GENIESSER AUSGABE SEPTEMBER || 4€ WWW.BERLINER-GARCON.DE
DAS
MAGAZIN
FÜR
GASTRONOMIE, HOTELLERIE & LEBENSART
„Ich liebe sie und ihre Küche…“ Der Gastronom Peter Frühsammer über seine Frau Sonja, Köchin und Berliner Aufsteigerin 2008 CHORIZO & CO CURRYWURST & PIEP HENDRIK OTTO KARLHEINZ HAUSER MEISTERKÖCHE FRÜHSTÜCKSKÖNIGE MATZBACH WO KÜCHENPROFIS ESSEN
BEUMER & LUTUM BILLY WAGNER GUGELHOF GEHEN
Fürst von Metternich
FÜRSTLICH GENIESSEN BIEBRICHER ALLEE 142 . 65187 WIESBADEN . TEL.: 0611 691775 . FAX: 0611 63-351 E-MAIL: INFO@FUERST-VON-METTERNICH.DE
EDITORIAL
MISE EN PLACE LIEBE LESERINNEN UND LESER,
M
ise en place heißt frei übersetzt „alles zur Hand haben. Für Prois ist es die Zauberformel eines erfolgreichen Abends in ihren Restaurants. „Herrscht Chaos in der Küche“, sagt Christian Lohse vom Fischers Fritz, „nutzt auch das Genie eines Kochs herzlich wenig.“ Mise en place, das meint den rechtzeitigen Einkauf und die bedachte Vorbereitung der Produkte ebenso wie das Polieren der Gläser, das Kühlen von Getränken und das Eindecken der Tische bevor die Gäste kommen. „Ordnung ist das halbe Kochen“, noch mal Christian Lohse. Eier, die nicht rechtzeitig aus dem Kühlschrank genommen werden, erschweren die Zubereitung eines Sabayons. Fisch, der nicht angefroren ist, lässt die Herstellung einer Farce zum Risiko werden – oder, noch simpler, Messer, die nicht geschärft wurden, wirken bei Benutzung nicht als Schneid-, sondern als Quetsch- und Fetzinstrumente. Wir benutzen den Küchenbegriff mise en place ebenfalls, weil wir wollen, dass auch Sie alles zur Hand haben: wichtige Informationen aus Hotellerie und Gastronomie, gute Rezepte, hoffentlich interessante Geschichten und kritische Bemerkungen. So wird es wohl das Geheimnis der Hamburger Feinschmecker bleiben, weshalb z.B. Frühsammers Restaurant, aber auch Balthazar, Bieberbau oder Lochner im jüngst erschienenen Ranking der 600 besten Restaurants Deutschlands nicht mal der Erwähnung wert waren. Sicher, Berlins Gastronomen können nicht meckern, obwohl sie in der Summe der vergebenen „F“ weit abgeschlagen hinter der Hansestadt (62:53,5) rangieren. Dafür belegen in den Top Ten der Ambiente-Restaurants das Hugos und das Facil die Plätze 1 und 2 und in den Top Ten der Trendküchen landen Margaux und Fischers Fritz auf den Plätzen 2 und 5. Warten wir also, was die anderen Guides sagen werden. „Deren Bewertungen sind für mich auch ein Umsatzfaktor“, erklärt Michael Hoffmann, Inhaber und Küchenchef des Margaux, die Bedeutung von Michelin-Sternen, GaultMillau-Punkten und anderen Restaurant-Ehrungen. Hoffen wir auf möglichst viele davon, denn wir wollen ja, dass es unseren Köchen gut geht.
Ihre Yvonne Weinlich
Faszination Zeit...
6 MEISTERKÖCHE
50 FRISCHDIENST
34 HENDRIK OTTO
INHALT
26 Willkommen-Allegra-Benvenuti:
3 MISE EN PLACE
29 Traditionslokal:
Die Schweiz feiert in Berlin
Das Diomira
LOKALTERMIN
HOTELLERIE
6 Meisterliches für Berlin: Notizen zu einem Berlin-Partner-Projekt
8 Cuisine Féminine: Sonja Frühsammer
11 Wo Berliner Köche wirklich essen gehen 13 Freibier für Matzbach
30 Roland Burtsches Biotop: Das Hotel Stadt Freiburg
32 Yachthafenresidenz Hohe Düne: Vorzeigeprojekt in Rostock-Warnemünde
KOPFSALAT
17 Currywurst & Piep 19 Osseria:
34 Hendrik Otto: Der Neue im Ritz-Carlton
Gasthaus mit Kultstatus
21 Kinder erwünscht: Il Monte & Co.
23 Gugelhof: Ein Besuch und seine Folgen
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GARCON
36 GARCON-Fragebogen: Hendrik Otto 37 Anita Printz: Nervennahrung aus Kreuzberg
38 Wie geht‘s ... Karlheinz Hauser
WEINLESE 40 Rutz-Wein-Bar: Billy Wagners Bekenntnisse
41 Weinladen Schmidt präsentiert: 2008 “Timbili” Pinotage Rosé
BOUQUET GARNI
SUSHI & VIETNAMESISCHES RESTAURANT
42 Namen, Nachrichten und Neuigkeiten
GESCHMACKSSACHEN 47 Beumer & Lutum: Wir sind Bäcker, wer ist mehr?
50 FrischDienst Berlin: Die Frühstückskönige
52 Andupez: Bacalao, Chorizo, Manchego & Co.
54 Pilzgarten: Öko-Pilze aus Helvesiek
LEBENSART 56 Silberblick: Maske-Brillen aus Kreuzberg
58 Mari Otberg: justMariOt in Berlin
62 Airlines im Test 63 Entdeckt im Landwarenhaus: Möbel für Schlösser und Büros
RUBRIKEN
SY SPANDAU
67 Rechtstipp
Tel.: (030) 47 01 61 21 Breite Str. 38 - 13597 Berlin täglich von 11.30 bis 22.00 Uhr
68 Gastroquiz
- Auch außer Haus -
69 Gästebuch & Termine
SY WILMERSDORF
70 Adressen-wo Köche essen gehen Impressum
Tel.: (030) 32 76 57 61 Kantstrasse 54 - 10625 Berlin täglich von 11.30 bis 24.00 Uhr - Auch außer Haus -
LOKALTERMINE
MEISTERLICHES FÜR BERLIN VON MARC STEYER
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Prof. Dieter Großklaus
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Dieter Großklaus, Jahrgang 1930, geboren in Mühlhausen/Thüringen. Schulung im Fleischerhandwerk, Studium der Veterinärmedizin in Berlin, Promotion zum Dr. med. vet. mit einer Arbeit zur pränatalen Geschlechtsbestimmung bei Mensch und Rind. 1985 bis 1993 Präsident des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes. Langjähriger Präsident der Weltvereinigung der Lebensmittelhygieniker. Bevollmächtigter der Deutschen LandwirtschaftsGesellschaft bei den Qualitätsprüfungen für Fleischerzeugnisse. 1996 bis 2008 Bailli Berlin-Brandenburg der Confrérie de la Chaîne des Rôtisseurs Paris, jetzt Ehrenbailli. Als Juryvorsitzender Berliner Meisterköche bei Berlin Partner seit 1997, sagt er: „Daran, dass Berlin in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein Küchenwunder widerfahren ist, hat die Initiative „Berliner Meisterköche“ einen erheblichen Anteil.“
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GARCON
hre, wem Ehre gebührt. In diesem Fall gebührt sie – ich benutze mal die spröde Formulierung – fünf gastronomischen Fachkräften. Ihre Kenntnisse und ihr Können veranlassten eine Jury, wie sie in Berlin kompetenter sicher nicht sein kann, diesen fünf einen Meistertitel zu verleihen. Garçon gratuliert allen, die nun ein Jahr lang diese Würde tragen. Zum 12. Mal wurde ein „Berliner Meisterkoch“ gekürt, der Titel „Aufsteiger des Jahres“ wurde zum achten Mal vergeben und die Ehrungen „Maître des Jahres“, „Sommelier des Jahres“ und „Brandenburger Meisterkoch“ zum sechsten Mal. Der damalige Partner-für-Berlin-Geschäftsführer Volker Hassemer hatte 1997 die Idee zu dieser Aktion, den Vorsitz der Jury übernahm Prof. Dr. Dr. h. c. Dieter Großklaus, Mitglieder waren Restauranttester und Funktionäre verschiedener Verbände. Sie kürten das Gros der aktuellen Sterneköche, im Jahr darauf den Rest. Inzwischen hat sich die Zusammensetzung der Jury erheblich verändert. Das 14köpige Gremium wurde jünger, weiblicher und offenbar auch streitbarer. Sogar die Gleichung Sternekoch = Meisterkoch wurde 2008 außer Kraft gesetzt. Die Wahl des Berliner Meisterkochs und des Berliner Aufsteigers 2008 iel in diesem Jahr auf zwei junge Leute, 31 und 39 Jahre alt, die noch am Anfang ihrer Küchenkarriere stehen, noch nicht zur Kaviarliga gehören und sich die vielzitierten Sterne erst vom Himmel holen müssen. Allerdings: Stefan Hartmann, Berliner Meisterkoch 2008, ist schon ein gutes Stück auf der dazu nötigen Leiter geklettert, kaum weniger Sonja Frühsammer, die Aufsteigerin des Jahres 2008. Ich habe mich in den vergangenen Monaten einige Male mit Freunden im Hartmanns und in Frühsammers Restaurant
getroffen und erstklassig gespeist. Vor allem war es die ungekünstelte, schnörkellose Art, mit den Rohprodukten umzugehen, die offenbar nicht nur mich beeindruckte. Immer brummten beide Restaurants, als gäbe es was zum halben Preis. Kochen mit dem Zeitgeist – möglicherweise ist das die Formel für den Erfolg. Vor ein paar Tagen habe ich in Kreuzberg mal im Gästebuch des Berliner Meisterkochs 2008 geblättert. „So lecker und so locker“, las ich da – jemand hatte das auf den Punkt gebracht, was das Hartmanns ebenso auszeichnet wie Frühsammers Restaurant. Die Unterschrift war nicht ganz so gut lesbar wie der Text, aber ich glaube, es war die von Klaus Wowereit. In dieser und in den folgenden Garcon-Ausgaben werden wir die Ausgezeichneten vorstellen. Wir beginnen – ladies irst – heute mit Sonja Frühsammer, Aufsteigerin des Jahres 2008 ( Seite 9 ).
Stefan Hartmann
René Gurka, Geschäftsführer der Berlin Partner GmbH: “Die Berliner Restaurants, Hotels, Cafés und Clubs sind in ihrer Vielfalt, Originalität und Qualität ein Standortfaktor, um den wir zu Recht beneidet werden. Mit den Berliner Meisterköchen zeichnen wir jene aus, die als Talente für die gastronomische Zukunft Berlins stehen. Um die Innovationskraft der Branche zu würdigen, ehrt Berlin Partner in diesem Jahr zum ersten Mal einen Preisträger in der Kategorie „Gastronomischer Innovator“.
Stefan Hartmann
Berliner Meisterkoch 2008 Inhaber und Küchenchef des Restaurants Hartmanns
Sonja Frühsammer Aufsteigerin des Jahres 2008 Küchenchein Frühsammers Restaurant Steffen Johst
Brandenburger Meisterkoch 2008 Küchenchef und Mitinhaber Speckers Landhaus in Potsdam, derzeit im Urlaub. Sein Schwiegervater Gottfried Specker nimmt die Ehrung entgegen.
Anton Stefanov
Berliner Maître 2008 Inhaber Restaurant Berlin-Sankt Moritz
Rakhshan Zhouleh Berliner Sommelier 2008 Sommelier Restaurant Vitrum, The Ritz-Carlton Berlin Willy Weiland
Gastronomischer Innovator 2008 General Manager InterContinental Berlin Director of Operations für alle Inter Continental Hotels in Deutschland, Polen und der Ukraine
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Die Männer lieben jene Frauen am leidenschaftlichsten, die es verstehen, ihnen die leckersten Dinge vorzusetzen. Honoré de Balzac
Kochen ist die Sache der Ernährungswissenschaft, aber auch Kunst, Abenteuer und Vergnügen. Sydney Gordon 8
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CUISINEFÉMININE SONJA FRÜHSAMMER – BERLINS GESCHMACKSSTÄRKSTE KÖCHIN VON JÖRG TEUSCHER
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n Deutschland gibt es zwar eine Bundeskanzlerin, eine Frauenfußball-Nationalmannschaft und selbst die deutsche Michelin-Spitze ist weiblich – eine Frau mit der Höchstbewertung in der roten Bibel allerdings ist außer Sicht. Aber auch Einoder Zwei-Sterne-Köchinnen muss man mit der Lupe suchen. Die einzige hierzulande, die mit zwei Michelin-Sternen geehrt wurde, heißt Douce Steiner. Die 37jährige zierliche Frau steht im badischen Sulzburg, einem Ort zwischen Basel und Freiburg, im Familienrestaurant Zum Hirschen am Herd. Nach Douce Steiner kommen die Hamburgerinnen Cornelia Poletto (Poletto) und Anna Sgroi (Sgroi) sowie Christine Detemple-Schäfer (Le temple du gourmet) aus dem rheinland-pfälzischen Hermeskeil-Neuhütten mit einem Stern – das war es dann auch schon. Woran es liegen mag, dass in der Präzisions- und Improvisationsmaschinerie Küche so wenige Frauen den Ton angeben – möglicherweise an der schweren Arbeit am heißen Herd, wohl aber auch an den sonstigen Verplichtungen – von Haushaltsführung bis Kindererziehung. Ein genauso wichtiger Grund ist sicher, dass die Machos in den Küchen der Welt den Frauen nur wenig zutrauen. Paul Bocuse wird in diesem Zusammenhang häuig als Paradebeispiel genannt: „Ich liebe Frauen, sogar drei gleichzeitig, aber nicht in der Küche.“ Peter Frühsammer, einst jüngster Sternekoch Deutschlands, dachte mit Sicherheit ebenso, bis er vor ein paar Jahren Sonja Kugel kennenlernte, die seit August 2007 Sonja Frühsammer heißt. „Sie ist heute schon besser als ich jemals an der Rehwiese war“, sagt er mit Blick auf sein früheres Restaurant im noblen Nikolassee, über dem bereits 1985 der erste Stern strahlte.
Dann gebraucht der eher sachliche Mann im Zusammenhang mit seiner Frau und deren Kochkünsten ein superlatives Attribut, das man sonst selten von ihm hört: begnadet. Die ehemalige Villa der Sängerin Fritzi Massary am Flinsberger Platz, seit 1931 Domizil des GrunewaldTennisclubs, trägt seit einigen Wochen wieder ein kleines Schild – Frühsammers Restaurant. Hier versuchen Peter und Sonja Frühsammer den nicht immer ganz einfachen Spagat zwischen Club- und Gourmetgastronomie: er als Gastgeber vor und sie als Küchenchein hinter den Kulissen. Da werden nachmittags Schnitzel mit Bratkartoffeln für zwölf jugendliche Tennisspieler serviert und abends Gänselebercreme mit Radicchiomarmelade, Steinbutt im Erbsen-Minzschaum oder Milchlamm mit Artischocken und Kartoffel-Kalbskopfstampf. Sonja Frühsammer und ihr Team kochen auf bestechend hohem Niveau, ob es sich nun um die kräftigende Hausmannskost für junge Sportler oder um die verführerischen Gerichte für Gourmets handelt. Was in Frühsammers Restaurant auf die Teller kommt, sind Visitenkarten einer kreativen und gleichzeitig ungeheuer geschmacksintensiven Küche, durchaus sterneverdächtig. Immerhin: die Michelininspektoren wurden auf die junge Küchenchein, die das Rampenlicht öffentlicher Aufmerksamkeit meidet, wo sie nur kann, schon im vorigen Jahr aufmerksam. Es gab den Bib Gourmand, eine Auszeichnung für Häuser, die eine gute dreigängige Mahlzeit für nicht mehr als 32 Euro anbieten und die in der
Sonja Frühsammer
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FRÜHSAMMERS RESTAURANT Flinsberger Platz 8 14193 Berlin Tel. 030-89 73 86 28 www.fruehsammers-restaurant.de
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Region Berlin-Brandenburg lediglich fünfmal verliehen wurde. Sonja Frühsammer, 39, kam im australischen Adelaide zu Welt – ihre Eltern waren Mitte der 60er Jahre dorthin ausgewandert. 1971 kehrten sie zurück nach Berlin, für Sonja und ihre Schwestern folgten Kita, Grundschule, Gymnasium. Während Barbara und Ursula, die beiden älteren, Kunst und Politik studierten, entschied sich Nesthäkchen Sonja für eine Lehre als Köchin. Nach dem Abschluss wechselte sie von der Siemens-Kantine ins damalige Sternerestaurant Alt Luxemburg. „Bei Karl Wannemacher“, sagt Sonja Frühsammer heute, „habe ich dann gelernt, was es heißt, mit Rafinement zu kochen, um dem Gast ein Maximum an kulinarischer Freude zu verschaffen.“ Der strenge, stille Patron war zufrieden mit der jungen Köchin, höchstes Lob im Hause Wannemacher. Der nächste Schritt auf der kulinarischen Karriereleiter war bereits geplant, der Anstellungsvertrag im Gourmetrestaurant Schlossberg bei Jörg Sackmann unterschrieben, da kamen die Kinder – zuerst Leon, dann Sophia. Schwarzwald ade.
Sie lernte Peter Frühsammer kennen, arbeitete zuerst als Aushilfe und wurde später die Partnerin des Sternekochs – im Leben wie im Job. Servino hieß ihr gemeinsames Unternehmen – Catering für renommierte Kunden, 15 Mitarbeiter, 1,4 Millionen Euro Jahresumsatz. Dann folgte Frühsammers Restaurant. Nach dem wichtigsten Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Küche befragt, holt Sonja Frühsammer ein Buch aus der Küche, blättert und zitiert die bekannte Kärntner Sterneköchin Sissy Sonnleitner: „Die männliche Küche will eher imponieren, die weibliche will beglücken.“ Und genau das schafft Sonja Frühsammer. (Übrigens: auch Peter Frühsammer erhielt dieser Tage eine Auszeichnung. Vom Gault Millau wurde er für die beste spanische Weinkarte in einem klassischen Restaurant geehrt.)
WO BERLINER KÖCHE WIRKLICH ESSEN GEHEN* VON JÖRG TEUSCHER UND THOMAS ADAMI
*Adressen S. 70
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in Wiener Schnitzel beispielsweise, das österreichischen Hausfrauen die Freudentränen in die Augen treibt? Oder Königsberger Klopse, die deutsche Großmütter zu Jubelstürmen hinreißen? Rehrücken, der Wolfram Siebeck und Tafelspitz, der Eckart Witzigmann zufrieden stellen würde? Restaurants, in denen die Dummheiten wild gewordener Kreativer ebenso tabu sind wie die Schlampereien nachlässiger Routiniers und in denen perfekte Produkte nicht nur für Besserverdienende auf die Teller kommen? Wo gibt es das in Berlin? Wer wäre besser geeignet, diese Frage zu beantworten als die hauptstädtischen Herdexperten, sagten wir uns – also dann, ein Blick ins Buch und zwei ins Leben… Das Buch heißt „Berlin – wo Köche essen gehen“ und serviert auf 80 Seiten alles, was jeder x-beliebige Restaurantführer auch vorsetzt: 134 Restaurants, darunter etliche, in denen – da gehen wir jede Wette ein - noch nie ein Berliner Koch essen war. Fehlanzeige also. Bleibt das Leben – und das heißt, auf den Weg machen und nachfragen: Wo also gehen Berliner Köche wirklich essen? Zwei-Sterne-Koch Christian Lohse etwa, Küchenchef im Fischers Fritz, kehrt an freien Tagen am liebsten bei Hermann ein. Der heißt in Personalausweis-Vollständigkeit Hubert Hermann Meier und arbeitete jahrelang in der Vertriebszentrale für die Autos mit dem Stern am Potsdamer Platz. Vor zwei Jahren kündigte er seinen Manager-Job und eröffnete im gutbürgerlichen Wilmers-
dorf gemeinsam mit Andreas Geiger, einem Koch aus dem Ländle, Hermanns Einkehr. Lohse liebt die Gemütlichkeit des bürgerlichen schwäbischen Gasthauses, Geigers riesige Maultaschen und das naturtrübe Zwickelbier aus dem (allerdings bayerischen) Hofbräuhaus Traunstein. Michael Hoffmann, einmal besternter Küchenchef und Zwei-SterneKandidat aus dem Margaux, nennt gleich drei gute Adressen. Ins Charlottenburger Engelbecken zieht es Hoffmann, wenn ihm der Sinn nach Wildkräutersalat, Wiener Schnitzel oder Tafelspitz vom Bio-Rind steht. Im Horváth am Kreuzberger PaulLincke-Ufer faszinieren ihn die unverkrampfte Küche seines Kollegen Wolfgang Müller und dessen handwerkliches Können, das sich beim rosa gebratenen Rehnüsschen ebenso zeigt wie beim Käsesouflé, das Müller mit eingelegten Balsamico-Renekloden und Erdbeer-Ziegenfrischkäse-Eis auf den Teller bringt. „Einfach klasse“, fasst Hoffmann knapp zusammen. Das gleiche Urteil hat er für die Sushi-Bar im Restaurant Vox des Grand Hyatt am Potsdamer Platz: „Die besten Sushi der Stadt.“ Wolfgang Müller übrigens geht gerne chinesisch essen. „Nicht ins viel gelobte Good friends, sondern ein paar Häuser weiter ins Aroma“, tut der 44jährige kund, „weil dort frisch und mit weniger Glutamat gekocht wird.“ Apropos Glutamat. Wolfgang Müller ist auch Mitarbeiter eines neuen Foodmagazins. Dessen chicer Titel: „Le Schicken“. Für die erste Ausgabe hat er einen schönen Artikel über das Salz der Glutaminsäure geschrieben, das aus planzlichem
Eiweiß gewonnen und als Geschmacksverstärker eingesetzt wird. Zitat Müller: „In einem bekannten Gastronomieführer wurde über mich geschrieben, dass ich dieses Pulver benutzen würde – das war für meine Jungs und mich eine richtige Klatsche ins Gesicht. Wer mich kennt, weiß, dass ich es in meiner Küche niemals verwenden würde … Was soll’s – wie ja alle wissen, sind die meisten Gastronomiekritiker eher dazu geeignet, Fastfood-Ketten zu testen, als sich bei meinen Kollegen oder bei mir umzuschauen.“ Müller schreibt wie er denkt und kocht: geradlinig. Die Antwort Herbert Beltles, des Berliner Gastro-Gurus (Altes Zollhaus in Kreuzberg, Aigner am Gendarmenmarkt), kommt wie aus der Pistole geschossen: „Mein Lieblingsrestaurant ist die Bar Centrale.“ Auch Sonja und Peter Frühsammer (Frühsammers Restaurant am Flinsberger Platz in Wilmersdorf) sitzen gern bei Pasquale Ciccarelli und seiner Frau Donatella. Begründung: „Weil die Bar Centrale eben nicht einer jener O-solemio-Schuppen ist, in denen nachlässig gekocht, dafür aber arrogant serviert wird.“ Italienisch liebt es in seiner Freizeit auch Thomas Kammeier. Der Sternekoch und Hugos-Küchenchef steht auf die Trattoria Paparazzi und die Cucina italiana von Doris Burneleit, die einst als Chein des einzigen italienischen Restaurants Ostberlins berühmt wurde, nach dem Mauerfall mit ihrem neuen Fioretto in Charlottenburg aber scheiterte. Zuviel Schickeria bestimmte den Charakter des Restaurants in der Carmerstraße. Nun, in Prenzlauer Berg, sind es wieder hausGARCON
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gemachte Nudeln und regionale Spezialitäten der italienische Küche. Michael Kempf, Küchenchef im Restaurant Facil und Gault-Millau-Aufsteiger 2008, isst am liebsten bei seinem Freund Stefan Hartmann (Hartmanns) und lobt dessen Küche über den grünen Klee. Hartmann wiederum bedenkt die Rutz-Wein-Bar mit Komplimenten wegen der fröhlichen Atmosphäre, der erstaunlichen Weinvielfalt und der innovativen, jederzeit aber verlässlichen Küchenleistung von Marco Müller und seinem Team – ob es sich nun um Saumagenburger mit Kraut und Gänseleber oder um geschmorten Schweinebauch mit Carabinero-Garnele handelt. Marco Müller, im vorigen Jahr vom Guide Michelin mit einem Stern geehrt, nennt zwei gute Adressen, bei denen er regelmäßig Rast macht: die Mutter, ein Thai-Restaurant im Schöneberger Winterfeldkiez, „weil die Zitronengrassuppe mit Garnelen absolut super ist“ und den Bieberbau in Wilmersdorf, „weil Stephan Garkisch dort so schön klar und geschmacksintensiv kocht“. Die gleiche Begründung liefert Rolf Schmidt, Küchendirektor in Josef Laggners Lutter&Wegner–Gastro-Imperium, für die Restaurants Lochner und e.t.a. hoffmann, in denen er Stammgast ist. Der frühere Sternekoch gilt als ausgewiesener Kenner der kulinarischen Berliner Szene. Er sagt: „Wer klare Linien und eindeutige Aromen schätzt, kommt an diesen beiden Läden nicht vorbei.“ Und natürlich nicht an der Legende von Paula und Ben, einem Köchetreff im Kreuzberger Südsternquartier. Thomas Kurt (e.t.a. hoffmann), Markus Herbicht (Borchardt), Stefan Hartmann (Hartmanns), Andreas Klitsch (Aigner) und andere Berliner Küchenchefs plaudern in Turadj Rahimians kleiner Bar regelmäßig bei Tapas, Cocktails und Wein über Gott, die Welt und das Essen. Ein Geheimtipp unter Köchen in Prenzlauer Berg verrät uns Sven Albrecht, Küchenchef im Restaurant Zander. W – der Imbiss heißt der winzige Laden in der „Casting-Allee“ in der Nähe der Zionskir12
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che. Untertitel „Home of exotic food-culture“. Gordon W. und Hans Hennig servieren hier frisch gebackene Pizzen aus dem Tandoori-Ofen, Salate, Suppen, Wraps und Drinks, darunter einen aus frisch gepresstem Weizengras mit Apfelsaft. „Lecker, und mal was anderes“, kommentiert Albrecht das Angebot. Andreas Staack, Chef am Herd im angesagten Kreuzberger Noiquattro und Raffaele Cesare Cannizzaro, Küchendirektor im noblen Hotel de Rome am Bebelplatz schließlich, lassen sich bei der Wahl ihrer bevorzugten gastronomischen Freizeit-Adressen von ganz praktischen Erwägungen leiten. Cannizzaro wohnt in Mitte, keine zwei Minuten von Monsieur Vuong entfernt, also diniert er häuig vietnamesisch. Andreas Staack geht gern ins Fischers Fritz, allerdings nur mittags. Da gibt es auch „Lohse original“ wie am Abend, nur zu weit gästefreundlicheren Preisen. Tartar vom geräucherten Havelaal mit Granny Smith und Meerrettich, Filet von der Rotbarbe mit provenzalischem Kartoffelpüree und Safran-Krustentierjus und Latte Macchiato Fischers Fritz, drei Gänge für 39 Euro. Mit seinen Kindern zieht Staack dagegen ins Vapiano, die große Pizzaund-Pasta-Bar im Concorde-Hotel. „Vier Pizza-Klassen von 5,50 bis 8,50 Euro, keine Tiefkühlware, sondern frisch zubereitetes Essen in einem freundlichen, hellen Restaurant, das gibt’s nicht überall“, erklärt Staack. Die Geschmacksurteile der Prois: 15 bekannte Küchenchefs und ihre 18 Lieblingsrestaurants, die wir für Sie alphabetisch geordnet haben, weil Expertentipps mit Sicherheit mehr wert sind, als irgendein Allerwelts-Restaurantführer (Seite 70).
FREIBIER FÜR MATZBACH VON JÖRG TEUSCHER
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er, bitte, ist Matzbach? Arno Fischer (58) und Tom Mauersberger (51), die beiden Inhaber des gleichnamigen Restaurants in der aufwendig umgebauten Kreuzberger Marheineke-Markthalle lächeln milde. Das sind sie seit der Eröffnung am 1. April 2008 schon 1000mal gefragt worden. „Baltasar Matzbach“, erklärt also Fischer zum genausovieltenmal, „ist eine Romanigur des Schriftstellers Gisbert Haefs. Amateurdetektiv, Kneipenbesitzer, Lottogewinner und gutem Essen und Trinken nicht abgeneigt.“ „Sollte er mal vorbeikommen“, ergänzt Mauersberger in Anspielung auf den Haefs-Krimi »Kein Freibier für Matzbach« schlitzohrig, „kriegt er trotzdem welches.“ Arno Fischer, der mal Medienwissenschaften studierte und Tom Mauersberger, gelernter Zimmermann, kennen sich seit fast 30 Jahren. Beide sind gastronomisches Urgestein. Noch nie allerdings haben sie so lange nach dem passenden Namen für ein Restaurant gesucht. Matzbach, das war’s dann. Der Ehrlichkeit halber sei gesagt, dass Stefan Tröscher die Idee hatte, einer ihrer beiden Küchenchefs. Der gebürtige Freiburger steht auch zuallererst für die schwäbisch-badische Regionalküche des Matzbach mit vielen Anleihen im benachbarten Elsass. Harry Brünjes, der zweite Chef am Herd, stammt zwar aus Bremen und bekommt die Wörter „Zwiebelroschtbrade“ oder „Buabaspitzle“ nur hochdeutsch über die Lippen – kochen kann er die Ländle-Highlights jedoch genauso perfekt wie sein badischer Partner am Herd. Es gibt z. B. Grumbeeresupp mit Kracherle (Kartoffelsuppe mit Croutons) für 4,80 Euro, Saitenwürstle (Wiener) mit süßsauren Linsen und Spätzle für 8,60 Euro
oder Metzgermaultaschen mit KartoffelGurkensalat für 9,00 Euro. Diesen und einem Dutzend weiterer Gerichte kommt das Prädikat „hausgemacht“ zu – nicht, weil das gut klingt, sondern weil es im Matzbach Programm ist. Außer den Rohlingen für Brezeln, Brötchen und Flammkuchen sind Convenience-Produkte in der Matzbachküche tabu. Es wird geschabt, gerollt, gekocht, gebraten, gedünstet – neben Brünjes und Tröscher haben damit drei weitere Köche und zwei Lehrlinge von 9 bis 23 Uhr gut zu tun. Das Ergebnis ist eine frische Regionalküche ohne Chi-Chi, die nicht davor zurückschreckt, im innereienfeindlichen Berlin (wenn man von der allgegenwärtigen Leber absieht) auch mal saure Kalbsnieren oder Kutteln anzubieten – und zwar so zubereitet, wie man sie auch in guten Gasthöfen am Kaiserstuhl bekommt. Dazu ein Tannenzäple vom Fass oder ein Durbacher Spätburgunder – das macht selbst manchen hartgesottenen Bulettenjünger glücklich – und satt. Wer sich etwa ein Menü aus Rinderkraftbrühe mit Klößle, Flädle und Maultäschle (5 Euro), badischem Schäufele mit Sauerkraut und Schupfnudeln (11,60 Euro) und frittiertem Apfelküchle mit Vanillesauce und Schlagrahm (4,80 Euro) zusammenstellt, sollte wissen, was er tut. Der schlichte Hinweis der freundlichen Servicemitarbeiter, dass die Portionen reichlich seien, beschreibt tatsächlich nur unzureichend deren wirkliche Größe. Noch übertroffen wird das PreisLeistungs-Verhältnis der á-la-carte-Angebote von dem des täglichen Mittagstischs – meist fünf Hauptgerichte, die mit maximal 7 Euro kalkuliert sind. Kein Wunder, dass neben Senioren, Handwerkern und jungen GARCON
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AMBIENTESTYLE
Tina Sudfeld
Tom Mauersberger
Familien aus dem Kiez zunehmend auch Berliner aus anderen Bezirken und Hauptstadt-Touristen das Matzbach entdecken. Die traditionelle Kreuzberger Markthalle ist der i-Punkt eines Bummels durch die bunte Bergmannstraße. Und das Matzbach am Südende der Halle eines ihrer Aushängeschilder – zeitgemäße Kiez-Gastronomie eben, wie man sie sich in Berlin häuiger wünschte. Zwei Anmerkungen sind nötig: Wenn im 1. Stock, wo Fischer und Mauersberger einige Hotelzimmer eingerichtet haben und vermieten (69 Euro pro Nacht), ein kräftiger Mann mit Strohhut auf den Balkon tritt, so ist das nicht Baltasar Matzbach, sondern Tom Mauersberger, einer der beiden Inhaber. Und wenn Sie unbedingt mehr über den Amateurdetektiv und Kneipenbesitzer Matzbach erfahren wollen, fragen Sie in der Krimibuchhandlung Hammett gleich nebenan (Friesenstraße 27). www.hammett-krimis.de 14
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HOTEL UND RESTAURANT MATZBACH Marheinekeplatz 15 10961 Berlin Tel. 030-61 20 22 92 www.matzbach-berlin.de
Harry Brünjes, Küchenchef: „Ich stamme zwar aus Bremen, aber das heißt noch lange nicht, dass ich auf Hering und Scholle ixiert bin. Auch Fischköppe können Spätzle schaben und Maultäschle zubereiten.“
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WEISS-BLAUE GASTLICHKEIT IM HERZEN BERLINS
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ayerische Gemütlichkeit und bayerische Spezialitäten sind die Markenzeichen des Maximilian’s. Die urige Brauhausatmosphäre im Kontorhaus an der Friedrich-/Ecke Kronenstraße zeugt von weiß-blauer Gastfreundschaft mitten in Berlin. Von 11.30 Uhr bis 15.00 Uhr gibt es im Maximilian’s für 6,45 Euro ein Mittagsmenü plus Dessert. Geschäftsleute aus den umliegenden Büros nehmen das abwechslungsreiche Angebot genauso gerne wahr wie Leute aus dem Kiez oder Touristen, die sich auf ihrem Einkaufsbummel eine Pause gönnen. Die Speisekarte des Maximilian’s bietet deftige Klassiker. Weißwürste und Hax´n werden direkt vom Metzger aus Bayern geliefert und vor Ort frisch
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GARCON
zubereitet. Die bayerische Küche in ihrer Vielfalt reicht jedoch weit über die klassischen Fleischgerichte hinaus. Frisches Gemüse, Pilze der Saison oder herzhafte Suppen gehören selbstverständlich auch zum bajuwarischen Speiseplan. Für den kleinen Hunger bietet das Maximilian`s die traditionelle Brotzeit oder eine reichhaltige Käseplatte. Und natürlich gibt´s ofenwarme Brezeln und Radi zum Bier. Das frische Paulaner aus der eindrucksvollen Zapfanlage aus Messing und Kupfer gibt es in hell und dunkel. Saisonale Biere wie das Oktoberfestbier oder das würzige Salvator runden das Angebot ab. Wenn Sie es mal so richtig bayerisch krachen lassen wollen, empfehlen wir Ihnen den 19. September. Ab 19 Uhr wird im Maximilian`s das erste Fass Oktoberfestbier angestoßen und nach dem „O’ zapft is“ heißt es dann bis tief in die Nacht: „Ein Prosit der Gemütlichkeit“.
CURRYWURST & PIEP
ÜBER EIN BERLINER GRUNDNAHRUNGSMITTEL UND EINE ANLEIHE BEIM FERNSEHEN VON JÖRG TEUSCHER
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CURRYWURST SCHWARZ-ROT-GOLD
UNTEN SCHIEFER
MITTE KETCHUP
OBEN BLATTGOLD
eit es sie gibt, ist die Currywurst ein Streitobjekt. Die frankophilen Feuilletonisten der Nouvelle Cuisine verspotteten sie: Boudin vom Landschwein an Curry-Tomaten-Coulis“. Die Jünger der gebratenen Schweinewurst mit Ketchup und Curry hielten dagegen: „Keine Lust auf Wachtelbrust.“ Das einzig wahre deutsche Fast food wurde 1949 in Berlin erfunden, an Herta Heuwers Charlottenburger Imbissstand Kant-/Ecke Kaiser-FriedrichStraße. Kaum hatten deren Berliner Fans dort eine Danktafel angeschraubt, widersprachen die Hamburger. Lena Brückner habe in der Hansestadt bereits 1947 die erste Currywurst serviert. Beweis: Uwe Timms Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“. An einer Bude auf dem Hamburger Großneumarkt wurde ebenfalls eine Tafel aufgehängt. Eine Ortsbesichtigung Mitte August ergab, dass dieses Schild wieder weg ist. „Im vorigen Jahr sang- und klanglos verschwunden“, erklärte die Blumenhändlerin, die jetzt im Kiosk steht. Offenbar haben die Hamburger eingesehen, wohin die Currywurst wirklich gehört: nur echt, wenn aus Berlin. Currywurstkönigreich Berlin. Das klingt zwar ganz nett, trifft es aber nicht wirklich, denn die Stadt ist, was das Berlinischste alles Essbaren betrifft, in diverse Fürstentümer aufgeteilt, deren Herrscher sich in der Regel auch nicht in die Quere kommen. Charlottenburg und Wilmersdorf z. B. werden currywurstmäßig vom Kudamm 195 aus regiert, in Kreuzberg trägt
Curry 36 am Mehringdamm die Krone, in Wedding gebietet Spießi’s Imbiss an der Osloer/Ecke Prinzenallee und in Prenzlauer Berg „Currywurst und Piep“ auf dem Samstagsmarkt am Kollwitzplatz. Currywurst und was? Eine Erklärung ist nötig. Seit 5 Jahren betreibt Roland Albrecht, Inhaber des Restaurants Zander, einen Imbissstand auf dem Kollwitzmarkt: „Currywurst und Schampus“. Das klingt gut und bringt Kohle in die Kasse, weil die neureichen Neuprenzlberger zur Currywurst lieber Champagner trinken als Flaschenbier. Vor ein paar Wochen nun kam der typische Fall von „Denkste“ in Form eines eingeschriebenen Briefes. Per Anwalt drohte das Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne, die Vereinigung der französischen Champagnerhäuser und –winzer mit Geldstrafe, wenn Albrecht nicht den Begriff Schampus auf seinem Imbiss und dem Kleintransporter beseitigt. Devise: Schampus (umgangssprachlich für Champagner) trinken darf jeder, damit werben, das dürfen nur Moët und Co. „David gegen Goliath, da haste keine Chance“, sagte sich Albrecht und gab klein bei. Nun nennt der Gastronom seinen Wurstverkauf also erst mal Currywurst und Piep und hofft, dass SAT 1 oder RTL nicht als nächste mit Strafe drohen. Dort nämlich werden in diversen Nachmittagstalks Wörter der Fäkalsprache, die nicht öffentlich werden sollen, durch einen Piep-Ton eliminiert. Ansonsten aber – so versichert der 55jährige Gastronom Roland Albrecht – ist alles beim alten: die Würste kommen weiter aus der Spandauer Metzgerei Mischau und der Ketchup bleibt hausgemacht (das Rezept hat er uns übrigens verraten). Ob Albrecht allerdings statt Champagner nun bockig Winzersekt in die Gläser füllen GARCON
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ALBRECHTS KETCHUP (DIE ZUTATEN SIND BERECHNET FÜR CA. 1 KG KETCHUP) 200g Tomatenmark 200g Apfelmus 100ml Tomatensaft 50ml Rapsöl 50ml Olivenöl 150ml trockener Rotwein 100g gewürfelte und geröstete Zwiebeln Alle Zutaten mischen und aufkochen.
