"FSG direkt", 2/2015

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14. Jahrgang // Nummer 2 // Wien, Februar 2015

d i rek t TOPINFOS FÜR ENGAGIERTE GEWERKSCHAFTERiNNEN

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Foto: Blaha, Franz / ÖNB-Bildarchiv / picturedesk.com

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Kommunalpolitik: Gewerkschaf terInnen kämpfen für mehr Lebensqualität Ü b e r wa c h u n g a u f S c h r i t t u n d Tr i t t : U n e r h ö r t & u n g e s e t z l i c h Internationaler Frauentag: Echte Wahlfreiheit und selbstbestimmtes Leben


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Inhalt Cover: Aufräumungsarbeiten in Wien, 1945.

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Editorial FSG-Bundesgeschäftsführer

Aktuelles

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Lebensqualität wählen Engpass an Wiens Schulen SchulwartInnen und RaumpflegerInnen müssen Überstunden machen.

Kommentar

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FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian

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Hintergrund

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Überwachung auf Schritt und Tritt Kein Pardon für Arbeitgeber, die ihre MitarbeiterInnen bespitzeln lassen.

Service

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Recht, Antworten auf Fragen

Grundsatz

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Stark für Frauen Modernes Frauenbild soll vor Teilzeitfalle und Altersarmut schützen.

Europa/International

Foto: Votava / Imagno / picturedesk.com (Aufräumungsarbeiten, Wien 1945)

WIE WAR DAS MÖGLICH ...

April 1945 – die Gründungstage des ÖGB: Der Zweite Weltkrieg war noch nicht einmal zu Ende und schon versammelten sich gewerkschaftliche VertreterInnen aller politischer Lager. Ein demokratischer, überparteilicher und geeinter Österreichischer Gewerkschatsbund wurde aus der Taufe gehoben. Damit war auch der zügige Wiederaufbau Österreichs auf Schiene.

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EINSTEIGEN BITTE Sieben Jahre nach der Gründung des ÖGB spielte Schauspieler Helmuth Qualtinger in einem Werbefilm des ÖGB mit. Das zentrale Thema damals: die gewerkschaftliche Solidarität.

Im Jahr 1952 schrieben die Filmemacher Beatrice and Georg Tressler das Drehbuch für den ÖGB-Werbefilm „Einsteigen bitte“. Bereits 1954

sollte der Film beim ersten Internationalen Arbeiterfilmfestival in Hamburg den „Labour World’s Screen Award“ gewinnen, so etwas wie der Oscar für die beste Halb-Dokumentation von großem menschlichem Interesse. Diesen Werbefilm gibt es jetzt wieder zu sehen unter: www.youtube.com/oegbgeschichte

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Lebenswandel

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Bis zum letzten Hemd

Die gewerkschaftliche Solidarität sorgte bereits im Gründungsjahr des ÖGB 1945 für Gesprächsstoff. Die gegen-

:: IMPRESSUM :: Herausgeber: Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen im ÖGB, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/534 44-39080, www.fsg.at. Medieninhaber (Verleger): Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/662 32 96–39744, Fax: 01/662 32 96–39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, www.oegbverlag.at, UID ATU 55591005, FN 226769i. Hersteller: Verlag des ÖGB GmbH. Verlagsort: Wien, Herstellungsort: Wien. Redaktion: Christoph Höllriegl (Leitung), Litsa Kalaitzis, Beate Horvath, Martina Steiner-Riolo, Kathrin Liener. Grafikdesign: Verlag des ÖGB GmbH. Fotos: FSG-Burgenland, FSG-Kärnten, FSG-GÖDJugend, GdG-KMSfB, Höllriegl, Thomas Reimer, Isabelle Carhoun (Illustration), Mauritius Images, picturedesk.com, ÖGB-Archiv. Anzeigenrepräsentanz: Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, JohannBöhm-Platz 1, Telefon 01/662 32 96-39744, Telefax 01/662 32 96-39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, DVR-Nr. 0562041, ZVR-Nr. 158750011. Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: www.fsg.at/offenlegung Für unverlangt eingesendete Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit Z ­ ustimmung der Redaktion und mit Quellenangabe. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der FSG entsprechen.

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AKTUELLES


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EDITORIAL

AUGENAUSWISCHEREI ODER AUFBRUCH ZUM UMBRUCH

seitige Solidarität ist „ein unentbehrlicher Grundstein unseres organisatorischen Aufbaues. Wenn wir es zulassen, daß er wegen der egoistischen Interessen der einzelnen aus unserem organisatorischen Aufbau entfernt wird, so fällt das ganze Gebäude zusammen“, ist im ersten „Gewerkschaftlichen Nachrichten-Dienst“ (heute „ÖGB aktuell“ genannt) vom November 1945 zu lesen. Heute – 70 Jahre später – ist das Thema immer noch aktuell. MITMACHEN UND GEWINNEN! Anlässlich des 70-jährigen Jubiläums gibt es einen Wettbewerb um die besten Sprüche aus 70 Jahren Erfolge für die arbeitenden Menschen – von der Verkürzung der Arbeitszeit, der Ausweitung des Urlaubsanspruchs bis zu den Verbsserungen in den Kollektivverträgen. Auf die besten Einsendungen warten attraktive Preise. Einsendeschluss ist der 22. März 2015. Alle Informationen dazu gibt es unter: www.oegb.at/wettbewerb

JETZT ABO AKTUALISIEREN! „FSG direkt“ ist kostenlos und kann per Post oder per E-Mail bezogen werden. Dazu ist es wichtig, die richtigen Informationen zu haben. Daher jetzt den Jahresanfang noch nutzen und den Bezug von FSG direkt und „FSG Infomail“ (periodischer Newsletter) aktualisieren unter: www.fsg.at/abo Anregungen und Beiträge bitte einfach senden an: fsg@oegb.at

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Die Unterschiede zwischen den Regionen in der EU waren schon immer ein heikles Thema. Auch Mitte 1990. Von Griechenland bis Portugal war damals die Wirtschaftskraft nur halb so hoch als der EU-Durchschnitt. Erst jetzt zog das griechische Volk die Reißleine. Weil es gar nicht mehr ging. Schulden haben die meisten Länder dieser Welt. Und jedes Jahr werden diese höher. Das ist nicht „Werden Staaten neu. Und zeigt ein Blick in die Argezwungen zu sparen, chive. Zahlreiche Wirtschaftswisdann erhöht sich senschafterInnen sind sich seit dadurch die Massenjeher auch darüber einig, dass arbeitslosigkeit.“ ein den Staaten aufgezwungenes Willi Mernyi, FSGSparen ins Chaos führen muss. Bundesgeschäftsführer Lediglich die BeraterInnen der konservativen Bewahrer einer überholten Klientelpolitik wollen das vehement nicht wahrhaben. Unglücklicherweise hatten sie bisher das bessere Lobbying auf EU-Ebene – oder einfach nur mehr Geld dafür. Die Einhaltung der von der EU diktierten Auflagen hat in vielen EU-Mitgliedsstaaten zu radikalen Sparkursen geführt, und damit auch zu einer Verschärfung der Massenarbeitslosigkeit beigetragen. Aber auch das ist in Wahrheit nicht neu und wurde schon vor der Jahrtausendwende niedergeschrieben. Demnach heißt es, dass wenn ein Staat dazu gezwungen wird, angesichts eines zu hohen Schuldenstandes zu sparen, dann löst er einen Rückgang in der Nachfrage aus und erhöht damit die Arbeitslosigkeit. Man spricht dann von einer „politikverursachten Arbeitslosigkeit“. Und die haben jetzt viele EU-Länder. Im Gegensatz dazu bekommt die Öffentlichkeit zumeist erklärt, dass die hohe Arbeitslosigkeit selbst das Problem sei. Und so zelebrieren viele Länder Monat für Monat den Anstieg ihrer Arbeitslosigkeit. Fazit: Bisher haben scheinbar die Falschen Unterstützung erhalten. Um aus der Krise zu kommen, sind eine stärkere Massennachfrage, neue Investitionen, höheres Wachstum und mehr Beschäftigung unumgänglich. Alles andere ist Augenauswischerei. Aber auch die findet sich in den Archiven!

