KLASSE DA S M AG A Z I N F Ü R S C H U L E I N S AC H S E N
Ein Haus voller Ideen
Zehn außergewöhnliche Schulprojekte aus Sachsen
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Ein Stück Geschichte Das PEGASUS-Projekt bringt seit 20 Jahren Schülern das Interesse für Denkmäler näher. TEXT: MARIA GRAHL, KLASSE-REDAKTION; FOTO: ANDRÉ FORNER
Die Schüler der 49. Grundschule Dresden machten das eigene Schulgebäude zum Denkmalschutzprojekt.
»Unsere Schule – ein Denkmal?« Diese Frage stellten sich im vergangenen Schuljahr die Schüler der 49. Grundschule in Dresden. Kurz zuvor war deren Schulgebäude des Bautyps »Dresden Atrium«, ein Schulbau in DDR-Plattenbauweise, unter Denkmalschutz gestellt worden. Der Schulleiter Uwe Schmidt und zwei Eltern ergriffen daraufhin die Initiative und meldeten ihre Schule zum PEGASUS-Projekt an. Ein Jahr später sind kleine und große Bauwerke aus Modellziegeln und Pappe entstanden. »Wir erhofften uns, dass die Schüler das Prinzip eines Denkmals anhand der eigenen Schule besser nachvollziehen und damit ihr Geschichtsbewusstsein stärken können«, sagt Uwe Schmidt. Es hat funktioniert. In den Schülern ist ein Grundbewusstsein für Denkmäler entstanden. Genau das möchte das PEGASUS-Projekt, das vor 20 Jahren in Neapel entstand, erreichen: Kindern und Jugendlichen soll das Interesse am eigenen kulturellen Erbe näher gebracht werden. Seit 1998 ist »PEGASUS – Schulen adoptieren Denkmale« ein Sächsisches Landesprogramm. »Jede Schule kann sich für das Projekt bewerben«, sagt Ralf Seifert, Referent im Sächsischen Staatsministerium für Kultus. »Dazu muss lediglich ein zweiseitiges Formular ausgefüllt werden. Projektinhalt muss ein Denkmal aus Sachsen sein, an dem ein Schuljahr lang kontinuierlich gearbeitet wird. Wer dann tatsächlich bei PEGASUS mitmachen darf, entscheidet
Anmeldung
eine Fachjury.« Jährlich gehen bis zu 50 Bewerbungen ein. Wer ausgewählt wird, erhält in der Regel eine Prämie in Höhe von 500 Euro. Die 49. Grundschule bewarb sich und wurde zu PEGASUS zugelassen. Mit der Prämie konnten sie das Projekt finanzieren. Zwei Eltern betreuten die AG PEGASUS, die fortan einmal im Monat für Zweit- und Viertklässler stattfand. »So kleinen Kindern ein Denkmal und all seine Facetten näherzubringen, ist gar nicht so einfach«, sagt Schulleiter Schmidt. »Die Eltern, die die AG leiteten, mussten mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen. Mit trockener Theorie und Bauplänen erreicht man in diesem Alter noch nicht viel.« Vielleicht waren aus diesem Grund bislang überwiegend weiterführende Schulen im PEGASUS-Projekt vertreten. »Doch auch Grundschulen sind ausdrücklich zum Mitmachen aufgerufen«, sagt Ralf Seifert. »In den letzten Jahren stieg die Zahl der teilnehmenden Grundschulen bereits. Wir wünschen uns, dass es noch mehr werden.« Uwe Schmidt und sein Eltern-Team haben die Aufgabe hervorragend gemeistert. Die Schüler waren schnell Feuer und Flamme für die Historie ihrer Schule. »Dieser Sprung in der Geschichte war für die Schüler ganz entscheidend, um die Tragweite besser verstehen zu können«, sagt Schmidt. Derzeit bereiten sich die Schüler auf die Denkmalmesse in Leipzig im November 2016 vor.
PEGASUS – Schulen adoptieren Denkmale:
Bewerbungsschluss für das Schuljahr 2016/2017 ist der 10. Juni 2016. Und die Chancen sind besser denn je. Denn gab es bisher nur 14 Prämien zu gewinnen, sind es in diesem Jahr erstmals 23. Das Bewerbungsformular zum Download finden Sie unter: www.schule.sachsen.de/pegasus
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E D I TO R I A L /I N H A LT
Liebe Leserinnen und Leser, unsere Schulen sind immer auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Momentan erleben wir das sehr deutlich. Der gesellschaftliche Wandel, der sich gerade vollzieht, zeigt sich auch hier. Wir haben eine unerwartet hohe Zuwanderung durch die Flüchtlinge und eine deutlich gestiegene Geburtenrate. Damit fallen die Schülerzahlen und der Bedarf an Lehrern in den nächsten Jahren schon drastisch höher aus als bisher berechnet. Angesichts dieser Situation ist es beeindruckend, was viele Lehrer und Schüler täglich neben der eigentlichen Unterrichtsarbeit leisten. Und genau das würdigt unser Sächsischer Schulpreis 2016. Die zehn Schulen, die jetzt in der Endauswahl stehen, stellen wir mit ihren außergewöhnlichen Projekten in diesem Heft vor (ab Seite 6). Hervorragend arbeiten auch weiterhin unsere Deutsch-alsZweitsprache-Lehrer, die in vielen Fällen äußerst inhomogene Klassen unterrichten. Wir begleiten das DaZ-Lehrerteam der 138. Oberschule in Dresden durch seinen Arbeitstag und zeigen dabei die drei Stufen der Integration (Seite 10). Wann immer ich Schulen besuche, an denen Flüchtlingskinder lernen, erlebe ich eine beispielgebende Willkommenskultur. Leider gibt es jedoch auch Schüler, die sich gegenüber rechtsextremem Gedankengut offen zeigen. Sie sind eine Minderheit, aber sie sind da. Mir ist es wichtig, dass sich alle Lehrer dem Thema stellen und offensiv mit den Schülern sprechen. Dafür stärken
wir gemeinsam mit der Robert Bosch Stiftung und der TU Dresden die Lehrerinnen und Lehrer mit dem Projekt »Starke Lehrer – starke Schüler« gegen Rechtsextremismus. Einen dieser Lehrer, er unterrichtet am BSZ 7 für Elektrotechnik der Stadt Leipzig, haben wir genauer gefragt, warum er beim Projekt dabei ist und was ihn bewegt (Seite 5). Herzlichst Ihre
Brunhild Kurth Sächsische Staatsministerin für Kultus
Inhalt Meldungen – Seite 4 Aus Lehrersicht – Seite 5
Lehrer Frank Böhme nimmt an einem Pilotprojekt teil
Titelgeschichte – Seite 6
Der Sächsische Schulpreis 2016: die Finalisten
Ein Tag in Bildern – Seite 10
Zu Besuch an einer DaZ-Schule in Dresden
Aus Schülersicht – Seite 11
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Ein Schaustellerkind erzählt aus seinem Schulalltag
Interview: Dr. Guido Prohdehl – Seite 13 So steht es um die Lehrergesundheit in Sachsen
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Recht und Ordnung – Seite 14 Eine nette Geste: Geschenke an Lehrer Der KLASSE-Fragebogen – Seite 15 Al Di Meola, Jazz-Gitarrist
Impressum – Seite 4
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MELDUNGEN
E VERSTÄNDNIS FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ
Neue Handreichung für den Unterricht
E KREBSVORSORGE
