4 minute read

Interview mit Christoph Straube, Vorstand der W&L Wohnen und Leben AG

Blickrichtung Westen

Mit dem Thema Wohnen lassen sich sehr gut Wähler gewinnen, wie aktuell in Berlin deutlich wird. Ausgang ungewiss. Während bestimmte Marktteilnehmer hier ihre Chance wittern, sehen andere Akteure vor allem im Westen attraktive Standorte.

54 se nicht schon genug der Markfeindlichkeit, schloss sich der Berliner Senat am 22. Oktober dem von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher eingebrachten Vorschlag an, die Mietpreissteigerungen in der Hauptstadt einfach per Gesetz zu stoppen. Dass eine von oben diktierte Preisobergrenze vor allem zu Lasten der Mieter gehen wird, ist bei der Linken-Politikerin wohl noch nicht angekommen. Entsprechend wird der Mietpreisdeckel in der Immobilienwirtschaft abgelehnt. „Sie wird – ganz banal und evident – Investitionen hemmen und den Markt verzerren. Langfristig kann ein derart politisch motiviertes Manöver nur schädlich sein“, kritisiert Christoph Straube. Zustimmung erhält der Vorstand der W&L Wohnen und Leben AG von Steffen Hipp. „Die Politik

geht hier in die falsche Richtung. Die gedeckelten Mieten werden zu sinkenden Renditen auf der Angebotsseite führen. Dadurch wird sich das Wohnangebot sukzessive weiter verringern. Und das ist genau das Gegenteil von dem, was die Politik eigentlich möchte – nämlich ausreichend Wohnraum schaffen“, so der Geschäftsführer der United Investment Partners Sales GmbH. Dass ein Mietendeckel am Ende nur Verlierer bringt, zeigt ein Blick nach Portugal, wo 1947 für die beiden größten Städte Lissabon und Porto ein Mietstopp eingeführt wurde, der erst 40 Jahre später dahingehend gelockert wurde, dass die Mieten mit der Inflation Schritt halten durften. Erst im Jahr 2006 wurden reale Mieterhöhungen wieder erlaubt. Die Folge: Ende der Neunzigerjahre stürzten im Zentrum der Hauptstadt jährlich ca. 20 Häuser ein, weil den Vermietern das Geld für die Instandhaltung fehlte.

Gibt es auch Profiteure des Wahnsinns?

Die aktuelle Diskussion um eine Begrenzung der Mieten hat aber nicht für alle Akteure in der Immobilienbranche negative Auswirkungen. „Da wir unsere Wohnungen überwiegend an Eigennutzer verkaufen, sind die Auswirkungen eines Mietendeckels für uns kaum ausschlaggebend“, erläutert Ottmar Heinen. Vielmehr kann der Vorstandssprecher der PROJECT Beteiligungen AG der Maßnahme etwas Positives abgewinnen – gerade weil sie Investoren abschreckt. „Wenn sich Investoren aus Berlin zurückziehen und die Bautätigkeit – auch konjunkturell bedingt – insgesamt nachlässt, sind mittelfristig stagnierende oder sogar fallende Preise

Ottmar Heinen Vorstandssprecher PROJECT Beteiligungen AG

für Grundstücke zu erwarten. Die jetzt noch hohe Auslastung der Gewerke könnte nachlassen. Baugenehmigungen würden eventuell schneller erteilt. Wohnobjekte ließen sich womöglich effizienter und günstiger entwickeln. Bei gleichzeitig niedrigerem Angebot an neuer Wohnfläche würde der Nachfrageüberhang weiter steigen und damit stabile, eventuell leicht steigende Verkaufspreise zu Folge haben. Das würde die Gewinnspanne für Unternehmen wie uns, die rein eigenkapitalbasiert agieren, wieder steigen lassen.“

Vor allem der Westen ist attraktiv

Egal ob Mietendeckel, Mietpreisbremse oder sonstige markthemmende Maßnahmen: Da Wohnen zu den wichtigsten menschlichen Grundbedürfnissen gehört, werden Wohnimmobilien wohl weiterhin zu den wichtigsten Investmentobjekten gehören (es sei denn, es werden Kevin Kühnerts Pläne in die Tat umgesetzt und der private Immobilienbesitz wird verboten). Besonders viele Wohnimmobilien und damit auch potenzielle Investmentobjekte befinden sich in NordrheinWestfalen. So lebt in diesem Bundesland ein gutes Fünftel der deutschen Bevölkerung und 30 der 81 deutschen Großstädte befinden sich dort. Doch nicht nur aufgrund dieser Zahlen ist NRW für die W&L Wohnen und Leben AG interessant. „Wir skalieren über eigene Recherchetools fortlaufend den gesamten deutschsprachigen Immobilienmarkt – wohlgemerkt nicht nur für wohnwirtschaftliche Liegenschaften, sondern gleichwohl auch für Gewerbe- und Mischobjekte. Aus diesen substanziierbaren Erkenntnissen ent

Steffen Hipp Geschäftsführer United Investment Partners Sales GmbH Christoph Straube Vorstand W&L Wohnen und Leben AG

wickeln wir unsere strategischen Allokationskriterien. Derzeit fokussieren wir auf die Metropolregion NRW. Gerade im Einzugsgebiet von Köln oder Düsseldorf sind einige mittelgroße Städte aus unserer Sicht klar unterbewertet und weißen erhebliches Steigerungspotential auf“, erläutert Christoph Straube. Steffen Hipp sieht besonders im Norden von NRW großes Potenzial, nämlich in Münster. Dies hängt vor allem mit dem Geschäftsmodell seines Unternehmens zusammen, das sich auf Mikroapartments spezialisiert hat, eine Wohnform, die vor allem für Studenten sehr gut geeignet ist. So studieren an der dortigen Universität und den acht weiteren Hochschulen ca. 55.000 Menschen. Bei insgesamt ca. 314.000 Einwohnern verfügt Münster damit über eine sehr hohe Studierendendichte. Die Hochschulen sind auch ein wesentlicher Treiber der Bevölkerungsentwicklung der westfälischen Großstadt, deren Einwohnerzahl seit der Jahrtausendwende um ca. 50.000 zugenommen hat: So hat sich die Zahl der Studierenden an den Hochschulen in Münster zwischen 2008 und 2015 um ca. 13.000 erhöht. Im wahrsten Sinne des Wortes großes Zukunftspotenzial bescheinigt Steffen Hipp auch Wiesbaden. „Gemäß der aktuellen Marktstudie über das studentische Wohnen von bulwiengesa ist z. B. die Studierendenanzahl seit dem Wintersemester 2012/13 in Wiesbaden – gleich nach Düsseldorf (58,4 %) – mit 57,9 % am stärksten gestiegen.“ Die hessische Landeshauptstadt verfügt zwar über keine Universität, jedoch ist sie neben Rüsselsheim einer der beiden Standorte der Hochschule RheinMain und beherbergt dort ca. 10.000 Studierende. Auch die sieben A-Städte sieht Hipp als interessante Investmentregionen an. (ahu)

This article is from: