FSG direkt, 02/2014

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13. Jahrgang // Nummer 2 // Wien, Februar 2014

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TOPINFOS FÜR ENGAGIERTE GEWERKSCHAFTERiNNEN

NEUE STUDIE VERMÖGENSSTEUER BRINGT MILLIARDEN SEITE SEITE SEITE

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Weichenstellung: Gemeinsam gegen die Zerstörung Europas Betriebsratsarbeit: Was geht, was geht nicht Privatisierung vom Tisch: EU-BürgerInnen retten Wasser

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PROJEKT EUROPA

Inhalt

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Kurswechsel in der EU Editorial FSG-Bundesgeschäftsführer

Aktuelles

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Runter mit der Lohnsteuer Neue Studie zeigt: Besteuerung von Vermögen ist machbar. Zwischenbilanz „FRAG.LOS“

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Kommentar

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FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian

Hintergrund

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AK-Wahl Oberösterreich Gerechtigkeit ist für die FSG in Oberösterreich zugleich Programm.

Service

10 Buchtipps 11

Dein Recht, Antworten auf Fragen

Klartext

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Der alte Hypokrates

Grundsatz

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Was vor 80 Jahren begann

Europa/International

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Kampf gegen Sozialdumping

Foto: Gauthier Fabri

Cover: Symbolbild für große Vermögen (Montage).

WEICHENSTELLUNG

KURSWECHSEL FÜR EU Seit dem EU-Beitritt 1995 hat sich Österreichs Außenhandel um rund 65 Prozent erhöht. Davon gehen fast 70 Prozent in die anderen EU-Länder. Trotzdem braucht die EU dringend einen politischen Kurswechsel. „Bei der Europawahl im Mai können wir darüber entscheiden, welchen Weg die EU in Zukunft gehen soll. Wir brauchen dringend einen politischen Kurswechsel, weil wir an das Projekt Europa glauben“, sagt ÖGB-Präsident Erich Foglar bei einem Treffen mit den SpitzenkandidatInnen der Sozialdemokratie. Der ÖGB unterstütze all jene Kräfte, die europafreundlich sind, sich für die Anliegen der ArbeitnehmerInnen einsetzen und die Kritikpunkte der Gewerkschaften an der

EU-Politik der vergangenen Jahre ernst nehmen und teilen würden. „Die Arbeitslosigkeit in der EU ist auf Rekordniveau, die Wachstumsaussichten bleiben weiterhin bescheiden“, sagt Foglar. „Was wir brauchen, ist eine Stärkung der industriellen Basis in der EU, ein Investitionsprogramm für Wachstum und Beschäftigung und mehr Anstrengungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, vor allem der Jugendarbeitslosigkeit.“ Viele Fehlentwicklungen hätten in den vergangenen Jahren das Vertrauen der

:: IMPRESSUM :: Herausgeber: Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen im ÖGB, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/534 44-39080, www.fsg.at. Medieninhaber (Verleger): Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/662 32 96–39744, Fax: 01/662 32 96–39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, www.oegbverlag.at, UID ATU 55591005, FN 226769i. Hersteller: Verlag des ÖGB GmbH. Verlagsort: Wien, Herstellungsort: Wien. Sekretariat: Karin Stieber (karin.stieber@oegbverlag.at), A-1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Telefon 01/662 32 96-39738, Fax 01/662 32 96-39793. Redaktion: Christoph Höllriegl (Leitung), Litsa Kalaitzis, Nani Kauer, Thomas Kallab, Bernt Neumann/Michael Dünser, Carmen Janko. Grafikdesign: Verlag des ÖGB GmbH. Fotos: FSG Oberösterreich, AK Wien (Renee Del Missier), MKÖ, Waldhäusl, picturedesk.com, Mauritius Images, ÖGB-Archiv. Anzeigenrepräsentanz: Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Telefon 01/662 32 96-39744, Telefax 01/662 32 96-39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, DVR-Nr. 0562041, ZVR-Nr. 158750011. Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: www.fsg.at/offenlegung Für unverlangt eingesendete Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit Z ­ ustimmung der Redaktion und mit Quellenangabe. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der FSG entsprechen.

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AKTUELLES


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TOPINFOS FÜR GEWERKSCHAFTERiNNEN

UNSERE DEMOKRATIE BRAUCHT UNS! Die Wahlbeteiligung in Österreich ist nicht immer die höchste, genau genommen lässt sie fast bei jeder Wahl zu wünschen übrig. Es geht dabei aber weniger um Politikverdrossenheit oder um Desinteresse von Jugendlichen, wie es dann immer gerne sehr oberflächlich heißt. Es geht um viel mehr. Gemeinsam gegen die Zerstörung Europas: ÖGB-Präsident Erich Foglar, SPÖ-EU-Abgeordnete Jörg Leichtfried und Evelyn Regner (FSG), SPÖ-Spitzenkandidat Eugen Freund und SPÖ-EU-Abgeordnete Karin Kadenbach und Josef Weidenholzer (von links).

Menschen in die EU erschüttert, sagt Foglar. „Wir brauchen ein soziales Gegenmodell zur aktuellen EU-Politik, das sich auf eine wesentliche Kernforderung zuspitzen lässt: ein soziales Fortschrittsprotokoll im EU-Recht, das den sozialen Grundrechten Vorrang vor den Marktfreiheiten gibt. Im Vorfeld der EU-Wahlen werden wir diese Forderung der gesamten Europäischen Gewerkschaftsbewegung deutlich vertreten. Wer einen Kurswechsel zu einer sozialen Union möchte, muss aber zur Wahl gehen.“ INTERESSE DER JUGEND WECKEN Um das Interesse der jungen Menschen an der EU zu wecken, führen die vier österreichischen Sozialpartner (Bundesarbeitskammer, ÖGB, Landwirtschaftskammer und Wirtschaftskammer) gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) eine EU-Informationsoffensive zur Europawahl 2014 durch. Mehr Information über die Aktion gibt es unter: www.was ist jetzt.eu

:::: FSG DIREKT IM ABO :::: FSG direkt ist kostenlos und kann bestellt werden unter: www.fsg.at. Anregungen und eigene Beiträge können eingesandt werden an: fsg@oegb.at

