5 minute read

Green Bonds

Next Article
FLV-listing

FLV-listing

Aufwind für Green Bonds

Die Welt steht vor gewaltigen Umwälzungen: Soll der Kilmawandel aufgehalten werden, müssen Abermilliarden in „grüne Infrastruktur“ investiert werden. Das sollte Green Bonds stärken, die 2020 noch stagnierten.

Advertisement

HARALD KOLERUS

Definition: „Grüne Anleihen“

Der Begriff „Green Bond“ beschreibt ein festverzinsliches Wertpapier, das zur Kapitalbeschaffung für Aktivitäten zur Verringerung bzw. Verhinderung von Umwelt- und Klimaschäden dient. Arnaud-Guilhem Lamy, BNP Paribas, drückt es so aus: „Finanziell bieten grüne Anleihen die gleichen Merkmale wie klassische Bonds – den ökologischen Nutzen gibt es ohne Aufpreis dazu.“ Social Bonds unterscheiden sich wiederum von Grünen Anleihen durch die Miteinbeziehung sozialer Verbesserungen. Ü berspitzt könnte man es so ausdrücken: Corona geht (hoffentlich durch eine effiziente Durch-Impfung), der Klimawandel aber bleibt; mit ihm seine Probleme, wie ansteigende Meeresspiegel, die Zerstörung von Lebensraum, extreme Wetterereignisse und so weiter und so fort. Politik, Wirtschaft, Konsumenten und Investoren sind jetzt gefragt, entschlossener zu handeln.

Fünf vor Zwölf

Wie sehr die Zeit drängt, zeigt der aktuelle Bericht der Weltorganisation für Meteorologie: Auch wenn der Ausstoß durch die Corona-Pandemie vorübergehend zurückgegangen ist, hat die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre auch 2020 wieder zugelegt. Das letzte Mal hat die Erde vor drei bis fünf Millionen Jahren aufgrund der damals herrschenden meteorologischen Bedingungen eine ähnliche CO2-Konzentration erlebt. Zu diesem Zeitpunkt lag die weltweite Durchschnittstemperatur sogar zwei bis drei Grad höher und der Meeresspiegel etwa 10 bis 20 Meter höher als heute. Aber es gab auch nicht 7,7 Milliarden Menschen auf dem Planeten, die jetzt das Klima weiter anheizen und sich um endliche Ressourcen balgen. Aber zum Glück ist der Homo Sapiens, falls er diese Bezeichnung verdient, nicht handlungsunfähig. Im Kampf gegen die Erderwärmung stehen viele Themen auf der Agenda: Etwa thermische Sanierung, Energieeffizienz, Aufforstung und natürlich der Ausbau regenerativer Energien. Neben den „Klassikern“, wie Wind und Solar, werden auch neue Wege bestritten: So will die EU den Bereich der Wasserstoffwirtschaft massiv forcieren, was in den nächsten 30 Jahren Investitionen von geschätzten 470 Milliarden Euro nach sich ziehen könnte. Trotz dieser enormen Summe wird staatliches Eingreifen alleine die Energiewende nicht stemmen können, was sogenannte Green Bonds ins Spiel bringt. Dabei handelt es sich grob gesagt um Anleihen, die zur Kapitalbeschaffung im Kampf gegen den Klimawandel dienen (siehe Definition links). Europa gilt noch immer als federführend, was solche Grünen Bonds betrifft. In anderen Ländern wurde das Thema etwas vernachlässigt. Zumindest bisher.

USA als Game-Changer

Vor allem Ex-Präsident Donald Trump wird als Klimaverweigerer in die Geschichte eingehen. Sein Abgang öffnet jetzt aber neue Möglichkeiten. Notenbank-Chef Jerome Powell bestätigte bereits Ende des Vorjahres, dass die US-Notenbank dem „Network for Greening the Financial System“ (NGFS) beitreten will, was mittlerweile auch vollzogen

Marktanteile bei ESG-Bonds

57% 43%

ESG-Bonds 2020

Quelle: BBVA/Datastream Social & Sustainability Bonds Green Bonds

Social & Sustainability Bonds sind heute im Universum der Nachhaltigkeits-Anleihen am stärksten vertreten.

wurde. Das Netzwerk verbindet Zentralbanken und Aufsichtsbehörden, die an der Entwicklung von Instrumenten und Praktiken zur Bekämpfung von Klimarisiken im Finanzsystem und für den Übergang hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft arbeiten. Der Beitritt der US-Notenbank hat wohl mehr als nur symbolischen Charakter. Auch Präsident Biden und Janet L. Yellen, die neue Leiterin des Finanzministeriums, sind klare Befürworter von Klimaschutz-Maßnahmen. Nach Angaben der neuen US-Administration werden sich die Investitionen in Umweltthemen in den nächsten zehn Jahren auf 1,7 Billionen Dollar belaufen.

Push für grüne Anleihen

Der Schwenk sollte jetzt nicht zuletzt das Segment der Green Bonds befeuern, bisher hatten die USA hier von staatlicher Seite keine Emissionen durchgeführt: „Mit der Nominierung von Yellen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch die US-Regierung bald grüne Anleihen ausgeben wird, was ein ganz beträchtliches Wachstum des Marktes auslösen könnte“, erwartet Arnaud-Guilhem Lamy von BNP Paribas Asset Management. Martin Cech, Anleihenspezialist und Manager des „Green Bond Fonds Erste Responsible Bond Global Impact“, ergänzt dazu im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Die ambitionierten Pläne Bidens werden zu einem Schwenk hin zu mehr Nachhaltigkeit und erneuerbaren Energien führen. Wahrscheinlich ist dieser Richtungswechsel auch auf dem Finanzierungssektor, was Anleihen miteinschließt.“ Der Spezialist gibt aber zu bedenken, dass US-Bonds für ethisch motivierte Investoren problematisch sein können, zum Beispiel durch die weit verbreitete Atomenergie in den Vereinigten Staaten und das nukleare Waffenarsenal. Cech: „Europa wird weiterhin Vorreiter bei nachhaltigen Anleihen bleiben.“

Investmentmöglichkeiten

Privatanleger profitieren am besten mit breit gestreuten Fonds von der Thematik. Produkte wie der „UniInstitutional Green Bonds“ oder der „Amundi Responsible Investing - Green Bonds“ kommen in einem Jahr auf rund fünf bis sechs Prozent Ertrag. Längerfristig kann man von ungefähr drei Prozent per annum (Dreijahresbereich) ausgehen. Das klingt nicht nach sonderlich viel, ist für Anleihenfonds aber angemessen, außerdem steht hier das gute Gewissen im Vordergrund. „Europa wird auch weiterhin Vorreiter bei nachhaltigen Anleihen bleiben.“

Martin Cech, Anleihenspezialist bei der Erste Asset Management

Beliebtheit steigt bei Nachhaltigkeits-Bonds

in Mrd. Euro 400

300

200

Quelle: BBVA/Datastream 100

0 2017 2018 Green Bonds 2019 Social & Sustainable Bonds 2020

Grüne Anleihen sind auf den Umweltsektor fokussiert, Social & Sustainable Bonds verfolgen einen breiteren Aufgabenbereich und zielen auf soziale Verbesserungen ab. 2020 konnten Social Bonds stark zulegen, 2021 wird das auch für Green Bonds erwartet.

Die Welt wird grün

Derzeit ist Europa der weltweit größte Emittent von grünen Anleihen, gefolgt von den USA und Asien. Wohlgemerkt: In den Vereinigten Staaten werden Green Bonds von unternehmerischer Seite gestellt; der Staat hat sich bisher aus diesem Spiel herausgehalten. Der Richtungswechsel der amerikanischen Politik hin zu mehr Nachhaltigkeit unter dem neuen Präsidenten Joe Biden könnte das Bild aber ändern und zur Emission von Green Government Bonds führen (siehe Haupttext). Aber auch Europa schaltet keinen Gang zurück: Die Europäische Kommission will einen EUweit einheitlichen Standard für grüne Anleihen schaffen, und somit den Markt weiter beleben. Eine europäische Norm für grüne Anleihen sollte dazu beitragen, die Ziele des europäischen Green Deals (Klimaneutralität bis 2050) zu erreichen. Übrigens: In Österreich gibt es bis heute keine nachhaltigen Staatsanleihen. Was etwas verwundert, präsentiert sich die Alpenrepublik doch sonst gerne als Umweltmusterland. Experten, wie Martin Cech von der Erste Asset Management, glauben aber, dass in absehbarer Zeit eine „rot-weiß-rote“ und gleichzeitig „grüne Bundesanleihe“ nachziehen wird. Ansonsten bestätigt Cech, dass der Markt allgemein an Breite und Tiefe gewinnt. Zuletzt hat zum Beispiel die S IMMO die Emission eines Green Bonds bekanntgegeben. Das Unternehmen beabsichtigt, den Emissionserlös für zukünftiges Wachstum einzusetzen und widmet dabei die erwarteten Mittel für die vollständige oder teilweise (Re-)Finanzierung von nachhaltigen Projekten. „Dies umfasst insbesondere die strategiekonforme (Re-)Finanzierung von Immobilien, die über hochwertige Nachhaltigkeitszertifikate verfügen, sowie von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz“, heißt es von der S IMMO.

This article is from: