Du bist Gott

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Lakshmi Segm端ller

Du bist Gott



Lakshmi Segm端ller

Ich bin Gott Du bist Gott Alles ist Gott

Vereinfachte Onlinedarstellung von Lakshmis letzter Buchfassung aus dem Jahre 2008


Inhalt Vorwort...................................................................................................... Vera fragt, wo und was ist Gott?............................................................ Der kleine wißbegierige Fisch................................................................. Ich will endlich diesen Gott sehen......................................................... Die Geschichte vom schlagfertigen Mönch......................................... Mit Herzensaugen schauen..................................................................... Vera erfährt, wer sie wirklich ist............................................................. Schule, nein Danke.................................................................................. Du bist trotzdem Gott.............................................................................. König Janaka und der Weltenlehrer...................................................... Der Kampf der Wölfe............................................................................... Auch die Kuh schenkt Liebe................................................................... Das Mädchen und der besondere Wal................................................. Vera gerät in Verwirrung......................................................................... Auch der Gewalttäter ist Gott............................................................... Liebe heilt................................................................................................ Das Wichtigste......................................................................................... Nachwort..................................................................................................


Vera fragt, wo und was ist Gott? Vera ist in allerbester Stimmung. Wegen dem Feiertag bleiben heute die Schultore geschlossen. So konnte sie genußvoll ausschlafen, und. weil sie die Hausaufgaben gestern schon gemacht hat, freut sie sich so richtig auf den geschenkten freien Tag. Der Regen in der Nacht hat aufgehört und die Sonne schiebt sich durch den dicht verhangenen Wolkenhimmel. „Es scheint ein herrlicher Tag zu werden. Mit ihrer Freundin ,Laura, sie wohnt am anderen Ende der Kleinstadtsiedlung, hat sich Vera für heute verabredet. Jill, ihr Hund darf mitkommen, denn mit seinem Freund Jacky, Laura´s Hündin, zu spielen, und mit ihr herum zu balgen, ist für ihn das Größte. „Komm zum Mittagessen wieder heim“, sagt die Mutter, als Vera sich von ihr verabschiedet. “Wenn Laura will, kann sie auch mitkommen“ ,ruft sie der Tochter noch hinterher, als diese sich schon auf das Fahrrad schwingt und losfährt. Auf ihr neues Fahrrad ist Vera besonders stolz. Es hat mehrere Gänge, einen Tacho, und außerdem sieht es sportlich und chic aus. Die Großmutter hat es ihr zum zwölften Geburtstag geschenkt. Jill wedelt freudig mit dem Schwanz und nun rennt er seinem geliebten Frauchen hinterher. Nach einer Weile kommen sie an die Hauptstraß und Vera denkt: „Es ist heute nur wenig Verkehr, für die kurze Strecke, bis ich wieder in die Seitenstraße abbiege, brauche ich nicht absteigen. Jill ist es ja gewohnt, hinter dem Fahrrad herzu laufen. Doch kaum sind sie eingebogen, taucht plötzlich, wie aus dem Nichts, ein Auto hinter ihnen auf und laut hupt es, so daß Vera erschrickt. Ruckartig reißt sie das Lenkrad zur Seite, dabei gerät sie ins Schleudern .....ein kurzer Aufschrei...und sie stürzt auf die Straße. Hinter ihr quietschen Autobremsen, im selben Moment hört Vera ihren Hund laut aufheulen. „Jill, ruft sie verzweifelt, wo bist du, was ist mit dir? Aua.....Aua...jammert sie, ich kann nicht aufstehen.....ich will aber zu meinem Jill, wo ist er?“ Entsetzt und leichenblaß, stürzt der Fahrer aus dem Auto, und dann sieht er, daß der Hund unter seinem Auto liegt und sich nicht mehr rührt. Aus seinem Mund fließt Blut, und seine Augen starren ins Leere.„Um Gottes Willen,“ sagt er aufgeregt, was muß der Hund auch unter mein Auto springen? Und was ist mit dir Mädchen, warum stöhnst du ?“Fragt er Vera, „bist du verletzt?“ „Aua, ....Aua......Mein Bein tut so weh. Was ist mit meinem Hund?“ Fragt sie unter Tränen, warum hat er so schrecklich geheult, wieso kommt er nicht?“ „Beruhig dich, beruhig dich,“ sagt der Fahrer, dem der Schreck noch sehr anzumerken ist, zuerst müssen wir schauen, was mit dir los ist.“ Im Nu ist der Unfallort von Menschen umringt und jeder bemüht sich, auf irgendeine Weise zu helfen. Zuerst versucht man, Vera aus dem Fahrrad zu befreien. „Aua, .Aua,“ stöhnt sie,. ihr Bein hat sich darin verfangen und es ist offenbar verletzt. So ruft ein älterer Mann sofort mit seinem Handy einen Krankenwagen, und er benachrichtigt auch die Polizei. “Oh Gott, Kind, was kann ich bloß für dich tun?“ Fragt aufgeregt eine Frau, die sich neben Vera kniet, ihr das Kissen vorsichtig unter den Kopf legt, welches der Fahrer rasch aus dem Auto geholt hat, und versucht nun, sie zu trösten. Mit Schmerz verzerrtem Gesicht fragt Vera immer wieder nach Jill, aber man gibt ihr entweder keine, oder eine ausweichende Antwort. Plötzlich ahnt sie, daß ihr Hund tot ist. „Oh, nein“, ruft sie voller Schmerz. Dann vergräbt sie ihr Gesicht in das Kissen und weint bitterlich. Betroffen, und hilflos,


stehen die Menschen um sie herum und sie sind erleichtert, als sie endlich das Martinshorn aus der Ferne herankommen hören.„Gott sei dank,“ sagt mitfühlend die Frau neben Vera, “jetzt bekommst du endlich Hilfe, du armes Ding.“ Rasch befreien die Sanitäter das weinende Mädchen aus dem verbogenen Fahrrad, legen es behutsam auf die Tragbahre ,und mit lautem Tatüü- Tataa wird es schnell in das nächste Krankenhaus gebracht. Dort angekommen, kümmern sich gleich die Ärzte und Krankenschwestern um Vera und ihre Verletzungen. „Oh mein Gott“, ruft die Mutter voller Entsetzen, als sie von den Polizisten an der Tür hört, was mit Vera und dem Hund geschehen ist. „Wir haben ihren toten Hund mitgebracht,“ sagen sie, „sicherlich wollen sie ihn in ihrem Garten begraben.“ „Ja, natürlich,“ antwortet sie, bitte bringen sie ihn gleich nach hinten, danke für ihre Mühe.“ Nach einigen formellen Fragen, die sie ihr wegen dem Unfall stellen müssen, verabschieden sich die Polizisten. Als dann die Mutter allein ist, geht sie in den Garten, und als sie Jill in einer Plane gehüllt, am Boden liegen sieht, bricht sie in Tränen aus. In ihrem Schmerz denkt sie voller Sorgen an ihre verletzte Vera und daran, wie sehr sie jetzt wegen Jill leiden wird. In aller größter Eile zieht sie ihren Mantel an, holt das Auto aus der Garage, und fährt auf dem schnellsten Weg zum Krankenhaus. An der Pforte fragt sie, wo sie ihre Tochter finden kann. „Oh, Mama, da bist du ja endlich,“ schluchzt Vera, als die Mutter zur Türe herein kommt. Überglücklich nehmen sie sich in die Arme. „Mein Jill....was ist mit ihm? Ist er tot Mama?“ Fragt Vera ängstlich. Mitfühlend und voller Liebe schaut die Mutter Vera an. Leise sagt sie:„Ja Vera, er ist tot.“ Erschüttert über die Wahrheit, welche sie ahnte, aber nicht glauben wollte, weint Vera herzzerreißend und auch die Mutter kann ihre Tränen nicht zurückhalten. Nach einer Weile sagt sie, noch immer unter Tränen: “Mein Gott, bin ich froh, daß ich dich lebend wiedersehe. „Hast du große Schmerzen, Liebes?“ Fragt die Mutter, nachdem sich beide wieder etwas beruhigt haben. “Ja, mein Bein tut ganz gemein weh,“ schluchzt Vera. „Bist du schon geröngt worden?“ „Ja, gleich nachdem sie mich hier her gebracht haben.“ Da geht die Tür auf und der Arzt tritt in den Raum. “Du hast Glück im Unglück gehabt, junge Dame,“ sagt er im freundlichen Ton. “Dein Bein ist zwar gebrochen ,aber es ist nur ein glatter Bruch. Jetzt legen wir es erst mal eine zeitlang in Gips, und so Gott will, ist alles bald wieder gut. Eine Gehirnerschütterung läßt sich auch nicht feststellen.“ Zur Mutter gewandt sagt er: “Sie können ihre Tochter nach dem Eingipsen wieder mit nachhause nehmen. Sorgen sie aber dafür, daß sie in den nächsten Tagen noch viel ruht. Wenn sie keine Schmerzen mehr hat, und sich an das Gipsbein gewöhnt hat, kann sie auch wieder zur Schule gehen.“ Jetzt huscht ein leises Lächeln über Vera`s verweintes Gesicht. Sie ist froh, nicht im Krankenhaus bleiben zu müssen. Während die Tochter nun den Gips angelegt bekommt, darf die Mutter bei ihr bleiben. Nach einiger Zeit ist alles getan, und weil Vera noch nicht gleich laufen darf, bringt man sie mit dem Rettungswagen nach hause. Einige Nachbarn kommen neugierig aus ihren Häusern, um zu sehen, wer da wohl mit dem Krankenwagen gebracht, oder abgeholt wird. “Mein Gott, Frau Weltermann, was ist denn mit der Vera passiert?“ Ruft aufgeregt Frau Steiner von nebenan. Die Mutter berichtet knapp von dem Unfall, dann bittet sie die Sanitäter, ihre Tochter in die Wohnung zu bringen.


Im Hause ist es still. Da gibt es keinen Jill mehr, der mit freudigem Bellen an Vera hochspringt, und Lila, die Katze, verdrückt sich in die hinterste Ecke, offenbar spürt sie, daß etwas Besonderes geschehen ist. Beim Hereinkommen erlebt nun Vera diese Veränderung und im selben Moment überkommt sie wieder der große Schmerz darüber, daß jetzt ihr, über alles geliebten Jill, tot ist. Auch macht sie sich bittere Vorwürfe darüber, daß sie Jill überhaupt mitgenommen hatte. “Hätte ich ihn doch bloß Zuhause gelassen,“ schluchzt sie, „dann wäre er jetzt noch am Leben.“ Mutter versucht sie zu trösten. Sie sagt: „Mein Herz, ich kann dich gut verstehen, ich weiß aber, daß du dir keine Schuld geben brauchst, denn alles im Leben geschieht, was geschehen muß.“ Obwohl die Worte der Mutter Vera im Moment nicht trösten, spürt sie tief innen drin, daß sie wahr sind. Nachdem sie sich tüchtig ausgeweint hat, fällt sie erschöpft in einen tiefen, Schlaf. In dieser Zeit ruft die Mutter ihren Mann in seinem Geschäft an, um ihn von dem Unfall, und von Jill’s Schicksal, zu berichten. „Ich komm heute früher heim,“ antwortet er mit zittriger Stimme. Mutter merkt, daß er mit den Tränen kämpft. Gleich darauf ruft sie auch Laura, Vera‘s Freundin an. Dieser fällt vor Schreck fast der Hörer aus der Hand, als sie hört, was passiert ist. Mutter sagt: “Komm vorbei Laura, Vera wird sich freuen, dann kann sie dir alles selbst erzählen,“ „Bin gleich da!“ antwortet sie,“ ich bringe nur Jacky rüber zu Tante Ursula, dann flitze ich los. Am Abend, als der Vater heimkommt, vermißt er schmerzlich die freudige Begrüßung von Jill. Rasch eilt er in den Wohnraum und überglücklich nimmt er seine Vera, in die Arme. „Papa,“ schluchzt sie, „mein Jill, er ist tot, und ich bin schuld. „Nein, nein, Vera, du bist nicht schuld! Niemand ist schuld!“ Beruhigt sie der Vater. „Hast du Schmerzen in deinem Bein?“ Fragt er nach einer Weile, um sie vom Weinen ein wenig abzulenken. „Der Gips zwickt ein bißchen,“ antwortet Vera, aber Schmerzen habe ich im Moment nicht.“ „Wie ist das überhaupt alles passiert?“ Fragt jetzt der Vater. Während er dem Bericht seiner Frau aufmerksam zuhört, streicht er Vera tröstend über den Kopf, und wischt ihr die Tränen aus dem Gesicht. Jeder kann merken, wie sehr dem Vater die Sache mit dem Unfall, zu Herzen geht. „Wir werden im Garten einen schönen Platz aussuchen, an dem wir unseren Jill begraben,“ sagt der Vater zu Vera, dann ist er immer bei uns. Auch in unserem Herzen hat Jill seinen festen Platz, denn wenn wir jemanden sehr lieben, bleibt er für uns immer lebendig, auch wenn er gestorben ist. „Mag sein Papa, aber ich vermisse ihn sehr und das tut ganz schön weh.“ „Ich vermisse ihn auch,“ nickt der Vater. “Darfst du denn aufstehen und herumlaufen Vera?“ „Ja, das darf ich.“ „Dann besorge ich dir gleich morgen die passenden Gehstützen, damit kannst du dann besser laufen.“ verspricht er. “Muß ich deswegen bald wieder in die Schule, Papa?“ Fragt Vera ängstlich. „Nein, natürlich nicht. Zu allererst mußt du dich von deinem großen Schrecken erholen, und außerdem braucht es sicherlich einige Zeit, bis du dich an das Laufen mit den Krücken gewöhnt hast. Wenn du darin sicher geworden bist, können wir schauen, wann du wieder zur Schule gehen kannst.“. In den nächsten Tagen herrscht große Aufregung bei den Weltermanns. Ständig klingelt das Telefon, denn inzwischen hat auch Omi, sowie die Tanten, und Onkels, aus nah und fern, von dem Unfall, und von Jill’s Schicksal, erfahren. Jeder will jetzt hören, wie sich alles zugetragen hat, und vor allen Dingen, wie es Vera geht. Selbst Herr Steiner, der Nachbar von nebenan, der nicht selten mit Vera geschimpft hatte, wenn der Hund in seinen Garten gelaufen war, klingelt eines Tages an der Tür. “Ich


will ihrer Tochter nur einen Strauß Blumen vorbei bringen und.....“ sagt er, mit gerührter Stimme, ich danke dem Herrgott, daß Vera noch am Leben ist. Wünsche ihr gute Besserung. Auf Wiedersehen Herr Weltermann.“ Vera liegt drinnen auf dem Sofa und hört was Herr Steiner zum Vater sagt. „Schon wieder,“ denkt sie,“ redet jemand von Gott“ Langsam schwirrt ihr der Kopf. Sie erinnert sich an ihren Unfall. Auch da hörte sie die Erwachsenen von Gott reden, von seinem Willen, und so wie eben der Nachbar, daß man sich bei ihm bedankt, wenn man noch am Leben ist. „Wo ist denn dieser Gott von dem ihr da alle redet, wenn was passiert? Und wo war er, als mein Jill in’s Auto gerannt ist? Ich hab keinen gesehen! Wo war er, als ich vom Fahrrad gestürzt bin? Und überhaupt........wer, oder was ist denn Gott? Jeder sagt etwas anderes. Ich blick langsam nicht mehr durch, “ Fragen, über Fragen sprudeln jetzt aufgeregt aus Vera heraus und die Eltern merken deutlich, wie ernst es plötzlich die Tochter mit diesem Thema meint. Die Mutter nickt zustimmend und sagt: „Ich versteh deine Aufregung sehr gut, Vera. Als ich noch jung war, und mein Vater von heute auf morgen starb, konnte ich die Welt mit ihrer Gottesvorstellung auch nicht mehr verstehen. Ich war tot traurig, genauso wie du im Moment, und niemand konnte mir sagen, warum Gott es zugelassen hat, daß mein Vater so früh sterben mußte. Ich haderte lange mit ihm, doch irgendwann klärte sich dann meine Frage.„ Du hast mir schon einiges von Gott erzählt, Mama, aber ehrlich gesagt, so ganz verstanden habe ich dich nicht. Vor allen Dingen redest du ganz anders, als die Lehrer im Religionsunterricht. Bisher war mir das egal, aber jetzt will ich doch wissen, was es mit diesem Gott auf sich hat.“ „Um dir das zu beantworten,“ sagt die Mutter, „müssen wir uns Zeit lassen. Es ist nämlich gar nicht so leicht, Vera, die Wahrheit über Gott, wer, was, und wo er ist, so zu erklären, daß man das auch verstehen kann. Aber wenn wir Geduld haben, werden wir das miteinander schon schaffen, da bin ich mir ganz sicher.“ „Das ist wirklich wahr,“ stimmt ihr der Vater zu, „Mama und ich, haben uns ein Leben lang mit den gleichen Fragen beschäftigt, die du uns eben gestellt hast. Es hat Jedoch lange Zeit und viel Geduld gebraucht, bis uns die Antworten zufrieden und glücklich gemacht haben. Aber du wirst sicher die Wahrheit über Gott, viel schneller begreifen können. Du bist schon ganz anders aufgewachsen als wir, hast ein weites Herz, und kennst dich in vielen Dingen des Lebens schon sehr gut aus.“ Vera rollt die Augen nach oben.........„Dann fangt doch endlich damit an, mir zu sagen, was es mit diesem Gott auf sich hat,“ drängelt sie, „und macht die Sache nicht so fürchterlich spannend.“ „Du hast recht Vera, dazu fällt mir eben eine sehr schöne Geschichte ein, in der ein kleiner Fisch einmal eine ähnliche Frage gestellt hat wie du eben,“ antwortet die Mutter. Willst du sie hören?“ „Ja, erzähl!“

Der kleine wißbegierige Fisch Am Oberlauf des heiligen Flusses Ganges in Indien, lebte einmal ein kleiner Fisch. Eines Tages fragte er die Mutter: “ Was ist Wasser?” Die Mutter antwortete: „Das weiß ich auch nicht. Aber weiter flussabwärts in Varanasi lebt ein alter weiser Fisch. Er ist der Meister der Fische, man nennt ihn den Swami- Fisch. Er weiß das ganz bestimmt, ihn wollen wir fragen.


So machten sich Mutter und Sohn auf die Reise flussabwärts. Für den kleinen Fisch war das ein aufregendes Abenteuer, denn niemals zuvor hatte er den Ort, an dem er geboren war, auch nur ein kleines Stückchen verlassen. Es gab viele gefährliche Stellen auf der Reise, besonders jene, an denen der Fluss über hohe Steinfelsen stürzte und der kleine Fisch mitten in einen schäumenden Strudel landete. Aber er blieb unverletzt und schwamm mutig weiter. Nach mehreren Tagen erreichten die beiden Fische endlich ihr Ziel. Den Swami-Fisch fanden sie in seiner Wasserhöhle. Er hatte die Augen geschlossen und man konnte merken, daß er nicht gestört werden wollte. Und so mussten sie noch lange warten, bis sie mit ihm sprechen konnten. Als es Abend wurde, öffnete er die Augen. Die Mutter stupste ihren kleinen Sohn an, und ermutigte ihn, nun seine Frage zu stellen. Der kleine Fisch fragte also: “ Swami, was ist Wasser?” Der Swami-Fisch antwortete:” Das ist eine sehr gute Frage, mein kleiner Fisch. Wasser ist etwas sehr Großes und Gewaltiges. Ohne Wasser gäbe es uns Fische gar nicht. Wasser ist das, worin du herum schwimmst. Es ist in dir, über dir,


unter dir, hinter dir, und um dich rundherum. Das Wasser ernährt dich. Ohne das Wasser könntest du gar nicht leben. Verstehst du das?” “Ja Swami”, sagte der kleine Fisch, “das verstehe ich,” und glücklich schwamm er mit seiner Mutter wieder nachhause. Natürlich dauerte es noch eine lange Zeit, bis der kleine Fisch vollkommen begreifen konnte, was Wasser wirklich ist.

