Fsg direkt, 12/2013

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12. Jahrgang // Nummer 12 // Wien, Dezember 2013

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d i rek t Topinfos für engagierte Gewerkschafterinnen

freihandelsabkommen mit USA – EU muss stärke zeigen SEITE SEITE SEITE

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Arbeiterkammer-Wahlen: Jede Stimme gibt der Gerechtigkeit mehr Gewicht 125-Jahr-Jubiläum: Gebur tsstunde der Sozialdemokratie in Österreich Te u r e A u s b i l d u n g : We r m u s s Ko s t e n w a n n z u r ü c k z a h l e n


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Foto: bauderfilm

Wer regiert in europa

Inhalt Titelbild: Times Square in Manhattan, New York, USA

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Haltedauer einer Aktie: 22 Sekunden Editorial FSG-Bundesgeschäftsführer

Aktuelles

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AK-Wahlen 2014 Vorarlberg, Salzburg und Tirol starten die AK-Wahlen Ende Jänner 2014. 125 Jahre Sozialdemokratie

Kommentar

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FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian

Hintergrund

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Pensionslückenhaft teuer Panikmache ist unfair: Pensionsdaten sind weit besser als Gerüchte.

Je näher am Zentralrechner der Börse, desto schneller die Datenübertragung per Kabel. Der neue KinoDokumentarfilm „Master of the Universe“ zeigt auch einen verlassenen Serverraum einer Frankfurter Bank. Spieltermine und Filmverleih unter: www.polyfilm.at

Service

10 Buchtipps 11 Dein

Recht, Antworten auf Fragen

Klartext

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Wünschen geht immer ...

Grundsatz

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Investitionen in „Umwelt + Bauen“

Europa/International

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Europa muss Stärke zeigen

Die haltedauer einer aktie:

22 sekunden

F i l mtipp

Er war einer der führenden Investmentbanker in Deutschland. Er machte Gewinne in Millionenhöhe. Jetzt sitzt er in einer verlassenen Bank mitten in Frankfurt und redet zum ersten Mal. „Vor 20 Jahren war die Haltedauer einer Aktie im Durchschnitt vier Jahre und heute sind wir bei 22 Sekunden“, sagt Ex-Banker Rainer Voss im soeben angelaufenen Kino-Dokumentarfilm „Master of the Universe“ (Regie: Marc Bauder) und weiter: „Der Sinn, eine Unternehmensbeteiligung für 22 Sekunden zu behalten, also das kann mir keiner erklären.“ Die Finanzwirtschaft sei der Realwirtschaft einfach vorausgelaufen. „Die Banken haben für alles Mögliche einen Plan

B. Also wenn auf Frankfurt eine Atombombe fällt, dann hat jeder von denen einen Plan in der Schublade, was sie dann machen müssen. (...) Aber für diese Finanzkrisen gibt es keinen Plan B“, sagt Voss in der Dokumentation. der plan der Gewerkschaften „Seit Ausbruch der Krise weht der neoliberale Wind noch stärker durch Europa, dessen einziges Ziel es offenbar ist, die Sozialstaaten zurechtzustutzen und zu verhindern, dass die Krisenverursacher

:: IMPRESSUM :: Herausgeber: Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen im ÖGB, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/534 44-39080, www.fsg.at. Medieninhaber (Verleger): Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/662 32 96–39744, Fax: 01/662 32 96–39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, www.oegbverlag.at, UID ATU 55591005, FN 226769i. Hersteller: Verlag des ÖGB GmbH. Verlagsort: Wien, Herstellungsort: Wien. Sekretariat: Karin Stieber (karin.stieber@oegbverlag.at), A-1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Telefon 01/662 32 96-39738, Fax 01/662 32 96-39793. Redaktion: Christoph Höllriegl (Leitung), Litsa Kalaitzis, Nani Kauer, Thomas Kallab, Bernt Neumann/Michael Dünser, Thomas Trabi. Grafikdesign: Verlag des ÖGB GmbH. Fotos: FSG Vorarlberg, FSG GBH, FSG/PRO-GE, Höllriegl, picturedesk.com, Waldhäusl, ÖGBArchiv. Anzeigenrepräsentanz: Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Telefon 01/662 32 96-39744, Telefax 01/662 32 96-39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, DVR-Nr. 0562041, ZVR-Nr. 158750011. Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: www.fsg.at/offenlegung Für unverlangt eingesendete Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit ­Zustimmung der Redaktion und mit Quellenangabe. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der FSG entsprechen.

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Aktuelles


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Topinfos für Gewerkschafterinnen

fest der umverteilung nicht nur zu weihnachten

an den Kosten beteiligt werden“, kritisiert ÖGB-Präsident Erich Foglar. Elf Mitgliedsstaaten der EU haben schon im Februar die Einführung einer Finanztransaktionssteuer für 2014 vereinbart. Seither hat die Finanzlobby enormen Druck aufgebaut, um die Einführung immer wieder nach hinten zu verschieben. „Man muss sich schon fragen, wer eigentlich regiert in Europa“, so Foglar: „Im Moment sehen wir bedenkliche Tendenzen, manche Regierungen entscheiden aufgrund von Ratings, und die europäische Politik bekennt sich zwar mehr und mehr zur Finanztransaktionssteuer, ist aber anscheinend machtlos gegenüber den Finanzmarktakteuren – sonst hätten wir sie schon längst. Das ist eine Bankrotterklärung für die Demokratie, und es ist auch kein Weg aus der Krise“, sagt Foglar. Der Europäische Gewerkschaftsbund hat daher ein Investitionsprogramm für Europa entworfen. Der Plan sieht vor, dass jährlich bis zu zwei Prozent des EU-Bruttoinlandsproduktes, über einen Zeitraum von zehn Jahren, zusätzlich für Zukunftsinvestitionen mobilisiert werden. „Wir brauchen endlich sichtbare Zeichen, dass es der EU mit der Bekämpfung der Krise ernst ist“, fordert Foglar. Gerade hinsichtlich der Wahlen zum Europäischen Parlament im kommenden Mai müssten die Menschen spüren, dass die europäische Politik ihre Interessen ins Zentrum stellt.

