Redaktion: Kathrin Bode
Foto: © Museumslandschaft Hessen Kassel
›› FRIZZ INTERVIEW
KASSEL KANN KUNST Seit vier Jahren ist Prof. Dr. Martin Eberle Direktor der Museumslandschaft Hessen Kassel (MHK). Die Pandemie hat auch die MHK ausgebremst, aber 2022 wird wieder durchgestartet und uns erwartet ein Reigen an Eröffnungen und Veranstaltungen. Wir haben Prof. Dr. Eberle zum Interview getroffen und mit ihm über die Digitalisierung, die aktuellen Bauprojekte und neue Veranstaltungsformate gesprochen.
Während der Pandemie hat die MHK kontinuierlich ihr digitales Angebot erweitert. Ist die Digitalisierung von musealem Content ein Fluch oder ein Segen? Die Digitalisierung war für uns während der Pandemie ein echter Segen. Wir konnten zu jeder Zeit – auch während der Schließzeiten unserer Museen – den Kontakt zu unseren Besucher*innen halten, stetig pflegen und neue Zielgruppen dazugewinnen. Unsere Mitarbeiter*innen haben innerhalb kürzester Zeit hochwertige Programme zu unterschiedlichen Themen in unterschiedlichen Sprachen entwickelt und so unseren Gästen die Museen und Schlösser direkt nach Hause gebracht. So hatten Interessierte auch in den teilweise schwierigen Zeiten die Möglichkeit, an unseren kulturellen Angeboten teilzunehmen. Wir haben viele sehr dankbare Rückmeldungen dazu erhalten. Das war das größte Geschenk. Mittlerweile hat sich die Digitalisierung auch in unserer täglichen Arbeit etabliert. Wir denken nicht mehr nur analog, sondern planen bei all unseren Angeboten vielfältige digitale Inhalte direkt mit. Die gibt es dann als Kurzclip, App,
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April 2022
360°-Rundgang, digitaler Vortrag oder AR-Anwendung. Möglichst in verschiedenen Sprachen und abgestimmt auf unterschiedliche Zielgruppen. Am Ende steht natürlich immer noch das Original im Mittelpunkt. Dennoch sind digitale Inhalte eine großartige Ergänzung zu unseren regulären Museumsangeboten.
Vom 18. Juni bis 25. September 2022 findet die documenta fifteen statt und wird erstmalig von einem Kollektiv geleitet. Worauf freuen Sie sich am meisten? Die documenta ist schon immer auch ein Teil unserer Arbeit gewesen. Die einzelnen Ausgaben der documenta haben bislang auch an MHK-Standorten stattgefunden. Es ist großartig, eine international so bedeutende Kunstschau in Kassel zu wissen und alle fünf Jahre an ihrer Entstehung teilhaben zu dürfen. Die documenta erfindet sich alle fünf Jahre aufs Neue. Jede künstlerische Leitung prägt die Schau auf ihre eigene Weise. Ich bin sehr gespannt auf die Inszenierung von ruangrupa. So etwas hat es noch bei keiner documenta gegeben und ich bin mir sicher, dass auch die fünfzehnte Ausgabe der Weltkunstschau einmalig werden wird. In diesem Jahr möchten wir gerne auch selber einen Beitrag leisten und zeigen mit „Arnold Bode unframed“ die erste umfassende Retrospektive zum künstlerischen Schaffen des documenta-Gründers. Außerdem wird die documenta fifteen als erste Ausgabe begleitet von einer Dauerausstellung zur Geschichte der documenta in der Neuen Galerie. Das ist für viele www.frizz-kassel.de
Besucher*innen sicherlich eine Bereicherung und weckt bei dem einen oder anderen Erinnerungen an vergangene Kassel-Besuche. Wie ist der aktuelle Stand für das Projekt Neubau für das Deutsche Tapetenmuseum? Die Planungen für den Neubau des Deutschen Tapetenmuseums erfolgen in enger Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb für Bau und Immobilien in Hessen (LBIH) als Bauherr des Projektes. Vor der Grundsteinlegung für den eigentlichen Neubau werden ab Frühjahr 2022 die Baustelle eingerichtet sowie die Schadstoffentkernung und -beseitigung im vorhandenen Baubestand begonnen. Ganz besonders wichtig für uns ist in diesem gesamten Prozess, dass wir regelmäßige Einblicke in die kostbare Sammlung des Deutschen Tapetenmuseums ermöglichen können. Dafür bieten sich Sonderausstellungen oder Schaufenster in die Sammlung ganz besonders an und wir können so unterschiedlichste Themen der vielfältigen und spannenden Sammlungsgeschichte herausarbeiten. In diesem Jahr werden wir das durch die Sonderausstellung „OP, POP, TOP! Tapeten der 70er Jahre“ umsetzen, die ab Freitag, dem 8. April im Schloss Wilhelmshöhe zu sehen sein wird. Hier werden wir unsere Besucher*innen in das schrille Jahrzehnt der Flower-Power entführen. Ich kann schon jetzt tolle Tapetenmuster, aber auch Einblicke in den gesellschaftlichen Wandel der Zeit versprechen. Und genau an dieser Stelle machen die Ausstellungen aus unserer Tapetensammlung immer wieder deutlich, dass Tapeten nie einfach