AKTUELLES

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KOMMUNALPOLITIK

LEBENSQUALITÄT WÄHLEN Am 1. März finden in Kärnten die Gemeinderats- und BürgermeisterInnenwahlen statt. GewerkschafterInnen kämpfen auch in der Kommunalpolitik für die Interessen der arbeitenden Menschen.

Von links: Hermann Lipitsch

Rund 440.000 Personen können in den 132 Gemeinden Kärntens in wenigen Tagen ihre Gemeindevertretung wählen. Auf den KandidatInnen-Listen finden sich auch Namen von BetriebsrätInnen, PersonalvertreterInnen und GewerkschaftssekretärInnen – auf einmal mehr oder weniger aussichtsreichen Plätzen.Anders als in der Steiermark oder in Niederösterreich werden im südlichsten Bundesland die BürgermeisterInnen direkt von der Bevölkerung gewählt. Die SPÖ setzt in einigen Kärntner Gemeinden auch bei ihren SpitzenkandidatInnen auf VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen. DEUTLICHE MEHRHEITEN Das Bekenntnis zur Notwendigkeit von GewerkschafterInnen in der Kommunalpolitik könnte laut dem Vorsitzenden der FSG in Kärnten, Günther Goach,

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AKTUELLES

(ÖGB-Landesvorsitzender), Günther

Was ist es aber, was GewerkschafterInnen gerade in der Kommunalpolitik auf so viel Zuspruch bei der Bevölkerung stoßen lässt? Laut Goach ist es vor allem die „betriebliche Erfahrung“, die VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen in die Politik mit einbringen. „Ich stelle immer wieder fest, dass Leute in der Politik das Sagen haben, die mit ArbeitnehmerInneninteressen nie etwas zu tun gehabt haben. Dann geht natürlich auch so manches daneben. GewerkschafterInnen kennen die Prob‑ leme der Menschen und können mit ihrer Erfahrung auch Einfluss darauf nehmen, wie sich Kommunen und Land entwickeln.“ Zu unterschätzen sind die Gestaltungsmöglichkeiten von BürgermeisterInnen und GemeinderätInnen jedenfalls nicht.

Goach (FSG-Landesgeschäftsführer), Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ-Landesparteivorsitzender), Daniel Fellner (SPÖ-Landesgeschäftsführer) und Georg Steiner (ÖGB-Landessekretär)

aber noch größer sein. Es zeige sich deutlich, dass dort, wo GewerkschafterInnen in Spitzenpositionen sind, auch die SPÖ entsprechende Mehrheiten hat. „Ich denke da zum Beispiel an die Stadtgemeinde Friesach, an Hermagor oder die Marktgemeinde Frantschach-St. Gertraud, wo Gewerkschafter den Bürgermeister stellen und gute Politik für und nicht gegen die Menschen gemacht wird“, so Goach.

WOHNEN, FREIZEIT, VERKEHR Kommunale Probleme beeinflussen in einem großen Umfang den Alltag der arbeitenden Bevölkerung. Sowohl die Qualität als auch das Ausmaß von gesellschaftlichen Leistungen wie beispielsweise Wohnen, Freizeit oder Verkehr entscheiden sich zu einem großen Teil auf der Kommunalebene. Diese Leistungen stehen wiederum in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Lebensqualität der ArbeitnehmerInnen. Goach: „Genau deshalb ist es so wichtig, dass ArbeitnehmerInnenvertreterInnen mitbestimmen. Sie kennen die Arbeitswelt und betreiben Politik nicht vom Schreibtisch aus.“ www.fsg.at/ktn Autorin: Martina Steiner-Riolo


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NOTIZEN

Die OrganisatorInnen: Ernst Gruber (vida Burgenland), Suzanne Pfneiszl (Arbeitsinspektorat Eisenstadt), Gabriele Titzer, Silvia Windisch und Inge Posch-Gruska (von links, hintere Reihe)

„HAAR-SCHARF“: WISSEN WAS LÄUFT UND WAS MÖGLICH IST Burgenlands FriseurInnen erhielten vor kurzem eine Einladung: Unter dem Titel „HAAR-SCHARF und gut informiert“ lud die FSG der Gewerkschaft vida gemeinsam mit der SPÖ Burgenland FriseurInnen nach Bad Sauerbrunn oder nach Bad Tatzmannsdorf – je nach geografischer Lage des Wohnortes in dem langgestreckten Bundesland. Im Mittelpunkt stand der Informationsaustausch, wie es den FriseurInnen im

Arbeitsleben geht und wie man gemeinsam die Arbeitsbedingungen verbessern kann. Die Informationen über ArbeitnehmerInnenschutz, Arbeitszeit, Entlohnung und Ausbildungsmöglichkeiten stießen auf großes Interesse. Wünsche und Anliegen wurden in der SPÖ-Info-Box gesammelt. www.fsg.at/bgld Autorin: Beate Horvath

GEFAHR VON DRÜBEN Die Debatte über Freihandelsabkommen mit Kanada oder den USA setzt sich munter fort. Finanzhaie hoffen weiterhin auf leichte Beute. Vieles soll dem freien Markt geopfert und Investoren geschützt werden. Das heißt nicht automatisch, dass die Qualität besser wird oder die Preise günstiger werden. Im Gegenteil! Mehr Information unter: www.gdg-kmsfb.at

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MICHAEL SCHUH Erster Vorsitzender der FSG/GÖD-Jugend

OFFIZIELL GEGRÜNDET Mit der konstituierenden Sitzung des Bundesvorstandes der FSG in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (FSG/ GÖD) am 15. Jänner 2015 wurde die FSG/GÖD-Jugend nun auch offiziell gegründet. Zum ersten Vorsitzenden wurde Michael Schuh (Bild oben) gewählt. Seine Stellvertreterinnen sind Daniela Eysn und Pamela Fazlic. Die dringendste Forderung von Schuh: „In vielen Bereichen der Lehrausbildung im Bundesdienst sind Verbesserungen notwendig!“ Mehr Forderungen gibt es im Internet unter: www.goedfsg-jugend.at

AKTUELLES

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ENGPASS AN

WIENS SCHULEN Schulräume und Quadratmeter wurden immer mehr: Die Anzahl der SchulwartInnen blieb an Wiens Schulen hingegen gleich. Arbeiten unter Hochdruck und regelmäßige Überstunden gefährden nicht nur die Gesundheit.