: : : : F S G d ire k t im A bo : : : : FSG direkt ist kostenlos und kann bestellt werden unter: www.fsg.at. Anregungen und eigene Beiträge können eingesandt werden an: fsg@oegb.at

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Schenken bereitet Freude, besonders zu Weihnachten. Und Schenken ist oft auch ein Ausdruck von Umverteilung. Eltern schenken zum Beispiel ihren „kleinen“ Kindern „mehr“ an Wert, als sie selbst zurückgeschenkt bekommen. Kaum jemand wird den Wert der Geschenke aber gegenseitig aufwiegen. Im höheren Alter, in der Pension kehrt sich das Verhältnis oftmals um. Es ist zugleich ein Ausdruck von Leistungsfähigkeit – sofern man sich für die Geschenke nicht verschuldet. Allgemeine Spielregeln dafür gibt es aber keine.

„Wer möchte mit der Ohnmächtigkeit, niemandem helfen zu können, ins neue Jahr gehen?“ Willi Mernyi, FSGBundesgeschäftsführer

Von Umverteilung wollen einige heute aber nichts mehr hören. „Die Älteren leben zulasten der Jüngeren“, ist da oder dort zu hören. Nur noch die eigene Leistung, das eigene Einkommen, die eigene Pension, das eigene Wohlbefinden zählen – vergessen werden die anderen. Die Einsicht kommt frühestens dann, wenn einem das Schicksal selbst einholt: Krankheit, Arbeitsplatzverlust, Scheidung etc. Dann erst, wenn man aus der vermeintlichen „Leistungsgesellschaft“ hinausfällt. Bis dahin wird das Verständnis für jene, die auf eine solidarische Umverteilung angewiesen sind, mehr und mehr verdrängt. Populistische Stimmungsmacher heizen den Neid noch an. Sind wir wirklich schon so unsolidarisch geworden? Nein! Was zu Weihnachten besonders in den Vordergrund rückt, gibt es Tag für Tag. So wird aus dem Fest der Umverteilung ein Neujahr der Umverteilung. Daher sind wir stolz auf unseren Sozialstaat, auf unsere Umverteilung in unserem Land! Ist doch in Wahrheit ein schönes Gefühl, wenn man in der Lage ist, jemandem helfen zu können. Oder anders gefragt: Wer möchte mit der Ohnmächtigkeit, niemandem helfen zu können, gerne ins neue Jahr gehen? Alles Gute für 2014!

AKTUELLES

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Meine Stimme für eine starke AK

wichtig ist das miteinander In Vorarlberg, Salzburg und Tirol starten die Arbeiterkammerwahlen Ende Jänner 2014. Der Wahlauftakt der FSG Vorarlberg fand Ende November statt: FSG-Spitzenkandidatin Manuela Auer fordert mehr Verteilungs- und Steuergerechtigkeit.

Unter dem Motto „Wichtig ist das Miteinander“ feierte die FSG Vorarlberg im November ihre Auftaktveranstaltung zur Arbeiterkammerwahl 2014: „Eine starke sozialdemokratische Fraktion ist der Garant dafür, dass Missstände aufgezeigt und die Anliegen der ArbeitnehmerInnen ernst genommen werden“, betonte AK-Vizepräsidentin und FSG-Spitzenkandidatin Manuela Auer in ihrer Rede. Nicht locker lassen Zahlreiche ArbeitnehmerInnen und BetriebsrätInnen aus allen Branchen und Gewerkschaften sowie viele Freunde

folgten der Einladung der FSG nach Rankweil. Manuela Auer sagte in ihrer Rede, trotz vieler Hürden nicht locker lassen zu wollen, wenn es darum geht, die Interessen der ArbeitnehmerInnen gegenüber Wirtschaft und Politik zu vertreten. Angesichts des steigenden Drucks auf die Beschäftigten sei es wichtiger denn je, „konsequent und unbequem zu bleiben“. Mehr Respekt für Arbeit Auer geht es vor allem auch um mehr Respekt für die Arbeit und die Leistungen der ArbeitnehmerInnen. „Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen

: : : : star k es team : : : : Beim AK-Wahlauftakt in Vorarlberg wurde auch die FSG-Liste zur AK-Wahl präsentiert. Auf der Liste finden sich 140 Personen, darunter Männer und Frauen, MigrantInnen, jüngere wie ältere KandidatInnen sowie Beschäftigte aus allen Bereichen und namhaften Unternehmen des Landes.

„Schluss damit: Es kann nicht sein, dass in marode Banken Milliarden fließen, aber für die Entlastung der ArbeitnehmerInnen kein Geld da ist.“ Manuela Auer, Spitzenkandidatin der FSG in Vorarlberg

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aktuelles

AK-Vizepräsidentin und FSG-Spitzenkandidatin Manuela Auer: „Es ist großartig, dass sich so viele Menschen in unseren Betrieben engagieren und mit mir gemeinsam die Zukunft der ArbeitnehmerInnen mitgestalten wollen.“

www.manuelaauer.at facebook.manuelaauer.at

von ihrer Arbeit nicht leben können, während Top-Manager Millionen kassieren. Es kann nicht sein, dass in marode Banken Milliarden fließen, für die Entlastung der Beschäftigten aber kein Geld da sein soll. Und es darf einfach nicht sein, dass im reichen Vorarlberg 50.000 Menschen armutsgefährdet sind.“ Genau deshalb ist es wichtig, die sozialdemokratischen GewerkschafterInnen in der Arbeiterkammer zu stärken. „Die FSG steht für engagierte ArbeitnehmerInnenpolitik und für Gerechtigkeit“, so Auer. Sie forderte die Politik auf, die längst überfälligen Reformen zur Ent-


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Vor Ort

Rudi Kaske, Präsident der Bundesarbeitskammer

lastung der ArbeitnehmerInnen endlich in Angriff zu nehmen. Dazu zählen für Manuela Auer: ::: Eine deutliche und nachhaltige steuerliche Entlastung der ArbeitnehmerInnen. Finanziert werden könne dies unter anderem mit einer Millionärssteuer. Für Auer ist klar: „Auch die Reichen müssen einen fairen Beitrag leisten.“ ::: Ein Mindestlohn/-gehalt von mindestens 1.500 Euro brutto pro Monat, damit die Menschen von ihrer Arbeit auch leben können.