Schulprojekt für den Biologie-Unterricht
Die Kultusministerkonferenz hat eine neue Handreichung für Schulen entwickelt, mit der sie bei Schülern mehr Verständnis für Menschen mit Demenz schaffen will. Die Erkrankung entwickelt sich zunehmend zu einer sozialen, politischen und ökonomischen Herausforderung. Aus diesem Grund soll sich auch der Lern- und Lebensort Schule verstärkt der Problematik zuwenden. Die neue Handreichung hilft Lehrern bei der Umsetzung des Themas Demenz im Unterricht. In der Handreichung finden sich deshalb zahlreiche Verweise auf weiterführende Literatur, Bildmaterial, Filme, Arbeitshilfen und Links zum Thema. Handreichung der Kultusministerkonferenz »Verständnis für Menschen mit Demenz«: www.bildung.sachsen.de/blog/wp-content/ uploads/2016/04/2015_12_15-Handreichung-Demenz-2.pdf Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München: »Verständnis für Menschen mit Demenz – eine Herausforderung für allgemein- und berufsbildende Schulen«: www.isb.bayern.de/download/15925/handreichung_demenz.pdf Hamburger Institut für berufliche Bildung: »Materialsammlung: Demenz im Unterricht«: www.hibb.hamburg.de
E SÄCHSISCHER BÜRGERPREIS 2016
Nominierung gestartet Soziales Engagement wird belohnt. Seit 2011 wird einmal im Jahr der Sächsische Bürgerpreis verliehen, der mit 5.000 Euro dotiert ist. Mit diesem Preis sollen Projekte, Initiativen, Institutionen und Einzelpersonen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden, die sich in besonderer Weise sozial engagiert haben. Vergeben wird der Preis in fünf Kategorien. An Schulen richtet sich insbesondere die Preiskategorie »Engagement in der Schule für Demokratie und Toleranz«. Vorschlagsberechtigt sind die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte und die Landräte. Alle Bürgermeister in Sachsen sind aufgerufen, gute Projekte bei ihrem Landrat einzureichen. Verliehen wird der Preis vom Freistaat Sachsen gemeinsam mit der Stiftung Frauenkirche Dresden und der Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank. Für den Sächsischen Bürgerpreis können noch bis 31. Mai 2016 Nominierungen erfolgen. Nähere Information zur Ausschreibung gibt es im Internet: www.freistaat.sachsen.de/Buergerpreis.htm
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Etwa die Hälfte aller Krebserkrankungen wäre durch einen gesünderen Lebensstil vermeidbar. Um das Bewusstsein dafür schon bei Schülern zu schärfen, bietet das Universitätsklinikum Dresden in Zusammenarbeit mit dem Staatsministerium für Kultus und dem »Mit Köpfchen gegen Krebs – Aufklärung für Kinder und Jugendliche e.V.« ein Projekt für Schüler der 7. und 8. Klasse an. Die Teilnahme am Projekt ist kostenlos und mit wenig Zeitaufwand in den Unterricht integrierbar. In einer Unterrichtsstunde wird ein kurzer Lehrfilm gezeigt. Im Anschluss an das Video füllt die Klasse einen Online-Fragebogen aus, der den derzeitigen durchschnittlichen Gesundheitsstand der Schüler ermittelt. Im nächsten Projektschritt sollen diese in einer Gesundheitswerkstatt die Krebsvorsorge in die Tat umsetzen. Das heißt: Einen Monat lang für fünf bis zehn Minuten pro Woche arbeitet die Klasse an einem Schutzfaktor gegen Krebs. Es geht es also darum, wie man Krebs vorbeugen kann: zum Beispiel, indem man nicht raucht, auf die Ernährung achtet und Sonnencreme benutzt. Diese Faktoren halten die Projektteilnehmer auf einem Poster fest. So sind die wichtigsten Maßnahmen zur Krebsprävention auch nachhaltig für die ganze Klasse präsent. Weitere Infos zum Projekt unter: www.krebscentrum.de/0701.asp Die Anmeldung zum Projekt ist online oder telefonisch möglich: praeventionszentrum@krebscentrum.de, 0351/ 458 74 46
IMPRESSUM Herausgeber: Sächsisches Staatsministerium für Kultus (SMK),
Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Carolaplatz 1, 01097 Dresden | Redaktion: Manja Kelch (V. i. S. d. P. ), Telefon: (0351)564 25 16, E-Mail: klasse @ smk.sachsen.de, Twitter: www.twitter.com/bildung_sachsen; Nicole Kirchner, Peter Stawowy, stawowy media | Mitarbeit an dieser Ausgabe: Beate Diederichs, Maria Grahl, Louisa Hantsche, Sebastian Martin, Anikó Popella | Fotos: André Forner, Anja Jungnickel, Mike Hillebrand, Robert Reinhold, (S. 6) (S. 14), (S.15); Fotolia/frender (S.6), Fotolia/DragonImages (S. 14) | Gestaltung: Tony Findeisen, stawowy media | Auflage: 40.000 Exemplare | Druck: SDV Direct World GmbH | Verteilerhinweis: Die Informationsschrift wird von der Sächsischen Staatsregierung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlhelfern zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden.
AUS LEHRERSICHT
Nur nicht ignorieren Frank Böhme nimmt am Modellprojekt »Starke Lehrer – starke Schüler« teil. In dieser Weiterbildung lernt der Berufsschullehrer, wie er fremdenfeindlichen Sprüchen im Unterricht mit den richtigen Worten begegnen kann. TEXT: SEBASTIAN MARTIN, KLASSE-REDAKTION; FOTO: ANJA JUNGNICKEL Frank Böhme möchte lernen, wie er mit fremdenfeindlichen Sprüchen im Unterricht besser umgeht.
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as Schlimmste für ihn wäre das Wegblicken. Das Schweigen und damit stille Tolerieren. Deshalb nimmt Frank Böhme jedes Wortgefecht auf, wenn er mit fremdenfeindlichem oder rassistischem Gedankengut konfrontiert wird – wie neulich, als ein Schüler in einer Debatte Flüchtlinge diffamierte. Der 31-Jährige ist Gemeinschaftskundeund Ethiklehrer am Berufsschulzentrum »Robert Blum« in Leipzig. 420 Schüler lernen in dem Plattenbau – darunter angehende Bürokräfte, Holzbearbeiter und Lagerfachhelfer. Nur wenige würden eine rechtsextreme Weltanschauung offen zeigen, sagt Frank Böhme. In einigen Köpfen gärt diese aber vielleicht. »Schulen sind immer auch ein Spiegelbild der Gesellschaft«, sagt Kultusministerin Brunhild Kurth. »Wenn fremdenfeindliches Gedankengut im Elternhaus oder Freundeskreis gepflegt wird, dann bringen Schüler dieses auch mit in die Schule.« Dem SMK sind im vergangenen Jahr an sächsischen Schulen 46 Vorfälle mit einem rechtsextremen Hintergrund bekannt geworden. In dieser Statistik tauchen allerdings kaum fremdenfeindliche Äußerungen wie die im Unterricht von Frank Böhme auf. Der Gemeinschaftskundelehrer reagierte damals sofort. Er wollte wissen, wie sich der Schüler selbst fühlen würde, wenn man ihn diffamieren und seine Rechte einschränken würde. Das zog.
