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14. Jahrgang // Nummer 6 // Wien, Juni 2015
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TOPINFOS FÜR ENGAGIERTE GEWERKSCHAFTERiNNEN
GESCHÄFTSGEHEIMNISSE RECHTE VON BETRIEBSRÄTiNNEN SICHERSTELLEN SEITE 14
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Zeit, neue Wege zu gehen: Arbeits- und Lebensqualität verbessern E i n v e r n e h m l i c h e L ö s u n g : Vo r s i c h t u n d g u te r R a t g e b ote n Lebensstandard: Sicher bleibt sicher
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Inhalt Cover: Symbolbild für Geschäftsgeheimnisse. Seite 14
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Editorial FSG-Bundesgeschäftsführer
Aktuelles
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Mehr Freizeit, mehr vom Leben Schulterschluss in Salzburg Gemeinsam das Land wieder nach vorne bringen.
Kommentar
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FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian
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Hintergrund
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FSG gewinnt dazu Plus zwei Mandate bei der Arbeiterbetriebsratswahl in der „voestalpine“.
Service
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Recht, Antworten auf Fragen
Grundsatz
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Sicher bleibt sicher Selbst ernannte Pensionsexperten verunsichern weiter die Menschen.
Europa/International
14 Geheimniskrämerei mit Augenmaß Grundrechte von BetriebsrätInnen sicherstellen! 16 Entwicklung der Krankenstandsfälle
Foto: Credit Jan Woitas / dpa / picturedesk.com
FAKTOR ARBEIT WEITER ENTLASTEN
WERTSCHÖPFUNGSABGABE
ROBOTER KAUFEN Pensionen, Krankenversorgung oder Arbeitslosenversicherung – sie werden vor allem auf Basis von Löhnen und Gehältern finanziert. Bereiche mit steigender Wertschöpfung tragen noch nichts dazu bei.
Heute kennt ihn jeder: Den „SelfieStick“, mit dem man mit seinem Handy bequem Fotos von sich selbst machen kann. Eines der ersten Patente dafür stammte aus den 1980er-Jahren. In etwa zur gleichen Zeit reifte die Idee einer Wertschöpfungsabgabe. Die Idee stammte von Alfred Dallinger. Er war Vorsitzender der damaligen Gewerkschaft der Privatangestellten und späterer Sozialminister. Nun brachte die Idee
der Wertschöpfungsabgabe Sozialminister Rudolf Hundstorfer wieder ins Gerede. Beiträge zum Beispiel zur Sozialversicherung sollten auch auf Basis der Wertschöpfung eines Betriebes bemessen werden. Vorteil: Der Faktor Arbeit könnte hierzulande wie international gefordert endlich weiter entlastet werden. Profitieren würden davon personalintensive Branchen mit vielen Beschäftigten – beispielsweise Handel oder Tourismus.
:: IMPRESSUM :: Herausgeber: Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen im ÖGB, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/534 44-39080, www.fsg.at. Medieninhaber (Verleger): Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/662 32 96–39744, Fax: 01/662 32 96–39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, www.oegbverlag.at, UID ATU 55591005, FN 226769i. Hersteller: Verlag des ÖGB GmbH. Verlagsort: Wien, Herstellungsort: Wien. Redaktion: Christoph Höllriegl (Leitung), Litsa Kalaitzis, Carmen Janko, Thomas Kallab. Grafikdesign: Verlag des ÖGB GmbH. Fotos: FSG Oberösterreich, FSG Salzburg, FSG Vorarlberg, Mauritius Images, picturedesk.com, ÖGB-Archiv. Anzeigenrepräsentanz: Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Telefon 01/662 32 9639744, Telefax 01/662 32 96-39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, DVR-Nr. 0562041, ZVR-Nr. 158750011. Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: www.fsg.at/offenlegung Für unverlangt eingesendete Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit Z ustimmung der Redaktion und mit Quellenangabe. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der FSG entsprechen.
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AKTUELLES
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EDITORIAL
DEMOKRATIE KANN MAN WÄHLEN
Porsche-Werk in Leipzig, Deutschland: Werden Roboter jemals Autos bezahlen können?
NICHTS Karl Blecha, Präsident des Pensionistenverbandes Österreich, ging sogar einen Schritt weiter. Er forderte die Wertschöpfungsabgabe angesichts der Wirtschaftskrise bereits 2007 ein – und das europaweit: „Die Arbeitsmärkte und Sozialsysteme geraten in ganz Europa unter Druck.“ Blecha sieht nicht ein, dass Pensionen, Krankenversorgung und Arbeitslosenversicherung ausschließlich von Löhnen und Gehältern finanziert werden, andere Bereiche mit steigender Wertschöpfung aber nichts dazu beitragen: „Roboter zahlen keine Beiträge.“ Seine Forderung: „Die europaweite Einführung der Wertschöpfungsabgabe. (...) Wir wollen kein Europa der Pensionskürzungen, der Privatspitäler, die sich niemand mehr leisten kann!“ Gescheitert ist die Wertschöpfungsabgabe bisher an der Wirtschaft und der ÖVP. Roboter kaufen aber auch nichts und kurbeln daher nicht die Wirtschaft an. Daher heißt es, weiterhin auf den gleichen Durchbruch zu warten, wie ihn der Selfie-Stick erfahren durfte.
