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Deutsche Aktien – Der Aufschwung geht in die nächste Runde

Der Aufschwung geht in die nächste Runde

Die deutsche Wirtschaft ist gut aufgestellt. Die Rahmendaten fallen überwiegend positiv aus, zu großer Sorge besteht aktuell kein Anlass. Daran ändert auch die richtungsweisende Bundestagswahl nichts. Einzig eine Beteiligung der Linken wäre für viele Konzerne und Unternehmenslenker ein Graus. Insofern bleiben Investments in deutsche Aktien im Berateralltag unverzichtbar. Unternehmen mit einer starken Digitalisierungsstrategie und Klimabezug stehen eindeutig im Fokus.

Stärke und Stabilität – das verkörpern viele deutsche Unternehmen, die auch jenseits der eigenen Landesgrenzen international aktiv sind. Gerade wegen der weltweiten Handelsbeziehungen sind inländische Konzerne gut positioniert und können Rückschläge besser verkraften. So überrascht es nicht, dass die deutsche Wirtschaft ihre Produktion zuletzt trotz Engpässen bei wichtigen Vorprodukten gesteigert hat. Anders ausgedrückt: Die Richtung stimmt, aber etwas Sand ist nach wie vor im Getriebe. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der Union Investment, brachte es kürzlich so auf den Punkt: „Der Konjunkturmotor brummt zwar, aber er läuft nicht rund“. Dennoch stehen die Signale weiter auf Wachstum. Dafür sorgten im zurückliegenden 2. Quartal vor allem die privaten Haushalte, die über 3,0 % mehr ausgaben als zuletzt. Und dieser grundsätzlich positive Tenor spiegelt sich auch an der Börse wider. Kratzte der DAX zu Jahresbeginn noch an der 14.000 Punkte-Marke, so nimmt er nun die nächste Hürde bei 16.000 Zählern ins Visier. Damit ist der deutsche Leitindex seit seinem Tief im März 2020 um mehr als 80 % gestiegen. Beeindruckend! Gerechtfertigt?

Gute Bilanzsaison verleiht Flügel

„Insbesondere Mittelständler sind gut aufgestellt und profitieren von der globalen, konjunkturellen Erholung. Zudem verfügen viele als Nischenplayer über eine starke Marktstellung, die sie von strukturellen Trends profitieren lässt. Auch ist die Bilanzsituation der meisten Unternehmen insbesondere im europäischen Vergleich sehr gut. Dies erlaubt es ihnen, einerseits in das eigene Unternehmen weiter zu investieren oder die Marktposition durch M&A weiter auszubauen“, sagt Andreas Strobl, Leiter deutsche Aktien und Fondsmanager des Berenberg Aktien Mittelstand und des Berenberg Aktien Deutschland. Und Ivan Domjanic, Capital Market Strategist bei M&G Investments, ergänzt, dass auch das Bewertungsniveau vieler Unternehmen angesichts der deutlichen Gewinnsteigerungen durchaus attraktiv sei. „Der deutsche Aktienmarkt erscheint beispielsweise auf Basis des KGVs nicht mehr wirklich teuer bewertet“, so Domjanic.

Mittel- bis langfristig gute Aussichten, das sollte die Marktteilnehmer erfreuen. Dies, zumal die Börse tendenziell der Volkswirtschaft vorwegläuft und die Zukunft antizipiert. A propos die naheliegende Zukunft. Mit der Wahl zum neuen deutschen Bundestag fand eine Zäsur statt. Die Ära Merkel ist zu Ende. Und wissen Sie, wo der deutsche Leitindex bei ihrem Amtsantritt stand? Er schwankte um die 5.000 Zähler. In Merkels-Regierungszeit gab es lediglich drei Jahreszeiträume, in denen der DAX nachgab. 2008, 2011 und 2018. Ansonsten war die Bilanz rundum positiv. Das allein der deutschen Regierungschefin und ihrem jeweiligen Kabinett zuzuschreiben, greift natürlich zu kurz. Denn was nutzt die beste Performance hierzulande, wenn sich das globale Wirtschaftsklima eintrübt. Dennoch, rein wirtschaftlich und bezogen auf die Börsenlandschaft gesehen, waren es gute Jahre. „Allgemein ist für Unternehmen (für die Planungssicherheit) eine

Martin Wirth

Gründer und Vorstand FPM Frankfurt Performance Management AG

Ivan Domjanic

Capital Market Strategist M&G International Investments S.A.

Andreas Strobl

Fondsmanager Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG

Stabilität im gesellschaftlichen, rechtlichen und regulatorischen Umfeld wichtig. Gleichwohl könnte eine grüne Revolution auch zu verstärkten Investitionen in Erneuerbare Energien, aber auch die Digitalisierung führen“, fügt BerenbergFondsmanager Strobl aus. Und Martin Wirth, Gründer und Vorstand der FPM Frankfurt Performance Management AG, ergänzt, dass eine etwaige rot-grün-rote Koalition den Investoren nicht gelegen käme, bei den anderen Koalitionsoptionen würde es letztlich auf die Verhandlungen ankommen. Doch politische Börsen haben bekanntlich kurze Beine – anders ausgedrückt: Die Wirtschaft folgt eigenen Gesetzen, wenngleich die politische Einflussnahme nicht außen vor ist. Doch auch die ärgsten Verfechter einer anderen Politik müssen sich am Ende mit gewissen Rahmenbedingungen abfinden und arrangieren. Ein „Linksruck“, den einige Wirtschaftslenker befürchten, würde es in dieser Form nicht geben. Zu verwoben ist Deutschland im internationalen Konzert. Eine Frage, die sich dennoch stellt, ist die nach der Vorteilhaftigkeit einzelner Sektoren.