Weiterbildung im Modellprojekt Rico Behrens hält deshalb eine direkte Reaktion des Lehrers für wichtig. Nur nicht ignorieren, heißt seine Devise. Der Politikdidaktiker von der TU Dresden leitet das Projekt »Starke Lehrer – starke Schüler«, mit dem sich die Robert Bosch Stiftung und das SMK gegen Rechtsextremismus an Berufsschulen engagieren – in den Einrichtungen, in denen viele junge Menschen die letzte schulische Pädagogik erhalten. In Workshops werden derzeit 26 Lehrkräfte aus ganz Sachsen über moderne Formen rechtsextremer Jugendkultur informiert. Es geht um Musik, Codes, Verhaltensmuster und vieles mehr. Denn kaum ein Nazi trägt heute noch Bomberjacke und Springerstiefel. Das Erscheinungsbild ist unauffällig geworden. In dem Modellprojekt erarbeiten sich die Teilnehmer zudem mit externen Fachleuten individuelle Strategien, um bei komplexen Themen wie Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus gut vorbereitet argumentieren zu können. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Vernetzung der Lehrer untereinander sowie mit Akteuren etablierter Initiativen. Argumente als Rüstzeug Auch Frank Böhme vom Berufsschulzentrum »Robert Blum« in Leipzig nimmt an
den Workshops teil. Freiwillig. Als politisch interessierter Mensch sei er von Anfang an begeistert gewesen, als ihm der Schulleiter die Weiterbildung angeboten habe, sagt er. Das im Projekt erworbene Wissen will er seinen Kollegen weiterreichen. Schließlich steht er als Gemeinschaftskunde- und Ethiklehrer seltener vor den Klassen, und kann deshalb Schülern mit einer rechtsextremen Gesinnung nu eingeschränkt Paroli bieten. Andere Fachlehrer könnten da häufiger mit Argumenten intervenieren. Frank Böhme geht es neben der Aufklärung der Schüler zudem darum, Vorurteile im Lehrerzimmer abzubauen. Denn auch manche seiner Kollegen sorgt sich, wenn Flüchtlinge in ihre Nachbarschaft ziehen. »Sie sind nicht fremdenfeindlich«, sagt der 31-Jährige. »Sie haben aber Berührungs- und Verlustängste.« Und genau das ist der Nährboden, der vielleicht den demokratischen Erziehungsauftrag verhindert. Deshalb duckt sich Frank Böhme auch im Lehrerzimmer nicht weg und nimmt jedes Rededuell gern an.
Weitere Informationen zum Projekt »Starke Lehrer – starke Schüler« unter: www.bosch-stiftung.de/content/ language1/html/66320.asp
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Ausgezeichnete Schule 52 Schulen haben sich mit ihren Projekten um den Sächsischen Schulpreis 2016 beworben. Die Bandbreite der Projekte ist riesig und zeigt eindrucksvoll, wie lebendig Schulalltag in Sachsen gestaltet wird. VON SEBASTIAN MARTIN, KLASSE-REDAKTION; ILLUSTRATION: ROBERT REINHOLD
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ie nimmt Platz in der ersten Reihe, packt das Schreibzeug aus und wartet auf die gleich beginnende Präsentation. Irina Schenk wird sich Notizen machen und Nachfragen stellen. Der Referentin des Kultusministeriums geht es dabei um Kriterien wie Nachhaltigkeit, Partizipation und die Förderung individueller Lernprozesse. Je besser sie das Projekt bewertet, desto mehr Chancen hat die Schule auf den Sächsischen Schulpreis. Zehn Schulen haben sich für die Finalrunde qualifiziert. Und sie alle hoffen auf einen der sechs mit insgesamt 19.000 Euro dotierten Preise, mit denen das SMK besonderes Engagement der Schulen würdigt. »In unseren Schulen gibt es eine Vielzahl außergewöhnlicher Projekte, die nachhaltig sind, individuelle Lernpotenziale berücksichtigen und das Schulklima verbessern«, sagt Kultusministerin Brunhild Kurth. Davon berichtet auch Irina Schenk, Koordinatorin des Sächsischen Schulpreises im Kultusministerium. Schon die Finalisten aus den 52 Bewerbern herauszu-
Gymnasium e Dresden-Klotzsch
filtern, sei der Jury schwer gefallen, sagt sie. Heftige, aber konstruktive Diskussionen hätte es zwischen den Vertretern des SMK, der Sächsischen Bildungsagentur, des Bildungsinstituts sowie des Landeseltern- und Landesschülerrates gegeben. Schließlich sei die Bandbreite der eingesendeten Projekte riesig. Sie reicht von Theaterprojekten, die die ganze Schule umfassen und seit Jahren das Kulturleben der Region bereichern, bis hin zu Tandemprojekten, wo Schüler sich im Unterricht gegenseitig unterstützen.
Wichtig ist aus seiner Sicht, dass die Lehrer offen für Neues sind und an einem Strang ziehen. Sie würden von der Zusammenarbeit ja auch profitieren, sagt Heiko Vogel. Zwar sei viel Lehrer-Engagement nötig, doch der Aufwand mit der Zeit überschaubar. Und wenn alles erst einmal laufe, dann mache es richtig Spaß, so der Schulleiter der Kurfürst-Moritz-Schule. Deshalb motiviert er seine Kollegen in den Gesprächen auch immer, gesamtschulisch Projekte wie die »Rock Challenge« anzugehen und so die Schulqualität zu verbessern.
Verbesserung der Schulqualität Eins ist bei allen Projekten aber gleich: Sie brauchen engagierte Lehrer als Motoren. Das betont auch Heiko Vogel. Er leitet die Kurfürst-Moritz-Schule in Boxdorf, die vor zwei Jahren mit dem Showtanzprojekt »Rock Challenge« einen der Hauptpreise gewonnen hat. Die Auszeichnung sei eine tolle Anerkennung schulischer Arbeit gewesen, sagt Vogel. Seitdem wird er regelmäßig von Kollegen aus anderen Schulen angesprochen, wie so ein gesamtschulisches Projekt über so viele Jahre gelingt.
Ermutigen soll auch der aller zwei Jahre vergebene Sächsische Schulpreis. Er soll die positiven Beispiele sichtbar machen und Anstoß sein, damit sich auch andere Schulen auf den Weg begeben. Am 23. Mai wird er zum dritten Mal vergeben. »Die Projekte müssen das pädagogische Konzept und die Alltagskultur an der Schule nachhaltig mitbestimmen«, erklärt Irina Schenk. Außerdem sollten sie möglichst viele Akteure einbeziehen – angefangen von den Schülern und Lehrern, bis hin zu externen Partnern.
»Schüler für Schüler«
los. Am GymMit einer etwas romantisch klingenden Idee ging es vor 20 Jahren für die damals fe Oberstu der Schüler einige nasium Dresden-Klotzsche wollten der war Es ahnten: nicht sie Was ieren. organis r Zeltlage ein Haus Jüngeren im ählte ausgew heute dem Startschuss für das Projekt »Schüler für Schüler«, bei organisierten Zehntklässler nach einer einjährigen Vorbereitungsphase bei selbst n sowie am betreue Klasse 5. der Schüler ionen Exkurs und Klassen nachmittagen leiter MiProjekt von Ende des Schuljahres stundenweise unterrichten. Aus Sicht d die währen Denn Sache. ante interess chael Krieg ist das für beide Jahrgänge eine überneh ortung Verantw so ieren, ausprob Lehrer als ig Zehntklässler sich freiwill ässler, Fünftkl die sich freuten , können pfen ausschö ale Potenzi eigene men und nicht nur von Erwachsenen betreut zu werden.
»Schüler verbessern und verschönern ihr Lernumfeld selbst« Wer auf alte Fotos blickt, der erkennt den Pausenhof der Obersch ule Leubnitz kaum wieder. Aus dem tristen Appellplatz ist längst ein attraktiver Lernort geword en. Und das in bester DoIt-Yourself-Manier. Seit 1992 haben ihn die Schüler umgestaltet und so soziale wie handwerkliche Kompetenzen trainier t. In Kooperation mit den Lehrern, Eltern sowie externen Partnern entstanden ein Klassen zimmer im Grünen, ein Naturlehrpfad, eine Grillecke, eine Bühne und vieles mehr. Der Pausenhof sei aus dem Schulalltag nicht mehr wegzud enken, sagt Schulleiter Andreas Wimmer. Und selbst im Ort ist der Platz vor seinem Fenster eine feste Größe geworden. Denn neben dem praxisnahen Unterricht, Ganztagsangeboten und Schulfeiern findet zum Beispiel auch der Leubnitzer Weihnachtsmarkt auf dem Pausenh of der Oberschule statt. »Die Schule entwickelt sich zu einem kulturellen Zentrum unseres Ortsteil es«, sagt Wimmer.