FSG DIREKT IM ABO „FSG direkt“ ist kostenlos und kann per Post oder per E-Mail bezogen werden (www.fsg.at/abo). Anregungen und Beiträge einfach senden an: fsg@oegb.at
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Die Lohnsteuersenkung ist im Begutachtungsmodus, geplanter Beschluss im Parlament im Juli. Parallel dazu kocht die Pensionsdebatte wieder hoch. Als wenn das nicht reichen würde, stimmt der Fiskalrat auch noch Zweifel an der Gegenfinanzierung an. Wer hätte dagegen gewettet? Eben. „Bei jedem Urnengang An Gewicht gewinnen wieder das entscheiden die Budget und die Schulden. SchulWählerInnen auch über den, die auch zurückgehen auf die Sozialpolitik der ein schwarz-blaues Intermezzo kommenden Jahre.“ zwischen 2000 und 2006. Auf Willi Mernyi, FSGeine Zeit der Abfangjäger, verBundesgeschäftsführer fehlter Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, die die Arbeitslosigkeit um ein Drittel ansteigen ließ, auf eine Politik mit Studiengebühren, Ambulanzgebühren, höheren Selbstbehalten und Penionskürzungen etc. Unsere Demokratie ermöglicht es, dass die WählerInnen bei jedem Urnengang auch aufs Neue entscheiden können, wie viel Sozial- und Sparpolitik sie in den kommenden Jahren möchten. Ein Blick in die Wahlprogramme der Parteien sollte Aufschluss darüber geben. Denn es ist im Prinzip nur eine grundsätzliche Frage, wofür das Steuergeld und die Abgaben der arbeitenden Menschen und der KonsumentInnen verwendet werden. Zum Beispiel nur zur Rettung von Hypos, Volks- und anderen Fast-Pleitebanken oder auch für unsere sozialen Sicherungssysteme. Wer aus Protest reformwütige Parteien wählt, ohne sich vorher zu erkundigen, wofür welche Parteien eigentlich stehen oder was sie genau reformieren wollen, darf danach nicht verwundert sein, wenn beispielsweise Pensionen dahinschrumpfen, das Pensionsantrittsalter überhaupt ein Computer bestimmt, man Gebühren an jeder Ecke bezahlen muss oder auch soziales Wohnen zum Luxus wird. Auch deswegen ist wählen gehen wichtig!
AKTUELLES
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MODELL WIRD GENUTZT
MEHR FREIZEIT, MEHR VOM LEBEN Die sogenannte Freizeitoption wurde von den Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp erstmals im Jahr 2013 für die ArbeiterInnen und Angestellten im Kollektivvertrag der Elektro- und Elektronikindustrie abgeschlossen. Heuer konnte diese bereits zum dritten Mal in dieser Branche vereinbart werden.
Inzwischen gibt es die Freizeitoption auch für andere Branchen, wie etwa in der Fahrzeugindustrie, der Bergbauund Stahlindustrie sowie in der Papierindustrie. „Die Freizeitoption ist eine innovative Möglichkeit der Arbeitszeitgestaltung. ArbeitnehmerInnen können, ohne ihre Normalarbeitszeit zu verändern, die Jahresarbeitszeit verkürzen. Das macht das Modell für mehr zusätzli-
che Freizeit so erfolgreich“, sagen PROGE-Vorsitzender Rainer Wimmer und Karl Proyer, stellvertretender Bundesgeschäftsführer der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp). DIE VORAUSSETZUNGEN Voraussetzung für die Anwendung der neuen Freizeitoption ist der Abschluss
WERNER POSCH EINSTIMMIG WIEDERGEWÄHLT Beim Regionalforum der FSG in der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) in Rankweil wurde Werner Posch einstimmig zum Vorarlberger Regionalvorsitzenden wiedergewählt. Posch bedankte sich für das große Vertrauen und kündigte an, sich insbesondere für die Abschaffung der kalten Progression
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AKTUELLES
einer freiwilligen Betriebsvereinbarung zwischen Unternehmen und Betriebsrat. Gibt es eine solche, haben Beschäftigte die Möglichkeit, durch Einzelvereinbarung mit dem Unternehmen in den Genuss der Option zu kommen. Die Höhe der zusätzlichen Freizeit ist an die Ist-Erhöhung gekoppelt. Keine Möglichkeit der Vereinbarung einer Freizeitoption besteht für Min-
Von links nach rechts: Werner Posch, Reinhard Rüf, Hans Waidacher, Fraktionssekretär Markus Fässler, Willi Braun und Wolfgang Katzian stark machen zu wollen. Ein großes Dankeschön ging allen voran an die Betriebsräte Hans Waidacher, Illwerke, und Reinhard Rüf, Liebherr. Sie wurden im Beisein von FSGBundesvorsitzendem Wolfgang Katzian und FSG/GPA-djpBundesvorsitzenden Willi Braun für ihre langjährige Mitgliedschaft und engagierte Arbeit geehrt.
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Freizeitoption: Verschiedene Möglichkeiten stehen zur Wahl.
destlohn- beziehungsweise MindestgrundgehaltsbezieherInnen, weil deren Lohn/Gehalt nach der Wandlung unter dem Mindestlohn/Mindestgrundgehalt liegen würde. Einmal vereinbart, bekommen die Beschäftigten dann jeden Monat die zusätzliche Freizeit. Den ArbeitnehmerInnen stehen verschiedene Wahlmöglichkeiten für den Verbrauch zur Verfügung:
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LEBENSARBEITSZEIT
::: für die Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit, ::: für die Verlängerung des Urlaubs oder aber auch ::: als Ansparmodell für längere Freizeitphasen. „Beschäftigte haben so die individuelle Möglichkeit, ihre Arbeitszeit und damit auch ihre Arbeitsbelastung zu verringern“, betonen Wimmer und Proyer.
Untersuchungen der Arbeiterkammer zeigen, dass die Freizeitoption positive Effekte auf die Beschäftigung und auf gesellschaftliche und gesundheitliche Auswirkungen hat – etwa im Rahmen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder der Umverteilung der Lebensarbeitszeit. Noch gilt es aber, Ängste vor allem auf Unternehmerseite abzubauen. Denn der häufigste Grund für das Nichtzustandekommen einer Betriebsvereinbarung für eine Freizeitoption ist die Ablehnung der Unternehmen.
