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Kurzmeldungen
USA: Biden setzt sich durch
Klimapaket bricht Rekorde. Die Situation rund um die Erderwärmung spitzt sich dramatisch zu, wie nahezu alle Experten bestätigen. Denn im Zuge des Ukraine-Kriegs sind fossile Brennstoffe (zumindest kurzfristig) wieder in Mode gekommen. Erfreulich, dass es jetzt aber endlich eine gute Nachricht gibt: Nach Monaten der Auseinandersetzung haben es die Demokraten des US-Senats endlich geschafft: Der „Inflation Reduction Act“ wurde gebilUS-Präsident Joe Biden kämpft ligt. Von den 739 Milliarden Dollar, die das Gesetz bereitgegen die Inflation stellt, sind 369 Milliarden für den Klimaschutz vorgesehen. Die stattliche Summe soll die Umstellung auf nachhaltige Energieerzeugung, Mobilität und Heizungssysteme sowie die landesweite Reduktion von Emissionen vorantreiben. Allein 200 Milliarden Dollar davon sind für die Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energieerzeugung reserviert. Darüber hinaus könne das Gesetz die Entwicklung der Technologie von CO2-Abscheidung und -Speicherung begünstigen, die CO2 direkt nach dem Ausstoß aus der Atmosphäre entfernt. Alles in allem ist das die größte Klima-Investition in der Geschichte der Vereinigen Staaten. Ein großer Erfolg für Präsident Biden, vor allem wenn man bedenkt, dass sein Vorgänger Trump noch als vehementer Klimaleugner aufgetreten ist. „Eines ist klar: Das neue Gesetz könnte wegbereitend für einen fundamentalen, ökologischen Wandel sein. Es wird der Branche für nachhaltige Energie weiteren Schub verleihen“, sagt Rahul Bhushan, Co-Gründer des thematischen ETF-Anbieters Rize ETF. Das Gesetzespaket könnte bis 2030 – im Vergleich zum Wert aus 2005 – 40 Prozent der CO2-Emissionen in den Vereinigten Staaten einsparen. „Es besteht kein Zweifel, dass wir es mit einem historischen Schritt zu tun haben“, bekräftigt auch ein Atmosphärenforscher der University of Georgia. Bemerkenswert: Die Biden-Regierung wollte eigentlich ein noch umfassenderes Klimapaket durchsetzen, das jedoch im Februar am Widerstand im Senat gescheitert war.
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DIE ZAHL DES MONATS
27,5 Billionen
Nachhaltig am Vormarsch. Laut einer aktuellen Studie von Schroders wird Impact Investing neben ESG-Integration und Positivscreening mittlerweile als eine der wichtigsten Säulen des nachhaltigen Investierens angesehen. Für die großangelegte Analyse wurden 770 Institutionelle Anleger befragt, die insgesamt 27,5 Billionen Dollar an Vermögenswerten verwalten. Knapp die Hälfte (48 %) der Investoren weltweit gab an, dass Impact Investing ihr bevorzugter Ansatz zur Umsetzung von Nachhaltigkeit sei – ein deutlicher Anstieg gegenüber 38 Prozent vor einem Jahr und 34 Prozent in 2020. Bei den in Europa befragten Anlegern liegt dieser Anteil mit 50 Prozent sogar etwas höher (2021: 41 %, 2020: 32 %). Die Studie ergab auch, dass die Bedeutung einer vollständigen ESG-Integration in den Anlageprozess zugenommen hat, was diesen Ansatz unter den Investoren noch stärker in den Vordergrund rückt.
Rezession Die Spannung steigt
Erhöhtes Risiko. Die Weltwirtschaft scheint auf eine Rezession zuzusteuern, meint Jeremy Lawson, Chief Economist am abrdn Research Institute. Zwar sei eine weiche Landung möglich, doch es gebe nur wenige historische Beispiele, bei denen Ungleichgewichte in der heutigen Größenordnung ohne eine Rezession abgebaut wurden: „Das Jahr 2023 ist der wahrscheinlichste Zeitpunkt für eine globale Rezession. Ein früherer Zeitpunkt wäre allerdings nicht überraschend“, so der Ökonom wenig optimistisch. Ursachen für den möglichen Abschwung: Natürlich berge der Krieg in der Ukraine auch durch seine Auswirkungen auf die Rohstoffpreise Rezessionsrisiken. Den größten Einfluss auf einen globalen Wirtschaftsabschwung habe aber die weltweit zu beobachtende Straffung der Geldpolitik.
Tech-Titel: Nicht unterschätzen
Digitalisierte Welt. Globale Technologie-Aktien erlebten zuletzt einen bemerkenswerten Aufschwung. Jedoch verwundert einige Anleger die schwache Performance des Sektors im bisherigen Jahresverlauf. Denny Fish, Denny Fish, Portfolio-Manager Portfolio-Manager bei Janus bei Janus Henderson Investors Henderson, kommentiert: „Heuer haben größtenteils makroökonomische Faktoren Tech-Aktien belastet, da die Investoren Gegenwind wie Inflation, steigende Zinsen und eine potenzielle Konjunkturverlangsamung berücksichtigt haben.“ Längerfristig ist er jedoch der Ansicht, dass Fundamentaldaten die endgültige Determinante der Anlagerenditen sind. Seiner Ansicht nach sind die Unternehmen, die auf längere Sicht attraktive Ergebnisse erzielen können, weiterhin diejenigen, die thematisch auf die fortschreitende Digitalisierung der Weltwirtschaft ausgerichtet sind. Dazu gehören vor allem Themen wie Künstliche Intelligenz, die Cloud, das Internet der Dinge (IoT) und 5G-Konnektivität.