Oberschule
Leubnitz
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GrundschuleGroßpösna Löwenzahn,
»Streitschlichter« – AuseinanderDer eine fühlt sich benachteiligt, der andere wurde angerempelt te selbst und Konflik ihre Kinder Wie setzungen entstehen schnell im Schulalltag. chule Grunds der an t -Projek hlichter Streitsc im sie ohne Gewalt lösen, das lernen die Pausen ruhig, ist ima Schulkl »Das Erfolg: Mit sna. Großpö in zahn« »Löwen Kollegen enlaufen geordnet ab«, sagt Schulleiterin Sibylle Jaszovics. Sie und ihre Gesprächsfinden Montag Jeden . Projekt dieses gagieren sich seit zehn Jahren für eines Lösung die Hat . werden siert themati e Problem aktuelle denen kreise statt, in en Strategi ierenden deeskal Streits nicht so lange Zeit, soll ein Taschenbuch mit Streite gewählt sechs es gibt em Außerd en. helfen. Das hat jeder Schüler einsteck mit ihren Mütschlichter, die für ihre Aufgabe ausgebildet werden und im Alltag werden gerufen en zen und Buttons gut erkennbar sind. Sie sollen in Stresssituation eln. vermitt rteien Streitpa den n und durch ihre speziellen Trainings zwische
»Klausurtagung« Die externe Evaluation hatte Handlu ngsbedarf gezeigt. Margitta Schade wollte aber nicht allein entscheiden. Also lud die Schulleiterin Lehrer, Schüler und Eltern zu einer Klausur tagung ein. Gemeinsam wollte sie über die Schulentwicklu ng diskutie ren. Mit ihren 60 Gästen machte sie fünf Schwerpunkte für die weitere Arbeit aus – darunter die Stärkung der Schülermitwirkung. Ein Jahr später waren vielen Ideen bereits umgesetzt. Der Schülerrat organisiert jetzt selbstständig außersc hulische Höhepunkte, die Rolle des Schülersprechers ist gestärkt und für das StreitschlichterProjekt wurden neue Schüler gewonnen. »Das Projekt läuft solange , bis alle Vorschläge umgesetzt wurden«, sagt Margitta Schade heute. Sie hofft, dass dies bis Ende des Schuljahres der Fall ist. Zu Beginn des neuen Schuljahres wird die Arbeitsgruppe »Schulprogram m« die Erfüllung aller Vorhaben prüfen und eine interne Evaluation vornehmen. Und wenn sie Bedarf feststellt, wird es eine neue Klausur tagung geben.
chule, Dietrich-Heiseli-S he sc Freie Evange tz li ör Schule G
Gymnasium Am Breiten Teich, Borna
»Musical«
der Gesellschaft Als Blinden trifft Bartimäus ein schweres Schicksal. Er wird von und will in Jeriauf nicht ng geächtet und ausgeschlossen. Doch er gibt die Hoffnu das erfährt man , ausgeht hte Geschic die Wie cho den Wanderprediger Jesus treffen. Schule in -HeiseDietrich die das Stück, jüngsten dem – äus« im Musical »Bartim h geprägchristlic der in Görlitz auf die Bühne gebracht hat. Seit zehn Jahren werden geübt, in Gesang der wird Musik In iert. ten Bildungseinrichtung Musicals einstud WerFach im und t trainier tik Akroba die Sport im , geprobt Deutsch das Schauspiel Projekt eindas in sind ote gsangeb Ganzta die Auch gebaut. n Kulisse die ken werden haben die Nachgebunden. Die Schülerzeitung schreibt über die Stücke. Dieses Jahr n: Denn diesmal berichte zu eres Besond ganz etwas Blatt wuchsjournalisten in ihrem pädagogischen der laut das , Theater r Görlitze dem mit chule Grunds die kooperierte auft war. ausverk äus« »Bartim Mitarbeiterin Kathleen Siekierka zur Premiere von
»Jahrgangskonzept« Bevor sich die Neuntklässler mit der eigenen Berufs- und Studienwahl beschäf tigen werden, geht es 2.000 Jahre zurück in die Vergangenheit – in die Welt der griechischen Mythologie. »Im Olymp da ist die Hölle los«, heißt das Stück, das sie aufführen. Für die 67 Schüler vom Julius-Mosen-Gymnasiu m in Oelsnitz ist es der Höhepu nkt des Jahrgan gskonzepts, bei dem sie von der fünften bis zur zehnten Klasse jeweils ein anderes Projekt pro Schuljahr stemmen. Los geht es mit den Bläser- und Freiarbeitsklassen. Durch das gemeinsame Musizieren bzw. das selbstständige Lösen ausgewählter Lerninhalte werde in den ersten drei Jahren der Zusammenhalt, die Arbeitsbereitschaft und das Konzentrations vermögen gefördert, erklärt Lehrerin Lydia Solondz-Lorenz. In Klasse acht absolvieren die Schüler ein einwöchiges Praktikum in einem Altenpflegeheim, einer Förderschule oder ähnlich en Einrichtungen in der Region. Ein Jahr später folgt das Theaterprojekt , das mit einem öffentlichen Auftritt am König-A lbert-Theater in Bad Elster endet und stets die Zuschauer begeistert.
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Julius -Mosen Gymnasium Oelsnitz/Vogtlan d
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Peter -ApianOberschule Leisnig
»Der Jugendstadtrat Leisnig – eine aktive Form der Mitbe stimmung der Jugendlichen auf kommunaler Ebene« Die Jugend hat die Macht übernom men – zumindest für ein paar Stunden im Leisniger Rathaus. Im Stadtrat sitzen diesmal die Neuntklässler der Peter-A pian-Oberschule. Es geht um einen neuen Skateplatz, eine bessere Beleuchtung der Schulwege oder die Sanieru ng des Freibades. Das Planspiel ist der Höhepu nkt eines jährlich stattfindenden Projektes, bei dem die Schüler durch ihr eigenes Handeln lernen und die Generationen voneinander profitieren sollen. Aufmerksam hört sich Bürgerm eister Tobias Goth die Anträge und Anfragen der Fraktionen an, die die jugendlichen Stadträ te zuvor mit Hilfe erfahrener Bürgervertreter ausgearbeitet haben. Die Schüler wiederu m spüren durch das Planspiel, dass nicht jeder Wunsch sofort umsetzbar ist und nur konstru ktive Diskussionen zielführend sind. »Man muss überzeugen können und Wissen über eine bestimmte Sache haben«, sagt Schulleiterin Kristin Dorias-Thomas. »Dann macht politische Mitbestimmu ng Spaß, wird live erfahrbar und günstigenfalls in die Wirklic hkeit umgesetzt.«
»Schulband« das Schlagzeug und Die Aufnah me läuft, jetzt muss es rocken. Der Drummer drischt auf ist einer der beiden Er n. zufriede ist Frenzel n Christia e. Akkord die der Bassist rammt Regenbogenschule der an nd Verantwortlichen, die vor sechs Jahren das Projekt Schulba In der Werksturte. Behinde geistig für tung in Döbeln initiierten – einer Bildungseinrich Instrumente dene verschie t zunächs seitdem ichen Jugendl die fe ab Klasse zehn lernen . Das können spielen am kennen, damit sie bald eigene oder gecover te Songs gemeins Schüler der aps Handic chen motoris und Projekt wirke den körperlichen, sprachlichen wichtiger Baustein für entgegen, erklärt Christian Frenzel. Die Bandarbeit sei zudem ein Musizieren entwickle die Entwicklung des Selbstbewusstseins. Denn das gemeinsame Erlangu ng von Anerzur sowie Erfolg Sozialkompetenz und begleite die Schüler zum oder beim Musikfest ule ogensch Regenb der an Tür kennung – wie beim Tag der offenen Händen halten. den in stolz nd Schulba die wird CD eigene eine auch in Grimma. Und
Gymnasium Marienberg
Regenbogenschule, Schule für geistig Behinderte, Döbeln
»Kulturversuch« Es ist der Motor für eine ganze Region. Seit 1997 findet am Gymna sium Marienberg der Kulturversuch statt, der jedes Jahr ein anderes Thema aufgreif t – wie 2015 die Bewerbung des Erzgebi rges als Weltkulturerbe. 26 Projekte organisierten die Zehntklässler mit Hilfe der Lehrer und externer Partner. Eine Woche lang wurde geklöpp elt, genäht, gefilmt und vieles mehr, um das Vorhaben der Montan region zu unterstützen. Die Ergebnisse präsentierten die Schüler vor einer Kommission der UNESCO. Aber auch die Menschen vor Ort hatten sie im Blick. Denn während der Projekt woche veranstalteten sie auch eine Podiumsdiskussion, eine Theateraufführ ung und viele andere Program me, die das Gymnasium traditionell zum kulturellen Zentrum von Marienberg werden lassen. »In den Projektgruppen als gleichberechtigte Partner respektiert zu sein, sich auf Augenh öhe zu begegnen und tätig zu werden, bringt alle Beteilig ten einander näher und stärkt das Selbstbewusstsein und das gesellschaftliche Engagement der Schüler«, sagt Rektor Robby Buttke.