::: Investitionen in die Infrastruktur von Schulen, Pflegeeinrichtungen und öffentlichen Verkehr, um die angespannte Situation am Arbeitsmarkt zu entschärfen und Arbeitsplätze zu sichern. ::: Der Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. ::: Mehr Mittel für den gemeinnützigen Wohnbau, damit Wohnen nicht zum Luxus wird. Autoren: Michael Dünser, Bernt Neumann

: : : : Die A K st ä r k e n ! : : : : Die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise erhöhen noch immer Jahr für Jahr den Druck auf ArbeitnehmerInnen. Unter dem Deckmantel eines verstärkten Wettbewerbs sollen ArbeitnehmerInnen für die Krisenfolgen zahlen, die Finanzhaie und Finanzjongleure mit ihrer unendlichen Gier nach immer schnelleren Gewinnen zu verantworten haben. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist daher weiterhin sehr angespannt. Vor allem Jugendliche und ältere ArbeitnehmerInnen über 50 Jahre brauchen zielgerichtete Unterstützung. Als gesetzliche Interessenvertretung setzen sich die Arbeiterkammern für Beschäftigung, (Weiter-)Bildung und Wiedereingliederung am Arbeitsmarkt ein. Im Jahr 2012 haben die Arbeiterkammern österreichweit mehr als zwei Millionen Beratungen im Arbeits- und Sozialrecht sowie KonsumentInnenschutz durchgeführt und für ihre Mitglieder über 200 Millionen Euro vor Gericht erkämpft. 3,3 Millionen ArbeitnehmerInnen sind 2014 in ganz Österreich zu den AK-Wahlen berechtigt. Jede Stimme für eine starke AK gibt der Gerechtigkeit in unserem Land mehr Gewicht! www.arbeiterkammer.at

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aktuelles

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Sozialdemokratie

125-Jahr-Jubiläum

Foto: Anonym / Imagno / picturedesk.com

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Der Parteitag im niederösterreichischen Hainfeld gilt als Geburtsstunde der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs. Der Parteitag gab der gesamten Arbeiterbewegung neues Selbstbewusstsein. Am Parteitag vom 30. Dezember 1888 bis zum 1. Jänner 1889 konnte eine Einigung auf ein Programm und eine Prinzipienerklärung erreicht werden, die Grundlage für die Arbeit der Sozialdemokratie in Österreich wurden. Im Vorfeld kam es allerdings zu harten Flügelkämpfen zwischen den „gemäßigten“ und „radikalen“ Gruppen innerhalb der entstehenden Organisation. Eine besondere Rolle wird Victor Adler zugeschrieben, einem jüdischen (Armen-) Arzt und Journalisten, der als Brückenbauer zwischen den Gruppen fungier-

te. Mit dem Geld seines Erbes hatte er 1886 die Zeitung „Gleichheit. Sozialdemokratisches Wochenblatt“ gegründet. Mit Enthüllungsreportagen, wie jener über das Elend der Wienerberger Ziegelarbeiter, hatte Adler breite Aufmerksamkeit und Respekt erhalten. geeinte Sozialdemokratie Der Hainfelder Parteitag markierte das Ende der heftigen Auseinandersetzungen. Der Parteitag gab der gesamten Arbeiterbewegung neues Selbstbewusstsein. Im Jahr 1890 entstanden

allein in Wien 30 neue Arbeitervereine und die Mitgliederzahl der sozialdemokratischen Organisationen wuchs von 15.000 auf 50.000. Daran konnte auch die staatliche Repression nichts ändern, als etwa die „Gleichheit“ wegen der Unterstützung eines Streiks der Pferdetramwaykutscher in Wien 1889 verboten und ihr Herausgeber Victor Adler als „Anarchist“ zu vier Monaten Kerker verurteilt wurde. Die Arbeiterbewegung nahm nun auch den Kampf um die Arbeitszeitverkürzung auf. Zum Symbol dieses Kampfes

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kommentar

Wolfgang Katzian Gruppenbild mit Viktor Adler 1910 wurde der 1. Mai, der als Feiertag der Arbeiterschaft erstmals 1890 begangen wurde. Zu einem Motto der österreichischen Arbeiterbewegung wurde folgender Vers: „Was wir ersehnen von der Zukunft Fernen, dass Brot und Arbeit uns gerüstet stehen, dass unsere Kinder in den Schulen lernen und unsere Alten nicht mehr betteln gehen.“ Eine filmische Rückschau über die Geschichte der Sozialdemokratie gibt es unter: www.youtube.com/rotbewegt. Mehr Information gibt es auch unter: www.rotbewegt.at

:::: FSG/PRO-GE :::: Günther Goach wurde mit 99,7 Prozent an die Spitze der FSG in der Gewerkschaft PRO-GE gewählt. Die Wahl fand am 25. November im Rahmen der Bundesfraktio n s ko n fe r e n z im Vorfeld des zweiten Gewerkschaftstages der ProduktionsgeGünther Goach werkschaft PROGE statt. Die Delegierten wählten auch die stellvertretenden Vorsitzenden Renate Anderl, Alfred Artmäuer, Paul Kovanda, Andreas Martiner, HansKarl Schaller, Erwin Straußberger und Rainer Wimmer. www.fsg-proge.at

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fsg-vorsitzender

Soziale Verantwortung ist arbeitgebern fremd geworden Raiffeisen-Informatik GmbH: 61 von insgesamt 850 Beschäftigten werden gekündigt, viele der Betroffenen sind 50 Jahre und älter, also leider alles andere als leicht vermittelbar am Arbeitsmarkt. Das Unternehmen argumentiert, ohnehin „freiwillig“ Sozialpläne auszuarbeiten. Wie großzügig von Raiffeisen – Sozialpläne sind bei einer Kündigungswelle dieses Ausmaßes ohnehin vorgeschrieben. Und siehe da, gleichzeitig werden neue Stellen ausgeschrieben, deren Tätigkeitsbeschreibung verdächtig den Qualifikationen der gekündigten MitarbeiterInnen ähnelt. Offenbar werden hier ältere, teurere Beschäftigte durch billigere, weil jüngere ersetzt. Schauplatzwechsel. Lenzing AG: Trotz Rekordumsätzen und Gewinnen wackeln Hunderte Arbeitsplätze. Der Konzernchef erklärt den Jobabbau damit, dass der Faserhersteller eben Fett angesetzt habe, das jetzt abgebaut werden müsste – eine derart menschenverachtende Aussage, dass man sie gar nicht erfinden könnte. Die Bekanntgabe dieser Massenkündigung erfolgte völlig überraschend, eine Strategie für eine neue Ausrichtung oder Änderungen der Strukturen des Unternehmens dazu gibt es bis heute nicht.