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„Es war nicht selbstverständlich, dass unsere Es geht um unsere DemokraEltern beziehungsweitie, internationale Menschense unsere Großeltern rechte, Meinungsfreiheit und wählen durften!“ Mitbestimmung. Und damit Willi Mernyi, FSGfangen junge (und auch ältere) Bundesgeschäftsführer Menschen immer weniger an. Wachrütteln sollte ein kurzer Blick in die Geschichte: Es war nämlich nicht selbstverständlich, dass unsere Eltern beziehungsweise Großeltern immer wählen durften. Im Gegenteil: Das allgemeine Recht zur Teilnahme an politischen Wahlen wurde in Österreich erst 1907 (für Männer) und 1919 (für Frauen) eingeführt. Und Anfang der 1930erJahre war es mit Wahlen bis 1945 dann auch schon wieder vorbei. Dazwischen übernahm das nationalsozialistische Regime die Führung. Danach gab es von 1949 bis 1992 in einigen Bundesländern Wahlpflicht bei Nationalratswahlen. Heute lesen wir noch immer tagtäglich von Diktaturen und Ländern, in denen es keine freien Wahlen gibt. Daher ist es wichtig, dass wir NichtwählerInnen davon überzeugen, ihre Gleichgültigkeit gegenüber Wahlen und Mitbestimmung zu überdenken und sie ermuntern, wählen zu gehen. Das stärkt unsere Demokratie und ist der beste Schutz gegen autoritäre Tendenzen, von denen es ohnehin schon viel zu viele gibt. Machen wir also aus der ehemaligen Wahlpflicht eine Selbstverpflichtung, wählen zu gehen!

AKTUELLES

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RUNTER MIT DER LOHNSTEUER

ES IST MACHBAR

Zuletzt war in vielen Medien wieder von zwei Klassen die Rede, genauer gesagt von einer Zwei-Klassen-Justiz. Anlass waren wieder mal die laufenden Ermittlungsverfahren im Fall von Karl-Heinz Grasser und anderen Fällen. Von vergangenen Berichten kennen wir dann schon die Zwei-Klassen-Medizin, die Zwei-Klassen-Bildung und generell die Zwei-Klassen-Gesellschaft. Was haben aber all diese Begriffe gemeinsam? Das ist leicht erklärt: Hat eine Klasse zu wenig oder kein Geld beziehungsweise Vermögen, hat die andere Klasse genug oder viel zu viel davon. Und das nicht nur in Österreich, sondern wie der jüngste „Oxfam“-Bericht Anfang 2014 feststellte, auch weltweit. Die Schieflage bei der Besteuerung ist derzeit enorm: Während Arbeit hoch besteuert ist, sind Vermögen kaum besteuert. Das zeigt auch ein

Rudi Kaske: „Wer kann bei so viel Ungleichheit noch ernsthaft gegen Vermögenssteuern sein?“

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AKTUELLES

aktueller Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Demnach machten 2012 vermögensbezogene Steuern im Verhältnis zur heimischen Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) nur 0,6 Prozent aus. Nur vier Länder erzielten noch weniger Einnahmen aus Vermögenssteuern als Österreich: Mexiko, Slowakei, Estland und Tschechien. BIS ZU FÜNF MILLIARDEN Eine Studie der Johannes-Kepler-Universität Linz zur Verteilung von Vermögen in Österreich zeigt nun auf, dass je nach Modell einer Vermögenssteuer – oder besser Reichensteuer – Einnahmen im Ausmaß von mindestens zwei bis fünf Milliarden Euro aufgebracht werden können.

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Neue Studie der Johannes-Kepler-Universität Linz zeigt: Besteuerung von Vermögen bringt Milliarden Euro für die dringend notwendige Entlastung kleiner und mittlerer Arbeitseinkommen.

Je nach Modell sind dabei lediglich fünf bis acht Prozent der reichsten Haushalte betroffen. „Eine steuerliche Entlastung der ArbeitnehmerInnen kann daher rasch und spürbar umgesetzt werden“, sagen dazu die AK-Präsidenten Rudi Kaske (Wien) und Johann Kalliauer (Oberösterreich). „Es ist damit auch klar, dass eine solche Vermögenssteuer keine Besteuerung der Mittelschicht ist“, betont Kalliauer. SPEKULATIONEN EINDÄMMEN Es geht längst nicht mehr um ständig neue Studien, dass Reiche in Wahrheit noch viel reicher sind oder werden als schon die letzte Studie aussagte, sondern darum, dass Reiche endlich auch ihren gerechten Anteil

:::: WE B T IP PS :::: www.rudikaske.at/ziele www.arbeiterkammer.at


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REICHENSTEUER

der Weltbevölkerung besitzt 50 Prozent des gesamten Vermögens. Das sind in Euro rund

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(= 81 Billionen Euro)

leisten müssen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt vor einem Kollaps zu bewahren. „Man würde Vermögenswerte besteuern, die sonst keinen Beitrag zur wirtschaftlichen Dynamik liefern, die ganz im Gegenteil nur in den Kreislauf von Spekulationen gepumpt werden, und das hat schon genug Schaden angerichtet – von der Finanz- bis hin zur Bankenkrise“, sagt FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian. GENUG VON AUSREDEN In der ganzen Debatte besteht kaum ein Zweifel an der notwendigen und auch im Regierungsübereinkommen versprochenen Entlastung der unselbstständig Beschäftigten – selbst die Wirtschaftskammer ist für eine Senkung der Lohnsteuer. Wenn es allerdings dann darum geht, wer zum Ausgleich für das geringere Lohnsteueraufkommen mehr zahlen soll, dann geht die Diskussion in die heiße Phase. Während vor allem Industrie,

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Quelle: Oxfam-Bericht „WORKING FOR THE VIEW“, Jänner 2014.