»Luther in mir« zu sein. Doch vieMartin Luther scheint heute den meisten Menschen fremd und fern immer noch akist hat, ßen angesto und les, was der Reformator vor 500 Jahren gesagt die Schüler des zeigen Das überall. – nder Miteina en tuell. Im Alltag, im gesellschaftlich n Musikreifende gsüberg jahrgan ihrem mit Torgau in asiums r-Gymn Johann-Walthe ilfe Lebensh der en Mensch rten theaterprojekt »Luther in mir«. Gemeinsam mit behinde akauf mannes Kirchen des Zeit der aus Bilder che projizieren sie auf der Bühne historis en. zusamm art Gegenw und enheit Vergang die sie setzen Puzzle ein tuelle Themen. Wie gern Anpran das und Politik Es geht um Toleran z, aber auch um Gott, Glaube, Moral, hrung 2013 wird die von Missständen. Das kommt beim Publiku m an. Seit der Urauffü »Theater verknüpft s: Applau viel neben Lohn Der . gebucht ßig Theatergruppe regelmä fördert soziale und Sprache, Musik, Tanz, Mimik und Gestik. Das gemeinsame Spiel s Verhalten – flexible eit, sfähigk kulturelle Fähigkeiten. Teamarbeit, Kommu nikation ht werden«, gebrauc Leben späteren im auch wie ltag das sind alles Dinge, die im Schulal Kurth. d Brunhil inisterin Kultusm und errin sagt Schirmh
Johann-WaltherGymnasium, Torgau KLASSE
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In kleinen Schritten Ein Tag an der 138. Oberschule in Dresden, die seit September 2014 auch eine DaZ-Schule ist. TEXT: NICOLE KIRCHNER, KLASSE-REDAKTION; FOTO: ANDRÉ FORNER
Selbstständige Textarbeit: Auch wenn Ivana Vujica an der Tafel arbeitet, hat sie ihre andere Schülergruppe im Blick. Während die Schülergruppe vorn Sätze zur Uhr aufschreibt, kontrolliert sie bei den anderen Schülern den Fortschritt bei der Übersetzungsarbeit. Es geht um einheimische Tiere, eine erste Vorbereitung auf den Biologieunterricht. 297 Schulen in Sachsen bieten das Unterrichtsfach »Deutsch als Zweitsprache« (DaZ) an, eine von ihnen ist die 138. Oberschule in Dresden. 46 von rund 340 Schülern besuchen hier im Stadtteil Gorbitz im Drei-Phasen-System den DaZUnterricht. Sie kommen aus verschiedenen Ländern wie Polen, Syrien, Libyen, Russland, Portugal, Tschetschenien, Afghanistan und den Balkanstaaten. Für Schulleiter Frank Lotter und sein Lehrerteam ist das eine große Herausforderung, denn wegen des unterschiedlichen Wissensstands der DaZ-Schüler müssen seine Lehrerinnen und Lehrer differenziert unterrichten und auf jeden ganz individuell eingehen.
9.10 Uhr, DaZ-Unterricht, Phase 1: DaZ-Lehrerin Ivana Vujica erklärt einigen Schülern an der Tafel die Uhr. Sie malt den großen Zeiger auf die Vier und den kleinen zwischen die Fünf und Sechs. »Wie spät ist es?«, fragt sie. Hassan (11), Khaled (17) und Yasin (13) wissen sofort die Antwort und melden sich. Sie alle sind Schüler der Phase 1, das heißt, sie werden ausschließlich im Fach »Deutsch als Zweitsprache« unterrichtet. Yasin aus Syrien ist gerade seit zwei Monaten hier an der Schule und spricht schon ganz gut Deutsch.
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Kooperation mit dem Kinder- und Jugendhaus »InterWall«: Zum Glück bekommt Ivana Vujica bei ihrer Arbeit regelmäßig Unterstützung. Schulleiter Frank Lotter ist sehr stolz auf die Zusammenarbeit mit dem benachbarten Kinderund Jugendhaus »InterWall«. Praktikanten, die dort gerade eine Ausbildung zum Erzieher machen, helfen hier im Unter-
richt mit. Und noch einen positiven Nebeneffekt erhofft sich Frank Lotter von der Kooperation: »Wir versuchen damit unsere DaZ-Schüler auch außerhalb der Schulzeit erfolgreich zu integrieren, denn sie können auch nachmittags Angebote im »InterWall« wahrnehmen.«
10.20 Uhr, Klasse 9b, Mathematik: Frau Fritsch teilt die zensierte Klassenarbeit aus. Thema »Quadratische Gleichungen«. Andrii (17) aus der Ukraine ärgert sich ein bisschen über die Zwei Minus. Seit einem Jahr besucht er die 138. Oberschule. DaZUnterricht braucht er keinen mehr – er besucht in Phase 3 eine ganz normale Regelklasse und fühlt sich in der Klasse sehr wohl. Nächstes Jahr möchte er hier seinen Realschulabschluss machen und, wenn es klappt, noch das Abitur dranhängen. 11.15 Uhr, DaZ-Unterricht, Phase 2: Bei DaZ-Lehrerin Carina Hilgenberg herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Ihre Schüler befinden sich alle in Phase 2, das heißt, sie besuchen bereits einige ausgewählte Unterrichtsfächer wie Sport, Kunst
oder Mathe in den Regelklassen. Heute beginnt der Unterricht mit einem Spiel: Rahaf (14) aus Palästina soll mit geschickten Ja/Nein-Fragen das Tier, das hinter ihr an der Tafel hängt, erraten. »Ist das Tier groß?«, fragt Rahaf. »Ja«, schallt es im Chor. Carina Hilgenberg lächelt zufrieden.
AUS SCHÜLERSICHT
Lernen auf Achse Gestern Frühlingsfest in Chemnitz, heute Vogelschießen in Plauen, demnächst Stadtfest in Freiberg: Schaustellerkinder kommen viel herum. Doch auch diese Kinder sind schulpflichtig. Wie organisieren sie erfolgreich ihren Schulalltag? Franz Bretschneider erzählt über sein Schultagebuch, den Schulwagen – und den Lehrer Thomas Carl. TEXT: BEATE DIEDERICHS, KLASSE-REDAKTION; FOTO: MIKE HILLEBRAND
Franz Bretschneider reist mit seinen Eltern von Volksfest zu Volksfest.
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nglisch fällt Franz leicht, in Physik liebt er Experimente, Biologie mag er weniger. Ein ganz normaler Schüler. Doch eins unterscheidet den 12-Jährigen von den meisten Altersgenossen: Er ist ein Kind beruflich Reisender. Dazu zählen Schausteller, Zirkusangehörige, ambulante Händler und Puppenspieler. Franz‘ Eltern und Großeltern betreiben eine mobile Waffelbäckerei, einen Eiswagen und ein Kinderkarussell. »Ich kam in Plauen zur Welt, wo meine Eltern beim Pfingstvolksfest gastierten. Seitdem begleite ich meine Familie von Volksfest zu Volksfest«, erzählt Franz Bretschneider. Viele jüngere Schaustellerkinder bleiben während der Saison bei den Großeltern und besuchen dort die Schule. Doch für Franz war das nicht möglich, da auch die Großeltern tourten. Erst seit den letzten Jahren sind Oma und Opa weniger unterwegs. Seitdem wohnt Franz teilweise im Familienhaus in Chemnitz-Harthau und besucht seine Stammschule, die Altstadtschule Stollberg. Von Schule zu Schule Wenn im April die Volksfest-Saison beginnt, fängt für Franz eine bewegte Zeit an: Selten baut die Familie ihre Wagen für länger als zwei Wochen an einem Ort auf. So muss er alle 14 Tage eine andere Schule besuchen, mit anderen Mitschü-
lern, Lehrern, Unterrichtsmethoden. Die offiziell gewährten Reisetage kosten ihn zudem Unterrichtszeit. Vor Ort besucht er Oberschulen, die nahe den Festplätzen gelegen sind. Oft sind das immer wieder dieselben. Doch manchmal ist die entsprechende Klassenstufe voll und er muss an eine weiter entfernte Schule ausweichen. »Man ist eigentlich immer der Neue«, berichtet Franz. Er wirkt selbstbewusst und pragmatisch, wurde aber trotz seines Auftretens schon von Mitschülern gemobbt. »Mobbing gibt es zum Glück nur ab und zu. Dagegen halten wir Schaustellerkinder zusammen. Oft reagieren die Mitschüler aber auch sehr positiv auf uns«, sagt er. Der mobile Lehrer Thomas Carl nickt zu dem, was Franz erzählt. Als langjährige mobile Bereichslehrkraft kennt der 49-Jährige diese Erfahrungen. Seit 2004 unterstützt er die Kinder der beruflich Reisenden bei ihrem Schulbesuch und steht ihren Familien und Lehrern beratend zur Seite. Momentan ist er für 62 sächsische Schaustellerkinder zuständig. »Wenn wir unterwegs sind, besuche ich zunächst den regulären Unterricht. Dann gehe ich zu Herrn Carl in den Schulwagen, wenn er ihn an dem Festplatz aufgestellt hat, wo wir gerade sind. Dort arbeite ich mit ihm an den Aufgaben des Schultage-
buchs, mache Hausaufgaben oder bereite mich auf Tests vor«, sagt Franz. Im Schultagebuch wird notiert, wann der Schüler wo den Unterricht besucht und was er dort gelernt hat. Auch ein individueller Lernplan befindet sich darin. »Das Tagebuch ist bundesweit einheitlich gestaltet, obwohl jedes Bundesland sein eigenes Bildungssystem hat«, betont Thomas Carl. Der Schulwagen ist ein ehemaliger Wohnwagen mit Schreib-Ecke, den der Förderverein »Schulbildung von Schaustellerkindern in Sachsen e. V.« unterhält und den das SMK mit Unterrichtsmitteln ausgestattet hat. Franz Bretschneider und seine Familie schätzen es, dass ihnen Thomas Carl hilft. Das Problem: Es gibt ihn nur einmal. Carl hat eine Vollzeitstelle und fährt täglich rund 200 Kilometer, arbeitet mit den Schülern im Schulwagen oder besucht die Schulen. Doch wenn mehrere Volksfeste zugleich stattfinden, kann er nicht überall vor Ort sein. »Er hängt dann meist einen Plan an den Wagen, der zeigt, wann er da ist«, sagt Franz. So lernen Schüler und Lehrer, wenn beide auf Achse sind.
Weitere Informationen zum Unterricht für Kinder beruflich Reisender unter: www.schule.sachsen.de/2700.htm
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INTERVIEW
Burnout trifft nicht nur Lehrer Arbeitsmediziner Dr. Guido Prodehl über Lehrergesundheit, typische Risikofaktoren in der Schule und Lehrer, die über viele Jahre gesund durch den Schulalltag kommen. INTERVIEW: NICOLE KIRCHNER, KLASSE-REDAKTION; FOTO: ANDRÉ FORNER
E Sind Lehrer öfter krank als andere Berufsgruppen? Dr. Guido Prodehl: Allgemein gültige Aussagen zum Gesundheitszustand der Lehrer im Verhältnis zu anderen Berufen sind schwierig. Was man aber positiv hervorheben kann: Lehrkräfte zeigen – mit wenigen Ausnahmen – häufiger gesundheitsförderliche Verhaltensweisen wie Sport oder Nichtrauchen als die Allgemeinbevölkerung, sie haben einen günstigeren Body-Mass-Index, sind seltener krankgeschrieben und allgemein zufriedener mit ihrer beruflichen Tätigkeit. Es ergeben sich aber Zusammenhänge zwischen der Gesundheit und der Schulform. E Welche Zusammenhänge meinen Sie genau? Uns fielen bei der Datenauswertung zwei Besonderheiten auf: Der höchsten gesundheitlichen Gefährdung unterliegen die Lehrkräfte an Oberschulen. Sie zeigen in den meisten Arbeits-, Gesundheits- und Personenmerkmalen die ungünstigsten Ausprägungen. Beispielsweise sind sie weniger zufrieden mit dem Lehrerberuf, besitzen höhere Blutdruck- und Gesamtcholesterin-Werte, geben die meisten Beschwerden, einschließlich BurnoutSymptome, an und neigen häufiger zur übersteigerten Verausgabung. Eine zweite Besonderheit ergibt sich für die Lehrkräfte an den Förderschulen. Diese fielen interessanterweise in unseren Untersuchungen durch ihre hohe berufliche Zufriedenheit, ein günstiges arbeitsbezogenes Verausgabungs-B elohnungsVerhältnis, einen geringen Anteil an Beschwerden und ein geringes Burnout-Risiko positiv auf. Im Vergleich zu den Lehrkräften anderer Schularten waren andererseits bei ihnen ein höherer Anteil
an Rauchern, erhöhte Glukosewerte (5 Prozent Diabetiker) und somit auch ein auffälliges kardiovaskuläres Risiko zu verzeichnen. Es werden die meisten Ausfalltage und die häufigste Betroffenheit von Langzeiterkrankungen dokumentiert. Es ist aber dabei zu beachten, dass der Anteil der schwerbehinderten Lehrerinnen und Lehrer an Förderschulen besonders hoch ist. E Woran erkranken Lehrer am häufigsten? Lehrkräfte fallen durch ihren bereits in jüngeren Jahren erhöhten Blutdruck und ihre Beschwerden im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems, des Bewegungsapparats und der Atemwege auf. Bei den Krankenkassen werden im Vergleich zum Durchschnitt häufiger Atemwegs- und psychische Erkrankungen dokumentiert. Geschlechtsunabhängig bestehen erwartungsgemäß Altersunterschiede vor allem bei den kardiovaskulären Risikofaktoren, zum Beispiel Blutdruck, Herz-Kreislauf-Beschwerden, BodyMass-Index. Speziell ältere Lehrerinnen haben deutlich höhere Blutdruck- und Gesamtcholesterin-Werte und geben eine geringere Erholungsfähigkeit sowie Zufriedenheit an. Außerdem berichten Lehrerinnen im Vergleich zu Lehrern häufiger ein Missverhältnis von Verausgabung und Belohnung und, weisen einen höheren Krankenstand auf, rauchen aber seltener. E Ist Burnout eine typische Lehrerkrankheit? Für das Burnout-Syndrom beziehungsweise einzelne BurnoutSymptome kann kein Unterschied zur Allgemeinbevölkerung festgestellt werden. E Im Vergleich zu anderen Bundesländern: Wie steht es da um die Gesundheit der sächsischen Lehrer? Dazu sollten Sie folgendes wissen: Die Bundesländer haben deutschlandweit unterschiedliche Vorgehensweisen in der betriebsärztlichen Betreuung der Lehrerinnen und Lehrer realisiert. In Sachsen besteht die Besonderheit einer »Vor-Ort- Betreuung«. Durch die Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte werden regelmäßige Begehungen der Schulen durchgeführt und in diesem
Beim Sehtest wird die Sehschär fe überprüft.