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Die Volkshilfe Österreich hat Ende Mai bei ihrer Bundeskonferenz Barbara Gross als neue ehrenamtliche Präsidentin der Volkshilfe Österreich einstimmig gewählt. Ihr Vorgänger Josef Weidenholzer wurde nach einer 24-jährigen Amtsperiode gebührend verabschiedet. STÄRKERE ANERKENNUNG Die neu gewählte Präsidentin bedankte sich für das Vertrauen der Delegierten und konkretisierte sogleich ihre Ziele und Visionen im Rahmen ihrer neuen Aufgabe: „Mir ist es wichtig, dass ehrenamtliches Engagement möglichst gute Rahmenbedingungen vorfindet und Freiwilligenarbeit als Herz einer funktionierenden Gesellschaft stärkere Anerkennung findet.“
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DEN ARMEN EINE STIMME GEBEN Volkshilfe-Bundesgeschäf tsführer Erich Fenninger stellte in seinem Rückblick die erfolgreiche Arbeit in den vergangenen vier Jahren vor, betonte aber, dass man sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen würde: „So lange es einen hohen Sockel an Armutsbetroffenen in unserem Land gibt und Vermögen und Besitz derart ungleich verteilt sind, werden wir uns weiterhin mit aller Kraft für die Rechte und Anliegen benachteiligter Gruppen einsetzen, ihnen in schwierigen Situationen zur Seite stehen, sie stärken und ihnen eine Stimme geben. Armut reduziert aber vor allem auch die Zukunftschancen unserer Kinder.“ Bundeskanzler Werner Faymann brachte es ebenfalls auf den Punkt: „Gäbe es die Volkshilfe Österreich nicht,
müsste man sie erfinden. Ein Danke an Josef Weidenholzer für sein unermüdli- Barbara Gross ches Engagement innerhalb der Organisation und weiterhin alles Gute im Einsatz als Europaabgeordneter für ein sozialeres Europa, gegen die Macht der Konzerne und für mehr Gerechtigkeit.“ Sozialminister Rudolf Hundstorfer betonte, dass die Volkshilfe Österreich seit jeher eine unverzichtbare Partnerin ist, wenn es darum geht, sozial Benachteiligten in unserem Land zu helfen.“ www.volkshilfe.at
AKTUELLES
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Foto: Volkshilfe
BARBARA GROSS NEUE PRÄSIDENTIN
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SCHULTERSCHLUSS IN SALZBURG
GEMEINSAM FÜRS LAND In wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen alle maßgeblichen politischen Kräfte gebündelt werden, um gemeinsam das Land für die arbeitenden Menschen wieder nach vorne zu bringen.
Das Wetter zeigte sich in Salzburg nicht von seiner besten Seite. Damit war es aber in guter Gesellschaft mit so manchen Arbeitsmarktdaten. Trotzdem: Knapp 600 SozialdemokratInnen trotzten Wind und Regen und kamen zum Mai-Fest der FSG am Tag der Arbeit. Neben zahlreichen Ehrengästen konnte FSG-Salzburg-Vorsitzender Gerald For-
Von links: Salzburgs AK-Präsident Sigi Pichler, Bürgermeister der Stadt Salzburg Heinz Schaden, ÖGB-SalzburgLandessekretärin Heidi Hirschbichler, FSG-Salzburg-Vorsitzender Gerald Forcher und SPÖ-Salzburg-Vorsitzender Walter Steidl.
schränkt, lässt uns FiW-Bundesvorsitzende Adelheid Moretti wissen. Dabei sei der Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten gerade bei Frauen groß, die Beruf und Familie unter einen Hut bringen müssen.
ILSE FETIK FSG-FRAUENVORSITZENDE
ZEIT, NEUE WEGE ZU GEHEN Frau in der Wirtschaft (FiW), die Unternehmerinnen-Interessenvertretung in der Wirtschaftskammer, ist – wenig überraschend – gegen die von immer mehr ExpertInnen geforderte Arbeitszeitverkürzung. Abgesehen davon, dass eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich schädlich für den Wirtschaftsstandort wäre, ginge sie an der Realität vorbei, weil sie die Wahlfreiheit der Menschen ein-
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AKTUELLES
Jedenfalls skurril sind die Forderungen, die Frau Moretti jetzt zusammengefasst hat, um dem Wunsch der Frauen nach flexiblerer Zeiteinteilung entgegenzukommen: Die Durchrechnung soll nicht nur auf Grundlage eines Kollektivvertrags, sondern in Einzelvereinbarungen möglich sein. Die tägliche Normalarbeitszeitgrenze soll auf zehn Stunden erhöht werden, damit die neunte und zehnte Stunde keine Überstunden und zuschlagsfrei werden. In bestimmten Fällen und an Arbeitsplätzen mit geringer Belastung (was immer damit gemeint ist) soll überhaupt länger als zehn Stunden täglich gearbeitet werden. Weil die geltende Ruhezeit die flexible Zeiteinteilung bei Teleworking einschränkt, soll sie angepasst (also verkürzt) werden. Und weil TeleworkerInnen manchmal erst am Abend damit beginnen, brauchen sie dafür auch
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KOMMENTAR
cher den Bürgermeister der Stadt Salzburg, Heinz Schaden, und den SPÖ-Vorsitzenden Walter Steidl begrüßen. In seiner Ansprache betonte Gerald Forcher, dass GewerkschafterInnen den heurigen Tag der Arbeit auch „mit gedämpften Gefühlen begehen“. Rekordarbeitslosigkeit, weiterer Abbau von Beschäftigten in Salzburg und das Vorhaben der Landesregierung, die Wohnbaudarlehen zu verkaufen, würden die Alarmglocken schrillen lassen. ZUSÄTZLICHE ARBEITSPLÄTZE SCHAFFEN „Gerade jetzt ist es ganz wichtig, dass wir sozialdemokratischen GewerkschafterInnen in Salzburg zusammenstehen und gemeinsam den SalzburgerInnen am Tag der Arbeit versichern, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um dieses Land nach vorne zu bringen, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, und durch die Umsetzung mehrerer fertiger Projekte zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Zur Umsetzung unserer Forderungen bedarf es eines Schulterschlusses aller maßgeblichen politischen Kräfte in diesem Land. Wer dies verhindert oder blockiert, stellt sich gegen die Interessen von ArbeitnehmerInnen“, warnte Forcher und weiter: „Wir, die FSG Salzburg, kämpfen für Salzburgs ArbeitnehmerInnen!“ www.fsg.at/salzburg
keine Überstundenzuschläge. So unverhohlen hat noch selten jemand unter dem Deckmantel der Flexibilisierung Verschlechterungen für die ArbeitnehmerInnen, wirksam vor allem für Frauen, gefordert. Diese Forderungen bedeuten nichts anderes als einen Riesenschritt in die Vergangenheit – mehr Arbeit für weniger Geld. ARBEITS- UND LEBENSQUALITÄT VERBESSERN Wir fordern zukunftsträchtige Arbeitszeitmodelle: Nach vier Jahrzehnten Stagnation im Bereich der gesetzlichen Arbeitszeit ist es an der Zeit, neue Wege zu gehen. Es ist nicht nur wirtschafts- und beschäftigungspolitisch höchst an der Zeit, die Arbeitszeit zu reduzieren – weil damit die Arbeits- und Lebensqualität der Menschen in Österreich und vor allem der Frauen, die Kinder und Beruf unter einen Hut bringen sollen, verbessert werden kann. Von einer sinnvollen Flexibilität, die Beschäftigten nützt, würden alle profitieren: Männer, Familien, UnternehmerInnen und – vor allem – Frauen. Also auch Frauen in der Wirtschaft.
