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FRIZZ KUNST

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INTERVIEW

INTERVIEW

HOLLYWOODS ERSTE FOTOGRAFIN: RUTH HARRIET LOUISE IM KUNSTHAUS GÖTTINGEN

Inbetween

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Hollywoods Starruhm wäre nichts ohne die Fotografie. Schon während der Stummfilmzeit überflutete die amerikanische Filmindustrie ihr Publikum mit schillernden Bildnissen, die schon durch die Künstlichkeit und Eleganz von Komposition, Lichtsetzung oder Retusche „größer als das Leben“ wirkten – und für die sich schließlich, um 1930, ein Begriff etablierte, der noch heute für den Glanz des Kinos steht: Glamour. Unter den vielen Lichtbildnern, die diesen Stil gemeinsam prägten, stand in erster Reihe eine Frau: Ruth Harriet Louise (1903-1940). Sie war die erste Person, die überhaupt von einem Filmstudio als Porträtfotografin angestellt wurde. Von 1925 bis 1930 leitete sie die „portrait gallery“ beim Branchenprimus Metro-Goldwyn-Mayer. Gerade 22 Jahre alt, wurde sie von Studiochef Lewis B. Mayer entdeckt, nachdem sie ihrer Cousine, dem Filmstar Carmel Myers, in die Traumfabrik gefolgt war. Zwischen 1925 und 1930 porträtierte sie sämtliche Stars und Regisseure, die dort unter Vertrag waren. Darunter Joan Crawford, Norma Shearer, Marion Davies, John Gilbert, Lon Chaney und natürlich die weltweit bewunderte Schönheit, die Schwedin Greta Garbo, deren Erscheinungsbild sie maßgeblich prägte.

›› 07.01.-06.02.2022 | www.kunsthaus-goettingen.de AUSSTELLUNG IM HESSISCHEN LANDESMUSEUM KASSEL | BIS 20. MÄRZ 2022

Video Invasion Wie das Kino ins Wohnzimmer kam

Die kleine Sonderausstellung „Video Invasion – Wie das Kino ins Wohnzimmer kam“ erzählt vom 6. November 2021 bis 20. März 2022 im Hessischen Landesmuseum Kassel anhand der Geschichte des Kasseler „Film-Shops“ von der Zeit der klackernden Videokassetten, der brummenden Abspielgeräte, der verbotenen Filme, der Rückspulgebühren und nicht zuletzt einer Liberalisierung des Filmkonsums, die bis heute nachwirkt. Mit der Erfindung der Videokassette war es Ende der 1970er Jahre plötzlich für jedermann möglich, Filme ins eigene Wohnzimmer zu holen. Ein regelrechter Boom rollte über die Welt und überall schossen Videotheken wie Pilze aus dem Boden. Ein einzigartiger Kulturort und ein neuer, schnell wachsender Filmmarkt waren geboren: 1983, auf dem Höhepunkt dieser Welle, standen 4.850 Videotheken nur 3.664 Kinos gegenüber – allein in Kassel gab es 70 dieser Verleihstätten. Die nordhessische Metropole war auch die Geburtsstätte dieses neuen Phänomens. Videothekenerfinder Eckhard Baum gründete hier 1975 den „Film-Shop“, die erste Videothek der Welt.

›› Programm im Januar: 26.01.2021 Vortrag von Dr. Roland Seim zur Zensurgeschichte in Deutschland Filmvorführung: „Das Böse“ von Don Coscarelli | www.museum-kassel.de

CARICATURA GALERIE FÜR KOMISCHE KUNST | BIS 27.2.2022

Beste Bilder: Die Cartoons des Jahres 2021

Corona hatte die Welt auch 2021 fest im Griff. Nicht verkehrt also, dass sich das Jahr dem Ende neigt und es endlich wieder Zeit ist für den ultimativen Jahresrückblick: Beste Bilder! Cartoons von 78 Künstler:innen zeigen nicht nur bisher noch unbeleuchtete Aspekte des pandemischen Ausnahmezustands, nein, auch jenseits von Corona hatte das ausgehende Jahr einiges zu bieten. Impfen hieß das Zauberwort zu Beginn dieses Spritzenjahrs. Gefolgt von heftigen Diskussionen über Sinn und Unsinn von Inzidenzwerten, Impfpflicht, 3G, 2G. Mehr oder weniger Sinnvolles wurde auch zum Thema Gendern verbreitet. Im Sommer dann drängten sich gleich zwei K-Fragen in den Vordergrund: Wer wird Kanzler:in und wie steht’s um den Klimawandel? Der Hochwasserkatastrophe in Deutschland folgte das Desaster in Afghanistan. Während Trump sich schon im Januar aus dem Weißen Haus verabschieden musste und Putin bis 2036 Chef von Russland bleiben kann, war vor der Bundestagswahl nur eines klar: Merkel wird gehen. In der Ausstellung dürfen selbstredend die drei Siegercartoons nicht fehlen, ebenso wie der mittlerweile Tradition gewordene „Beste Bilder“-Wandkalender, der bis zum Jahresende jeden Tag um einen aktuellen Cartoon ergänzt wird. Wer diese Ausstellung verpasst, hat das Jahr 2021 verpasst und kann 2022 eigentlich auch gleich zu Hause bleiben! ›› www.caricatura.de