Die Kündigung Hunderter Beschäftigter wird den Arbeitsmarkt enorm belasten und zu einem starken Kaufkraftverlust in der betroffenen Region führen. Was haben die beiden Geschichten gemeinsam? In beiden spielen Arbeitgeber die Hauptrolle, denen Begriffe wie soziale und gesellschaftliche Verantwortung fremd geworden sind. Arbeitgeber, für die Menschen nur Kostenfaktoren sind, deren man sich entledigt, wenn das den Profit maximiert. Besonders erschreckend daran ist, dass genau dieser Typus Arbeitgeber in der ÖVP und in den schwarzen Arbeitgeberorganisationen mehr und mehr den Ton angibt. Mit Händen und Füßen wehren sich diese Arbeitgeber gegen eine Bonus-Malus-Regelung, die Ältere länger im Arbeitsleben halten würde, genauso wie gegen jeglichen Beitrag der Unternehmen zur Krisenbewältigung. Dass sie mit dieser Haltung sich und dem Wirtschaftsstandort ebenfalls schaden, müssen diese Arbeitgeber erst lernen – und wenn sie Sachargumenten nicht zugänglich sind, dann gibt es auch noch andere Möglichkeiten, sie an ihre Verantwortung zu erinnern.

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Kleine Vorsorge-Mathematik

pensionslückenhaft teuer Unser gegenwärtiges Pensionssystem ist Neos und Industrie ein Dorn im Auge. Die Pensionen wären nicht gesichert und würden in absehbarer Zeit um die Hälfte einbrechen. Neos fordert daher Anreize für private Vorsorge und mehr Eigenverantwortung von den Menschen. Ein Irrweg?

Besonders über die Bundeshaftung (oder Bundeszuschuss) machen sich Neos und Industrie Sorgen. Obwohl sich diese die ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen selbst zahlen: Zwei Drittel aller Steuereinnahmen kommen aus der Lohn- und Umsatzsteuer. Und dass ArbeitnehmerInnen, Arbeitgeber und Staat gemeinsam für unser Sozialsystem aufkommen, sollte seit der Entstehung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in den 1950er-Jahren außer Frage stehen. Wer das infrage stellt, will ArbeitnehmerInnen nur versteckt in die Brieftasche greifen.

„Eine Panikmache ist nicht fair gegenüber den BeitragszahlerInnen in der Pflichtversicherung und vor allem nicht seriös: Österreichs Pensionsdaten sind weit besser als Gerüchte und Vermutungen.“ Wolfgang Katzian, FSG-Vorsitzender

System hielt krise stand Unsere Pflichtversicherung sorgt dafür, dass wir im Alter finanziell abgesichert sind. Das umlagefinanzierte Verfahren hat zudem den Vorteil, dass die Pensionsgelder an Börsen nicht verspekuliert werden können und direkt im Wirtschaftskreislauf Kaufkraft, Konsum und Arbeitsplätze schaffen. Das hat sich seit dem Ausbruch der Finanz- und

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Hintergrund

Wirtschaftskrise im Jahr 2008 bewährt. Denn für viele private Vorsorgegelder haftete niemand. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Österreich bestätigt, eine geringe Altersarmut und einen hohen Lebensstandard im Alter zu haben. Das heimische Pensionssystem sei aber im internationalen Vergleich eines der teuersten. Was viele dazu verleitet, erneut unser Pensionssystem zu kritisieren. Anstatt stolz auf unsere geringe Altersarmut zu sein, ertönt in der Öffentlichkeit wieder: „Es geht uns immer noch zu gut.“ Fakt ist aber auch, dass Menschen eher nur dann sparen, wenn sie dazu gezwungen werden – besonders in Konsumgesellschaften. Wo bleibt der Aufschrei? Wenn festgestellt wird, dass Österreich bei Vermögenssteuern auf dem fünftletzten Platz der 34 OECD-Länder festsitzt und sich nichts bewegt (außer dass Reiche aufgrund ihrer Vermögen immer reicher werden), oder ein Bericht des Internationalen Währungsfonds zu höheren Reichensteuern indirekt rät, oder eine EU-Studie empfiehlt, dass die „kleinen Leute“ steuerlich entlastet werden müssten, dann führt das zu keinem großen Aufschrei in der Öffentlichkeit. Fast schon eine verkehrte Welt. Aber scheinbar glauben einige, dass es eine geringe Altersarmut zum Nulltarif gibt. Das Motto lautet alsdann: viel länger arbeiten

und mehr sparen. Ein Ansatz, dem sich auch Neos verschreibt und im Zwang zur Pflichtversicherung wohl auch eine Einschränkung der Freiheitsrechte der Menschen erkennt, wie dies in den USA üblicherweise argumentiert wird. nur 30 „gute“ Jahre Neos lud zum Beispiel vor kurzem PensionsexpertInnen zum Vortrag – wohl angemerkt laut Website keine Wissenschafter oder Versicherungen. Neos rief PensionsexpertInnen auf den Plan, die eine private Altersvorsorge ähnlich wie Haus- oder Wohnungskauf sehen. Nach einem ersten Blick gar nicht so verwerflich. Je nach Lage und Bedürfnisse koste ein Eigenheim zwischen 150.000 und 250.000 Euro. Für eine ausreichende Zusatzpension seien ebenfalls zwischen 150.000 und 250.000 Euro zum Pensionsantritt erforderlich (nach oben gebe es in beiden Fällen keine Grenzen). Der Pensionsexperte geht von einem Zeitraum von 20 bis 25 Jahren, das Eigenheim „absparen“ und die Pensionsvorsorge über den gleichen Zeitraum ansparen, aus. Nach der Ausbildung und dem Berufseinstieg beginnt im Alter von etwa 25 Jahren das Einkommen für gewöhnlich zu steigen, im Alter von etwa 55 Jahren kann es hingegen rasch abfallen, wenn man aus dem Arbeitsmarkt gedrängt wird, was in Österreich durchaus gängi-


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vorsorge Eigenheim, private Vorsorge oder Kinder? Nicht alles lässt sich für viele durch Einsparungen oder Umschichtungen ihrer Einkommen finanzieren!

ganz „normale Leben“). Obwohl es laut Experten dann aber immer noch möglich sein soll, mit Einsparungen und Umschichtungen der Einnahmen alles unter einen Hut zu bringen.

ge Praxis ist, oder wenn die Arbeit krank gemacht hat. Dazwischen liegen mit etwas Glück also 30 „gute“ und einkommensstarke Jahre. 1.750 Euro pro monat Für ein Eigenheim im Wert von 250.000 Euro beträgt die monatliche Belastung laut Kreditrechnern großer Banken auf 30 Jahre gerechnet bei einer Verzinsung von vier Prozent 1.200 Euro (ohne Eigenmittel, denn nicht alle erhalten ein Erbe/eine Schenkung als Startkapital). 250.000 Euro für eine vermeintliche „Pensionslücke“ kosten bei einer Verzinsung von zwei Prozent 550 Euro pro Monat. Will man keine Miete zahlen und für die Pension später gerüstet sein, zahlt man also 30 Jahre lang monatlich 1.750 Euro. Und das, obwohl es eine „Pensionslücke“ ja schon immer gab: Denn wer konnte jemals mit einer Pensionshöhe von 100 Prozent seines/ihres letzten Monatseinkommens rechnen? Laut Statistik Austria verdienten 2011 unselbstständig Beschäftigte im Mittel 1.732 Euro netto im Monat (inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld, wenn Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte zusammen