1 Currywurst-Crew vom Kolle 2 Roland Albrecht 3 Heidrun Albrecht
Nach eigenem Geschmack würzen, mindestens jedoch je eine Messerspitze folgender Gewürze hinzugeben:
wird, das weiß er noch nicht. Am 3. Oktober 2008 übrigens vertritt Roland Albrecht das kulinarische Berlin auf dem Zentralen Fest zum Tag der Deutschen Einheit in Hamburg mit Currywurst schwarz-rot-gold. Ob ihm in der abservierten Currywursthauptstadt (siehe oben) auch Ungemach droht? Albrecht hofft auf die verbindende Kraft seiner neuen Kreation.
Paprika, edelsüß Pfeffer, schwarz gemahlen Koriander, gemahlen Piment, gemahlen Zimt, gemahlen Muskatblüte (Macis), gemahlen Kreuzkümmel, gemahlen Kardamom, gemahlen Ingwer, frisch gerieben Knoblauch, frisch gerieben Currypaste (aus dem Asialaden)
CURRYWURST & PIEP jeden Samstag auf dem Wochenmarkt am Kollwitzplatz 10435 Berlin-Prenzlauer Berg Wörther Straße 9.00 Uhr – 16.00 Uhr
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Die Masse abschmecken mit: 50g mittelscharfem Senf 100g Zucker 30ml Rotweinessig 30ml Weißweinessig 30ml Apfelessig 10g Meersalz
DIEOSSERIA GASTHAUS MIT KULTSTATUS VON HEIKO GRALKI
„Euer Highlight: Die Erbsen. Original ohne alles. Super.“ „Schön, dass es bei euch noch die gute alte rote Grütze von Komet gibt.“ „Seid bereit auf weitere Besuche. Freundschaft!“
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ndrea Ansmann, Gründerin und, wie sie ihren Job lächelnd im DDR-Bürokratendeutsch bezeichnet, Leiterin der gastronomischen Versorgungseinrichtung, zeigt stolz das OsseriaGästebuch und erklärt, dass Komet der Dr. Oetker des Ostens war. Auch die Fragen nach typischen DDR-Gerichten beantwortet die 40jährige sachkundig, nennt Thüringer Rostbrätel, Milchnudeln, Würzleisch und Zwiebelsuppe. Beim Toast Hawaii allerdings irrt sich Andrea Ansmann. Der altmodische Klassiker stammt nun wirklich nicht aus der Küche des DDR-Fernsehkochs Kurt Drummer. Erfunden hat ihn Clemens Wilmenrod, Deutschlands erster TV-Koch, der zwischen 1953 und 1964 im NDR auf Sendung war. “Na bitte“, kontert Andrea Ansmann link, „was aus dem Westen kam, war eben auch nicht alles gut.“ Dennoch hat sie das mit Käse überbackene Schinken-Ananas-Brot auf ihrer Speisekarte (2,70 Euro). Andrea Ansmann wurde in Templin geboren. Nach Abitur und Ausbildung zur Hotelfachfrau im Schlosshotel Damsmühle kam sie nach Berlin, bewirtschaftete einen Ruderclub in Wannsee und machte sich am 2. Oktober 2000 in Weißensee mit ihrer Osseria selbstständig. „Biste ein Ossi, also machste ´ne Osseria.“ Der Charme des Ostens besteht aus hunderten von Ausstellungsstücken: AutoKennzeichen, Ehren-Wimpeln, Sandmännchen-Figuren, Stern-Radios, Tempo-Linsen, Veritas–Nähmaschinen… und, die Gäste reden drüber. Die Einzige, die mit den Mengen von Ost-Relikten möglicherweise Probleme hat, ist die Putzfrau. Auf der Speisekarte sind die angeblichen Kreationen sozialistischer Kulinarik aufgelistet: Goldbroiler, Jägerschnit-
Andrea Ansmann
zel, Schweinesteak Letscho und Falscher Hase… und, die Gäste jubeln: „So, wie früher im HO-Ratskeller.“ Dabei verkennen sie, dass Brathähnchen, panierte und gebratene Jagdwurst oder Hackbraten durchaus auch in westdeutschen Gasthöfen zum Standardangebot gehörten. Dennoch, ganz leicht war es für Andrea Ansmann nicht, eine möglichst originale DDR-Speisekarte aufzuschreiben, die Produkte zu besorgen und Köche zu inden, die bereit waren, kulinarisch ins Land der begrenzten Möglichkeiten zurückzumarschieren. Küchenchef Uwe Kayser, ein 33jähriger Weißenseer, hatte kein Problem damit, auch nicht Gabriele Graff, eine Köchin von der Ostseeküste. Auch Dirk Ansmann, Exgatte der Osseria-Gründerin, nahm die Herausforderung an. Der aus Baden-Württemberg stammende Koch, dessen Wanderjahre ihn nach Davos, Pontresina, Wien und Sylt führten, fungiert im Weißenseer Ostalgierestaurant als Quotenwessi. Und er sorgt dafür, dass neben den bereits genannten Gerichten auch bürgerliche Hausmannskost auf die Teller kommt: Szegediner Gulasch beispielsweise, Kohlroulade in Specksoße (wird in der Osseria tatsäch-
Gabriele Graff und Uwe Kayser
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lich so geschrieben), Forelle „Müllerin“, Schweinebraten oder Rinderroulade. Die Portionen sind groß, die Preise klein (das teuerste Hauptgericht etwa kostet 11,20 Euro; das Frühstücksbuffet 2,90 Euro und der Brunch an Sams-, Sonn- und Feiertagen 6,99 Euro pro Person). Die Servicemitarbeiter sind genauso offen, fröhlich und auskunftsbereit wie ihre Chein. Indiz dafür, dass in der Osseria jedwede Art von larmoyanter Ostalgie draußen vor der Tür bleibt. Durchaus erwähnenswert, weil in der Hauptstadt nicht alltäglich, ist die Tatsache, dass es die Speisekarten auch in englisch und spanisch gibt. „Gäste aus dem NSW kommen immer häuiger“, sagt Andrea Ansmann und erläutert gleich: „NSW, das war in der DDR das nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet.“ Übrigens: das Osseria–Kollektiv betreibt neben seiner Museumsgaststätte auch noch eine Cateringirma und einen Lieferservice für alle Gerichte auf der Speisekarte, allerdings nur in die umliegenden Stadtbezirke.
OSSERIA RESTAURANT UND LIEFERSERVICE Langhansstraße 103 13086 Berlin-Weißensee Tel.: 030-96 06 85 25 www.osseria-berlin.de
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KINDERERWÜNSCHT VON HEIKO GRALKI
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o in Berlin gibt es gute Kinderstuben, das heißt, wo wird der Nachwuchs gastronomisch ernst genommen und als normaler Gast mit kleinem Hunger behandelt? – fragte jüngst das Berliner Stadtmagazin tip. Vier bekannte Gastrotester antworteten – 17 Restaurants erhielten von den Berufsessern das Prädikat „kinderfreundlich“. Ein Drittel davon sind Italiener: das Brigantino in Friedenau, Leo Bettini und Papá Pane in Mitte, die Trattoria del Corso und die Trattoria á Muntagnola in Schöneberg. Der Rest serviert mehr oder weniger deutsche Küche und verteilt sich auf Charlottenburg (1x), Kreuzberg (1x), Mitte (1x), Prenzlauer Berg (1x), Schöneberg (1x), Steglitz (1x), Tiergarten (2x) und Zehlendorf (2x). Das heißt, es gibt offenbar weniger kinderfreundliche Restaurants in Berlin als, sagen wir mal, Begleitserviceagenturen oder Billardcenter. Ein Armutszeugnis für eine Stadt, in der rund 500.000 Kinder und Jugendliche im Alter bis zu 18 Jahren leben. Oder vielleicht doch nicht? Eine Telefonumfrage unter Freunden mit Kindern brachte ein weiteres halbes Dutzend gastronomischer Adressen, in denen Kinder nicht nur geduldet werden, sondern ausdrücklich erwünscht sind. Sie beinden sich allerdings dort, wo Gastrotester selten hinkommen – in Pankow etwa, in Köpenick, Lankwitz und Rudow. Den Vorschlag von Carola, Mutter von 8jährigen Zwillingen, doch mal einen Restaurantführer für Familien mit Kindern zu verfassen, halten wir schon deshalb für bedenkenswert. Die Fragen jedenfalls, die Eltern haben, wenn Essengehen angesagt ist, beantworten die einschlägigen Guides nicht: In welchen Restaurants gibt es Spielecken und Spielplätze?, wo eine eigene Kinderkarte, die
mehr als Spaghetti mit Tomatensauce und Fischstäbchen bietet?, wo werden Extrawünsche der Kids berücksichtigt, ohne, dass sich die Gesichter der Service- und Küchenmannschaften gleich bedrohlich verinstern? wo gibt es ein Kinderbuffet?, wo Kinderbesteck?.. Wir werden im Garcon künftig darauf achten und natürlich auch darauf hinweisen. Ob es dann mal für einen eigenen Führer reicht, mal sehen. Das Il Monte jedenfalls haben wir dafür schon mal vorgemerkt – ein italienisches Kiezrestaurant in Rudow, das möglicherweise deshalb so kinderfreundlich ist, weil der Chef selbst fünf Kinder hat. Vor 5 Jahren eröffnet, hat das Il Monte inzwischen einen guten Ruf zwischen Johannisthaler Chaussee und Stubenrauchstraße. Es gibt Pasta und Pizza, Eier-, Reis- und Fleischgerichte zu familienfreundlichen Preisen und diverse
Extras für Kinder. Motto: „Il Monte per Bambini“. Das gilt auch für die Kinder aus Tschernobyl, die von der Rudower Dreieinigkeitskirchgemeinde seit 1992 jedes Jahr für drei Wochen nach Berlin eingeladen werden. Für sie organisiert das Ristorante dann eine Party mit allem, worüber sich Kinder freuen.
RISTORANTE IL MONTE
Rudower Straße 3 12351 Berlin-Rudow Tel. 030-74 07 54 05 www.il-monte.de
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1 Il Monte - Der Berg 2 Carpaccio di manzo 3 Pizza Il Monte und 12 weitere Sorten 4 Vespa, Baujahr 89 5 Il Monte, kinderfreundlicher Italiener in Rudow
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GUGELHOF EIN BESUCH UND SEINE FOLGEN VON MARC STEYER
„Nein, der Gugelhof ist kein Internetcafé“, erklärte ein Herr mittleren Alters einer Gruppe junger Leute, der Sprache nach Sachsen. Das Restaurant am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg hat seinen Namen vom Gugelhupf, einem legendären alpenländischen Napfkuchen. Damit es sich nicht ganz so sehr nach Kaffeehaus anhört, wurde daraus Gugelhof. So oder so ähnlich steht es in jedem amerikanischen, australischen, französischen, italienischen oder japanischen Berlin-Reiseführer. Seine Erwähnung in den Guides der halben Welt verdankt der Gugelhof dem Besuch zweier Männer vor gut acht Jahren…. Erinnerungen. Der 1. Juni 2000 war für die meisten Berliner ein stinknormaler Donnerstag. Nicht so für die HauptstadtMedien. Der Grund: die Anwesenheit von William Jefferson Clinton, des 42. Präsidenten der USA, in der Stadt. Irgendwann am Vormittag sickerte durch, dass Kanzler Schröder seinen Gast zum Abendessen einladen würde. Aber wohin? Eine SFB-Politik-Redakteurin bettelte bei den Berliner Gastrojournalisten um Informationen. Die wiederum belagerten das Handy von Roland Mary. Doch weder der Borchardt-Betreiber noch der gleichermaßen stadtbekannte Aigner-Gastronom Herbert Beltle wussten was. Und die, die es hätten wissen können, ahnten nichts. Bereits am Tag zuvor hatte ein Herr Schmitz im Gugelhof einen Tisch für acht Personen bestellt. Donnerstag, 20 Uhr. Für Detlef Obermüller (49) und Hans Nübel (46), die Inhaber des 1995 eröffneten Restaurants in Prenzlauer Berg und ihren Küchenchef Dieter Jindra war das nichts besonderes. Immer mal wieder buchten Gruppen Plätze, weil es sich herumgesprochen hatte, wie gut die elsässisch-badische Küche des Ladens am Kollwitzplatz ist und wie entspannt und unprätentiös es dort zugeht. Das wusste wohl auch jener Herr Schmitz, ein Mitarbeiter des Kanzleramtes, der seinem
Chef den Tipp gab. Den Rest des Abends erzählen die Schlagzeilen der folgenden Tage: „Hi, I´m Bill, sagte Clinton zur Begrüßung“, titelte der Tagesspiegel. „Clinton: Ich mache Trennkost, bitte keine Blutwurst“, schrieb die Bildzeitung. Eine BZReporterin lauschte am Nachbartisch und zitierte dann ebenfalls den US-Präsidenten: „Oh, Knödel, ist das schön!“ Die Welt am Sonntag schließlich wusste sogar, was Kanzler Schröder für die Tafelrunde berappen musste: 608,30 Mark. Viel wichtiger für Obermüller, Nübel, Jindra und ihre Mannschaft war jedoch der warme Regen, der dem Präsidentenbesuch folgte. „Thank you for the wonderful meal“, hatte Clinton zur Erinnerung auf eine Speisekarte geschrieben. Das wunderbare GugelhofEssen wollten nun auch andere probieren allen voran Bills Landsleute. Gastronomieund Reisejournalisten rückten an und eben die Autoren der wichtigsten Berlin-Guides. Ein bisschen lebt der Gugelhof noch heute davon, aber eben nur ein bisschen. Das Gros der Gäste kommt, weil die Küche keine Schnörkel und kein Tamtam kennt, weil der Service unverkrampft agiert und die Weinkarte aller Ehren wert ist. „Wer hätte sich das vor 13 Jahren träumen lassen“, sagt Detlef Obermüller heute. 1995, als sie ihr Restaurant am Kollwitzplatz eröffneten, galten der gebürtige Saarländer und sein Geschäftspartner GARCON
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GUGELHOF Knaackstraße 37 Kollwitzplatz 10435 Berlin-Prenzlauer Berg Tel. 030-442 92 29 www.gugelhof.de
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Hans Nübel, Schwarzwälder, im Kiez als Eindringlinge. Choucroute statt Sauerkraut und Tarte lambée statt Zwiebelkuchen, da logen in den Gugelhof-Anfangsjahren schon mal Steine, und Fensterscheiben gingen zu Bruch. Andere hätten wahrscheinlich aufgegeben, doch Obermüller und Nübel sind von anderem Holz. Sie blieben am Ort, glaubten an dessen Entwicklung und behielten recht. Wenn der Kollwitzplatz mit den Jahren zum Berliner Vorzeigekiez avancierte, dann ist es auch das Verdienst dieser beiden Gastronomen, ebenso wie das von Andreas Langholz, der hier ein Haushaltswarengeschäft betreibt oder von Horst Knobbe und Philipp Strube, die den samstäglichen Wochenmarkt etablierten … alles Wessis übrigens, aber wer will das heute schon noch wissen. Am Gugelhof-Herd steht Dieter Jindra. Der 50jährige stammt aus Mühldorf am Inn, kam vor 30 Jahren nach Berlin ins Hotel Schweizerhof und erlebte als Inhaber und Küchenchef des Lutter & Wegner in der Schlüterstraße die goldenen Jahre der Berliner Gastronomie. Später verkaufte er den Laden an Michael Eilhoff, der ihn immer noch betreibt, und an Josef Laggner,
der inzwischen vom Gendarmenmarkt aus ein lorierendes Gastro-Imperium führt. 1998 wechselte Jindra als Küchenchef in den Gugelhof. Gemeinsam mit seinem Sous-Chef Peter Ludwig dirigiert er seitdem eine Brigade, die auf gute, wenn möglich regionale Produkte und deren exakte Zubereitung setzt. Zwiebelsuppe, Weinbergschnecken, diverse Tartes, Sundgauer Raclette, Käsefondue und Choucroute – der Schwarzwald, das Elsass und die Schweiz lassen grüßen. Manche Gäste kommen extra wegen des Ziegenbratens in den Gugelhof, andere wegen des Baeckeoffe, eines aufwändigen Elsässer Eintopfs aus dem Bäckerofen aus mariniertem Lamm-, Rind- und Schweineleisch, Kartoffeln, Wurzelgemüse und Zwiebeln. Dazu einen Elsässer Riesling, und das Glück ist perfekt. Der Gugelhof-Geschäftsführer Alfred Tschötschel wehrt ab. Der 47jährige Weinspezialist stammt aus dem hessischen Bensheim und ist kein Freund von Superlativen. „Was wir hier machen“, sagt er, „ist bürgerlich im besten Sinne, weiter nichts.“
AMBIENTESTYLE
EIN HAUCH Hans N端bel (li.) und Dieter Jindra
Detlef Oberm端ller
VON GRIECHENLAND
DAS RESTAURANT YPSILON HAUPSTRASSE 163 10827 BERLIN Telefon: 030-782 45 39 www.ypsilonberlin.de U-Bhf Kleistpark, U 7 Bus M48, 106, 187, 204, N7
Hanni Cenia
Younis Nassar
DIESCHWEIZER “GRÜEZI MITANAND”
WILLKOMMEN – ALLEGRA – BENVENUTI! Am 1. August feierte die Schweiz den 717. Geburtstag der Eidgenossenschaft. Zum neunten Mal luden die Botschaft des Landes zwischen Genf, St. Gallen, Pontresina und Lugano die Berliner zum Mitfeiern ein.
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GARCON
DAS REZEPT Aus dem Mehl, den Eiern, etwas
CAPUNS
Milch (oder Wasser) einen ziemlich festen Spätzleteig zubereiten. Min-
500g Weizenmehl
destens eine halbe Stunde ruhen lassen. Inzwischen Speck, Schinken und
5 Eier
Landjäger in feine Würfel schneiden sowie die Petersilie und die Blätter der
etwas Milch
Krauseminze fein hacken.
150g luftgetrockneter Speck
ziehen und ggf. sparsam mit Salz wür-
Dann alles unter den Spätzleteig zen, da Speck, Schinken und Wurst in 150g roher Schinken
der Regel schon genug Salz mitbringen.
2 Landjäger 1 Strauß Petersilie 2 Stängel Krauseminze Mangoldblätter
Den Teig nun esslöffelweise in junge Mangoldblätter mit Stiel wickeln, die Päckchen evtl. mit Küchengarn ixieren. Anschließend die Capuns in leicht gesalzenem Wasser fünf bis zehn Minuten kochen, auf einer vorgewärmten Platte anrichten, mit Parmesan bestreuen und brauner Butter übergießen.
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otto des Tages der Schweiz: „Berlin ruft Graubünden. Heidi kommt.“ Die beliebte Figur aus dem gleichnamigen Jugendbuch von Johanna Spyri trat als Musicalsängerin auf, und mit ihr kamen Alphornbläser aus St. Moritz, Ziegenhirten aus dem Engadin und 300 Geißen, die fröhlich durchs Brandenburger Tor zogen. Kommentar der Berliner: Da kannste nich meckern. Auf dem Dorothea-Schlegel-Platz am Bahnhof Friedrichstraße präsentierte sich der größte der 26 Schweizer Kantone dann touristisch, kulinarisch und dreisprachig. Willkommen (deutsch), Allegra (rätoromanisch) und Benvenuti (italienisch). 150 Täler, 615 Seen, 937 Berge, über 10 000 Kilometer ausgeschilderte Wanderwege – das bietet Graubünden. Dazu mondäne Ferienorte wie Arosa, Davos oder St. Moritz und – das zeigten 50 junge Köche in Berlin – viele kulinarische Spezialitäten. Sie servierten Bündner Gerstensuppe, Alpkäse, Birnbrot und produzierten den
längsten Capuns der Welt. Das ist die rätoromanische Bezeichnung für eine traditionelle Mehlspeise, die jahrhundertelang die Grundlage der Ernährung in den alpinen Regionen Graubündens bildete, eine Art Knödel. Genauso wie etwa bei Thüringer Klößen ist auch die Herstellung von Capuns eine Religion. Die einen schwören auf „blutte“, also nackte Knödel, die anderen auf Krautcapuns. Das sind solche, die in Mangoldblätter eingewickelt werden. Schweizer Banken, Schweizer Uhren, Schweizer Versicherungen, das alles gibt es in Berlin – natürlich auch Schweizer Käse und Schweizer Schokolade. Ein Schweizer Restaurant allerdings sucht man vergebens. Die Schwiizer Hütte in Charlottenburg schloss im vorigen Jahr, das Chalet Suisse im Grunewald heißt nur noch so, und andere servieren bestenfalls ein paar bekannte Alpenlandgerichte: Berner Rösti etwa, Zürcher Geschnetzeltes oder Aargauer Rüeblitorte.
Weltrekord am Tag der Schweiz in Berlin: mit 10 Meter Länge der größte Krautwickel der Welt, angerichtet in einer Dachrinne
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Fröhliche Musikanten und traurige Weisen: das Alphornensemble „Engiadina“ aus St. Moritz
Alpenstolz: der Schweizerpsalm, Landeshymne der Eidgenossenschaft
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Grüße aus dem Engadin
TRADITIONSLOKAL DAS DIOMIRA LÄSST GRÜSSEN VON NORBERT TSCHERWINKA
Attef El Dasouky: „Ein bisschen Wein muss sein!“
„Muss man Italiener sein, um ein italienisches Restaurant zu betreiben?“ Attef El Dasouky lacht jenes Lachen von Menschen, die mit sich und der Welt zufrieden sind. „Muss man Chinese sein, um chinesisch zu kochen?“, erwidert er und zeigt in Richtung Adlon, wo Berlins Superstar Tim Raue den Chinesen zeigt, wie´s geht. El Dasouky ist Ägypter. Der 50jährige kam 1979 nach Berlin, um an der Technischen Universität Mathematik zu studieren. Tagsüber kämpfte er fortan mit Gleichungen und Formeln, abends jobbte er das übliche Programm: Tellerwäscher, Barmann, Hilfskoch. Irgendwann nach dem Diplom landete er voll und ganz in der Gastronomie und eröffnete 1986 im Kreuzberger Teil der Stresemannstraße sein Restaurant Diomira. Das Wort mit italienischen und spanischen Wurzeln übersetzt er mit „Gott schaut zu“. Da muss wohl was dran sein, denn wer über 20 Jahre erfolgreich am Berliner Markt Gastronomie macht, muss wenigstens einen Schutzengel haben, besser noch was höheres. Attef El Dasouky, diesmal nachdenklicher: „Vor allem muss man hart arbeiten, um die Wünsche der Gäste zu erfüllen. Und man darf nicht glauben, ein gastronomisches Konzept gilt ewig.“ Zu Dasoukys Konzept gehörte am Anfang zuallererst die Küche. Schnell merkte er, wie wichtig auch das Ambi-
Pizza, hausgemacht
ente ist. In Südtirol kaufte er das Holz von zwei abgerissenen Scheunen. Das ließ er dann in die Erdgeschossräume des 70er-Jahre-Plattenbaus an der Stresemannstraße einbauen. Aus Räumen wurden Stuben, Gemütlichkeit und Individualität zogen ein. Wieder ein paar Jahre später pachtete er den Parkplatz hinterm Haus, planzte Bäume und Sträucher und richtete einen Sommer-Garten ein. Wie gut das ankommt, merkte das Diomira-Team schnell. Jeden Abend sitzen Parlamentarier des nahegelegenen Abgeordnetenhauses hier. Tagsüber Touristen, die mal Ruhe suchen. Und viele Leute aus dem Kiez, der gastronomisch ansonsten nicht allzu viel zu bieten hat. Denen servierten Attef und sein Team eine gute und gästefreundlich kalkulierte italienische Küche. „Sogar Klaus Wowereit hat sie gelobt“, sagt der Gastronom stolz und zeigt als Beweis einen Stern-Artikel. Tatsächlich, Wowi war hier und hat sich wohlgefühlt. Möglicherweise bei
Hassan Fadel, genannt „Gino“
Rinderleber vom Grill, Großgarnelen mit Knoblauchsauce oder vielleicht bei einem Grandioso, einem 500g-Steak, von dem Hassan und Carlo, die beiden Köche, jeden Abend mindestens zehn Exemplare auf den Grill legen. Mit 22,95 Euro ist damit auch das teuerste Diomira-Hauptgericht beschrieben. Ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis. Und angesichts solcher Gastronomie sollte man sagen - gut, dass es sie gibt - zwischen Sterneläden und Eckkneipen.
DIOMIRA Hedemannstr. 31/ Ecke Stresemann 10963 Berlin-Kreuzberg Tel. 030-262 31 83 www.ristorante-diomira.de
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HOTELLERIE
BURTSCHES BIOTOP ODER TYPISCH BADISCH VON JÖRG TEUSCHER
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Roland Burtsche
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oland Burtsche ist ein Hotelier der alten Schule; nicht einer jener coolen Jungmanager, die zahlenjonglierend über die Gänge huschen und Meetings abhalten. Burtsche gilt als Grandseigneur seiner Branche, als Mann mit lustvollem Verhältnis zur Gastfreundschaft. Fingerspitzengefühl, Menschenkenntnis und Diskretion sind sein wichtigstes Handwerkszeug. Er fühlt sich als erste Servicekraft in seinem Hotel, der Freiburger 5-Sterne-Herberge Colombi. Der 69jährige Roland Burtsche wuchs am Kaiserstuhl, nahe der französischen Grenze auf, lernte Metzger und Koch, fuhr zur See, stand in Florida, Kalifornien und New York als Commis am Herd, absolvierte die Hotelfachschule von Santa Rosa/Kalifornien und war Souschef auf der „Präsident Roosevelt“, einem Kreuzfahrtschiff der American President Lines. Der Liebe wegen kehrte der Weltenbummler 1964 ins heimische BadenWürttemberg zurück. Nach Stationen als Küchenchef im Kurhaus Hinterzarten und als Direktor im Hotel zum Markgrafen in Bötzingen kauften er und seine Frau Waltraud, gelernte Bankerin und studierte Pädagogin, 1978 das Freiburger Colombi-Hotel für damals stolze 5 Millionen Mark. In den Folgejahren brachten sie Freiburgs erstes Haus auf die Höhe der Zeit. Der Eingangsbereich wurde umgestaltet, die Bankettetage saniert, die Zimmer vergrößert, eine Tiefgarage gebaut… Mehr als 40 Millionen Euro lossen im Laufe der Jahre in die Luxusherberge. Letztendlich jedoch ist es erst der Service, der die wirkliche Klasse eines Hotels ausmacht. Im Colombi sind es eine Menge Details: der nächtliche SchuhputzService etwa oder die Tatsache, dass der Gast abends am Bett die Wettervorhersage des nächsten Tages indet. Kein Wunder also, dass Roland Burtsche 2008 vom Gault Millau zum Hotelier
des Jahres gewählt wurde. Begründung: „Rastlos mit Neubau, Zukauf oder Optimierung befasst, imponiert er seit drei Jahrzehnten als Gastgeber, Gastronom und Ausbilder …“ Da klingt etwas an von der Rastlosigkeit des Mannes mit dem südbadischen Dialekt. In einem Alter, in dem andere erfolgreiche Hoteliers ihr Leben längst auf Golfplätzen oder Kreuzfahrtschiffen verbringen, wollte es Burtsche noch einmal wissen. Ende Mai eröffnete er in der Stadt im Breisgau das „Hotel Stadt Freiburg“. Das besondere für Freiburg ist die Tatsache, dass Roland Burtsche mit seinem Engagement einer Invest-Ruine neues Leben einhauchte und dutzende Arbeitsplätze schuf. Was weit über die Stadt hinaus ausstrahlt, ist das Konzept des Hauses. In einem Satz: das neue Hotel vereint unter seinem Dach den Komfort einer 4-Sterne-Herberge mit einer Reihe erstklassiger medizinischer Angebote. Das „Stadt Freiburg“ einfach Hotel zu nennen, trifft es also nicht wirklich. Der Name „Gesundheitszentrum“, von der lokalen Presse dem Haus verpasst, klingt auch nicht sonderlich prickelnd, kommt der Sache allerdings schon näher. Die Amerikaner schließlich sagen „Health Hotel“. In Ermangelung eines treffenden deutschen und marketingtechnisch international brauchbaren Begriffs, sollte Burtsche dem folgen. Wie auch immer er sich entscheidet: jeder dieser Namen steht für eine Sache, die in Deutschland bisher einmalig ist. Wer im „Hotel Stadt Freiburg“ eincheckt, wohnt komfortabel – in einem der 126 Zimmer, 41 Appartements oder in den vier Junior- und Panoramasuiten – zu Preisen pro Nacht zwischen 77 und 350 Euro. Der Gast kann das tun, um von hier aus das Badener Land zu erkunden, Weine vom Kaiserstuhl zu probieren oder das
Prof. Dr. Björn Stark, Direktor der Erich-LexerKlinik für Ästhetisch-Plastische Chirurgie
Freiburger Münster zu besuchen oder alles zusammen zu absolvieren. Er kann es aber auch tun, um sich im Zentrum Sportorthopädie von dem Knie- und Schulterspezialisten Dr. Peter Ogon, in der Praxis für Zahnmedizin von Dr. Marko Knauf, im Physiopoint von Markus Rose oder im Beauty- und Wellnessinstitut Jean d’Arcel von Claudia Helsper behandeln zu lassen. Und er kann natürlich die Dienste von Prof. Dr. Björn Stark in Anspruch nehmen, einem der renommiertesten europäischen Fachärzte für Plastische Chirurgie. Der 50jährige Schwarzwälder ist neben seiner Tätigkeit als Ärztlicher Direktor der Abteilung Plastische Chirurgie am Freiburger Universitätsklinikum auch Chef der privaten Erich-Lexer-Klinik für Ästhetisch-Plastische Chirurgie. Die wiederum beindet sich ebenfalls im „Hotel Stadt Freiburg“, hoch über den Dächern der Stadt. Stark und seine Spezialisten, auch sie sind Fachärzte am Universitätsklinikum, operieren
hier in drei OP-Sälen mit modernstem Gerät derzeit 30 bis 40 mal im Monat: Bruststraffung und Brustvergrößerung, Nasen- und Ohrenkorrektur, Hautstraffung, Fettabsaugung, Faltentherapie, Eigenhaartransplantation – und das in einer Umgebung die nicht mal entfernt an Krankenhaus erinnert. Sicher, solche Kliniken gibt es auch andernorts in Europa – nirgendwo allerdings in einem Hotel und schon gar nicht direkt verbunden mit einem Universitätsklinikum. Intimität, hoher Komfort, professioneller Service und medizinische Kompetenz an einem Ort, darauf setzten der Hotelier Roland Burtsche und der Chirurg Björn Stark – ein Rezept, das offenbar funktioniert. Bereits rund 20 Prozent der Hotelzimmer werden von Patienten der Erich-Lexer-Klinik belegt. Schon spricht man in Freiburg vom Medizin- oder Gesundheitstourismus als Wirtschaftsfaktor, von neuen Initiativen für dessen Vermarktung, der Suche nach
einer eigenen Marke. Arbeitstitel: Health Valley. Und natürlich hat auch dabei Roland Burtsche seine Hände im Spiel. „Veränderung ist die einzige Konstante im Leben“, so kommentiert der Hotelier sein Engagement. Und seine Frau reimt im Dialekt der Gegend das letzte Wort: „Wer hit und morn bestehe will, muss unerlässlich donoch strebe, sich von der Masse abzuhebe.“
HOTEL STADT FREIBURG Breisacher Straße 84 b 79110 Freiburg Tel. 0761-8 96 80 www.hotel-stadt-freiburg.de www.lexerklinik.de
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YACHTHAFENRESIDENZ HOHE DÜNE EIN LOGENPLATZ AN DER OSTSEE
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as Ehepaar Hecht aus Konstanz am Bodensee staunte nicht schlecht, als es mit Ihrem Segler Anfang August im größten Yachthafen Mecklenburg-Vorpommerns festmachte. Herzliche Begrüßung durch die Hafenverwaltung, Blumen und Champagner, Glückwünsche für den 15.000. Gast in Hohe Düne. Yachthafen und Yachthafenresidenz liegen in Rostock-Warnemünde, auf einer Landzunge am Neuen Strom. Sowohl Hafen als auch Hotel sind mit 5 Sternen ausgezeichnet: Liegeplätze für rund 750 Segel- und Motorboote, selbst Yachten von bis zu 60 Meter Länge inden einen Liegeplatz. Dazu eine moderne Kran- und Slipanlage, eine Tankstelle, eine Abwasserentsorgung - auch die anspruchsvollsten Skipper sind happy. Die Yachthafenresidenz erfüllt ebenfalls alle Wünsche ihrer Gäste: 368 maritim eingerichtete Zimmer und Suiten, 4.200 qm Spa- und Wellnesslandschaft, 11 Restaurants und Bars, eine elegante Shopping-Passage - da bleibt kein Auge trocken. Nur logisch, dass der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern dem touristischen Vorzeigeprojekt eine begehrte Auszeichnung zuerkannte – die „Gelbe Welle“. Die Projektmanagerin und der Lehrer aus dem südwestlichsten Zipfel Deutschlands, die 15.000. Gäste, waren beeindruckt: „Hier gibt es nicht nur eins der schönsten Segelreviere der Welt, sondern auch – und sie können uns glauben, dass wir schon viel herumgekommen sind – eine der exklusivsten Hotelanlagen“. 32
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1 Yachthafen und Yachthafenresidenz – Erholung pur 2 Ein Logenplatz an der Ostsee 3 Skipper´s Cabin 4 Die Brasserie – eins von elf Restaurants und Bars
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YACHTHAFENRESIDENZ HOHE DÜNE Am Yachthafen 1 18119 Rostock-Warnemünde www.yhd.de
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KOPFSALATE
HENDRIK OTTO DER NEUE IM RITZCARLTON VON MARC STEYER
Hendrik Otto und Rakhshan Zhouleh
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ontag, 14. Juli 2008, 19 Uhr im Nobelhotel am Potsdamer Platz. Gäste, die das Haus betreten, schreiten durch ein Spalier von lächelnden Ritz-Carlton-Mitarbeitern, im Restaurant Vitrum wird Champagner serviert. Kamerateams drängen sich, Reporter begrüßen die, die sich immer treffen, wenn es etwas zum Feiern gibt. Der Anlass des Auftriebs ist ein Personalwechsel . Was in anderen Unternehmen kaum der Rede wert wäre, ist in Luxushotels wie dem Ritz-Carlton Direktorensache, wird entsprechend geplant und öffentlich gemacht, zumal, wenn es um den Küchenchef eines Sternerestaurants geht. Als Thomas Kellermann ziemlich plötzlich das Vitrum verließ, hatten Generaldirektor Thorsten Ries und sein F&B-Manager Marcus A. Loevenforst nicht viel Zeit, einen geeigneten Nachfolger zu inden. Immerhin hatte Kellermann einen Michelin-Stern und 17 Gault-Millau-Punkte auf das VitrumKonto gepackt. Er war 2002 (damals noch im Portalis) und 2006 Berliner Meisterkoch, galt als Genie im Umgang mit Gemüse und wurde heiß als Kandidat für den zweiten Stern gehandelt. 34
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Große Schuhe für jeden Nachfolger; die Chance, am Ende die Erwartungen nicht zu erfüllen, ist erheblich. Ein junger Mann betritt die Bühne im Vitrum. Kurzhaarschnitt, offenes Gesicht, freundliches Lachen. Das Mikro in seiner Hand zittert nur leicht: „Guten Abend, mein Name ist Hendrik Otto.“ Es ist wohltuend, dass er sich jegliches Palaver über Kochstil und Küchecredo erspart. „Machen Sie sich bitte selbst ein Bild“, sagt Otto bescheiden und verlässt die Bühne in Richtung Küche, immer begleitet von einer TVKamera. „Der Kampf um den zweiten Stern“ war dann der etwas markige Titel der kürzlich ausgestrahlten Reportage, die zudem einen fundamentalen Irrtum enthält. Verlässt ein Koch das Restaurant, in dem er einen Stern erkocht hat, wird dieser nicht automatisch auf die neue Wirkungsstätte übertragen. Otto fängt im Vitrum also bei Null an, trotz seiner früheren Meriten. Dementsprechend hoch ist der Erwartungsdruck. Nur wenige Experten in Berlin kennen den 33jährigen Otto. Spurensuche. In der Gegend, in der Otto aufwuchs, gibt es ein Verb, das nicht im Duden steht. „Klägen“ sagt man dort, das „ä“ wird gedehnt, das
„g“ wie „ch“ gesprochen. Das Wort ist das mitteldeutsche Synonym für „hart arbeiten“, entstanden in den großen Chemiewerken von Leuna, Buna und Bitterfeld. Wer in dieser Gegend aufwuchs, landete meist in einem der grauen Moloche. Chemiewerker, Maschinist oder Schlosser waren die bevorzugten Berufe. Wäre Hendrik Ottos Vater nicht gewesen, hätte der Junge aus dem anhaltinischen Löberitz wohl auch einen davon erlernt. Sein Vater weckte in dem 17jährigen jedoch den Traum von der großen weiten Welt - ferne Länder, fremde Völker, Abenteuer. Otto - Realschulabschluss 1,0 – bewarb sich für eine Kochlehre auf einem Handelsschiff. Dann iel die Mauer. Der Berufswunsch blieb, die Marine kam ad acta. Der Ausbildung im Kurhotel Lauterbad im baden-württembergischen Freudenstadt folgten Stationen bei Michael Hoffmann im Haerlin, dem Gourmetrestaurant des Hamburger Hotels Vier Jahreszeiten, bei Albert Kellner in Brenner´s Park Hotel & Spa in Baden-Baden und schließlich bei Harald Wohlfahrt im Hotel Traube-Tonbach in Baiersbronn. Otto lernte, was Kochkunst frei von Kompromissen bedeutet und erwarb einen sicheren Sinn für Konsistenz und Geschmack, Kontrast
„GAS GEBEN, MÄNNER!“
„Es ist angerichtet...“
und Harmonie. Nach Wohlfahrt stand Ducasse in Paris zur Debatte, Hendrik Otto entschied sich jedoch für eine Küchenchefstelle im Hamburger Landhaus Flottbek. Im Jahr 2002 schließlich wurde er die Nummer 1 am Herd im Kölner La Vision, dem Feinschmecker-Restaurant der Designer-Herberge im Wasserturm. Bereits ein Jahr später gab es für seine - zugegebenermaßen noch stark wohlfahrtgeprägten Kreationen - den ersten Michelinstern. Der Gault Millau krittelte noch, „dass der bestens ausgebildete Otto auch zu den Übereifrigen gehört, die schon beim Amuse-Bouche dermaßen lospowern, dass sie unnötige Energien verbrennen, die ihnen später, wenn es aufs Ganze geht, vielleicht fehlen.“ Das ist sechs Jahre her. Der Ehrgeiz ist geblieben, eine gewisse innere Ruhe hinzugekommen. Hendrik Otto tut im Restaurant Vitrum das, was viele seiner Kollegen, die in der dünnen Luft der Sternegastronomie agie-
„Service!“
ren, auch tun: er sucht nach den bestmöglichen Produkten für seine Küche, versucht, deren prägnante Aromen herauszuarbeiten und schnörkellos anzurichten. Dafür steht beispielsweise sein 8-Gänge-Degustationsmenü, für das Rakhshan Zhouleh, Berlins Sommelier 2008, perfekte Weinbegleiter gefunden hat (145 Euro, inkl. Wein 235 Euro). Aal, in Rotwein geschmort, mit Gurke, Estragon und Dill ist eins der Highlights dieses Menüs, der Rehbockrücken mit Mangokruste und Gewürzen, Pifferlingen, Aprikosen und Sauce Rouennaise ein zweites. Was da so schlicht klingt, ist große Küche, geschmacksintensiv und aromenstark. Und Otto hat Glück. Die Schlagzeilen- und Sprüchelieferanten stehen andernorts am Herd. Er kann in Ruhe an seinem Stil feilen, seine Brigade darauf einschwören. Sterneverdächtig ist der allemal.
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GARCONFRAGEBOGEN HENDRIK OTTO
DEINHARD ROSÉ DE BLANC ET NOIR
Ihr Lieblingsgericht? Geschmortes Kaninchen mit Kartoffelsalat Ihr Lieblingsgetränk? Apfelsaftschorle Ihr Lieblingsgewürz? Dill Ihr Lieblingsisch? Aal (in allen Varianten) Ihr Küchenmotto? Respektvoller Umgang mit Menschen und Produkten Wen hätten Sie gern mal als Gast? Michael Schumacher, weil er zielstrebig und erfolgreich ist. Zudem bin ich Motorsport-Fan Welches Gericht mögen Sie gar nicht? ??? Welches Getränk mögen Sie gar nicht? Getränke, die zu süß sind. Was halten Sie von Kochbüchern? Die meisten inde ich sehr gut. Inspirierend. Informativ. In welchem Restaurant – außer Ihrem eigenen – essen Sie am liebsten? Restaurant Vendôme, Grandhotel Schloss Bensberg. (Küchenchef dort ist übrigens Ottos Freund Joachim Wissler, einer von neun deutschen Drei-Sterne-Köchen, ausgezeichnet außerdem als einer von drei Küchenchefs mit der Gault-Millau-Höchstnote 19,5/20 – die Redaktion.)
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Deinhard Rosé de Blanc et Noir ist nicht nur bei Frauen beliebt. Das erfrischend-fruchtige Aroma macht ihn zu einem perfekten Sommergenuss für jedermann.
ANITA PRINTZ, INHABERIN DER AYURVEDISCHEN FEINKOSTMANUFAKTUR „ANAVEDA“
ANITA PRINTZ NERVENNAHRUNG AUS KREUZBERG
Ayurvedische Brotaufstriche – frisch, fettarm, gesund und lecker
VON NORBERT TSCHERWINKA
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ie Gründe, weshalb ein Koch oder eine Konditorin, ein Restaurantfachmann oder eine Hotelfachfrau sich gastronomisch selbständig machen, sind selten aktuell geprägt. In der Regel schlagen die familiären Gene durch oder der eigene Laden war schon ein Kindheitstraum. Die Motive von Seiteneinsteigern ins Gastronomiegeschäft sind da meist anderer Art. Eine Ausbildung ist nicht nötig, das vermeintlich schnelle Geld lockt ebenso wie die Aussicht, bis mittags im Bett liegen zu können. Anita Printz ist eine Seiteneinsteigerin, allerdings eine ohne solche Illusionen. Die 52jährige kam 1989 aus Ulm nach Berlin, um Soziologie zu studieren. Irgendwann entdeckte sie in Prenzlauer Berg ein ayurvedisches Restaurant, ihr Interesse war geweckt. Der Beschäftigung mit „Ayur“ (= Leben) und „Veda“ (= Wissen), der 3000 Jahre alten Lehre von einem gesunden Leben, von typgerechter Ernährung, optimaler Verdauung und ausgewogener Versorgung aller Körperzellen folgten eine Ausbildung
zur ayurvedischen Köchin am Mahindra-Institut im hessischen Birstein und eine Zusatzausbildung in der Schweiz. „In der ayurvedischen Küche“, sagt sie heute, „vereinen sich sinnliche Bedürfnisse und gesunde Ernährung.“ Das hat weder etwas mit asiatisch kochen noch mit geheimnisvoll mixen zu tun. „Es geht um die Besänftigung gestresster Gemüter durch leicht verdauliches Essen“, so bringt es Anita Printz auf den Punkt. Im Dezember 2003 gründete sie ihre ayurvedische Feinkostmanufaktur und begann, Brotaufstriche, Dips und Salate herzustellen und anzubieten. Die Besucher des samstäglichen Wochenmarktes am Mexikoplatz in Berlin-Zehlendorf kosteten, jubelten und kauften: Kräuter-Avocado-Creme, Rote-BeteIngwer-Aufstrich, Bulgursalat mit Gemüse und Chilisauce oder KichererbsenCurry. Sie waren es auch, die die Feinkost-Produzentin ermutigten, neben dem Marktstand noch ein eigenes Bistro zu eröffnen. In Kreuzberg fand Anita Printz geeignete Räume, renovierte sie
und startete Anfang August ihr Projekt „Anaveda“. Übersetzen könnte man den Namen mit „Anita weiß, wie’s geht.“ Zumindest sagen das ihre Stammgäste – Architekten, Handwerker, Rechtsanwälte, Sekretärinnen, die mittags beispielsweise auf einen Teller Mung Dal – das sind gelbe Linsen – mit ayurvedischen Gewürzen und Kokosmilch für 3,50 Euro oder auf Ratatouille mit Reis und Tabbouleh - das ist ein erfrischender Salat aus Hartweizengries, Minze, Petersilie, Tomaten und Zwiebeln – für 5,90 Euro vorbeikommen. Das sagen aber inzwischen auch schon viele Anwohner, die sich für ihr Frühstücksbrot statt Salami aus dem Supermarkt einen Möhren-Ingwer-Aufstrich holen.
ANAVEDA Oranienstraße 169 10999 Berlin-Kreuzberg Tel. 030-53 00 70 61 www.anaveda.de
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WIEGEHT’S...E
WIE GEHT‘S KARLHEINZ HAUSER? VON MARC STEYER
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arlheinz Hauser wurde 1967 im südbadischen Heitersheim geboren. Kochlehre im Kulm Hotel St. Moritz. Commis im Münchner Hotel Königshof. 1990 bis 1992 Sous Chef im Restaurant Aubergine bei Eckart Witzigmann, danach Küchenchef in Käfers Feinko s timp eriu m. 1997 bis 2002 Küchendirektor und gastronomischer Leiter im Berliner Hotel Adlon. Berliner Meisterkoch 1999, 2000, 2001. Im Frühjahr 2002 Umzug nach Hamburg, Übernahme des traditionsreichen, mit Millionenaufwand sanierten Blankeneser Süllbergs. Hauser ist verheiratet mit Frau Margarete. Zwei Kinder, Tom und Carolin.
Wie geht’s . . . Karlheinz Hauser? Ende März eine knappe Meldung vom ARD-Buffet: Rainer Strobel, über zehn Jahre am Herd der beliebten Ratgebersendung, ist am 28. April das letzte Mal auf Sendung. Im Berliner Hotel Abion erwarten den Küchenchef neue, erweiterte Aufgaben. Am Montag darauf stand Strobels Nachfolger vor den Kameras. 1,5 Millionen Zuschauer sahen zu, wie Karlheinz Hauser Cordon bleu vom Milchkalb mit Thymianjus kochte. Vier Monate später treffen wir den 41jährigen auf dem Hamburger Süllberg. 74 Meter über dem Elbufer – die Hanseaten lieben es genau - betreibt Hauser seit 2002 die Süllberg Gastronomie und Hotellerie sowie ein Catering-Unternehmen und eine Consulting-Company. Das riecht nach Sieben-Tage-Arbeitswoche und Stress pur, und manchmal riecht es sicher nicht nur so. Doch Hauser hat schon während seiner Zeit 38
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beim Münchner Feinkost-Papst Gerd Käfer und später als Küchendirektor im Berliner Adlon gelernt, große Teams erfolgreich zu führen. Management-Qualitäten bewies er auch in den letzten zwei Jahren als gastronomischer Berater des US-Milliardärs Donald Trump in dessen mondänem Mara-Lago Club in Palm Beach. Dafür jettete Hauser jeden Monat für sieben Tage nach Florida. „Das hat gereicht“, sagt er knapp, und es klingt nicht gerade fröhlich. Otto Koch, Sterne-Koch wie Hauser und seit 10 Jahren beim ARD-Buffet, empfahl ihn. Eine Probesendung wurde aufgezeichnet, und der drahtige Badener mit dem bayerischen Akzent erhielt den Segen des SWR, der für die Sendung zuständigen ARD-Anstalt. Neben der Göttingerin Jaqueline Amirfallah, einziger deutscher Küchenchein mit abgeschlossenem Soziologiestudium übrigens, dem Stuttgarter Vincent Klink, dem Münchner Mario Gamba, Jörg Sackmann aus Baiersbronn und natürlich neben Otto Koch, dem Chef des österreichischen Gourmetrestaurants im Robinson Club Zürs am Arlberg präsentiert Karlheinz Hauser nun Kochen ohne Klamauk. Dafür liegt er jeden Montag um 6.40 Uhr von Hamburg nach Baden-Baden. Im ARD-Büffet-Studio erwartet ihn ein eingespieltes Team: Requisiteurin Gaby Forster, Maskenbildnerin Erika Schuster, Regisseur Tom Lindner, die Redakteure und Moderatoren der Sendung. Um 12.15 Uhr Live-Sendung, um 12.58 nehmen die Mitwirkenden am gedeckten Tisch Platz, etwa bei Hausers Spanferkelsülze mit Schnittlauchsauce und Sommersalaten. Um 17.35 Uhr sitzt er wieder im Flieger, diesmal Stuttgart – Hamburg. „Wir Köche im ARD-Büffet sind weder Herdkünstler noch Showstars, sondern Leute, die ein anspruchsvolles Handwerk vorstellen und den Zuschauern Mut machen wollen, es selbst zu probieren – am besten mit der ganzen Familie“, sagt Hauser. Und weil gesunde Ernährung in der Welt der geschmacksverstärkten Fertiggerichte immer
wichtiger wird, wird die Sendung in Zukunft noch kochkompetenter gestaltet. Gut so, denn was Hauser und Co. hier montags bis freitags vorführen und erklären, ist Ratgeber im besten Sinne, Aufklärung, die Spaß macht. Andere öffentlich-rechtliche Anstalten – allen voran der Potsdamer Regionalsender RBB – könnten sich davon mehr als nur eine Scheibe abschneiden. Karlheinz Hauser ruft seinen Küchenchef Nico Burkhardt, und der lässt den Renner des Süllberg-Schlemmer-Sommers auftragen. Wir probieren eine spanische Tapas-Variation, sechs Kleinigkeiten, darunter Jamon Serrano mit sphärischen Oliven und Artischocken sowie Thunisch im Pfeffermantel auf andalusischem Gemüse, danach Tortelloni von Steinpilzen auf geschmolzenen Tomaten und Rucolabutter, Kalbsrücken mit Kartoffelpüree und Pifferlingen sowie Toblerone aus Milchschokolade und Vanille auf Erdbeercarpaccio und Gelee von Zitronengras und Mango. Serviert wird das ganze im Bistro „Süllbergterrassen“ zum Preis von 59 Euro für zwei Personen. Seit dem 15. Juni wurden 8000 Portionen verkauft, Hauser reagierte clever und ver-
längerte die Aktion bis zum 15. September. „Noch Beziehungen zu Berlin?“ Hauser lächelt. „Die fünf Jahre im Adlon haben mich geprägt“, antwortet er, „natürlich bleiben da Kontakte.“ Er bestellt Grüße an Rolf Schmidt, den Küchendirektor bei Lutter & Wegner, an seinen ehemaligen SüllbergMitarbeiter Steffen Johst, jetzt Küchenchef in Speckers Landhaus in Potsdam und an Dieter Fuhrmann, den Berliner Fruchtgroßhändler, seinen besten Freund in Berlin. Zurück will er nicht. „Sie passen gut zueinander, der Süllberg und Karlheinz Hauser. Der eine hat Tradition, der andere liebt sie“, schrieb ein Kollege. www.suellberg-hamburg.de
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WEINLESEE
RUTZ-WEIN-BAR BILLY WAGNERS BEKENNTNISSE VON MARC STEYER
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er sich die Liste der für den Titel „Berliner Sommelier 2008“ nominierten Weinkellner anschaut, dem fällt dreierlei auf: erstens ist die überwiegende Zahl männlich, zweitens ziemlich jung und drittens stammen die meisten aus den neuen Bundesländern, also nicht unbedingt aus klassischen Weinanbaugebieten, wenn man mal vom Elbtal und der Saale-Unstrut-Gegend absieht. Möglicherweise ist das Zufall, aber auf jeden Fall passt auch Billy Wagner in dieses Raster. Der 26jährige, gebürtig im sächsischen Mittweida, ist der neue Gastgeber in der Weinbar Rutz. Er übernahm die Funktion von Hendrik Canis, des Berliner Sommeliers 2004, der sich in Friedrichshagen selbstständig gemacht hat. Am 5. September 2008, bei der Rutz-Bottleparty, hatte Wagner seine Feuertaufe in Berlin – keine Hürde für den neuen Mann im Rutz-Team. Der Ausbildung zum Restaurantfachmann im Hotel Herzogs Park in Herzogenaurach folgten bekannte Stationen: das Restaurant Essigbrätlein in Nürnberg, wo er seine Liebe zum Wein entdeckte, das Restaurant Zur Traube in Grevenbroich, hier hatte er es mit 400 Champagner- und 2000 Weinpositionen zu tun, das Kölner Restaurant Vintage mit angeschlossenem Weinhandel und seit 2006 Monkey´s Gastronomie in Düsseldorf, dort bereits als Chef-Sommelier. Garcon: Was hat Sie am Rutz gereizt? Wagner: Die Weinbar ist prägend in Deutschland. Garcon: Hat bei Ihrem Wechsel nach Berlin auch die Stadt eine Rolle gespielt? Wagner: Ganz klar, ja. Wäre das Rutz in Castrop-Rauxel, hätte ich sicher länger überlegt. Garcon: Bleibt im Rutz alles, wie es war? Wagner: Nein. Wir reduzieren die Weinkarte bereits. 800 bis 850 Gewächse halte ich für ausreichend. Wir wollen weg von der Anfangsdevise der 1001 verschiedenen Abfüllungen.
Garcon: Was wird mit den großen Namen? Wagner: Ich muss keine großen Namen haben. Ich will eine Weinkarte, die sich abseits der Moden bewegt und naturverbunden ist. Garcon: Also mehr ökologisch erzeugte Weine? Wagner: Ökologie kann wichtig sein, muss es aber nicht. Über allem steht, was im Glas ist, der Geschmack. Und letztlich entscheidet der Gast. Garcon: Ihre Favoriten? Wagner: Persönlich Mosel-Saar-Ruwer, im Rutz Deutschland, Österreich und Frankreich und zwar genau in dieser Reihenfolge. Garcon: Ihre wichtigste Eigenschaft? Wagner: Detailversessenheit. Richtig oder gar nicht. Wenn wir beispielsweise Campari-Orange anbieten, dann eben nur mit frisch gepresstem Orangensaft. Oder wir lassen es. Garcon: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Marco Müller, dem Küchenchef? Wagner: Wir passen zusammen. Und Billy Wagner passt offensichtlich ins Rutz. Dass der junge Gastgeber, der sich gern das Attribut „klassisch“, verpasst, önophilen Innovationen gegenüber durchaus nicht abgeneigt ist, beweist sein neues Sommergetränk, die „RutzSchorle“ – das ist Riesling-Schorle mit einer halben Limette, ein paar Blättern Minze und Eis. Herzlich willkommen in Berlin, Billy Wagner.
RUTZ-WEIN-BAR Chausseestraße 8 10115 Berlin-Mitte Tel. 030-24 62 87 60 www.weinbar-rutz.de
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2008 Timbili Pinotage Rosé Weingut Ernst & Co, Südafrika 0,75l
WEINLADEN SCHMIDT PRÄSENTIERT:
Benannt nach einem afrikanischen Xylophon-Orchester, gekeltert aus der Pinotage–Traube, traditionell und verspielt. Schöne Cassis- und Erdbeernoten mit Anklängen an Melone. Saftiger Solist und guter Begleiter von Meeresfrüchten. Erhältlich in allen Weinladen-Filialen zum Preis von 6,95 Euro
BOUQUETGARNIE
Foto: Archiv Roland Albrecht, Restaurant Zander, Berlin-Prenzlauer Berg
BOUQUETGARNI* * URSPRÜNGLICH SÜDFRANZÖSISCHE KÖCHELBEILAGE; KRÄUTERSTRÄUSSCHEN, ETWA AUS LORBEER, PETERSILIE, ROSMARIN UND THYMIAN ZUM WÜRZEN VON BRÜHEN, SUPPEN UND SAUCEN
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I
n unserer Rubrik Bouquet garni veröffentlichen wir künftig jeden Monat einen bunten Strauß aktueller Nachrichten aus Gastronomie und Hotellerie, Küchenwelt und Köcheleben. Wir tragen damit der Tatsache Rechnung, dass Themen rund ums Kochen und Essen so viel öffentliche Aufmerksamkeit genießen, dass man sich schon entschuldigen muss, wenn man glaubt, beim ARD-Buffet handele es sich um Omas alte Anrichte und das perfekte Dinner sei ein Menü vom lieben Gott. Der Koch auf unserem Aufmacherfoto – aufgenommen wurde es übrigens 1931 im Restaurant Weingarten in Naumburg/Saale - würde wahrscheinlich beim Staunen die Suppe anbrennen lassen, wüsste er, welchen Stellenwert sein Beruf heute hat. Koch – das kommt noch vor Kinderarzt und Kernphysiker. Und: kaum hat es ein Koch ins Fernsehen geschafft (oder in die Zeitung), steigt er zum Top- oder Spitzenkoch auf, wird zum Küchenkünstler ernannt oder zum Starcuisinier befördert; ein Millionenpublikum applaudiert angesichts goldgelber Bratkartoffeln oder bunter Gemüseterrinen. Die Deutschen auf dem Weg zur Kochnation (und damit zu einem Volk, das gute und gesunde Ernährung schätzt)? Schön wär’s. Die Ende Mai 2008 veröffentlichte Nationale Verzehrstudie (NVS) spricht eine andere Sprache. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland ist zu dick und jeder fünfte Bundesbürger sogar fettleibig. Tatsachen, die übrigens nicht nur für 50jährige, sondern leider auch schon für Kinder und Jugendliche gelten. Deshalb, liebe Spitzen- und Sterneköche, geht in Schulen und Kitas oder ladet Kinder in Eure Restaurants ein. Kocht mit ihnen und erklärt, weshalb selbstgemachte Ravioli in fruchtiger Tomatensauce allemal besser sind als irgendeiner der süßen Verführer aus dem Supermarktregal. Damit wären wir wieder bei unserem Bouquet garni – Michael Hoffmanns Auftritt Anfang August im Kaufhaus Alexa war es uns wert, den Margaux-Küchenchef an die Spitze zu stellen. Yvonne Weinlich
KINDERKÜCHE
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erlins Köche sind gefragte Leute. Christian Lohse brilliert im ZDF mit einem Risottorezept und großem Wissen um Arborio-, Avorio- oder Romeoreis und deren Verarbeitung. Tim Raue demonstriert auf der IFA 2008 fünfmal täglich Küchentricks, und Michael Hoffmann steht im Alexa am Alexanderplatz am Herd. Dessen Auftritt Anfang August außerhalb der Margaux-Küche machte in erster Linie deshalb neugierig, weil der Sternekoch und sein Sous-Chef Tom Schönbrodt eine Einladung annahmen, die weder Millionen Zuschauer noch verkaufsfördernde Schlagzeilen und erst recht keine hohen Honorare versprach. In der Kindercity des Einkaufstempels, einer Erlebniswelt für Zwei- bis Zwölfjährige, die in Deutschland ihresgleichen sucht, kochte Michael Hoffmann mit inanziell und sozial benachteiligten Kindern. „Vor dem Hintergrund steigender Übergewichtigkeit und häuig ungesunder Ernährung ist es mir ein Bedürfnis, ihnen zu zeigen, wie unkompliziert und trotzdem lecker eine gesunde Mahlzeit sein kann“, kommentierte Hoffmann seinen Auftritt im Alexa. Der Margaux-Küchenchef, dessen Aktion vom Deutschen Kinderhilfswerk unterstützt wurde, weiß natürlich, dass er damit bestenfalls ein Zeichen setzen konnte – gegen das gedanken- und pausenlose Einhandessen aus der Tüte und für das überlegte Zubereiten von Mahlzeiten aus frischen Zutaten. „Geschmacksunterricht an Grundschulen, wie in Frankreich schon lange üblich, das wäre die Lösung“, so Hoffmann. www.kindercity.de
WEINSPINDEL
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Als Friedrichshagen noch j. w. d. war und die Bölschestraße noch nicht Bölschestraße hieß (sie wurde erst 1947 nach dem Schriftsteller Wilhelm Bölsche benannt, dem Oberhaupt des „Friedrichshagener Dichterkreises“, einer literarischen Opposition gegen die wilhelminische Gesellschaft), zogen an schönen Wochenenden Heerscharen von Berlinern in den ländlichen Vorort. „Und wo im Grünen die Kneipe winkt, und wo die Biermusike klingt, lassen sie sich nieder mit Kind und Kegel und sind zufrieden in der Regel. Denn nur, wo sie mit Bier begießbar, ist die Natur für sie genießbar.“ Das Bier loss beispielsweise in der Spindel, einem Gasthof in der Hausnummer 51. Später wurde aus dem Lokal eine Zoohandlung, dann eins der ersten Chinarestaurants der DDR. Nach der Wende schließlich gab’s Deftiges und Flaschenbier. GARCON
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Die Spindel Gasthaus und Genusshandlung Bölschestraße 51 12587 Berlin-Friedrichshagen Tel. 030-645 29 37 Di-So 12.00 bis 23.00 Uhr www.spindel-berlin.de
TEAMCHEF
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affaele Cesare Cannizzaro, Küchendirektor des Berliner Hotels de Rome, ist während des Salone del Gusto vom 23. bis 27. Oktober 2008 in Turin Teamchef einer deutschen Kö-
Nun hat Hendrik Canis die Spindel übernommen. Der Name des 39jährigen bürgt in der Berliner Gastronomie für Qualität. Canis, geboren in Weimar und aufgewachsen in Friedrichshagen, jobbte während seines Schauspielstudiums an der Ernst-Busch-Hochschule in diversen Restaurants, entdeckte seine Liebe zum Wein und wechselte ins Hotel Steigenberger. Der Lehre im Restaurantfach folgten Stationen auf den Kreuzfahrtschiffen MS Arkona und MS Deutschland. Als Sommelier im VAU und in der Weinbar Rutz stieg Hendrik Canis in den Kreis der besten Weinkellner Deutschlands auf. „Er ist eher ein Weindetektiv, der in der Szene so einlussreich ist, dass mancher deutsche Top-Winzer für ihn spezielle Abfüllungen reserviert“, schrieb der Gault Millau 2007. Das wird sich wohl auch in der Spindel nicht ändern, die Canis am 30. August 2008 mit großem Winzer- und Kollegen-Bahnhof eröffnete. Erster Mann am Herd ist Jörg Eichhofer, der nach Stationen im Münchner Bistro Terrine, im VAU und als Küchenchef im Kreuzberger Jolesch nun eine europäische Landküche kreiert. Was sich dahinter verbirgt, liest sich in der Spindel-Speisekarte beispielsweise so: Ochsenmaulsalat mit gebackenen Kartoffelwürfeln; Hechtmaultäschle mit Gurke, Fenchel und Dill; Geschmorte und gefüllte Kalbsbrust mit Spitzkohl; Aprikosensüppchen mit Topfenmousse… 44
GARCON
KNOLLENWERBUNG
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ie langen Kerls salutierten, Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer legte sein Jackett ab, zog Handschuhe an und buddelte ein paar Kartoffeln aus einem eigens aufgebauten Beet am Brandenburger Tor. So geschehen am 23. August 2008 gegen Mittag. Anlass der KnollenShow: Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) rief 2008 das „Internationale Jahr der Kartoffel“ aus, um auf deren Bedeutung hinzuweisen. Die Kartoffel ist nach Reis, Weizen und Mais das weltweit viertwichtigste Grundnahrungsmittel und ernährungsphysiologisch von erheblichem Wert. Kartoffeln liefern Kohlenhydrate und sind eine Quelle für die Vitamine C und B6. Außerdem enthalten sie Kalium und hochwertiges Eiweiß. Garcon wird in seiner Oktoberausgabe Köche vorstellen, die Kartoffeln nicht nur als belanglose Beilage betrachten. Wir besuchen Händler, denen die tolle Knolle ebenfalls nicht einerlei ist, und wir beschäftigen uns mit dem Bamberger Hörnchen, der Kartoffel des Jahres 2008.
chemannschaft, der auch Juan Amador, Tillmann Hahn und Marcello Fabbri angehören. Die internationale Messe des guten Geschmacks wird seit 1996 alle zwei Jahre von Slow Food organisiert. Cannizzaro und Co. werden auf einem deutschen Abend mit deutschen Produkten kochen. Das Motto der Kochtruppe lieferten die Beatles: „With a little help from my friends“. Bleibt die Frage: Wer hilft da wem und wobei? www.salonedelgusto.it
HOFFEST
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ans-Peter Wodarz hat etwas geschafft, was bisher keinem gelungen ist. Der Erinder der Erlebnisgastronomie und Palazzo-Padrone, der in seinem Berliner Spiegelpalast am 9. Oktober die Saison 2008/09 eröffnen wird, brachte zum Hoffest des Regierenden Bürgermeisters 18 der besten
Zelt: die Deutsche See Fischmanufaktur, der Havelland express Frischdienst und die Rungis Express AG gehören ebenso dazu wie Falke Design, Lindner und der VDF, der Verband der Fachplaner, Gastronomie-Hotellerie-Gemeinschaftsverplegung und AEG Elektrolux.
HOCHZEITSGLOCKE
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ie Mannschaft des Gourmetrestaurants Lorenz Adlon hat nach der Sommerpause mal wieder Gelegenheit, Champagnerkorken knallen zu lassen. Nachdem Restaurantmanager Gerhard Retter im Mai in den Hafen der Ehe eingelaufen ist, gaben sich am 8. 8. 2008 Küchenchef Thomas Neeser und seine langjährige Partnerin Martina das Ja-Wort. Garcon gratuliert!
VERLUSTMELDUNG
Köche der Stadt zusammen. Die wiederum bringen insgesamt 6 Michelin-Sterne und 166 Gault-Millau-Punkte auf die Wage und werden am 16. September im Palazzo Wodarzzi, einem Zelt im Innenhof des Roten Rathauses zeigen, wie Berlin kulinarisch tickt. Jeweils sechs Küchenchefs präsentieren sich und je ein Gericht von 18-20, 20-22 und 22 Uhr bis Mitternacht, darunter auch die gerade zum Meisterkoch und Aufsteiger 2008 gekürten Stefan Hartmann und Sonja Frühsammer. Hartmanns HoffestKreation heißt Conierte Rotbarbe und gebackene Brandade auf Radieschen und Erbsen mit Röstzwiebelpesto; Sonja Frühsammer serviert Bries vom OstalbLamm mit Couscous und gebratenen Artischocken. Veranstalter des Berliner Hoffestes ist, gemeinsam mit der Senatskanzlei, die Berlin Partner GmbH. Der Regierende Bürgermeister und die HauptstadtMarketing-Gesellschaft laden Ihre Gäste persönlich ein. Es sind Menschen, die sich für die Hauptstadt besonders engagieren und die sich in diesem Jahr bereits zum achten Mal im Hof des Roten Rathauses treffen. Nebenbei bemerkt: der Steuerzahler wird mit den Kosten dieses gesellschaftlichen Höhepunktes in Berlin nicht belastet. Es sind Sponsoren, die das Fest ermöglichen – auch im Falle von Hans-Peter Wodarz´ Kulinarik-
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it Bobby Bräuer, der Anfang August seinen 47. Geburtstag feierte, verlässt im Spätherbst nach Thomas Kellermann der zweite Sternekoch Berlin. Bräuer tut das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Das weinende gilt einer spannenden Stadt, das lachende den Begleitumständen seines Wechsels ins österreichische Kitzbühel. Der gebürtige Münchner wird Küchenchef des neuen Gourmetrestaurants im Grand Tirolia Golf & Ski Resort, trägt gleichzeitig die kulinarische Verantwortung für das Golf Bistro und ab 2009 für das dann fertig gestellte Hotelrestaurant des Sport & und Spa Hotels Grand Tirolia. www.grand-tirolia.com
des Jahr Spitzenköche aus der ganzen Welt zum internationalen Erfahrungsaustausch. Zur zehnten Ausgabe des Kongresses vom 24. – 27. November 2008 sind auch sechs deutsche Köche eingeladen. Zu dieser inofiziellen Nationalmannschaft gehören Harald Wohlfahrt (Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach, Baiersbronn), Joachim Wissler (Vendóme im Hotel Schloss Bensberg, Bergisch Gladbach), Stefan Steinheuer (Steinheuers Restaurant, Bad Neuenahr), Thomas Bühner (La View, Osnabrück), Jörg Sackmann (Schlossberg im Romantik Hotel Sackmann, Baiersbronn) und der Berliner Michael Hoffmann (Margaux). Hoffmann kam nach KüchenchefStellen in den Hamburger Edelrestaurants Le Canard und Haerlin im April 2000 nach Berlin. Im Restaurant Margaux schuf er seine Cuisine Avantgarde Classique – eine traditionelle Küche, zeitgemäß interpretiert. „Der hoch engagierte Michael Hoffmann setzt auf die Heimat“, schrieb jüngst der „Feinschmecker“, „viele Kräuter und Gemüse seiner akkurat akzentuierten Kompositionen kommen aus dem Umland.“ Als Beweis wird sich Hoffmann auch in San Sebastian mit dem Teltower Rübchen beschäftigen, jener pikanten, leicht scharf schmeckenden Wurzel, die im Frühjahr 2008 von Slow Food als 31. Passagier in die „Arche des Geschmacks“ aufgenommen würde. Hoffmanns Interesse für das regionale Delikatessgemüse ist auch deshalb bemerkenswert, weil viele seiner Kollegen es in ihren Küchen längst durch die französischen Navets ersetzt haben.
GIPFELTREFFEN
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ierzulande nur wenig beachtet, aber dennoch eine Tatsache: in Spanien inden seit Jahren die weltweit wichtigsten kulinarischen Kongresse statt - „Madrid Fusion“, „Vive las Verduras“ in Pamplona und „Lo Mejor de la Gastronomia“ (Das Beste aus der Gastronomie) in San Sebastian. Auf diesem kulinarischen Gipfeltreffen, seit 1999 von dem spanischen Gastrokritiker Rafael Garcia Santos in der baskischen Hafenstadt veranstaltet, treffen sich je-
NORDLICHT
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as Schleswig-Holstein Gourmet Festival ist eine kulinarische Erfolgsgeschichte. Als vor 22 Jahren zum ersten Mal deutsche Spitzenköche in den Norden reisten, um zu GARCON
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demonstrieren, dass man neben Birnen, Bohnen und Speck durchaus noch was anderes auf die Teller bringen kann, war die Gegend zwischen Flensburg, Ahrensburg, St. Peter-Ording und Timmendorfer Strand noch eine FeinschmeckerÖde. Die Elite der deutschen Kochkünstler agierte damals in München (Aubergine – Eckart Witzigmann, Tantris – Heinz Winkler), Bühl (Burg Windeck – Peter Wehlauer), Baiersbronn (Kurhotel Mitteltal – Manfred Schwarz), in der Wiesbadener Ente vom Lehel (HansPeter Wodarz, Herbert Langendorf), im Aachener Gala (Gerhard Gartner), im Hamburger Le Canard (Josef Viehhauser) oder in den Schweizer Stuben in Wertheim am Main (Dieter Müller). Lediglich dessen Bruder Jörg, der sich 1982 in Morsum auf Sylt mit dem Restaurant „Nösse“ selbständig gemacht hatte, hielt im Orchester der Besten die blau-weißrote Schleswig-Holstein-Fahne hoch. Als 1987 die letzten Sommerurlauber abgereist waren, begann also das erste Schleswig-Holstein Gourmet Festival, wurde ein Riesenerfolg und brachte im Land zwischen den Meeren die Sauerleischbastionen ins Wanken. Die 22. Ausgabe des Festivals wird am 15. September 2008 im VITALIA Seehotel Bad Segeberg eröffnet und endet Anfang März im Ringhotel Landhaus Gardels in St. Michaelisdonn, einem Ort im Landkreis Dithmarschen. Dazwischen liegen 17 Gourmetabende in 17 Städten mit 17 deutschen Spitzenköchen, darunter Harald Wohlfahrt (3 Sterne), Joachim Wissler (3 Sterne) und Henri Bach (2 Sterne). Wie jedes Jahr sind auch beim 22. Schleswig-Holstein Gourmet Festival etliche Berliner Gastköche im nördlichsten Bundesland unterwegs. Michael Hoffmann (Margaux) bestreitet gemeinsam mit Thomas Martin (Jacobs im Louis C. Jacob, Hamburg) und Hans Stefan Steinheuer (Steinheuers Restaurant, Bad Neuenahr) die Eröffnungsgala des Festivals in Bad Segeberg. Thomas Neeser (Lorenz Adlon) wird am 16. und 17. November in Heinsens Ellerbek am Herd stehen, Hendrik Otto (Vitrum im Ritz-Carlton) am 23. und 24. November im Columbia Hotel Casino Travemünde und Michael Kempf (Facil im MandalaHotel) am 30. und 31. Januar 2009 im Romantik Hotel Kieler Kaufmann. Hinzu kommt in diesem Jahr noch ein besonderer Leckerbissen: am 3. und 4. Oktober ist Kopenhagens Superstar 46
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René Redzepi (Restaurant Noma) in Schleswig (Waldschlösschen Schleswig) und Plön (Hotel & Restaurant Stolz) zu Gast. www.schleswig-holstein-gourmetfestival.de
Übrigens: Klaus-Peter Willhöft, Gastronom aus Friedrichstadt, Golfspieler, Zigarrenraucher und seit über 20 Jahren Präsident des Schleswig-Holstein Gourmet Festivals, hat auch einen Koffer in Berlin – als Betreiber des Hotels Riehmers Hofgarten in Kreuzberg. KARIBIKTRAUM
grenze nicht die Servicewüste beginnt. Küchenchef Stephan Fiege und seine Brigade gaben ihr bestes und servierten ungewöhnliches: Hai vom Holzkohlegrill etwa oder Elefantenisch und Red Snapper, gegrillt im Bananenblatt. „Dieser Abend in der Vier-Sterne-Herberge“,
sagte Bailli Thomas Wachs, ehemaliger Maritim-Regionaldirektor, „war der Beweis, dass Sraussberg durchaus kein Niemandsland für Feinschmecker ist.“
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as bescheiden als „Sommerabend“ angekündigt war, entpuppte sich als rauschendes Fest – mit betörenden Tänzerinnen, karibischem Buffet und einem Feuerwerk vom Feinsten.
The Lakeside Burghotel zu Strausberg Gielsdorfer Chaussee 6 15344 Strausberg www.thelakeside.de
The Lakeside, das Burghotel zu Strausberg, hatte geladen und selbst die gastronomisch und kulinarisch durchaus verwöhnten Mitglieder der Confrérie de la Chaine des Rotisseurs aus Berlin und Brandenburg staunten nicht schlecht, was da auf Teller und Bühnen kam. Für Hoteldirektor Horst Hampel und dessen Mitarbeiter war es eine gute Gelegenheit zu zeigen, dass hinter der Berliner Stadt-
BEUMER & LUTUM DAS WÜRDE WOHL AUCH SIEBECK SCHMECKEN...
GESCHMACKSSACHENE
VON NORBERT TSCHERWINKA
Toni Beumer
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olfram Siebeck, ZEIT-Autor und Guru der deutschen Gastrokritik, hat für das, was Supermärkte hierzulande als Grundnahrungsmittel anbieten, bestenfalls Verachtung. „Heute ist das deutsche Brot nur noch ein Schatten seiner selbst“, schreibt der im Oktober 80jährige in seinem Buch „Die Deutschen und ihre Küche“. Den Grund liefert Siebeck gleich mit: „Die Massenproduktion und das Gewinnstreben der Großbäckereien haben einen fatalen Qualitätsverfall bewirkt.“ Selbst Menschen, die nicht Siebecks feine Zunge haben, bemerken die Geschmacksgleichheit und –freiheit von Supermarktbroten. Die Zuwachsraten beim Biobrot von 28 Prozent sind eine Reaktion der Verbraucher darauf, allerdings nur eine bedingt gültige, denn Discounter haben inzwischen auch Biobrot in ihr Warensortiment aufgenommen. Und trotzdem sind nur 4,7 Prozent aller in Deutschland gebackenen Brote Biobrote. Dass es in Berlin etwas mehr ist als im Bundesdurchschnitt, liegt sicher auch an Toni Beumer und Christa Lutum. Der Sozial- und Literaturwissenschaftler und die Bäckermeisterin begannen 1993 in der Kreuzberger Cuvrystraße mit der Biobäckerei. Aus der Hinterhofklitsche wurde inzwischen ein lorierendes Unternehmen mit 80 Mitarbeitern und 7 Lehrlingen. Eine davon ist Katrin Knopp. Die gebürtige Rheinländerin schmiss ihr Theologiestudium, um Bäckerin zu werden. „Das war die beste Entscheidung meines Lebens“, kommentiert sie den Schritt heute. Toni Beumer, neben Christa Lutum Geschäftsführer des Unternehmens, ist sachlicher, als er über die Entscheidung spricht, künftig ein weit größeres Rad zu drehen als bisher.