„Die KollegInnen sind am Limit. Täglich werden bis zu sieben Überstunden geleistet“, berichtet Walter Krammer (Bild unten), Vorsitzender der FSG bei den Wiener SchulwartInnen. „In den letzten zehn Jahren wurde der Schulraum um ca. zehn Prozent erweitert. Der Personalstand blieb hingegen gleich. Täglich werden von den SchulwartInnen und RaumpflegerInnen an den Wiener Pflichtschulen 1,1 Millionen Quadratmeter gereinigt“, erklärt Krammer. Bis dato konnte man diesen Mehraufwand noch durch Personalressourcen ausgleichen und sich mit diversen Tricks über die Runden retten. Aber die Stadt Wien wächst jährlich, und dadurch entsteht auch ein Mehrbedarf

„Viele meiner KollegInnen haben sich in den vergangenen Jahren auf ,Zeitungeregelt‘ umstellen lassen – jedoch ohne Dienstwohnung. Das bedeutet bis zu 15 Stunden Dienst in der Schule.“ Walter Krammer, Vorsitzender der FSG bei den Wiener SchulwartInnen, E-Mail: walter.krammer@wien.gv.at

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AKTUELLES

an Schulräumen. Die Wiener Schulverwaltung arbeitet mit Hochdruck an Zu- bzw. Neubauten, um den Bedarf an Schulraum abzudecken. Doch beim Personal, das diese neu geschaffenen Klassenräume instand halten soll, geschah bis jetzt nichts. SYSTEM UMGESTELLT Wie konnten aber bis jetzt die Erweiterungen an Schulraum bewältigt werden? „Ein kleiner Teil wurde durch Personalressourcen abgefangen. Der Großteil jedoch musste durch Maßnahmen wie Überstunden bei SchulwartInnen, Mehrstunden bei den RaumpflegerInnen sowie durch die Systemumstellung von ,Zeitgeregelte SchulwartInnen‘ auf sogenannte ,Zeitungeregelte SchulwartInnen‘ abgedeckt werden“, so Krammer. Das System „Zeitungeregelte SchulwartInnen“ ist darauf aufgebaut, dass man eine Dienstwohnung bezieht, um so den erforderlichen Dienst von sechs Uhr morgens bis neun Uhr abends leisten zu können. Hier ist man nicht völlig von seinem sozialen Umfeld (Familie) getrennt und man kann sich auch kurzzeitig während der Dienstzeit in seinem privaten Bereich aufhalten. „Viele meiner KollegInnen haben sich in den vergangenen Jahren auf ,Zeitungeregelt‘ umstellen lassen – jedoch ohne Dienstwohnung. Das bedeutet bis zu 15 Stunden Dienst in der Schule“, berichtet Krammer.

WORK-LIFE-BALANCE IN GEFAHR Die Personalvertretung und Gewerkschaft hatten die Vorgangsweise der KollegInnen und des Personalreferates nie gutgeheißen und immer Bedenken dazu geäußert. Die Umstellungen erfolgten jedoch immer auf Wunsch der MitarbeiterInnen. „Was treibt nun einen Familienvater zu dem Entschluss, 15 Stunden am Tag Dienst zu versehen? Er geht morgens außer Haus, wenn seine Kinder schlafen und kommt nachts heim, wenn sie schon wieder schlafen. Und das an vier Tagen in der Woche – Jahr für Jahr? Lassen wir uns so unsere Gesundheit und unser Familienleben abkaufen?“, fragt Krammer.


Fotos: GdG-KMSfB

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KOMMENTAR

WOLFGANG KATZIAN FSG-VORSITZENDER

GRIECHENLAND-WAHL: CHANCEN FÜR KURSWECHSEL GESTIEGEN Das Wahlergebnis in Griechenland hat eindrucksvoll gezeigt, dass die bisherige Strategie der EU im Umgang mit den negativen Folgen der Krise in der bisherigen Form nicht fortgesetzt werden kann.

Personalmangel: Mehr als eine Million Quadratmeter an Wiens Pflichtschulen wollen täglich gereinigt werden. Viele SchulwartInnen und RaumpflegerInnen müssen dafür regelmäßig Überstunden leisten – weil Personal fehlt.

MEHR DIENSTPOSTEN GEFORDERT Aus gewerkschaftlicher Sicht ist diese Situation nicht vertretbar. Daher die Forderung: Mehr Dienstposten, damit die Magistratsabteilung 56 nicht zu diesen Vorgangsweisen gezwungen wird, um den Dienstbetrieb aufrechtzuhalten. Seit vergangenen Weihnachten wird mit der Stadt Wien um 50 SchulwartInnen mehr verhandelt. Ebenso ist eine attraktivere Entlohnung der KollegInnen nötig, damit sie nicht in die Überstunden-Abhängigkeit getrieben werden und so ihre Gesundheit oder ihr Familienleben aufs Spiel setzen müssen. Autorin: Kathrin Liener

:::: WE B T IP P ::::

Die katastrophalen Auswirkungen der Troika-Politik – also von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank – auf die Mehrheit der griechischen Bevölkerung haben zu einem politischen Erdbeben geführt. Es geht jetzt nicht darum, jede politische Entscheidung der neuen griechischen Regierung zu bejubeln. Aber die durch die politischen Prozesse in Griechenland eingeleitete neue Dynamik muss jetzt auch für einen sinnvollen Kurswechsel in Europa genutzt werden. Die Gewerkschaften weisen schon jahrelang darauf hin, dass nur eine auf Wachstum und neue Investitionen ausgerichtete Politik einen Ausweg aus der Schuldenproblematik bietet. Mit der Fortsetzung der bisherigen Austeritätspolitik – der radikalen Sparpolitik – fährt man eine Volkswirtschaft nach der anderen an die Wand. Nicht nur in Südeuropa, sondern etwa aktuell auch in Belgien begehren die Menschen gegen eine Sparpolitik auf, die insbesondere den jungen Menschen jede Zukunftsperspektive verbaut. „Geld ist genug da“, haben die (europäischen) Gewerkschaften bereits vor Jahren propagiert. Das Geld muss aber an jenen Stellen ankommen, an der es die Menschen und die Wirtschaft benötigen. Dafür lohnt es sich, den Druck jetzt zu verstärken.

www.wienerschulwarte.at

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KOMMENTAR

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Geht gar nicht: Egal mit welchen Mitteln ArbeitnehmerInnen auch immer bespitzelt werden sollen, die Überwachung im Auftrag der Arbeitgeber bleibt unmoralisch und ungesetzlich.

AUF SCHRITT UND TRITT

UNERHÖRT & UNGESETZLICH Kein Pardon gibt es für die Bespitzelung von MitarbeiterInnen durch den Arbeitgeber: Als ungesetzlich und menschenunwürdig löste der jüngste Fall bei „SportsDirect“ Empörung aus.

Ein Privatdetektiv verfolgt eine Woche lang einen 42-jährigen Mann in Wien und Umgebung auf Schritt und Tritt. Jede Bewegung der sogenannten Zielperson (ZP) wurde penibel registriert, was dann in einem akribisch geführten Protokoll folgendermaßen notiert wurde. „17:37 Uhr: Die ZP trifft an der Adresse ein und öffnet den Kofferraum“ oder „14:15 Uhr: Die ZP und die Begleitung steigen aus dem Fahrzeug und begeben sich zu Fuß ins nahe gelegene Lokal.“ Um nur ein Beispiel anzuführen. Das sind nun aber keine Passagen aus einem Drehbuch für einen brandneuen James-Bond-Film, sondern der aktuelle

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HINTERGRUND

Fall einer besonders menschenverachtenden Überwachung eines Beschäftigten, der sich aufgrund eines Burnouts in einem Langzeitkrankenstand befand. ORTUNGSGERÄT AM AUTO Der Sportartikelhändler „SportsDirect“ ließ den Mitarbeiter eine Woche lang beschatten. Durch die heimliche Anbringung eines GPS-Ortungsgerätes am Auto des Betroffenen wurde ihm genesungswidriges Verhalten unterstellt. Das Resultat war eine fristlose Entlassung. „Eine ungesetzliche Vorgangsweise, die gegen die Menschenwürde verstößt“,

„Es liegt auch in der Verantwortung der Wirtschaftskammer, ethische Kriterien in der unternehmerischen Tätigkeit einzumahnen, und menschenunwür‑ dige und ungesetzliche Bespitzelung von ArbeitnehmerInnen ein‑ zustellen.“ Wolfgang Katzian, FSG-Vorsitzender


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DEIN RECHT ÜBERWACHUNG verurteilt FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian die Vorgehensweise und fordert SportsDirect auf, diese Bespitzelung sofort einzustellen. LEIDER KEIN EINZELFALL Ein Appell, der sich an mehrere Adressen richtet: In der Rechtsberatung der Gewerkschaft häufen sich derartige Fälle, wofür Katzian auch die Wirtschaftskammer in die Pflicht nimmt: „Die Praktiken von immer mehr Unternehmen und auch die Rolle von Detektivbüros, die offenbar in dieser Form der Überwachung ein neues Geschäftsfeld entdecken, können der Wirtschaftskammer als Interessenvertretung nicht gleichgültig sein. Es liegt auch in der Verantwortung der Wirtschaftskammer, ethische Kriterien in der unternehmerischen Tätigkeit einzumahnen, und diese menschenunwürdige und ungesetzliche Bespitzelung von ArbeitnehmerInnen einzustellen.“ Der gekündigte SportsDirect-Angestellte bekommt bei der gerichtlichen Bekämpfung seiner Entlassung die volle Unterstützung der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp). Die GPA-djp fordert, dass die Entlassung zurückgenommen wird. NUR FÜR HOLLYWOOD GEEIGNET Aber nicht nur in diesem Fall gibt es kein Pardon für jede Art der Bespitzelung von ArbeitnehmerInnen, so Katzian: „Jeder Arbeitgeber, der glaubt, seine Beschäftigten bespitzeln zu müssen, bekommt es mit der Gewerkschaft zu tun. Auch die Wirtschaftskammer soll sich bitte davon distanzieren. Solche Praktiken eignen sich vielleicht für einen Hollywood-Film, in der Arbeitswelt haben sie definitiv nichts verloren!“ www.gpa-djp.at Autorin: Litsa Kalaitzis

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RICH TAX DAY ZEIGT SCHIEFLAGE IM STEUERSYSTEM AUF Es ist vollbracht: Am 26. Jänner feierte Österreich seinen ersten „Rich Tax Day“ – auch Reichensteuertag genannt, ausgerufen von der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich. Mit diesem Tag wird verdeutlicht, dass Arbeit nach wie vor viel zu hoch und Vermögen viel zu gering besteuert wird. Und das seit Jahren. Die Steuersätze auf Kapital sanken, jene auf Arbeit stiegen. Dabei wären höhere Vermögenssteuern auf internationalem Niveau für die Reichsten durchaus zumutbar und fair. Auch das zeigt der Rich Tax Day. NUR EIN KLACKS Der Vermögenszuwachs allein der reichsten zehn Prozent in Österreich betrug zwischen Jahresbeginn und 26. Jänner unglaubliche zwei Milliarden Euro. Das entspricht genau den gesamten Jahreseinnahmen aus vermögensbezogenen Steuern, die

ÖGB und Arbeiterkammer in ihrem Modell zur Entlastung von ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen vorgesehen haben. Die reichsten zehn Prozent hätten diesen Betrag in nicht einmal einem Monat angehäuft. „Ein gerechter Steuerbeitrag der Reichsten wäre für diese also ein Klacks und würde nur den weit überdurchschnittlichen Zuwachs ihres Vermögens etwas bremsen“, sagte AK-Oberösterreich-Präsident Johann Kalliauer anlässlich des Reichensteuertags. Der weitere Vermögenszuwachs ab dem Reichensteuertag würde dann den reichsten zehn Prozent wieder zur Gänze zur Verfügung stehen. Das wären geschätzte 27 Milliarden Euro bis Jahresende. Oder anders ausgedrückt: ein bis zwei Hypo-Alpe-Adriaoder gleich mehrere VolksbankenRettungen.

BESITZ UND VERMÖGENSZUWÄCHSE Die Berechnung des Rich Tax Days beruht auf dem „Reichtumsticker“, der auf der Website der AK Oberösterreich seit vergangenem Jahr läuft. Die reichsten zehn Prozent werden demnach heuer insgesamt um 3,35 Millionen Euro pro Stunde reicher. Die restlichen 90 Prozent der Bevölkerungsmehrheit zusammen kommen gerade mal auf die Hälfte, also auf einen gemeinsamen Wertzuwachs von stündlich 1,24 Millionen Euro.

Die reichsten 10 Prozent: + 930 Euro/Sekunde

Die übrigen 90 Prozent: + 345 Euro/Sekunde

www.ooe.arbeiterkammer.at/reichtumsticker

HINTERGRUND

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SCHWANGERSCHAFT

Arbeitnehmerinnen (AN) verlieren noch immer oft wegen einer Schwangerschaft ihren Arbeitsplatz. Dabei gibt es vielfach gesetzlichen Schutz vor dieser diskriminierenden Beendigung von Arbeitsverhältnissen.

So bestimmt zum Beispiel § 10 Mutterschutzgesetz (MSchG), dass AN während ihrer Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung rechtswirksam nicht gekündigt werden können. Konsumiert die AN nachfolgend Karenz so erstreckt sich der Kündigungsschutz bis zum Ablauf von vier Wochen nach dem Ende der Karenz.