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betrachtet werden). Eigenheim anschaffen und Pensionslücke vorbeugen geht sich damit für eine Person mit diesem mittleren Einkommen nicht aus. Wenn zwei Personen mit ähnlichen Einkommen trotz einer Gesamtscheidungsrate von knapp 43 Prozent und einer mittleren Ehedauer von 10,6 Jahren (2012) beschließen, das Projekt Eigenheim und das Schließen nur einer (!) Pensionslücke gemeinsam zu finanzieren, geht ein ganzes Einkommen dafür drauf. Noch nicht berücksichtigt sind dabei Betriebskosten, Versicherungsprämien, Mobilität (Auto), Instandhaltungsarbeiten und Ersatzinvestitionen (nur wenige Geräte halten 30 Jahre lang), Weiterbildung, Gesundheitsausgaben oder Kinder etc. Nach Schätzungen von Wirtschaftsforschungsinstituten kostet ein Kind bis es volljährig ist zwischen 100.000 Euro und 250.000 Euro (Konsumausgaben und Einkommensausfall durch Betreuung). Viele „NormalverdienerInnen“ steigen vermutlich spätestens an dieser Stelle aus, um weiterzurechnen. Sie freuen sich, wenn sie mit ihrer Abfertigung einmal die letzte Kreditrate zurückzahlen können (aufgenommen zum Beispiel nur für das

Vorsorge für Reiche Laut Neos ist „die Wahrheit den Menschen nicht nur zumutbar, sie haben ein Recht darauf“. Klare Sache! Fazit: Viele werden sich eine derart hohe private Pensionsvorsorge nicht leisten können (siehe Seite 16). Andere leben wiederum gerne für den Konsum und für Prestigegüter. Wieder andere bekommen Kinder. Auch das ist Freiheit! Und ja, wir haben ein ausgezeichnetes Pensionssystem für alle diese Menschen und alle ihre Risiken (Unfall, Krankheit, Invalidität etc.), an dem wir festhalten müssen, genauso wie an einer Steuerstrukturreform, die den Faktor Arbeit entlastet. Und ja, jene, die sich die hier beispielhaft angeführte private Pensionsvorsorge leisten können, denen steht bei ihrer Entscheidung niemand im Wege. Übrigens: Die günstigere Variante mit jeweils 150.000 Euro würde monatlich noch immer mit 1.050 Euro zu Buche schlagen. Autor: Christoph Höllriegl E-Mail: christoph.hoellriegl@fsg.at

:::: WE B T IP P :::: www.bankenrechner.at

Hintergrund

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buchtipps teure Ausbildung wie „big data“ unser leben verändert Welche Farbe verrät am ehesten, ob ein Gebrauchtwagen in einem guten Zustand ist? Wie kommt es, dass die Suchfunktion von Google die Verbreitung der Vogelgrippe H1N1 besser voraussagen kann als jede staatliche Behörde? Der Schlüssel zu den Antworten auf diese und weitere Fragen ist: Big Data. Im ersten Fall ist es häufig Orange, denn Fahrer, die diese Farbe kaufen, tauchen weniger in Unfallstatistiken auf. Im zweiten Fall führt die Kombination und Häufigkeit der pro Land eingegebenen Suchbegriffe rund um Grippe und Arzneien schneller ans Ziel als jede Prognose. Die Autoren beschrei-

: : : : B u c ht I P P : : : : Big Data, Die Revolution, die unser Leben verändern wird; Viktor Mayer-Schönberger, Kenneth Cukier, Redline, 2013, 288 Seiten, 25,70 Euro. ben in ihrem Buch, was Big Data ist, welche Möglichkeiten sich eröffnen und verschweigen auch die dunkle Seite wie den drohenden Verlust der Privatsphäre nicht.

politische karikaturen und köpfe Petar Pismestrovics spitzer Feder entgeht nichts – kein politischer Schachzug, kein Wirtschaftsskandal, kein gesellschaftlicher Fehltritt. Jeden Tag erfreut er mit seinen ironischen Karikaturen die LeserInnen der „Kleinen Zeitung“. Er hat mit seinem Interesse für Politik in der Karikatur das ideale Medium des Ausdrucks gefunden. Nach den Sammelbänden der vergangenen Jahre gibt es auch 2013 wieder einen gezeichneten Querschnitt durch die Ereignisse des Jahres.

:::: BuchTIPP :::: Politische Karikaturen & Köpfe des Jahres 2013, Petar Pismestrovic, Styria, 2013, 128 Seiten, 29,99 Euro Die Tipps gibt es in der ÖGB-Fachbuchhandlung, Rathausstraße 21, 1010 Wien, Telefonnummer 01/405 49 98–132, www.oegbverlag.at E-Mail: fachbuchhandlung@oegbverlag.at

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SERVICE

wer muss wann zurückzahlen Weiterbildung ist heute zu einem Teil der Arbeit geworden. Wann die Kosten dafür rückerstattungspflichtig sind, beschäftigt die Gerichte.

Wir leben in einer Zeit, in der es nicht mehr ausreicht, nur am Beginn des Arbeitslebens eine umfassende Ausbildung zu machen. Dass sich ArbeitnehmerInnen (AN) auch während eines Arbeitsverhältnisses laufend weiterbilden und auch eine diesbezügliche Bereitschaft mitbringen, wird von vielen Arbeitgebern (AG) als absolutes „Muss“ gesehen. Aus- und Weiterbildung sind aber oft nicht gratis. Mitunter sind auch hohe Kosten damit verbunden. Auch Kosten, die vom AG zu tragen sind. Kosten auf beschäftigte überwälzen In den vergangenen Jahren versuchten AG verstärkt diese Kosten auf die AN zu überwälzen. Die Methode ist einfach: Der AG trägt zunächst die Kosten der Ausbildung und fordert das Geld dann von den AN ein, wenn diese nach der abgeschlossenen Ausbildung nicht mehr für ihn arbeiten wollen. Damit hat der AG gleich zwei Vorteile: Es stehen ihm besser ausgebildete AN zur Verfügung, und er bindet diese auch eine Zeit an sich, weil die AN sich die Rückzahlung der Ausbildungskosten oft nicht leisten können oder möchten. Gesetz und Rechtsprechung sprechen von Ausbildungskostenrückersatz. § 2d des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) regelt in welchen Grenzen eine derartige Vereinbarung zulässig ist und sieht zum Beispiel vor, dass eine Voraussetzung für eine Rückerstattung eine schriftliche Vereinbarung zwischen AG und AN ist. Diese Vereinbarung muss noch vor einer bestimmten Ausbildung geschlossen werden, und es muss aus ihr auch die konkrete Höhe der zu ersetzenden Ausbildungskosten hervorgehen. Was ist rückerstattungspflichtig Eine Rückerstattung ist nur hinsichtlich von Ausbildungskosten im Sinne des § 2d AVRAG zulässig. Das