Im September 2007 übernahm die Kreuzberger Biobäckerei die ehemalige Karstadt-Backfabrik in der Naumburger Straße. Ein 80er-Jahre -Zweckbau, 800 qm Produktionsläche, 400 qm Kühl- und Personalräume. Getreide- und Mehlsilos wurden eingebaut, Sauerteigautomaten angeschafft, eine Wärmerückgewinnungsanlage installiert. Fünf Backöfen, Knet- und Wiegemaschinen, Teigförderer, – die Technik ist die eines modernen Großbetriebs. Wo bleibt da die Bäckereiromantik des kleines Biobetriebes? „Ohne solche Investitionen können wir nicht mehr bestehen“, ist Toni Beumer überzeugt. Bio ist keine Frage der Größe, sondern der Zutaten und ihrer Verarbeitung. Beumer und Lutum beziehen ihr Getreide aus kontrolliert biologischem Anbau und, wenn möglich, aus der Region. 300 Tonnen braucht das Unternehmen jährlich, dazu Milch, Obst, Nüsse usw. Was es nicht braucht, sind künstliche Backhilfsmittel und Fertigmischungen. Hinzu kommen Backverfahren, die in der konventionellen Bäckerei keine Rolle spielen - etwa, dass gekeimtes Getreide in den Broten verbacken wird. Mehr Vitamine, Aminosäuren, Ballast- und Mineralstoffe sind die Folge. Rund 30 Brotsorten werden bei Beumer und Lutum gebacken, jetzt nur noch in der neuen Produktionsstätte. Das Flaggschiff der Brotparade ist das Paderborner, das aus 80 Prozent Roggenund 20 Prozent Weizenmehl besteht und sonst nur noch Meersalz enthält. Einen Widerspruch zwischen traditionellem Handwerk und moderner Technik sehen die Biobäcker nicht. Warum auch?
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WIR SIND BÄCKER, WER IST MEHR...
1 ERIKA SCHLEGEL, BÄCKERIN 2 KATRIN KNOPP, BÄCKERLEHRLING 3 RALF BELZ, BÄCKER 4 WOLFGANG SCHMID, BÄCKERMEISTER 5 BERND MEHL, BÄCKER
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BROTPARADE 1 KARTOFFEL-DINKEL-BROT 2 LAUGEN-ROSMARIN-BROT MIT MOHN 3 PADERBORNER 4 SCHWARZWÄLDER BROT 5 FRANZÖSISCHES LANDBROT
BEUMER & LUTUM BIOBÄCKEREI Cuvrystraße 22 10997 Berlin-Kreuzberg Tel. 030-61 67 55 70 www.beumer-lutum.de
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FRISCHDIENST BERLIN DIE FRÜHSTÜCKSKÖNIGE VON HANS-JÜRGEN BERGS
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or ein paar Tagen standen Wolfgang Anduleit die Haare zu Berge. Ursache war ein Interview der US-amerikanischen Popsängerin Anastacia, das sie einem Radiosender gab. „Ich frühstücke nie…“, verkündete die 40jährige dort. Anduleit verstand die Welt nicht mehr. Der 59jährige Mecklenburger ist Geschäftsführer des Frischedienstes Berlin. Freunde nennen ihn Frühstückskönig, weil Anduleits Unternehmen der kompetenteste Dienstleister in der Stadt für die erste Mahlzeit des Tages ist. Seine Kunden sind sowohl Hotels und Restaurants als auch Seniorenheime, Cateringirmen, Krankenhäuser und Kantinen in Berlin, Brandenburg und den neuen Bundesländern. Ob Altenburger Ziegenkäse, Blutorangensaft, Cornlakes oder Gelügelsalat – insgesamt 2.200 verschiedene Produkte lagern in den riesigen Hallen auf dem Fruchthofgelände an der Beusselstraße. Wolfgang Anduleit nennt die Fakten: 4000 qm Leicht- und Tiefkühlläche, 30 Kühltransporter, 98 Mitarbeiter,
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rund 130 Lieferanten. Gegründet wurde das Unternehmen 1972 in Berlin als Uelzena-Handelsgesellschaft, seit Anfang 2000 trägt es den Namen Frischdienst Berlin. „Das Frühstück ist das Sprungbrett in den Tag“, erläutert Anduleit. Der Diplomingenieur mit Zusatzstudium im Fach Milchwirtschaft weiß natürlich, was zu einem gesunden Frühstück gehört: „Erstens Zeit. Zweitens darf das Frühstück nicht langweilig sein.“ Frischdienst-Berlin-Geschäf tsführer Anduleit plädiert für Joghurt, Käse, Milch, Müsli, Konitüre, Honig, Quark, Eier und Obst. Bei seinen Kunden rennt er damit meist offene Türen ein. Das Hotel de Rome am Bebelplatz, das Meliã Berlin in der Friedrichstraße, das swissôtel oder das Concorde lassen sich ebenso ihre Frühstücksbuffets vom Frischdienst Berlin bestücken wie das Bayrische Haus in Potsdam, das Hotel Zur Bleiche in Burg oder das Dresdner Taschenbergpalais. „Der Komplettservice“, so Anduleit, „ist eine unserer Stärken. Rund ums Frühstück bieten wir al-
les, außer Wurstwaren.“ Es ist jedoch nicht nur die Vielfalt des Angebotes, das den Frischdienst Berlin auszeichnet. „Frische rund um die Uhr“, nennt Anduleit das Firmencredo. Das heißt, Bestellungen werden zuverlässig innerhalb von 24 Stunden bearbeitet und ausgeliefert, häuig schon nach 6 bis 10 Stunden. Wie in anderen Sparten der Lebensmittelbranche, gilt auch hier der Grundsatz: neben der Qualität der Produkte spielt die Güte des Services eine immer größere Rolle. „Küchenspeziisch einkaufen und kundenspeziisch liefern“, bezeichnet Wolfgang Anduleit das und zeigt ein Beispiel. Rund 450 Käsesorten hat der Frischdienst Berlin im Angebot, vom sündhaft teuren französischen Roquefort über Emmentaler aus der Schweiz bis zum Harzer Stangenkäse. Für Experten sicher kein Problem, 10, 12 Sorten etwa für die Frühstücksgäste eines großen Hotels auszuwählen. Was aber tun kleine Häuser, die keinen Spezialisten beschäftigen, der Reblochon von Rochebaron unterscheiden kann? „Nicht verzagen, Frischdienst fragen“,
Wolfgang Anduleit und Claudine Grollmuß
reimt Hajo Kliemchen, einer von Anduleits Mitarbeitern. Die Antwort ist ein Paket mit 8 deutschen Käsesorten, eigens für Pensionen und kleine Hotels zusammengestellt. Wolfgang Anduleit, der Berliner Frühstückskönig, ist viel unterwegs, um seine Kunden zu beraten. Auf das Verb legt er Wert. „Buttermilch beispielsweise“, sagt er dann, „gehört unbedingt aufs Frühstücksbuffet, allerdings fehlt sie häuig.“ Übrigens, der Popsängerin Anastacia würde er gern mal seine heiligen Hallen mit all dem zeigen, was der Frischdienst Berlin fürs Frühstück anbietet.
„Käse, Eier, Joghurt sind die Renner“! Kathrin Lockenvitz, Frühstücks-Chefin im Meliã Berlin
FRISCHDIENST BERLIN F-D-B Gesellschaft für Milchprodukte Beusselstraße 44 n -q 10553 Berlin-Moabit Tel. 030- 39 00 05-0 www.frischdienst-berlin.de
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ANDUPEZ BACALAO, CHORIZO, MANCHEGO & CO. VON THOMAS ADAMI
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panien ist zwar schon ewig das Urlaubsland Nr. 1 der Deutschen, die spanische Küche allerdings führte hierzulande viele Jahre ein Stiefmütterchendasein. Sicher, die Gazpacho, eine kalte Gemüsesuppe und natürlich die Paella, das bunte spanische Nationalgericht aus Reis, Safran, Olivenöl, Fisch und/oder Fleisch und Gemüse - das kannten die meisten, aber Calderata oder Zarzuela? Inzwischen gibt es über 100 spanische Restaurants in der Region, Tendenz steigend. Chorizo, die spanische Wurst schlechthin, hat ebenso in die Sterneküchen Einzug gehalten wie Bacalao, der getrocknete Kabeljau. Dementsprechend stieg der Bedarf an iberischen Lebensmitteln und dementsprechend heiß ist der Markt umkämpft. Wie immer, wenn viele Anbieter mitmischen wollen, zählen am Ende nur Kompetenz und Qualität. Der Spanien-Primus in Berlin heißt Andupez. Die auf dem Gelände des Westhafens ansässige Firma wirbt mit der rot-gelbroten Fahne und dem Slogan „Genuss aus Tradition“. Gegründet wurde das Berliner Großhandelsunternehmen im April 1990 von vier Partnern, die auch heute noch in einem Boot sitzen. Pedro Homar ist ihr Sprecher. Der 42jährige kam nach einer Ausbildung als Kunstmaler in Palma de Mallorca 1989 nach 52
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Berlin, lernte deutsch und wollte „irgendwas mit Kunst machen“. Doch wie das Leben so spielt, Ende 1996 landete er bei Andupez und beschäftigt sich seitdem mit Käse, Schinken, Wurst und Wein, alles „Hecho en España“. „Eine Entscheidung, die ich nicht bereut habe. Ständig suchen wir nach Neuigkeiten für unsere Kunden, die übrigens nicht nur aus Berlin, sondern auch aus Dresden, Hannover und noch von weiter her kommen.“ Rund 1000 bis 1200 Produkte haben die Andupez-Leute, die meisten sind übrigens Spanier oder kommen aus spanischsprechenden Ländern, in den meterhohen Regalen einer Lagerhalle oder in separaten Tiefkühlzellen gestapelt. Darunter ein gutes Dutzend Olivensorten mit und ohne Kern, Olivenöle, Gewürze, Konserven, aber auch tiefgefrorene Fertiggerichte, etwa die gar nicht mal schlechten Steingarnelen, die Camarones. Natürlich gibt es den berühmten Manchego, einen Schafmilchkäse, verschieden lange gereift, die nicht minder bekannte Morcilla iberica, eine kräftig nach Schwein schmeckende Blutwurst oder - Feinschmeckerherzen schlagen höher – Mojama taco, eine luftgetrocknete Thunischlende. Und dann natürlich die auch aus deutschen Restaurants kaum noch wegzudenkenden Schinken: Jamón serrano, Jamón ibérico und der edelste und teuerste Vertreter seiner Gattung: Jamón ibérico bellota. Viva España, eine schöne Schweinerei.
Öl, Käse, Schinken, Wurst, Norberto Codarin (li.) und Pedro Homar
ANDUPEZ Westhafenstraße 1 Halle 11A 13353 Berlin-Moabit Tel. 030-39 89 82-0 www.andupez.de
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PILZGARTEN ÖKO-PILZE AUS HELVESIEK VON YVONNE WEINLICH
Limonenseitling
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as vor 13 Jahren als Ein–Mann– Versuchsbetrieb in einem früheren Pferdestall begann, hat sich zu einem stattlichen Unternehmen mit 10 ha Produktionsläche und 40 Mitarbeiterngemausert. Die Rede ist von der Pilzgarten GmbH im niedersächsischen Helvesiek, einem Städtchen zwischen Hamburg und Bremen. 1995 wurden hier rund 150 kg Shiitake-Pilze jede Woche geerntet, heute sind es rund 7 Tonnen von elf verschiedenen Pilzsorten. Zum Shiitake kamen mit der Zeit Austernpilze, Limonenseitlinge, Kräuterseitlinge, Rosenseitlinge, Samthauben, Goldkäppchen, der hierzulande kulinarisch noch immer unterschätzte Pom-Pom blanc und weitere Sorten.
Rosenseitling
Samthaube
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Die Helvesieker Pilzzüchter setzen seit Gründung ihres Unternehmens auf ökologische Produktion und arbeiten deshalb eng mit dem Naturland-Verband zusammen. Ökologisch, das heißt, die Pilze werden ausschließlich auf einem Substrat aus Sägemehl gezogen, dessen Lieferant regelmäßig Nachweise über die Herkunft vorlegen muss. Das in der Pilzzucht häuig verwendete Strohsubstrat ist in Helvesiek tabu. Der Grund für diese Entscheidung: die niedersächsischen Züchter haben festgestellt, dass Pilze, die auf Holz heranwachsen, fester in der Konsistenz, intensiver im Geschmack und auch länger lagerfähig sind. Torsten Jonas ist der spiritus rector des Unternehmens. Der 43jährige Biologe und Gartenbauwissenschaftler ist einer der erfahrensten deutschen Pilzzüchter. Zwi-
ALLGEMEIN PILZGARTEN GMBH Fabrikstraße 12 27389 Helvesiek Tel. 04267-9330 www.pilzgarten.de
schen 1998 und 2002 leitete er eine Speisepilzfarm in Guatemala. Nach seiner Rückkehr übernahm er die Betriebsleitung des Unternehmens in Helvesiek, entwickelte neue Geschäftsideen und war maßgeblich daran beteiligt, dass der niedersächsische Pilzgarten zu einem der erfolgreichsten seiner Branche wurde. An seiner Seite arbeitet Heide Bahrs als Verkaufsleiterin. Die 54jährige Biologin kam von der Fischerei zu den Pilzen. Ihr ist es zu verdanken, dass inzwischen viele Gastronomen nicht nur aus der Region BioEdelpilze aus Helvesiek verarbeiten. Komplettiert wird das Angebot des Pilzgartens durch Trockenpilze. Vorwiegend Shiitake werden energiesparend durch Ausnutzung der Abwärme des Blockheizkraftwerks auf dem Betriebsgelände getrocknet.
Heide Bahrs und Torsten Jonas
Weißer Buchenpilz
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SILBERBLICK MASKE-BRILLEN AUS KREUZBERG
LEBENSARTE
VON JÖRG TEUSCHER
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er etwas will, sucht Wege, wer etwas nicht will, sucht Gründe. Tanos Haddad will etwas, er wollte schon immer etwas. Der Libanese, 1953 in Beirut geboren, kam mit 17 Jahren nach Berlin, lernte Flugzeugmechaniker und begann an
rieren, so wird man alt. Tanos Haddad jedoch ist ein unruhiger Geist und ein kreativer dazu – und – er liebt seinen Beruf. Als der Meister Anfang der 90er Jahre seine erste eigene Kollektion Acetatbrillenfassungen auf deutschen Optikermessen vorstellte, staunten die Apol-
Tanos Haddad begann, über neue Materialien und deren noch bessere Verarbeitung nachzudenken. „Ich bin immer auf der Suche nach dem Besonderen“, sagt er. Er fand es in Form massiven Silbers und einer uralten japanischen Schmiedetechnik – Moku-
Der Brillensteg der neuen Maske-Kollektion - was auf den ersten Blick wie aufgedruckt aussieht, erweist sich auf den zweiten als Mokume-Gane, eine uralte japanische Schmiedekunst. der Technischen Universität ein Maschinenbaustudium. Abbruch, Optikerlehre, Meisterprüfung, Selbstständigkeit. Dem eigenen Laden in Spandau folgte 1988 ein Fachgeschäft am Kreuzberger Mehringdamm. Spätestens da hätte er eine ruhige Kugel schieben können. Augeprüfen, Gläser schleifen, Gestelle repa-
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loniker und Fielmänner nicht schlecht. Ein kleiner Krauter aus Kreuzberg stahl Ihnen die Schau. Maske-Brillen, so Haddads Label, wurden zum Messeschlager, blieben aber dennoch ein Nischenprodukt. Die Industrie zog nach und produzierte in Asien Acetatbrillen am Fließband.
me Gane. Deren Ziel ist es, durch das Verschweißen dünner Metallplatten ein möglichst kontrastreiches, einmaliges Muster zu erzeugen. 935er Silber für die Brillenherstellung – viel zu weich, lästerte ein Teil der Branche. Wozu die aufwendige und teure Mokume-GaneTechnik wieder ausgraben, wenn sich
Metall genauso gut bedrucken lässt, schüttelte der Rest den Kopf. Tanos Haddad und sein Team: Ein pensionierter Feinmechanikermeister, der in seiner Freizeit beim Werkzeugbau half; eine arbeitslose Goldschmiedin, die ihm vom Amt geschickt wurde und seine Partnerin Claudia Theil, Psychologin und Quereinsteigerin ins Brillengeschäft, die das Marketing und den Vertrieb übernahm. Gemessen an dem, was Branchenriesen für eine Brillen-Neuentwicklung aufbieten, nicht gerade ein Dreamteam. Doch die vier ließen sich selbst von Rückschlägen nicht beirren, machten das Silber gefügig, bauten eigene Scharniere, weil die industriell gefertigten zu grob waren und stellten im Januar 2008 auf der opti-Messe in München ihre ersten Serienmodelle vor. Handgefertigte Silberbrillen in limitierter Aulage. Auf einer Ausstellung im Sommer in Tokio verneigten sich Japaner vor den kleinen Kunstwerken und ihren Schöpfern. Im High-Tech-Land Japan gilt Handwerk noch was. Computer können eben doch nicht alles. „Meine Brillen müssen auch stimmige, kleine Kunst-Stücke sein, wenn sie mit geschlossenen Bügeln auf dem Tisch oder im Etui liegen“, kommentiert der Optikermeister das Ergebnis der Arbeit seines kleinen Teams. Chapeau, Tanos Haddad.
MASKE BRILLEN DESIGN Mehringdamm 66 10961 Berlin-Kreuzberg Tel. 030-786 30 14 www.maske-berlin.de
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MARI OTBERG justMariOt IN BERLIN VON YVONNE WEINLICH
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or 15 Jahren hätte die Modedesignerin Mari Otberg wahrscheinlich nur müde gelächelt, hätte ihr einer einen Laden in der Gipsstraße angeboten. Verfallene Häuser, kaputte Dächer, bestenfalls ein bisschen morbider Charme, mehr war da nicht. Heute ist die Gegend rund um den Hackeschen Markt eine Berliner Top-Lage. Schicke Läden von angesagten Markenschneidern drängeln sich, tausende Touristen zieht es täglich in die Gegend, die „so hip, so in und so kreativ“ geworden ist. Kein Wunder, dass auch Mari Otberg die Lage ihres Salons für einen Glücksfall hält. Die studierte Modedesignerin kam 2001 nach Berlin. Zuvor hatte sie fünf Jahre in London gearbeitet und dort 1998 ihre Marke justMariOt ins Leben gerufen. Die brachte sie dann in die deutsche Hauptstadt und in ihren 2003 eröffneten kleinen Laden. Hier entdeckte sie auch die Fachpresse und jubelte: „Jede Gestaltungsidee ließt aus dem selbstironischen Kopf der Künstlerin“, hieß es da. Oder: „Ihre Kreationen, ob limitierte Aulagen handbestickter T-Shirts oder Maßanfertigungen von Braut- und Abendkleidern, entstehen stets auf der Grundlage eigener Zeichnungen.“ Und: „Die Materialien und die Verarbeitung der eigenwilligen, romantischen bis frivolen Entwürfe, sind von ausgewählter Qualität.“ Bei soviel Lob blieben die Kunden nicht aus, darunter natürlich viel Prominenz, Schauspielerinnen etwa, wie Susan Sarandon und Jessica Schwarz. Sie kaufen nicht nur Mode von Mari Otberg, sondern, wenn sie gut betucht sind, auch deren Zeichnungen.
justMariOt Gipsstraße 9 10119 Berlin-Mitte Tel. 030 – 46 60 45 14 www.justmariot.com
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WAS MACHT EINE FRAU ZUR DIVA?
WAS MACHT EINE FRAU ZUR DIVA?