KÜNDIGUNG Am Anfang einer Schwangerschaft kann es vorkommen, dass der AN selbst nicht bekannt ist, dass sie schwanger ist. Dann kann aber auch der Arbeitgeber (AG) noch nichts von der Schwangerschaft wissen. Der Kündigungsschutz greift nicht – vorerst. Denn gemäß § 10 Absatz 2 MSchG ist eine Kündigung auch rechtsunwirksam, wenn die Schwan-

gerschaft dem AG binnen fünf Arbeitstagen nach Ausspruch der Kündigung, bei schriftlicher Kündigung binnen fünf Arbeitstagen nach deren Zustellung, bekanntgegeben wird. Die schriftliche Bekanntgabe der Schwangerschaft beziehungsweise Entbindung ist rechtzeitig, wenn sie innerhalb der Fünftagefrist zur Post gegeben wird. Gleichzeitig muss die AN durch eine Bestätigung des Arztes die Schwangerschaft oder die Vermutung der Schwangerschaft nachweisen. Kann die AN aus Gründen, die nicht von ihr zu vertreten sind, dem AG die Schwangerschaft nicht innerhalb der

ÖIAG-NEU: ANSPRUCHSVOLLE UND SOLIDE ZUKUNFTSSTRATEGIE IST GEFRAGT Durch die Teilprivatisierungen von Post, A1 Telekom Austria und OMV sind laut der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) der öffentlichen Hand unterm Strich über zwei Milliarden Euro an Dividenden entgangen. Allein durch den Börsengang

der Post im Jahr 2006 entgingen dem Staat Dividendenzahlungen in Höhe von Hunderten Millionen Euro. GPFVorsitzender Helmut Köstinger: „Die Schließung von bereits mehr als 1.500 eigenbetriebenen Filialen der Post hat die Versorgung der Bevölkerung deut-

Schließungswelle im nördlichen Niederösterreich vor mehr als zehn Jahren.

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SERVICE

HELMUT KÖSTINGER GPF-Vorsitzender

lich verschlechtert. Rund 20.000 Arbeitsplätze sind allein bei der Post und bei der A1 Telekom Austria seit Beginn der ersten Privatisierungsschritte verloren gegangen.“ ARBEITSPLÄTZE SICHERN Köstinger begrüßt, dass die Bundesregierung nun ihre Verantwortung als Eigentümervertreterin für die Bundesanteile bei Post, OMV und A1 Telekom Austria wahrnimmt. Vor allem sei positiv, dass über Betreiben der Sozialpartner mit dem neuen ÖIAG-Gesetz auch ein Zukauf von staatlichen Anteilen

Foto: mauritius images

KEIN GRUND FÜR KÜNDIGUNG


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RECHT

Fünftagefrist bekanntgeben, ist die Bekanntgabe rechtzeitig, wenn sie unmittelbar nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachgeholt wird. Ein solcher Hinderungsgrund kann zum Beispiel eine Krankheit sein oder liegt vor, wenn wegen Terminschwierigkeiten auf AG-Seite ein Gespräch trotz Bemühen der AN nicht früher zustande kommt. WÄHREND PROBEZEIT Eine Lösung in der Probezeit ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) eine eigene Art der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Der Kündigungsschutz des MSchG greift hier nicht. Wurde das Arbeitsverhält-

möglich wird, um feindliche Übernahmen künftig zu verhindern – wie dies im Vorjahr beim Desaster der leichtfertigen Abgabe der Mehrheit an der A1 Telekom Austria passiert ist. Köstinger: „Aber diese ÖIAG-Neu darf nicht missbraucht werden, um weitere Privatisierungen anzustoßen, so wie dies offensichtlich einige aus der ÖVP vorhaben. Wir werden jeden Versuch mit aller Kraft bekämpfen.“ Da die BetriebsrätInnen bei der „ÖIAG-Neu“ – also bei der Österreichischen Bundes- und Industriebeteiligungs-Holding (ÖBIB) – nicht mehr vertreten sind, sei nun die Bundesregierung gefordert, zukunftsträchtige Lösungen auszuarbeiten, damit die österreichische Industrie, die Infrastruktur eine Zukunft haben und die vielen Tausenden Arbeitsplätze gesichert werden. www.gpf.at

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nis wegen der Schwangerschaft im Probemonat gelöst, liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor und die Beendigung ist nach den Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes anfechtbar. EINVERNEHMLICHE LÖSUNG Auch eine einvernehmliche Lösung ist eine eigene Art der Beendigung. Hier hat der OGH (zum Beispiel GZ 8ObA76/06v) aber entschieden, dass eine AN, die zum Zeitpunkt der Vereinbarung der einvernehmlichen Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses von ihrer Schwangerschaft noch keine Kenntnis hatte, unter den – „formalen“ – Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 MSchG (unmittelbare Bekanntgabe nach Kenntnis, Übermittlung der Bestätigung) die Unwirksamkeit der Auflösung zum vereinbarten Termin geltend machen kann. Erfährt eine AN also nach einer einvernehmlichen Lösung, dass sie zum Zeitpunkt der Vereinbarung der einvernehmlichen Lösung schon schwanger war, und hätte sie einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht zugestimmt, wenn sie von der Schwangerschaft damals schon gewusst hätte, sollte sie so rasch wie möglich schriftlich unter Beilage der ärztlichen Bestätigung die Schwangerschaft dem AG bekanntgeben und darauf hinweisen, dass die einvernehmliche Auflösung nicht gilt. Jedenfalls ist es sinnvoll, dass die AN sich unverzüglich mit der zuständigen Gewerkschaft oder AK über die weitere Vorgangsweise berät, damit sie sicher sein kann, keine formalen Vorgaben zu verletzen. Nach einer neueren Entscheidung des OGH (GZ 8ObA52/14a) ist es auch sinnvoll, dem AG eine Bestätigung vorzulegen aus der möglichst eindeutig hervorgeht, ab wann die AN schwanger war.

THOMAS KALLAB Jurist, Arbeiterkammer Wien E-MAIL: thomas.kallab@akwien.at Mein Arbeitgeber (AG) verlangt von mir immer wieder Überstunden. Muss ich mein Familienleben zurückstellen? Zum einen muss es für Überstunden eine Rechtsgrundlage geben, das heißt, es muss die Überstunde zulässig sein. Zum anderen dürfen keine berücksichtigungswürdigen Gründe Ihrerseits gegeben sein. Solche Interessen können mit der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Familienangehörigen, mit der Teilnahme an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, an politischen oder kulturellen Aktivitäten etc. zusammenhängen. Bevor Sie Überstundenarbeit verweigern, sollte Sie Rücksprache mit der zuständigen Gewerkschaft oder AK halten. Ich werde nach der Geburt meines Kindes Karenz in Anspruch nehmen. Meinen offenen Urlaub kann ich bis dahin nicht verbrauchen. Kann ich ihn mir auszahlen lassen? Nein, eine Auszahlung eines Urlaubsanspruches darf nur am Ende eines Arbeitsverhältnisses erfolgen. Weder die Geburt eines Kindes noch die Karenz aus Anlass der Elternschaft beenden ein Arbeitsverhältnis. Der offene Urlaub bleibt für die Zeit nach der Karenz stehen. Die AK und die Gewerkschaften haben zum Thema Mutterschutz Broschüren aufgelegt, die auch im Internet heruntergeladen werden können (Rechtsinfos unter www.oegb.at/frauen).