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sind die vom AG tatsächlich aufgewendeten Kosten für jene erfolgreich absolvierte Ausbildung, die AN Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermitteln, die diese auch bei anderen AG verwerten können. Bloße Einschulungskosten sind keine Ausbildungskosten. ausbildung mit prüfung Der Oberste Gerichtshof (OGH, GZ 9 ObA 97/13z) hatte sich in jüngster Vergangenheit mit der Frage zu befassen, was unter „erfolgreich abgelegter“ Ausbildung zu verstehen ist. Für den Ausbildungserfolg kommt es laut OGH darauf an, dass den AN „ein bestimmtes Wissen und bestimmte Fähigkeiten (Know-how)“ dergestalt vermittelt wurde, dass sie „darüber verfügen und sie einsetzen“ können. Ist eine Prüfung vorgesehen, ist der positive Abschluss der Prüfung maßgeblich. Eine Prüfung oder ein Zeugnis muss aber nicht in jedem Fall vorgesehen sein. ausbildung ohne prüfung Der Erfolg einer Ausbildung kann auch an den neu erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten der auszubildenden AN ersehen und gemessen werden. Dass Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung nicht von Beginn an völlig mängelfrei arbeiten und noch nicht die gleichen Fertigkeiten haben müssen wie AN, die seit längerem mit der entsprechenden Aufgabe befasst sind, kann dabei „nicht schaden“, weil auch

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Foto: McPHOTO / vario images / picturedesk.com

Dein Recht

eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung den Wert von Routine und Erfahrung nicht zu ersetzen vermag.

Für den OGH besteht kein Zweifel, dass auch ohne Prüfungsnachweis erworbene Spezialkenntnisse am allgemeinen Arbeitsmarkt nachgefragt und bewertet werden können. Daher wäre für den „erfolgreichen Abschluss“ einer Ausbildung eine Prüfung oder ein Zeugnis nicht zwingend erforderlich. Damit scheint aber auch klar, dass Ausbildungen ohne messbaren Erfolg schon allein deshalb nicht rückersatzfähig sind.

Beratung ist sinnvoll Offen bleibt allerdings, wie der erfolgreiche Abschluss ermittelt werden soll, wenn keine Prüfung vorgesehen ist. Allein der Beurteilung des AG kann das wohl nicht überlassen werden. Nach dieser Entscheidung des OGH kann es ratsam sein, wenn eine Ausbildung nicht erfolgreich abgeschlossen wurde, dies dem AG auch mitzuteilen, um einer Rückzahlungsverpflichtung vorzubeugen. Sinnvoll ist es aber, zuvor Beratung bei der zuständigen Gewerkschaft oder Arbeiterkammer einzuholen.

Thomas Kallab Jurist, Arbeiterkammer Wien E-mail: thomas.kallab@akwien.at

Darf ich beantragen, dass die Sitzungen des Betriebsrates öffentlich gehalten werden? Ein solcher Antrag wäre zwar grundsätzlich zulässig, jedoch sieht das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) vor, dass die Sitzungen des Betriebsrates nicht öffentlich sind. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen einzuladen. Unter Umständen können auch andere Personen als Sachverständige oder Auskunftspersonen eingeladen werden (zum Beispiel der/ die PersonalchefIn) – diese haben aber vor der Willensbildung (Diskussion) und Abstimmung im Betriebsrat wieder den Raum zu verlassen. Ich wohne mit meinem Kind nicht im gemeinsamen Haushalt. Kann ich trotzdem Pflegefreistellung beanspruchen? Ja. Seit 1. Jänner 2013 hat im Fall der notwendigen Pflege eines erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekindes) auch der/die ArbeitnehmerIn Anspruch auf Pflegefreistellung, der/die nicht mit seinem/ihrem erkrankten Kind (Wahl- oder Pflegekind) im gemeinsamen Haushalt lebt.

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zukunftsinvestitionen

umwelt + bauen Arbeit schaffen durch leistbares Wohnen: Die Gewerkschaft BauHolz präsentierte „UMWELT + BAUEN“-Positionspapier „Zukunftsinvestitionen in Wohnen, Infrastruktur und Umwelt“.

Nani Kauer

KlarText

E-mail: nani.kauer@oegb.at

wünschen geht immer ... Die Industriellenvereinigung (IV) jetzt wieder: Knapp vor dem (geplanten) Ende der Koalitionsverhandlungen, kurz vor Weihnachten, schreiben sie einen Wunschbrief. Was sie sich von der kommenden Regierung wünschen, ist mäßig neu: Senkung der Abgabenquote, Entlastung der Betriebe, Entbürokratisierung, mutige Veränderungen – und eine Reform des Pensionssystems fehlt natürlich auch nicht. Sie schreiben auch, dass sie „direkt und indirekt für 2,4 Millionen Arbeitsplätze“ verantwortlich sind – und dass sie diese Verantwortung nur wahrnehmen können, wenn die Rahmenbedingungen passen. Liest man da zwischen den Zeilen eine leise Andeutung, Arbeitsplätze würden verloren gehen, ginge die Regierung nicht auf die IV-Forderungen ein? Haben sie denn so viel mehr Arbeitsplätze zum Beispiel für Ältere geschaffen, als die für sie „günstiger“ wurden, zum Thema Rahmenbedingungen? Nein. Eben. Aber wünschen darf man sich immer alles.