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WOLFGANG KATZIAN FSG-VORSITZENDER
UNNÖTIGES MILLIARDENGESCHENK AN DIE UNTERNEHMEN Fast 400.000 Menschen waren im Mai ohne Arbeit – ein Anstieg um 6,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Eine Situation, die viele Menschen berechtigterweise verunsichert und frustriert. Man kann auf diese Situation, wie es die ÖVP gerne macht, mit Jammern über den Standort reagieren. Oder, wie die Freiheitlichen, den „bösen Ausländern“ die Schuld an allem geben. All das hilft niemandem. Lösen lässt sich das Problem nur durch schnelles Handeln. Zum Beispiel indem Überstunden eingeschränkt werden. In Österreich werden nicht nur zu viele, sondern vor allem zu viele unbezahlte Überstunden geleistet – 60 Millionen Mehrarbeitsund Überstunden werden laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO jährlich ohne Bezahlung oder Zeitausgleich geleistet. Trotzdem wehrt sich WKO-Präsident Christoph Leitl vehement gegen den Vorschlag, einen Überstunden-Euro für Unternehmen einzuführen, weil er meint, dass Überstunden ohnehin viel zu teuer wären. Dabei vergisst er offensichtlich bewusst auf die vielen unbezahlten Stunden – ein völlig unnötiges Milliardengeschenk an die Unternehmer. Nicht bezahlte Mehrstunden sind übrigens auch ein Problem von Teilzeitbeschäftigten, die durch Umgehungen häufig um den gesetzlich vorgesehenen 25-prozentigen Mehrarbeitszuschlag umfallen. Angesichts der Entwicklungen am Arbeitsmarkt ist es immer weniger nachvollziehbar, dass die ÖVP sich so standhaft weigert, ihre ideologischen Scheuklappen abzulegen. Nach 40 Jahren Stagnation im Bereich der gesetzlichen Arbeitszeit ist es an der Zeit, endlich wieder einen Schritt zu setzen. Eine Reduktion der Arbeitszeit ist nicht nur wirtschafts- und beschäftigungspolitisch notwendig, sondern auch ein wichtiger Beitrag, um die Arbeits- und Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Verbunden mit einer sinnvollen Flexibilität, die den Beschäftigten Nutzen bringt, würden davon auch die österreichischen Unternehmen profitieren.
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MEHR ROT IN DER VOESTALPINE STAHL
FSG GEWINNT DAZU
Fotos: BRvoestalpine
Sozialdemokratische GewerkschafterInnen gewinnen bei der Arbeiterbetriebsratswahl zwei Mandate dazu. Der oberösterreichische Leitbetrieb ist damit fest in den Händen der roten GewerkschafterInnen.
FSG-Spitzenkandidat Manfred Hippold (2. von links) mit seinen FSG-Betriebsräten Klaus Haidinger, Ernst Theißler, Abgeordneter zum Nationarat Dietmar Keck und Dietmar Aichinger (von links).
82,74 Prozent der Stimmen für die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) erreichte Spitzenkandidat Manfred Hippold mit seinem Team bei der Arbeiterbetriebsratswahl in der voestalpine Stahl. 3.446 Arbeiterinnen und Arbeiter kreuzten auf dem Stimmzettel die FSG an. Damit erreichte die sozialdemokratische Fraktion 21 von 24 Mandaten. Das
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HINTERGRUND
ist im Vergleich zur vorigen Betriebsratswahl ein Plus von zwei Mandaten. ERFOLGREICH DURCHGESETZT Das Erfolgsrezept der FSGler in der voestalpine Stahl: Die Arbeiterinnen und Arbeiter wissen, dass sie sich auf ihre BetriebsrätInnen verlassen können. Ihre Interessen, ihre Anliegen und Sorgen stehen immer im Mittelpunkt
der Arbeit des Teams um Vorsitzenden Hippold. Sie spüren, wer sich tatsächlich für sie einsetzt und wer nur billige Parolen drischt. Immerhin stellten sich gleich drei weitere Listen ebenfalls der Wahl bei den ArbeiterInnen in der voest‑ alpine Stahl: zwei Splittergruppen, die diesmal bei der Wahl völlig leer ausgingen, und die Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA), die Verluste einfuhren.
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DEIN RECHT VOR ORT
GEGEN SCHAUMSCHLÄGER Erfolgreiche Interessenvertretung setzt sich eben gegen Schaumschläger durch. Da half es nicht einmal, dass für die FPÖ-FA deren Landesobmann als Spitzenkandidat ins Rennen ging und rund um die voestalpine großflächige Plakate mit FPÖ-Landesrat Manfred Haimbuchner affichiert wurden. Sogar im Bereich, in dem der freiheitliche Spitzenkandidat schon seit acht Jahren als Betriebsrat zuständig ist, unterlag der Blaue klar einem neuen jungen FSGBetriebsrat. Dieser großartige Erfolg der
sozialdemokratischen Betriebsrätinnen und Betriebsräte in der voestalpine bestätigt eindrucksvoll die Arbeit von Manfred Hippold und seinem Team. FSG FÜR ARBEITERiNNEN Arbeitsplatzsicherheit und gute Bedingungen für die ArbeiterInnen stehen immer im Mittelpunkt der Arbeit der FSG-BetriebsrätInnen. „Egal ob bei Einsparungen oder neuen Schichtmodellen, es sind die FSG-Betriebsräte, die immer darauf achten, dass alle Arbeitsplätze erhalten bleiben, und dass die In-
teressen der Arbeiter bei Veränderungen berücksichtigt werden“, würdigt FSG/ PRO-GE-Landessekretär Walter Schopf die erfolgreichen Interessenvertreter. „Die Sozialdemokratie ist und bleibt die einzige zuverlässige, politische Bewegung, die kompromisslos aufseiten der ArbeiterInnen steht.“ Autorin: Carmen Janko
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JÜRGEN MICHLMAYR IM INTERVIEW „SPALTER SIND GESCHEITERT“ Gegen den jungen FSGler Jürgen Michlmayr, der erstmals bei einer voest-Betriebsratswahl kandidierte, erlitt der Landesobmann der Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA), Gerhard Knoll, eine herbe Schlappe. Michlmayr verrät warum. FSG direkt: Was hat ein Jürgen Michlmayr besser gemacht als die Freiheitlichen? Jürgen Michlmayr: Ich war viel bei den Leuten, habe mich um ihre konkreten Anliegen gekümmert, sie bei bürokratischen Dingen unterstützt, eben das getan, was klassische Betriebsratsarbeit ausmacht. Persönlicher Kontakt kommt bei den Arbeitern offensichtlich besser an als 16-Bogen-Plakate vor dem Werks‑ tor und Parolen, die ihnen über Radiospots ausgerichtet werden.