„Der deutsche Aktienmarkt ist sehr industrielastig. Hier liegen die Stärken der deutschen Unternehmen. Diese Stärken gilt es, in den nächsten Jahren auszuspielen, um die großen industriellen Veränderungen hinsichtlich einer nachhaltigeren Wirtschaft voranzutreiben“, so M&G-Kapitalmarktstratege Domjanic. Auch der klassisch defensive Sektor, die Pharmasparte, hat sich zurückliegend sehr gut entwickelt. Grund hierfür sind geplante höhere Ausgaben für die medizinische Vorsorge; gepaart mit soliden Unternehmensbilanzen. Pharma- und Medizintechnikunternehmen profitieren hierbei nicht nur vom demografischen Wandel, sondern auch aktuell von einem signifikanten Bedarf an Testkapazitäten in Laboren. Und natürlich muss an dieser Stelle auch die Diskussion um Value- versus Growth-Werte angerissen werden. Tech (Growth) wird weiter wachsen, aber auch Value („unterbewertete Titel“) hat Daseinsberechtigung und könnte angesichts der wirtschaftlichen Aufschwungs und langsam steigender Anleiherenditen zusätzlichen Rückenwind erhalten. Auf 1-Jahressicht kommen laut Finanzportal finanztreff.de Aktienfonds mit Schwerpunkt Deutschland auf eine durchschnittliche Wertentwicklung von plus 26 % (Stand: 07.09.2021). Deutschlandzentrierte Fonds aus den Häusern ACATIS, FPM, DWS, MainFirst und Berenberg sind dabei auf den vorderen Plätzen zu finden. Nicht zuletzt wegen des „HomeBias“ sind Deutschland-Fonds in Ihrem Berateralltag ein Kerninvestment. (ah)

Dax Jahresverläufe

Jahr Erster Hoch Tief Schluss Veränderung

2021 13.718,78 15.977,44 13.432,87 15.781,20 15,03 %

2020 13.249,01 13.790,29 8.441,71 13.718,78 3,55 %

2019 10.558,96 13.407,66 10.416,66 13.249,01 25,48 %

2018 12.917,64 13.559,60 10.381,51 10.558,96 -18,26 %

2017 11.481,06 13.478,86 11.481,06 12.917,64 12,51 %

2016 10.743,01 11.481,06 8.752,87 11.481,06 6,87 %

2015 9.805,55 12.374,73 9.427,64 10.743,01 9,56 %

2014 9.552,16 10.087,12 8.571,95 9.805,55 2,65 %

2013 7.612,39 9.589,39 7.459,96 9.552,16 25,48 %

2012 5.898,35 7.672,10 5.898,35 7.612,39 29,06 %

2011 6.914,19 7.527,64 5.072,33 5.898,35 -14,69 %

2010 5.957,43 7.077,99 5.434,34 6.914,19 16,06 %

„Wir sind breit aufgestellt“

Die Pandemie hat den Vertrieb verändert. Vieles läuft digital und die Ansprache der Kunden muss eine andere sein. Fidelity hat in den vergangenen Jahren im Fondsvertrieb gute Zahlen vorgelegt. Mit dem Head of Wholesale bei Fidelity International, Christian Machts, sprach finanzwelt über die Meilensteine der erfolgreichen Entwicklung und den Anforderungen an den Vertrieb von heute.

finanzwelt: Herr Machts, seit zweieinhalb Jahren sind Sie Head of Wholesale bei Fidelity. Wo steht Ihre Gesellschaft heute? Welche Veränderungen haben Sie vorangetrieben? Christian Machts» Fidelity International ist auf Wachstumskurs, wir konnten über die letzten Jahre gerade hier in Deutschland zu unseren Wettbewerbern aufschließen und teilweise auch vorbeiziehen. Fidelity ist nicht mehr das Haus mit nur zwei bis drei Produkten, um die sich alles dreht, wir sind breit aufgestellt und haben mittlerweile auch Angebote im Bereich von ETFs oder Private Equity und Immobilien. Wir konnten uns als Anbieter auch von komplexeren Lösungen positionieren, die weit über den einzelnen Fonds hinausgehen. Zudem haben wir vorhandene Stärken in der vertrieblichen Unterstützung und im Marketing ausgebaut. Mit der Ausweitung des Geschäftes mit Dachfonds, Vermögensverwaltern und Family-Offices haben wir eine Säule unseres Geschäftes in Deutschland gestärkt und sehen sehr positive Reaktionen unserer Kunden dazu. Die Kundenzufriedenheit konnten wir signifikant steigern und sind heute einer der Top 3 Anbieter in Deutschland. Mein Team und ich sind stolz, Teil dieser Entwicklung zu sein.

finanzwelt: Wie hat sich der Vertrieb verändert (auch im Kontext der Pandemie)? Machts» Durch die Pandemie haben wir auf vielen gesellschaftlichen Ebenen einen großen Digitalisierungsschub erlebt und das galt auch für den Fondsvertrieb. Wir haben schon vor Corona viel Wert auf eine enge Kundenkommunikation gelegt. Aber ich denke, es ist gerechtfertigt zu sagen, dass wir in puncto Umfang und Qualität hier noch einmal eine Schippe draufgelegt haben. Vieles davon läuft digital – etwa über hochkarätig besetzte Webinare, aber auch unser Social Selling-Ansatz über soziale Medien hat einen ordentlichen Schub bekommen. Darauf werden wir auch nach dem hoffentlich nahen Ende der Pandemie aufbauen.

finanzwelt: Im vergangenen Jahr konnten Sie milliardenschwere Mittelzuflüsse verbuchen. Wie läuft es bis dato 2021? Machts» Auch 2021 verspricht ein hervorragendes Jahr zu werden. Wir sehen breite Zuflüsse in unsere Produkte und sind im Bereich des thematischen Investierens und der Nachhaltigkeit vorne mit dabei, zwei Bereiche mit noch enormen Wachstumspotenzial.

finanzwelt: Welchen Anteil messen Sie dem ETF-Geschäft bei, das Sie mit Partnerschaften (z. B. ING) forcieren? Machts» Der Ausbau unseres ETF-Geschäfts ist eine langfristige, strategische Entscheidung in einem Feld, das von sehr großen Anbietern dominiert wird. Wir wollen uns etablieren und unsere Nische finden. Ich bin aber überzeugt, dass wir diese mit unseren aktiven Nachhaltigkeits-ETFs gefunden haben. Das Feedback von Kunden bislang ist in jedem Fall sehr gut. Dass sich dann noch kürzlich die größte deutsche Direktbank ING für uns als ETF-Partner entschieden hat, sehen wir als zusätzliche Bestätigung. Wir wollen in jedem Fall weiter Gas geben. Der Anteil der ETFs am Gesamtgeschäft wird kontinuierlich wachsen und an Bedeutung gewinnen. Kooperationen wie auch mit dem Robo-Advisor Whitebox helfen auch hier, sich als Anbieter von Lösungen zu positionieren und nicht nur das einzelne Produkt in den Vordergrund zu rücken.