Ich will endlich diesen Gott sehen Mutter sieht den fragenden Blick von Vera, und so sagt sie: „Was für die Fische das Wasser ist, ist für uns die Luft. Sie ist überall, sie ist in uns, über uns, unter uns, hinter uns und um uns herum. Die Luft brauchen wir zum atmen. Ohne Luft könnten wir gar nicht leben. Und genauso Vera, ist das mit Gott.“ „Was meinst du damit?“ „Ohne Gott, gäbe es uns Menschen gar nicht.“ “ Ja gut, das weiß ich doch, Gott hat die Welt und uns Menschen erschaffen. Das habe ich doch schon in der zweiten, oder dritten Klasse im Religionsunterricht auswendig lernen müssen. Aber was, oder wo, ist denn dieser Gott, der da alles erschaffen hat?“ “Überall! Vera,..........Gott ist überall!......In dir, um dich herum, und wo immer du hinschaust,” “Aber ich sehe keinen! „Meine Misses Ungeduld,“ antwortet die Mutter lachend, ganz so einfach ist die Sache auch nicht. Aber warte einmal, ich erinnere mich, daß es auch dazu, in irgend einem meiner schlauen Bücher, eine passende Geschichte gibt.“ „Du immer mit deinen Geschichten!“ „Weißt du, Vera, mit Geschichten und Gleichnissen, fällt es mir oft leichter, schwierige Dinge zu erklären. Diese hier handelt von einem Mönch, den einmal ein paar junge, vorlaute, Burschen, die nicht an Gott glaubten, verspotteten. Wenn es einen Gott gibt, sagten sie, dann zeig ihn uns.“ Mutter schaut im Bücherregal nach. Schon bald hat sie das kleine Buch, mit den Erzählungen und Gleichnissen, über Gott und die Welt, gefunden. „Willst du sie hören Vera?“ „Ich mag sie lieber selbst lesen!“

Die Geschichte vom schlagfertigen Mönch Ein Mönch ging einmal auf Wanderschaft. Immer ein Lied zum Lobe Gottes auf den Lippen, wanderte er durch die wunderschöne Landschaft mit ihren dichten Wäldern, den saftig grünen Wiesen und den weiten Feldern. Gegen Abend, als die Sonne langsam unterging, kam er in ein Dorf. Weil er hungrig und durstig war, schaute er sich nach einem Gasthaus um. Da traf er auf dem belebten Dorfplatz ein,



und im Nu war er auch schon umringt von einer Horde junger Burschen, die sich jeden Abend dort trafen. Keiner von ihnen glaubte daran, dass es Gott gibt. So war es nicht verwunderlich, dass sie anfingen sich über den Gottesmann lustig zu machen. Einer von ihnen tat sich besonders stark hervor und fragte den Mönch spöttisch: “Hey! du da! du kommst sicher aus einem Kloster. Beweise uns doch einmal, dass es Gott, wirklich gibt!” Der Mönch ließ sich nicht aus seiner Ruhe bringen und er antwortete ihnen: “Das würde ich gerne tun, aber bevor ich damit anfange, bitte ich euch, mir ein Glas Milch zu bringen, denn ich bin hungrig und auch sehr durstig. Als die Milch vor ihm stand, trank er sie nicht gleich, sondern blieb still davor sitzen und schaute lange in das Glas. Die Burschen sahen, dass er dabei ein sehr verwundertes Gesicht machte. Langsam wurden sie ungeduldig. Sie riefen: “Zeige uns jetzt endlich deinen Gott, an den du glaubst!” Da sagte der Mönch: “Wartet noch einen Moment, man hat mir nämlich gesagt, in der Milch sei Butter enthalten. Jetzt warte ich schon so lange, aber so genau wie ich auch hinschaue, ich sehe keine.” Da lachten die Burschen ihn aus. “Du Dummkopf! Was für ein Unsinn du da sagst. Natürlich ist Butter in der Milch, aber so einfach ist diese nicht zu sehen. Wenn du sie sehen willst, muss du die Milch erst einmal eine Weile stehen lassen, und warten bis sich der Rahm oben abgesetzt hat. Dann musst du ihn abschöpfen und solange schlagen, bis Butterklümpchen daraus werden, die dann oben auf der Buttermilch herum schwimmen. Danach mußt du sie kneten bis kein Wasser mehr darin ist, und dann erst kannst du die Butter sehen und auch essen.“ “Aha, so ist das also,” sagte der Mönch. “Das macht es mir um vieles leichter, euch Gott zu erklären, denn so wie die Butter in der ganzen Milch ist, befindet sich Gott in der ganzen Schöpfung, und in allem was es im Himmel und auf der Erde gibt. Er ist in jedem Menschen, in allen großen und kleinen Tieren, selbst in den Bäumen, den Pflanzen und auch in den Steinen ist Gott. Genauso ist er im Wasser, in der Luft, im Feuer, und auch in Dingen, die man mit bloßem Auge nicht sehen kann. Ohne Gott gäbe es überhaupt kein Leben. Nur weil Gott keine besondere Form hat, so wie die Butter, sondern in allem was es gibt, unsichtbar enthalten ist, glaubt ihr, es gäbe keinen Gott. Also, seid ihr die Dummköpfe!” Lachte der Mönch, nachdem er geendet hatte. Etwas beschämt schauten sich die Burschen an. Dann fragten sie den Mönch: “ Müssen wir denn auch etwas Besonderes tun, um Gott sehen zu können, so wie man die Milch besonders behandeln muß, damit man die Butter sehen kann?“ “Oh ja,“ antwortete er,“ das Besondere, das ihr tun könnt ist, euch auf den Weg zu machen, um nach Gott Ausschau zu halten. Mit jedem Schritt, den ihr auf ihn zugeht, kommt Er euch hundert Schritte entgegen. Jungen‘s,“ sagt der Mönch noch beim Weggehen, „haltet eure Augen dabei offen! Gott zeigt sein Gesicht überall, an jedem Ort, und in jedem Ding, dem ihr begegnet.“


Gott schl채ft im Stein Er atmet in der Pflanze Er tr채umt im Tier Und erwacht im Menschen Rabindranath Tagore


Mit Herzensaugen schauen “Ich sehe aber trotzdem keinen Gott, auch wenn er überall drin ist,” regt sich Vera, am nächsten Tag beim frühstücken auf, nachdem sie abends zuvor die Geschichte vom Mönch gelesen hat. “Die Milch, und die Butter, die hier auf dem Tisch stehen, “schmollt sie weiter,“ kann ich sehen. Wie oder wo kann ich aber nun GOTT sehen, wenn er kein Ding ist, so wie die Butter, und alles andere?“ „Ich weiß, ich weiß mein Liebling,“ beruhigt sie die Mutter,“ das ist wirklich nicht leicht, etwas sehen zu wollen, das man nicht anfassen, hören, riechen, schmecken, oder mit bloßem Auge erkennen kann. Aber es gibt trotzdem etwas, womit du Gott ganz gewiß sehen kannst.” “Was soll das denn sein? Hört sich ja an wie ein Geheimnis!“ „Nicht schlecht erraten, antwortet die Mutter lachend. Dahinter steckt tatsächlich ein Geheimnis. „Erzähl schon, Mama!“ „Schau Vera, so wie du die Butter in der Milch erst dann sehen kannst, wenn die Milch in einer besonderen Weise behandelt wurde, so kannst du Gott erst dann sehen, wenn du auf besondere Weise schaust.” “Besonders schauen? Was meinst du damit ?” “Mit Herzensaugen schauen!” “Mit Herzensaugen?” “Ja, ganz recht, mit Herzensaugen!” „Das ist aber komisch,“ lacht Vera. “Sind das Augen, die ich mir wie eine Brille auf die Nase setzen kann?“ „Ganz so ist es nicht, aber so ähnlich.“ „Wie ist es dann ?“ „Herzensaugen sehen vor allem das Gute und das Schöne in jedem Menschen, und in allem, was es in der Welt gibt. Das heißt nicht, daß sie nicht auch das Ungute, und das Unschöne sehen, nein, nein, blind sind sie nicht, aber sie kritteln nicht daran herum. Herzensaugen, Vera, haben auch einen Blick für das, was wahr ist, sie lassen sich nicht so schnell von etwas täuschen, und sie belügen auch niemand anderen. Sie sind voller Achtung, voller Mitgefühl und voller Liebe gegenüber allen Menschen, und allen Kreaturen, deshalb heißt es, man sieht nur mit dem Herzen gut.“ „Aha ,und wie krieg ich solche Augen?“ „Meine Goldstück,“ antwortet die Mutter lachend, “ du hast doch schon längst solche Augen.” „Ich hab schon solche Augen? Wo sind sie denn?“ “Innen.“ „Innen? Wo innen? „ In deinem Herzen. Ganz tief innen drin.“ „In meinem Herzen? „Ja, ganz gewiß, mitten in deinem, so großen, und süßen Herzen.“ „Das versteh ich nicht.“ Die Mutter versucht nun Vera die Sache mit den Herzensaugen zu erklären. Sie sagt: “Hör zu, mein Goldstück, freust du dich nicht riesig, wenn im Frühling alles anfängt zu grünen und zu blühen und du endlich wieder draußen herum streunen, kannst?“ “Na klar, das weißt du doch Mama!“ „Und denke mal an deine große Liebe zu den Tieren,“ erklärt sie weiter. “Ob große, oder ganz kleine ,


ob Vögel, Käfer, oder sonst welches Krabbelzeug, für alle hast du ein riesengroßes Herz.“ Das ist wahr, die Tiere sind wirklich meine Freunde. Und Jill war mein aller größter Freund, aber den gibt es jetzt nicht mehr,“ antwortet Vera mit trauriger Miene. „Aber in deiner Liebe Vera, wird er ewig weiterleben.“ „Ja, ihn vergesse ich nie. Zum Glück habe ich noch meine Lila. Aber wenn sie die Vögel im Garten jagt und manchmal einen sogar tot beißt, dann ist es aus mit unsrer Freundschaft.“ “Aber am nächsten Tag ist alles wieder Okay zwischen euch beiden,“ sagt die Mutter. „Ja, Ja, ich weiß, ich kann ihr nie lange böse sein.“ „Niemanden kannst du lange böse sein, mein Schatz, auch wenn du dich noch so sehr über jemanden ärgerst.“ „Das ist wahr!“ “Und erinnere dich mal an deine Kindergartenzeit, besonders an deine Freundin Johanna,” fährt Mutter mit ihrer Beschreibung von Vera´s Herzensaugen fort. “Ja, an sie erinnere ich mich noch ganz genau.” “Sie konnte doch kaum laufen, weil..........” “Ja, ich weiß,“ unterbricht Vera die Mutter, „sie hatte verkrüppelte Beine.” “Ganz recht, und du hast sie an deiner Hand überall herum geführt, immer schön langsam und vorsichtig.” “Na klar,” antwortet Vera, und kommt dabei ins Schwärmen, “das weiß ich noch ganz genau, Johanna war ein echter Clown. Immer hat sie mich zum Lachen gebracht. Sie war meine beste Freundin.” “Das konnte wirklich jeder sehen,“ bestätigt die Mutter. “Auch erinnere mich noch wie heute, als ihr einmal in einem Theaterspiel ein Königspaar gespielt habt. Johanna war der König und du die Königin. In euren langen roten und blauen Seidengewändern habt ihr bezaubernd ausgesehen. Alle waren von euch beiden hell auf begeistert ” „Theater spielen finde ich heute noch super,“ schwärmt Vera. Du hättest auch sehen sollen Mama, wie Johanna beim Turnen alles mitgemacht hat. Da mussten wir sie nur ein bißchen halten, und dann kletterte sie über die Turngeräte. Einmal hat sie sich am Seil, das von der Decke herunter hing, ein ganz großes Stück hoch geangelt,. Da klatschten wir Beifall, und wumm......., lag sie auf der Turnmatte. Das Seil hatte sie einfach losgelassen, weil sie mitklatschen wollte. Alle lachten, aber am meisten lachte Johanna.“ “Ich erinnere mich noch genau, Vera, wie du oft nach Hause gekommen bist, und mir deine lustigen Geschichten erzählt hast, die du mit Johanna erlebt hattest. Aber jetzt, wo du größer geworden bist, gibt es noch ganz andere und auch sehr viel mehr, woran du deine helle Freude hast.” „Aber über die vielen Hausaufgaben die ich jetzt immer machen muß, seit ich auf das Gymnasium gehe, und über meinen blöden Klassenlehrer, freue ich mich überhaupt nicht,“ schmollt Vera. „Ich weiß, ich weiß,“ antwortet die Mutter, „stromerst du aber draußen herum, hast du deinen Ärger auch schon wieder vergessen.“ “Stimmt! Aber manchmal werde ich auch traurig, weil jetzt mein Jill nicht mehr dabei ist.“ „Das verstehe ich gut, mein Herz. Mir fehlt unser Liebling auch sehr. Manchmal, wenn ich draußen einen Hund bellen höre, spring ich auf und denke es ist unser Jill. Aber das wird nie mehr sein. Was hälst du davon Vera, wenn wir nach einem neuen Hund für dich schauen?“ „Im Moment noch nicht, Mama, vielleicht später.“ Wenn du magst, können wir Omi heute abend anrufen und fragen, ob du sie morgen besuchen


darfst. Vielleicht kannst du ihr beim Einkaufen helfen, oder ihr könnt miteinander im Park spazieren gehen?“ Oh, ja, Super Idee! Beim spazieren gehen erzählt mir Omi immer ganz tolle Geschichten aus ihrer Jugendzeit. „Damals war noch alles ganz anders, als heute,“ sagt sie.“ Bei uns daheim gab es kein Radio, keinen Fernseher, kein Telefon, oder Handy´s, und schon gar nicht diese Gamboy´s, wie ihr sie heute alle habt, aber gelangweilt haben wir uns trotzdem nie.“ „Ja, Ja, lacht die Mutter, mir hat sie das früher auch gerne erzählt, und dabei kam sie immer in´s Schwärmen über die gute, alte Zeit, wo alles noch so anders, ja viel schöner war, als heute.Aber erzählt sie dir auch davon Vera, wie furchtbar streng ihr Vater gewesen ist, und sie von ihm oft Schläge bekommen hat? Oder auch, daß sie schon als kleines Kind, ihre Mutter verloren hat, und ihre Stiefmutter sie ganz lieblos behandelt hat?“ „Stimmt, davon redet sie manchmal auch Dann lacht sie und sagt: ‚Aber geschadet hat mir das alles nicht. Im Gegenteil, ich bin meinen Eltern für alles dankbar. Trotz meiner ,oft so harten Kindheit, habe ich in meinem Leben sehr viel Schönes, erlebt. Und gab es mal Zeiten, die für mich nicht so leicht waren, bin ich immer guten und hifsbereiten Menschen begegnet. Unsere Omi ist wirklich die allerbeste Großmutter von der ganzen Welt. Sie ist immer guter Laune und oft hat sie ganz verrückte Ideen, oder irgend einen Unsinn im Kopf, worüber wir beide uns dann ausschütten vor lachen.“ „An euch Beiden Süßen,“ antwortet die Mutter, „kann man wunderbar erkennen, daß man viel Gutes erfährt, wenn man ein gutes Herz hat, und die Welt mit Herzensaugen betrachtet.“ „Und was ist mit meinem Unfall? Und daß mein Jill jetzt nicht mehr lebt, ist das auch etwas Gutes?“ „Nein, sicherlich nicht, Vera. Das alles war ein großer Schock für dich, du mußtest viele Schmerzen aushalten und du hast deinen Liebling verloren. Ich rede auch nicht von einer heilen Welt, in der nichts Schlimmes passiert und es darin gar kein Leid gibt. Nein, nein! Eine solche Welt gibt es wohl nicht. Schaut aber jemand immer mit Herzensaugen, egal was geschieht, ist alles weit weniger leidvoll, denn dann kann man im Unglück bald auch die guten Seiten erkennen.“ „Ich sehe aber keine guten Seiten an meinem Unfall.“ Die Mutter antwortet: „Schau Vera, daß da gleich so viele, gute Menschen bei dir waren und geholfen haben, wie und wo sie nur konnten, war doch wirklich etwas Gutes. Wir können auch von Glück reden, daß es nur ein glatter Knochenbruch ist und du sonst nicht weiter verletzt bist, nicht wahr? Und in deiner Trauer um deinen geliebten Jill, ist die Frage nach Gott regelrecht in dein Herz gerutscht. Jetzt willst du ganz ernsthaft wissen, was es denn mit Gott auf sich hat. Wenn jemand nach Gott fragt, Vera, ist das ein sehr großes Glück. Und........“schmunzelt die Mutter, “Freut sich meine Langschläferin denn nicht, daß sie jetzt mal ein Zeit lang nicht in die Schule gehen braucht?“ „Oh, doch, das ist echt super!“ „Du siehst, Vera, ein Unglück hat auch seine guten Seiten hat, und nicht nur schlechte. Es kommt immer darauf an, wie man die Dinge im Leben betrachtet. Das läßt sich mit einer Brille vergleichen: Setzt du eine rote Brille auf, siehst du die Welt nur rot, und setzt du eine grüne Brille auf, siehst du sie grün. Genauso ist das, mit welchen Augen du deine Welt betrachtest. Schaust du mit Sorgen, und mit schlechten Gefühlen, siehst du überall nur Unheil und Schlechtes. Schaust du aber mit deinem süßen Herzen, kannst du in allem auch das Gute sehen.“ „Es gibt eine wunderbare Geschichte von Jesus und dem toten Hund. Sie lehrt uns genau das, worüber wir gerade reden, magst du sie hören, Vera?“ „Erzähl!“


Jesus ging einmal mit seinen Jüngern am Flußufer entlang und plötzlich wurden sie auf einen üblen Geruch aufmerksam. Sie schauten nach, woher dieser wohl kommen mag und bald darauf entdeckten sie einen toten Hund am Wegesrand. “ Herr,“ riefen sie, „laß uns schnell weitergehen, das sieht scheußlich aus, und außerdem riecht es entsetzlich.“ Jesus aber sagte zu ihnen: “Schaut hin, meine Lieben, dann könnt ihr sehen, welch wunderbare Zähne der Hund hat, Zähne, so weiß wie Elfenbein und ganz ohne Makel.“ „Jesus schaute also auf das Gute und Schöne,“ sagte die Mutter,“ und er schenkte dem Unschönen keine große Beachtung. “Damit wollte er uns sagen, daß auch wir in allem, was uns im Leben begegnet, etwas Gute sehen können. Und schauen wir mit unserem Herzen, sind wir im Frieden mit allem, und brauchen uns über nichts Sorgen machen.“ „ So ist das also!“ Verstehst du nun Vera, was ich meine, wenn ich von Herzensaugen rede?“ „So langsam dämmert‘s mir. Aber jetzt, Mama, will ich raus, Du weißt doch, daß ich nicht lange in der Bude hocken kann.“ „Oh, ja, das weiß ich sehr genau, mein Wirbelwind. Geh aber schön langsam und vorsichtig mit deinen Krücken, damit du nicht hinfällst!“ „Aha, eben hast du noch zu mir gesagt, ich soll mir keine Sorgen machen, und was macht meine Frau Mama jetzt?“ „Erwischt! Du hast recht.“ Lacht sie. Danke, meine gute Aufpasserin. Wie gut, daß ich dich habe. Ich muß mich nämlich selbst auch immer wieder daran erinnern, daß ich mir keine ängstlichen Gedanken mache.“ Die Mutter nimmt Vera zärtlich in den Arm. „Ich komme mit dir raus,“ sagt sie, “frische Luft tut mir jetzt auch gut. Auf dem Weg, kaufen wir uns ein leckeres Eis, das schlemmen wir dann gemütlich im Park.“ .“Eine Super- Idee, Mama!“


Vera erfährt, wer sie wirklich ist. Obwohl Vera langsam anfängt, die Sache mit den Herzensaugen zu begreifen, weiß sie trotzdem noch nicht so recht, wo und was Gott denn nun wirklich ist. Eines Tages sitzt sie, wie so oft, an ihrem Lieblingsplatz, in dem nahegelegenen Park. Hier, an diesem schönen und ruhigen Ort, fühlt sich Vera immer rundherum wohl. Gemütlich lehnt sie sich an ihren guten, alten Freund, den Akazien Baum, mit seiner dichten, weit ausladenden Blätterkrone, und träumt vor sich hin. Plötzlich wird sie von einem lauten Gezeter und Geschimpfe aus ihrer Träumerei gerissen. Vera schaut sich um und sieht, wie ein Polizist auf der anderen Parkseite an einem Mann herumzerrt, welcher auf der Parkbank liegt, und diesen zum Aufstehen. zwingt. Zwischendurch droht der Polizist dem Mann mit seinem Gummiknüppel. „So ein grober Kerl, dieser Polizist,“ denkt sie, wie er mit dem armen Mann umgeht.“ Mühsam steht sie auf und greift nach ihren Krücken. Sie will sich dieses unschöne Schauspiel nicht länger ansehen. Eine Passantin, welche an Vera vorbeikommt, sagt: “Das ist ganz richtig, was der Polizist da macht, was legt sich dieser besoffenen Kerl auch hier auf unsere Parkbank? Das ist wieder mal einer von diesen Ausländer, die sind doch alle gleich. Man sollte sie dahin schicken, wo sie herkommen.“ Vera antwortet nicht, sie ist viel zu erregt, von dem, was sie eben gesehen hat. So schnell, wie sie nur kann, humpelt sie nachhause. Dort angekommen, ruft sie schon im Flur: „Mama, ich hab` eben was total Gemeines im Park erlebt.“ Und schon sprudelt alles aus ihr heraus. Die Mutter hält Veras Hand und hört ihr geduldig zu. Nachdem siesich Vera wieder abgeregt hat, fragt sie: „Wie soll das denn bloß gehen Mama, Leute, wie diesen groben Polizisten und diese gehässige Frau, mit Herzensaugen anzuschauen? Ich kann das nicht!“ „Ich versteh dich Vera.“ Versuch trotzdem, solche Menschen nicht zu verurteilen.“ „Ich schaff das nicht! Das brauch ich erst gar nicht versuchen.“ „Woher weißt du das?“ „Weil ich das doch schon oft ausprobiert habe, aber selten hat es wirklich geklappt. Und dann habe ich mich über mich geärgert, weil ich es nicht geschafft habe, nicht zu verurteilen.“ „Ja, das kenn ich von mir auch.“ Antwortet die Mutter. Inzwischen habe ich jedoch herausgefunden, daß ich schneller wieder in die Liebe komme, wenn ich mich nicht über mich ärgere.“ „Aber wie machst du das, Mama, daß du dich nicht mehr über dich ärgerst?“ Ich verrate es dir gern Vera: Im Laufe der Zeit habe ich nämlich gelernt, daß ich mich selbst so akzeptieren muß, wie ich bin, mit all meinen Fehlern und Schwächen, auch damit, immer noch zu urteilen, obwohl ich das längst nicht mehr will. Wenn mir das gelingt, kann ich auch die Anderen mit ihren Fehlern und Schwächen akzeptieren. Und in diesem Moment schaue ich wieder mit Herzensaugen.“. „Das hört sich ja echt spannend an.“ „Das ist es auch Vera. Spannend deshalb, weil wir mit Herzensaugen, Gott sehen können, sowohl im groben Polizisten, in der gehässigen Frau, wie auch in uns selbst. Aber die ganze Sache wird noch viel spannender!“ „Spannender? Erzähl!“ Mutter beginnt:“ Wenn du Gott in dir selbst sehen kannst Vera, “weißt du auch, wer du in Wirklich-


keit bist, und..... “Wieso, das weiß ich doch, ich bin die Vera,” unterbricht sie die Mutter. “Na klar bist du die Vera!“ sagt sie lachend, „aber glaub mir, du bist noch viel, viel mehr!” “Was denn noch?” „Hör zu Vera, Gott, den du in dir erkennen kannst, weil du Liebe spürst, dieser Gott BIST DU!“ “Wie?...Was?...Ich soll Gott sein????” „Glaub mir Vera, DU BIST GOTT. Denn Gott ist die Liebe. Du und Gott, ist ein- und dasselbe. Da gibt es gar keinen Unterschied.“ Vera antwortet lange nichts. Über ihr Gesicht huscht ein feines Lächeln, und nach einer Weile sagt sie, dabei leuchten ihre Augen: “Weißt du Mama, irgendwie macht mich das richtig froh, was du da eben gesagt hast, aber verstehen kann ich es trotzdem nicht. „Mein Herz, ich weiß genau wovon du redest. Papa und ich konnten es damals auch nicht gleich verstehen, als wir zum ersten Mal hörten, wer wir in Wirklichkeit sind, nämlich Gott, die reine, und grenzenlose Liebe.“ „Kannst du mir das noch ein bißchen besser erklären, Mama, damit ich es auch verstehen kann?“ “Ja gern,“ antwortet die Mutter. „Denke einmal an das Meer Vera, du weißt doch, daß es darauf Wellen gibt.” “Ja, das weiß ich.” “Und diese Wellen, sind sie das selbe Wasser wie das Meer?” “Na klar!” “Glaubst du, es gäbe auch nur eine einzige Welle, die sagen könnte, ich bin aber nicht das Meer, ich bin etwas anderes?” Vera lacht, “das gibt es ganz bestimmt nicht!” “Das heißt also, jede Welle kann von sich sagen: Ich bin das Meer.” “Stimmt.” “Genauso ist das mit Gott. Vergleiche ihn mit dem Meer und dich mit der Welle. So wie die Welle das selbe Wasser ist wie das Meer, so bist auch du der selbe Gott der sich überall, und in allem, befindet, eben auch in dir selbst. Deshalb ist es ganz richtig Vera, wenn du sagst: „Ich bin Gott.“ Und genauso wie du selbst Gott bist,” erklärt die Mutter weiter, ist es natürlich jeder andere Mensch auch. Alle Menschen sind in ihrem tiefsten, innersten Wesen göttlich.“ “Dann sind wir ja alle gleich Mama!” sagt darauf Vera mit aufgerissenen Augen aus. “Wunderbar, das hast du ganz prima erkannt, mein Goldstück. In unserem tiefsten innersten Kern unterscheiden wir Menschen uns überhaupt nicht voneinander. Da sind wir wirklich alle gleich, da sind wir Gott, da sind wir die Liebe. Nur im Außen unterscheiden wir uns durch die verschiedenen Körper, und durch die Art und Weise, wie wir denken, und fühlen. Du kannst dir den Körper wie eine Hülle, ein Behälter, oder auch ein Tempel vorstellen, und der Bewohner davon ist Gott. “Das ist aber ganz schön komisch, den Körper mit einem Tempel, einer Hülle, oder einem Behälter zu vergleichen. Erklär mir das mal ein bißchen genauer.“ „In Ordnung, hör zu Vera! Du weißt doch, was elektrischer Strom ist.” “Na klar weiß ich das, ich bin doch nicht blöd!“ “Und du weißt auch, fährt die Mutter fort, daß es viele verschiedene Dinge gibt, welche nur mit Strom funktionieren können, wie die Glühbirnen, das Radio, der Fernseher und viele andere Geräte auch.”


“Weiß ich!” “Der Strom der darin fließt, ist immer der gleiche Strom, nur die Geräte, oder Dinge in denen er sich befindet, sind unterschiedlich. Und genauso ist es auch mit unserem Körper Äußerlich unterscheidet er sich bei allen Menschen. Die einen sind groß, die anderen klein, dick oder dünn, sind alt oder jung. Manche haben eine helle Hautfarbe, und wieder andere eine dunkle. Jeder hat seine eigene Art und Weise, wie er denkt, wie er fühlt und wie er leben mag. Wie du das aber schon selbst erkannt hast, Vera, sind wir tief im innersten Kern, alle gleich, ist alles eins. Da bin ich Gott, da bist du Gott, da ist alles Gott.



Schule, nein Danke „Vera genießt die Tage, in der sie nicht in die Schule gehen muß, und auch, daß sie morgens lange ausschlafen kann. Nach zwei Wochen, droht die schöne Zeit jedoch wieder vorbei zu gehen. „Ich denke, sagte der Vater eines Tages, beim Abendessen, unser Herzblatt, kann so langsam wieder in die Schule gehen. Inzwischen kannst du schon sehr sicher mit deinen Krücken laufen, und im Klassenzimmer sitzt du doch auf einem Stuhl, nicht wahr?“ „Ach, Papa, mach keinen Streß! Das hat doch Zeit. Es ist viel zu schwierig für mich, mit meinem Gipsbein in den Schulbus ein- und auszusteigen.“ Vater nickt! Er weiß sehr genau, warum seine Tochter sich schon seit einiger Zeit, nicht mehr für die Schule begeistern kann. Mit freundlichen Worten versucht jetzt die Mutter, Vera die Schule wieder schmackhaft zu machen:„Ich komm mit dir, Vera, und helfe dir, beim Einsteigen. In der Schule bist du mit deinem Gipsbein sicher einmal der Star in der Klasse. Außerdem triffst du doch auch mal wieder alle deine Freundinnen und vielleicht lenkt dich das ein wenig von deinem Schmerz, wegen Jill, ab?“ „Jetzt fängst du auch noch damit an, Mama.!“ Antwortet Vera leicht genervt, und mit Tränen in den Augen.“ Laßt mich doch in Ruhe mit eurer doofen Schule.“ „Du weißt genau Vera, daß du nicht um die Schule herumkommst. Du versäumst viel zu viel vom Lernstoff und kommst irgendwann im Unterricht nicht mehr mit wenn du so lange weg bleibst,“ regt sich die Mutter langsam über die Sturheit ihrer Tochter auf. „Und du weißt genau, daß ich überhaupt keine Lust darauf habe, mich von dem Klassenlehrer dauernd ausmeckern zu lassen,“ motzt Vera zurück. „Das weiß ich Vera, daß es nicht die Schule ist, die dich nervt, sondern dein Herr Leidiger, der dich deiner Meinung nach auf dem Kieker hat.“ Antwortet die Mutter immer gereizter. „Du bist es nicht, die mit ihm klarkommen muß,“ schleudert Vera der Mutter aufgebracht entgegen, und langsam heizt sich die Debatte zwischen den Beiden immer mehr auf. „Hört auf mit eurer Streiterei, das bringt doch nichts,“ mischt sich jetzt der Vater ein.“ Laßt uns lieber schauen, was Vera jetzt helfen kann, damit sie wieder gern in die Schule geht.“ Vera will jetzt aber gar nichts mehr hören. Im Moment geht ihr mal all das viele Gerede tüchtig auf den Keks. „Ich geh in´s Bett,“ verkündet sie, humpelt aus dem Zimmer und knallt die Tür hinter sich zu. Es dauert nicht lange, dröhnt laute Musik aus ihrem Zimmer. „Laß sie,“ sagt der Vater, als seine Frau gleich zur Tür rennen will, um Vera den störenden Lärm zu verbieten.“ Es ist doch noch nicht spät, bestimmt ist die Musik jetzt gerade das Richtige für sie.“ Tatsächlich wird es nach einer Weile im Hause wieder leiser. Und am nächsten Morgen ist der Ärger der beiden Streithähne wieder verflogen. „Ich besuche nachher die Omi,“ sagt die Mutter beim frühstücken, „willst du mitkommen, Vera?“ „Oh, ja, super!“ Antwortet sie begeistert. Bald darauf klingeln sie an Großmutters Tür, und schon im Flur duftet es nach frischem Kuchen.“ Hast du gewußt, Omi, daß wir heute kommen? Fragt Vera, als sie das Prachtstück auf dem Küchentisch stehen sieht.“ „Wieso fragst du, mein Schatz?“ „Weil du meinen Lieblingskuchen, Apfelstreußel mit Zimt, gebacken hast.“


„Gewußt nicht, aber geahnt,“ antwortet sie mit einem verschmitzten Lächeln. „Geht es dir langsam ein wenig besser“? Fragt die Großmutter Vera beim gemütlichen Tee und Kuchen. „Ich vermiß meinen Jill noch sehr, Omi?“ „Das glaub ich dir! Das braucht auch Zeit. Und wie geht es deinem Bein? Kannst du denn nachts gut schlafen mit diesem harten Klotz im Bett? Vera lacht. „Manchmal wach ich auf und erschreck mich, weil ich denke, da liegt jemand neben mir, dann merk ich aber, daß es mein Gipsbein ist.“ „Kannst du denn bald wieder zur Schule gehen, Vera?“ „Ach, Omi, am liebsten mag ich gar nicht mehr gehen.“ „Das ist aber neu, mein Liebling, was ist denn passiert, daß du die Schule nicht mehr magst?“ „Ach, ich weiß nicht, Omi,“ „Ich meine, es liegt am Herrn Leidiger, Vera´s neuen Klassenlehrer,“ sagt die Mutter. „Kann schon sein,“ murmelt Vera vor sich hin. „ Kannst du ihn nicht leiden, Vera?“ Fragt die Großmutter. „Ach, antwortet sie, immer bevorzugt er seine Lieblinge. Die dürfen machen, was sie wollen, und wenn ich mal ein bißchen laut bin, oder mal zu spät komme, schnauzt er mich gleich an. Ich kann ihn echt nicht ausstehen. Er hat mich total auf dem Kieker.“ „Verstehe!“ Antwortet Omi.“ Hört sich an, als sei dein Herr Leidiger ganz schön ungerecht.“ „Ja, das ist er wirklich, Omi,“ regt sich Vera erneut auf. „Was läßt sich denn da machen, damit dir die Schule wieder Spaß macht?“ fragt die Großmutter . „Ich weiß nichts, Omi?“ „Doch du weißt etwas, Vera,“ ermuntert sie die Mutter. „Was meinst du denn Mama?“ „ Das, Vera, worüber wir beide letzte Woche geredet haben, erinnerst du dich?“ „Nööööööö“ „Worüber habt ihr denn geredet? Will Großmutter wissen „Oder ist das etwa euer Geheimnis, das ich nicht erfahren darf?“ „Nein, nein! Mütterchen,“ Bisher war es zwar tatsächlich so etwas, wie ein Geheimnis, aber heutzutage Pfeifen es schon die Spatzen vom Dach. Wir beide reden doch auch oft darüber.“ „Worüber denn?“ „Na, ja, eben darüber, wer wir Menschen in Wirklichkeit sind, nämlich Gott.“ Antwortet sie. “Und das hat dir deine Mutter jetzt auch erzählt? Fragt Großmutter ihre Enkelin. „Oh, ja, Omi, das hat sie. Sogar ganz viel hat mir Mama von Gott erzählt, so viel, daß ich mir das alles gar nicht merken kann.“ Omi nimmt Vera lachend in die Arme und sagt: “Über nichts redet deine Mutter lieber, als über Gott.“ „Vera hat mich nach ihrem Unfall selbst danach gefragt,“ rechtfertigt sich die Mutter. Sie wollte wissen, wo denn dieser Gott ist, von dem wir reden, besonders dann, wenn etwas Schlimmes passiert, und warum er das Unglück mit Jill zugelassen hat. Auch hat sie gefragt, wer, oder was denn Gott überhaupt ist.“ „Da ist meine Vera ganz schön wißbegierig geworden, antwortet die Großmutter. Aber ich versteh dich, solche Fragen tauchen bei schweren Schicksalsschlägen oft auf. Und ich finde das schon richtig, Vera, dir dann die Wahrheit über Gott zu erzählen. Aber das Wichtigste bei all den Belehrungen ist,


daß wir das, was wir wissen, im Alltag auch umsetzen.“ „Das habe ich doch gemeint, Mütterchen, als ich zu Vera sagte, sie soll sich daran erinnern, worüber wir so oft in der letzten Zeit gesprochen haben.“ „Du meinst, Mama, ich soll in diesem ungerechten Leidiger auch Gott sehen?“ „Richtig, das meine ich Vera, genau das habe ich gemeint.“ „Das ist aber nicht leicht, Mama! Du hast gesagt, Gott ist die Liebe, wenn der Leidiger aber immer nur mit mir herum meckert, wo ist denn da die Liebe?“ „Das, mein Goldstück, ist das eigentliche Geheimnis bei der Sache mit der Liebe.“ Antwortet die Mutter. „Warte einfach nicht ab, bis dein Lehrer sich verändert, sondern mach du den ersten Schritt.“ „Was meinst du damit?“ „Der Lehrer ist nun mal so, wie er ist, Vera,“, mischt sich jetzt Omi wieder in das Gespräch ein. Könnte er aus seiner Haut raus, wäre er sicherlich anders.“ „Meinst du, Omi, ich soll ihn so lassen, wie er ist, und mich nicht über ihn aufregen, wenn er seine Lieblinge bevorzugt?“ „Ja, genau das meine ich, Vera.“ „Das sagst du so leicht dahin, Omi.“ „Ich weiß, ich weiß, mein Schatz, daß das leichter gesagt, als getan ist. Wenn du dich aber daran erinnerst, was dir deine Mutter erzählt hat, nämlich daß du in Wahrheit Gott, also die Liebe bist, und daß dein Lehrer das Gleiche ist, fällt dir das sicherlich nicht so schwer. Und wenn es dir gelingt, im Lehrer auch Gott zu sehen, ist das der erste Schritt, den du selber tun kannst, damit dir die Schule bald wieder Spaß macht. Vera schweigt, und nimmt sich noch ein Stück Kuchen. Dann sagt sie: „Daß dieser –blöde Leidiger auch Gott sein soll, leuchtet mir ja irgendwo ein, aber wenn ich an ihn denke, krieg ich trotzdem eine Wut.“ Großmutter nickt freundlich und sagt: „Früher hat man zu uns gesagt, wir sollen unseren Nächsten lieben, wie uns selbst. Nur wußten wir nicht so recht, was mit dieser Liebe zu uns selbst gemeint war. Heute weiß ich, daß es darum geht, mich selbst zu akzeptieren, wie ich bin, mit allem Zipp und Zapp, damit meine ich, mit all meinen Vor- und Nachteilen. Versuch einfach, mein großes Mädchen, dich mit deiner Wut zu akzeptieren. Wenn du das tust, kannst du auch deinen Lehrer so sein lassen, wie er ist.“ „Ach ja........!....Jetzt versteh ich Omi, was du meinst,“ ruft Vera aus.“ Das ist doch das, was du mir erzählt hast, Mama, als ich mich über den Polizisten im Park so fürchterlich aufgeregt hatte. Da hast du zu mir gesagt, ich soll mich nicht über mich selbst ärgern, wenn ich es nicht gleich schaffe, mit dem Urteilen aufzuhören.“ „Ganz richtig, mein Goldstück,“ antwortet die Mutter. Jetzt kannst du das einmal ausprobieren, auch wenn es nicht immer leicht ist, sich selbst so zu akzeptieren, wie man gerade ist.“ „Warte einfach ab was passiert,“ mischt sich Großmutter wieder in das Gespräch ein, vielleicht kannst auch du bald ein echtes Liebes- Wunder erleben. „ „Da bin ich aber echt gespannt, ob das wirklich klappt,“ antwortet Vera mit einem skeptischen Blick. „Ja, probier es einfach aus,“ sagt die Großmutter freundlich, „dann wirst du es ja selbst erleben, ob an das, was wir dir hier erzählen, etwas wahres dran ist.“ Schon zwei Tage nach dem Besuch bei der Großmutter, ist Vera bereit, wieder in die Schule zu gehen. Wie Mutter es schon angekündigt hatte, ist sie an diesem Tag der Star in der Klasse. Jeder will gleich


etwas auf ihr Gipsbein malen, oder schreiben, und natürlich wollen die Freundinnen die Story über den Unfall bis in alle Einzelheiten erzählt bekommen. Als sie dann auf Jill‘s Tod zu sprechen kommen, herrscht betretenes Schweigen. Hilflos stehen die Kameradinnen herum und ihnen ist die Erleichterung anzumerken, als der Lehrer in das Klassenzimmer tritt. Wie staunt Vera, daß er sie freundlich begrüßt, und sie mitfühlend fragt: „Hast du den Schock über dein schreckliches Unglück schon ein wenig überwinden können, Vera?“ “Aha, denkt sie, so schnell also kann ein Wunder passieren. Kaum denkt man daran, daß der Lehrer auch Gott ist, wird er auch schon freundlicher. Bin gespannt, ob das so bleibt.“

