"FSG direkt", 7-8/2016

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15. Jahrgang // Nummer 7–8 // Wien, August 2016

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KO M M E N TA R : BREXIT AUCH ALS CHANCE SEHEN

Fotos: Erich Müllegger

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Notstand: Jede/r Sechste schon armuts- oder ausgrenzungsgefährdet Aus der Rechtspraxis: Elternteilzeit klar und deutlich vereinbaren EU-Finanzminister einig: Steuersümpfe austrocknen


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INDUSTRIE 4.0

Foto: Erich Müllegger

Cover: Initiative von PRO-GE und GPA-djp zum Schutz der Arbeitsplätze in der europäischen Stahlindustrie.

Schlechte Idee: Vorzeitig halbkrank in die Arbeit gehen, das kann die Genesung verzögern und die Gesundheit gefährden.

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Editorial Bundesgeschäftsführer

EM-Vorschau: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

Aktuelles

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Rechtsextreme Straftaten Verdachtsfälle jetzt noch einfacher online melden. Gehälter bei Post gestiegen

Kommentar

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Vorsitzender Wolfgang Katzian

Hintergrund

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Notstand Leben mit Schicksalen und Mindestsicherung.

Service

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Recht, Antworten auf Fragen

Grundsatz

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Selbstbestimmtes Leben Viele Frauen haben für das Recht darauf lange kämpfen müssen.

Europa/International

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Lohn- und Sozialdumping Streit um neue EU-Entsenderichtlinie geht weiter. 16 Die Millionenfrage

METALLER ERWARTEN HARTE HERBSTLOHNRUNDE Die Vorbereitungen für den Start der Herbstlohnrunde mit den Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie sind im vollen Gange. Mitte September werden die BetriebsrätInnen ihre Forderungen an die Arbeitgeber übergeben und die Lohnrunden einleiten. Für die Produktionsgewerkschaft PROGE und die Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) steht ein deutliches Plus für die rund 175.000 Beschäf-

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tigten im Vordergrund. Die bisherigen Wirtschaftsdaten zeigen eine sehr solide Situation, die Konjunktur hat an Fahrt gewonnen. Die Arbeitgeber sehen allerdings die wirtschaftliche Lage – wie immer vor Lohn- und Gehaltsverhandlungen – naturgemäß anders und lassen gerne die „schwarzen Wolken am Konjunkturhimmel“ aufziehen. Es spricht also trotz der sozialpartnerschaftlichen Einigung über ein neues Zeitkontenmodell einiges für einen heißen Herbst bei den Metallern. Der Kampf um ein ordentliches Reallohnplus wird auch im Jahr 2016 spannend. www.proge.at, www.gpa-djp.at

Das Ringen um Prozentpunkte geht nach der Forderungsübergabe im September richtig los.

:: IMPRESSUM :: Herausgeber: Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen im ÖGB, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/534 44-39080, www.fsg.at. Medieninhaber (Verleger): Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/662 32 96–39744, Fax: 01/662 32 96–39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, www.oegbverlag.at, UID ATU 55591005, FN 226769i. Hersteller: Verlag des ÖGB GmbH. Verlagsort: Wien, Herstellungsort: Wien. Redaktion: Christoph Höllriegl (Leitung), Litsa Kalaitzis, Thomas Kallab, Mathias Beer, Oliver Röpke, Thomas Linzbauer. Grafikdesign: Verlag des ÖGB GmbH. Fotos/Grafiken: Höllriegl, Thomas Linzbauer, GPA-djp, PRO-GE, Mauritius Images, ÖGB-Archiv, ÖGB-Verlag, picturedesk.com. Anzeigenrepräsentanz: Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/662 32 96-39 744, Telefax 01/662 32 96-39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, DVRNr. 0562041, ZVR-Nr. 158750011. Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: www.fsg.at/offenlegung Für unverlangt eingesendete Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit Z ­ ustimmung der Redaktion und mit Quellenangabe. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der FSG entsprechen.

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AKTUELLES

Foto: mauritius images / Vadym Nechyporen (Montage)

Inhalt


15. Jahrgang // Nummer 7–8 // Wien, August 2016

Rund 5.000 Jugendliche verlassen jedes Jahr das Bildungs- und Ausbildungssystem in Österreich ohne einen über die Pflichtschule hinausgehenden Abschluss. Sie haben ein hohes Risiko, arbeitslos zu werden und landen häufig in schlecht bezahlten Hilfsjobs, etliche sind armutsgefährdet und von Sozialleistungen abhängig. Mit dem Ausbildungspflichtgesetz müssen nun Jugendliche bis zu ihrer Volljährigkeit entweder eine Schule besuchen, eine Lehre absolvieren oder eine sonstige Ausbildung machen, etwa ein Praktikum. Damit sind sie in Zukunft besser dran. Bei Verstößen sind für die Erziehungsberechtigten Strafen zwischen 100 und 500 Euro ab Juli 2018 vorgesehen. Für Jugendliche ohne Schul- oder Ausbildungsplatz wird das Arbeitsmarktservice tätig. Für das Gesetz stimmten SPÖ, ÖVP und Grüne.

Foto: Taillard / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

Foto: mauritius images / United Archives

MIT AUSBILDUNG BESSER DRAN

Das Preisniveau in Österreich liegt über dem Durchschnitt des Euroraums. ES WIRD WIEDER TEURER Im Mai lag die Inflationsrate in Österreich bei 0,6 Prozent. Der niedrige Ölpreis hat sie lange niedrig gehalten. Spätestens ab August erwarten heimische Notenbanker einen „deutlichen Inflationsanstieg“, hieß es in einer Mitteilung. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) erwartet in ihrer aktuellen Prognose für das Jahr 2016 eine Inflationsrate von durchschnittlich einem Prozent. Eurostat-Vergleiche würden zudem zeigen, dass das österreichische Preisniveau über dem EuroraumDurchschnitt liegt. Erziehung und Unterricht, Nahrungsmittel, Gesundheitspflege, Freizeit und Kultur sind in Österreich teurer als in den anderen Euroraum-Ländern.