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FSG direkt: Wie ist der Wahlkampf gelaufen? Jürgen Michlmayr: Ich glaube, der Spitzenkandidat der Freiheitlichen Arbeitnehmer war zu siegessicher. Er hat mich und die gesamte FSG unterschätzt. Und auch, dass er Kollegen zum Gewerkschaftsaustritt motiviert hat, ist vielen sauer aufgestoßen. Was mich persönlich freut ist, dass die Strategie, einen Keil in die Belegschaft zu treiben, einmal mehr gescheitert ist.
warnt. Da haben viele Arbeiter nur noch den Kopf geschüttelt.
FSG direkt: Mit welchen Themen haben die Freiheitlichen versucht zu punkten? Jürgen Michlmayr: Vielen Kollegen hat nicht gefallen, dass sich der Spitzenkandidat mehr um FPÖ-Propaganda gekümmert hat, als um die Interessen der Kollegen. Er ist zum Beispiel mit einem Koran durch das Werk gezogen und hat vor einer „Islamisierung der voest“ ge-
FSG direkt: Was ist das Rezept für einen Wahlerfolg? Jürgen Michlmayr: Die Leute müssen merken, dass du es ehrlich mit ihnen meinst. Sie müssen das Gefühl haben, dass da jemand ist, der sich umschaut und sich für ihre Anliegen einsetzt. Das haben wir offenbar erfolgreich vermitteln können.
Jürgen Michlmayr
HINTERGRUND
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MITWIRKUNGSRECHTE DES BETRIEBSRATES
EINVERNEHMLICHE LÖSUNG Bei einer einvernehmlichen Lösung des Arbeitsverhältnisses sind Vorsicht und guter Rat geboten: ArbeitnehmerInnen sind nämlich mitunter deutlich schlechter gestellt.
Arbeitsverhältnisse (AV) sind sogenannte Dauerschuldverhältnisse. Das bedeutet, dass sie grundsätzlich nicht automatisch, sondern durch eine einseitige Erklärung (Kündigung, Entlassung, Austritt) oder eine Auflösungsvereinbarung enden (ausgenommen davon der Fall des Zeitablaufs bei befristeten AV). Einvernehmliche Lösungen sind dabei Vereinbarungen (!) zwischen Arbeitgeber (AG) und ArbeitnehmerInnen (AN), dass das AV zu einem bestimmten Datum enden soll. Sie können also weder vom AG noch vom AN diktiert werden. Es müssen beide Vertragsparteien zustimmen.
ACHTUNG BEI „ABFERTIGUNG ALT“ Verglichen mit der Situation wie bei einer durch den AG ausgesprochen Kündigung sind die AN im Fall einer einvernehmlichen Lösung mitunter deutlich schlechter gestellt. Das hängt vor allem damit zusammen, dass keine Frist zwischen dem Tag der Vereinbarung einer einvernehmlichen Lösung und dem letzten Tag des AV eingehalten werden muss. Ist man sich einig, kann ein AV auch per sofort gelöst werden. Auch gibt es AV, die im Fall einer einvernehmlichen Lösung im System „Abfertigung alt“ keine Abfertigung erhalten (zum Beispiel Vertragsbedienstete, BauarbeiterIn-
DIE KRISE VERSTEHEN UND POLITISCH HANDELN Obwohl immer nur von der Krise in der Einzahl die Rede ist, so haben wir es mittlerweile mit vielen Krisen zu tun – nicht mehr nur mit einer Wirtschaftskrise. Viele sprechen von einer mehrfachen oder einer Vielfachkrise, die auch die Bereiche der Reproduktion, der Ökologie, der Demokratie, der Bildung, der Geschlechter- oder der Generationenverhältnisse erfasst. SPARPOLITIK WEITER DOMINANT Das gegenwärtige Krisenmanagement durch Staat und Markt zielt
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aber an diesen Dimensionen vorbei und gerät in Kritik, weil dieselben Strategien – zum Teil noch verschärft – wie vor der Krise von 2008 verfolgt werden. Nach wie vor ist eine Sparpolitik dominant, welche die Integrationskraft der Gesellschaft nachhaltig gefährdet – und nicht zuletzt die politische und wirtschaftliche Macht der ArbeitnehmerInnen schwächt. Das Buch versammelt Beiträge von Heiner Flassbeck, Ulrike Hermann, Sighard
nen). Außerdem gelten die gesetzlichen Schutzvorschriften zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz für einvernehmliche Lösungen naturgemäß nicht. Im Bereich des besonderen Kündigungsschutzes (zum Beispiel schwangere AN, Eltern im Kündigungsschutz) oder ganz allgemein für besonders schützenswerte Personen (zum Beispiel Lehrlinge) ist eine einvernehmliche Lösung dadurch gesetzlich erschwert, dass die Schriftlichkeit oder besondere Informationsrechte beziehungsweise -verpflichtungen vorgesehen sind.