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INTERNATIONALER FRAUENTAG AM 8. MÄRZ

STARK FÜR FRAUEN CHRISTOPH HÖLLRIEGL

Wer glaubt, dass 105 Jahre nach der Festlegung auf den Internationalen Frauentag dieser aus der Mode gekommen sei, irrt gewaltig. Ganz im Gegenteil!

Aus der Redaktion. E-Mail: christoph.hoellriegl@fsg.at

FALSCH GEDACHT Viele Gebühren, die das Wohnen betreffen, sind angeblich wieder zu teuer. Das ist verstärkt zu hören. Besonders in Wien. Klar, stehen doch die Wahlen vor der Stadt. Wer das in Umlauf bringt? Auch klar. Schließlich geht’s um den Bürgermeistersessel. Was nicht gesagt wird: Die Menschen bekommen etwas für ihre Gebühren. Qualität, Hygiene, Standards und noch vieles mehr. Und das ist nicht in vielen Ländern so. Einfach mal kurz an die vergangenen eigenen Urlaube denken und vielleicht gibt’s da oder dort die eine oder andere Erinnerung wie zum Beispiel an verfärbtes Wasser aus der Leitung. Geht es nach den ständig Unzufriedenen, könnte es bald vorbei sein mit unseren Standards – beim Wasser, beim Müll und anderem. Dabei war doch Wien 2014 die lebenswerteste Stadt der Welt. Und da wären dann auch gleich noch die AusländerInnen. Gerade besonders aktuell nach den ersten Demos gegen die Islamisierung des Abendlandes. Viele Fahnen sollten es sein bei der Demo. Viele Fahnen waren es auch bei den Aufmärschen der Nationalsozialisten anno dazumal. Lange her und falsch gedacht? Richtig! Es geht ja eigentlich nur um den Bürgermeistersessel ...

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GRUNDSATZ

Ein Beitrag von einem Wirtschaftkämmerer in einer Zeitung lässt aufhorchen: „Bekannt ist der Trend, dass vor allem Frauen, die früher als Hausfrauen am Arbeitsmarkt inaktiv waren (...) heutzutage in Teilzeit, vielfach auch nur geringfügig erwerbstätig sind“, schreibt sich der Vertreter der Wirtschaftskammer in einer Tageszeitung munter von der Seele. Und weiter heißt es in dem Artikel, dass es sich bei dem „Teilzeiteffekt“ vor allem um den Niedriglohnsektor und um geringfüge Zusatzeinkommen handle, die den Wohlstand in den Haushalten mehren. Im Hintergrund steht wieder einmal das stockkonservative Modell des Ernährers und der Zuverdienerin in ein und demselben Haushalt. Fazit der Geschichte: Die Armut sei rückläufig.

„Viele Frauen wollen echte Wahlfreiheit und ein selbstbestimmtes Leben.“ Ilse Fetik, FSG-Frauenvorsitzende

Auch hier irrt der Wirtschaftskämmerer gewaltig. Armut ist im Steigen und sie ist weiblich! Auf den Beitrag angesprochen sagt FSG-Frauenvorsitzende Ilse Fetik im Vorfeld des Frauentags am 8. März: „Viele Frauen arbeiten Teilzeit, weil sie keinen Vollzeitarbeitsplatz bekommen oder die Rahmenbedingungen fehlen. Auf gar keinen Fall verdienen Frauen freiwillig für die gleichwertige Arbeit weniger als Männer!“ Ausnahmen davon leben in Haushalten mit sehr guten Einkommen, die die ÖVP mit großzügigen „Steuerzuckerln“ noch weiter begünstigen will. Diese sind unter anderem gedacht für teure Kinderbetreuung und machen oft mehr aus als teilzeitbeschäftige Alleinverdienerinnen im ganzen Jahr verdienen, ärgert sich Fetik. Viel wichtiger ist es, seitens Bund, Länder und Gemeinden in den Ausbau von Kinderbildungseinrichtungen zu investieren und dafür ein einheitliches Bundesrahmengesetz zu schaffen. MODERNES FRAUENBILD Viele Frauen tappen nach wie vor unverschuldet in die Teilzeitfalle. Zu wenig flächendeckende, gute und leistbare Vollzeit-Kinderbildungseinrichtungen, unbezahlte Betreuung älterer Angehöriger, das Fehlen von Vollzeit-Arbeitsplätzen, gesundheitliche Probleme im Job und zu wenig Information über Chancen und Risiken lassen oft keine


14. Jahrgang // Nummer 2 // Wien, Februar 2015

FRAUENTAG andere Wahl als Teilzeitbeschäftigung. Das erhöht gerade in Krisenzeiten die ökonomische Abhängigkeit von Dienstgebern und PartnerInnen, und spätestens im Pensionsalter bekommen die Frauen dann die Rechnung präsentiert, in Form von Altersarmut. Dem wollen die FSG-Frauen vorbeugen: Teilzeit muss eine freiwillige Option zur Work-Life-Balance und der Vereinbarkeit in bestimmten Lebensabschnitten sein, darf aber kein Weg in die Armut sein. Informieren, Aufklären und Alternativen schaffen, das ist ihr Ziel. Immer vor Augen dabei ein modernes Frauenbild, das Privatleben, Familie und Beruf als gleichwertige Lebensbereiche anerkennt und in Balance zu bringen versucht. „Wesentlich dabei ist es, für die Frauen eine echte Wahlfreiheit zu schaffen“, erklärt Fetik, „und das geht aber nur dann, wenn die Rahmenbedingungen passen.“ SPÜRBARE ENTLASTUNG Fetik nennt konkrete Beispiele: Eine Handelsbeschäftigte, die dank des von der Gewerkschaft durchgesetzten Grundgehalts im Kollektivvertrag als Vollzeitbeschäftigte endlich 1.500 Euro brutto pro Monat verdient. „Ein Meilenstein für viele Frauen“, freut sich Fetik, „und wir werden alles daransetzen, dass das möglichst bald in allen Kollektivverträgen Realität wird. Gerade in der gegenwärtigen Krise ist eine rasche steuerliche Entlastung für ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen längst überfällig, damit am Ende auch tatsächlich mehr Geld im Börsel überbleibt.“ Die ÖGB-Kampagne „Lohnsteuer runter!“ haben rund 900.000 Menschen unterschrieben. Das ist ein klares Zeichen dafür, wie wichtig eine für ALLE spürbare Steuerreform ist. Diese wird den Konsum beleben und ist speziell für niedrigere EinkommensbezieherInnen unverzichtbar! Wir brauchen gutes Wirtschaftswachstum – das ist wichtig für die notwendige Schaffung von Arbeitsplätzen für Frauen und Männer! Arbeitszeit muss anders verteilt werden – weniger Überstunden für die einen und mehr Vollzeitarbeitsplatzangebote für die anderen, weniger unbezahlte Arbeit für Frauen und mehr Investition in fair bezahlte Arbeitsplätze in Gesundheits-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen. SCHLIESSEN DER EINKOMMENSSCHERE Fetik erzählt, dass es gelungen ist, in vielen Kollektivverträgen Zeiten der Elternkarenz für die Gehaltsentwicklung anzurechnen. Das wirke sich besonders für die Erwerbsbiografie von Frauen positiv aus und sorge dafür, dass die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen kleiner wird. Gleichstellung und faire Einkommen für Frauen können aber

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nur durch ein Maßnahmenbündel auf gesetzlicher, kollektivvertraglicher und betrieblicher Ebene erreicht werden. Auf das bezahlte Papamonat müssen Mütter und Väter allerdings offenbar noch weiter warten, bedauert Fetik. Die Vereinbarkeit von Privatleben, Beruf und Familie ist ein wichtiges Thema, doch immer mehr Frauen wünschen sich eine Frauenpolitik, die sich nicht darauf beschränkt. „Es geht für Frauen nicht nur um das Thema Familie“, weiß Fetik. „Auch Weiterbildung, Aufstieg in Spezialisten- oder Führungspositionen, Gesundheit am Arbeitsplatz und altersgerechtes Arbeiten in allen Lebensabschnitten sind Themen, die Frauen unter den Nägeln brennen.“ Die FSG-Frauen kämpfen dafür, dass Frauen ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können in all seinen Facetten und verschiedenen Lebensentwürfen. „Jede Frau muss die Rahmenbedingungen haben, Zeit für sich selbst und die Familie zu finden, einen Beruf ausüben zu können, der interessant und fair bezahlt ist und von dem sie selbstbestimmt leben kann, auch im Alter in Beschäftigung bleiben zu können, und einigermaßen gesund in Pension gehen zu können, ohne von Altersarmut betroffen zu sein“, wünscht sich Fetik. Daher lohne es sich weiterzukämpfen. „Für die Frauen in unserem Land, aber auch für die Väter, die zum Beispiel vom bezahlten Papamonat gemeinsam mit ihren Kindern und Partnerinnen profitieren würden“, wie Fetik versichert.

BUCHTIPP: DIE KRISE VERSTEHEN Das Buch gibt einen Einblick in die wirtschaftlichen Probleme der Gegenwart. Auch wenn immer wieder verkündet wird, die Krise werde zurzeit überwunden, so stecken wir doch noch immer mittendrin. Das wirtschaftliche Paradigma ist nach wie vor jenes des Neoliberalismus. BESTELLMÖGLICHKEIT „Die Krise verstehen“, Joseph Gepp (Herausgeber), Falter, 2015, 216 Seiten, 19,90 Euro. #### freistellen 21, 1010 ÖGB-Fachbuchhandlung, Rathausstraße bitte Wien, Telefon 01/405 49 98-132 oder per E-Mail an: fachbuchhandlung@oegbverlag.at www.oegbverlag.at

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STEUERTRICKSEREIEN

DIE WURZEL DES PROBLEMS Laut einer ersten Einschätzung der EU-Kommission ist die Niedrigbesteuerung von Amazon in Luxemburg illegal. In seiner Wurzel ist das Problem der Steuerungerechtigkeit „gesamteuropäisch“.

Starbucks, Amazon und Apple haben abgesehen davon, dass sie allesamt global tätige und wirtschaftlich höchst erfolgreiche Unternehmen sind, eine weitere Gemeinsamkeit: Gegen alle drei Konzerne laufen bei der EU-Kommission Steuer-Prüfverfahren. Ermittelt wird, ob die Besteuerungen von Starbucks in den Niederlanden, von Apple in Irland und von Amazon in Luxemburg diesseits oder jenseits der Legalität liegen. STAATLICHE BEIHILFEN ILLEGAL Die „Lux-Leaks-Affäre“ bescherte der Debatte rund um unfairen Steuerwettbewerb eine enorme Dynamik auf europäischer Ebene. Die Wogen gingen hoch, nicht nur im betroffenen Luxemburg, sondern weit über dessen Grenzen hinaus. Eine Gruppe von EnthüllungsjournalistInnen hatte nach einem halben Jahr investigativer Arbeit im November 2014 Tausende Seiten von Dokumenten und Schriftverkehr zwischen luxemburgischen Steuerbehörden und internationalen Unternehmen mit zum Teil brisanten Inhalten „geleakt“ (veröffentlicht). Der Vorwurf: Luxemburg gibt einigen auserwählten Konzernen vorteilhafte Steuervorentscheidungen, die als staatliche Beihilfen und somit EU-rechtswidrig eingestuft werden können. Mit genau dieser

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Frage hat sich die Kommission schon einige Monate vor den Enthüllungen durch „Lux-Leak“ in anderen Fällen zu befassen begonnen: Konkret werden beim IT-Multi Apple in Irland, dem Kaffeeriesen Starbucks sowie „Fiat Finance and Trade“ in den Niederlanden unfaire Steuervorteile und EU-Rechtswidrigkeiten vermutet. Die EU-Kommission hat in diesen Fällen im Juni vergangenen Jahres formelle Prüfverfahren eingeleitet, um der Sache auf den Grund zu gehen. Zuletzt machte der IT-Konzern Apple Schlagzeilen mit seinem historischen Rekordgewinn. Apples Gewinn stieg im letzten Quartal 2014 auf 18 Milliarden Dollar. Weltweit hat kein Unternehmen jemals zuvor in nur einem Quartal so viel verdient. DER FALL AMAZON Vergangenen Herbst leitete die EUKommission dann auch für den ins Visier geratenen Online-Handelsriesen Amazon ein Prüfverfahren ein. Denn auch hier besteht der Verdacht auf illegale Steuervorteile durch staatliche Beihilfe in Luxemburg, wo der AmazonKonzern seinen Europahauptsitz hat. Es war niemand Geringerer als der heutige Präsident der EU-Kommission selbst, Jean-Claude Juncker, der zu besagtem Zeitpunkt das Amt des luxemburgischen Premierministers innehatte. Die Anschuldigung der steuerlichen Bevorzugung von Amazon fällt also in die Amtszeit Junckers als Premierminister. Der

größte Teil der europäischen Gewinne von Amazon werde zwar in Luxemburg verbucht, dort aber nicht besteuert, schreibt die EU-Kommission in einer vorläufigen Einschätzung zum Fall Amazon, die Mitte Jänner veröffentlicht wurde. Darin wird offengelegt, dass die EUKommission zum derzeitigen Zeitpunkt und Informationsstand große Bedenken über die EU-Rechtmäßigkeit der Steuerpraxis Amazon-Luxemburg hege. Im Kern geht es um die Frage, ob Amazon in den Genuss unfairer Vorteile kam – der Fall läuft als „Beihilfeverfahren“. Der Verdacht über unrechtmäßiges Entgegenkommen von luxemburgischer Seite verdichtet sich in mehreren Aspekten: Paradebeispielhaft verfügt Amazon über eine komplizierte Konzernstruktur inklusive Tochterunternehmen und Holding, sodass am Ende kaum Steuern auf die in Europa erwirtschafteten Gewinne abgeführt werden. Problematisch sei laut Zwischenurteil der EU-Kommission auch die kurze Zeitdauer, innerhalb der die luxemburgischen Steuerbehörden dem Konzern bei seiner Niederlassung im Großherzogtum im Jahr 2003 sein kompliziertes Modell genehmigt hatten. Dafür wurden nur elf Tage benötigt. Hinzu kommt, dass seither von Steuerbehördenseite keine Überprüfung stattfand, obwohl dies – alle paar Jahre durchgeführt – die Praxis in den allermeisten EU-Mitgliedsstaaten ist. Von luxemburgischer Seite wurden alle Anschuldigungen zurückgewiesen und weitere Dokumente nach Brüssel übermittelt, die sich entlastend in der Ermitt-