FSG DIREKT IM ABO „FSG direkt“ ist kostenlos und kann per Post oder per E-Mail bezogen werden (www.fsg.at/abo). Anregungen oder Beiträge einsenden an: fsg@oegb.at

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EDITORIAL

WILLI MERNYI FSG-BUNDESGESCHÄFTSFÜHRER

VERTEILUNG, VERTEILUNG UND TROTZDEM GANZ HINTEN Ein Unwort aber Zauberwort zugleich ist „Verteilung“ – sowie alle Abwandlungen davon. Allen voran Umverteilung. Bevor umverteilt werden kann (oder muss), kommt es zuvor schon auf die Verteilung und auch auf Gerechtigkeit an. Vermögen und Reichtümer sind beispielsweise äußerst ungerecht verteilt. Sehr wenige besitzen fast alles, und sehr viele nichts. Davon hängt schon mal ab, wie viel Zeit man für Arbeit aufbringen muss. Aber auch die Arbeitszeit wird verteilt. Rund 320.000 Menschen haben gar keine, 1,2 Millionen haben immerhin ein wenig Arbeitszeit, sie sind prekär beschäftigt. Nicht berücksichtigt wird unbezahlte Arbeit wie zum Beispiel Haushalt, Pflege oder Betreuung. Verteilt wird auch die Freizeit, zur Erholung oder Weiterbildung. Einige haben mehr Urlaub (6 statt 5 Wochen). Mit der Arbeitszeit verteilen wir auch Einkommen. Immer mehr haben immer weniger Geld zur Verfügung (wegen der steigenden Teilzeitbeschäftigung). Was wiederum zur Folge hat, dass wir auch die Armut verteilen. Sie zeigt sich oft erst im Alter. Wenn Menschen immer weniger Beiträge aufgrund von geringeren Einkommen (auch wegen Arbeitslosigkeit oder Krankheit) auf ihr Pensionskonto einzahlen können, dann kommt am Ende auch weniger heraus. Und dann müssen wir Steuern verteilen und mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung das Schlimmste verhindern. Schaffen wir das nicht, dann würden wir eventuell auch ein wenig (Klein-) Kriminalität verteilen. Und all das verteilen wir dann noch nach Stadt und Land. Fazit: Wir verteilen sehr viel in unserem Land, einiges gerechter, anderes noch nicht. Was wir gar nicht verteilen: Vermögen und Reichtümer. Diese bleiben fest in den Händen der wenigen Besitzenden. Für alle anderen hängt ihr Wohlstand davon ab, ob sie Arbeit beziehungsweise wie viel Arbeitszeit sie haben. Und übrigens: Bei Vermögenssteuern ist Österreich nach wie vor im Schlussfeld ganz hinten zu finden.

AKTUELLES

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Foto: mauritius images / Westend61 / David Pereiras

Zukunftsbranche Gesundheits- und Krankenpflegeberufe: Die Menschen werden immer älter und aufgrund der demografischen Entwicklung werden es auch immer mehr ältere. Junge Menschen, die sich für eine Ausbildung interessieren, müssen wissen, woran sie sind.

Der Nationalrat hat vor der Sommerpause mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und den Grünen eine Ausbildungsreform der Pflegekräfte beschlossen. Laut Gesundheits- und Krankenpflegegesetz gibt es in Zukunft drei Berufsbilder. Neben der Pflegeassistenz (bisher Pflegehilfe) wird eine Pflegefachassistenz geschaffen, die mehr Kompetenzen haben soll. Beide sollen an den Krankenpflegeschulen ausgebildet werden. Die Ausbildungen dauern ein Jahr und zwei Jahre. Die gehobenen Pflegefachkräfte (derzeit „diplomierte Pflegekräfte“) absolvieren künftig eine Ausbildung an Fachhochschulen. In Kraft tritt die Neuregelung stufenweise ab September 2016 bis 2024. AUF INTERNATIONALEM STANDARD Skeptisch sieht die Reform der Vorsitzende der ÖGB-ARGEFachgruppenvereinigung für Gesundheits- und Sozialberufe (ÖGB-ARGE-FGV), Josef Zellhofer. Die dreijährige Ausbildung an den Fachhochschulen für den gehobenen Dienst sei zwar prinzipiell zu begrüßen, weil das dem internationalen Standard entspreche. Die Einführung der Pflegeassistenz stehe allerdings im Widerspruch zur Aufwertung des Pflegeberufs. Zellhofer: „In der Praxis wird sich die neue dreigliedrige Ausbildung aber nur qualitätssteigernd auswirken, wenn die Länder ihre Sparstift-Politik überdenken.“ Heißt so viel wie: Die Länder müssen auch entsprechend Geld in die Hand nehmen. Denn eine bessere Pflege für die PatientInnen gibt es nicht gratis.

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AKTUELLES

Foto: mauritius images / Zoonar GmbH / Alamy

REFORM DER PFLEGEAUSBILDUNG IN ZUKUNFT DREI BERUFSBILDER

R E C H T S E X T R E M E S T R A F T AT E N JETZT ONLINE MELDEN In nur einem Jahr ist die Zahl rechtsextremer und rassistischer Straftaten um mehr als die Hälfte angestiegen: von 750 auf 1.156 im Jahr 2015. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die rechtsextreme Kriminalität mehr als verfünffacht. Fälle wie der Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft im oberösterreichischen Altenfelden, aber auch die enorme Zunahme von Hass und Drohungen im Internet zeigen den Ernst der Lage. Das Mauthausen Komitee Österreich bietet daher jetzt eine einfache und effektive Möglichkeit, rechtsextreme Vorfälle online zu melden. Diese werden gegebenenfalls auch angezeigt. Die Daten der MelderInnen bleiben natürlich völlig anonym und werden keinesfalls an Dritte weitergegeben. www.mkoe.at/rechtsextremismus-melden


15. Jahrgang // Nummer 7–8 // Wien, August 2016

KURZ NOTIERT POSTGEWERKSCHAFT BRINGT ALLEN WAS

GEHÄLTER IM JULI GESTIEGEN

Foto: Thomas Linzbauer

Post-MitarbeiterInnen erhalten seit 1. Juli höhere Löhne beziehungsweise mehr Gehalt. Die jährlichen Lohn- und Gehaltserhöhungen gibt es aber nur mit starken Gewerkschaften. Die jährliche Erhöhung der Löhne und Gehälter ist keine Selbstverständlichkeit, wie einige noch immer irrtümlich glauben. Die Gewerkschaften müssen jedes Jahr aufs Neue dafür und auch für zeitgemäße Arbeitsbedingungen hart kämpfen. Die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) hatte beispielsweise wegen der schleppenden Gehaltsverhandlungen für die MitarbeiterInnen der Österreichischen Post AG nach zwei ergebnislosen Runden Anfang Juni vorsorglich einen Streikbeschluss gefasst. „Für das vergangene Jahr wurden 132 Millionen Euro an die Aktionäre ausgeschüttet. 
Es kann nicht sein, dass die MitarbeiterInnen Jahr für Jahr mehr leisten müssen, Rekordergebnisse erwirtschaftet werden, nur um Aktionäre zu befriedigen. Allen MitarbeiterInnen steht ein fairer Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens zu, daher fordern wir auch einen deutlichen

Reallohnzuwachs für alle“, sagte GPFVorsitzender Helmut Köstinger (rechts im Bild) im Vorfeld des Abschlusses. Die Kollektivvertragsgehälter, Beam-

tenbezüge und Sondervertragsgehälter werden um 1,4 Prozent erhöht. Die Gehälter der MitarbeiterInnen, die dem Kollektivvertrag-neu (KV-neu) aus 2009 unterliegen, werden um 1,5 Prozent angehoben. Wirksam wurden die Erhöhungen mit 1. Juli 2016. Sie gelten bis 30. Juni 2017. Nebengebühren und Zulagen werden ebenfalls um 1,4 Prozent angehoben. Vollbeschäftigte MitarbeiterInnen, die dem KV-neu unterliegen, erhalten zusätzlich eine Einmalzahlung von 200 Euro brutto, wenn das Dienstverhältnis vor dem 1. Jänner 2016 begonnen hat und keine Überzahlung über dem Kollektivvertragslohn besteht. Für teilzeitbeschäftigte MitarbeiterInnen wird die Einmalzahlung entsprechend dem Stundenausmaß reduziert. Weiters haben sich die Sozialpartner geeinigt, das Förderprogramm im KVneu für MitarbeiterInnen mit Kindern um ein Jahr zu verlängern. www.gpf.at