Wirtschaft und die ÖVP ihre Klientel bedienen und Reichensteuern ablehnen müssen, steht für sozialdemokratische GewerkschafterInnen fest: „Eine Entlastung der Gruppe der unselbstständig Erwerbstätigen kann nicht gleichzeitig durch neue Belastungen der gleichen Foto: James Hardy / PhotoAlto / picturedesk.com

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PROZENT

DIE

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Gruppe finanziert werden“, sagt Katzian und hat angesichts der Studie genug von den ständigen Ausreden, warum eine Lohnsteuersenkung nicht gehen soll. „Nicht die Besteuerung der Vermögen der Superreichen ist wirtschaftsfeindlich und standortgefährdend, sondern die übergroße Belastung von Arbeitseinkommen“, so Katzian. WAS KOMMEN MUSS ::: Rasche Umsetzung einer Steuerreform mit einer spürbaren Lohnsteuersenkung, gegenfinanziert aus den Einnahmen einer Vermögenssteuer. ::: Die Senkung des Eingangssteuersatzes in der Lohnsteuer von derzeit 36,5 auf 25 Prozent. Die Zusammenfassung der Ergebnisse der Teilstudien „Aufkommenspotenzial einer Vermögenssteuer“ gibt es auch unter: www.ooe.arbeiterkammer.at

REICHSTEN

Personen besitzen soviel wie die ärmere Hälfte der Weltbevöllkerung. Und das sind immerhin

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Menschen (= 3,5 Milliarden)

Quelle: Oxfam-Bericht „WORKING FOR THE VIEW“, Jänner 2014.

AKTUELLES

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ZWISCHENBILANZ

„FRAG.LOS“ Knapp vor Jahresbeginn startete die kostenlose Telefon-Aktion „FRAG.LOS“ in Vorarlberg. Initiatorin Manuela Auer zog jetzt eine erste Zwischenbilanz. „Die Hotline ist auch außerhalb der ,normalen Arbeitszeit‘ und an Wochenenden erreichbar. Damit haben vor allem Berufstätige, die während ihrer Arbeitszeit den Arbeitsplatz nicht verlassen können, die Möglichkeit, unser Service in Anspruch zu nehmen. Damit schließen wir eine wichtige Lücke in der Beratungslandschaft Voralbergs.“ Manuela Auer, FSG-Landessekretärin und AK-Vizepräsidentin

Äußerst positiv bewertet AK-Vizepräsidentin Manuela Auer die Telefon-Aktion „FRAG.LOS“ in Voralberg. Bereits mehrere Hundert Personen haben seit dem Start bei der kostenlosen Hotline angerufen und Rat gesucht. Für Auer ein „erfreuliches Ergebnis“ und Bestätigung dafür, „dass wir mit unserem Angebot und den alternativen Anrufzeiten viele Menschen ansprechen und erreichen konnten“. Bei FRAG.LOS von Auer und der FSG Vorarlberg erhalten AnruferInnen Antworten auf alle Fragen rund um ihren Arbeitsplatz – und zwar aus erster

Hand. Möglich sei dies nur, weil sich viele ExpertInnen bereit erklärt hätten, die Aktion zu unterstützen, so Auer. WER WAS WISSEN WILL Die Hotline wird vor allem von Frauen genutzt. 85 Prozent der AnruferInnen waren weiblich. Ebenfalls auffällig ist, dass 60 Prozent der AnruferInnen in den Bereichen Soziales, Handel und Dienstleistung arbeiten. Besonders oft gab es Fragen zum Thema Löhne/Gehälter (22 Prozent aller Fälle). Viele AnruferInnen fühlen sich von ihrem Arbeitgeber nicht

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KOMMENTAR richtig informiert oder bei der Entlohnung unfair behandelt. Dies betrifft auch die Entschädigung von Überstunden. Häufig wurden auch Fragen zu arbeitsrechtlichen Themen gestellt und Information zum Urlaub beziehungsweise den Urlaubsansprüchen, Pensionen und dem Arbeitslosengeld eingeholt. AUF BEDÜRFNISSE EINGEHEN Einen Grund für den Erfolg sieht Auer in den Anrufzeiten: „Die Hotline ist auch außerhalb der normalen Arbeitszeiten und am Wochenende erreichbar.“ Damit können viel mehr Berufstätige das Serviceangebot nutzen. „Ich denke, dass wir damit auch eine Lücke in der Beratungslandschaft Vorarlbergs schließen konnten“, zeigte sich die AK-Vizepräsidentin überzeugt und will sich angesichts der großen Nachfrage dafür einsetzen, dass auch von der Arbeiterkammer alternative Servicezeiten angeboten werden. „Wir müssen hier einfach mehr auf die Bedürfnisse der berufstätigen Menschen eingehen“.

MEHR INFORMATION zu den Aktionen, Zielen und Forderungen der FSG Vorarlberg unter: www.manuelaauer.at

SPAREN WIRD ZUM LUXUS 1.000 EURO WENIGER Die ÖsterreicherInnen gehen laut einer Integral-Umfrage für die Erste Bank von einer Sparsumme von 4.700 Euro für 2014 aus (rund 390 Euro monatlich). Das sind um 1.000 Euro weniger als noch vor einem Jahr. Keine Geldanlage planen unverändert 17 Prozent der Befragten. NOCH 78 JAHRE UND 5 MONATE Wer heuer erst mit dem Sparen beginnt und monatlich 390 Euro anspart, hat nach 78 Jahren und 5 Monaten bei einer Verzinsung von 2 Prozent ein Vermögen von 700.000 Euro. Das ist genau jener Freibetrag beim Reichensteuermodell der Gewerkschaften, bis zu dem man keine Reichensteuer zahlt (erst für darüberliegende Vermögensanteile. Reichensteuerrechner (auch für Smartphones) unter: www.fsg.at/rechner

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WOLFGANG KATZIAN FSG-VORSITZENDER

DER HÄUSLBAUER-SCHMÄH IST ENTLARVT Vermögen ist und bleibt in Österreich hoch konzentriert: 10 Prozent der Bevölkerung besitzen 60 Prozent des Vermögens. 40 Prozent besitzen 36 Prozent, und die restliche Hälfte der Bevölkerung teilt sich 5 Prozent des Vermögens. Trotzdem werden durch Arbeit erzielte Einkommen sehr hoch, jene durch Vermögen und Vermögenszuwächse wenig bis gar nicht besteuert. Das bestätigen alle seriösen Studien, die EU-Kommission und auch die OECD. Laut aktuellen OECD-Daten liegt Österreich bei vermögensbezogenen Steuern auf dem vorletzten Platz unter den Industrieländern. Auch eine neue Studie der Universität Linz, unlängst präsentiert von AK-Präsident Rudi Kaske, kommt zum Ergebnis, dass eine Vermögenssteuer selbst mit geringen Steuersätzen und hohen Freibeträgen jährlich mehrere Milliarden an Einnahmen bringen kann und nur fünf bis maximal acht Prozent der Bevölkerung trifft. Auch wenn es die Vertreter der Wirtschaft noch so oft wiederholen: Der Häuslbauer-Schmäh ist entlarvt, eine Besteuerung großer Vermögen würde die große Mehrheit der ÖsterreicherInnen gar nicht betreffen. Alles spricht also für vermögensbezogene Steuern. SPÖ und ÖVP haben sich im Regierungsprogramm darauf geeinigt, den Eingangssteuersatz von derzeit 36,5 Prozent in Richtung 25 Prozent zu senken, sobald eine ausreichende Gegenfinanzierung gegeben ist. Die Studie belegt, dass es leicht möglich wäre, diesen budgetären Spielraum zu schaffen und kleine und mittlere Einkommen zu entlasten. Worauf also warten? Den ArbeitnehmerInnen muss endlich wieder mehr im Geldbörsel bleiben.

KOMMENTAR

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OBERÖSTERREICH

WEGEN DER ARBEIT: FSG Gerechtigkeit ist bei den Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen Programm: Sie haben ein Forderungspaket geschnürt, das nur ein Ziel hat: Ein gutes Leben, Sicherheit, Respekt und faire Chancen für ArbeitnehmerInnen.

„Wegen der Arbeit: AK-Präsident Johann Kalliauer“ ist der Slogan der ­ ­Sozialdemokratischen Gewerkschafter­ Innen Oberösterreich bei der Arbeiterkammerwahl von 18. bis 31. März. „Die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft sind die einzigen roten Bastionen in einem tiefschwarz gefärbten Bundesland. Wir erheben unsere Stimme, wenn es um die Interessen der ArbeitnehmerInnen geht, prangern jene an, die die Rechte der arbeitenden Menschen missachten und weisen die Mächtigen in diesem Bundesland in ihre Schranken“, sagt Kalliauer. GERECHTIGKEIT Gerechte Einkommen und ein leistbares Leben für alle sind deshalb die Kernforderungen der sozialdemokratischen GewerkschafterInnen: Sie fordern ein Mindestentgelt von 1.500 Euro und wirksame Maßnahmen gegen das systematische Vorenthalten von Lohn und Gehalt, denn durch falsche Einstufun-

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HINTERGRUND

gen oder unbezahlte Überstunden werden die Beschäftigten jedes Jahr um Hunderte Millionen Euro gebracht. Damit den ArbeitnehmerInnen netto mehr vom Brutto bleibt, braucht es außerdem niedrigere Steuern auf Arbeit. „Wer ein Privatvermögen von mehr als einer Million Euro hat, soll einen angemessenen Beitrag leisten. Damit lässt sich eine niedrigere Lohnsteuer finanzieren, die die Kaufkraft der Beschäftigten spürbar stärkt“, betont Kalliauer. RESPEKT Im Arbeitsleben setzt die FSG auf Anerkennung statt Ausbeutung. Mehr als eine Million ÖsterreicherInnen leiden unter psychisch belastenden Arbeitsbedingungen, rund ein Drittel der Beschäftigten klagt über einen schlechten Führungsstil der Vorgesetzten. „Wir Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen fordern mehr Respekt vor der Leistung der arbeitenden Menschen. Dazu gehören korrekte Bezahlung, aber auch

gesunde und familienfreundliche Arbeitsplätze. Wertschätzung muss gelebt und Freizeit als solche akzeptiert werden“, fordert Kalliauer. Denn Leistungsdruck und Stress nehmen zu. Gegensteuern könne man mit mehr Freizeit. „Nach 25 Jahren haben sich alle ArbeitnehmerInnen – egal, ob sie immer im gleichen Betrieb oder in vielen verschiedenen Firmen gearbeitet haben – eine sechste Urlaubswoche verdient.“


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In den zwei roten Bastionen AK und ÖGB leistet die FSG Oberösterreich erfolgreiche ArbeitnehmerInnenInteressenvertretung: die KandidatInnen zur AK-Wahl 2014.

FAIRE CHANCEN Am Herzen liegen der FSG faire Chancen für unsere Jüngsten: Bessere und mehr Kinderbetreuung schafft Arbeitsplätze, entlastet Eltern und bereitet die Kleinsten auf die Schule vor. Gute Ganztagsschulen für alle 6- bis 15-Jährigen aktivieren, unterstützen und fördern die Talente von Kindern. Eine Fachkräftemilliarde, finanziert von den Unternehmen, sichert jungen Menschen eine qualitativ

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hochwertige Berufsausbildung. „Unsere Vorschläge sind sozial gerecht. Dem wird sich auf Dauer auch die oberösterreichische ÖVP nicht verschließen können. Wir Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen in AK und ÖGB werden jedenfalls nicht locker lassen“, stellt der Spitzenkandidat klar. www.fsg.at/ooe Autorin: Carmen Janko E-Mail: carmen.janko@oegb.at

Mitmachen & gewinnen! Jede Stimme gibt der Gerechtigkeit mehr Gewicht. Und so funktioniert die Aktion „Kreuzerl machen“: Foto machen, Film drehen oder anders ausdrücken, warum man bei den AK-Wahlen dabei ist – auch als Gruppe möglich. Die besten Beiträge werden von den Arbeiterkammern prämiert. Die Laufzeiten sind länderweise unterschiedlich. http://meine.ak-wahl.at