„Dass Sie zu sich steht, ihren Typ umarmt, sich und ihr Leben genießt und liebt, was sie ist. Dabei sollte sie niemanden kopieren, nur sich selbst inszenieren. Es lohnt sich nicht, auf andere zu schauen. Jede Frau hat alles in sich, was sie braucht, um sie selbst zu sein. Wenn eine Frau ganz einfach und sympathisch der großen, weiten, bunten, wilden Welt entgegen tritt, wird sie wunderbare Kontakte knüpfen, spannende Erlebnisse haben und sich selbst entwickeln. Das Resultat ist dann ein ganz anderes, als wenn sie mit sich selbst nachlässig ist und der Welt misstrauisch und miesepetrig entgegen tritt. So wird sie keine Diva.“ Désirée Nick und World of Cosmetics präsentieren 60
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OH! SENSUAL HOT LIPS Lipgloss für bis zu 40% mehr Lippenvolumen ohne schmerzhafte Injektionen für ilmreife Verführungen. Vollere Lippen ohne schmerzhafte Injektionen? Das Lipgloss Oh! Sensual Hot Lips macht diesen Traum wahr. Der patentierte Wirkstoff MaxiLip© hilft bei der Produktion der hauteigenen Kollagene und verleiht so Lippen bis zu 40% mehr Volumen – einfach auftragen, ohne schmerzhafte und teure Injektionen. Außerdem sorgt Oh! Sensual Hot Lips für bedeutend bessere Lippenkonturen, aktiviert die Blutzirkulation und verleiht damit Lippen ein natürlich schönes Rot. Ein süßer Geschmack, kombiniert mit einem Hauch von Zimt, lässt die Lippen fein prickeln und angenehm glühen. Das Finish: ein verführerisch weiblicher Schimmer. Das alles ergibt absolut kussfeine und kussechte Lippen, voller, sinnlicher und jünger, für ilmreife Verführungen mit Happy End. Für ein optimales Ergebnis verwenden Sie Oh! Sensual Hot Lips täglich, und Ihr Lippenvolumen wird innerhalb eines Monats bis zu 40% zunehmen. 18,50 Euro
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AIRLINES IM TEST Was der Michelin für die Gastronomie, ist das Ranking des britischen Consulting-Unternehmens Skytrax für die Luftfahrt. Sterne (maximal drei) vergibt die vor 108 Jahren zum ersten Mal in Frankreich erschienene rote Michelin-Bibel seit 1926, seit 1964 auch in Deutschland. Auch mit Sternen (maximal fünf) zeichnen die Briten Fluglinien aus. Bewertet werden Leistungen am Boden und an Bord: Qualität beim Check-in, Freundlichkeit der Crews, Sauberkeit der Kabinen, Bequemlichkeit der Sitze, Güte des Essens. Bei den jüngsten Skytrax-Noten, Auswertung einer Befragung von rund 15 Millionen Reisenden, liegen Airlines aus Asien, Australien und dem Mittleren Osten mit Abstand an der Spitze - die Europäer rangieren unter ferner liefen.
DIE BESTEN FLUGLINIEN:
DIE BESTEN BILLIGFLIEGER:
1. Singapore Airlines 2. Cathay Pacific 3. Quantas (und das trotz der aktuellen Meldungen über Sicherheitsprobleme!) 4. Thai Airways 5. Asiana Airlines
1. easyJet 2. Virgin Blue 3. Jetstar Airways 4. Air Berlin 5. Southwest Airlines IN DER KATEGORIE “BESTE REGIONALE FLUGLINIEN“ KAM DIE LUFTHANSA IN EUROPA AUF PLATZ 1.
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ENTDECKT IM LANDWARENHAUS MÖBEL FÜR SCHLÖSER UND BÜROS VON HANS-JÜRGEN BERGS
K Karl-Heinz Blank
arl-Heinz Blanks Arbeitstag beginnt früh am Morgen. Die Zeitung liest er meist erst abends, genau gesagt, er blättert sie durch. Sport, Regionales, Nachrichten aus aller Welt. Am 27. August allerdings blieb er im Wirtschaftsteil hängen. „Harter Kampf um weiche Polster“, hieß es da im Tagesspiegel. Berichtet wurde über die Konkurrenz im Berliner Möbelhandel, über aktuelle und geplante Neuansiedlungen und auch darüber, dass die Berliner im vergangenen Jahr je Einwohner lediglich 454 Euro für Einrichtungsbedarf ausgegeben haben – eine Summe, 35 Euro unter dem Bundesdurchschnitt. Das Interesse des 42jährigen liegt auf der Hand. Auch Blank handelt mit Möbeln, allerdings gut anderthalb Autostunden von Berlin entfernt. Deshalb hatte er vor, in Berlin eine Filiale zu eröffnen. Angesichts der offenbar geringen Kaufkraft, der Tendenz zu Billigmöbeln und des Verdrängungswettbewerbs in der Branche wird er das Projekt wohl erst mal auf Eis legen. Seine Kunden müssen also weiter nach Löcknitz fahren. Der Ort liegt nahe der Autobahn Berlin-Stettin, rund 15 Kilometer vor der polnischen Grenze. „Wenig Geld, hohe Arbeitslosigkeit, Zonenrandgebiet“, so kennzeichnet Karl-Heinz Blank sarkastisch den Zustand des Städtchens. Immerhin – Löcknitz ist idyllisch gelegen – es gibt eine sanierte Burg, eine 1000jährige Eiche, ein deutsch-polnisches Gymnasium, einen
Campingplatz, den Oder-Neisse-Radwanderweg, der vom tschechischen Nova Ves bis ins Seebad Ahlbeck führt, Apotheke, Bäckerei, Bestattungsunternehmen und, sage und schreibe, vier Frisöre. Mitten im Ort das ehemalige KONSUM-Kaufhaus, das bald nach der Wende kein Kaufhaus mehr war und wahrscheinlich irgendwann zur Ruine geworden wäre, wenn es Karl-Heinz Blank nicht übernommen hätte. „Exclusiv Center“ steht nun an der guten alten KONSUM-Hütte und „Möbel – European – American – Asiatic – Arabian Design“. Vor der Tür zwei Granitlöwen, in den Schaufenstern viel Gold und Rot. Autofahrer bremsen ab, Augen links. Wanderer drücken sich die Nase platt. Auf dem Parkplatz hinterm Haus, neben Blanks beuligem Landrover, zwei Nobelkarossen. Ein Schlossherr aus Niedersachsen und ein Berliner Anwalt, beide auf der Suche nach passender Ausstattung, beide wollen nicht genannt werden. Während die Herren zwischen barocken Wohn-, schnörkligen Schlaf- und modernen Büromöbeln wandeln, betritt ein dritter das Kaufhaus. Entweder er war schon mal da oder er ist ohnehin ein Mann schneller Entschlüsse – fünf Minuten später jedenfalls ist der größte Schreibtisch aus Blanks Möbel-Sammelsurium, ein schönes Stück aus dunklem Holz, verkauft. „Lieferung?“ „Nein, danke.“ Der Meister lässt abholen. Karl-Heinz Blank, geboren in Pasewalk, ist GARCON
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KFZ-Schlosser und staatlich geprüfter Landwirt. Anfang der 1990er übernahm er den elterlichen Hof. 286 Hektar Land sind es heute – Getreide, Raps, Zuckerrüben – und natürlich die Weiden für 100 Milchkühe und eine stattliche Herde mecklenburgischer Kaltblüter. Irgendwann packte den gutaussehenden und redegewandten Mann aus Vorpommern das Fernweh: Hongkong, Singapur, Indonesien, Thailand, Vietnam, der Nahe und Fer64
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ne Osten. Und irgendwann brachte er einen Stuhl mit nach Hause, fast ein Thron, schweres Holz mit vielen Schnitzereien. „Das war der Anfang“, lächelt Blank und fügt wieder ein bisschen selbstironisch hinzu: „So wird aus einem braven Bauern ein liegender Händler im Nebenerwerb.“ Auf zwei Etagen des Löcknitzer Landwarenhauses stehen Wohn- und Schlafraum-, Polster- und Büromöbel. Es gibt Bilder, Lampen, Keramik, Skulpturen und Stuck. Alles massiv und reich verziert bis auf die funktionalen Tische, Stühle und Regalwände etwa für Kanzleien oder Konferenzzimmer. Manche Accessoires wirken in europäischen Augen ziemlich verspielt. „Das macht den Laden bunt“, erklärt Blank schelmisch und ergänzt nach kurzer Pause: „Dafür stimmen die Preise.“ Der Herr Rechtsanwalt hat sich entschieden – ein Tisch mit Glasplatte, sechs Stühle, alles modernes Design. Dazu ein quietschbunter Globus mit goldenen Verzierungen und Beleuchtung. Wozu er den braucht, verrät er genauso wenig wie seinen Namen. Als er den Laden verlässt, zwitschert ein Vogel – anstelle des Gongs einer Türglocke. Made in Malysia.
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ExCLuSIV CEntEr Karl-Heinz Blank Chausseestraร e 18 17321 Lรถcknitz Tel. 03 97 54 / 51 97 99 www.exclusivcenter.de 66
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RUBRIKENE
MUSIKNUTZUNG IN CAFÉS UND GASTSTÄTTEN
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ährend in der Gastroszene noch über die Zulässigkeit von Rauchverboten gestritten wird, ist die Rechtslage bei der Musiknutzung in Cafés und Gaststätten eindeutig. Wenn beim Betrieb einer gastronomischen Einrichtung Musik gespielt wird, liegt ein urheberrechtlich relevanter Vorgang vor. Das ist unabhängig davon, ob es sich um eine Eckkneipe oder ein Sternerestaurant handelt und auch unabhängig davon, ob es um Live-Musik oder Musik von einem Tonträger geht. Wird Live-Musik gespielt, muss das Aufführungsrecht (§ 19 Abs. 2 UrhG) eingeholt werden. Dieses wird kollektiv durch die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte; www.gema.de) wahrgenommen. Sofern die öffentliche Wiedergabe von Tonträgern erfolgt, werden zudem die Rechte der ausübenden Künstler, d. h. Sänger und Musiker sowie der Plattenirma (Tonträgerhersteller) berührt. Ihnen stehen Leistungsschutzrechte und Verbotsrechte zu (§ 73 UrhG), die als verwandte Schutzrechte bezeichnet werden. Deshalb ist auch das Recht zur Wiedergabe von Tonträgern einzuholen (§ 21 UrhG). Die Ansprüche der ausübenden Künstler sowie der Tonträgerhersteller (§ 85 UrhG) werden bei Musikwiedergaben durch die GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH, www.gvl.de) geltend gemacht. Die GVL hat die GEMA in diesem Zusammenhang mit der Durchführung des Inkassos beauftragt. Auf Grundlage des Wahrnehmungsgesetzes (§ 13 a UrhWG) ist grundsätzlich der Veranstalter bzw. der Betreiber einer Gaststätte verplichtet, die Einwilligung der GEMA für das Aufführen von Musik bzw. für die Wiedergabe von Tonträgern einzuholen. Diese Verplichtung kann weder auf die Musiker noch auf einen DJ übertragen werden. Die GEMA schließt häuig mit Interessenverbänden, so auch mit dem DEHOGA (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband; www.dehoga-bundesverband. de), Rahmenverträge ab. Diese begünstigen die Mitglieder z. B. dadurch, dass ihnen Rabatte auf die GEMA-Tarife eingeräumt wer-
den. Bei einer Mitgliedschaft im DEHOGA kommt ein Rabatt von 20 Prozent auf die GEMA-Tarife in Betracht. Sofern eine Anmeldung bei der GEMA unterbleibt, ist sie grundsätzlich berechtigt, die doppelte Lizenzgebühr, das heißt, die doppelten Tarife zu verlangen. Außerdem fallen die auf Grundlage des Rahmenvertrages gewährten Rabatte weg. Für den Fall, dass die GEMA-Anmeldungen für einen längeren Zeitraum nicht vorgenommen worden sind, kann die GEMA auch rückwirkend Forderungen geltend machen. Im Bereich der Musiknutzung in „Gaststätten, Hotels und Pensionen“ unterscheidet die GEMA innerhalb ihrer Tarife in erster Linie zwischen der „Wiedergabe von Hintergrundmusik“ und der Nutzung „für Veranstaltungen mit Unterhaltungs- und Tanzmusik“ einerseits sowie der Raumgröße andererseits. Werden bsw. bei einer Raumgröße von bis zu 100 qm Original-CDs o.ä. als Hintergrundmusik wiedergegeben, belaufen sich die monatlichen GEMA-Gebühren auf rund 20 Euro. Die Tarife der GEMA für die Nutzung als Hintergrundmusik beinhalten bereits die Zuschläge der GVL (vgl. oben), der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) sowie der Zentralstelle für die Wiedergabe von Fernsehsendungen (ZWF). Letzteres ist bei einer Fernseh-(Musik)-Wiedergabe von Bedeutung. Bei (einmaligen) Veranstaltungen mit Unterhaltungs- und Tanzmusik wird seitens der GEMA zudem danach differenziert, ob für die Veranstaltung ein Eintrittsgeld verlangt wird und es sich um Live-Musik oder Musik aus der „Konserve“ handelt. Wegen der Vielzahl der in diesem Zusammenhang existierenden Tarife ist als Fazit zu empfehlen, unter fachkundiger Anleitung in Zusammenarbeit mit der GEMA den Tarif zu bestimmen, der den Interessen des Gastronomen am ehesten gerecht wird. Rechtsanwalt Loy Ullmann Haupt Rechtsanwälte Oranienburger Straße. 65, 10117 Berlin-Mitte www.rechtsanwalt-haupt.com info@rechtsanwalt-haupt.com GARCON
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GASTROQUIZ
Hans-Dietrich Genscher und Richard von Weizsäcker waren ebenso seine Gäste wie Harald Juhnke, Curd Jürgens und dutzende andere Prominente aus Kunst und Politik. Was heute das „Borchardt“ ist, war einst das „Restaurant bei Heinz Holl“, so der ofizielle Name des Charlottenburger Lokals. Heinz Holl, den seine Freunde Heini nannten, wurde 1917 in Berlin geboren, überlebte das KZ Theresienstadt, war Boogie-Woogie-Tänzer, Schauspieler und ein Berliner Original. Seine Gäste konsumierten nicht nur Heinz Holls geballten Charme, sondern auch seine Spezialitäten: geillte Fisch (ein Karpfengericht der jüdischen Küche), riesige Kohlrouladen (mit denen er bei einem internationalen Kochwettbewerb in Athen sogar mal einen Preis gewann), Rösti und Roastbeef. „Jede Kneipe ist so gut wie ihr Inhaber“, diktierte er Journalisten immer wieder als Grund für seinen Erfolg in ihre Notizblöcke. Ohne Zweifel: Heini Holl schrieb ein Kapitel Berliner Gastronomiegeschichte. Anfang Juni 1994 starb er, 77jährig. Das Haus, in dem sein Restaurant war, wird gerade saniert. Schöne Jugendstilornamente zieren die Fassade, ein Hinweis auf die Gastrolegende allerdings fehlt. Wo befand sich das Promilokal? A in der Damaschkestraße B in der Mommsenstraße C in der Pestalozzistraße Ihre Antwort bitte an Redaktion GARCON, Bildárt Media Verlag, Alt-Biesdorf 7, 12683 Berlin Fax: 030 - 51 73 84 92 E-Mail: info@bildart-verlag.de Die Gewinne, drei Kochbücher deutscher Spitzenköche, werden unter den Teilnehmern verlost, die unsere Frage richtig beantwortet haben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 29.9.2008. Die Gewinne werden von der Redaktion per Post zugesandt.
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GARCON
TERMINE & GÄSTEBUCH GÄSTEBUCH Berlin 7.-9.9.2008
Berlin 16.9.2008
Lucky heißt eigentlich Jürgen und stammt
Gastro Vision Berlin, Branchentreff
Berliner Hoffest im Roten Rathaus,
von der Schwäbischen Alb. Seit fast drei Jah-
in der Landesvertretung Nieder-
Einladung notwendig
ren ist der gelernte Zimmermann schon auf Wanderschaft. „Auf der Walz“, sagt der Hand-
sachsen und Schleswig-Holstein,
San Vito Lo Capo (Sizilien) 25.-30.9.2008
werksgeselle.
notwendig www.gastro-vision.com
Internationales
Couscous-Fest,
er einen Job in Frohnau, nun will Lucky auf
ein Festival mediterraner Kultur
die Insel Rügen. Wir trafen den Handwerks-
und Kochkunst
burschen in einer Kneipe in Prenzlauer Berg.
www.sanvitocouscous.com
Auf die Hauptstadt, ihre Gastronomie und ihre
täglich 13.00-20.00 Uhr, Einladung
Klaistow 11.9.2008 Eröffnung der 5. Kürbisausstellung
Österreich,
Gastfreundschaft angesprochen, formulierte
Klaistow, Sortenschau und Kür-
Düsseldorf 28.9.-1.10.2008
bisverkauf bis 2.11.2008, täglich
InterMopro, InterCool, InterMeat,
8.00-19.00 Uhr
Fachmesse für Molkereiprodukte,
www.buschmann-winkelmann.de
TK, Fleisch mit European Foodtalk
auf dem Spargel- und Erlebnishof
Süddeutschland,
die Schweiz, jetzt Berlin. Für zwei Tage fand
er im heimatlichen Dialekt das wohl kürzeste Kompliment: „Isch scho fei.“
(28.9.) im Rahmen der hogatec, ei-
Berlin 12.9.2008
ner internationalen Fachmesse für
Eröffnung der Rockbar „Titty Twis-
meinschaftsverplegung
ter“ in der Kulturbrauerei Prenz-
www.intermopro.de
Hotellerie, Gastronomie und Ge-
lauer Berg durch den Reinickendorfer Sat1-Starsearch-Gewinner Martin Kesici
Berlin 5.10.2008 3-Sterne-Koch Juan Amador ist zu
Hamburg 13.-14.9.2008
Gast im Adlon. Gemeinsam mit Lo-
Food Market in der Hamburger
Neeser kocht Amador, der im hes-
Großmarkthalle mit 34 regiona-
sischen Langen zu Hause ist, ein
len Produzenten, Infoständen und
6-Gänge-Menü. Der Abend kostet,
23 restaurants aus Hamburg und
inclusive von vier verschiedenen
Schleswig-Holstein
Champagnersorten, 620 Euro pro
13.9. – 11.00-19.00 Uhr
Person. Die Teinehmerzahl ist auf
14.9. – 10.00-16.00 Uhr
24 Personen begrenzt.
renz-Adlon-Küchenchef
Thomas
Reservierung: 030 – 22 61 – 19 60
Bad Segeberg 15.9.2008
oder www.hotel-adlon.de
Eröffnungsgala des 22. SchleswigHolstein Gourmet Festivals im Vitalia Seehotel Bad Segeberg www.schleswig-holstein-gourmetfestival.de
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Bar Centrale Yorckstraße 82 10965 Berlin-Kreuzberg Tel. 030-786 29 89
Bieberbau Durlacher Straße 15 10715 Berlin-Wilmersdorf Tel. 030-853 23 90
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Die Legende von Paula und Ben Gneisenaustraße 58 10961 Berlin-Kreuzberg Tel. 030-28 03 44 00
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Rutz-Wein-Bar Chausseestraße 8 10115 Berlin-Mitte Tel. 030-24 62 87 60
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Fischers Fritz im Hotel The Regent Charlottenstraße 49 10117 Berlin-Mitte Tel. 030-20 33 63 63
Trattoria Paparazzi Husemannstraße 35 10435 Berlin-Prenzlauer Berg Tel. 030-440 73 33
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Vapiano Augsburger Straße 43 10789 Berlin-Charlottenburg Tel. 030-88 71 41 95
Hermanns Einkehr Emser Straße 24 10719 Berlin-Wilmersdorf Tel. 030-88 71 74 75
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W – der Imbiss Kastanienallee 49 10435 Berlin-Prenzlauer Berg Tel. 030-43 02 06 78
IMPRESSUM
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