Nichts versäumen, immer auf dem neuesten Stand sein. Entweder mit dem richtigen Eintrag für unser FSG Infomail (unter www.fsg.at/infomail) oder mit einem „Like“ für unsere Facebook-Page, damit ist man auf dem neuesten Stand und kann nichts versäumen. Jetzt gleich liken unter:

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AKTUELLES

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STIMMEN ZU BREXIT

NEIN BEDEUTET NEIN Die Entscheidung der Briten kam für viele auf der Insel als auch am Festland überraschend. Jetzt geht’s darum, aus der Schockstarre rasch zu erwachen und auch die Chance zu sehen. EU-Abgeordnete Evelyn Regner und FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian über den Brexit.

HOCH GEPOKERT – HAUSHOCH VERLOREN Wenige Wochen nach dem Volksentscheid herrscht im Vereinigten Königreich große Ungewissheit. Die Entscheidung für den Brexit ist traurig und überraschend, aber sie ist zu respektieren. Nein bedeutet Nein. Und während man in Brüssel noch auf den offiziellen Austrittsantrag der britischen Regierung wartet, rutscht das Königreich immer tiefer in eine innenpolitische Krise. Großbritannien steht vor der Spaltung, das pro-europäische Schottland will in der EU, jedoch nicht zwingend im Königreich bleiben. David Cameron – er hat die Abstimmung aus absolutem Eigeninteresse überhaupt erst ermöglicht – ist als Premierminister Geschichte. Theresa May folgte ihm ins Amt. Sie muss das Vereinigte Königreich aus der EU führen. Nach dem Referendum hat das britische Pfund mit Turbulenzen und Abwertung zu kämpfen. Das Vertrauen in die stabile Insel-Währung ist dahin. China fährt bereits seine Investitionen zurück. Diese Entwicklungen sind höchst besorgniserregend. Klar ist auch: Am Ende sind es die hart arbeitenden Menschen, die die Folgen des Brexits ausbaden müssen. Bis zu 500.000 Arbeitsplätze könnten laut Schätzungen auf der Insel verloren gehen. Das Ergebnis des Referendums und die unmittelbaren Folgen haben nicht wenigen Menschen die Augen geöffnet. Die

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AKTUELLES

Bedeutung des Ausstiegs wurde den Briten nicht ausreichend erklärt. Es ist absolut unverantwortlich und auch sehr ärgerlich, Menschen über die Zukunft ihrer Kinder abstimmen zu lassen, ohne entsprechend auf die Folgen und das wahre Ausmaß ihrer Entscheidung hinzuweisen. Am Ende werden alle sehen, dass die allermeisten Probleme, die in der „Leave“-Kampagne plakatiert wurden, doch hausgemacht sind. Nichtsdestotrotz ist klar, dass sich die politische Ausrichtung der EU insgesamt ändern muss. Wir brauchen eine sozialere Politik mit Fokus auf die Stärkung sozialer Rechte und Investitionen in Beschäftigung. Dazu zählt auch Steuergerechtigkeit. Derzeit spielen Multis wie

McDonald’s ganze Länder gegeneinander aus. Nur eine stärkere EU kann das verhindern. Der Austritt eines Staates trägt leider nicht zu dieser Stärkung bei. Das Vereinigte Königreich wird die EU verlassen. Cameron hat hoch gepokert mit diesem Referendum und nun haushoch verloren. Er wird als der Premier in die Geschichtsbücher eingehen, der das Schicksal Großbritanniens auf Jahrzehnte negativ geprägt haben wird.

EVELYN REGNER Gewerkschafterin, Europaabgeordnete und Delegationsleiterin der SPÖ-Europaabgeordneten

DIE NÄCHSTEN SCHRITTE Wie geht es nach dem Abstimmungsergebnis für den Brexit nun weiter? Das fragte „FSG direkt“ Europaabgeordnete Evelyn Regner. Evelyn Regner: In einem ersten Schritt muss die britische Regierung den Austrittsantrag an den Europäischen Rat übermitteln und Artikel 50 im EU-Vertrag aktivieren. Darin ist die Möglichkeit eines Austritts aus der EU festgehalten. Der britische Ex-

Premier David Cameron machte bereits klar, dass er sich mit dem Antrag Zeit lassen werde. Brüssel wird bis zum Herbst warten müssen. Erst dann können die Austrittsverhandlungen beginnen. Diese werden mindestens zwei Jahre dauern. FSG direkt: Worauf ist bei den Austrittsverhandlungen zu achten? Evelyn Regner: Für das EU-Parlament ist die Sache klar: Das Rosinenpicken


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KOMMENTAR

WOLFGANG KATZIAN FSG-VORSITZENDER

BREXIT AUCH ALS CHANCE SEHEN Dass eine knappe Mehrheit der britischen BürgerInnen für den EU-Austritt gestimmt hat, das wird auch am Rest Europas nicht spurlos vorübergehen. Die unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen auf Österreich werden zwar vorerst begrenzt sein, trotzdem wird der Brexit auch uns betreffen. Nicht zuletzt aufgrund der wachsenden, für das Wirtschaftswachstum fatalen Unsicherheit. Dazu kommt, dass das Votum der Briten wie in vielen anderen Ländern auch in Österreich jenen Kräften den Rücken stärkt, die nationalstaatliche Lösungen für ein Allheilmittel und Migration für die Wurzel allen Übels halten. Bei aller berechtigten Kritik an Entwicklungen der europäischen Politik ist es gerade

aus der Sicht eines so kleinen Landes wie Österreich vollkommen absurd zu behaupten, dass wir drängende Fragen wie wachsende Arbeitslosigkeit, stagnierendes Wirtschaftswachstum oder auch die Flüchtlingskrise allein besser lösen könnten als gemeinsam. Die britischen Gewerkschaften haben sich trotz ihrer Unzufriedenheit mit der aktuellen politischen Ausrichtung in der EU für den Verbleib in der EU ausgesprochen. Jetzt geht es für sie darum zu verhindern, dass die ArbeitnehmerInnen die Zeche für den Brexit zahlen müssen. Wichtige Arbeitsrechte wie der bezahlte Jahresurlaub oder eine Begrenzung der Arbeitszeit wurden auf EU-Ebene von den Gewerkschaften erkämpft. Es gibt

hat ein Ende. Um die Phase der Unsicherheit für Europa und das Königreich zu minimieren, muss rasch über die künftige Beziehung nach der Scheidung Klarheit bestehen.

Modell ähnlich wie Norwegen oder die Schweiz mit Zugang zum EUBinnenmarkt. Dabei muss es die vier Grundfreiheiten einhalten, inklusive Personen- und Dienstleistungsfreizügigkeit, und Beiträge ins EU-Budget leisten. Ohne Einhaltung dieser Regeln wird es keinen Zugang zum Binnenmarkt geben. Die Briten sind hier in der schwächeren Verhandlungsposition.

FSG direkt: Wie wird die Beziehung zwischen Großbritannien und der EU nach dem Austritt aussehen? Evelyn Regner: Entweder das Vereinigte Königreich schottet sich komplett ab, das ist aber sehr unwahrscheinlich. Oder es einigt sich mit der EU auf ein

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keine Garantie dafür, dass diese im nationalen Recht durch die aktuelle britische Regierung erhalten bleiben. Für uns im Rest von Europa geht es neben der Solidarität mit den britischen Gewerkschaften jetzt darum, rasch aus der Schockstarre zu erwachen und den Brexit auch als Chance zu sehen. Die Entscheidung der Briten/innen kommt wie die EU-Skepsis andernorts ja nicht aus heiterem Himmel. Jahrzehnte einer verfehlten Wirtschaftspolitik, die sich vor allem auf Schuldenbremsen und Einsparungen konzentriert, bergen politischen Sprengstoff. Es ist zu hoffen, dass die Briten Europa endlich wachgerüttelt haben und den Kurswechsel erzwingen, den wir seit Jahrzehnten fordern. Aus der tiefen Vertrauenskrise kommt die EU nur, wenn die Austeritätspolitik beendet wird. Soziale Grundrechte und soziale Sicherheit müssen Vorrang vor den Marktfreiheiten bekommen. Spielräume für öffentliche Investitionen müssen geschaffen werden und die Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuervermeidung und Steueroasen sowie weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Verteilungsschieflage in Europa endlich ernsthaft angegangen werden. Der Brexit ist so etwas wie eine letzte Warnung für die EU – sie muss ernst genommen werden, damit Europa nicht endgültig scheitert.

KOMMENTAR

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NOTSTAND

AM RANDE DER GESELLSCHAFT Der Weg aus der Armutsfalle ist oft lang und alles andere als einfach. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung hilft, macht aber auch Sorgen.

Foto: Höllriegl

Heute kommt noch was, sagt Paul M.* und schaut von seinem Fahrrad aus gegen den Himmel. Die Wolken ziehen zu und es wird dunkel. Davor hat Paul keine Angst. Dunkel war es in seinem Leben schon oft. Zu oft für den Mitfünfziger. Vor einem Vierteljahrhundert sollte er im frühen Morgennebel aus der Nachtschicht nicht nach Hause kommen. ZEIT, DIE MAN SICH GERNE SPART Paul wohnte noch bei seinen Eltern auf dem Land. Zu müde von der Arbeit in der fernen Stadt, zu dicht die Nebelwand, zu nah der Gegenverkehr. Paul rutschte mit seinem Auto unter einen Lkw, den er beim Überholen übersah. Die fremde Stoßstange drückte über sein eigenes Lenkrad auf seine Rippen, darunter auf seine Atemwege. So fühlte es sich zumindest an, als er um Luft rang. Schlimmer kamen seine Beine weg. Es sollte zwei Jahre dauern, bis er wieder halbwegs gehen konnte. Eine Zeit, die sich Paul gerne gespart hätte. Wie viele andere auch an seiner Stelle. Schicksal, sagt Paul. Etwas anderes fällt ihm nicht ein. Dabei lernte Paul anzupacken, vor 25 Jahren arbeitete er im Schichtdienst, damals in einem noch reinen Staatsbetrieb in Wien, Nach zwei Schicksalsschlägen hatte Paul M.* nur noch einen Wunsch: Noch einmal im Leben fahrradfahren.

später wurde dieser teilprivatisiert, wie es so schön heißt. Der Verdienst war im Vergleich zum Einkommen auf dem Land gut, schwärmt Paul heute noch. Er sollte einmal etwas Besseres machen als sein Vater. Der hat nämlich bis zu seiner Pension tagein tagaus nur Pflastersteine geschleppt. Mit 60 Jahren war er körperlich kaputt. Waldviertler Granitblöcke hinterließen ihre Spuren. Und auch Schmerzen. Pauls Vater war überall im Einsatz, aber vor allem in Wien. Da, wo heute die reichen Leute gehen, sagt Paul. Heute gibt es schon Entlastung für die Pflasterer, weiß Paul aus dem Fernsehen zu berichten. Er meint jene kleinen Transportgeräte, die die Pflastersteine für die Arbeiter genau dorthin bringen, wo sie gerade gebraucht werden. Das schont die Rücken der Arbeiter. Auf dem Land wohnt Paul heute noch. Seine Eltern leben nicht mehr. Paul bekommt seit wenigen Jahren „Notstand“, wie er sagt. Ein Synonym

für die bedarfsorientierte Mindestsicherung, sagt Paul. Er lebt gerade einmal eine Stunde Bahnfahrt von Wien entfernt. Damals, nach dem Unfall, war es für Paul einfacher. Da lebten seine Eltern noch, da war es ganz normal, dass er länger keine Arbeit hatte. Heute ist es das nicht mehr. Paul hätte gerne wieder Arbeit. Obwohl ihm dabei mulmig wird. Paul wurde oft herumgeschupst in der Arbeit, so sagt er. Nicht von den Kollegen, aber immer wieder verlor er seine Jobs. Er hatte das Gefühl, dass er nur von Zeit zu Zeit Arbeit bekam. Immer dann, wenn auch gerade die passenden Förderprogramme zur Verfügung standen. KAMPF UM JEDEN LEBENSTAG Für Paul war das keine leichte Zeit. Aber es kam noch schlimmer. Seine Freundin erkrankte schwer. Paul musste zusehen, wie sie der Krankheit jeden Tag aufs Neue einen weiteren Lebenstag abrang. Bis eines Tages die Kräfte dafür nicht mehr reichten. Paul versuchte, sein Schicksal, wie er es wieder nannte, einfach wegzuspülen und den ganzen Frust umgangssprachlich hinunterzuschlucken. Auf die Folgen musste Paul nicht lange warten. Sein Übergewicht sah man ihm schneller an, als ihm lieb war. 160 Kilogramm brachte Paul in seiner schwersten Zeit auf die Waage. Und er hatte bald nur noch einen einzigen Wunsch in seinem Leben, er wollte noch einmal fahrradfahren. Kaum jemand glaubte noch so recht an Paul. Doch die Ärzte gaben ihn nicht auf. Da spielte es keine Rolle, dass er vom Notstand lebte, die Sozialversicherung länger schon keine eigenen Bei*

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HINTERGRUND

Name von der Redaktion geändert.


