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Vertriebswege Zweiteilung setzt sich fort

Zweiteilung setzt sich fort

Stetiger Rückgang bei den einen, Konstanz bei den anderen: Die Entwicklung der Vermittlerzahlen war in den vergangenen Jahren zwischen den Vertriebswegen sehr unterschiedlich – und wird es in Zukunft wohl noch weiter sein.

Die quartalsweise Veröffentlichung der Vermittlerzahlen durch die DIHK war in den vergangenen Jahren eine Dokumentation stetigen Schwundes: Waren Anfang 2017 noch ca. 230.000 Vermittler registriert, bewegt sich deren Zahl aktuell gerade einmal um die 200.000er-Marke. Der Rückgang ist aber nicht auf alle Vertriebswege gleich verteilt. So liegt die Zahl der Makler mit ca. 46.000 auf dem Niveau von vor vier Jahren. Der deutliche Rückgang der Vermittlerzahlen ist vor allem auf deren größte Gruppe zurückzuführen: Die Ausschließlichkeitsvermittler. Von diesen waren Anfang 2017 noch ca. 147.000 registriert, inzwischen sind es ca. 30.000 weniger. Aus der Tatsache, dass die Zahl der Ausschließlichkeitsvermittler derart stark rückläufig ist, lässt sich Martin Klein zufolge aber nicht schließen, dass sich heute deutlich weniger Vermittler um die finanziellen Belange der Endkunden kümmern. Vielmehr sind laut dem geschäftsführenden Vorstand des VOTUM Verband Unabhängiger FinanzdienstleistungsUnternehmen in Europa e. V. die Zahlen bei den Ausschließlichkeitsvermittlern heute schwer mit den früheren zu vergleichen: „Wegen der geringeren Hürden bei der Registrierung – keine VSH-Pflicht, kein individueller Qualifizierungsnachweis – wurden zu Beginn auch viele inaktive AOler registriert und mit der Zeit abgemeldet. Erhöhte regulatorische Anforderungen wie etwa

Norman Wirth

Geschäftsführender Vorstand AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. die Weiterbildungspflicht führen zudem zum Rückgang bei Nebenberuflern.“ Norman Wirth sieht in zahlreichen regulatorischen Vorgaben ebenfalls einen Grund, warum die Zahl der Ausschließlichkeitsvermittler heute deutlich niedriger liegt als noch vor einigen Jahren. „Dort gab es geschäftspolitische Entscheidungen und auch eine regulatorisch bedingte Marktbereinigung bei den Nebenberuflern, die zu einem Rückgang führten“, erläutert der geschäftsführende Vorstand des Bundesverbandes AfW, warum bei Handelsvertretern großer Vertriebe und abhängig beschäftigten Ausschließlichkeitsmitarbeitern die Zahlen so stark zurück-

Martin Klein Geschäftsführender Vorstand VOTUM-Verband

gingen. Für Michael H. Heinz spielt auch der demografische Faktor eine entscheidende Rolle für die sehr unterschiedliche Entwicklung dieser beiden Vertriebswege. „Angesichts dessen, dass der Altersdurchschnitt unseres Berufsstands bei Mitte Fünfzig liegt, wobei es immer mehr Vermittler jenseits der Sechzig gibt, scheiden insbesondere die Exklusivvermittler stärker aus dem Berufsleben aus, weil deren Agenturverträge häufig mit Erreichen der Regelaltersgrenze enden. Versicherungsmakler hingegen können unabhängig ihren Betrieb weiterführen“. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) sieht auch in den Besonderheiten der beiden Vertriebswege einen entscheidenden Faktor: „Ein weiterer Aspekt ist, dass Makler ihre Nachfolge selbst regeln müssen, was komplizierter ist als bei den Exklusivvermittlern, die in der Regel durch den Ausgleichsanspruch und andere Versorgungsleistungen der Unternehmen eine Absicherung im Alter erfahren.“ Nicht nur aus dem Grund ist es Norman Wirth zufolge extrem selten, dass Makler mitten im Berufsleben den Markt verlassen: „Versicherungsmakler haben in der Regel aus sehr überlegten Gründen den Weg in die Selbständigkeit gewählt. Sie wollen unabhängig sein, keinen Produktvorgaben unterliegen und nehmen dafür auch in Kauf, ein eigenes wirtschaftliches Risiko zu tragen.“ Laut Martin Klein sind diese Eigenschaften auch für viele Ausschließlichkeitsvermittler interessant: „Wechsel innerhalb der Vermittlergruppen erfolgen auf einer Einbahnstraße: Raus aus der Ausschließlichkeit hin zum Makler oder Mehrfachagenten. Gegenverkehr findet nicht statt.“ Michael H. Heinz geht davon aus, dass die Zahlen der Ausschließlichkeitsvermittler weiter zurückgehen werden, während die der Makler konstant bleiben dürfte: „Bei der Verteilung der Vertriebswege werden unserer Einschätzung nach in der kommenden Zeit keine gravierenden Änderungen zu erwarten sein. Das heißt der Vertriebsweg der stationären Versicherungsvermittler wird mit 60 bis 75 % nach wie vor der dominierende sein, vor dem Direkt- und Bankenvertrieb. Grob gesagt, teilen sich von den 60 bis 75 % je nach Sparte die Exklusivvermittler und die Makler fifty-fifty das Vermittlungsgeschäft.“ Norman Wirth zufolge wird die weitere Entwicklung zu einem nicht unerheblichen Teil vom Ausgang der Bundestagswahl abhängen (diese fand erst nach Redaktionsschluss statt) und einer sich daraus ergebenden, eventuell weiteren Regulatorik abhängig sein. „Wir haben nach dem AfW-Vermittlerbarometer 2020 ein Durchschnittsalter bei den Vermittlern von 53 Jahren. Nachwuchs ist kaum in Sicht. Sollten die Anforderungen an die Berufsausübung weiter überbürokratisiert werden, wird die Branche für junge Menschen mehr und mehr unattraktiv.“ Aber auch abseits der Regulatorik sieht der AfW-Vorstand noch weitere Herausforderungen, die die Verteilung der Vertriebswege prägen dürfte. „Digitalisierung und Automatisierung wird insbesondere bei der Ausschließlichkeit zu einer weiteren Reduzierung der Vermittler führen. Im Maklermarkt sehe ich – vorbehaltlich regulatorischer Disruption – für die Zukunft halbwegs konstante Zahlen“, prognostiziert Wirth. Die große Herausforderung der aktuellen Zeit muss hingegen nicht zwangsläufig ein Hindernis für die Anzahl der Vermittler sein – im Gegenteil: „Interessant ist, dass die Vermittlerzahlen in der Pandemie zuletzt wieder angestiegen sind. Die Branche hat gezeigt, dass sie auch bei Lockdown und Homeoffice ein attraktives und funktionierendes Geschäftsmodell bietet. So ist sie wieder attraktiver geworden“, macht Martin Klein abschließend Hoffnung, dass bei den Veröffentlichungen der Vermittlerzahlen in Zukunft deutlich positivere Nachrichten vermeldet werden könnten. (ahu)

Michael H. Heinz Präsident Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK)

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