HINTERGRUND

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BUCHTIPPS AUF DEM PRÜFSTAND DIE QUALITÄT DER ARBEIT Die Schaffung von Arbeitsplätzen ist seit der Europäischen Beschäftigungsstrategie 1997 ein wichtiges Ziel europäischer Politik. Es wurde im Jahr 2000 auf die berühmte Formel „mehr und bessere Arbeitsplätze“ gebracht. Wenngleich bis 2007 in Europa Beschäftigungszuwächse zu verzeichnen waren, ist seither aber von der Formel nicht mehr viel übrig geblieben: Die Beschäftigung entwickelt sich nach der globalen Finanz-

:::: BUCHTIPP :::: Die Qualität der Arbeit auf dem Prüfstand, Sonja Ertl, Ursula Filipic, AK Wien, 2014, 91 Seiten, 10 Euro und Wirtschaftskrise rückläufig und die Arbeitslosigkeit erreicht besorgniserregende Ausmaße. Es besteht die Gefahr, dass die Frage nach der Qualität der Arbeit aus dem Blick gerät. Dieser bedeutende Aspekt steht im Mittelpunkt dieses aktuellen Bandes.

NEUES BÜCHEREI-SERVICE 200. AUSGABE DER BÜCHERSCHAU Seit über 50 Jahren erscheint die Bücherschau des ÖGB. In Umkehrung der bisher üblichen Praxis erscheint ab sofort die Bücherschau täglich aktuell auf einer neuen Website. Dann erst werden die Inhalte dreimal im Jahr zu einer gedruckten Ausgabe zusammengefasst. Ein monatlicher Newsletter informiert zudem über Neuerscheinungen, AutorInnen und News (Anmeldung per E-Mail an: luise.mathies@oegbverlag.at). www.buechereiservice.at

Bestellmöglichkeit gibt es in der ÖGB-Fachbuchhandlung, Rathausstraße 21, 1010 Wien, Telefon 01/405 49 98–132 oder per E-Mail an: fachbuchhandlung@oegbverlag.at www.oegbverlag.at

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SERVICE

BETRIEBSRATSARBEIT

WAS GEHT,WAS GEHT NICHT Betriebsratsarbeit ist Arbeit für die Belegschaft und diese steht hin und wieder in Konflikt mit dem Betriebsinhaber oder der Arbeitsverpflichtung.

Die Grenzen zieht das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG): § 39 bestimmt, dass Betriebsrats-Mitglieder ihre Tätigkeit tunlichst ohne Störung des Betriebes zu vollziehen haben. Gemäß § 115 ArbVG sind Mitglieder des Betriebsrats (BR) bei Ausübung ihrer Tätigkeit an keinerlei Weisungen gebunden, sondern nur der Betriebsversammlung verantwortlich. Gemäß Absatz 3 dürfen Betriebsrats-Mitglieder in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht beschränkt und wegen dieser nicht benachteiligt werden. Gemäß § 116 ist den Betriebsrats-Mitgliedern die zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten erforderliche Freizeit unter Fortzahlung des Entgeltes zu gewähren. FRAGE DER ERFORDERLICHKEIT Die Frage der Erforderlichkeit von Betriebsratsarbeit während der Arbeitszeit ist anhand einer Interessenabwägung zwischen den Interessen des BR und des Arbeitsgebers (AG) zu beantworten. Die Vornahme der Interessenabwägung obliegt zunächst dem jeweiligen BR-Mitglied selbst; sie unterliegt der nachträglichen gerichtlichen Erforderlichkeitsprüfung. Wie viel Zeit ein BR-Mitglied für die Erfüllung seiner Aufgaben als Interessenvertreter benötigt und in welcher Intensität eine solche Aufgabe wahrgenommen werden soll, hat also das betroffene BR-Mitglied zunächst selbst zu entscheiden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte sich erst kürzlich mit dieser Frage auseinanderzusetzen (OGH vom 28. Okt. 2013, 8 ObA 58/13g). Zu beurteilen war, ob die Verwendung von privaten Mobiltelefonen zur BR-Arbeit während der Arbeitszeit vom AG generell untersagt werden kann. Der OGH urteilte, dass das nicht zulässig ist. Es muss im jeweiligen Einzelfall vom BR-Mitglied selbst beantwortet


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DEIN RECHT werden, ob – wie hier offenbar notwendig – ein Gefahrenbereich verlassen werden darf, um das private Handy zur Ausübung der BR-Tätigkeit zu verwenden. Eine Mandatsausübung während der Arbeitszeit ist etwa dann erforderlich, wenn der Kontakt mit den nur während der Arbeitszeit im Betrieb anwesenden ArbeitnehmerInnen notwendig ist. Das bedeutet für den Anlassfall, dass ein BRMitglied nach (von dem Mitglied bemerkter) Kontaktaufnahme durch einen/eine MitarbeiterIn nach pflichtgemäßer Einschätzung der Erforderlichkeit und mit Rücksicht auf die betrieblichen Notwendigkeiten im Hinblick auf den konkret im Gang befindlichen Arbeitsablauf den Arbeitsplatz verlassen darf, um außerhalb des Gefahrenbereichs in Ausübung der Aufgaben als BR-Mitglied auch mit dem Mobiltelefon zu telefonieren. Beachtet das BR-Mitglied diese Bedingungen, so sprechen weder ArbeitnehmerInnenschutzüberlegungen noch sonstige Gründe dagegen, ein Handy am Arbeitsplatz mitzuführen und zu verwenden.