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GRUNDSAtz

Für die kommenden Jahre hat die Nachhaltigkeitsinitiative „UMWELT + BAUEN“ unter Federführung der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) ein nachhaltiges Positionspapier „Zukunftsinvestitionen in Wohnen, Infrastruktur und Umwelt” erarbeitet. Dieses enthält umsetzungsfähige Maßnahmen, um leistbares Wohnen zu sichern und notwendige Infrastrukturmaßnahmen zu gewährleisten. Zu allen Vorschlägen wurden auch realisierbare Finanzierungskonzepte vorgelegt. GBH/FSG-Bundesvorsitzender und

Abgeordneter zum Nationalrat Josef Muchitsch: „Die zukünftige Bundesregierung hat jetzt eine große Chance, welche sie auch nützen muss. Mit kontinuierlichen und nachhaltigen Investitionen in den Bereichen Wohnen, Infrastruktur und Umwelt können wir nicht nur unsere Wirtschaft ankurbeln, sondern auch Beschäftigung auslösen und somit Arbeitslosigkeit verhindern. Dadurch werden Arbeitsplätze und somit die Einkommen für viele Tausend ArbeitnehmerInnen gesichert und geschaffen.“

Großes Interesse herrschte bei der Präsentation des Positionspapiers: (von links nach rechts) Dr. Josef Schmidinger, DI Dr. Andreas Pfeiler, Abg. z. NR Josef Muchitsch und Ing. Hans-Werner Frömmel.

: : : : Das P ositio n spapier : : : : Das gesamte Positionspapier steht im Internet als Download zur Verfügung: www.umwelt-bauen.at. Das Programm kann als Broschüre per E-Mail angefordert werden: presse@gbh.at


12. Jahrgang // Nummer 12 // Wien, Dezember 2013

Kurswechsel leistbares wohnen die Positionen im Überblick Leistbares Wohnen ::: Bedarfsorientierte Dotierung der Wohnbauförderungsbudgets ::: Langfristige Sicherung der Neubaufinanzierung durch die Wohnbauförderung ::: Steigerung der Investitionskraft der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft ::: Drei-Prozent-Sanierungsrate ::: Bundeswohnbauagentur ::: Mobilisierung von Bauland ::: „Nachverdichtung” forcieren ::: Seniorengerechtes Bauen und Sanieren ::: Verringerung der Baukosten Zukunftsfähige Infrastruktur ::: Stärkung der Kooperation Bund/Länder durch mehr Kompetenz für die Bundesraumordnung ::: Für ein modernes Schienennetz und eine Offensive für den öffentlichen Verkehr ::: Neue Prioritäten im Straßenbau – Ausbau und Sanierung, Lückenschluss und Kosteneffizienz ::: Sanierung von 250 Bildungseinrichtungen mit einer Investitionssumme von 500 Millionen Euro ::: Wildbach- und Lawinenverbauung zentral sichern ::: Siedlungswasserbau ::: Hochwasser- und Katastrophenschutz ::: Weiterer Ausbau erneuerbarer Energiegewinnung Steuern und fairer Wettbewerb ::: Handwerkerbonus, reduzierte Mehrwertsteuer beziehungsweise Rückvergütung bei heimischen Baudienstleistungen ::: Vorlagepflicht von Dienstleistungsrechnungen bei Förderungen ::: Ausschöpfung der Vergabemöglichkeiten an heimische Betriebe ::: Umsetzung weiterer Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping ::: Bonussysteme bei Vergabekriterien nutzen, wie zum Beispiel Berücksichtigung von Umweltaspekten, Jugendbeschäftigung, Lehrlingsausbildung sowie Einhaltung von arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen

„darauf schauen, dass wieder mehr hereinkommt“ Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz und Abgeordneter zum Nationalrat, über das „UMWELT + BAUEN“-Positionspapier. FSG direkt: Die Regierung will sparen. Sind die Maßnahmen aus dem Positionspapier finanzierbar? Josef Muchitsch: Wie bringe ich meinen Haushalt wieder in Ordnung, wenn zu wenig im Geldbörsel ist? Die Antwort dazu ist einfach. Indem ich in Zukunft weniger ausgebe, aber auch indem ich darauf schaue, dass wieder mehr hereinkommt. Dafür muss man Rahmenbedingungen schaffen. FSG direkt: Im Positionspapier ist eine höhere Dotierung der Wohnbauförderung gefordert. Wo soll dieses zusätzliche Geld herkommen? Josef Muchitsch: Wir haben konkrete Vorschläge wie den Handwerkerbonus oder die verpflichtende Rechnungslegung bei Inanspruchnahme von Förderungen. Damit kurbeln wir legale Aufträge und die Beschäftigung in Österreich an. Dadurch kommt es zu zusätzlichen Steuereinnahmen, welche wir bis dato noch nicht hatten.

Autor: Thomas Trabi

:::: WE B T IP PS ::::

E-Mail: thomas.trabi@gbh.at

www.bau-holz.at und www.fsg-bau-holz.at

d i rek t

GRUNDSATZ

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www.f s g.at

11,1 % 9%

Schweiz

5,3 % 8,8 %

China (ohne Hongkong)

17,1 % 7%

Russland Türkei Japan Norwegen

Quelle: Eurostat (Daten 2011, Differenz auf 100 % entfallen auf andere Länder).

16,8 %

USA

11,7 % 4,7 % 2,8 % 3,2 % 4% 3% 5,5 %

wichtigste Handelspartner der EU-27 Anteile in Prozent nach Ländern, Exporte und Importe der EU-27.

freihandelsabkommen EU–USA

europa muss stärke zeigen Die Beziehungen zwischen den USA und Europa stehen derzeit am Prüfstand. Der Spionageskandal hat zu schweren Irritationen geführt, dennoch hält man an Verhandlungen zum Freihandelsabkommen fest. Angesichts der Krise erhofft man sich den vor allem in Europa dringend benötigten Wachstumsschub.