finanzwelt: Wohin wird sich der ETF-Markt generell aus Ihrer Sicht entwickeln? Machts» Ich erwarte ein weiter rasantes Wachstum über die kommenden Jahre und kann mir in Europa auch über 2 Bio. Euro an Bestand 2024 oder 2025 vorstellen. Der Markt wird sich weiter ausdifferenzieren und neue Produktkonzepte werden ihren Weg finden. Die Umstellung auf Nachhaltigkeit wird hier ein ganz wesentlicher Treiber sein und damit Anbietern wie Fidelity eine große Chance bieten.

finanzwelt: Sprechen wir über Vertrieb, darf das ESG-Thema nicht fehlen. Wie schätzen Sie diesen Megatrend, insbesondere aus regulatorischer Sicht, ein? Wo sehen Sie bei ESG die größten Baustellen? Machts» Wir unterstützen die regulatorischen Entwicklungen, die im Moment auf deutscher und europäischer Ebene entstehen. Anleger wollen einheitliche und vergleichbare Regelungen und das haben wir aktuell (noch) zu wenig. Das wird zum Beispiel gerade bei Nachhaltigkeitsratings sichtbar, denn hier kann dasselbe Unternehmen in einem Rating ein Klimasünder und im anderen ein Klimavorreiter sein. Das verstehen viele Anleger nicht. Bei Fidelity lösen wir das durch ein hauseigenes, nach vorn blickendes Nachhaltigkeitsrating, wo wir uns nicht auf die Daten von Drittanbietern verlassen.

finanzwelt: Strategische Partnerschaft stehen bei Ihnen hoch im Kurs. So auch zum professionellen Private AssetsMarkt, der Ihren Kunden über die Kooperation mit dem FinTech Moonfare ermöglicht wird. Haben Sie Alternative Anlagen mehr denn je im Blick? Machts» Absolut. Alternative Anlagen, vor allem Private-Equity, waren bislang noch ein sehr institutioneller Markt mit hohen Eintrittsbarrieren. Das macht es für viele potenzielle Investoren schwierig, sich diese Anlageklasse zu erschließen. Mit unserer Kooperation mit Moonfare wollen wir das ändern und z. B. Banken und kleineren Family Offices durch eine Plattform-Infrastruktur Zugang zu Privatmarkt-Produkten verschaffen.

finanzwelt: Mit Blick auf die Zukunft – welche Neuerungen dürfen Vermittler und Interessierte von Fidelity kurz- bis mittelfristig erwarten? Machts» Wenn ich aus Vermittlersicht an die Zukunft denke, steht für mich im Fokus, das Rollenverständnis neu zu definieren. Man wird vom Fondsverkäufer zum Finanzcoach – das ist eine elementare Veränderung. Ich gebe Ihnen da gerne ein Beispiel: Der Erfolg der Neobroker und Foren wie Reddit haben viele Barrieren fürs Investieren abgebaut –gerade bei jungen Menschen. Auch deshalb haben wir heute mehr Anleger als jemals zuvor und das ist eine positive Entwicklung. Wir müssen aber sicherstellen, dass gerade Neulinge am Kapitalmarkt bewusste Entscheidungen treffen. Herdentrieb und Spekulation bringt auf Dauer Verluste. Damit das gelingt, braucht es mehr denn je professionelle Beratung – persönlich und digital. Wir wollen im Vertrieb alles dafür tun, den Beratern diesen Spagat durch verschiedene Angebote zu erleichtern und sie für diese Generation attraktiv zu machen. Das wird eine zentrale Aufgabe für die Zukunft. (ah)

Vom Nachzügler zum

Outperformer?

Europa ist kein einheitliches Gebilde. Von Stockholm bis Sizilien liegen nicht nur tausende Kilometer, sondern in erster Linie auch kulturelle Unterschiede. Längere Zeit standen die europäischen Aktienmärkte insbesondere im Schatten der USA. Jetzt könnte sich das Blatt wenden. Insofern sollten Berater durchaus einen Blick darauf werfen, wenngleich auch die möglichen Gefahrenherde nicht außer Acht lassen.

An einem runden Tisch versammeln sich 27 Personen. Einigkeit hierbei zu erzielen ist, angesichts der Partikularinteressen, weiß Gott keine einfache Angelegenheit. Allein schon einen Konsens aller Beteiligten zu erreichen, verlangt viel ab. So ist es in der Europäischen Union mit ihren 27 Mitgliedstaaten. Deutschland ist mit mehr als 80 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste EU-Staat, gefolgt von Frankreich, Italien und Spanien. Die pedantischen Deutschen und die Espresso schlürfenden Italiener. Was für ein Gegensatz. Doch gelegentlich ziehen sich widerstrebende Kräfte gegenseitig an. Nach der Pandemie, die die Europäische Union doch schmerzhaft getroffen hat, sind manche Vorzeichen für die kommenden Monate wieder auf grün. So ist das Bruttoinlandsprodukt im 2. Quartal in der Eurozone um 14,3 % und EU-weit um 13,8 % im Vergleich zum Vorjahresquartal gestiegen. Gegenüber dem 1. Quartal ist das ein Anstieg um 2,2 bzw. 2,1 %. Man gewinnt den Eindruck, die europäische Wirtschaft nimmt wieder an Fahrt auf. Haben demzufolge europäische Märkte das Potenzial, den davon gelaufenen US-Werten, insbesondere Tech-Aktien, etwas den Rang abzulaufen?

Ersetzt Europa die USA?