KEINE BENACHTEILIGUNG Es reicht auch nicht aus, wenn nur die permanent freigestellten BR-Mitglieder Mobiltelefone während der Arbeitszeit nützen. Eine permanente Freistellung nach § 117 ArbVG darf nämlich nicht dazu führen, dass andere BR-Mitglieder nur auf die Mitwirkung in den Sitzungen des BR beschränkt werden. Ihnen kann der Kontakt zu den MitarbeiterInnen oder den überbetrieblichen Interessenvertretungen nicht generell verwehrt werden, „die Erforderlichkeit“ der Freistellung von der Arbeitspflicht ist nach § 116 ArbVG aber strenger zu prüfen. Aus diesem Grund steht auch nicht freigestellten BR-Mitgliedern im Prinzip das Recht zu, zur Ausübung ihrer BR-Tätigkeit während der Arbeitszeit Mobiltelefone zu verwenden. Eine Überprüfung der vom BR geführten Telefongespräche, etwa durch Überprüfung der einzelnen angerufenen Telefonnummern, ist nicht zulässig. Nach diesen Grundsätzen stellt das vom AG ausgesprochene generelle Verbot für aktive, nicht freigestellte BR-Mitglieder, ihre Mobiltelefone zur Ausübung der BR-Tätigkeit während der Arbeitszeit zu verwenden, einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Ausübung der betriebsverfassungsrechtlichen Interessenvertretung dar und verstößt gegen das Beschränkungsverbot gemäß § 115 Absatz 3 ArbVG.

Die Verwendung von privaten Mobiltelefonen zur Betriebsarbeit während der Arbeitszeit kann BetriebsrätInnen generell nicht untersagt werden.

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THOMAS KALLAB Jurist, Arbeiterkammer Wien E-MAIL: thomas.kallab@akwien.at Muss die Verständigung des Betriebsrates, dass der Arbeitgeber Kündigungen aussprechen will, auch die Namen der Betroffenen enthalten? Mit der Verständigung sind die Namen der zu kündigenden ArbeitnehmerInnen bekanntzugeben. Die Mitteilung einer Pauschalkündigung genügt nur dann, wenn zweifelsfrei feststeht, welche ArbeitnehmerInnen betroffen sind. Müssen auch Arbeitgeber in Betrieben ohne Betriebsrat einen Einkommensbericht erstellen? Besteht in einem Betrieb oder auch nur für eine Gruppe von ArbeitnehmerInnen (AN) im Betrieb kein Betriebsrat (BR), ist der Bericht in einem allen AN oder allen gruppenzugehörigen AN zugänglichen Raum aufzulegen und darauf in einer Betriebskundmachung hinzuweisen. Die AN in einem Betrieb haben jedoch bei Bestehen eines BR zudem indirekt die Möglichkeit, Information über den Einkommensbericht zu erhalten. Der Betriebsrat „kann“ im Rahmen seiner Tätigkeit den AN Auskunft über die für sie relevante Information erteilen. Das Gleichbehandlungsgesetz sieht in diesem Fall keinen unmittelbaren Rechtsanspruch der AN gegenüber dem Unternehmer auf Erstellung und Übermittlung des Einkommensberichts vor.

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NANI KAUER

KLARTEXT

E-MAIL: nani.kauer@oegb.at

DER ALTE HIPPOKRATES ELGA – die elektronische Gesundheitsakte – ist böse, ELGA ist schlecht, ELGA ist unsicher, PatientInnendaten werden am Schwarzmarkt verkauft oder im Internet für alle öffentlich gemacht … solche und ähnliche Horrorvisionen pflanzen die Gegner von ELGA den Patientinnen und Patienten seit Wochen und Monaten ein. Was wird denn nun die böse ELGA tun? Na, zum Beispiel verhindern, dass man vor einer Operation ein und dieselbe Untersuchung mehrmals macht, für den Hausarzt, das Spital und vielleicht noch für einen Facharzt – das kennt man ja; ELGA wird verhindern, dass verschriebene Medikamente schaden anstatt zu helfen – weil bisher nicht oder nicht ausreichend geprüft wurde, wie sich die kleinen gelben Pillen mit den großen blauen vertragen. ELGA wird also auch dazu beitragen, Leben zu retten. Und haben die Ärztinnen und Ärzte nicht auf den guten, alten Hippokrates geschworen, genau das zu tun?

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GRUNDSATZ

DIE NACHT ÜBER ÖSTERREICH

WAS VOR 80 JAHREN Volksverhetzer und Rechtsextremisten gehen mit ihrer Mitleidstour des vermeintlichen „Ausgegrenztwerdens“ bei Wahlen auf Stimmenfang. Deutlicher könnten die Alarmsignale heute kaum sein.

Am 12. Februar 1934 kam – wie es die überzeugte Sozialdemokratin, Gewerkschafterin und Freiheitskämpferin Rosa Jochmann immer nannte – „die Nacht über Österreich“. Der Bürgerkrieg begann, führte in eine der schlimmsten Katastrophen und endete mit der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945. ERSCHRECKENDE ANTWORTEN Rassismus, Antis­emitismus und Rechts­­ extremismus sind dennoch weiter an der Tagesordnung. Der AntisemitismusBericht der „EU-Agency for Fundamen-

tal Rights“ (FRA) führt deutlich vor Augen, dass das Verfolgen der jüdischen Bevölkerung in der EU nicht der Vergangenheit angehört. 76 Prozent der 5.800 befragten Betroffenen gaben an, dass Antisemitismus in ihrem Land zugenommen hat. 33 Prozent wurden in der Vergangenheit selbst Opfer von antisemitisch motivierter Belästigung. 46 Prozent rechnen damit in den kommenden Monaten, 33 Prozent fürchten körperliche Angriffe. Und 57 Prozent wurden Zeugen von Situationen, in denen der Holocaust geleugnet oder relativiert wurde.


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KURSWECHSEL FEST DER FREUDE WIENER SYMPHONIKER GRATISKONZERT AM 8. MAI

Wiener Heldenplatz, 2013

BEGANN AUF TECHNOLOGIE REDUZIERT Laut einer Studie des Georg-EckertInstituts wird der Holocaust, der Völkermord an rund sechs Millionen Jüdinnen und Juden, tatsächlich in vielen SchulLehrplänen weltweit einfach ausgelassen oder unzureichend dargestellt. In Mexiko zum Beispiel wird dieser auf die „Folgen der Nutzung neuerer Technologien im Krieg“ reduziert, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ schreibt (5/2014). Albanische Schulbücher sprechen vom „Zeitalter der Erschütterung 1914–1945“ und lenken den Blick auf albanische BürgerInnen, die Jüdinnen und Juden gerettet haben. In China und Teilen Afrikas erscheint der Holocaust nur flüchtig als Vergleichsmaßstab in Darstellungen örtlicher Völkermorde.