Du bist trotzdem Gott, auch wenn… Die Zeit, in der Vera mit dem Gipsbein zur Schule geht, verläuft ohne große Probleme. Die Mitschülerinnen helfen ihr, wo immer sie Hilfe braucht, und Herr Leidiger ist zwar nicht mehr ganz so freundlich, wie an dem ersten Tag, als Vera wieder in die Schule kam, trotzdem hatte sie bis jetzt noch keinen großen Ärger mit ihm. Endlich wird der Gips abgenommen. Auf den Röntgenbildern kann man sehen, daß der Knochen am Unterbein gut verheilt ist, und Vera genießt es, sich wieder frei bewegen zu können. Eines Tages kommt Vera mit mürrischer Miene Nachhause und ohne die Mutter zu begrüßen, stürmt sie gleich in ihr Zimmer. Sie kommt lange nicht heraus und nun will Mutter doch wissen, was bei ihrer Tochter heute schief gelaufen ist. Sie öffnet ihre Tür und sieht sie auf ihrem Bett kauern, den Kopf auf den Knien aufgestützt und wütend vor sich hin starrend. „Was ist denn passiert Vera? Warum bist du so wütend?” fragt die Mutter besorgt.“ „Nichts,“ wehrt sie verstockt ab. „Erzähl schon, was ist los?“ “Ach...... dieser blöde Leidiger!” platzt sie nun aufgeregt heraus, jetzt fängt er wieder an, an mir rumzumeckern. Heute hat er mich vor der ganzen Klasse angebrüllt, der Doofmann. Der hat mich einfach immer noch auf dem Kieker, dabei dachte ich, der hört jetzt langsam damit auf.“ „Was hast du denn gemacht Vera, daß er dich angebrüllt hat?“ „Sag ich nicht. Jedenfalls hätte er mich nicht vor allen Anderen zur Schnecke machen müssen.“


“Jetzt komm erst mal in die Küche und iß etwas,“ versucht die Mutter die aufgeregte Tochter zu beruhigen.” Nachdem Vera ihre Suppe ausgelöffelt hat, bleibt sie noch eine Weile still am Küchentisch sitzen. Immer noch aufgewühlt, schaut sie aus dem Fenster. Die Mutter merkt, daß Vera etwas bestimmtes auf dem Herzen hat. “Was gibt es Vera, worüber grübelst du nach?” Fragt sie nach einer Weile. “Mama,” antwortet sie mit ernster Miene, “Du hast gesagt, ich soll mich immer daran erinnern, daß ich Gott bin, daß der Lehrer Gott ist, und daß Gott die Liebe ist.” „Ja, das habe ich.“ „Ich vergesse das aber meistens. Vielleicht habe ich ja deswegen mit dem Leidiger wieder meinen Zoff? Und außerdem streite ich mich manchmal mit Laura, oder auch mit dir. Da bin ich doch nicht Gott! Bin nicht die Liebe!“ Kommt es aufgeregt aus Vera herausgesprudelt. Mutter nickt und antwortet: „Ich versteh deine Aufregung. Aber tröste dich, denn, was immer du auch tust Vera, was du erlebst, oder wie du dich gerade fühlst, wie du ausschaust, und wo du dich befindest, du bist und bleibst IMMER Gott.“ “Wow! “Und das soll wahr sein? Ich bin trotzdem Gott, auch wenn ich mich ärgere, sogar wütend herum schreie, oder sonst was Blödes mache?” “Das kann gar nicht anders sein Vera!” Erinnere dich, was ich dir vom Strom und vom Meer erzählt habe. Das Meer bleibt immer das Meer, ob seine Wellen nun aufgewühlt sind, oder ruhig. So auch der Strom. Er bleibt immer der Strom, egal in welcher Stärke, und für welches Gerät er benützt wird. Und genau so ist das mit Gott! Gott in dir, bleibt immer Gott. Du kannst Gutes tun und Schlechtes, dich auf den Kopf stellen, und mit den Beinen wackeln, kannst platzen vor Wut, oder auch verbotene Filme mit Laura im Fernseher anschauen, Du bist immer Gott. Wenn du das aber weißt, wirst du in allen Angelegenheiten unterscheiden können, was richtig, und was falsch ist. Auch hast du dann für jeden Liebe und Mitgefühl. Deshalb wirst du andere nicht verletzen, oder sonst wie unglücklich machen. „Daß Gott immer Gott bleibt, unabhängig, was im Außen geschieht, können wir sehr schön in der Geschichte von einem bedeutenden Weltenlehrer erfahren, welcher vor vielen tausend Jahren einmal auf der Erde gelebt hatte.

König Janaka und der Weltenlehrer. Die tiefe Sehnsucht von König Janaka, das höchste spirituelle Wissen zu erfahren, ließ ihn alle Gelehrten seines Landes zusammen rufen, um mit ihnen darüber zu sprechen. In diesen Tagen erschien ein Jüngling vor den Palastmauern, der körperlich äußerst mißgestaltet war. Er war offenbar sehr arm und trug ein einfaches Lendentuch. Niemand wußte irgendetwas über ihn, über seine Kenntnisse, oder über den Grund seines Kommens.Man wußte nur, daß er tagelang geduldig vor den Toren des Palastes gewartet und darum gebeten hatte, man möge ihn an dem Gesppräch der Gelehrten teinehmen lassen. Ein freundlicher älterer Gelehrter hatte ihn Tag für Tag am Tor warten sehen und dem König darüber berichtet. Der König ließ den Jüngling herein holen. Sein Nama war Ashtavakra, was so viel bedeutet wie “der, dessen Körper achtfach verkrümmt ist.”


Als dieVesammelten Ashtavakra in die Halle watscheln sahen, lachten sie alle laut über seine verkrüppelte Gestalt. König Janaka aber lachte nicht. Er sah den tiefen inneren Frieden, den Ashtavakra umgab, und er sah die große Würde und das Selbst-Vertrauen, mit dem sich der Jüngling in diese erhabene Versammlung begeben hatte. Als Ashtavakra die Gelehrten lachen sah, fing er an, noch lauter zu lachen. König Janaka wandte sich an das kleine verkrüppelte Wesen und fragte:”JungerMann, worum lachst auch du?”Der junge Bursche wurde wieder ernst und antwortete: “Das ist sehr einfach, Eure Majestät. Alle diese verehrten Gäste sind nicht besser als irgendwelche Flickschuster.” “Hört! Hört, riefen diese aufgebracht, was sich dieser Krüppel hier zu sagen erlaubt, hinaus mit ihm!” Der König aber bat den Jüngling ihnen allen zu erklären, warum er die Gelehrten als “Flickschuster” bezeichnete. Der junge Bursche antwortete ebenso ernst: “Das ist sehr einfach, Eure Majestät. Alle diese verehrten Gäste sind nicht besser als ganz gewöhnliche Flickschuster, weil sie nicht über die äußere Hülle hinaussehen können. Sie können Gott nicht sehen, der sich in jedem Wesen befindet. Wenn der leere Tontopf zerbricht, zerbricht dann auch der Raum innerhalb des Topfes? Wenn der Topf verformt ist, ist dann auch der Inhalt des Topfes verformt? Mein Körper mag deformiert sein, aber ich bin nicht der Körper. Ich bin Gott, unendlich, und grenzenlos, so wie Eure Majestät und alle hier Versammelten. Der König, bereits spirituell weit entwickelt, wußte sofort, daß ein vollständig erweckter Mahatma vor ihm stand, eine große, erhabene Seele, ein bedeutender Weltenlehrer. Mit großer Demut bat König Janaka Ashtavakra, er möge ihn als Schüler annehmen, und so geschah es.

Schau Vera, schon vor tausenden von Jahren wußte man um die Wahrheit, daß die Göttlichkeit in uns sich nie verändert. Einzig was sich verändert, sind die vergänglichen Dinge.” “Und welche Dinge sind vergänglich, Mama?” “Denk einmal an die Natur Vera. Da gibt es den Frühling, den Sommer, den Herbst und den Winter. Mit den Jahreszeiten verändern sich die Bäume, die Pflanzen, das Wetter und vieles andere mehr. Früher war alles ganz anders, als heute, und wenn du dir in den Büchern einmal die Menschen aus der Steinzeit anschaust, siehst du, daß wir uns ziemlich verändert haben.” “Stimmt!” “Und was ist mit deinem Körper Vera? Bleibt er immer gleich? Bist du heute noch das kleines Baby, das eben erst das Laufen und Sprechen lernt?” Vera lacht: “Nöö..... bin ich nicht.” „Genauso ist es mit den Gedanken und Gefühlen. Diese ändern sich ständig. Einmal bist du traurig, und dann wieder fröhlich. Heute hast du diese Meinung und morgen jene. So verändert sie sich immerzu. „Und was bleibt, ist nur Gott. Das steht in der Geschichte von dem König und dem Weltenlehrer. Stimmt doch, oder nicht?“ antwortet Vera. „Genau, Vera, so ist es! Alles was es in der Welt gibt, verändert sich. Weil das so ist, kann das nicht


die unveränderbare Wahrheit sein. Alles was kommt, geht auch wieder. So wie unser Jill. Er kam als kleiner Hund zu uns, und jetzt ist er nicht mehr da. Weil aber Gott nicht kommt und auch nicht geht, sondern ewig und immer da ist, Ist nur auf ihn Verlaß. Gott ist auch die Quelle unserer inneren, Kraft, die niemals versiegt und es ist klug, Vera, sich immer von dieser Kraft leiten zu lassen. Sie hilft dir, wenn du vergißt, wer du in Wahrheit bist, oder was recht und was unrecht ist. Sie richtet dich auf, wenn du gefallen bist, und stärkt dich darin, wieder an dich zu glauben.

Der Kampf der Wölfe Ein alter Cherokee-Indianer lehrt seinem Enkel etwas Wichtiges über das Leben. Der Großvater sagt: “Zwei Wölfe kämpfen in mir. Es ist ein heftiger Kampf. Der eine Wolf ist Angst und Wut, Neid, Verachtung, Mutlosigkeit und Gleichgültigkeit, Falschheit, Selbstzweifel und vieles mehr. Der andere Wolf ist Liebe und Mitgefühl, Freude, Selbstvertrauen, Tatkraft und Ehrlichkeit, Furchtlosigkeit und vieles mehr. Diese beiden Wölfe kämpfen in mir. Und diese beiden Wölfe kämpfen auch in dir. Sie kämpfen in jedem Menschen.” Der kleine Indianerjunge schweigt und denkt nach. Schließlich fragt er: “Und welcher Wolf gewinnt?” Der alte Indianer antwortet: “Der, den du fütterst.” „Was meint er mit „füttern?“ fragt jetzt Vera die Mutter. “Wir füttern die Wölfe in uns durch das, was wir denken,” antwortet sie. “Denke ich z. B. gut, sowohl von mir selbst, wie auch von den anderen, gewinnt der gute Wolf. Und denke ich schlecht, gewinnt der andere Wolf.” “Und wie machst du das, immer gut zu denken?” “Ich erinnere mich daran, wer ich in Wirklichkeit bin. Dann sage ich: Ich bin Gott. Ich bin Gott. Ich bin nicht verschieden von Gott. In diesem Moment fühle ich meine innere Kraft. Sie macht es mir leicht, gut zu denken und wenn schlechte Gedanken auftauchen, hilft sie mir, zu sagen, das bin ich nicht! Daß ich in Wirklichkeit Gott bin, sage ich mir auch oft, wenn ich meine Arbeit im Haus, und im Garten mache, oder wenn ich einkaufen gehe. Und bevor ich einschlafe, ist das mein letzter Gedanke, und wenn ich aufwache, mein erster. Angenommen ich habe ein Problem zu lösen, fällt mir automatisch meine Wunderformel ein. Manchmal kann ich es kaum glauben, wie schnell sie oft schwierige Dinge aus der Welt schafft.“ “Hmm, so machst du das also. Aber du mußt doch auch an andere Dinge denken, Mama, zum Beispiel wenn du einkaufst. Da mußt du daran denken, was du alles kaufen willst, oder nicht?“ Mutter lacht. „Natürlich muß ich das, Vera. Dazwischen gibt es jedoch immer Momente, in denen ich an nichts denken brauche, zum Beispiel, wenn ich an der Kasse warten muß. Anstatt die Leute zu beobachten, die vor mir stehen, und mir unnötige Gedanken über sie zu machen, denke ich lieber an meine Wunderformel. Versuch es doch auch einmal Vera, dir zwischendurch zu sagen: Ich bin Gott, ich bin Gott ich bin nicht



verschieden von Gott. Oder vielleicht hast du auch eine andere Idee, wie du dich an deine Göttlichkeit erinnern kannst. Das hilft dir sicherlich bei deinem Streß mit dem Herrn Leidiger. Wer weiß, vielleicht wird er eines Tages noch dein Lieblingslehrer?“ „Paaaaaaaah, das kann ich mir echt nicht vorstellen“ „Abwarten und Tee trinken., meine junge Dame!“ “

Ein indianisches Lied

Die Erde ist deine Mutter, Sie empfängt dich Der Himmel ist dein Vater, Er beschützt dich Der Regenbogen ist deine Schwester, Sie liebt dch Der Wind ist dein Bruder, Er singt sein Lied für dich Refrain: Wir sind immer beisammen Wir sind immer beisammen Das war so und wird immer so sein


Auch die Kuh schenkt Liebe Es ist Sonntag, und draußen regnet es in Strömen. Vera sitzt am Boden und krault zärtlich ihre Katze Lila. Wohlig streckt diese alle vier Pfoten von sich und schnurrt dabei nach Herzenslust. Vergnügt schaut der Vater den Beiden zu, und nach einer Weile sagt er: “Ihr zwei seid ja echt gute Freunde.” “Das stimmt, Papa. Wir mögen uns wirklich sehr. Lila will immer in meiner Nähe sein.” “Ich weiß, manchmal läuft sie sogar hinter dir her, wenn du zum Schulbus gehst.” “Genau,” antwortet Vera lachend, “dann gebe ich Lila einen Stups auf die Nase und dann weiß sie genau, dass sie wieder nach Haus muss.” „Ja, ja die Liebe, vor nichts macht sie Halt, nicht vor uns Menschen, nicht vor den Tieren, nein, sie schwirrt überall herum.“ “Wie meinst du das?” “Die ganze Welt ist doch voller Liebe, Vera, man muß nur die Augen, und das Herz aufmachen, dann kann man sie überall erkennen.“ “Und was ist mit den Bäumen, Papa, ist da auch Liebe drin?” “Ja, natürlich! Auch sie sind voller Liebe.“ “Ich glaub, ich weiß, was du meinst,” antwortet Vera, mit einem verschmitzten Lächeln. Sie denkt an ihren Freund, den alten Baum, im Park. Ja, wenn sie dort bei ihm sitzt, geht es ihr rundherum gut, da ist ihre Welt in Ordnung. Und manchmal redet sie auch mit ihrem Baum. “Der Baum, erklärt der Vater, er schenkt uns nicht nur seine Früchte, er läßt auch viele Tiere und Vögel bei sich wohnen. Er schützt uns vor Regen, und im Sommer spendet er uns seinen Schatten. Ja, er schenkt uns sogar sich selbst, denn aus ihm können wir unsere Tische, die Stühle, und vieles andere mehr, machen.” „Das stimmt, das ist wirklich ein großes Geschenk.” “Die Blumen lieben,” sagt der Vater weiter, “indem sie für uns ihren wunderbaren Duft verströmen. Und du weißt ja selbst, Vera, wieviel Freude es dir macht, aus ihnen die schönsten Sträuße zu machen, und sie dann zu verschenken.“ “Und was ist mit der Sonne, Papa? Liebt sie denn auch?” “Aber natürlich Vera, die Sonne versorgt uns doch mit ihrem Licht .und ihrer Wärme. Gäbe es die Sonne nicht, hätten wir nichts zu essen, denn durch sie wachsen die Pflanzen und reifen die Früchte.” “Ach ja, da hätte ich selbst drauf kommen können.“ “Auch die Kuh schenkt uns Liebe,” fährt der Vater mit seinen Hinweisen fort, daß die Liebe alles durchdringt. “Wie das?” “Schenkt uns die Kuh nicht ihre Milch, Vera,. woraus wir so viele köstliche und gesunde Sachen machen können?” “Doch, ganz bestimmt Papa, besonders das leckere Eis.” Vater lächelt und erzählt weiter. “Schau nach draußen Vera, da siehst du, wie der Regen die Erde bewässert. Ohne Wasser kann nichts wachsen. Auch wir Menschen, wie alle anderen Wesen, brauchen das Wasser zum Leben. Ohne Wasser gäbe es genauso wenig Leben, wie ohne Sonne, ohne Wind, wie auch ohne die Erde. „Das ist mir klar, Papa.“ „Und jetzt weißt du auch, mein Herzblatt, daß die Liebe alles durchdringt, daß es keinen Winkel auf


der Erde, und im Universum gibt, wo sie nicht ist. „Du hast es mir eben erzählt.“ „Ja richtig!“ Antwortet der Vater. „Aber jetzt, meine Tochter, erzähl ich dir noch etwas! Etwas, das dir ganz bestimmt gefallen wird!“ „Was denn?“ Die Liebe, sie ist die größte Kraft, die es gibt. Durch sie sind wir mit allem und mit jedem verbunden. Sie kennt keine Grenzen, welche eines vom anderen trennt. Dann bist du der Mensch, dem du begegnest, und auch der Baum, die Sonne, die Kuh, die Blumen..............bist einfach jedes Wesen. Wenn du das weißt, bist du an dem Ort, an dem wir alle die gleiche Sprache sprechen.” “Was heißt das denn, Papa? Das hört sich ja ganz schön komisch an, was du da sagst.” Vater lacht und antwortet: Vielleicht hört es sich für dich komisch an, aber das ist kein Märchen, wovon ich da rede. Es gibt tatsächlich Menschen, die an die große Kraft der Liebe so sehr glauben, sodaß sie sich mit allem und jedem verbunden fühlen, und dadurch wunderartige Dinge erleben können. “Was für Dinge denn?” “Solche zum Beispiel, wie sie ein Mann tatsächlich einmal erlebt hat, der auf der Suche nach einem ganz besonderen Wal gewesen ist.” “Was ist das für eine Geschichte?” „Ich erzähl sie dir, Hör zu!“

Das Mädchen und der besondere Wal Eines Tages wollte einmal ein Mann aus England ein Buch über Wale schreiben. Er wusste von einer besonderen Art von Walen, weshalb er zu den indonesischen Inseln reiste, um sie dort zu fotografieren. Drei oder vier Wochen lang suchte er die Küste der Insel ab, aber kein Wal war weit und breit zu sehen. So ging er zu dem Dorfältesten, um ihm zu erzählen, was er suchte. Der Dorfälteste sagte: “Kein Problem, wir haben hier ein zwölfjähriges Mädchen, das dir den Wal beschaffen kann.” Am nächsten Tag setzte er sich also mit dem Mädchen an den Strand. Und es schloss seine Augen. Nach etwa 20 Minuten sah der Mann mit Herzklopfen den Wal am Horizont auftauchen, nach dem er so lange gesucht hatte. Und dann pochte sein Herz noch höher, denn der Wal kam näher und näher, und schließlich strandete er zu Füssen des Mädchens. Sie mussten die Dorfbewohner holen, um den Wal wieder ins Meer zurück zu hieven. Nach dem sich der Mann aus England von seinem Staunen erholt hatte, fragte er das Mädchen: “ Was hast du gemacht? Wie geht das?” Es antwortete: “Es war wirklich ganz einfach. Ich ging an den Ort, wo wir alle die gleiche Sprache sprechen, und bat den Wal zu kommen.” “Was ist das für ein Ort?” wollte der Mann wissen.“ “Es ist der Ort der Stille.” Am nächsten Tag ging er mit dem Mädchen fischen. Sie nahmen das Boot, fuhren hinaus, und alle


paar Minuten steckte das Mädchen den Kopf ins Wasser und sagte: “Wir müssen etwa zehn Meilen weit in diese Richtung fahren.” Und so fanden sie alle Fische, die der Mann auch noch fotografieren wollte. Schließlich konnte der Mann nicht anders, er wollte auch an dem Ort sein, an dem wir alle die gleiche Sprache sprechen. Also steckte er seinen Kopf ins Wasser, so wie es das Mädchen getan hatte, bis er fast erstickte, tauchte wieder auf und sagte: “Ich habe nichts gehört.” Und das Mädchen antwortete: “Von dem Wal und den Fischen sind wir nicht verschieden. Sei still, horche in dich hinein, und warte. Dann bist du in deinem Herzen, dem Ort der Liebe, und dort verstehst du alle Sprachen.”