„Wir bleiben konstruktiv für europäische Aktien, starke oder leicht abgeschwächte Wachstumsaussichten sollten in Ordnung sein. Vielerlei Gründe sprechen dafür: Zum einen steht die EZB weniger unter Druck, ist aber immer noch sehr akkomodativ, besonders im Vergleich zur US-Notenbank FED, die wesentlich vorsichtiger ist. Außerdem sind die Unternehmensergebnisse sehr positiv gewesen und starke Konsumenten treiben die Nachfrage, die zusätzlich unterstüt-

Geoffrey Goenen

Head of Fundamental European Equity Candriam

Frédéric Surry

Deputy Head of Equity BNP Paribas Asset Management

Silvia Dall‘Angelo

Senior Economist Federated Hermes

zend wirkt. Zudem sind die Bewertungen und die Dividendenrendite attraktiv im Vergleich zu Anleihen angesichts der allmählichen restriktiveren Maßnahmen der Zentralbanken“, konstatiert Frédéric Surry, Deputy Head of Equity bei BNP Paribas Asset Management. Silvia Dall‘Angelo, Senior Economist bei Federated Hermes bemerkt in diesem Kontext, dass die Wirtschaftsaktivität in den Industrieländern im August weiter an Schwung verloren haben, gleichwohl bewegten sich die Daten immer noch auf einem recht hohen Niveau, was mit einem überdurchschnittlichen Wachstum in den USA, Groß-Britannien und der Eurozone einhergeht. „Interessanterweise zeigen die Zahlen nun eine Aufholjagd, da die Eurozone so stark ist“, so Dall’Angelo. Etwas skeptischer zeigt sich Geoffrey Goenen, Head of Fundamental European Equity bei Candriam. Für ihn besteht das Hauptrisiko für den Aktienmarkt darin, dass die Inflation auf oder über dem derzeitigen Niveau bleibe und die Zinssätze der 10-jährigen Anleihen zu sehr ansteigen. Dies würde sich letztlich auf den Aktienmarkt auswirken. Insofern kein Freifahrtschein für Europa. Chancen sind vorhanden, allerdings eher nicht im breiten Markt. Ein Pauschalurteil zu europäischen Aktien ist an dieser Stelle nicht angebracht. Gut prüfen und richtig auswählen ist das Gebot der Stunde. Denn der europäische Kontinent ist auch Keimzelle vieler Hidden Champions – gelegentlich Weltmarktführer in der Nische. Stockpicking kann bei europäischen Werten zum gewünschten Erfolg führen. Und die Risiken, mögen Sie sich nun fragen? Tatsächlich gibt es in Europa einige ungelöste Problemfelder, die auch während und nach der Corona-Zeit verstärkt zutage treten. Ein erneutes Aufflammen des Handelsstreits zwischen den USA und China könnte das Geschäft europäischer Firmen belasten. Auch die Staatsverschuldung ist im Blick zu behalten. So waren die EU-Länder zum Ende des 1. Quartals im Durchschnitt mit rund 93 % der Wirtschaftsleistung verschuldet, die Mitglieder der Euro-Zone durchschnittlich mit rund 101 % des BIP (Quelle: de.statista.com). Auch Deutschland, gepriesen als Musterschüler, ist immerhin mit mehr als 70 % in Relation zum BIP verschuldet. Gleichwohl gilt, dass die zentrierte Betrachtung auf Europa nur bedingte Aussagekraft hat. Denn die Staatsverschuldung der USA, die weltgrößte Volkswirtschaft, ist mit mehr als 120 % in Relation zum BIP noch gigantischer. Insofern ein leichter „Vorteil“ für den europäischen Kontinent.

Die Peripherie Europas

Wie schaut es generell mit den Peripherieländern aus? Die Pandemie und strukturelle Versäumnisse der vergangenen Jahre/Jahrzehnte erschwerten es, die Wirtschaft wieder flott zu machen. So verzeichnete beispielsweise Italien im Vorjahr mit 8,9 % Minus beim BIP einen heftigen Einbruch der Wirtschaft. Aktuell zeigt die italienische Wirtschaft Anzeichen einer Verbesserung. Ökonomen rechnen mit einem Wachstum in 2021 von annährend 5 %. Dazu trägt auch der Tourismus bei, der wieder angezogen hat. Die spanische Wirtschaft soll im laufenden Jahr sogar um mehr als 6 % wachsen. Im 1. Halbjahr 2021 haben Berichten zufolge wohlhabende Ausländer gar 25 % der angebotenen Luxusimmobilien in Madrid erworben. Und die Arbeitslosigkeit ist gesunken; gleichwohl sie immer sehr hoch im EU-Vergleich ist. „Spanien, Italien und das Vereinigte Königreich haben ein größeres Potenzial für eine gute Performance, da sie ein geringeres Gewinnwachstum benötigen, um interessante Renditen zu ermöglichen“, so BNP Paribas-Aktienspezialist Surry. Festzuhalten bleibt, dass Investoren die Lage Südeuropas in den kommenden Monaten genau im Auge behalten sollten. Aktuell sieht es leicht positiv aus. Ganz generell ist Stockpicking (Einzeltitelanalyse) in diesen Märkten eine sinnvolle Möglichkeit, um chancenreiche Investmentopportunitäten herauszufiltern. Wie lässt sich nun in europäische Märkte investieren? Die Bandbreite an europäischen Aktienfonds und/oder ETFs ist riesig. Berater haben die Qual der Wahl. (ah)

Fakten zu Europa:

• Fläche: 10 Mio. km² • Bevölkerung: ca. 750 Mio. Menschen • Anteil Europas an der Weltbevölkerung: 9,6 % • Urbanisierungsgrad Europas: 74,5 % • Land mit dem längsten Autobahnnetz: Spanien • Land mit dem längsten Schienennetz: Deutschland • Größter Hafen Europas: Rotterdam • Sonnigste Stadt: Valletta, Malta

„Selbst beim Erreichen des Zwei-Grad-Ziels könnten die Schäden noch gigantisch sein“

Die Treibhausgasminderungsziele sind bis 2040 verbindlich festgelegt. Die Emissionen sollen bis 2030 um mindestens 65 % gesenkt werden. Wie ernst die Lage ist und was es tun gilt, darüber sprach finanzwelt mit Tim Bachmann, Fondsmanager des DWS Invest ESG Climate Tech.