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Der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde im vergangenen Jahr erstmals als „Fest der Freude“ am Wiener Heldenplatz gedacht. 10.000 Menschen kamen und hörten die Klänge der Wiener Symphoniker. Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) veranstaltet in Kooperation mit dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und dem Verein Gedenkdienst auch heuer wieder ein Gratiskonzert der Wiener Symphoniker zum Tag der Befreiung. Das Konzert wird mit Ansprachen verschiedener RednerInnen und Zeitzeugen/-innen umrahmt.

Am 8. Mai 1945 war das nationalsozialistische Regime durch die alliierten Truppen besiegt und die Deutsche Wehrmacht kapitulierte bedingungslos. Damit war der verbrecherische Angriffs- und Vernichtungskrieg in Europa beendet. Das Fest der Freude findet sowohl als Feier der Befreiung vom nationalsozialistischem Regime statt als auch zum Gedenken an die Millionen Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Das Fest der Freude mit kostenlosem Konzert findet heuer zum zweiten Mal am 8. Mai ab 19.30 Uhr am Wiener Heldenplatz statt. www.mkoe.at

DAS DARF MAN NICHT VERGESSEN Rosa Jochmann (19. Juli 1901 bis 28. Jänner 1994) war mehrere Jahre im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück eingesperrt: „Die Gnade des Vergessenkönnens ist keinem beschieden, der im Konzentrationslager war. Das kann man nicht vergessen“, sagte Jochmann immer wieder in ihren unzähligen Gesprächen vor allem mit der Jugend. Jahre vor ihrem Ableben vor 20 Jahren sagte sie: „Ich werde das Jahr 2000 nicht mehr erleben, dessen bin ich mir sicher. Aber eines wünsch’ ich mir: Dann, wenn angestoßen wird und wenn der letzte Glockenschlag im Jahr 2000 verklingt, sollen die Menschen glücklich darüber sein, dass sie in einer friedlichen, in einer demokratischen Welt leben können. Das ist mein innigster und mein einziger Wunsch.“ Ausgerechnet im Jahr 2000 folgte dann die schwarz-blaue Regierung. „Wir müssen daher unser Engagement im Kampf gegen Diskriminierung, Rassismus und Faschismus, aber auch ge-

gen das Vergessen verstärken“, sagt FSG-Bundesgeschäftsführer Willi Merny und warnt: „Da geht es nicht um irgendetwas, da geht’s nicht bloß um Gedenkveranstaltungen, da geht’s um das Innerste in unserer Gesellschaft, um unser Gewissen, unsere Moral und um unsere Demokratie.“ Jochmann war sich zeitlebens sicher, dass Menschen wissen müssen, „was gestern war, um zu begreifen, was heute ist und morgen sein kann“. Ein letztes Mal warnte Jochmann beim „Lichtermeer“ am 23. Jänner 1993 vor Rechtsextremismus und Antisemitismus, der bis dahin größten Demonstration in der Zweiten Republik gegen das Anti-Ausländer-Volksbegehren „Österreich zuerst“ der FPÖ.

:::: WE B T IP PS :::: www.rotbewegt.at www.doew.at (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands)

GRUNDSATZ

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www.f s g.at

PRIVATISIERUNG VON WASSER IST VOM TISCH

ERFOLG FÜR EU-BÜRGERiNNEN Das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) und 1,9 Millionen EU-BürgerInnen haben es möglich gemacht: Der Bereich Wasser wurde aus der umstrittenen Konzessions-Richtline ausgenommen.

Wasser ist ein öffentliches Gut und gehört in öffentliche Hand. Dieses Prinzip konnten vor allem die sozialdemokratischen Abgeordneten im EU-Parlament gegen die Pläne des EU-Kommissars Michel Barnier durchsetzen.

1,9 Millionen UnterstützerInnen DANKE!

„Das EU-Parlament hat damit bewiesen, dass es imstande ist, die Interessen der EU-BürgerInnen zu vertreten.“ Thomas Kattnig, Internationaler Sekretär der GdG-KMSfB

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EUROPA/INTERNATIONAL

ERSTE ERFOLGREICHE EBI Die EBI „Right2water“ wurde vor allem von europäischen Gewerkschaften ins Leben gerufen. Right2water ist die erste erfolgreiche EBI und hat fast 1,9 Millionen Unterschriften EU-weit gesammelt – die Hürde, damit sich die EU-Kommission damit befassen muss, liegt bei einer Million Unterschriften. Das EU-Parlament stimmte nun Anfang des Jahres über die Richtlinie zu Bauund Dienstleistungskonzessionen ab. Der ursprüngliche Entwurf hätte die Privatisierung des Wassers noch durch die Hintertür ermöglicht. Durch den Druck vor allem der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ist es am Ende gelungen, den Bereich Wasser aus der Konzessions-Richtlinie auszunehmen und eine Umgehung von sozialen Standards und Umweltkriterien bei der Vergabe von Konzessionen zu verhindern.

„Ein besonderer Dank gilt den 1,9 Millionen BürgerInnen, die die EBI mitgetragen haben. Das EU-Parlament hat auch einmal mehr bewiesen, dass es imstande ist, die Interessen der EUBürgerInnen zu vertreten“, sagt Thomas Kattnig, Internationaler Sekretär der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – Kunst, Medien, Sport, freie Berufe (GdG-KMSfB) und nationaler Koordinator der Bürgerinitiative. „Die Ausnahme des Wassersektors aus der Konzessionsrichtlinie, die Respektierung des Prinzips der Selbstverwaltung von nationalen, regionalen und lokalen Behörden sowie die Gewährleistung der interkommunalen Zusammenarbeit und die Ausnahmen für Stadtwerke und Mehrspartenunternehmen entschärfen die Richtlinie entsprechend unseren Forderungen. Eine Umgehung von sozialen Standards und Umweltkriterien bei der Vergabe von Konzessionen ist nicht mehr möglich“, sagt Kattnig. FÜR FREIEN MARKT UNGEEIGNET Wasser ist kein Luxusgut und auch keine Handelsware. Es ist zur Befriedigung