Simon Kinberg

The 355

Start: 6.1. (124 Min.) Fünf Agentinnen aus fünf Nationen mit dem Codenamen „355” jetten von einer Metropole zur nächsten, um einigen Bösewichtern eine geheime Waffe abzujagen, die die ganze Welt ins Chaos zu stürzen droht. Die männlichen Pendants in diesem mit reichlich Action versehenen Frauenpower-Thriller erscheinen dabei allesamt so zwielichtig wie die Gegenspieler eines James Bond, während die fünf Mädels es krachen lassen, dass selbst Charlies Bengel vor Neid erblassen. ›› USA 2021, mit Jessica Chastain, Lupita Nyong’o, Diane Kruger, Penélope Cruz, Fan Bingbing, Sebastian Stan

Pablo Larraín Spencer

Start: 13.1. (116 Min.) In Frieden ruhen – für die selige Diana ein Unding. Mit Kristen Stewart in der Rolle der walisischen Thronfolgergattin Diana Spencer zerrt man nun die kritischste Phase im Leben der Prinzessin auf die Kinoleinwand, zeichnet man das Porträt einer Frau, die zu Beginn der 1990er einen Weg aus ihrer unglücklichen Ehe finden muss, ohne das britische Königshaus zu diffamieren. Wie jede:r weiß, kommen die Dinge anders …. ›› England/USA/Deutschland 2021, mit Kristen Stewart, Timothy Spall, Jack Farthing, Sean Harris, Sally Hawkins

Daniek Espinosa

Morbius

Start: 27.1. (116 Min.) Die Selbstheilung von einer seltenen Krankheit nimmt für den Biochemiker Michael Morbius (Jared Leto) einen gefährlichen Kurs, als das Experiment ihn versehentlich in ein übermenschliches Vampirmonstrum verwandelt. Ein halbes Jahrhundert nach seinem ersten Auftritt in einem Spider Man Comic reiht sich Morbius nun in die illustre Welt der Marvelkinohelden ein, was ihn in naher Zukunft mit den anderen Stars des Marvel Cinematic Universe in Berührung bringen wird. ›› USA 2021, mit Jared Leto, Matt Smith, Adria Arjona, Jared Harris, Al Madrigal, Tyrese Gibson, Michael Keaton

Guillermo del Toro Nightmare Alley

Start: 27.1. (140 Min.) Mit fiesen Tricks versteht es Stan Carlisle (Bradley Cooper), sein Publikum auf einem Jahrmarkt zu manipulieren. Die Glückssträhne des gerissenen Schaustellers endet abrupt, als er an die Psychiaterin Lilith Ritter (Cate Blanchett) gerät, die mit Stan ein teuflisches Spiel zu spielen beginnt. Neuauflage des Noir-Thrillers von 1947, basierend auf der Vorlage von William Lindsay Greshams Roman um dubiose Schwindler und gefährliche Femme fatales zu Zeiten der Depression. ›› USA 2021, mit Bradley Cooper, Cate Blanchett, Toni Collette, Willem Dafoe, Richard Jenkins, Rooney Mara PAUL THOMAS ANDERSON

Licorice Pizza

›› Start: 27.1. (133 Min.) USA/Kanada 2021, mit Alana Haim, Cooper Hoffman, Sean Penn, Tom Waits, Bradley Cooper, Benny Safdie, Skyler Gisondo nnnn n