finanzwelt: Der Weltklimarat IPCC warnt im neuen Sachstandsbericht vor einer deutlich rascheren Erwärmung als bislang angenommen. Wie ernsthaft ist aus Ihrer Sicht die Lage? Tim Bachmann» Die Botschaft des Berichts war klar: Werden die Treibhausgasemissionen nicht sofort, schnell und umfassend verringert, ist das Pariser Klimaschutzziel unerreichbar. Sollte es verfehlt werden, dürften nicht nur die aufgrund von Naturkatastrophen messbaren Schäden weiter steigen. Auch die Auswirkungen auf Wirtschaft und Finanzmärkte könnten erheblich sein. Selbst in einem Szenario, in dem der Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius begrenzt wird, könnten die Schäden gigantisch sein. Der Report verdeutlicht gleichzeitig, dass die bislang global beschlossenen, staatlichen Investitionen nicht ausreichen. Studien der IEA zeigen, dass die jährlichen Investitionen in Erneuerbaren Energien, das Energienetz sowie Energieeffizienz 2020 bis 2030 mehr als 2 Bio. Dollar und 2030 bis 2040 über 3 Bio. Dollar jährlich betragen müssen, um das Erreichen der Pariser Klimaschutzziele zu ermöglichen. Zwar sind wir von diesen Investitionssummen noch weit entfernt, sehen allerdings gleichzeitig gute Anlagechancen.

finanzwelt: Wo sehen Sie mit Blick auf den Energiesektor die größte Herausforderung? Bachmann» Zunächst benötigen wir zusätzlichen technologischen Fortschritt, um die wirtschaftliche Attraktivität von Erneuerbaren Energien weiter zu steigern. Darüber hinaus müssen bestehende regulatorische Lenkungsmechanismen überarbeitet und neue eingeführt werden, um den Ausbau fossiler Energien zu bremsen. Und schließlich sollten Modernisierung und Ausbau der Energienetze schneller vorangetrieben werden. Dazu brauchen wir eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren.

finanzwelt: Viel wird über die Klimaneutralität und eine negative CO2-Bilanz einzelner Unternehmen gesprochen. Ist das ein großer Wurf oder vielleicht doch ein leeres Versprechen? Bachmann» Bei der negativen CO2-Bilanz geht es um den Einsatz von CO2-Abscheidung und CO2-Speicherung (CCUS), um der Atmosphäre gebundenen Kohlenstoff zu entziehen. Diese Technologie kann entweder für den eigenen Betrieb genutzt oder in Form von Beteiligungen unterstützt werden. Grundsätzlich glaube ich, dass die Klimaziele ohne den Einsatz von CCUS nicht erreichbar sind. Allerdings dürfte sich der Einsatz in besonders CO2-intensiven Industrien aufgrund der zu niedrigen CO2-Preise in der Breite noch nicht rechnen.

finanzwelt: Bei der Fonds-Länderstruktur stechen US-amerikanische Werte mit knapp 50 % hervor. Sind die Vereinigten Staaten in Sachen Klima/ESG weiter? Bachmann» Die USA und Europa (ex UK) sind mit 44 und 40 % ungefähr gleich hoch gewichtet. Dafür gibt es drei Gründe: Acht der zehn größten Anbieter von sauberen Technologien stammen aus Europa. Die USA stellen zwar gemessen am Firmenwert den größten Markt für saubere Technologien dar, allerdings entfallen 80 bis 85 % des gesamten Werts auf lediglich zwei Unternehmen. Jedoch verfügen die USA im Vergleich zu Europa und China noch über enormes Aufholpotenzial beim Ausbau der Erneuerbaren Energien oder der Elektrifizierung des Transportwesens. Und schließlich bevorzugen wir, um das Wachstumspotenzial in den Schwellenländern abzudecken, multinationale Unternehmen, die sich häufig in den westlichen Ländern befinden. (ah)

Saubere Energie fürs Portfolio

In der Klimapolitik wird Wasserstoff eine besondere Bedeutung beigemessen. Auch als Themeninvestment ist das chemische Element mit der Ordnungszahl 1 derzeit beliebt. Nur ein vorübergehender Hype oder doch substanziell? Über die „saubere Energie fürs Depot“ scheiden sich die Geister. Aktien, ETFs oder aktiv gemanagte Fonds nehmen das Thema gerne auf.

Der Herbst 2021 steht ganz im Zeichen der veränderten Klimapolitik. Mehr Klimaschutz schreiben sich alle Parteien auf die Fahnen. Ob aus Überzeugung oder rein „populistisch“ getrieben, sei an dieser Stelle außen vorgelassen. Fakt ist, es soll und muss sich bezüglich der eingeleiteten Energiewende etwas ändern. Das zudem, weil fossile Brennstoffe wie Erdgas und Benzin sich in den vergangenen Monaten stark verteuert haben. Der Wasserstoff-Technik wird dabei von den Befürwortern Potenzial zugesprochen. Denn so die einfache Argumentation, wir wollen künftig sauber unterwegs sein und trotzdem schnell und bequem am Ziel ankommen. Wasserstoffmobilität ist hier das zentrale Stichwort. Die Grundlage für eine Wasserstoffmobilität mit dem PKW besteht hierzulande. Das Basisnetz für 700 bar Betankung wird demnächst

Christian Rom

Portfoliomanager DNB Asset Management

Markus W. Voigt

CEO aream Group auf 100 wachsen. Das bedeutet, dass mehr als sechs Millionen Autofahrer auf Wasserstoff umsteigen können, ohne größere Umwege in Kauf nehmen zu müssen (Quelle: h2.live)

Mobilitätsquelle und Schlüsseltechnologie

„Wasserstoff wird von vielen als Schlüsselelement bei der Energiewende angesehen. Es gilt auch als wichtige Mobilitätsquelle. Ein Beispiel ist das chinesische Unternehmen BYD. Sie stellen Wasserstoffbusse her und sind aus verschiedenen Gründen interessant. Gerade die Mobilität in urbanen Zentren, in Großstädten, ist auf neue Lösungen angewiesen. BYD ist führend in dieser Technologie“, so Christian Rom, Portfoliomanager bei DNB Asset Management. Das bedeutet, die Einsatzbarkeit von Wasserstoff ist vielfältig. Vor allem in der Fortbewegung. Wasserstoff kann und soll den klassischen Verbrenner ersetzen. Auch die Politik unterstützt den Wandel. So haben die Verantwortlichen in Berlin im vergangenen Jahr die Initiative der Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) verabschie-

det. Kerngedanke ist, dass in nahezu 40 Einzelmaßnahmen die künftige Erzeugung bis hin zur Weiterverwendung von Wasserstoff intensiviert werden soll. Damit nicht genug. Auch in der chemischen Industrie wird das Element beispielsweise für die Ammoniak- und Methanolher-

stellung benötigt. Beide Chemikalien sind die Ausgangsbasis für Düngemittel, Essigsäure und vielfältige andere Stoffe. Hier gilt es allerdings zu bedenken, dass für die breite Nutzung teilweise höhere Kostenblöcke anfallen. Und auch Markus W. Voigt, CEO der aream Group, ist hinsichtlich der Nutzung und der Durchsetzbarkeit von Wasserstoff äußerst skeptisch. „Wasserstoff hat ausgedient, noch bevor er zum wirklichen Einsatz kommt – zumindest beim Antrieb von Fahrzeugen. Und das, obwohl Wasserstoff wahrscheinlich das bessere Konzept darstellt. Seit Jahren wird an wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen geforscht. Wasserstoff ist sauber, leistungsstark und könnte die Energiewende wirklich voranbringen. Anders als Elektroautos haben es die Wasserstoffwagen aber nicht geschafft, den Schritt vom Prototypen zum wirklichen Serienfahrzeug zu gehen. So scheitert eine gute Idee und der Siegeszug der Batterieautos ist nicht mehr aufzuhalten“, so Voigt. Gleichwohl intensiviert auch die EU ihre Bemühungen, H2 als Energieträger von morgen fest zu etablieren. Die EU-Kommission geht davon aus, dass bis zu 460 Mrd. Euro in den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft investiert werden müssten. Davon entfallen allein 220 bis 330 Mrd. Euro auf die Verwirklichung von Solar- und Windenergieprojekten, welche die Erneuerbaren Energien für die Wasserstoffherstellung zur Verfügung stellen sollen.

Erste Wasserstoff-ETF auf dem Markt

Gemeinhin ist der Konsens, dass künftig viel grüner Wasserstoff benötigt wird. Seine Produktion soll nach Expertenstudien im Zeitraum zwischen 2020 bis 2030 von jährlich 45.000 auf 5,7 Millionen Tonnen ansteigen. Von der Investmentstory wollen auch Anbieter profitieren. Erinnern wir uns – Wasserstoff als Trendthema war schon einmal um die Jahrtausendwende en vogue. Prinzipiell stellt sich die Frage, wie in diese Technologie zu investieren ist. Es gibt Direktinvestments, sprich Wasserstoff-Aktien, die an den Börsen gehandelt werden. So beispielsweise Plug Power. „Das Unternehmen entwickelt und fertigt Brennstoffzellen vor allem für Anwendungen in der Elektromobilität, den Betrieb von Flurfördergerät und den stationären Einsatz in Notstromanlagen. In diesem Zuge haben sie den Bereich Wasserstoff massiv ausgebaut und beliefern nicht nur Kunden mit Wasserstoff, sondern konstruieren auch Anlagen für sie, hier zum Beispiel im Bereich der Wasserstoffspeicherung“, fügt DNB-Experte Rom an. Und ja, die kreative ETF-Branche ist mittlerweile auf den Wasserstoff-Zug aufgesprungen. Anfang 2021 wurde von LGIM der L&G Hydrogen Economy UCITS ETF emittiert. Er investiert in 32 Firmen des Sektors. Zu den größten Po-

sitionen gehören unter anderem besagt Plug Power und Cell Impact. Er investiert physisch und hat bereits in wenigen Monaten mehr als 400 Mio. Euro eingesammelt. Eine Alternative ist der VanEck Vectors Hydrogen Economy UCITS ETF, der ebenfalls physisch und in 25 relevante Unternehmen investiert ist. Plug Power ist auch hier dabei. (ah)

Fazit

Themen-Investments verkaufen sich gut und sind der Renner. Nicht alle haben dabei Marathon-Qualitäten und überdauern Jahre. Doch mit der Energiewende, dem Ausbau Erneuerbarer Energien und nicht zuletzt dem Klimawandel ist auch das chemische Element mit der Ordnungszahl 1 in der Beliebtheit gestiegen. Seine Einsatz-Vielfalt könnte dazu führen, dass es keine Eintagsfliege ist. Berater können, nicht nur aus Kostengründen, entsprechende ETFs ins Visier nehmen.

Der Kunde mit seinen Bedürfnissen steht im Mittelpunkt

Im Frühjahr hat Europas größter Assetmanager Amundi seinen Vertrieb in Deutschland neu aufgestellt. Hermann Pfeifer übernimmt die Verantwortung für den Vertrieb von aktiven wie passiven Produkten über Vertriebspartner an Retailkunden. finanzwelt sprach mit ihm über die Herausforderungen im Vertrieb, den ETF-Boom und das allgegenwärtige Thema ESG.

finanzwelt: Herr Pfeifer, seit Frühjahr 2021 haben Sie in Ihrer Funktion als Head of Distribution Germany noch mehr Verantwortung. Welche Ziele setzen Sie sich? Hermann Pfeifer» Amundi ist der größte europäische Vermögensverwalter. Das gesamte Team, sowohl auf der aktiven als auch passiven Seite, ist angetreten, um unsere Marktposition zu behaupten und auszubauen. Die organisatorischen Veränderungen im Vertrieb zielen auf die Bündelung der Kräfte, um letztlich die Effizienz zu steigern. Im Fokus unseres Interesses steht der Kunde mit seinen Bedürfnissen, und wir erachten es als unsere Kernaufgabe, diesem Ziel mit einem noch verbesserten Service in der Betreuung über alle Vertriebsbereiche hinweg gerecht zu werden. finanzwelt: Sie sprachen es bereits an. Ihr Haus bietet sowohl Produktlösungen auf aktiver als auch passiver Seite. Hat beides gleichermaßen Berechtigung? Pfeifer» Absolut. Seit mehr als fünf Jahren bin ich Head of ETF, Indexing & Smart Beta Business Deutschland, Österreich und Osteuropa. Ich kenne das ETF-Geschäft auch von vorherigen Stationen und weiß um die Vorteile passiven Investierens. Das starke Wachstum des Volumens und die immer größere Produktvielfalt sprechen eine klare Sprache. Gleichzeitig gilt, dass beide Investmentstile ihre Daseinsberechtigung haben und einen Mehrwert für den Kunden bieten können. Letztlich zählen eine kluge Auswahl und Mischung der Investmentvehikel.

finanzwelt: Der ETF-Markt boomt, die Nettomittelzuflüsse sind gigantisch. Dabei steigt auch das Interesse der Privatanleger stetig an? Pfeifer» ETFs sind für ein breites Anlegerspektrum interessant. Dafür gibt es viele Gründe, die etwa in der Transparenz, Einfachheit, Innovationsfähigkeit und nicht zuletzt der Kostenstruktur liegen. Der Boom des ETF-Geschäfts wird dabei auch vom weiter steigenden Interesse insbesondere der Privatanleger getrieben. So hat sich das ETF-Geschäft bei Onlinebanken in der Pandemie beschleunigt. Kein Einmaleffekt, sondern hier sehen wir eine stetige Entwicklung und können auch speziell die junge, finanzaffine Bevölkerungsschicht erreichen.

finanzwelt: ESG und Impact Investing. Gefühlt vergeht kein Tag ohne ein neues Produkt mit diesem Label. Wie steht Amundi zum Thema nachhaltiges Investieren? Pfeifer» Fakt ist, dass das verwaltete Vermögen in ESG-Fonds und entsprechenden ETFs zuletzt überproportional stark gewachsen ist. ESG ist kein Modetrend, der morgen wieder verschwindet. Nein, dieses Thema begleitet uns weiter. Angetrieben wird diese Entwicklung natürlich auch durch den EUAktionsplan zur Finanzierung des nachhaltigen Wachstums. Auch das gestiegene Nachhaltigkeitsbewusstsein von Unternehmen und vieler Menschen tragen zu dieser Entwicklung bei, so dass ESG-Kriterien längst zu einem zentralen Anlagekriterium geworden sind. Wir als globales Haus mit französischen Wurzeln haben die Wichtigkeit dieses Themas längst erkannt. Nachhaltiges Investieren ist seit der Gründung von Amundi einer unserer Strategiepfeiler. Aktuell verwalten wir rund 800 Mrd. Euro in nachhaltige Anlagestrategien. Zwei Beispiele: Der Amundi Ethik Fonds wurde bereits Mitte der 80er Jahre aufgelegt. Und auch der Amundi Global Ecology ESG-Fonds legt seit mehr als 30 Jahren in Aktien nachhaltig agierender Unternehmen an. Das ist ein eindeutiges Bekenntnis. (ah)

Gute Mixtur kann nie verkehrt sein

In der deutschen Wertpapieranlage regt sich etwas. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie zur Aktienkultur, die von der Initiative „Pro Aktie“ initiiert wurde. Ein Einfallstor für Unentschlossene sind auch gemischte Fondslösungen (Misch/Multi Asset-Fonds). Doch gerade jene Produkte, die mitunter (theoretisch) breit diversifizieren, hatten in den vergangenen zwei Jahren bezogen auf die Nettomittelzuflüsse das Nachsehen. Dennoch gilt, Mischfonds, die speziell die zurückliegende Krise verhältnismäßig gut überstanden, sollten ein integraler Baustein in vielen Portfolios sein. Kleine Häuser können hierbei auch überzeugen.

Die Aktienkurse haben sich auch seit Jahresbeginn gut entwickelt. Vielleicht keine Champagnerlaune, aber auch kein Selters. Da liegt es auf der Hand, dass auch die deutsche Fondsbranche als Ganzes sich durchaus in die Hände reiben kann. So meldete der Fondsverband BVI unlängst, dass die Industrie zur Jahresmitte 2021 ein Vermögen von 4.086 Mrd. Euro verwaltete. 4 Bio. Euro! Seit Jahresanfang ist das Gesamtvermögen um 234 Mrd. Euro gestiegen. Dazu haben Zuflüsse von netto 110 Mrd. Euro beigetragen. Bei den offenen Publikumsfonds rangieren Aktienfonds auf der Absatzliste im 1. Halbjahr ganz vorne. Aktienfonds sind mit 576 Mrd. Euro die volumengrößte Gruppe der Publikumsfonds, gefolgt von Mischfonds, die es auf 367 Mrd. Euro bringen. Letztere verzeichneten in den ersten sechs Monaten Zuflüsse von 16,9 Mrd. Euro, davon 10 Mrd. Euro in jene Produkte, die hälftig in Aktien und Anleihen allokieren. Immerhin geht damit die Reise von Mischfonds (gemessen an den Zuflüssen) wieder in die richtige Richtung. Denn sowohl 2019 als auch das krisengeschüttelte 2020 waren verhältnismäßig bescheidende Jahre.

Nikolas Kreuz Geschäftsführer INVIOS GmbH

Mischen muss man können

Mischfonds oder auch vermögensverwaltende Fonds sind nach Ansicht von Nikolas Kreuz, Geschäftsführer der INVIOS GmbH, sozusagen die Königsdisziplin des Asset-Managements. Ein guter Mischfonds überblickt und nutzt alle Möglichkeiten und Chancen der Märkte. Die Portfoliomanager übernehmen zudem die Verantwortung für das Vermögen der Anleger. „Ein Mischfonds muss es erlauben, dass es das einzige Produkt für einen Kunden ist und dieser trotzdem keine Angst um sein Geld haben muss“, sagt Kreuz und fügt an, dass ein Manager, der sich beispielsweise ganz auf das Thema grüner Wasserstoff konzentriere, mit Sicherheit viel Expertise in diesem Bereich sammele, jedoch dem Investor nur die Entscheidung bei einem einzigen Thema abnehme. Die Rendite- und Risiko-Balance ist bei vielen gemischten Fondslösungen das Zünglein an der Waage. Denn gerade im Niedrigzinsumfeld fällt es beispielsweise eher defensiven Produkten schwer, eine attraktive Rendite zu erzielen. Ein Blick auf einige Top-Seller/bekannte Mischfonds ist ratsam, um bei der Vielfalt an Produkten ein passendes zu finden.