Vera gerät in Verwirrung Das Wochenende naht, und darauf freut sich Vera immer sehr. Noch ahnt sie nicht, daß diesmal ein großer Ärger auf sie wartet.. Gerade als sie aus dem Haus gehen will, läutet das Telefon. Vera nimmt den Hörer ab: “Hallo! Wer dran?“ “Laura!! Hast du Lust Vera, heute bei mir zu übernachten? Meine Eltern sind weggefahren und ich bin allein. Nur Jacky ist da, der mag aber immer nur raus, und nicht mit mir fernsehen.” “Warte, ich frage Mama, ob sie mir das erlaubt.” Blitzschnell rennt Vera in die Küche. “Mama, ist es okay, wenn ich heute Nacht bei Laura schlafe? Ihre Eltern sind nicht da, und sie mag nicht allein sein.” „Einverstanden! Ich weiß ja, daß die Tante Ursula von nebenan, nach euch beiden schaut. Versprich mir aber Vera, daß ihr euch nicht, wahllos irgendwelche Fernsehprogramme anschaut, zum Beispiel Filme, die einfach niemandem gut tun, du weißt schon, welche ich meine.“ „Ja, ja, ich weiß, Schund- und Gewaltfilme.“ “Versprochen!” Und schon stürmt sie wieder nach draußen um der Freundin Bescheid zu sagen. Im Nu hat Vera ein paar Sachen zusammen gepackt, und da klingelt sie auch schon an Lauras Haustür. “Komm rein,” hört sie Laura von drinnen rufen.” “Hallo Laura!” “Hey Vera!” “Finde ich super, dass du bei mir übernachten darfst.” “Ich auch!” Laura schaut auf die Uhr und sagt: Gleich fängt die Quiz- Sendung an, bei der man auch Zuhause mitmachen, und etwas gewinnen kann. Setz dich Vera, und mach es dir gemütlich. Willst du etwas trinken?“ „Nööö, muß nicht sein.“ Kaum sitzt Vera, schaltet Laura auch schon den Fernseher an. Im selben Moment berichtet der Nachrichtensprecher: “Irak! Gestern Abend, bei Anbruch der Dunkelheit, ereignete sich inmitten einer belebten Einkaufszone von Bagdad, ein Terroranschlag. Das Attentat forderte circa 30 Tote und mehr als 150 Verletzte. Von den Tätern gibt es bis jetzt noch keine Spur.” Und da sind auch schon die Bilder von diesem schrecklichen Bombenanschlag zu sehen. Auf der Strasse liegen blutüberströmt die Toten. Brennende Geschäfte und dicke Rauchwolken verhindern den Transport der Verletzten. Feuerwehrleute versuchen, die Brände zu löschen und manche Bilder zeigen wehklagende Verwandte, die sich über ihre toten Angehörigen beugen, und sie weinen bitterlich. Sich Nachrichten anschauen ist Vera nicht gewohnt. Gebannt und voller Entsetzen starrt sie auf die grauenvollen Bilder. Plötzlich herrscht sie Laura an: “Mach die Kiste aus, ich will nichts mehr sehen! Mach sie aus!“ “Was hast du Vera? Was regst du dich so auf?” Fragt Laura erstaunt, “so etwas gibt es doch ganz oft im Fernsehen.” “Ich will es aber trotzdem nicht sehen!” Antwortet Vera barsch.“ mach sie endlich aus.


Laura drückt widerwillig auf den Ausschaltknopf. Sie ahnt, daß Vera jetzt überhaupt keine Lust mehr auf die Quiz- Sendung. hat. Und genauso ist es dann auch. Vera will jetzt doch etwas zu trinken haben und mit ihrer Limonade in der Hand, kauert sie sich auf einen der Sessel und starrt aus dem Fenster .Laura merkt .daß die Freundin innerlich noch sehr aufgewühlt ist. „Wieso regst du dich über so was so fürchterlich auf Vera? Das ist doch weit weg von hier, und hat mit dir gar nichts zu tun.“ versucht nun Laura die Freundin zu beruhigen. „Du bist gut, sind das vielleicht keine Menschen, so wie du und ich, die da getötet und verletzt werden? „Klar sind das auch Menschen, ich möchte das auch nicht erleben, was denen passiert ist, aber....................“ „Aha, du möchtest das nicht erleben,“ unterbricht Vera aufgeregt die Freundin, „aber wenn du solche Grausamkeiten im Fernseher siehst, sagst du, ‚das hat mit mir nichts zu tun.‘ So einfach machst du dir das.“ „Was soll ich denn anderes tun, du Witzbold, immer hast du was zu meckern...........“ Vera läßt Laura nicht aussprechen, sie schreit, „Ist das vielleicht Meckern, wenn mich das nicht kalt läßt, wenn Menschen regelrecht in der Luft zerrissen werden?“ „Mach doch nicht ein so fürchterliches Drama daraus, so etwas passiert doch fast jeden Tag, an irgend einer Ecke in der Welt.“ Die Debatte zwischen den Freundinnen erhitzt sich immer mehr. Vera besteht darauf, daß es richtig ist, sich von dem Geschehen draußen in der Welt, berühren zu lassen, Laura dagegen will davon nichts wissen, und meint, man könne doch einfach den Fernseher ausschalten, wenn einem etwas nicht gefällt. Mitten im Streitgespräch schaltet Laura mit der Fernbedienung den Fernseher wieder an. Jetzt reicht es Vera! Wütend steht sie auf, nimmt ihren Rucksack und stürmt zur Tür. Doch Laura will nicht, dass sie geht, deshalb hält sie Vera am Arm fest und versucht ihr den Rucksack aus der Hand zu reißen. “Laß mich los!” schreit sie. “Ich will nach Hause!” Laura hält sie trotzdem fest. Vera aber reißt sich los und stürmt auf und davon. Mit lautem Knall schlägt sie die Tür hinter sich zu, und eilt Nachhause. Inzwischen ist Vera´s Vater nach Hause gekommen und die Eltern trinken eben gemütlich ihren Kaffee, als sie völlig aufgewühlt zur Tür herein kommt. Mutter traut ihren Augen nicht, weiß sie doch, wie gern Vera bei ihrer Freundin übernachtet. “Was ist denn los, Vera?“ Fragt sie, „wieso bist du schon wieder zurück? Und was machst du für ein verärgertes Gesicht?“ Vera setzt sich zu den Beiden an den Tisch. Mutter gießt ihr einen Kaffee ein und nachdem sie ihn ausgetrunken hat, erzählt sie ausführlich was sie im Fernseher gesehen hat und auch davon, daß sie deswegen in einen heftigen Streit mit Laura geraten ist. Vater nickt, und sagt: “Ich versteh dich, Vera, manchmal rege ich mich genauso darüber auf, wie du, wenn ich von solchen Gewalttaten höre, oder davon lese, obwohl ich längst weiß, daß nicht mein Ärger, sondern nur die Liebe, etwas verändern kann.“ „Ich weiß das auch;“ antwortet Vera gereizt, „Mama erklärt mir das mit Gott und mit der Liebe ja oft genug, aber was ich vorhin im Fernseher gesehen habe, da war absolut keine Spur von Gott, und kein Funken von Liebe zu sehen. Das war alles nur schrecklich, nur Horror.“


“Du hast recht Vera,” antwortet die Mutter,“ wenn solche Dinge passieren, sieht es wirklich so aus, als gäbe es Gott, die Liebe, nicht. Das aber ist nicht wahr.“ „Wie........? das ist nicht wahr,“ regt sich Vera erneut auf. „Wo war denn da die Liebe, als so viele unschuldige Menschen getötet wurden?“ „Wie kann ich dir das am besten erklären, mein Herz? .Ach ja, ich hab eine Idee! Denke einmal an die Sonne, kannst du sie sehen, wenn dicke Wolken sich davor schieben?” “Nein.” “Wenn die Wolken die Sonne verdecken, sagst du dann, die Sonne gibt es gar nicht.” “Natürlich nicht!” “Oder auch nachts, da kannst du die Sonne überhaupt nicht sehen, aber du weißt trotzdem, dass es sie gibt. “Ja, weiß ich.” “Genauso ist das mit der Liebe! Sie ist immer da! Doch manchmal sehen wir sie nicht, weil auch sie von Wolken verdeckt sein kann. Dann sagen wir: es gibt gar keinen Gott, keine Liebe.” “Was sind das für Wolken, welche die Liebe verdecken können?” “Denke an den Kampf der beiden Wölfe, Vera. Es können Hasswolken sein, Neid- oder Wutwolken, Wolken der Furcht oder der Gier, auch Trauerwolken und viele, viele andere können es sein.” “Und wo kommen diese Wolken her?” “Sie kommen von den dunklen Gedanken, die sich die Menschen oft machen, und aus diesen dunklen


Gedanken, entstehen dunkle Taten, so wie man sie jeden Tag im Fernseher sieht, und in der Zeitung liest. Die Leute, die sich das alles anschauen, oder lesen, beschäftigen sich dann mit dem, was sie gesehen, oder gelesen haben, ärgern sich darüber, schimpfen, oder verurteilen, und schon hat sich wieder eine neue, dunkle Wolke gebildet. Auf diese Weise wird das Dunkle in der Welt immer wieder gefüttert.“ „Das leuchtet zwar ein, sagt daraufhin der Vater, aber wie ich schon gesagt habe, immer schaffe ich das auch nicht, nicht zu urteilen.“ „Wenn das nicht mal Papa kann, wie soll ich das denn können, mich nicht über solche Verbrechen aufzuregen, wie ich sie heute im Fernseher gesehen habe?“ ereifert sich Vera. „Das ist doch ganz in Ordnung, Vera, niemand sagt, daß das eine leichte Sache ist, die Dinge in der Welt, nur mit Herzensaugen zu betrachten, antwortet die Mutter.“ „Und haben diese Gewalttäter denn keine Herzensaugen, wo sie doch auch Gott sind, wie du immer sagst, Mama? „Doch, Vera, Herzensaugen haben sie schon, aber diese sind ganz verschlossen, weil sie entweder vergessen haben, daß sie in Wahrheit Gott sind, oder es hat ihnen bisher noch niemand gesagt.“ Bei dem Gespräch über Herzensaugen, denkt Vera plötzlich wieder an Laura und ihr fällt ein, dass diese nun ganz allein zu Hause ist. Der Ärger auf sie ist inzwischen längst verraucht. So fragt sie ihre Eltern: “Darf Laura heute bei uns übernachten?” “Na klar,” antworten sie, wie aus einem Munde, “wenn sie will, kann sie übers ganze Wochenende bei uns bleiben.” “Das ist eine Super Idee,” strahlt Vera. Schon eilt sie ans Telefon, um die Freundin anzurufen: “Hallo Laura!” “Was willst du?” Vera merkt, dass Laura sauer ist. “Es tut mir echt leid wegen meinem Ausraster heute Nachmittag......” “Du bist einfach abgehauen, du blödes Huhn, und ich hab noch nicht mal geblickt, was auf einmal in dich gefahren war.“ „Und du hast mitten in unserem Streit einfach den Fernseher angemacht, das war nicht fair. Aber das ist jetzt vergessen! Hast du Lust Laura, zu uns zu kommen? Wenn du willst, kannst du übers ganze Wochenende bleiben.” “Nöö... das ganze Wochenende nicht!” “Wieso nicht?” “Bei euch darf man ja fast nie fernsehen.” “Komm trotzdem Laura, wir werden uns bestimmt nicht langweilen, Hauptsache du bist nicht alleine.” Laura antwortet nicht gleich. Nach einer Weile sagt sie:. „Okay, ich komme! Allein sein ist echt nicht mein Ding. Hätte ich meinen Fernseher nicht, wär das für mich noch viel blöder.


Auch der Gewalttäter ist Gott Noch in der selben Nacht, nachdem Vera das Drama mit den Bomben im Fernsehen gesehen hat, erlebt sie ähnliches in ihrem Traum: Auf dem Weg zur Schule hört sie plötzlich hinter sich einen lauten Knall. Gleich darauf sieht sie hohe Flammen und sie will davon rennen, um sich zu retten. So sehr sie sich auch bemüht, sie kommt nicht vom Fleck. Ihre Beine sind wie angewurzelt und sie gerät in Panik. Sie will schreien, aber bekommt kein Wort heraus. Voller Schrecken und schweißgebadet wacht Vera auf. “Oh, Gott sei Dank, es war nur ein Traum,” denkt sie erleichtert. Aber wieder einschlafen kann sie lange nicht. Am nächsten Morgen sitzt sie mit Laura, Vater und Mutter, beim Frühstücken und dabei erzählt sie ihren Traum. Alle hören aufmerksam zu und bald ist das Thema Krieg, Gewalt, Terror, und der Ruf nach gerechter Strafe, auf dem Tisch. Mutter kann spüren, wie sich über den Köpfen langsam eine düstere Wolke zusammen braut. “Leute,” sagt sie deshalb, “hört damit auf, immer an diese schrecklichen Dinge in der Welt zu denken und darüber zu reden. Damit lassen sie sich nicht aus der Welt schaffen, im Gegenteil, ihr füttert sie noch.” “Du hast gut reden,“ sagt Vera ziemlich aufgebracht, ich hab jetzt noch die Horror- Bilder vor Augen und kann das Denken daran nicht einfach abstellen. Wie furchtbar muß das erst sein, wenn man so etwas in echt erlebt.“ „Da hast du recht, Vera,“ Sagt der Vater, obwohl ich längst weiß, und das auch glaube, daß jeder und alles Gott ist, fällt es mir trotzdem schwer, Gott auch in solch fanatischen Terroristen zu sehen.


„Das kann jeder verstehen,“ antwortet die Mutter,“ dennoch dürfen wir nicht die Liebe vergessen. Das heißt nicht, daß wir das, was diese Menschen getan haben, akzeptieren sollen, nein, ganz und gar nicht. Ihre Taten sind wirklich grausam, aber das ändert nichts daran, daß sie in ihrem innersten Kern der gleiche Gott sind wie jeder andere Mensch auch. Weil sich heutzutage fast niemand mehr an diese feststehende Wahrheit erinnert, wird es in der Welt immer düsterer und dunkler.“ “Puuh....” stöhnt Vera und fährt sich mit dem Handrücken über die Stirn, so, als wolle sie sich den Schweiß abwischen.“ Okay, Mama,“ sagt sie, „beim Klassenlehrer klappt das jetzt schon einigermaßen, mich daran zu erinnern, daß er Gott ist. Den groben Polizisten und diese schrecklich gehässige Frau kann ich auch akzeptieren, aber bei Leuten, die Bomben auf unschuldige Menschen werfen, kann ich es wirklich nicht glauben, daß sie auch Gott sein sollen, das schaffe ich einfach nicht.“ Mutter nickt, und voller Verständnis fragt sie:“ Ärgerst du dich darüber Vera, daß du das nicht schaffst?“ „Ja, ziemlich!“ „Versuche einmal, wenigstens nicht dich selbst zu verurteilen. Das wirkt Wunder! Dann nämlich bist du wieder in deinem Herzen. Und bist du dort, sagst du zum Gewalttäter nicht,` du bist aber ein schrecklicher Mensch, und ich bin viel besser als du, sondern siehst ihn mit deinem Herzen. Das Herz verurteilt zwar die schreckliche Tat, denn es hat Mitgefühl mit den armen Opfern, aber es ist auch mit dem Herzen des Täters verbunden. Vielleicht erahnst du dann sogar seine innere Not, oder Verwirrung, die ihn zu seiner Gewalttat getrieben hat. “Und du meinst Mama, das geht?“ “Ausprobieren und üben Vera. Immer wieder üben. So wie du früher das Schwimmen und das Radfahren geübt hast.” “Vera nickt “ Von der düsteren Stimmung am Anfang ist nach einiger Zeit nichts mehr zu merken. Laura, die über die ganze Zeit schweigend dabei gesessen hat, schwirrt inzwischen der Kopf. Bis jetzt hatte sie eher den Eindruck im falschen Film zu sitzen. Trotzdem fühlt sie sich in Vera´s Elternhaus, rundherum wohl, auch wenn sie von all den Dingen, worüber hier gesprochen wird, nur wenig versteht. “Wenn ihr wollt,” sagt Mutter jetzt “lese ich euch heute Abend die Geschichte vor, die ich vor vielen Jahren einmal für eine Kindergartenzeitschrift geschrieben habe. „Meinst du die vom Paul?“ Fragt der Vater. “Ja genau, die meine ich.” “Was ist das für eine Geschichte, Mama?” “Sie handelt von einem Jungen, der von niemanden mit Herzensaugen angeschaut wurde und sich deshalb mit der Zeit zu einem gefährlichen Schläger entwickelt hatte. Dann aber passierte ein echtes Liebeswunder. Ich habe das in der Zeit, in der ich im Kindergarten gearbeitet habe, selbst miterlebt.” “Oh ja, super, hört sich ja echt spannend an.”