Sommer 1973: In den autoversessenen USA ächzt man unter der weltweiten Ölkrise, die landesweit für Benzinknappheit sorgt. Derweil kämpft der unweit von Los Angeles aufwachsende Teenager Gary (Cooper Hoffman) nach ersten Erfahrungen im Filmbusiness mit lästigen Pfunden und Pickelproblemen, die ihm weitere Auftritte vor der Kamera einstweilen verwehren. Statt Frust zu schieben, liebäugelt der umtriebige Schüler mit dem Verkauf von Wasserbetten, interessiert er sich fürs Betreiben eines Spielsalons – irgendwas geht immer! Diesem Motto folgt der Fünfzehnjährige auch in puncto Liebe, was ihm die Bekanntschaft der zehn Jahre älteren Alana (Alana Haim) einbringt. Die zwischen dem ungleichen Freundesduo aufkommende Nähe bietet Regie-As Anderson („Magnolia“, „Boogie Nights“) reichlich Gelegenheiten, einerseits eine Milieu- und Herzschmerzstudie aufzufächern und dem von ihm gewohnt kenntnisreich ausgeleuchteten Mikrokosmos Traumfabrik andererseits den Spiegel vorzuhalten. Als Glücksgriff erweisen sich die beiden phänomenal schauspielernden Newcomer Alana Haim und Philip Seymour Hoffmans Sohnemann Cooper, die „Licorice Pizza“ über eine gängige Coming-of-Age-Geschichte hinweg-

katapultieren. Horst E. Wegener

VALDIMAR JÓHANNSSON

Lamb

›› Start: 6.1. (106 Min.) Island/Schweden/Polen 2021, mit Noomi Rapace, Hilmir Snær Guðnason, Björn Hlynur Haraldsson nnnn n

Etwas Unheimliches treibt sich in der nebelverhangenen Nacht herum, schreckt die Tiere auf einer abgelegenen Farm aus ihrem Schlaf, bevor es ebenso plötzlich wieder verschwindet. Kurze Zeit darauf bringt eines der Lämmer, die das Ehepaar María (Noomi Rapace) und Ingvar (Hilmir Snær Guðnason) fernab jeglicher Zivilisation heranzüchten, ein Wesen auf die Welt, das das Leben der beiden Farmer von Grund auf verändern wird. Halb Mensch, halb Tier, wird das neugeborene Lamm als Familienmitglied aufgenommen, ein „Geschenk”, wie María und Ingvar immer wieder betonen, selbst als Ingvars Bruder Pétur (Björn Hlynur Haraldsson) unerwartet in die Idylle einbricht. „Lamb” ist das exzentrische Regiedebüt des Isländers Valdimar Jóhannsson. Atmosphärisch und dialogkarg vearbeitet der Film Mythologisches mit Folklore und Religion. Dabei ist es kein Zufall, dass die Protagonistin den Namen María trägt, und eine hybride Kreatur mit diabolischer Statur sich in der Scheune an einem Lamm vergreift. Verstörend und inspirierend zugleich treibt die Handlung auf eine Crux zu, die menschliches Leid in Erlösung ver-

NINJA THYBERG Pleasure

›› Start: 13.1. (105 Min.) Frankreich/Schweden/Niederlande 2021, mit Sofia Kappel, Revika Anne Reustle, Evelyn Claire, Chris Cock, Dana DeArmond nnnn n

Sich hinlegen, Beine ausbreiten, und martialische Urschreie ausstoßen – das mag in häuslicher Umgebung für Ekstase sorgen. Im Pornogeschäft ist das jedoch nur Kinderkram. Ohne jegliche Erfahrung will Linnéa (Sofia Kappel) der „nächste große Pornostar” werden, verlässt ihre schwedische Heimat, um in Kalifornien ins Geschäft mit dem Sex einzusteigen. Schnell findet die 19-jährige, die sich unter dem Namen „Bella Cherry” verkauft, Arbeit in Los Angeles. Doch um mit den Großen und Größten der Branche am selben Tisch pokern zu können, muss sie mehr beweisen, als das übliche Tuten und Blasen. Mit all ihrem Mut wagt sie sich schließlich an Sado-Maso-Praktiken und Doppel-Analverkehr heran – womit sie ihren neuen Freundinnen, besonders aber auch dem Star-Agenten Spiegler zuerst einmal imponiert. Allein, die zunehmende Härte und Brutalität, die „Bella” an den Sets überstehen muss, strapazieren ihren scheuen Charakter ebenso wie die Kaltblütigkeit, mit der die Sexstars und -sternchen ums tägliche Überleben kämpfen. Erregende Einblicke in die Pornoszene sind keine Neuheit. Was „Pleasure” von anderen Filmen dieser Art unterscheidet, ist sowohl die erstaunliche Natürlichkeit, mit der Sofia Kappel die Hauptfigur porträtiert, als auch der kritische Aspekt, den der Film von der Szene und ihren Akteur:innen, vor und hinter der Kamera, zeichnet. Uwe Bettenbühl

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