Defensive, ausgewogene oder offensive Strategien

Grundsätzlich lassen sich Mischfonds in drei Kategorien einordnen: Defensive Produkte allokieren verstärkt in Anleihen, ausgewogene Mischfonds splitten hälftig in Renten und Aktien und offensive Strategien haben ein höheres Exposure in Aktien. In vielen Depots vorhanden, gerade weil das verwaltete Vermögen exorbitant hoch, ist der Flossbach von Storch Multiple Opportunities. Seit Jahresbeginn liegt die Wertentwicklung bei einem Plus von 10 % (Stand: 01.09.). Auf Drei-Jahressicht schafft er es auf knapp 30 %. Was sagt nun diese Wertentwicklung aus? Abgehoben auf die Drei-JahresWertentwicklung finden sich in der Tat einige offensive Mischfonds, die sich besser entwickelt haben. So beispielsweise der EquityFlex aus dem Hause

Feri. Beim EquityFlex wird der S&P 500 Index abgebildet und angestrebt, mit Put-Optionen, die „aus dem Geld“ liegen, eine Outperformance zu erzielen. Das Ergebnis stimmt. Kein Einzelfall. Robert Beer investiert mit dem Fonds RB LuxTopic Flex weltweit in Bluechips, die ein starkes Kursmomentum aufweisen. Zudem investiert er circa 2 % in Verkaufsoptionen, die dafür sorgen, dass er in Abschwungphasen weniger einbüßt als andere. Auch diese Investmentphilosophie geht auf.

Auch die Shareholder Value Management AG hat einen bekannten Mischfonds am Start – den Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen. In den vergangenen Jahren konnte er nicht so sehr reüssieren, aber 2021 scheint der Fonds in die Erfolgsspur zurückgekehrt zu sein. Fondsmanager Frank Fischer umschrieb das Konzept letztens in einem Interview wie folgt: „Wir halten in unseren Portfolios Unternehmen, die wir ‚wunderbare Unternehmen‘ nennen. Wunderbare Unternehmen sind durch strukturelle Wettbewerbsvorteile, den sogenannten wirtschaftlichen Burggraben, vor der Konkurrenz geschützt. Viele dieser Firmen verfügen über Preissetzungsmacht, was in Zeiten höherer Logistikkosten und teuerer Rohstoffe den Schutz vor der Inflation ermöglicht.“ Seit Jahresbeginn wurde ein Plus von 18 % erwirtschaftet – das ist schon eine Ansage! Aber auch Anleger, die eher die defensive Mischfonds-Variante präferieren, kommen auf ihre Kosten. So beispielsweise mit dem Kapital Plus (Allianz Global Investors) oder dem Assenagon Multi Asset Conservative, die überzeugen.

Für ein langfristig ausgerichtetes Portfolio sind gemischte Fondslösungen nach wie vor eine gute Wahl. Zwar dominieren reine Aktienfonds derzeit, gemessen auch an den Nettomittelzuflüssen, das Bild, aber Mischstrategien haben ihre Existenzberechtigung. Teilweise lohnt sich ein Blick auf das Produktsortiment kleiner Häuser, die nicht so im Rampenlicht stehen wie manche Dickschiffe in diesem Bereich. (ah)

In der nächsten Ausgabe erwarten Sie unter anderem diese Themen:

BU-Versicherung

Die Furcht vor einer unfall- oder krankheitsbedingten Berufsunfähigkeit ist groß, doch es wird viel zu selten gehandelt. Das liegt auch an Unwissenheit über den tatsächlichen Umfang bestehender Policen und die Aufgaben der Krankenversicherung. finanzwelt zeigt, wie es richtig geht.

ESG

Nachhaltiges Investieren ist in aller Munde. Mittlerweile erscheint es so, als ginge nichts mehr ohne „Nachhaltigkeit“. Wer sein Erspartes umweltkonform, sozial und in eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung anlegen will, kommt an ESG nicht mehr vorbei. Doch nicht alles ist „grün“, was danach anmutet. Wer sind diejenigen, die nicht erst jetzt auf diesen Megatrend aufspringen? Und wie schaut es mit der Wertentwicklung entsprechender Fonds aus? Wir blicken auf die Top-Fonds.

Frauen in der Finanzwelt

Frauen in der Finanzbranche sind eher eine Seltenheit – immer noch, im Jahr 2021. Dabei ist es ganz gleich, ob man in die Konzern- oder Versicherungsvorstände blickt, auf Investoren oder die Basis der Vermittler und Makler, Frauen sind auf allen Ebenen deutlich unterrepräsentiert. Die Gründe dafür sind vielfältig und den wenigsten Männern der Branche sind die Herausforderungen bewusst, die ihre weiblichen Kolleginnen zu meistern haben. Wir befassen uns damit, welche Herausforderungen das sind, wie gut Frauen als Finanzexpertinnen funktionieren und welche Themen sie beschäftigen.

CHEFREDAKTION

Lenard von Stockhausen (lvs) stockhausen@finanzwelt.de

ART DIRECTOR

wirkungswerk Werbeagentur Jan Risch Jonas Reggelin Yannick Reggelin kontakt@wirkungswerk.com

BILDREDAKTION

Sabrina Henkel s.henkel@finanzwelt.de

ANZEIGENLEITUNG

Uschi Meinert meinert@finanzwelt.de

LEKTORAT/LESERSERVICE

Angela Schnell schnell@finanzwelt.de

REDAKTION

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Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler (Vorsitzender) Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski Matthias Wiegel Peter Schneider

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