BUCHTIPP
Neckel, Birgit Mahnkopf, Gabriele Michalitsch, Thomas Seibert, Bettina Haidinger, Veronika Knapp und Sabine Platzer-Werlberger. BESTELLMÖGLICHKEIT Die Krise verstehen und politisch handeln, Alexandra Weiss (Herausgeberin), ÖGB-Verlag, 2015, 154 Seiten (Paperback), 24,90 Euro. ÖGB-Verlag-Fachbuchhandlung, Rathausstraße 21, 1010 Wien, Tel. 01/405 49 98-132 oder per E-Mail: fachbuchhandlung@oegbverlag.at www.diefachbuchhandlung.at
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RECHT
THOMAS KALLAB
Foto: Alexander Schneider / ChromOrange / picturedesk.com
SCHUTZ VOR UNÜBERLEGTHEIT Im Bereich des sogenannten „allgemeinen Kündigungsschutzes“ gemäß § 105 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG; Sozialwidrigkeit, verpöntes Motiv) gibt es diese erhöhten Formvorschriften nicht. § 104 a ArbVG sieht aber vor, dass wenn AN vor der Vereinbarung einer einvernehmlichen Lösung des AV gegenüber dem AG nachweislich verlangen, sich mit dem Betriebsrat zu beraten, kann innerhalb von zwei Arbeitstagen nach diesem Verlangen eine einvernehmliche Lösung rechtswirksam nicht vereinbart werden. Das soll AN davor schützen, auf übermäßigen Druck des AG unüberlegt einvernehmliche Lösungen zu vereinbaren. Die Rechtsunwirksamkeit einer dagegen getroffenen Vereinbarung ist innerhalb einer Woche nach Ablauf der Frist schriftlich geltend zu machen. Eine gerichtliche Klage hat innerhalb von drei Monaten nach Ablauf dieser Frist zu erfolgen. Wichtig ist also das ausdrückliche (!) und nachweisbare (!) Verlangen der AN gegenüber dem AG auf Beratung mit dem Betriebsrat. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat dazu erst kürzlich eine Entscheidung gefällt und festgehalten, dass die Auslegung einer Erklärung danach zu beurteilen ist, wie ein redlicher Erklärungsempfänger sie verstehen durfte. Dabei ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen. In der Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht Wien geurteilt, dass auch wenn die zweitägige Vereinbarungssperre nicht davon abhängig ist, dass sich der AN tatsächlich mit dem Betriebsrat berät, so erfordert sie aber schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ein nachweisliches diesbezügliches Verlangen des AN. Der vom AN im Gespräch mit dem AG über die Umwandlung einer Entlassung in eine einvernehmliche Auflösung geäußerte Wunsch nach einer Bedenkzeit vor Abgabe seiner Zustimmung kann nach dem Wortlaut des § 104 a Abs. 1 ArbVG die zweitägige Vereinbarungssperre nicht auslösen. AN müssen daher auch nachweisen, dass sich das Verlangen tatsächlich und ausdrücklich auf eine Beratung mit dem Betriebsrat (!) bezieht! Autor: Thomas Kallab
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Jurist, Arbeiterkammer Wien E-MAIL: thomas.kallab@akwien.at
Ich bin derzeit in Karenz wegen meines Kindes und plane danach eine Teilzeitbeschäftigung. Bis wann muss ich das meinem Arbeitgeber sagen? Gemäß § 15 j Mutterschutzgesetz (MSchG) müssen Arbeitnehmerinnen dem Arbeitgeber Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Teilzeitbeschäftigung schriftlich spätestens drei Monate vor dem beabsichtigten Beginn bekannt geben. Nur wenn Sie die Teilzeitbeschäftigung gleich im Anschluss an die Schutzfrist nach der Geburt oder innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten danach antreten wollen, müssen Sie die Teilzeitbeschäftigung bereits in der Schutzfrist melden. Wenn Sie zum Beispiel bis zum 2. Geburtstag des Kindes in Karenz sind, hätten Sie nach der Schutzfrist nach der Geburt noch viel Zeit. Bedenken Sie aber, dass ein Streit über das Ausmaß der Teilzeitbeschäftigung und die Lage der Stunden auch Monate dauern kann – insbesondere, wenn ein Gerichtsverfahren geführt werden muss. Daher empfehle ich dringend, rasch einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung zu stellen und im Zweifelsfall sich mit der Gewerkschaft oder Arbeiterkammer zu beraten. Ich streite schon länger mit meinem Arbeitgeber über das Ausmaß der gearbeiteten Stunden. Auf der Abrechnung ist nicht ersichtlich, wie viele bezahlt wurden. Wie kann ich das überprüfen? Seit 1. Jänner 2015 können Sie vom Arbeitgeber die Übermittlung der Arbeitszeitaufzeichnungen verlangen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass Sie nachrechnen können, welche Stunden abgerechnet wurden, sondern es sind auch die Verfallsfristen gehemmt, wenn der Arbeitgeber die Arbeitszeitaufzeichnung nicht übermittelt, obwohl Sie das nachweislich verlangt haben.
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CHRISTOPH HÖLLRIEGL Aus der Redaktion. E-Mail: christoph.hoellriegl@fsg.at
... MORGEN DENKEN Soziale Sicherungssysteme waren einmal wichtig. Damals, als die Menschen aus der (bäuerlichen) Knechtschaft entlassen wurden und die Industrialisierung auch Hungerlöhne, Elend, Leid und Krankheiten hervorbrachte – obwohl Kapitalismus und Freiheit das gar nicht vorsahen – theoretisch zumindest. Heute hetzen wir längst von einer App zur nächsten, wechseln Handy-Verträge öfter als unsere Tiefkühlpizza-Hersteller und glauben, dass wir so ohne Sozialsysteme gut zurande kommen. Alle werden vom technischen Fortschritt profitieren, die Industrie 4.0 ist im Anrollen, die nächste App auch, der Rest gehört nur reformiert. Dazu gesellt sich der lang ersehnte Traum von der Selbstständigkeit. Bald zu haben um nur einen Euro Stammkapital – wenn es nach der EU-Kommission geht. Der Wettbewerb macht bekanntlich ja alles billiger – setzt aber auch Löhne, Gehälter und Sozialsysteme unter Druck. Vergessen sind alle Lebensrisiken: Krankheiten, Unfälle, Arbeitslosigkeit, Umschulungen, Trennungen, Wohnungswechsel etc. Die neoliberale Lebenslüge zeigt ihr wahres Gesicht erst, wenn diese Risiken eintreten – dann ist es aber schon zu spät. Daher: Heute leben, aber heute auch an das Morgen denken!