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EU-VERFAHREN lung auswirken sollen. Im für Amazon schlimmsten Fall stehen Rückzahlungen im mehrstelligen Millionenbereich an. Die EU-Kommission prüft indes weiter, ob sich ihre Vermutungen bewahrheiten. Im Jänner geriet nun auch Belgien ins Visier der Behörde. HANDLUNGSBEDARF GEGEBEN Weder Luxemburg noch Amazon sind der Kern des Problems, sondern nur Phänomene. Denn im Grunde ist das Problem ein gesamteuropäisches, resultierend aus ungleichen nationalen Steuersystemen, gereiztem Steuerwettbewerb zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und mangelnden Mindestgrundsätzen in den jeweiligen Ländern – Steuern befinden sich nach wie vor in der Kompetenz der Nationalstaaten.

Die europäischen SozialdemokratInnen fordern deshalb bereits seit Jahren als ersten Schritt die Einführung einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer in der EU. Keineswegs geht es darum, Steuersysteme in den Mitgliedsstaaten gänzlich zu harmonisieren. Jedoch ist eine gemeinsame Bemessungsgrundlage mit Mindest-Steuersätzen für die nationalen Steuersysteme dringend notwendig, um Steuervermeidungspraktiken von Konzernen zu vermeiden. Während ArbeitnehmerInnen gar nicht erst die Möglichkeit haben, Steuern am Fiskus vorbeizumogeln, greifen Konzerne systematisch auf Steuervermeidungsmethoden zurück. Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch zutiefst

INTERVIEW: WARUM GREIFEN BEKANNTE KONZERNE ZU FRAGWÜRDIGEN METHODEN? FSG direkt: Welches Ausmaß hat die Steuerflucht in Europa? Evelyn Regner: Wir reden hier von einer unglaublichen Summe: 1 Billion Euro (1.000.000.000.000 Euro) gehen der EU jedes Jahr durch Steuerhinterziehung und Steuervermeidung verloren. Dieses Geld fehlt bei Investitionen in Arbeitsplätze und im Kampf gegen die Armut. FSG direkt: Warum kann es überhaupt dazu kommen, dass sich angesehene Konzerne in der EU fragwürdiger Methoden bedienen? Evelyn Regner: Ich verstehe natürlich, dass die EU-Mitgliedsstaaten zueinander in einem Wettbewerb stehen wenn es darum geht, internationale Konzerne durch steuerlich

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lukrative Aussichten anzulocken. Durch eine Niederlassung eines Unternehmens können neue Arbeitsplätze und positive Effekte am jeweiligen Arbeitsmarkt entstehen, aber nur kurzfristig. Ich bleibe daher bei meiner Meinung: Das, was in der Wirtschaft oft als „aggressive Steuervermeidung“ bezeichnet wird, ist höchst unethisch – vor allem weil es ArbeitnehmerInnen in eine klar benachteiligte Position bringt. FSG direkt: Was muss nach „Lux-Leaks“ nun passieren? Evelyn Regner: Wir dürfen keine Einzelstaaten verurteilen, so lange wir nicht Gewissheit durch die Prüfverfahren der EU-Kommission haben. Es geht ja gar nicht darum, einzelne Mitgliedsländer anzuschwärzen, sondern darum, ein ge-

unmoralisch. Eine Einigung der Mitgliedsstaaten für mehr Steuergerechtigkeit wird aber kein Leichtes sein. Doch der Zeitpunkt ist geeigneter denn je. „Lux-Leaks“ hat einen enormen Teil zur öffentlichen Bewusstseinsbildung beigetragen. Die EU-Kommission versprach bis zur Mitte des Jahres ein Maßnahmenpaket für den Kampf gegen Steuertricksereien. Die Wiederbelebung des bereits vor über zehn Jahren gescheiterten Vorschlags zur gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage rückt in greifbare Nähe – und damit auch der erste Schritt für EU-weite Steuergerechtigkeit. Denn alle müssen ihren Beitrag leisten, auch Konzerne! Autorin: Evelyn Regner E-Mail: evelyn.regner@europarl.europa.eu

Gewerkschafterin, Europaabgeordnete und geschäftsführende Delegationsleiterin der SPÖ-Europaabgeordneten.

EVELYN REGNER rechtes Steuerrecht in Europa einzuführen, und so das Problem an der Wurzel zu behandeln. Wir haben für Banken beschlossen, dass diese verpflichtend ihre Gewinne und Steuerzahlungen Land für Land offenlegen müssen. Diese Grundregel muss auf Großkonzerne ausgeweitet werden. Daneben brauchen wir eine gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer und einen Mindeststeuersatz bei der Unternehmensbesteuerung. Dadurch können wir dem unfairen Steuerwettbewerb entgegenwirken.

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FAIR. SOZIAL. GERECHT. WWW.FACEBOOK.COM/FSG.OEGB

LEBENSWANDEL IM INTERNATIONALEN VERGLEICH

„ICH ACHTE BEWUSSTER AUF JEDEN EURO, DEN ICH AUSGEBE.“ Immer mehr Menschen achten besonders gut auf ihre Ausgaben. Jeder Euro wird mehrfach umgedreht.

Österreich Großbritannien Deutschland

Veränderung der persönlichen Einstellung und Handlung in den letzten zwei bis drei Jahren im internationalen Vergleich: Differenz in Prozent zwischen positiver und negativer Zustimmung.

+57 % +64 % +46 %

Frankreich

+73 %

Italien

+80 %

Spanien

+67 %

Quelle: IMAS, Umfrage, Dezember 2014

3,9 %HEMD BIS ZUM LETZTEN

Foto: mauritius images

Die anhaltende Krise verlangt den arbeitenden Menschen immer mehr ab. Aber je mehr gespart wird, desto mehr verschärft sich auch die Krise. Die Krise hat im Verhalten der ÖsterreicherInnen bereits Spuren hinterlassen: 69 Prozent achten bewusster auf jeden Euro, den sie ausgeben. Nur zwöf Prozent tun das nicht (die Differenz beträgt 57 Prozent, siehe Grafik oben). Im Länder-

Ein Ersuchen des Verlages an den/die BriefträgerIn: Falls Sie diese Zeitschrift nicht zustellen können, teilen Sie uns bitte hier den Grund und gegebenenfalls die neue oder richtige Anschrift mit

vergleich hat sich gezeigt, dass deutsche Haushalte deutlich weniger Sparzwang verspüren, italienische, französische und spanische hingegen wesentlich mehr. Damit sinkt auch die Nachfrage und der Blick in eine positive Zukunft trübt sich ein.

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/ / / Straße/Gasse Haus-Nr./Stiege/Stock/Tür / Postleitzahl Ort Besten Dank

P.b.b. 02Z031786M ÖGB-Verlag, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1

Retouren an PF 100, 1350 Wien


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