Bereits jetzt sind die USA und EU wirtschaftlich eng verflochten. Pro Tag werden Waren im Wert von rund 2,7 Milliarden Euro ausgetauscht, das Bruttoinlandsprodukt der beiden Wirtschaftsräume beträgt rund 47 Prozent des weltweiten BIP (Bruttoinlandsprodukts). Wird die TTIP (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) Realität, dann wird damit gerechnet, dass das BIP der EU jährlich um rund 0,5 Prozent steigen könnte, zudem erhofft man sich einen Impuls für den Arbeitsmarkt, die EU-Kommission geht von Hunderttausenden neuen Arbeitsplätzen aus. Trotz der zu erwartenden Vorteile ist Vorsicht geboten, gerade vonseiten der EU muss gut verhandelt werden. Denn keinesfalls darf das Frei-

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Europa/International

handelsabkommen dazu führen, dass europäische Standards im Sozial- und Umweltbereich unterlaufen werden. wo die Gefahren lauern ::: Die USA haben – im Gegensatz zu Europa – nur zwei der acht Kernarbeitsnormen der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) ratifiziert. Das bedeutet, dass die Gewerkschaftsrechte in den USA nicht abgesichert sind. Die Anerkennung der ILO-Kernarbeitsnormen muss vonseiten der EU zur Bedingung für einen positiven Abschluss der Verhandlungen gemacht werden. ::: Ebenso gibt es im Mandatsentwurf für die Verhandlungen keine Ausnah-

men für öffentliche Dienstleistungen. Hier könnte ein noch größerer Liberalisierungsdruck auf Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge entstehen. ::: Zu besonderen Problemen könnten die sogenannten Investitionsschutzbestimmungen führen, die in den Vertrag aufgenommen werden sollen. Investitionsschutzbestimmungen sind Bestandteil der meisten zweiseitigen Handelsabkommen und dafür gedacht, Wirtschaftstreibende zu schützen, sollte es in einem Land zu politischen Umstürzen kommen, und daraus resultierend zu schweren Nachteilen für Unternehmen, die in diesem Land inves-


12. Jahrgang // Nummer 12 // Wien, Dezember 2013

warenaustausch

Flug über den Nord-Atlantik in Richtung USA

tiert haben. In den vergangenen Jahren sind findige Großkonzerne jedoch dazu übergegangen, die Investitionsschutzbestimmungen zu missbrauchen, um unliebsame politische Entscheidungen zu bekämpfen. So wurde Deutschland vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall wegen des geplanten Ausstiegs aus der Atomenergie geklagt, und auch Australien sah sich Klagen wegen Verschärfungen des Tabakgesetzes ausgesetzt. Dabei gibt es keinen Grund, den Investorenschutz zwischen den USA und der EU zu fixieren, handelt es sich doch in beiden Fällen um hochentwickelte Rechtssysteme. Denn eines ist absehbar: Treten diese Bestimmungen in Kraft, würde Europa unter Garantie den Kürzeren ziehen. Niemand kann ernsthaft wollen, dass der politische Gestaltungsspielraum eingeschränkt wird. Was passiert, wenn die EU beispielsweise ihre Umweltauflagen erhöht und sich ein amerikanischer Konzern dadurch in seinem Geschäftsgebaren behindert fühlt?

d i rek t

Datenschutz klären Und nicht zuletzt ist auch die Frage des Datenschutzes zu klären. Derzeit strebt man an, den Datenschutz im Rahmen des Freihandelsabkommens zu regeln. Dieses wichtige Themengebiet in einem Wust an anderen Bestimmungen untergehen zu lassen, ist angesichts

der aktuellen Vorkommnisse fatal. Deshalb ist der – auch schon von der EUKommission geäußerte – Ansatz richtig, ein eigenes Datenschutzabkommen zu verhandeln, und erst wenn dieses Abkommen finalisiert ist, die Verhandlungen zur TTIP zu beenden. Die Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen im Europäischen Parlament sind dafür eingetreten, die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen so lange auf Eis zu legen, bis die USA zur vollständigen Aufklärung der Spionagevorwürfe bereit sind. Leider hat es dafür keine Mehrheit im EU-Parlament gegeben. Nun muss Europa zumindest in den Verhandlungen Haltung zeigen und gemeinsam mit den USA ein Ergebnis erzielen, das nicht nur den Großkonzernen zugute kommt, sondern von dem auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nachhaltig profitieren. Autorin: Evelyn Regner E-Mail: evelyn.regner@europarl.europa.eu

„Auch wenn Vorteile zu erwarten sind, ist Vorsicht geboten. Die EU muss gut verhandeln!“ Evelyn Regner, EU-Abgeordnete

:::: WE B T IP P :::: www.evelyn-regner.at

Europa/International

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w w w. f s g . a t

fair. sozial. gerecht.

Foto: Gaby Wojciech / Westend61 / picturedesk.com

wohneigentümerinnen in Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre Drei Viertel der Bevölkerung im Alter von über

Schweiz

65 Jahren sind WohneigentümerInnen** (im

Niederlande

Durchschnitt der Mitgliedsländer der Organisation

Österreich

für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-

Schweden

lung, OECD). Wohneigentum kann einen Beitrag zum Lebensstandard im Alter leisten, weil Mieten

GroSSbritannien

gespart werden. Die Erhaltungskosten können

OECD*

aber auch zu Einkommensarmut führen.

75 %

Tschechien

In Ländern mit einem niedrigen Anteil an Wohn-

Spanien

eigentum ist der Anteil am Haushaltseinkommen aus öffentlichen Pensionssystemen zumeist höher.

Slowakei 25 %

50 %

75 %

100 %

Quelle: OECD, Pensions at a Glance 2013 (Daten aus 2011). * Durchschnitt bezieht sich auf 28 ausgewählte OECD-Länder. ** Unter WohneigentümerInnen sind auch jene erfasst, die noch eine Hypothek auf ihr Wohneigentum abbezahlen.

erfolg der sozialpolitik

3,9 %

Von 2007 bis 2010 konnte die durchschnittliche Altersarmutsquote der Mitgliedsländer der Organistaion für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von 15,1 Prozent auf 12, 8 Prozent gesenkt werden. Mit der Alterung der Bevölkerung werden laut OECD die Ausgaben für öffentliche Pensionen steigen. Die jüngsten Reformen zielen laut OECD auf die Sicherung der Pensionssysteme ab. Auch wenn die Pensionsansprüche demnach geringer

ausfallen werden, so haben viele Länder eine Einkommenssicherung vorgesehen. Für Personen mit unvollständiger Erwerbsbiografie wird es allerdings schwieriger werden, ein ausreichendes Einkommen aus der öffentlichen Alterssicherung zu

beziehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dies durch eine private Pensionsvorsorge ausgleichen können, ist laut OECD gering. Daher brauchen wir gute Arbeitsplätze mit guten Einkommen ein ganzes Erwerbsleben lang!

F–D5

Ein Ersuchen des Verlages an den/die BriefträgerIn: Falls Sie diese Zeitschrift nicht zustellen können, teilen Sie uns bitte hier den Grund und gegebenenfalls die neue oder richtige Anschrift mit

/ / / Straße/Gasse Haus-Nr./Stiege/Stock/Tür / Postleitzahl Ort Besten Dank

02Z031786M

P. b. b. Erscheinungsort Wien

VERLAGSPOSTAMT 1230 WIEN


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