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ANDREAS MATLÉ: BOCK

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„Die Geschichte kam zu mir“, sagt Andreas Matlé, nachdem er 2015 Roland Bock begegnete, der ihm Einblicke in sein ungewöhnliches Leben gewährte. Und Matlé zu der Roman-Biografie „ BOCK! Im Kampf gegen Stiere und sich selbst“ inspirierte. Roland Bock, 1944 geboren, wuchs im Nachkriegsdeutschland auf. Brutale Gewalt und Misshandlungen prägten seine Kindheit. Er war einer der erfolgreichsten Schwergewichtsringer in Deutschland und Europa, bevor er 1973 Wrestler wurde. Ein Abenteurer, für den aufgeben – auch jetzt noch – nie eine Option war. Eine Lebensgeschichte wie aus einer

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anderen Zeit. ›› Interview: Sohra Nadjibi

›› Andreas Matlé: BOCK! Im Kampf gegen Stiere und sich selbst. ET 6.5.2021, heftiger.at Erinnerst du dich an deine allererste Begegnung mit Roland Bock? Ja, im April 1978. Damals war ich Catch-Fan, heute würde man sagen: Wrestling-Fan. Seinerzeit eine Außenseitersache. Bock war damals eine Größe in diesem Geschäft und ich habe ihn bei einem seiner Turniere in Stuttgart getroffen.

Wie entstand die Idee zu der Roman-Biografie? Durch Zufall traf ich Roland Bock vor einigen Jahren wieder. Er erzählte mir aus seinem Leben und ich erkannte, dass das, was ich von ihm bis dahin gewusst hatte, vielleicht gerade mal fünf Prozent seines Lebens waren. Mir war sofort klar, dass man daraus ein Buch machen muss. Nicht nur, weil es die spannende Geschichte des ewigen Auf und Ab, sondern auch ein Stück deutsche Nachkriegsgeschichte ist. In Bocks Leben hat sich ständig etwas geändert, es gab nie Stillstand – im Guten wie im Schlechten. Im Prinzip sind das sieben, acht Leben in einem. Man erfährt Dinge, die heute nicht mehr möglich wären oder die heute keinen Menschen mehr aufregen würden. Wie etwa das Oben-ohne-Frauenboxen. Was damals einen Skandal ausgelöst und zu Bocks erstem Konkurs geführt hat. Man muss das nicht goutieren, aber es ist eben ein Stück deutscher Mentalitätsgeschichte. Verschiedene Menschen aus dem Literaturbetrieb, wie beispielsweise Feridun Zaimoglu, haben mich ermutigt, unbedingt diese Geschichte aufzuschreiben.

Bocks Werdegang war nicht einfach: das Milieu, die sozialen Umstände, der Großvater war unfassbar gewalttätig, Bock suchte nach einem Ausweg. Buchzitat:„Nur ich selbst konnte mich der Erinnerungen an diese Schreckensgestalten meiner Kindheit entledigen. Sie im Nachhinein bekämpfen, eine Art Schattenboxen, mir beweisen, dass ich nicht machtlos war.“

Hat er den Kampfsport als Kompensation ausgeübt? Ich glaube nicht, dass der Ringkampf eine zwangsläufige Kompensation für ihn war. Zum Ringkampf ist er zufällig gekommen aufgrund seiner körperlichen Voraussetzungen. Er hat immer etwas gesucht, in dem er sich beweisen und den anderen zeigen kann, was er drauf hat. In welchem Bereich, war da

völlig egal. Es musste bei ihm immer wieder etwas Neues sein. Das hat schon als Kind begonnen Später waren das teilweise völlig skurrile Dinge wie die Kämpfe mit dem Braunbären und dem Stier oder der Kauf einer Stierkampfarena auf Gran Canaria Selbst im Gefängnis hat er begonnen, Arbeitsabläufe neu zu organisieren. Manchmal waren das durchaus interessante Projekte, aber er hat sich selbst im Weg gestanden, weil er den Weg nicht über den Feldberg nehmen, sondern sofort hinauf auf den Mount Everest wollte. Immerhin war er beinahe der erste Unternehmer, der ein Steakhouse in Deutschland eröffnete, und er betrieb über Jahre hinweg eine der größten Diskos Deutschlands. Dann wiederum hat er Dinge leichtsinnigerweise in den Wind geschlagen: Nachdem er 1979 an der Seite von Depardieu den Film „Hurricane Rose“ gedreht hatte, bot man ihm die Rolle des Marco Polo in einem Vierteiler an. Seine Ablehnung bereute er später.

Und dann landet Bock doch wieder in einem gewissen Milieu (als „Catcher“), möchtest du diese Klischeevorstellungen aufweichen? Dass er vorübergehend – man darf nicht vergessen, das waren gerade mal sieben Jahren – in dem Milieu der Catcher landete, ist Zufall. Hätte er 1972 nicht den Ärger mit den Funktionären des Deutschen Ringerbandes bekommen, die ihn aus Trotz für die Olympischen Spielen in München sperrten – hätte er möglicherweise die Goldmedaille gewonnen und dann wäre sein Leben ganz anders verlaufen.

Ist es eine Biografie, die Mut machen soll? Sie soll unterhalten, ein Stück Zeitgeschichte wiedergeben und ja, auch Mut machen. Denn Bock hat bis heute einen unfassbaren Optimismus, dass in seinem Leben noch etwas Großes passieren wird. Diesen nie nachlassenden Optimismus finde ich bewundernswert. Und, ganz wichtig: die Gabe des Verzeihens. Denn er hat beispielsweise seiner Mutter, von der er viele Schläge kassiert hat, später verziehen, weil er erkannt hat, warum sie das gemacht hat. Weil sie das nicht anders kannte. Außerdem: Er ist in dem Buch sehr ehrlich, steht zu den Dingen, die er in seinem Leben getan hat.

Du schreibst in der Ich-Form, Erzähler und Protagonist sind eins. Wie gelang dir dieses Eintauchen in einen anderen Menschen? Ich finde die Ich-Perspektive geeignet für diese Art von Roman-Biographie am unmittelbarsten. Wie und ob es mir gelungen ist, einzutauchen, kann ich nicht beurteilen. Ich habe mich einfach vom ersten Moment an in ihn hineinversetzen können und glaube, auch seine Sprache gefunden zu haben. Denn Bock spricht ja nicht so, wie es das Klischee einer solchen Person nahelegen könnte. Man darf nicht vergessen: Er ist ausgebildeter Bankkaufmann und Lehrer für Sport und Kunst.

Wie viel ist Fiktion? Etwa 95 Prozent Biographie. Natürlich weiß er nicht mehr, wie bestimmte Dialoge verlaufen sind, welche exakten Gedanken er zu bestimmten Zeiten hatte. Da beginnt dann das Fiktionale. Genau genommen ist nur eine Szene erfunden, die aber nicht tragend für die Geschichte ist. Geändert wurden wegen Persönlichkeitsrechten einige Namen und Orte.

ALLE Termine unter: www.strandkorb-openair.de

Geboren in Frankfurt, betrieb Andreas Matlé 14 Jahre lang mit zwei Freunden das Funkadelic, das von 1983 bis 1997 in der Brönnerstraße Die Adresse für „Black Music“ war. Der Autor – der mittlweile bei der Oberhessischen Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (OVAG) in Friedberg die Öffentlichkeitsarbeit leitet und für kulturellen Veranstaltungen zuständig ist – hat bereits fünf Bücher geschrieben, darunter den bei Bertelsmann erschienenen Titel „Sonay A. – Hier will ich leben“.

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