Dr. Guido Prodehl leitet seit Januar 2016 gemeinsam mit zwei weiteren Geschäftsführern das Zentrum für Arbeit und Gesundheit Sachsen. Das ZAGS kümmert sich in Sachsen auch um die Lehrergesundheit und bietet in diesem Rahmen Vorsorge-Untersuchungen für Lehrer an.
Auch das räumliche Sehen wird getestet.
Zu Beginn der Vorsorge-Untersuchung wird ein 12
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Anamnese-Bogen ausgefüllt.
INTERVIEW
Zusammenhang wird die Gefährdungsbeurteilung der Lehrkräfte aktualisiert. Wir bieten mit der Möglichkeit der arbeitsmedizinischen Vorsorge in den Schulen ein niederschwelliges Angebot an. In anderen Bundesländern gibt es Zentren für Lehrergesundheit, an denen die einzelnen Lehrkräfte untersucht und beraten werden können. Aus diesem Grund halte ich es für schwierig, die Daten aus den anderen Bundesländern zum Vergleich heranzuziehen.
zum Erhalt der Erwerbsfähigkeit« (sog. FEE-Programm): Lehrkräfte, die von einer Erkrankung bedroht sind und bereits erste Symptome zeigen, können an einer einwöchigen stationären/ambulanten Rehabilitation in Bad Gottleuba oder Leipzig teilnehmen. In den folgenden drei Monaten werden Sie arbeitsbegleitend einmal in der Woche circa zwei Stunden therapiert. Nach sechs Monaten folgt ein Abschlusstag in der Reha- Einrichtung.
E Was genau passiert bei der Vorsorge-Untersuchung für Lehrer?
E A ls Lehrer muss man aber keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen fürchten, wenn man an so einem Programm teilnimmt…?
Eine arbeitsmedizinische Vorsorge für Lehrerkräfte beinhaltet die Erhebung der Krankheitsgeschichte, einen Sehtest, eine Blutdruckmessung, die Bestimmung der Fettstoffwechselparameter, die Nüchtern-Glukose sowie die Erfassung der psychischen Belastungen. Bei Vorlage des Impfausweises führen wir eine Impf-
Nein, arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen nicht. Bei Arbeitsunfähigkeit übernimmt der Hausarzt Diagnostik und Therapie, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist für sechs Wochen durch den Arbeitgeber und im Anschluss durch die Krankenkasse abgesichert. Die Teilnahme an Präventionskursen findet in der Freizeit der Lehrer statt. Bei einer medizinischen Rehabilitation ist der Mitarbeiter ebenfalls rechtlich und finanziell abgesichert. Sollte sich nach langer Erkrankung das Leistungsbild des Lehrers geändert haben, besteht die Möglichkeit, den Arbeitsplatz im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements anzupassen.
»LEHRKRÄFTE ZEIGEN – MIT WENIGEN AUSNAHMEN – HÄUFIGER GESUNDHEITSFÖRDERLICHE VERHALTENSWEISEN.« beratung durch. Nach Abschluss der Vorsorge verschicken wir einen persönlichen Befundbericht an jede Lehrkraft. Die Teilnahme an einer arbeitsmedizinischen Vorsorge für Lehrkräfte ist bis auf die Vorsorge in G-Förderschulen freiwillig und kann alle drei Jahre wiederholt werden.
E Stichwort Prävention: Wo müssen Lehrer besonders aufpassen, um nicht krank zu werden? Wie bleibt man als Lehrer gesund?
E Was passiert mit der arbeitsmedizinischen Beurteilung? Grundsätzlich unterliegen die Betriebsärzte der ärztlichen Schweigepflicht. Inhalte der Untersuchungen gelangen also weder an den Arbeitgeber noch an den Schulleiter. Während der Untersuchung oder im Befundbericht sprechen wir Präventionsempfehlungen aus oder verweisen an den Haus-/Facharzt. E Wie sieht das in der Praxis aus: Welche Angebote gibt es für Lehrer, wenn sie Hilfe benötigen? Wir beraten die Lehrer bereits zur Untersuchung individuell über Möglichkeiten zur Verbesserung des Gesundheitszustandes. Je nach Bedarf kann das die Empfehlung zur Teilnahme an einem Präventionskurs der Krankenkassen sein, bei auffälligen Befunden raten wir zu einer weiteren Diagnostik beim Hausarzt oder Facharzt. Über die Deutsche Rentenversicherung kann bei entsprechender medizinischer Indikation auch ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder ein Antrag auf medizinische Rehabilitation durch den Betriebsarzt unterstützt werden. Eine Besonderheit ist das Programm »Frühintervention
Für Lehrer gelten ähnliche Empfehlungen wie für die Allgemeinbevölkerung. Eine gesunde Lebensweise mit ausreichend körperlicher Aktivität gilt als gesundheitsförderlich. Geringe Maßen an Alkohol, Nikotinverzicht und das Einhalten des Normgewichts fördern ebenfalls das gesunde Altern. Neben uns Betriebsärzten bieten die Hausärzte sogenannte Check-up-Untersuchungen ab dem 35. Lebensjahr an, die Teilnahme hieran ist ebenso anzuraten wie die Teilnahme an den entsprechenden KrebsvorsorgeuUntersuchungen. Im Arbeitsalltag bemerken wir, dass einige Lehrer über gehäuftes Auftreten von Kopfschmerzen und Stimmschwierigkeiten klagen. Auf Nachfrage berichten einige Lehrkräfte über eine deutlich zu geringe Flüssigkeitsaufnahme. Es ist ratsam im Lehrerberuf ausreichend zu trinken, da gerade durch das lange Unterrichten vor der Klasse die Schleimhäute leicht austrocknen können. Wesentlich für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz ist der kollegiale Umgang an der Schule. Gute Kommunikation, das Aufstellen und Einhalten klarer, nachvollziehbarer Regeln im Schulalltag, gute Führung durch die Schulleitung und Bewältigung der Probleme im Team tragen zur Arbeitszufriedenheit genauso bei wie der offene Umgang mit Lob und Kritik.
Neben der Blutdruckmessung wird außerdem mit
einem Bluttest die Nüchtern -Glukose ermittelt.
Mit einem speziell für Lehrer angepassten pyscholo gischen Test werden Stressfaktoren abgefragt.
Beim abschließenden Arztgespräch werden die persönlichen Risikofaktoren ausgewertet.