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MINDESTSICHERUNG

träge von ihm sah. Nach einer ersten Operation ging alles recht schnell. Paul verlor in nur wenigen Monaten sein halbes Gewicht. Er lernte, sich wieder zu bewegen. Zuerst zügiges Gehen, später Fahrradfahren. Heute ist er kaum zu halten, wenn er mit seinem Rad im Dorf seine Runden dreht. ES WAR NUR SCHICKSAL Das mit dem Notstand (Mindestsicherung), das macht Paul weiter Sorgen. Er solle doch als Portier arbeiten, hört er immer wieder. Oft hat er sich schon beworben. In der fernen Stadt sogar. Doch niemand braucht einen Portier. In der Stadt haben sie ihre eigenen Arbeitslosen, sagt Paul über seine bisher aussichtslosen Bewerbungen. Seine Geschwister hatten mehr Glück, sie ha-

ben eine gute Arbeit, sind fleißig und verdienen weit über dem Durchschnitt. Sie zahlen gemeinsam fast viermal so viel an Lohnsteuer als er Mindestsicherung bekommt. Da könnten noch zwei weitere mit ihm locker davon leben, scherzt Paul über unseren Sozialstaat. Irgendwie wäre es ihm natürlich schon lieber, wenn er Unterstützung direkt von seinen Geschwistern bekommen würde, statt über den Umweg „Staat“. Paul liest in der Zeitung oft von Sozialschmarotzern. Zu oft. Über die anderen steht nie was in der Zeitung, ärgert sich Paul. Er meint natürlich sich selbst, seine Schicksale und seine Geschwister. Für die Leute im Dorf ist Paul noch lange kein Sozialschmarotzer. Es war eben Schicksal: nur der eine Unfall, nur die eine Krankheit.

Paul sehnt sich nach den schweren Jahren nach Ruhe. Er hätte wohl doch schon gerne eine Pensionszusage. Damit er sich was leisten kann, wie Paul sagt. So wie die anderen auch, die Urlaubs- und Weihnachtsgeld bekommen. Das er nicht bekommt. Auf die Frage, was er sich jetzt nach dem „WiederFahrradfahren-können“ wünscht, wird Paul nachdenklich. Er schweigt. Vielleicht geht es aber auch nur ums Dazugehören, zu jenen, die einen 13. und 14. Bezug haben. Weil es doch für viele das Normalste in unserem Land ist. Das dürfe auch niemand kleinreden, warnt Paul. Das Schicksal schlägt nämlich ohne Vorwarnung zu. Einmal, manchmal auch zweimal. Paul schaut gegen den Himmel. Er tritt in seine Pedale und fährt den dunklen Wolken davon.

S TA D T- L A N D U N D D I E A R M U T 1,5 Millionen Menschen waren 2015 aufgrund ihres geringen Einkommens armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Erhebliche Einschränkungen in zentralen Lebensbereichen sind laut einem Bericht auf ORF.at die Folge. Menschen sind auf dem Land ebenso wie in der Stadt damit konfrontiert. Allerdings mit unterschiedlichen Herausforderungen. Die Kosten für Wohnen und Leben sind am Land zumeist günstiger als in der Stadt. Hausbesitz erspart zum Beispiel die Miete. Mangelnde Mobilität oder fehlende Kinderbildungseinrichtungen können die Lage wiederum verschärfen. Die Anonymität der Stadt lässt dafür die Angewiesenheit auf die Mindestsicherung leichter ertragen,

Betroffene können in ihrem Umfeld „unbekannt“ bleiben. Auch die Behandlung durch die Behörden sei in der Stadt angenehmer als auf dem Land, berichtete auch das Nachrichtenmagazin „profil“. AlleinerzieherInnen treffen in der Stadt auf mehr Gleichgesinnte. StudentInnen, Zuwanderer oder Flüchtlinge zieht es gleichermaßen in die Städte. Viele von ihnen sind im Niedriglohnsektor tätig, am Bau, in der Pflege oder in der Reinigungsbranche. Diese Jobs findet man in Städten und Ballungsräumen leichter als am Land. Aufgrund der höheren Kosten ist es dennoch gleich schwierig, in der Stadt wie auf dem Land über die Runden zu kommen. Jede/r Sechste war in Österreich 2015 armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Fast ähnlich viele waren atypisch beschäftigt. Die Hoffnung auf einen (Vollzeit-)Arbeitsplatz treibt Armutsgefährdete oft in die Stadt, obwohl das Leben dort teurer ist. Der Weg aus der Armutsfalle ist am Land wie auch in der Stadt kein einfacher.

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HINTERGRUND

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WILLENSÄUSSERUNG

ELTERNTEILZEIT KLAR REGELN Zwei Gerichtsentscheidungen brachten Klarheit für die Praxis. Tipps für die Vereinbarung von „Elternteilzeit“. Gemäß Mutterschutzgesetz (MSchG) und Väterkarenzgesetz (V-KG) haben ArbeitnehmerInnen (AN) unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung aus Anlass der Elternschaft längstens bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder einem späteren Schuleintritt des Kindes. Eine solche Teilzeitbeschäftigung (Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage) ist zwischen AN und Arbeitgeber (AG) zu vereinbaren. Sollte keine Einigung zu finden sein, sieht das Gesetz ein mehr oder weniger komplexes Verfahren zur außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung vor.

r Absicht zur Teilgilt ab Bekanntgabe de tz hu ssc ng ssu tla En d ::: Kündigungs- un itern der Verhandlungen. t aber vorzeitig beim Sche de en Er . ng igu äft sch zeitbe muss ausdrücklich als Anlass der Elternschaft s au g un ftig hä esc itb ::: Eine Teilze n. solche vereinbart werde

VOR KÜNDIGUNG GESCHÜTZT Das Gesetz sieht vor, dass der Kündigungs- und Entlassungsschutz für Mütter und Väter grundsätzlich schon mit der Bekanntgabe, frühestens jedoch vier Monate vor dem beabsichtigten Antritt der Teilzeitbeschäftigung beginnt. Er dauert bis vier Wochen nach dem Ende der Teilzeitbeschäftigung, längs-

tens jedoch bis vier Wochen nach dem Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes. Die Bestimmungen über den Kündigungs- und Entlassungsschutz gelten auch während (!) eines Verfahrens zur Geltendmachung der Teilzeitbeschäftigung. In dieser Zeit darf der AG zum Beispiel grundsätzlich nur mit Zustimmung des Gerichts kündigen. Zu

BUCHTIPP

BEVOR AGGRESSIONEN SPRACHLOS MACHEN STRATEGIEN ZUR GEGENWEHR Hasskommentare und Lügengeschichten verdrängen im Netz sachliche Wortmeldungen. Die digitale Debatte hat sich radikalisiert. Höchste Zeit, das Netz zurückzuerobern. Das Buch deckt die Mechanismen auf, die es Hetzern im Internet einfach machen. Es zeigt die Tricks der Fälscher, die gezielt Unwahrheiten verbreiten. Damit die Aggression im Netz nicht sprachlos macht, werden konkrete Tipps und Strategien geliefert: Wie kann man auf untergriffige Rhetorik reagieren? Wie entlarvt man Falschmeldungen

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SERVICE

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Foto: Anne-Sophie Bost / PhotoAlto / picturedesk.com

RECHT

diesem Themenkreis sind in jüngster Zeit zwei Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (OGH) ergangen, die auch für die Praxis interessant sind. Im ersten Fall (OGH 8 ObA 1/16d) ging es um die Frage, wann genau das Verfahren und damit der Kündigungsschutz endet. Zunächst verwies der OGH darauf, dass das „Verfahren“ das innerbetriebliche Durchsetzungsverfahren ebenso umfasst wie das gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung der Teilzeitbeschäftigung. Der Kündigungs- und Entlassungsschutz ist für den gesamten Zeitraum ab Meldung der Teilzeitbeschäftigung gegeben und während des außergerichtlichen und des gerichtlichen Verfahrens aufrecht. Wird kein Gerichtsverfahren eingeleitet, endet der Kündigungs- und Entlassungsschutz mit dem Scheitern der außergerichtlichen Verhandlungen. Das ist jener Zeitpunkt, zu dem der AN „nach dem objektiven Horizont eines redlichen und verständigen Verhandlungspartners“ nicht mehr mit der Annahme ihres Wunsches beziehungsweise Angebots oder zumindest mit einem (zum Gegenstand weiterer Verhandlungen zu machenden) Gegenoffert des AG rechnen darf. Da dem AN in diesem Fall nach einer bestimmten Besprechung klar sein musste, dass der AG den Vorschlag zur Elternteilzeit ablehnt, hätte er rechtzeitig klagen müssen, damit der Kündigungs- und Entlassungsschutz nicht (vorzeitig) endet. Da der AN keine Klage eingebracht hat, endet dieser Schutz vier Wochen nach dieser Besprechung. Im zweiten Fall (OGH 9 ObA 20/16f) war strittig, ob die getroffene Vereinbarung eine Vereinbarung einer „Elternteilzeit“ im Sinn des Mutterschutzgesetzes

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war. Nicht automatisch jede vertraglich vereinbarte Herabsetzung der Arbeitszeit (beziehungsweise Änderung der Lage der Arbeitszeit) wird allein deshalb zur „Elternteilzeit“ (beziehungsweise geschützten Änderung der Lage der Arbeitszeit), nur weil die AN ein unter 7-jähriges Kind hat. Erforderlich ist vielmehr, dass gegenüber dem AG auch zum Ausdruck kommt, dass „Elternteilzeit“ im Sinne des Mutterschutzgesetzes Gegenstand der Vereinbarung werden soll. PROBLEM DER ABGRENZUNG Da auch im Arbeitsrecht der objektive Erklärungswert einer Willensäußerung maßgeblich ist, ist es ohne rechtlichen Belang, ob die AN subjektiv von einer Unterscheidung zwischen („normaler“) Teilzeit oder einer „Elternteilzeit“ ausging. Im vorliegenden Fall hat die AN gegenüber dem AG ihren Wunsch nach einer Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit auf 20 Stunden im Zusammenhang mit der Beendigung der Karenz (schriftlich) geäußert und als Grund für die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit ausdrücklich die notwendige Betreuung ihres Kindes angegeben. Damit musste dem AG klar sein, dass der Teilzeitwunsch der AN mit der Kinderbetreuung zusammenhängt. Im darauffolgenden zwischen den Parteien geführtem Gespräch wurde zwar weder der Begriff „Elternteilzeit“ noch das Mutterschutzgesetz erwähnt, aber man einigte sich auf eine Herabsetzung der Arbeitszeit der AN auf 20 Wochenstunden. Diese Vereinbarung ist daher als Elternteilzeitvereinbarung im Sinne des Mutterschutzgesetzes zu sehen und es besteht der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz für die AN.

THOMAS KALLAB Jurist, Arbeiterkammer Wien E-MAIL: thomas.kallab@akwien.at

Inwieweit ist die Vereinbarung eines Betriebsurlaubes bindend? Die Festlegung eines Betriebsurlaubs in einer Betriebsvereinbarung ist problematisch und wird nicht zulässig sein. In Ergänzung mit einer einzelvertraglichen Vereinbarung mit jedem/jeder Arbeitnehmer/in kann dies jedoch „verbindlich“ werden. Dabei ist aber zu beachten, dass die Erholungsmöglichkeiten des/der Arbeitnehmers/in nicht unangemessen beeinträchtigt werden dürfen. Derartige Vereinbarungen dürfen keinesfalls den gesamten Urlaubsanspruch betreffen, weil dann die Berücksichtigung jährlich wechselnder Bedürfnisse des/der Arbeitnehmers/in nicht möglich wäre. Dem/der Arbeitnehmer/ in muss ein ausreichend langer Teil des Gesamturlaubs zum Abschluss individueller Vereinbarungen verbleiben, die seinen/ihren persönlichen Urlaubsbedürfnissen entsprechen. Es kommt also auf den Text der Vereinbarung an. Ich rate Ihnen, diese Frage unter Vorlage des Textes der Betriebsvereinbarung und der Arbeitsverträge mit der zuständigen Gewerkschaft oder Arbeiterkammer abzuklären.

Autor: Thomas Kallab

SERVICE

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BILLIGSTAHL AUS CHINA

KAMPF DEM PREISVERFALL

Europas Stahlindustrie droht ohne Unterstützung der Regierungen das Aus. 330.000 ArbeitnehmerInnen wären direkt betroffen, indirekt sogar Millionen. An 500 Standorten in 24 europäischen Ländern produzieren rund 330.000 ArbeitnehmerInnen jährlich etwa 170 Millionen Tonnen Stahl. Europäischer Stahl ist von höchster Qualität und wird nach strengen ökologischen Standards hergestellt. Dennoch ist die europäische Stahlindustrie in der Krise: Seit 2008 gingen rund 85.000 Arbeitsplätze verloren. Der Hauptgrund dafür ist der massive Preisverfall durch importierten Billigstahl, vor allem aus China. Dadurch gerät die gesamte europäische Stahlindustrie unter Druck. Arbeitsplätze sind massiv gefähr-

det, in Österreich rund 15.000 an 22 Standorten. Das völlige Aus für die europäische Stahlproduktion droht, wenn die Volksrepublik China heuer von der Welthandelsorganisation nach 15-jähriger Übergangsfrist als „Marktwirtschaft“ anerkannt werden würde. Einige Kriterien dafür sind nämlich noch nicht ganz erfüllt (zum Beispiel die Begrenzung des staatlichen Einflusses auf Ressourcen). Sollte der Fall aber dennoch eintreten, dann wären keine Antidumping-Zölle mehr möglich. Die Stahl- und weitere Grundstoffindustrien (zum Beispiel

Kunststoff, Aluminium und Papier) wären der Billig-Konkurrenz aus China schutzlos ausgeliefert. Verschwindet erst einmal die Grundstoffindustrie aus Europa, dann würde in nur wenigen Jahren die verarbeitende Industrie folgen (beispielsweise die Automobil- und Elektroindustrie oder der Maschinen- und Anlagenbau). Auch die Zulieferbetriebe (industrienahe Dienstleistungen und Forschung) würden kaum ungeschoren davonkommen. Insgesamt wären so Millionen von Arbeitsplätzen bedroht. INDUSTRIEQUOTE WIEDER STEIGERN Die Produktionsgewerkschaft PRO-GE und die Gewerkschaft der Privatange-

SELBSTBESTIMMT LEBEN ERREICHTES NICHT IN FRAGE STELLEN Österreichs männliche Lehrlinge scheinen ein traditionelles Familienbild zu haben, wenn man der Lehrlingsstudie 2016 Glauben schenken darf: 37 Prozent der insgesamt 500 Befragten meinen demnach, Frauen sollten sich um Haushalt und Familie kümmern, während der Mann für das Einkommen sorgt. In einem Umfeld steigender Arbeitslosigkeit, Ungleichheit sowie zunehmender Gewalt und Hassparolen müssen wir Frauen uns offenbar auch mit einem stärkeren Gegenwind auseinandersetzen. Die Frauen in meinem Umfeld wollen unabhängig von ihrem Alter und ihrer Position eines sicher nicht: dass Männer über ihre Lebensplanung ent-

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GRUNDSATZ

scheiden. Sie wollen vielmehr partnerschaftlich in Entscheidungsstrukturen eingebunden sein, um ihre Interessen auf Augenhöhe selbst vertreten zu können. Was es dafür braucht: ::: Sichere Arbeitsplätze mit fairer Bezahlung und flächendeckende Kinderbetreuung, um der Beschäftigung nachgehen zu können. ::: Reale Möglichkeiten einer guten Ausbildung. ::: Partnerschaftliche Aufteilung der Kinderbetreuung und die Sicherheit, Familienmitglieder bei Bedarf kompetent betreut und gepflegt zu wissen. ::: Wohnungen, die auch im Alter noch finanzierbar sind und die verläss-

liche Unterstützung des Sozialstaats, wenn diese Hilfe notwendig ist.

„Frauen wollen genauso wie Männer ein selbstbestimmtes Leben führen. Und dass das überhaupt möglich ist, dafür haben viele Frauen vor uns sehr hart und sehr lange gekämpft. Einmal Erreichtes darf hier niemand in Frage stellen!“ Ilse Fetik, FSG-Frauenvorsitzende


15. Jahrgang // Nummer 7–8 // Wien, August 2016

BÜRGERiNNEN INITIATIVE

stellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) starteten zum Schutz der heimischen und europäischen Stahlindustrie mit allen ihren Arbeitsplätzen eine „Parlamentarische Bürgerinitiative“. Sie fordern einen starken österreichischen und europäischen Industriestandort, die Industriequote soll wieder auf 20 Prozent bis zum Jahr 2020 gesteigert werden. Die zuständigen Mitglieder der österreichischen Bundesregierung werden mit der Initiative aufgefordert, sich im Rat der Europäischen Union dafür einzusetzen und den Kampf gegen Dumping-Importe zu verschärfen. Die SPÖ-Abgeordneten aus den betroffenen Industrieregionen Österreichs unterstützen die Initiative der Gewerkschaften. Genaue Details und Links zu Unterschriftenlisten gibt es online unter: www.proge.at und www.gpa-djp.at

Was Frauen sicher nicht brauchen, das sind Männer, die sie an den Herd verbannen wollen. Die heile Welt, in der sich das männliche Familienoberhaupt allein um das gemeinsame Wohl sorgt, ist zumeist sehr realitätsfern. Denn ein Leben in finanzieller Abhängigkeit vom Partner bedeutet Abhängigkeit in allen Lebensbereichen und oft auch das ganze Leben lang. Kein eigenes Einkommen bedeutet nämlich, später auch keine eigene Pension zu haben. Die Gefahr der Altersarmut steigt dadurch enorm an. Frauen wollen genauso wie Männer ein selbstbestimmtes Leben führen. Und dass das überhaupt möglich ist, dafür haben viele Frauen vor uns sehr hart und sehr lange gekämpft. Daran müssen wir festhalten, einmal Erreichtes darf hier niemand in Frage stellen!

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SPÖ-Abgeordnete: Walter Schopf, Initiator und PRO-GE-Vorsitzender Rainer Wimmer, Max Unterrainer, Initiator und GPA-djp-Vorsitzender Wolfgang Katzian, Andrea GesslRanftl und Markus Vogl mit den bereits gesammelten Unterschriften (von links).

### indesign datei im iordner zwecks größenanpassung

Schutz der europäischen Stahlindustrie & Industriearbeitsplätze

Jetzt unterschreiben

für eine parlamentarische Bürgerinitiative

GRUNDSATZ

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Wir brauchen eine andere Linie Foto: mauritius images / dieKleinert

gegen das Verschieben von Gewinnen nach Übersee!

Absurder geht’s kaum mehr: Unternehmen schaffen ihre Gewinne unversteuert aus der EU nach Übersee. Und ArbeitnehmerInnen aus der EU wird – wenn sie in einem anderen EU-Land arbeiten – der gleiche Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort vorenthalten.

FINANZMINISTER EINIG STEUERSÜMPFE AUSTROCKNEN Im Kampf gegen aggressive Steuerplanung haben sich die EU-Finanzminister beim jüngsten Ratstreffen auf weitere Schritte geeinigt. Doch um in Europa endlich Steuergerechtigkeit zu schaffen, braucht es noch viel mehr Ambition. Steuervermeidungspraktiken international tätiger Konzerne müssen dringend eingedämmt werden. Die „Lux Leaks“Affäre und die „Panama Papers“ haben das erschreckende Ausmaß internationaler Konstruktionen offenbart, die sich Konzerne, aber auch Privatpersonen zu eigen machen, um Steuern zu vermeiden. Das Europäische Parlament hat wiederholt laute Signale an die nationalen Regierungen der EU-Mitgliedstaaten gesandt und mehr Engagement im Kampf gegen Steuerhinterziehung und

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EUROPA/INTERNATIONAL

D R U C K M A C H E N Z A H LT S I C H A U S

-vermeidung eingefordert. Steuersümpfe sind schnellstens trockenzulegen. GEWINNE VERSCHIEBEN VOR AUS Bei ihrem jüngsten Ratstreffen haben sich Europas Finanzminister nun auf die Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung geeinigt. Im Fokus steht das Verlagern von Gewinnen. Dieses künstliche Kleinrechnen und Verschieben von Profiten ist leider eine weit verbreitete Praxis bei Unternehmen, die über ein Mutterunternehmen und mehrere Niederlassungen in verschiedenen Mitgliedstaaten verfügen, um möglichst wenig Steuern abzuführen. Leider haben die Mitgliedstaaten die Richtlinie in einigen Teilen im Vergleich zum ursprünglichen Kommissionsvorschlag stark verwässert. So wurde etwa

die „switch-over“-Klausel gestrichen. Damit wäre aber die so wichtige Besteuerung von Zahlungsströmen aus nichteuropäischen Steueroasen in die EU sichergestellt gewesen. UNTERSUCHUNG AB SEPTEMBER Nichtsdestotrotz ist ein erster Schritt gesetzt, auf den es aufzubauen gilt, um alle Steuerschlupflöcher zu schließen. Im EU-Parlament wird indes weiter an umfangreichen Vorschlägen zur Eindämmung von Steuerbetrug gearbeitet und weiterhin Druck auf die Mitgliedstaaten ausgeübt. Im September startet ein neuer Untersuchungsausschuss, der Licht ins Dunkel der Panama-Affäre bringen wird. Autorin: Evelyn Regner


