 40


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Mehr Informationen unter // www.alpine.at


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