RECHT UND ORDNUNG
Vielen Dank für die Blumen Bald endet das Schuljahr. Immer wieder bei Eltern beliebt: eine kleine Aufmerksamkeit für die Lehrerin oder den Lehrer. Auch wenn es eine nette Geste ist, dürfen Lehrer jedoch nur in Ausnahmefällen Geschenke annehmen. TEXT: LOUISA HANTSCHE, KLASSE-REDAKTION
Dürfen Lehrer Geschenke annehmen? Sobald Geschenke in Verbindung zum Beruf stehen und nicht vorher von der Schulleitung abgesegnet worden sind, dürfen sie nicht angenommen werden – weder explizit, noch durch schlüssiges Verhalten und egal, ob im Schulgebäude oder zu Hause. Ein Geschenk gilt selbst dann als angenommen, wenn es direkt weiterverschenkt oder gespendet werden soll. Bei sogenannten geringwertigen Aufmerksamkeiten, also einfachen ReklameArtikeln wie Stiften oder Kalendern, gilt die Zustimmung jedoch von vornherein als erteilt. Sie können auch ohne Rücksprache mit der Schulleitung entgegengenommen werden. Warum darf man sich als Lehrer nichts schenken lassen? Lehrer haben einen staatlichen Auftrag, der sachbezogen und unparteiisch erfüllt werden muss. Der öffentliche Dienst genießt das Vertrauen der Bevölkerung. Das grundsätzliche Verbot zur Annahme von Geschenken und anderen Vorteilen soll dieses Vertrauen schützen und den staatlichen Verwaltungsapparat funktionsfähig halten. Schon der bloße Anschein, dass Lehrer korrupt sein könnten, soll vermieden werden. Gibt es eine finanzielle Höchstgrenze? Eine Höchstgrenze ist nicht ausdrücklich festgelegt. Allerdings müssen sich die Geschenke in einem allgemein üblichen Rahmen bewegen. Da dieser nur schwer bestimmbar ist, wird ein Wert von etwa 70 Euro als Orientierungshilfe angegeben. Geringwertige Aufmerksamkeiten sollten nicht teurer als 20 Euro sein. Die allgemeine Zustimmung gilt nur, solange der Gesamtwert aller Aufmerksamkeiten nicht über 60 Euro im Jahr liegt.
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Was mache ich als Lehrer, wenn das Geschenk über der Höchstgrenze liegt?
die Schulleitung in jedem Fall vorher zustimmen.
Liegt ein zustimmungspflichtiges Geschenk über der zulässigen Höchstgrenze oder bestehen Zweifel hierüber, muss vor der Annahme unbedingt die Genehmigung eingeholt werden. Wenn die Zustimmung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann, so darf das Geschenk ausnahmsweise unter Vorbehalt angenommen werden. Für die Lehrer im Beschäftigtenverhältnis ist der Schulleiter die zuständige Stelle.
Gibt es Konsequenzen für mich als Lehrer, wenn ich das Geschenk doch annehme?
Eltern schenken mir Blumen. Muss ich mir dafür den Kassenzettel zeigen lassen? Nein, aber schauen Sie sich den Strauß genau an: Liegt er höchstwahrscheinlich über einem handelsüblichen Marktwert von schätzungsweise 20 Euro, muss eine ausdrückliche Zustimmung eingeholt werden. Gibt es Geschenke, die Lehrer prinzipiell nicht annehmen dürfen? Lehrer dürfen kein Geld annehmen. Eine Ausnahme gilt allerdings für Auszeichnungen oder Preise, solange sie den Lehrer nicht in seiner objektiven Dienstausübung beeinträchtigen oder sonst der Eindruck der Befangenheit entsteht. Aber auch hier muss
Ein Verstoß gegen das Verbot ist ein Dienstvergehen. Nicht verbeamteten Lehrern und Auszubildenden drohen arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zur Kündigung. Beamte müssen mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen – was sogar die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts bedeuten kann. Auch auf strafrechtlicher Ebene kann eine Vorteilsnahme mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Zudem kann der Dienstherr oder Arbeitgeber sich einen eventuell entstandenen Schaden ersetzen und die Geschenke herausgeben lassen. Zu bedenken ist ferner, dass sich auch der Vorteilsgeber gegebenenfalls strafbar machen kann. Schon die staatsanwaltlichen Ermittlungen bedeuten erhebliche Unannehmlichkeiten für die Betroffenen. An wen kann ich mich als Lehrer bei rechtlichen Fragen dazu wenden? Lehrer können sich an den Schulleiter oder die Sächsische Bildungsagentur wenden.
FR AGEBOGEN
»Kommunikation als Pflichtfach in der Schule« Was macht einen guten Lehrer aus? Und einen guten Schüler? Mit dem KLASSEFragebogen bitten wir Bildungsträger und Prominente aus Sachsen, uns einen Einblick in ihre persönlichen Lernerfahrungen zu geben. ANTWORTEN: AL DI MEOLA, JAZZ-GITARRIST
Als ich klein war, wollte ich Feuerwehrmann werden.
Meine Eltern wollten, dass ich BWL studiere, wenn ich groß bin. Als Schüler war ich gut in Überall ganz okay, aber ich hatte nur meine
Musik im Kopf.
Heute bin ich gut in Psychologie, Musik. Seit ich nach Deutschland gezogen
bin, interessiere ich mich sehr für die europäische Geschichte, die wir in der Schule nur wenig behandelt haben. Mein liebstes Schulfach war: Biologie. Das Schulfach, das ich überhaupt nicht mochte, war: Algebra. Das hat mich in der Schule am meisten genervt: in keine Gruppe zu passen. Das hat mir an Schule am besten gefallen: Chor, Sport.
Ein guter Lehrer: hat Geduld und die Fähigkeit, mir Dinge näher zu bringen,
die mich eigentlich nicht interessieren.
Ein guter Schüler: hört zu und ist respektvoll dem Lehrer und den Mitschülern
gegenüber.
In meinem Leben will ich noch: die Kunst der persönlichen Kommunikation per-
fektionieren. Meiner Meinung nach sollte heutzutage Kommunikation ein Pflichtfach in der Schule sein, das schon im Grundschulalter gelehrt wird.
Al Di Meola,
ist ein weltbekannter JazzGitarrist. Der 1954 in New Jersey geborene Musiker kann mittlerweile auf eine 40 Jahre lange Karriere im Musikgeschäft zurückblicken. Für sein virtuoses Gitarrenspiel gilt Al Di Meola in der Jazzszene als Gitarrenheld. Sein aktuelles Album heißt »Elysium & More« – eine Reise durch sein Lebenswerk. Al Di Meola ist mit einer Sächsin aus Oederan verheiratet, mit der er sich im Januar 2016 nochmal über Nachwuchs freuen konnte.
Am besten kann ich mich konzentrieren, wenn: absolute Stille herrscht. Mein Lieblingsbildungsort ist: mein Musikstudio in Miami direkt am Strand. Wenn ich meinen Beruf noch einmal wechseln würde, dann würde ich Schönheitschirurg werden. Als Ausgleich zu meiner Arbeit muss ich Sport machen. Außerdem kaufe ich gerne Notenbücher
und lese sie, zum Beispiel im Flugzeug.
Ich liebe an meinem Job, dass er Menschen glücklich macht und Emotionen herüberbringt, die
man mit Worten nicht ausdrücken kann. Seit ich 19 bin, verdiene ich Geld mit meiner Leidenschaft und habe die ganze Welt gesehen. Ich bin sehr dankbar dafür. Ich verlasse nie das Haus ohne: sicherzustellen, dass alles tiptop aufgeräumt ist. Meine Kollegen/Freunde sagen von mir, dass ich: mit meinem Perfektionismus in der Musik andere in
den Wahnsinn treiben kann.
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*Student der Kraftfahrzeugtechnik an der Westsächsischen Hochschule Zwickau