15. Jahrgang // Nummer 7–8 // Wien, August 2016

ENTSENDUNG LOHN- UND SOZIALDUMPING

FORTSCHRITT DROHT RÜCKZUG Die Zahlen sind eindeutig: Das Risiko von Lohndumping ist bei ausländischen Unternehmen, die ihre MitarbeiterInnen nach Österreich entsenden, unglaubliche 50-mal höher als bei lokalen Anbietern, die sich an die Kollektivverträge halten. Dies ist das Ergebnis von umfangreichen Kontrollen der Bauarbeiter Urlaubs- und Abfertigungskassa (BUAK) im vorigen Jahr. „Die EU vernichtet mit ihrer liberalen Marktwirtschaft Arbeitsplätze in Österreich“, warnt deshalb Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH). Immerhin hat die EU-Kommission auf dieses organisierte Lohn- und Sozialdumping endlich reagiert. Im März legte sie einen Vorschlag für eine verschärfte Entsenderichtlinie vor. Das Ziel: Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“, eine langjährige Forderung des ÖGB, soll endlich auch in der Praxis durchgesetzt werden. Nicht mehr als ein erster Schritt, denn leider sind im Kommissionspaket keine Maßnahmen gegen den zunehmenden Missbrauch und gegen Scheinentsendungen vorgesehen. INDUSTRIE VERTEIDIGT DUMPING Doch selbst diese bescheidenen Vorschläge gehen den osteuropäischen EU-Ländern und der Industrie offenbar schon zu weit. Jedenfalls haben elf EUMitgliedsstaaten, vor allem aus Osteuropa, dem Vorschlag die sogenannte „Gelbe Karte“ gezeigt. Mit dieser „Subsidiaritätsrüge“ soll die EU-Kommission

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dazu gebracht werden, den Vorschlag zurückzuziehen. Der europäische Industrieverband „Businesseurope“ und sein Generaldirektor Markus Beyrer sind gleich auf den Zug aufgesprungen und warnen vor „neuen Unsicherheiten für die Unternehmen in Europa“. Organisiertes Lohndumping ist aus Sicht der europäischen Industrie offenbar weniger besorgniserregend. VERSAGT EU-KOMMISSION? Die EU-Kommission muss nun ihren Vorschlag überprüfen. Sie kann an ihm entweder festhalten, ihn ändern oder ganz zurückziehen. Leider sind die Signale der EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen, einer belgischen Christdemokratin, mehr als verwirrend: Sie wolle zwar grundsätzlich am Vorschlag festhalten, aber die Bedenken der Osteuropäer „einarbeiten“. Für noch mehr Ratlosigkeit sorgte ihre seltsame Bemerkung, sie wolle „nicht zurück zum kommunistischen System“.

UNTERSTÜTZUNG VON REGIERUNG Der ÖGB und alle europäischen Gewerkschaftsbünde fordern, dass die EU-Kommission die Entsenderichtlinie endlich wirksam verschärft. Unterstützung kommt von der österreichischen Bundesregierung. Sowohl Sozialminister Alois Stöger als auch Bundeskanzler Christian Kern fordern klare Regeln gegen Lohn- und Sozialdumping. „Bei jährlich 180.000 Entsendungen ist dies eine eminent europäische Frage“, betonte Kern vor wenigen Tagen gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel. Bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission vor der unheiligen Allianz aus neuen Mitgliedsstaaten und der Industrie nicht einknickt. Autor: Oliver Röpke

VERSCHÄRFUNGEN GEFORDERT Forderungen des ÖGB für eine Verschärfung der Entsenderichtlinie: ::: Klares Bekenntnis zum Kampf gegen Sozialdumping. ::: Maßnahmen gegen Schein-Entsendungen. ::: Der Lohn, der bei Entsendungen zu zahlen ist, muss Grundlage für die Sozialversicherungsbeiträge im Heimatland sein. ::: Verpflichtung des Arbeitgebers, bei Entsendungen den ArbeitnehmerInnen die Aufwendungen zu ersetzen. ::: Klarstellung, dass die Entsenderichtlinie auch im Verkehrssektor zur Anwendung kommt. ::: Zeitliche Begrenzung von Entsendungen, 24 Monate sind viel zu lang.

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Foto: Roland Mühlanger / picturedesk.com

Fairer Wettbewerb, nein danke? Streit um neue EU-Entsenderichtlinie geht weiter.


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FAIR. SOZIAL. GERECHT. WWW.FACEBOOK.COM/FSG.OEGB

DIE MILLIONENFRAGE

BESSER ERBEN STATT SPAREFROH Warum Max (siehe Abbildung) gerne Erbschaftssteuer zahlen möchte, lässt sich einfach nachvollziehen. Die jüngst diskutierten Modelle zur Erbschafts- und Schenkungssteuer sahen zum Beispiel bei einem Erbe von einer Million Euro lediglich 14.000 Euro Erbschaftssteuer vor. Wollte man sich den gleichen Betrag

Was? Wie denn?

Wenn ich groß bin, möchte ich Erbschaftssteuer zahlen!

Aber Harald, Max möchte doch nur reich werden!

von einer Million ansparen, dann könnte das nämlich lange dauern, bei einem Sparbetrag von 500 Euro monatlich und ein/zwei Prozent Verzinsung über 80 Jahre, bei 1.000 Euro noch immer mehr als 50 Jahre (andere Sparbeträge kann man online ausrechnen unter www.bankenrechner.at/ sparzinsrechner). Haben die Eltern von Max noch kein Vermögen, dann stehen die Chancen für Max trotzdem noch gut. Für gewöhnlich erbt man erst im höheren Alter. Übrigens: Ein Freibetrag wurde mit 300.000 Euro diskutiert.

Ein Ersuchen des Verlages an den/die BriefträgerIn: Falls Sie diese Zeitschrift nicht zustellen können, teilen Sie uns bitte hier den Grund und gegebenenfalls die neue oder richtige Anschrift mit

Foto: mauritius images / Science Photo Library

Die Einstellungen zu Reichtum könnten laut einer Studie der AK Wien von Juni unterschiedlicher kaum sein. 73 Prozent stimmen zu, dass man übers Erben reich wird, ebenso viele sehen aber auch gute Ideen als auschlaggebend. Für 51 Prozent zählt Leistung. Und 49 Prozent glauben, dass jede/r die Chance hat, aus eigener Kraft reich zu werden. Zwischen diesen Polen gibt es noch jede Menge andere unterschiedlichste Wahrnehmungen. Mehrfachnennungen waren möglich. 66 Prozent stimmen aber zu, dass zu großer Reichtum von nur einigen wenigen zu Problemen in der Gesellschaft führt.

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/ / / Straße/Gasse Haus-Nr./Stiege/Stock/Tür / Postleitzahl Ort Besten Dank P.b.b. 02Z031786M ÖGB-Verlag, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1

Retouren an PF 100, 1350 Wien


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