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SICHER BLEIBT SICHER Kaum ein anderes Thema wird so heiß diskutiert wie die Pensionen. Unser System ist an Stabilität kaum zu übertreffen. Das zeigte sich vor allem in der Krise. Trotzdem wird es permanent schlechtgeredet.
In der Pensionsdebatte gibt es einen selbst ernannten Pensionsexperten mehr: Außenminister Sebastian Kurz macht sich als Obmann der Jungen ÖVP nun auch Sorgen um unsere Pensionen. Genauer gesagt gehen ihm die arbeitenden Menschen viel zu früh in Pension. Daher fordert er Abschläge (Malus) bei vorzeitigem Antritt und Zuschläge (Bonus) bei späterem Antritt. Diese Forderung von Kurz sorgt allerdings für große Verwunderung – fordert er doch
etwas, was es schon längst gibt. Oder soll es nur ein weiterer Versuch sein, von der Forderung nach dem „echten“ Bonus-Malus-System abzulenken – vom Bonus-Malus-System zur Anhebung der Beschäftigungsquote älterer ArbeitnehmerInnnen? Dieses blockiert die Wirtschaftskammer mit allen Mitteln, obwohl es dringend gebraucht wird. Die besten Garanten für ein sicheres Pensionssystem sind ein hoher Beschäf-
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PENSIONEN
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Unser umlagefinanziertes System steht für lebensstandardsichernde Pensionen und verhindert wirksam Altersarmut.
tigungsstand und Wirtschaftswachstum. Daher fordert Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB: „Neben der guten Arbeitsmarktpolitik braucht es auch eine gute Wirtschaftspolitik, die Wachstum und Arbeitsplätze schafft!“ PLUS 16,8 PROZENT Österreich erlebt derzeit eine Rekordarbeitslosigkeit. Besonders dramatisch ist die Situation gerade bei den älteren ArbeitnehmerInnen: Bei den über 50-Jährigen ist die Arbeitslosigkeit in nur einem Jahr um satte 16,8 Prozent gestiegen. „Viele Unternehmen haben damit aufgehört, Menschen über 50 zu beschäftigen. Deshalb muss das im Regierungsprogramm vorgesehene Bonus-Malus-System endlich umgesetzt werden. Die Blockade der Wirtschaft muss ein Ende haben“, fordert Bernhard Achitz ein.
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Die Jungen werden später einmal keine Pension mehr bekommen. Die Sozialversicherung ist mehr oder weniger pleite. Private Versicherer können besser wirtschaften als der Staat – Mythen und Märchen, die man in den Medien so oft findet, dass man fast schon selbst daran glaubt. Der ÖGB erklärt in einer Serie, welche Wahrheiten hinter den Pensionsmärchen stecken. Jetzt unter: www.oegb.at
Dafür sollte sich Kurz einsetzen und sich weniger Sorgen um die Pensionen machen. Achitz: „Jene, die meinen, zum Beispiel mit einer Umdeutung des Bonus-Malus-Systems in Richtung Pensionsabschläge die Menschen verunsichern zu müssen, machen damit nur deutlich, dass sie keine Ahnung von unserem Pensionssystem haben, aber trotzdem mitreden wollen.“
„Viele Unternehmen haben damit aufgehört, Menschen über 50 zu beschäftigen. Das im Regierungsprogramm vorgesehene Bonus-Malus-System muss endlich umgesetzt werden.“ Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB
Und wirklich Sorgen muss sich um unser Pensionssystem niemand machen. Seit jeher wird es ständig an Veränderungen angepasst. So wurde zum Beispiel das Pensionskonto eingeführt, ebenso ist das faktische Pensionsantrittsalter von 2013 auf 2014 um 13,2 Monate gestiegen. Und die nächsten Schritte wurden schon bei der jüngsten Klausur der Bundesregierung Ende März festgelegt.
GRUNDSATZ
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GEHEIMNISKRÄMEREI
MIT AUGENMASS Im EU-Parlament wird wieder ein heikles Thema behandelt: Wie nämlich künftig Geschäftsgeheimnisse europaweit geregelt werden sollen. Wichtig dabei ist: Die Regelung darf Grundrechte von BetriebsrätInnen nicht einschränken.
BALANCE WAHREN Im EU-Parlament wird derzeit ein sogenannter Richtlinienentwurf dazu vorbereitet. Der Rechtsausschuss wird voraussichtlich Mitte Juni über den Bericht abstimmen. Doch dabei gilt es, eine besondere Balance zu wahren. Ebenso wie Patente müssen Geschäftsgeheimnisse rechtlich geschützt werden. Aber auf der anderen Seite müssen JournalistInnen und BetriebsrätInnen weiter ihrer Arbeit nachkommen können. Im Falle von BetriebsrätInnen muss also beispielsweise auch weiterhin erlaubt sein, dass sie ihren Pflichten gegenüber der Belegschaft nachkommen
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EUROPA/INTERNATIONAL
Foto: mauritius images / imageBROKER / Martin Moxter
Das Thema ist für Unternehmen von großer Bedeutung: Denn sie wollen wertvolle Betriebsinformationen wie technische Methoden, Verfahren, Formeln, Techniken und auch bestimmte Erfindungen nicht einfach an Konkurrenzfirmen weitergeben. Zu den Geschäftsgeheimnissen zählen aber etwa auch Kundenlisten, Preis- und Finanzdaten sowie Bezugsquellen, die sich im Laufe der Zeit als sinnvoll erwiesen haben. Geschäftsgeheimnisse sind kein Patent zweiter Klasse, sondern müssen eigenständig entsprechenden Schutz erhalten.
14. Jahrgang // Nummer 6 // Wien, Juni 2015
GRUNDRECHTE und die ArbeitnehmerInnen über wichtige Vorgänge im Unternehmen unterrichten. Geschäftsgeheimnisse dürfen also nicht zum höchsten Prinzip erkoren werden. BetriebsrätInnen haben oft mit heiklen Informationen über Pläne von Vorständen und AufsichtsrätInnen zu tun, und es muss erlaubt sein, bei einem „legitimen Interesse“ auch die Belegschaft über für sie nachteilige Praktiken zu informieren. Der Stempel „Geheimnis“ oder „top secret“ darf nicht dazu führen, bestimmte Praktiken und Vorgehensweisen nicht mehr kritisieren zu dürfen. Unternehmen sollen nicht die Möglichkeit erhalten, für sie kritische Themen unter dem Siegel der Verschwiegenheit („Geschäftsgeheimnis“) aus der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen – etwa bei besonders aggressiven Steuerpraktiken (siehe „LuxLeaks“ unten).
In der geplanten EU-Richtlinie muss daher ausdrücklich festgeschrieben werden, dass die Mitbestimmungsrechte der betrieblichen sowie überbetrieblichen Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen erhalten bleiben. Das Aufdecken von Missständen muss auch in Zukunft möglich sein, Geschäftsgeheimnis hin oder her. Laut Richtlinie ist es zwar möglich, im öffentlichen Interesse Informationen zu enthüllen, sofern dies „notwendig“ ist. Dieses Ziel ist im Zweifel im Nachhinein aber von Gerichten festzustellen. Dies wird schwierig, da Enthüllungen existenzbedrohend sein können und es derzeit keine gesicherte Rechtslage gibt. Problematisch ist ebenfalls, dass Enthüllungsrechte (etwa von „Whistleblowern“) nicht von der Richtlinie ausgenommen sind. Autorin: Evelyn Regner E-Mail: evelyn.regner@europarl.europa.eu
NATIONALE GRUNDRECHTE SICHERSTELLEN
LUXLEAKS
Im Sonderausschuss „Luxleaks“ gegen Steuerhinterziehung wurde auch jener brisante Fall behandelt, der erst vor wenigen Wochen durch die Medien ging: Ein Journalist veröffentlichte Steuervermeidungspraktiken des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC) in Luxemburg, die durch einen Whistleblower an ihn gelangt sind. Die Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen den französischen Journalisten eingeleitet. In Österreich genießen JournalistInnen etwa einen Informantenschutz, BetriebsrätInnen sind ebenfalls besonders geschützt. Es muss sichergestellt sein, dass solche Grundrechte wie die Presse- und Meinungsfreiheit nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Die neue EU-Richtlinie zu Geschäftsgeheimnissen darf solche nationalen Schutzbestimmungen nicht aushebeln! Die SozialdemokratInnen haben mit Änderungsanträgen ihre Forderungen nach mehr Transparenz im Verfahren sowie keiner Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit untermauert.
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Gewerkschafterin, Europaabgeordnete und geschäftsführende Delegationsleiterin der SPÖ-Europaabgeordneten.
EVELYN REGNER FSG direkt: Ist die geplante EU-Richtlinie zu Geschäftsgeheimnissen notwendig? Evelyn Regner: Es ist vernünftig, Regelungen zu den Betriebsgeheimnissen EU-weit zu harmonisieren. Ich bin dafür, dass Unternehmen für sie wichtige Abläufe, etwa bei Produktionsprozessen, schützen können. Gerade für BetriebsrätInnen ist es wichtig zu wissen, wie sie mit Betriebsgeheimnissen umgehen und wann eine Information der MitarbeiterInnen über Pläne der Vorstände und des Aufsichtsrates erforderlich und erlaubt ist. FSG direkt: Sind eigentlich Steuervermeidungspraktiken auch ein Geschäftsgeheimnis? Evelyn Regner: Aggressive Steuerpraktiken dürfen von Unternehmen nicht unter dem Deckmantel der Geschäftsgeheimnisse versteckt werden. Auch der Datenschutz darf Steuerdumping nicht zur Verschwiegenheitssache erklären. Im EU-Parlament arbeiten wir im SteuerSonderausschuss (TAXE) gerade daran, mehr Licht ins Dunkel zu bekommen. Das dürfen wir nicht auf der anderen Seite bei der Regelung der Geschäftsgeheimnisse unterlaufen.
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EUROPA/INTERNATIONAL
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FAIR. SOZIAL. GERECHT. WWW.FACEBOOK.COM/FSG.OEGB
KRANKENSTANDSFÄLLE
ENTWICKLUNG SEIT 1995 INSGESAMT PRO JAHR IN MILLIONEN 3,27 3,05
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Quelle: Statistik Austria, Werte gerundet.
EIN LEBEN LANG GESUND
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Österreich hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Das kostet auch Geld, aber das muss es uns auch wert sein – weil niemand weiß, ob und wann man einmal krank wird. Dabei darf Arbeit keinesfalls krank machen! Gesundheit ist eines der höchsten Güter im Leben eines Menschen. Davon hängt auch bis zu einem gewissen Grad die Erwerbsfähigkeit ab. Wenn allerdings Arbeit krank macht, wird diese geschmälert beziehungsweise die Erwerbslebensarbeits-
zeit verkürzt. Betriebliche Gesundheitsförderung und alternsgerechte Arbeitsplätze sind daher das Um und Auf in unserer heutigen schnelllebigen Arbeitswelt. Während erste Betriebe diesen Wert erkannt haben und betriebliche Gesundheitsförde-
Ein Ersuchen des Verlages an den/die BriefträgerIn: Falls Sie diese Zeitschrift nicht zustellen können, teilen Sie uns bitte hier den Grund und gegebenenfalls die neue oder richtige Anschrift mit
rung etablieren und mehr alternsgerechte Arbeitsplätze anbieten, verlangen die meisten anderen nach wie vor Millionen krankmachende Überstunden und setzen Menschen weiterhin chronischen Belastungen aus. Damit muss Schluss sein!
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/ / / Straße/Gasse Haus-Nr./Stiege/Stock/Tür / Postleitzahl Ort Besten Dank P.b.b. 02Z031786M ÖGB-Verlag, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1
Retouren an PF 100, 1350 Wien
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Die Zahl der Krankenstandsfälle zeigte in den vergangenen Jahren unterschiedliche Entwicklungen. Seit Ausbruch der Krise steigt sie an. Und das, obwohl immer mehr Menschen trotz Krankheit arbeiten gehen (= „Präsentismus“). Rein rechnerisch war 2013 trotzdem jede/r unselbstständig Erwerbstätige mindestens einmal im Schnitt 13 Tage lang krank. Mehr als verdoppelt haben sich psychische Erkrankungen aufgrund des steigenden Arbeitsdrucks und -tempos.
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