Liebe heilt Paul ist vier Jahre alt und hat zwei Brüder, einen älteren und einen jüngeren. Wenn es unter den Jungen Streit gibt, ist es meistens Paul, welcher von den Eltern ausgeschimpft wird. Sein Vater ist Lkw-Fahrer, und am Abend kommt er meist spät und müde nach Hause. Ihm ist es am liebsten, wenn seine Jungen dann schon in ihren Betten liegen, damit er in Ruhe Abendessen und anschließend fernsehen kann. Die Mutter muß dann ausschließlich für den Vater da sein und darf sich nicht mehr um die Kinder kümmern. Das Kinderzimmer liegt eine Etage höher. Deshalb können es die Eltern nicht hören, wenn die drei Buben, anstatt zu schlafen, herumbalgen und sich zanken. Wie sich später heraus stellt, machen sich die Brüder einen Spaß daraus, Paul zu quälen und zu schlagen. Wie freut sich Paul, als er hört, daß ihn die Mutter jetzt im Kindergarten angemeldet hat. Dieser liegt nur zwei Straßen weiter von seinem Elternhaus, und schon nach kurzer Zeit, kann Paul den Weg dort hin, alleine gehen. Jedoch, kaum hat er sich an sein neues Leben gewöhnt, muß er auch schon wieder den Kindergarten verlassen. Mit großem Bedauern erklären die Kindergärtnerinnen der Mutter:„Leider ist ihr Sohn für unsere Kindergruppe nicht tragbar. Er schlägt um sich, zertrümmert Spielzeug, und außerdem hält er sich nicht an die Regeln.“ Beschämt und enttäuscht nimmt daraufhin die Mutter Paul wieder mit nach Hause. Dort angekommen, schimpft sie ihn erst einmal tüchtig aus. Und am Abend, als Vater von Pauls Versagen hört, gibt es eine Ohrfeigen und dann heißt es: “Ab ins Bett! Ich will dich nicht mehr sehen! Schämen muss ich mich, so einen Sohn zu haben.” Paul preßt die Lippen zusammen, und mit hängendem Kopf schleicht er sich nach oben. Obwohl die Mutter weiß, wie sehr ihr Sohn um sich schlagen kann, wenn er wütend wird, wagt sie es trotzdem, ihn nach einiger Zeit in einem anderen Kindergarten anzumelden. Im Stillen denkt sie sich: “Von dem Rausschmiss aus dem vorherigen Kindergarten erzähle ich lieber nichts. Vielleicht klappt es ja diesmal besser.” Aber ihre Hoffnung erfüllt sich nicht. Eines Tages bittet die Leiterin des Kindergartens die Mutter in das Büro und sagt;“ Es tut mir wirklich sehr leid, Frau B., aber leider können wir ihren Paul nicht länger bei uns behalten. Wir haben uns wirklich die aller größte Mühe mit ihm gegeben. Wegen seinen heftigen Wutausbrüchen, in denen er wahllos um sich schlägt, holten wir uns Rat bei einem Fachmann für seelisch gestörte Kinder. So hofften wir, Paul könne sich mit der Zeit verändern. Aber leider blieb alles ohne Erfolg.“ “Oh Gott, Oh Gott!” jammert die Mutter, “wie soll das bloß mit meinem Jungen weitergehen?” Zu Hause angekommen, schickt sie Paul sofort ins Kinderzimmer. Als sie dann alleine ist, kann sie endlich ihrem Kummer Luft machen. Sie weint bitterlich, denn nun weiß sie sich keinen Rat mehr. Am Abend, als Vater nach Hause kommt und hört, was wieder geschehen ist, verliert er die Fassung. Er schlägt auf Paul ein, dass diesem die Nase blutet. Die Sache mit Paul schein für die Eltern ausweglos zu sein. Doch eines Tages erfährt die Mutter durch die Zeitung, dass es auf der anderen Seite der Stadt einen Kindergarten gibt, welcher behinderte und nicht- behinderte Kinder, gemeinsam betreut. “Das ist unsere letzte Chance!” sagt sie zu ihrem Mann. Er dagegen will keinen dritten Versuch starten, denn er schämt sich viel zu tief, über all die voran gegangenen Mißerfolge. Außerdem schämt


er sich auch dafür, dass sein Sohn jetzt als behindertes Kind gelten soll. Trotzdem nimmt die Mutter ihrem ganzen Mut zusammen und vereinbart telefonisch ein Gespräch mit der Leiterin dieses Kindergartens. Diesmal jedoch, erzählt die Mutter alles ganz offen und ehrlich, was sich mit Paul bisher zugetragen hat. Und nicht nur das! Sie berichtet auch davon, wie die Dinge Zuhause in der Familie stehen. Von Pauls Brüdern, von dem Vater, welcher sehr viel arbeiten muss, aber trotzdem wenig Geld verdient, und auch das eine, oder andere von sich selbst. Die Leiterin hört ihrem Bericht aufmerksam zu. Am liebsten würde sie die geplagte Mutter in die Arme nehmen und sie trösten, statt dessen nimmt sie ihre Hand, und ohne groß darüber nachzudenken, sagt sie: “Liebe Frau, kommen Sie morgen wieder und bringen Sie ihren Paul mit. Meine Kolleginnen und ich werden schauen, was wir für ihn tun können.” Mit erleichtertem Herzen und neuer Hoffnung geht die Mutter Nachhause. Später, in der Mitarbeiterbesprechung, beschließen die Erzieherinnen, daß sie dem neuen Kind nicht mit Vorurteilen, sondern mit aller Offenheit und Liebe begegnen wollen. Kaum ist am nächsten Tag der Kindergarten aufgeschlossen, steht die Mutter auch schon mit Paul im Türrahmen. Die Leiterin begrüßt die Beiden und bittet sie in ihr Büro. Paul schaut auf den Boden, ihm ist seine Angst anzumerken. Jedoch nach einer Weile, ist er bereit, einen Blick in den Gruppenraum zu werfen. Dort stellt die Leiterin, ihm und seiner Mutter, die Kolleginnen vor. Mit blassem Gesicht und steifer Körperhaltung steht Paul da und beobachtet, was sich dort alles abspielt. Einige Kinder holen sich aus dem offenen Regal, Papier und Malstifte und fangen an, nach Herzenslust zu malen. “Paul, magst du auch ein Bild malen?” fragt ihn ein wenig später eine der Erzieherinnen. Mit einem Kopfnicken willigt er ein. Ohne die Kinder neben ihm zu beachten, malt Paul nun ein Bild.


Als nach einiger Zeit die Leiterin die Mutter verabschiedet und danach wieder den Gruppenraum betritt, geht Paul auf sie zu und sagt: “Das hab ich für dich gemalt!” Sie lächelt und sagt: “Oh danke, wie schön du malen kannst, Paul.” Still setzt sie sich eine Weile zu ihm und schaut ihm beim Malen zu. Der erste Tag im Kindergarten verläuft ruhig und ohne Probleme. So auch die nächsten Tage. Noch lässt sich Paul nur von den Erwachsenen ansprechen. Als er jedoch nach und nach anfängt mit den Kindern zu spielen, gibt es auch schon bald den ersten Streit. Ehe sich die Erzieherin versieht, schlägt Paul mit den Fäusten auf eines der Kinder ein. “Halt Paul! Hör auf!” ruft sie. “Bei uns wird nicht geprügelt! Wir haben doch einen Mund, und den können wir gebrauchen, anstatt drauf zu hauen.” Erschrocken und völlig verängstigt schaut Paul zu ihr hoch. Die Erzieherin spürt seine innere Not. Sie geht auf ihn zu, beugt sich zu ihm hinunter, und legt vorsichtig ihren Arm um ihn. Verschämt schaut Paul auf den Boden und mit steifem Körper lässt er für einen kurzen Moment diese freundliche Berührung zu. Gleich darauf löst er sich wieder aus der Umarmung und spielt weiter. Von Pauls ersten Wutausbrüchen nehmen die Kinder noch keine allzu große Notiz. Als diese jedoch häufiger vorkommen, fangen sie allmählich an, Angst vor ihm zu bekommen. So ist es nicht verwunderlich, dass sie ihren Eltern davon erzählen. Langsam wird es im Kindergarten kritisch, denn manche Eltern empören sich über diesen “Schlägertypen”, wie sie Paul bezeichnen. Die Kinder gehen ihm aus dem Weg, und manche weigern sich sogar, weiterhin in den Kindergarten zu gehen. Jetzt sind die Betreuerinnen aufgefordert, etwas zu tun. Einmal damit die Stimmung nicht noch tiefer sinkt, und zum anderen, damit Paul nicht wieder fort geschickt werden muss. Als erstes laden sie die Eltern aller Kinder zu einer gemeinsamen Besprechung ein. In Ruhe erklären sie ihnen: “Eure Ängste um die Sicherheit der Kinder können wir sehr gut verstehen. Lasst uns aber bitte noch etwas Zeit. Wir werden gut aufpassen, dass euren Kindern nichts Schlimmes passiert. Wir wissen, dass es mit Paul besser werden kann, wenn wir ihn nicht ablehnen, obwohl er sich nicht von seiner besten Seite zeigt. Ihr werdet sehen, alles wird gut werden, wenn wir uns Zeit lassen und Vertrauen haben. “Woher nehmt ihr denn die Sicherheit, daß alles gut werden wird, so wie ihr sagt?” Fragt eine Mutter in der Elternrunde, etwas ungehalten. Die Leiterin nickt und antwortet: “Diese Frage kann ich wirklich gut verstehen, und ich will versuchen, sie in aller Kürze zu beantworten:“ „Auf unserem geistigen Weg haben wir gelernt, daß der Mensch in seinem innersten Wesenskern, nicht nur menschlich, sondern vor allem göttlich ist. Und diese göttliche Natur, so heißt es, ist die reine Liebe. Das betrifft auch unseren Paul. Auch sein innerstes Wesen ist in Wahrheit göttlich. Und wenn es uns gelingt, nicht nur auf sein auffälliges Verhalten zu schauen, sondern auch auf sein wahres Wesen, können wir sicher sein, daß sich alles zum Guten wenden wird. Daraufhin sagt eine der Kolleginnen:„Wir sind hier doch eine große Familie, als solche können wir in schwierigen Zeiten nicht gleich aufgeben. Habt bitte noch etwas Geduld. Paul ist wirklich kein schlechter Junge, und wegen seiner seelischen Störung, braucht er dringend die Unterstützung von uns allen.” Es werden noch viele Fragen gestellt und es wird lange diskutiert. Wieder etwas beruhigt, aber auch nachdenklich, verlassen die Eltern den Raum. Doch was müssen die Erzieherinnen schon gleich am nächsten Tag erleben? Ihr Vertrauen, worüber sie mit den Eltern am Abend zuvor, viel geredet hatten, wird auf eine harte Probe gestellt.


Schon morgens, beim hereinkommen, gerät Paul in einen heftigen Wutausbruch. Nur in der allerletzten Sekunde kann die Leiterin ihn daran hindern, dass er mit einem schweren Holzspielzeug auf eines der Kinder einschlägt. Aufgeregt packt sie ihn am Arm und zieht ihn ins Büro. Dort kniet sie sich vor Paul hin, schüttelt ihn mit aller Kraft, und völlig aufgebracht schimpft sie: “Paul, das darfst du nie wieder tun! Nie wieder! Hörst du! Das kann ich nicht zulassen! Hör endlich auf mit deinen Schlägereien!“..........weiter kommt sie nicht..........sie muß weinen.......... erschüttert von dem, was da eben geschehen ist, nimmt sie Paul in die Arme, drückt ihn an sich, und dann schauen sie sich in die Augen. In diesem Moment berühren sich ihre Herzen und Paul spürt, daß er geliebt wird. Er versteht aber auch sehr genau, daß diese Frau mit seinem Verhalten absolut nicht einverstanden ist. Nach diesem tiefgreifenden Erlebnis, und nachdem sich jetzt jeder die größte Mühe gibt, Paul nicht abzulehnen, geht es mit ihm langsam besser. Immer seltener gerät er in Wutausbrüche, geschehen sie manchmal doch, so sind sie weit weniger heftig, und gehen auch schneller vorbei. Die Kinder lernen immer mehr, mit Pauls Schwäche umzugehen. Wenn sie sehen, daß er seine Lippen zusammenpreßt, und gleich darauf nach dem Nächstbesten greift, um damit auszuholen, laufen sie entweder weg, oder rufen laut: Hör auf Paul! Das wirkt wie ein Signal! Erschrocken fährt er dann zusammen und die Gefahr, daß er zuschlägt, ist wieder gebannt. Dagegen überrascht Paul nun immer öfter die Kinder und Erwachsene mit seinen Sonnenseiten. Und im Laufe seines ersten, glücklich überstanden Kindergartenjahres, entwickelt sich aus dem anfänglichen „Prügelknabe,“ immer mehr der Liebling der Gruppe. Jetzt wird Paul häufig von Kindern zu Geburtstagsfesten eingeladen, und in den Spielrunden streiten sie sich nicht selten sogar darum, wer neben ihm sitzen darf. Jeder freut sich darüber, immer mehr Seiten von ihm erleben zu können, welche er anfänglich nur selten zeigte. Anstatt zu zerstören wie früher, hilft er nun, wann immer er von den Kindern, oder Erwachsenen, darum gebeten wird. Freut sich Paul über etwas, zappelt er mit seinen Händen aufgeregt auf und ab, und dabei strahlt er über das ganze Gesicht. Wegen seinem süßen Lächeln, und seinem goldigen Humor, schmelzen alle Herzen dahin. Aus dem einstigen „Schreckgespenst,“ entwickelt sich jetzt mehr und mehr ein liebevoller und anschmiegsamer Junge. Sitzen die Kinder in der Kuschelecke, wird Paul von Schoss zu Schoss gereicht, weil ihn jeder gerne bei sich haben, und ihn berühren möchte. Die wachsende Liebe und Zuneigung der Kinder, wie auch der Erwachsenen, tut ihm sichtlich gut. Man kann deutlich erleben, daß die Liebe Wunder bewirkt, daß sie verändert, ja, daß sie heilt. Doch nicht nur im Kindergarten geschieht ein Liebeswunder, nein, auch zuhause in der Familie. Der Vater behandelt Paul jetzt nicht mehr in der gewohnten groben Weise. Vielmehr entdeckt auch er, dass sein Sohn schöne Seiten an sich hat. Gibt es einmal ein Fest im Kindergarten, krempelt er neuerdings seine Ärmel hoch und hilft tüchtig bei den Vorbereitungen mit. Die Mutter bekommt von ihrem Mann endlich ihren lang gehegten Wunsch erfüllt, worüber sie sich sehr freut. Weit glücklicher ist sie jedoch über die gute Entwicklung ihres Jungen. Auch Pauls Brüder hören mit der Zeit mit ihren Quälereien auf, zumal die Mutter jetzt viel mehr darauf achtet, was sich alles im Kinderzimmer abspielt. Alle im Kindergarten sind über Paul´s große Wandlung sehr glücklich, und berührt. Sie erkennen, daß die Liebe tatsächlich die größte Kraft ist, und sie regelrecht Berge versetzten kann. „Das ist jedoch nur dann möglich,“ sagen die Erwachsenen, „wenn wir nicht nur über die Liebe reden, oder Bücher darüber lesen, sondern, wenn wir sie auch in die Tat umsetzten. Die Freude, die wir dadurch erleben, ist kaum mit Worten zu beschreiben. Sie läßt alle Probleme und alles Leid im Nu vergessen, welches so manche Lieblosigkeit mit sich gebracht hatte.


“Ist diese Geschichte wirklich wahr Mama?” fragt Vera ganz gerührt, nachdem die Mutter zu ende gelesen hat. “Ja, genauso habe ich das damals im Kindergarten mit Paul erlebt,“ antwortet sie. “Und wie war das dann, als er in die Schule kam?” will Laura wissen. “In der Schule ging mit Paul alles gut, Laura. Das erzählte seine Mutter, die später den jüngeren Bruder in denselben Kindergarten brachte. “Darf ich diese Geschichte meinen Eltern auch zum Lesen geben?” “Na klar ,Laura. nimm sie ruhig mit.“ „Sie hört sich fast an wie ein Märchen, aber weil du sie selbst erlebt hast, kann ich sie auch glauben.“ Mutter lacht und sagt: „Liebeswunder Laura, sind immer märchenhaft schön. Ich freue mich immer überirdisch, wenn ich von solchen höre, oder lese.“ „Mama,” unterbricht Vera das Gespräch, weißt du, was mir bei all den vielen Dingen und Geschichten, die du mir über Gott erzählt hast, am allermeisten gefällt?“ „Erzähl, mein Goldstück!“ “Das, was du eben vorgelesen hast, nämlich, daß die Liebe die größte Kraft ist, daß sie heilt und daß ich damit Berge versetzen kann. Ein paar Mal konnte ich diese Kraft echt schon spüren, besonders als


ich so traurig wegen meinem Jill war. Ich weiß jetzt, daß zwar sein Körper nicht mehr da ist, aber ich kann spüren, daß er in meinem Herzen für ewig weiter lebt. „Damit, Vera, weißt du jetzt das Wichtigste, was wir im Leben lernen müssen, nämlich, daß nur die Liebe überleben wird.“ “Und mit der Liebe,“ scherzt der Vater, der vor einer Weile zur Tür herein kam und dem Gespräch zuhörte, „lassen sich alle Berge versetzen. Selbst auch die Berge von Hausaufgaben, die du manchmal gar nicht gerne machst.” “Und der Geschirrberg nach dem Essen auch!” sagt die Mutter lachend. “Aber das Wichtigste ist wohl,” sagt sie jetzt wieder etwas ernster, “dass sich allein durch die Kraft der Liebe die Berge von Ablehnungen, Machtkämpfe und Zerstörungswut auflösen lassen.” “Das geht doch nur, Mama, wenn jeder die Welt mit Herzensaugen anschaut.” “Ganz recht, Vera! So ist es.” Wenn wir mit Herzensaugen die Welt anschauen, holen wir uns den Himmel auf die Erde. Dann ist das Leben ein Fest. Auch wenn sich der Himmel manchmal trüben kann, wird er sich bald wieder aufhellen, denn die Liebe vertreibt alle Sorgen, all unseren Kummer, und all unser Leid.

Das Wichtigste Ein junger, wissbegieriger König bat die Weisen seines Landes, alles Wichtige über das Leben aufzuschreiben. Sie machten sich fleißig an die Arbeit und legten nach 40 Jahren ihre Studien in tausend Büchern vor. Der König war inzwischen 60 Jahre alt. Er bat die Gelehrten, weil er die tausend Bücher nicht mehr alle lesen könne, das Wichtigste heraus zuschreiben. Nach zehn Jahren hatten die Weisen ihre Einsichten über das Leben in hundert Büchern zusammen gefasst. Der König sagte: “Das ist noch zu viel. Mit 70 Jahren kann ich nicht mehr 100 Bücher studieren. Schreibt nur das Allerwichtigste!” Die Gelehrten gingen wieder an die Arbeit und brachten das Allerwichtigste in einem einzigen Buch zusammen. Damit gingen sie zum König. Der aber lag schon im Sterben und wollte nun von den Gelehrten noch das Wichtigste aus ihrer Arbeit erfahren. So fassten sie das Wichtigste in einem Satz zusammen: „ Bei all dem ist nur die Liebe wichtig, die wir empfangen und die wir schenken. Nur sie wird überleben.”


Nachwort “Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, bleiben euch die Himmelstüren verschlossen,” sagte Jesus vor zweitausend Jahren zu denen, die oben am Berg, um Ihn herum saßen und Seinen heiligen Worten lauschten. Anders ausgedrückt: wenn ihr der Welt nicht frei von Vorstellungen und Vorurteilen begegnet, werden eure Herzenstüren verschlossen bleiben, denn dort, wo sie offen sind, findet ihr den Himmel auf Erden. Bin ich mit Kindern, oder jungen Erwachsenen zusammen, genieße ich genau das, was Jesus gemeint hatte, nämlich deren Offenheit in Geist und Herz und nicht selten staune ich über die große Weisheit


in ihren Worten. Ich freue mich über den frischen Wind, den sie mir ins Haus, und besonders hinaus in die Welt bringen. Oft klatsche ich begeistert in die Hände, wenn ich miterleben darf, wie sie ihre neuen Ideen in so vielfältiger Weise umsetzen: in Musik, Tanz, Schauspiel, Literatur, Sport und Kunst, Heilung, Technik, Kommunikation, und besonders im sozialen Miteinander. Da gibt es so viel Großartiges, an denen Jesus, sicherlich Seine wahre Freude hat. Vielleicht schüttelt er aber auch manchmal den Kopf über die eine, oder andere Entwicklung der heutigen Zeit, und mahnt: “Kinder, so habe ich das nicht gemeint! Offenheit ist schön und gut, ihr müsst aber lernen zu unterscheiden, was euch wirklich gut tut, und was euch schadet. Dennoch wird Er immer in seiner gütigen Weise sagen: “Lasset die Kinder zu mir kommen und zwar ALLE, ausnahmslos alle, unabhängig davon, wie sie aussehen, wie sie denken, fühlen, und was sie tun. Swami Vivekananda, ein großer, weiser Mann aus Indien, welcher die Lehre von der Einheit aller Menschen und aller Dinge, in der ganzen Welt verbreitete, sagte einmal: “Das Ideal des Menschen ist, Gott in allem zu sehen. Wenn wir Ihn nicht in allem sehen können, lass uns damit beginnen, Ihn in dem zu sehen, was wir am meisten lieben und dann in etwas anderem, und so fort.” In den Kindern Gott zusehen, fällt mir am leichtesten. Ich sehe Ihn in ihren offenen Augen, ihrer Echtheit, ihrem Lachen, ihrem reinen Herzen und in der Weisheit, die oftmals aus ihren Worten spricht. Für sie ist dieses Buch geschrieben. Aber auch für ihre Eltern, und für alle, die auf der Suche nach der Wahrheit, nach Frieden, und nach der Liebe sind. Am 14. Februar 1994 legte mir Bhagavan Sri Sathya Sai Baba, mein göttlicher Meister, in einem persönlichen Gespräch, die Kinder ans Herz, indem Er sagte: “YOU HAVE TO TELL THE CHILDREN,‘YOU ARE GOD‘ (Du mußt den Kindern sagen, daß sie Gott sind) Vierzehn Jahre später schrieb ich daraufhin dieses Buch. Es zu einem früheren Zeitpunkt zu schreiben, war mir nicht möglich. Ich mußte zuerst selbst erfahren und erleben, was es im alltäglichen Leben, konkret bedeutet, wenn ich sage: „ICH BIN GOTT DU BIST GOTT ALLES IST GOTT Beschreibung meiner eigenen Suche nach der Wahrheit, der Liebe und nach dem Frieden. Als ich noch ein kleines Mädchen war, schickte man mich jeden morgen , bevor die Schule anfing, in die Kirche. Außer ein paar alten Frauen aus unserem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, war ich meist das einzige Kind in der Kirche. Dort, während der Messe, redete der Priester von Gott, vom Frieden, und von der Liebe. Manchmal war ich noch sehr müde, dann rauschten seine Worte einfach an mir vorbei. Hörte ich ihn jedoch sagen, dass Gott uns Menschen nach seinem Ebenbild erschaffen hat, spitzte ich die Ohren. Da war ich gleich hellwach und fing an, mir die Leute um mich herum anzuschauen. Dabei dachte ich:” Hm..., wenn das wirklich so ist, dass wir Gottes Ebenbilder sind, muss das ein sehr komischer Gott sein. Dann ist er einmal dick und einmal dünn, groß und auch klein, jung, aber auch sehr alt, ein Mann und oder eine Frau und vieles mehr. Wie Gott, dem wir gleichen sollen, nun aber wirklich aussieht, konnte ich mir bei dieser Vielfalt von Ebenbildern, nicht vorstellen. Doch manchmal sprach der Priester auch davon, dass Gott seinen einzigen Sohn, Jesus Christus, gesandt hat, um die Liebe und den Frieden seines Vaters auf die Erde zu bringen. “Aha”, dachte ich mir “ Gott ist also verheiratet und hat einen Sohn,“ außerdem, so hieß es, sei er die Liebe und der Frieden. „Vielleicht sind wir Ihm ja darin ein Ebenbild?“ fragte ich mich. Ehrlich gesagt, so sehr ich mich auch umschaute, ob in der Kirche, in der Schule, oder auch zuhause,


viel war von dieser Liebe und dem Frieden, nicht zu erkennen. Mal ein bisschen Liebe hier, und mal ein bisschen Frieden dort. Aber den großen friedensreichen und alles liebenden Gott, von dem in der Kirche die Rede war, konnte ich nirgends wo widergespiegelt sehen, auch nicht bei mir selbst. Später, im Teenageralter, entwickelte ich mich mehr und mehr zu einem “ungläubigen Thomas”. Von der Kirche wollte ich bald nichts mehr wissen, und die Frage , ob es Gott überhaupt gibt, oder nicht, und wenn doch, was das wohl für ein Gott sein mag, verblasste immer mehr. Um so stärker interessierte mich nun die Frage, was Liebe eigentlich ist. Wo fängt sie an, und wo hört sie auf? Wie kommt es, dass ich manche Menschen gerne mag und andere dagegen ablehne? Irgendwann erkannte ich: Die Art von Liebe, wie ich sie damals erlebte, war häufig eine reine Geschäftemacherei! Da hieß es,“ wenn du so oder so bist, dies oder jenes für mich tust, so und so aussiehst, dann lieb ich dich.“ Ich fragte mich ernsthaft, gibt es denn überhaupt eine Liebe, mit der kein Handel getrieben wird, und wenn ja, wo und wie ist sie zu finden?” Eines Tages, ich war eben fünfzehn Jahre alt geworden, führte mich das Schicksal an einen Ort, an dem ich das finden konnte, wonach ich suchte. Auf dem Weg zu meiner Arbeit, begegnete ich einem jungen Vater, welcher mit seiner Frau, und den beiden Kindern, neu in unser Dorf gezogen war. Er grüßte freundlich, und setzte sich im Bus, der uns in die nahegelegene Stadt brachte, neben mich. Wir kamen ins Gespräch und es stellte sich heraus, daß er nicht weit von meinem Elternhaus entfernt wohnt. So begegneten wir uns fast täglich, und nach einiger Zeit lud er mich zu einem Besuch in seine Familie ein. Seine Frau, wie auch die Kinder, empfing mich gleich mit einer Offenheit und Herzlichkeit, wie ich sie niemals zuvor von jemanden erlebt hatte. So freute ich mich, bald immer öfter Gast bei diesen liebenswürdigen Menschen sein zu dürfen, und es dauerte nicht lange, entwickelte sich zwischen uns eine tiefe, und langjährige, Freundschaft. Der Vater war Steinmetz, die Mutter war Zuhause. Sie versorgte die beiden Kinder und den Haushalt. Geld hatten die Beiden nicht viel, dafür aber ein großes Herz und einen köstlichen Humor. In ihrem Haus gab es immer etwas zu lachen, und obwohl sie keinen Fernseher hatten, langweilten sie sich nie. Gäste waren bei ihnen stets willkommen, und mit ihnen teilten sie das Wenige, was sie hatten. Wie staunte ich, als ich erleben konnte, daß man in dieser Familie niemals schlecht über andere Menschen redete. “Weißt du,“ sagten sie, “wir lassen die Leute so, wie sie sind, wir kritteln nicht an ihnen herum, und so haben wir immer unseren Frieden.“ Und dieser Friede war das, was mir in diesem Haus so unendlich gut tat.. Beobachtete ich, in welch liebevoller Weise die jungen Eltern mit ihren kleinen Kindern umgingen, war ich davon zutiefst gerührt. Wenn das Geld auch manchmal sehr knapp war, oder der Vater mal wieder seine Nierenkolik bekam, war kein Jammern oder Hadern bei ihnen zu hören. Am meisten berührte mich das große Herz dieser einfachen Menschen, in dem alles und jeder Platz hatte, und das, obwohl sie in keine Kirche gingen, und niemals von Gott redeten. Sie wurden damals zu meinem größten Vorbild, an dem ich mich, während meinen jungen Jahren, orientierte. All das, was ich durch sie erleben durfte, war wegweisend für mich, es lenkte mein Leben in eine neue Richtung. Durch die Erfahrung in dieser Familie, ermutigt und angespornt, begann ich bald nach Möglichkeiten zu suchen, die mich meinem Herzenswunsch näher bringen konnten, dem Wunsch nämlich, lieben zu können, ohne ständig Bedingungen zu stellen. Unbewußt suchte ich nach Gott. Ich suchte hier und suchte dort, traf auf verschiedene Lehrer und weise Frauen, suchte in fremden Kulturen, politischen Bewegungen, oder modernen Lebensformen, las Bücher, und reiste in verschiedene Länder. Ich suchte, aber ich fand überall nur Bruchstücke, und nie das, was mich wirklich über-


zeugen und glücklich machen konnte. So ging meine Suche weiter, bis ich eines Tages einer alten, und sehr weisen Frau begegnete. Diese erzählte mir wundersame Dinge von ihrem geistigen Lehrer in Indien. “Sein Name ist Bhagavan Sri Sathya Sai Baba,” sagte sie, “Er ist nicht nur ein Lehrer , sondern der Avatar unserer Zeit:” “Ein Avatar? Was ist das?” Fragte ich. .”Oh, der Avatar ist das höchste und vollkommenste, Wesen, das es auf Erden gibt.” erklärte sie mir, und dabei leuchteten ihre Augen. “Er verfügt über alle Kräfte, die der göttlichen Schöpfungs- Energie zugeschrieben werden, wenn sie menschliche Form annimmt.“ „Was meinst du damit, wenn du sagst, die göttliche Schöpfung--Energie nimmt menschliche Form an?“ „Gott, die göttliche Energie, die keine spezifische Form hat, erscheint von Zeit zu Zeit in der Form eines menschlichen Wesens,“ antwortete sie, „um uns Menschen ein Vorbild zu sein, und Ideale aufzuzeigen, wie wir ein göttliches Leben führen können. Der Avatar kommt nicht, um eine neue Religion zu gründen, sondern, um die alte Straße zu Gott wieder instand zu setzen. Das tut Er, indem Er uns daran erinnert, wer wir in Wahrheit sind, nämlich das Ebenbild Gottes.“ „Ebenbild Gottes?“ „Ja, genau! Antwortete sie. „Auch wir sind von göttlicher Natur, nur haben wir das im Laufe der Zeit völlig vergessen. Und weil wir das vergessen haben, wissen wir auch nicht mehr, was recht und unrecht ist .Deshalb kommt Gott als Avatar, und Er bewegt sich unter uns Menschen, so daß wir uns mit Ihm verwandt fühlen, und Ihn nachahmen können. Hierdurch erinnern wir uns wieder daran, wer wir in Wahrheit sind. Gleichzeitig erhebt Er sich auch zu übermenschlichen Höhen, und Kräften, um in uns Menschen, das Verlangen danach zu wecken.“ „Und was sind das für übermenschliche Kräfte?“ Wollte ich wissen. Die weise Frau lächelte, und sagte: „Sicherlich kenne ich nicht alle, aber einige habe ich selbst erfahren, zum Beispiel, daß Sathya Sai Baba allwissend ist.“ „Was heißt das?“ „Er weiß alles, sieht alles, hört alles, und Er kennt von allen Menschen die Vergangenheit, die Gegenwart, und auch die Zukunft. In persönlichen Gesprächen, zum Beispiel, hat Er Dinge von mir erwähnt, sowohl aus meiner vergangener Zeit, wie auch vom gegenwärtigen Augenblick, die nur ich selbst wissen konnte.“ „Aha, interessant, und über welche Kräfte verfügt Er noch?“ „Sai Baba ist auch allmächtig,“ berichtete die weise Frau weiter,“ Kraft Seines göttlichen Willens, kann Er Dinge aus dem Nichts erschaffen, Wunderheilungen vollbringen, und sogar Tote wieder zum Leben erwecken. Er herrscht über die Sinne, wie auch über die Elemente. Das heißt, sie gehorchen Ihm, wenn Er will, daß es plötzlich regnet, auch wenn vorher weit und breit keine Wolken zu sehen waren. Auch zaubert Sai Baba Regenbögen in den wolkenlosen, blauen Himmel, oder löscht augenblicklich Haus,- und andere Brände. Er versetzt die Welt in Staunen, indem Er riesengroße Gebäude, wie Krankenhäuser, Sportzentren, oder Universitätsanlagen, an denen normalerweise viele Jahre gebaut wird, innerhalb von weniger als einem Jahr entstehen läßt. „Hast du das wirklich alles selbst miterlebt,“ wollte ich wissen. „Ja, sehr viele wundersame Dinge habe ich mit eigenen Augen gesehen,“ antwortete sie.“ Außerdem gibt es genügend Bücher, in denen man über Sai Baba´s Werke, Sein Wirken, und Seine Wunder, ausführlich nachlesen kann.


Wißbegierig fragte ich weiter: „ Gibt es noch andere Kräfte, über die dein Wundermann verfügt?“ „Ja, die gibt es in der Tat,“ war ihre geduldige Antwort.“ Der Avatar ist auch allgegenwärtig, das heißt, Er ist weder auf Seine Form, noch auf den Ort beschränkt, an dem Er lebt. Seine göttliche Energie durchdringt die ganze Welt, bis in den hintersten Winkel hinein, ja, sie ist überall, es gibt nichts im Universum, was nicht von Seiner göttlichen Energie durchdrungen ist. Seine, über den ganzen Erdball verstreute Anhänger, berichten immer wieder davon, in welch vielfältiger Weise, sie Sai Baba´s Gegenwart, an ihrem Heimatort wahrgenommen haben. Auch kann Sai Baba in Seiner Form, an mehreren Orten gleichzeitig erscheinen, und nicht selten nimmt Er auch andere Formen an, um Seine Anhänger in einer Notsituation zu retten, oder sie vor Gefahren zu bewahren. Auch mir begegnete Er schon in einer ganz anderen Form als die, die wir normalerweise von Ihm kennen. Einmal um mich vor einer Gefahr zu bewahren, und ein andermal um mir eine sehr wichtige, und ganz persönliche Lehre zu erteilen.“ „Das ist alles sehr spannend, und für mich vollkommen neu, was du mir von diesem außergewöhnlichen Wesen erzählst,“ erwiderte ich. „Aber das Wichtigste, bei allem, was ich dir von meinem göttlichen Meister erzählt habe,“ unterbrach mich die weise Frau, „ ist Seine, reine, göttliche, und bedingungslose Liebe zu allen Menschen, ja, zu allen Wesen, und überhaupt, zu allem, was existiert. Von dieser Liebe fühlen sich Menschen, aus allen Teilen der Welt, aus allen Gesellschaftsschichten, und aus allen Kulturen, magisch angezogen. Seine übermenschliche Liebe ist es, welche diejenigen, die sich an Ihn wenden, und an Ihn glauben, verwandelt, so daß sie mit der Zeit, ein erleuchtetes, glückliches, und zufriedenes Leben führen können,” “Bedingungslose Liebe,” rief ich erstaunt, “nach dieser bin ich schon lange auf der Suche. Meinst du, Sai Baba könnte mir den Weg zeigen, wie ich zu dieser Liebe kommen kann?” “Ja, das kann er ganz bestimmt, “ antwortete sie voller Überzeugung. Zunächst kaufte ich mir einige Bücher über das Leben, das Wirken und die Lehre dieses göttlichen Wesens. Vieles, was ich darin zu lesen bekam, war mir aus meiner Zeit, in der ich als Kind täglich die heilige Messe besuchte, bekannt: Die Worte von Jesus, wenn Er von Liebe und vom Frieden sprach, die Wunder, die Er vollbrachte, und auch Seine Botschaft, daß wir Menschen im Grunde unsres Herzens, das gleiche göttliche Wesen sind, wie Er selbst. Anderes in den Büchern, erstaunte mich maßlos. Ist das möglich, fragte ich mich, daß von einem einzigen Wesen, solch mächtige Dinge getan werden können, wie, einen Platz zu schaffen, wo sich die ganze Welt trifft? Wo alles, und jeder sich Zuhause fühlen kann, weil er dort seine Brüder und Schwestern trifft, welche alle das gleiche Ziel haben, nämlich zum Frieden und zur Liebe zu kommen? Ein Platz, an dem Kinder, von der Grundschule, bis zum Universitätsabschluß, sich nicht nur weltliches Wissen und Können aneignen, sondern vor allem auch spirituelle Erziehung erhalten? Und nicht nur das! Selbst um die Armen und Kranken kümmert sich dieser heilige Mann. „Das sind doch alles Dinge, um die sich normalerweise der Staat kümmert,“ dachte ich mir, das muß wirklich ein ganz außergewöhnliches Wesen sein, so wie es mir die alte, weise Frau erzählt hatte. Mein Interesse an Ihm, wuchs immer mehr, und so war es nicht verwunderlich, daß ich bald einen Flug nach Indien buchte. Dort, am Wohnsitz und Wirkungsort (Ashram) von Sathya Sai Baba anzukommen, war für mich ein überwältigendes Erlebnis. Zunächst waren es die Äußerlichkeiten, die mich in den Bann zogen: Die vielen, unterschiedlichen Menschen am selben Platz, die herrlich, in allen Farben schillernden Sari‘s der indischen Frauen, deren Anmut und Schönheit, die reich geschmückten, und mit vielen Symbolen verzierten, Tempel und Schulgebäude, wie auch die einfache und genügsame Art und Weise, wie die


Menschen an diesem Ort lebten. Der Ashram liegt an der Grenze des Dorfes, an dem Sai Baba geboren wurde. Damals, so sagte man mir, war es noch ein, indischer, kleiner Ort, ohne geteerte Straßen und nur mit einer hand voll Einwohnern. Mit der Zeit wuchs dieser jedoch zu einer Kleinstadt heran. Schaute ich mich darin um, konnte ich es kaum glauben, überall, in jedem Haus, in jedem Geschäft, und selbst in jedem Auto, Bus, oder auch Lastwagen, an Gott erinnert zu werden. Die Großen Laster waren mit einem heiligen Namen aus der indischen Götterwelt beschriftet. In den Häusern und Geschäften entdeckte ich Altärchen, an dem frühmorgens eine kleine Anbetung stattfand, und im Innern der Auto’s konnte ich sehr schnell erkennen, welcher Religion der Fahrer angehörte, denn am Armaturenbrett wies irgend ein kleines Bild, oder eine kleine Statue, darauf hin. „Alles ist den indischen Menschen heilig,“ dachte ich mir, besonders als ich die reich verzierten, und bemalten Ochsenkarren sah, oder auch erlebte, wie die Blumenfrau, oder der Obsthändler, den ersten Geldschein, der am Morgen eingenommen wurde, zuerst ehrerbietig an die Augen hielt, um Gott dafür zu danken. Göttlichkeit war nicht nur überall zu sehen, sonder auch zu hören. „Sai Ram,“ ertönte es aus aller Munde, am Morgen, am Mittag, wie auch am Abend, sowohl zur Begrüßung, wie auch zum Abschied. Ebenso wurde laut das „Hu Allah,“ drei mal am Tag, von den Türmen der Moscheen, ausgerufen. Es erinnert die moslemischen Gläubige an die Zeiten, an denen sie sich in Richtung Mekka verneigen und zu ihrem Gott Allah beten. Ich fühle heute noch die Bewunderung und die Seeligkeit, die ich damals empfunden hatte, als ich all diese wunder baren Dinge, zum ersten Mal erleben durfte. Nicht nur alle Nationen der Welt konnte ich an diesem heiligen Ort antreffen, nein, auch alle Religionen: Hindus, Moslems, Christen, Buddhisten, Sikhs und Anhänger von anderen Glaubensrichtungen. Ich selbst gehörte keiner Religion mehr an, dennoch fühlte ich, daß ich dort am richtigen Platz bin. “Das ist mein Zuhause,” dachte ich, während ich mich umschaute, “da, wo keine Unterschiede gemacht werden zwischen Nationen, Hautfarbe, Religionen, oder Menschen ohne Glauben, zwischen arm und reich , alt und jung, gebildet und nicht gebildet, Frauen und Männer, oder sonstigen Unterschieden, da gehöre ich hin.” Nun war ich gespannt auf diesen heiligen, Mann, der solch einen wunderbaren Ort geschaffen hat, und von dem sich Menschen aus der ganzen Welt angezogen fühlen. Schon um fünf Uhr morgens machte ich mich auf den Weg zur großen Begegnungshalle. Auch sie war reichlich verziert mit heiligen Bildern, Statuen und Symbolen, wie ich das von unseren Gotteshäusern her kenne. Dort saß ich dann auf dem Boden, so wie die meisten, und wartete auf den Swami, wie Ihn die Anderen um mich herum nannten. Nach einer Weile wurde es auf dem Platz etwas unruhig, alle streckten ihre Hälse und schauten gebannt auf den Eingang. „Der Herr kommt,“ flüsterte mir eine der Nachbarinnen zu. Gleich darauf wurde es in der Halle ganz still. Mir stockte der Atem. “Das also ist Er,” dachte ich, als Er endlich herein kam. “Er, das vollkommenste, göttliche Wesen auf Erden, so wie es die alte weise Frau gesagt hatte.” Mein Herz klopfte vor Aufregung, und als Er ganz dicht an mir vorbei kam, flossen mir Tränen über die Wangen. Es waren Tränen einer tiefen, inneren Freude. Ich war dem Ozean der Liebe begegnet, und das war das Größte und Erhabenste , das ich je erlebte. Und weil Sai Baba meine Seele zutiefst berührte, und Er mir auch gleich sehr, sehr vertraut war, wie sonst niemand auf der Welt, wusste ich, mein Suchen hat nun ein Ende. Den Lehrer und Meister gefunden zu haben, heißt jedoch nicht, auch schon am Ziel angelangt zu sein. Im Gegenteil! Nun gab es sehr viel Neues für mich. Zuerst zum kennenlernen, dann sich ernst-


haft damit auseinanderzusetzen, und mit der Zeit, alles, was ich gelernt hatte, im täglichen Leben auch umzusetzen. Da waren: Seine Lehre von der Einheit aller Menschen, aller Wesen, und aller Dinge, Seine Botschaft von der Wahrheit, wer wir Menschen in Wirklichkeit sind. Die heiligen Lieder zum Lobe Gottes (Bhajans) wie auch die vedischen Gesänge.(Mantras) Die vielen verschiedenen Möglichkeiten, Menschen zu Helfen und freiwilligen Dienst zu tun. (Seva) Seine Erziehungslehre, welche die fünf menschlichen Werte beinhalten: Wahrheit, Liebe, Rechtes handeln, Frieden, Gewaltlosigkeit. Die Programme, Übungen und Unterricht für Kinder, um innerlich wachsen zu können.(Balvika) Die zahlreichen religiösen Feste und die lehrreichen Theater- und Tanz Aufführungen, welche einen Einblick in die verschiedenen religiösen Kulturen, besonders in den Hinduismus, mit seiner Götterwelt, ermöglichen. Die, über die ganze Welt verbreitete Sai- Organisation, in der jeder, der lernen, helfen, gestalten, oder führen will, seinen Platz darin finden kann. Von diesen überreichen Angeboten und Hilfen, welche wir vom Weltenlehrer Sathya Sai Baba an die Hand, und ans Herz gelegt bekommen, damit wir wieder zu unserer Göttlichkeit zurück finden, fing ich regelrecht Feuer. Endlich hatte ich jemanden gefunden, der mir den Weg zeigen konnte, wie ich zur bedingungslosen, allumfassenden Liebe kommen kann. So stürzte ich mich voller Begeisterung auf Seine Lehre, und auf so manche Seiner Angebote . Wie das jeder Schüler bei seinem Meister erlebt, gab es auch bei mir, Höhen und Tiefen. In manchen Zeiten war ich glücklich, weil ich erleben konnte, wie Seine Lehre langsam Früchte bei mir trägt, und genauso gab es auch bittere Zeiten, in denen mich der Mut verließ, weil mir so manch neuer Schritt, nicht gleich gelingen wollte. „Geduld! Geduld!.......Warte, Warte,“ hörte ich dann meinen Meister sagen, step by step..........alles braucht seine Zeit!“ Mit unendlicher Liebe und allergrößter Geduld, führte Er mich durch Berge und Täler, hielt mich fest, wenn ich stolperte, oder half mir beim Aufstehen, wenn ich der Länge nach hingefallen war. Wie freute ich mich, Sein „VERY HAPPY; VERY HAPPY“, dann bei Seinem Vorbeigehen zu hören, wenn ich nach meinen „Zweifelsanfällen“, wie ich meine Stürze nannte, meinen Weg mutig wieder weiterging. Sai Baba hat unbeschreiblich vielfältige Mittel und Wege, ich nenne sie, „Seine Spiele,“ an der Hand, womit Er uns hilft, zu unserem Ziel zu kommen. Von einem solchen Spiel möchte ich hier berichten. Es ereignete sich schon gleich bei meinem ersten Aufenthalt am „Ort des höchsten Friedens,“ wie Sai Baba’s Ashram genannt wird. Der Versammlungsort, an dem nahezu zwanzig Tausend Menschen sitzen können, war bis auf den letzten Platz besetzt. Die Regeln dort sind, daß während des Darshans, (Begegnung mit einem heilige Wesen) die Männer und Frauen getrennt sitzen. „In Ordnung,“ dachte ich mir, „solches bin ich zwar nicht gewohnt, aber wenn das hier zur Kultur gehört, soll’s mir recht sein.“ Nach dem Darshan blieben wir sitzen, denn es wurden Lieder zum Lobe Gottes (Bhajans) gesungen. Es berührte mich tief, daß trotz der vielen Nationen, von allen, diese heiligen Lieder wie aus einem Munde gesungen wurden. Obwohl für mich die Art der Musik, und auch die Sprache der Lieder, sehr fremd klang, löste der Gesang dennoch ein erhebendes Gefühl in mir aus. Diese heilige Stimmung erinnerte mich an meine Kirchenbesuche in der Kindheit, wenn dort zum Lobe Gottes, das


Haleluja gesungen wurde. Nach dem Singen blieben alle sitzen Der Darshan Ablauf schien noch nicht Zuende zu sein. Plötzlich ging die Tempeltür auf, und Sai Baba, der Herr des Universums, kam mit einer Einkaufstasche heraus. Sie war bis an den Rand mit kleinen Päckchen Vubhuti (heilige Asche) angefüllt, und nun begann Er, diese an die Männer zu verteilen. „Nach den Männern,“ so dachte ich, „teilt Sai Baba sicherlich auch an uns Frauen solche Päckchen aus, denn als das göttlichstes Wesen auf Erden, wird Er mit Sicherheit Seine Geschenke gerecht verteilen. Aber offensichtlich kümmerte Er sich nicht um meine Vorstellung, denn, nachdem Er erneut die Tasche mit Vibhuti Päckchen aufgefüllt hatte, waren wieder nur die Männer die glücklichen Empfänger von dieser sehr begehrten Gabe, aus Seiner Hand. Und anschließend verteilte er diese ein weiteres Mal nur auf der Seite der Männer. Von Mal zu Mal stieg der Pegel meiner Wut und Enttäuschung über diese, aus meinen Augen „große Ungerechtigkeit,“ immer höher. Als Sai Baba dann auch noch ein viertes Mal mit einer vollen Tasche auf die Männerseite ging, hielt ich es auf dem Platz nicht mehr aus. Wutentbrannt eilte ich in mein Zimmer, um auf der Stelle meine Koffer zu packen, und so schnell wie möglich in das nächste Flugzeug zu steigen. Auf dem Weg dort hin geschah jedoch etwas sehr Sonderbares. Plötzlich fing ich an, mit Sai Baba zu reden, so, als wäre es das Natürlichste von der Welt. Ich sagte:„Entweder Du sagst mir, was dieses Schauspiel, welches ich eben auf Deinem Platz erlebt habe, zu bedeuten hat, oder ich fliege Nachhause.“ Prompt kam Seine Antwort! Kurz bevor ich mein Zimmer erreichte, sprach mich eine unbekannte Frau an: “Was ist mit dir Schwester?“ Fragte sie mich in einer sehr gütigen Weise„warum machst du ein so wütendes Gesicht?“ Mein Ärger über diese, aus meiner Sicht, „Ungerechtigkeit“, war noch nicht verflogen, aber wegen ihrer aufrichtigen Anteilnahme, erzählte ich ihr alles, was sich eben auf dem Darshan Platz ereignet hatte. Daraufhin antwortete sie voller Wärme: „Oh, Schwester, das macht doch nichts, wenn Baba nur die Männer verwöhnt. Wir sind doch alle EINS! Verwöhnt er die Männer, verwöhnt Er gleichzeitig auch uns Frauen, wir sind doch nicht voneinander getrennt!“ Kein Wort, kein „JA aber....“,kein Gedanke, wie ein Blitz schlug es bei mir ein: „Das, was diese Frau hier sagt, ist wahr!“ Es war nicht der Kopf, welcher die Wahrheit erkannte, es war das Herz. Der Verstand erlebte eher einen Schock, denn Frieden kann es doch nur dann geben, so dachte ich, wenn ich für Gerechtigkeit kämpfe, und nicht, indem ich damit einverstanden bin, wenn die Einen bevorzugt, und die Anderen benachteiligt werden. Deshalb beteiligte ich mich in meinen jungen Jahren an vielen Aktionen, welche sich für die Menschenrechte einsetzten, und ganz besonders für das Recht der Frau. Jedoch in der einfachen Handlung meines geliebten Meisters, das Austeilen von Vibhuti- Päckchen an die Männer, erinnerte Er mich daran, daß nicht das Trennende, der Kampf und der Widerstand die Lösung ist, sondern das Verbindende und das Annehmen, was ist. Durch Sein „Spiel“, ließ Er mich konkret erfahren, was Trennung bewirkt, nämlich Härte, Wut, Eifersucht und Zweifel, also, „Unglücklich sein.“ Die Worte der unbekannten Frau jedoch, verursachten in mir eine innere Ruhe, und ein tiefes Verstehen, ja sogar eine Freude, die ich damals noch gar nicht einordnen konnte. So war es nicht verwunderlich, daß sich mein vorausgegangener Ärger im Nu auflöste. Nun wußte ich, welchen Weg ich gehen muß, um den wahren Frieden und die bedingungslose Liebe leben zu können. Ich wußte aber auch, daß ich ohne die Hilfe meines göttlichen Lehrers, welcher diese Liebe und diesen Frieden verkörpert, mein Ziel nicht erreichen kann.


So wie sich andere Menschen an den EINEN Gott, in der Form von Jesus, Buddha, Rama, Krishna, oder den formlosen Allah, wenden, so ist für mich Sai Baba, die lebendige Form des EINEN, den ich für alles um Hilfe bitten kann, an den ich glaube, und zu dem ich vollkommenes Vertrauen habe. Er stellt nicht die Bedingung an mich, dass ich erst ein guter Mensch sein muss, um von Ihm geliebt zu werden. Nein, mein Meister liebt mich so, wie ich bin, mit all meinen Stärken und Schwächen, Er weiß alles! Und so weiß Er auch, was in mir vorgeht, was ich denke, was ich fühle, und was ich tue. Er kennt meinen Lebensplan, und in Seiner Allmacht unterstützt Er mich in allem, was diesen Plan, Schritt für Schritt, zur Entfaltung bringt. Kurze Zeit, nachdem ich meinem Lehrer und Meister, Sathya Sai Baba zum ersten Mal begegnet bin, führte mich mein Weg zu einer Gruppe von sehr aufgeschlossenen, und freigeistigen, jungen Eltern. Sie waren mitten in der Planung eines privaten Kindergartens und suchten für die tägliche Betreuung ihrer Kinder, eine Erzieherin. Ich bot mich für diese Stelle an, und wurde mit offenem Herzen angenommen. War es Zufall? Nein, sicherlich nicht. Es war die Führung meines göttlichen Lehrers. Das wurde mir bald bewußt, nachdem ich mit diesen wunderbaren Kindern, und deren Eltern, täglich zusammen sein durfte. Kinder sind mitunter die viel besseren Erzieher, als man selbst, auch wenn man eine abgeschlossene Ausbildung in diesem Beruf hat. Ihr offenes, reines und süßes Herz, ihre Spontanität, ihre Ehrlichkeit, ihre Unbefangenheit, ihre Leichtigkeit und fröhliches Lachen, besonders aber ihre Fähigkeit, stets im jetzigen Moment zu leben, und niemals nachtragend zu sein, wie auch ihre enorme Weisheit, mit der sie uns oft in Staunen versetzen, all das, sind die menschlichen Qualitäten, die wir Erwachsene mitunter erst wieder aus der Versenkung heben, und sie uns neu erschließen müssen, um in das Himmelreich auf Erden, eingehen zu können. Abgesehen davon, daß außer mir, ebenso eine der Mütter, eine Sai Baba Anhängerin war, hatten auch andere Eltern dieses privaten Kindergartens, ein reges Interesse an spirituellen Fragen. So dauerte es nicht lange, und wir gründeten eine Meditationsgruppe. Aus ihr entstand später eine Lebensgemeinschaft, inspiriert durch die Lehren Sri Sathya Sai Baba´s und der heiligen Mutter aus Südindien, Mata Amritanandamayi. Beide verkünden die Lehre von der Einheit aller Menschen und Dinge. Das heißt, daß wir Menschen in unserem tiefsten, innersten Kern, alle gleich sind. Dieser Kern ist unsere wahre Natur. Sie ist Gott, und Gott ist die Liebe. So unterstützten wir uns gegenseitig darin, Gott in den Kindern, in jedem anderen, in uns selbst, und in allem, was existiert, zu sehen. Bald jedoch erkannten wir, daß solches nur dann möglich ist, wenn wir mehr mit dem Herzen schauen, als mit dem Verstand. Zwischendurch nahm ich mir immer wieder die Zeit, zu meinem göttlichen Lehrer nach Indien zu fliegen, um Kraft zu tanken, und mich von Seiner heiligen Lehre, neu inspirieren zu lassen. Manche Eltern unseres „Little Prashanti,“ wie wir den Kindergarten gerne nannten, machten sich ebenfalls auf den Weg nach Indien, um Sathya Sai Baba näher kennen lernen zu können. Im Laufe der Zeit, entwickelte sich Seine geistige Lehre, mehr und mehr, zur Grundhaltung unserer Erziehungsarbeit. Und immer deutlicher konnten wir bei allen Angelegenheiten, die den Kindergarten betrafen, Swami´s führende, und schützende Hand spüren. So wuchs, und gedieh dieser kleine, friedliche Ort, mit der Zeit, zu einem, staatlich anerkannten Integrations- Kindergarten, welcher behinderte, und nicht- behinderte Kinder, gemeinsam betreute. Zehn glückliche und erfahrungsreiche Jahre durfte ich mit vielen wunderbaren Kindern, und deren Eltern verbringen, mit denen mich manch tiefe Freundschaft, bis in die heutige Zeit, verbindet. Da-


nach verließ ich die Heimat, um in der ständigen Nähe meines göttlichen Lehrers leben zu können. Das Lernen hörte damit aber noch nicht auf. Durch die vielen, und unterschiedlichen Menschen, Nationen, Religionen, Kulturen, und sozialen Bedingungen, begegneten mir hier zum Teil völlig neue Herausforderungen. Dennoch war ich überglücklich, und von tiefstem Herzen dankbar, nun an diesem heiligen Ort, leben zu dürfen. Es blieb aber nicht aus, daß Widerstände und Kritik gegen so manches in mir auftauchte, was hier für mich ungewohnt und fremd war. Und wieder einmal verließ mich der Mut. Dann dachte ich voller Verzweiflung: „Schon so viele Jahre gebe ich mir die allergrößte Mühe, „Sai Baba’s Lehren umzusetzen, und dennoch falle ich immer wieder in die alte lieblose Gewohnheit, zu kritisieren, abzulehnen oder zu verurteilen.“ In Seiner gütigen Weise, antwortete daraufhin mein göttlicher Lehrer: “Mein Kind, versuche zuallererst, dich selbst anzunehmen, so wie du bist, mit allen Schwächen und Stärken. Wenn dir das gelingt, wirst du auch die Schwächen und Stärken der Anderen, wie auch alle Ungereimtheiten um dich herum, akzeptieren können. Dann lebst du die Liebe, die keine Bedingungen stellt. Solches zu hören, war für mich damals sehr neu. Zwar wußte ich schon , daß ich die Anderen akzeptieren und Mitgefühl für sie haben muß, daß aber das Gleiche auch für mich selbst gilt, war mir nicht bewußt. Im Gegenteil! Ich war mir selbst nie genug, wollte spirituell perfekt sein, kritisierte an mir herum und glaubte ernsthaft, daß ich zuallererst ein vollkommener Mensch sein müßte, bevor ich sagen könne, „Ich bin Gott.“ Jedoch durch die gütigen Worte Sai Baba‘s, konnte ich endlich auch die Worte von Jesus verstehen, als Er sagte:“ Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.“ Er meinte das Gleiche, wie das, was ich von meinem Lehrer hörte, nachdem ich wieder einmal in Selbstkritik und Selbstzweifel geraten war, nämlich, liebe ich mich selbst, kann ich auch die Anderen lieben. Und bin ich in der Liebe, ist mein Leben ein einziges Fest. Eine große Hilfe bei meinen Bemühungen, mich selbst annehmen zu können, sind meine Erfahrungen mit den Menschen in Indien. Ihre tolerante Haltung ist beispielhaft. Fehler, die gemacht werden, rechnen sie nicht groß an. Die Ruhe und Gelassenheit, die sie ausstrahlen, und ihre schier unendliche Geduld, ist regelrecht Balsam für meine Seele. Niemals zuvor bin ich einem Volk begegnet, das solch eine große Offenheit, so viel Leichtigkeit und eine überaus wohltuende Fröhlichkeit, ausstrahlt. Gott in diesen liebenswerten Menschen zu sehen, fällt mir ebenso leicht, wie in den Kindern. Ich bin zutiefst dankbar dafür, daß ich hier, in dem heiligen Land Barath, (Indien) leben, und hier meinen spirituellen Weg gehen darf. Auch die Bereitschaft der indischen Sai Baba Anhänger, zum selbstlosen Dienen, ist beispielhaft. Überall im Ashram, auf dem Versammlungsplatz, in den Kantinen, an den Krankenhäusern , in den Museen, am Schul- und Universitätsgelände, ja sogar bei Reinigungsarbeiten und dem MüllabfuhrDienst, sind die freiwilligen Helfer,(Sevadal) im Einsatz. Ihr Dienst am Menschen (Seva) beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Ort, an dem Sai Baba wohnt, vielmehr findet man ihre helfende Hände in ganz Indien. Und hat es irgendwo eine Naturkatastrophe gegeben, Sai Baba’s Anhänger scheuen weder Zeit noch Geld, um den betroffenen Menschen zu helfen. Diese„Liebe in Aktion“ wird auch von den Anhängern anderer Länder, in der ganzen Welt praktiziert. Damit befolgen sie Sai Baba’s Hauptlehrsatz: „LOVE ALL; SERVE ALL.“ ( Liebe alle, diene allen) In Seiner Rede vom 6. 3. 2008, sagte Er über die Liebe folgendes: „Liebe steigt nicht von irgendwo herab. Sie strömt aus dem Herzen der Menschen empor. Auf die Frage, wo sich Gott befindet, kann man antworten, Gott durchdringt alle Menschen in Gestalt der Liebe. Ein von Liebe erfülltes Leben ist


wahr und wirklich. Leben ohne Liebe ist nicht lebenswert. Liebe ist die Quelle aller Tugenden, und alle Tugenden münden in die Liebe ein. Mein Weg, mir diese Wahrheit zu erschließen, war der Weg, die Liebe mit all ihren Aspekten zu erforschen. So fragte ich mich stets, „was fördert die Liebe, und was verhindert sie?“ Über all das Forschen und Erfahrungen sammeln, stellte ich fest, daß die Liebe dort verloren geht, wo ich vergesse, wer ich in Wahrheit bin, nämlich GOTT. Vergesse ich das, glaube ich, ein begrenztes und unfreies Wesen zu sein. Weiß ich jedoch wer ich bin, bin ich an der Quelle meiner Kraft angeschlossen. Damit habe ich den Schlüssel zu einem göttlichen, befreiten Leben an der Hand. Voll Dankbarkeit, über das große Glück und den Segen, Bhagavan Sri Sathya Sai Baba begegnet zu sein, verneige ich mich vor Ihm.

Loka samasta sukhino bavanthu Mögen alle Menschen und alle Wesen glücklich sein

Shanti Shanti Shanti Frieden Frieden Frieden



Alle Bilder wurden gemalt von Anandhi Niklaus


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