13. Jahrgang // Nummer 2 // Wien, Februar 2014

VERGABEPAKET KAMPF GEGEN SOZIALDUMPING

BESTBIETER AM ZUG Schärfere Regeln bei Unteraufträgen sollen die Einhaltung von ArbeitnehmerInnen-Rechten sichern. Nicht mehr das billigste Angebot soll den Zuschlag erhalten, sondern das sozial verträgliche.

der menschlichen Grundbedürfnisse unerlässlich und für die Existenz eines jeden Menschen notwendig. Netzgebundene Dienstleistungen wie auch Wasser müssen als natürliche Monopole gelten und eignen sich nicht für private Anbieter, da die Marktsystematik durch fehlende Konkurrenz nicht zur Entfaltung gelangen kann. Private Versorger sind zudem vorrangig ihren Aktionären verpflichtet. Die Folge: Schnell wird das Prinzip „so rein wie möglich“ durch „gerade so sauber wie gesetzlich noch gefordert“ abgelöst. Preis, Qualität und Sicherheit des Wassers wären durch Privatisierung massiv gefährdet. Öffentliche Dienstleistungen hingegen sichern auch für sozial Schwächere die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. 300-MILLIARDEN-EURO-GESCHÄFT Wasser, aus einer rein wirtschaftlichen Sicht betrachtet, stellt ein perfektes Gut dar: Es ist lebensnotwendig, unersetzlich und gleichzeitig von Knappheit bedroht. Das jährliche Volumen des globalen Wassermarktes beträgt rund 300 Milliarden Euro. Es übertrifft damit um ein Drittel jenes der pharmazeutischen Industrie und liegt bei annähernd 40 Prozent des Ölsektors. www.gdg-kmsfb.at

d i rek t

Das EU-Parlament hat im Jänner das sogenannte „Vergabepaket“ – bestehend aus drei Richtlinien zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen – angenommen. Ziel des Pakets sind klarere und zeitgemäße Regeln, wann und unter welchen Bedingungen öffentliche Stellen Aufträge EU-weit ausschreiben müssen. Die neuen Bestimmungen sollen nicht nur mehr Rechtssicherheit, sondern vor allem höhere Qualität und Nachhaltigkeit der gekauften Produkte und

„Die neuen Bestimmungen bringen mehr Rechtssicherheit und höhere Qualität und Nachhaltigkeit der gekauften Produkte und Dienstleistungen. “ Evelyn Regner, EU-Abgeordnete

Dienstleistungen bringen. Nicht mehr das billigste Angebot soll den Zuschlag erhalten, sondern jenes, das ökologische, sozial verträgliche und innovative Lösungen bietet. Das Prinzip des „wirtschaftlich günstigsten Angebots“ ist ein großer Erfolg der sozialdemokratischen Fraktion. WAS DAHINTER STECKT Die öffentliche Auftragsvergaben machen knapp 20 Prozent des EU-Bruttoinlandsprodukts aus. Durch die neuen Regelungen wird es möglich sein, dass die öffentlichen Stellen nachhaltigere Lösungen finden und Steuergelder effizienter einsetzen können. Zudem soll der Zugang zu den Vergabeverfahren für kleine und mittlere Unternehmen einfacher gemacht werden. Für Konzessionen – also die Übertragung eines Nutzungsrechts an öffentlichen Gütern, das von staatlichen Behörden an private Anbieter abgegeben wird – sollen ab einem Wert von fünf Millionen Euro die neuen EU-Regeln gelten. Auch bei der Vergabe von Konzessionen gilt nicht das Billigstbieterprinzip. Umweltfreundlichkeit, Innovation und soziale Verträglichkeit werden wichtige Kriterien bei der Vergabe sein.

:::: WE B T IP P :::: www.evelyn-regner.at

EUROPA/INTERNATIONAL

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w w w. f s g . a t

WAHLBETEILIGUNG IN PROZENT

FAIR. SOZIAL. GERECHT.

BISHERIGE WAHLBETEILIGUNG

BEI EUROPAWAHLEN IN ÖSTERREICH

81,3

VOLKSABSTIMMUNG

67,73

49,4 42,43

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Seit 1999 haben die konservativen Parteien im EU-Parlament die Mehrheit. Sie blockieren die Stärkung einer sozialeren EU und riskieren in der Finanzkrise mit ihrer Sparpolitik auch noch den Zusammenhalt in der EU.

Quelle: BM.I

JAHR

1994

1996

1999

2004

2009

DU HAST ES IN DER HAND

X 3,9 %

Mit der Gurkenkrümmung, dem Glühbirnen-Verbot oder der Konfitürenverordnung nicht zufrieden? Am 25. Mai sind die nächsten EU-Wahlen. Nicht-Wählen bringt allerdings keine Verbesserung! Heuer wählen wir zum fünften Mal unsere VetreterInnen ins EU-Parlament. Die Wahlbeteiligung hat sich nach dem Tief von 2004 mit nur 42,43 Prozent auf 46 Prozent 2009 leicht erholt. An der Volksabstimmung über den EU-Beitritt – ge-

nau vor 20 Jahren – nahmen aber noch sagenhafte 81,3 Prozent der Stimmberechtigten teil. Und 66,6 Prozent waren damals für einen Beitritt. In der EU und im EU-Parlament haben allerdings derzeit die konservativen Parteien mehr das

Sagen. Und mit ihrer Sparpolitik haben sie die Krise bisher nur verschärft. Eine Kursänderung gibt es nur, wenn viele wählen gehen und viele die sozialdemokratischen Kräfte unterstützen und an die Spitze wählen – EU-weit. www.spe.at

F–D5

Ein Ersuchen des Verlages an den/die BriefträgerIn: Falls Sie diese Zeitschrift nicht zustellen können, teilen Sie uns bitte hier den Grund und gegebenenfalls die neue oder richtige Anschrift mit

/ / / Straße/Gasse Haus-Nr./Stiege/Stock/Tür / Postleitzahl Ort Besten Dank

02Z031786M

P. b. b. Erscheinungsort Wien

VERLAGSPOSTAMT 1230 WIEN


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