Inflation: Hoffnungsschimmer
Preishammer. Die extreme Teuerungswelle lässt Konsumenten stöhnen, es könnte aber (langfristig) Besserung in Sicht sein, wie mehrere Volkswirte annehmen. Zumindest wird kein Anstieg ins „Unendliche“ erwartet, sondern ein Einpendeln auf relativ hohem Niveau. So meint Dieter Wermuth, Economist und Partner bei Wermuth Asset Management: „Insgesamt sind die Inflationserwartungen trotz der rekordhohen aktuellen Inflation sehr niedrig. Ein wichtiger Indikator ist die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen, die nur 0,9 Prozent beträgt und in den letzten Monaten kräftig gesunken ist. Erfreulich auch, dass die Ölpreise von der Spitze um 20 Prozent zurückgekommen sind, Weizen um 30 Prozent. Die Lage entspannt sich also.“ Der Experte kann sich daher vorstellen, dass die EZB ihren Hauptrefinanzierungssatz bis zum ersten Quartal 2023 um insgesamt 100 Basispunkte auf 1,5 Prozent anheben wird, dann aber erst einmal abwarten will, was sich an der Inflationsfront tut. Ende 2023 dürfte die europäische Inflationsrate wieder unter drei Prozent liegen.
Im Fokus: Healthcare
Beste Gesundheit. „Im zweiten Quartal performte der HealthCare-Bereich des S&P 500 besser als der Gesamtindex – er ging um 5,9 Prozent zurück, während der S&P 500 ein Minus von 16,1 Prozent verzeichnete. In den Mark Baribeau, Head of Global letzten vier Quartalen stieg Equity bei Jennison Associates der Gesundheitssektor sogar um insgesamt 3,4 Prozent, während der Gesamtindex einen Rückgang von insgesamt 10,6 Prozent erfuhr“, zieht Mark Baribeau, Head of Global Equity bei Jennison Associates, Bilanz. Mit Blick auf den weiteren Jahresverlauf sei durchaus davon auszugehen, dass sowohl die Folgen von Covid-19 sowie die wirtschaftlichen und politischen Turbulenzen wieder nachlassen werden. Damit könnte der HealthCare-Sektor wieder eine Vorreiterrolle einnehmen, „da die Anleger wieder verstärkt auf die soliden Fundamentaldaten der Unternehmen und die signifikanten Alpha-Chancen setzen, die sich aus der breiten Innovationskraft des Sektors ergeben“, so der Experte.
China-Investments: Nein, danke!
Gefährlich. Nachdem China schon einige Zeit untergewichtet war, hat Investment-Manager Jason Pidcock sämtliche Positionen des Jupiter Asian Income Fund in Festland-China verkauft. Denn er schätzt die Rentabilität der Unternehmen im Vergleich zum Rest der Region als gering ein, und ist der Meinung, dass die Bewertungen in China angesichts einer langen Periode von regulatorischen Einschränkungen Abwertungen verdienen. Der Experte: „In jüngster Zeit bin ich zunehmend unzufrieden mit der innenpolitischen Entwicklung in China und den schlechter werdenden Beziehungen zu anderen Ländern, insbesondere zu den USA. Daher bewerte ich die Aussichten für die chinesische Wirtschaft weiterhin negativ.“ Hintergrund: Die Geheimdienste der USA und des Vereinigten Königreichs warnen zunehmend vor der Bedrohung, die China für den Westen darstellt. Es gibt bereits eine Liste von China-Aktien, in die US-Investoren nicht veranlagen dürfen. Da spielt natürlich das Säbelrasseln der Volksrepublik gegenüber Taiwan mit: Ein heißer Krieg ist nicht wahrscheinlich, aber auch nicht ausgeschlossen.
Kalter Krieg 2.0: Konflikt ohne Sieger
Shoqat Bunglawala, Head of Multi-Asset Solutions bei Goldman Sachs Kein Silberstreif. Die Konfrontation zwischen Russland und dem Westen erinnert an vergangene Zeiten – an den Kalten Krieg. Verglichen mit den breiten ideologischen Konflikten, die im 20. Jahrhundert zwischen dem Ostblock und dem Westen bestanden, sind die Anfangsphasen des Kalten Kriegs 2.0 bisher gezielter und lokalisierter. „Wie es scheint, wird er jedoch voraussichtlich das Weltwirtschaftswachstum und die globale wirtschaftliche Zusammenarbeit mehr schädigen – und das praktisch ohne all die Silberstreifen am Horizont, die der erste Kalte Krieg durchaus bot“, analysiert Shoqat Bunglawala, Anlage-Spezialist bei Goldman Sachs. Bedenke man die wirtschaftlichen, politischen und humanitären Kosten für alle Seiten, werde es laut dem Experten beim Kalten Krieg 2.0 vermutlich keinen Sieger geben. In dieser Situation sollte der herkömmliche Fahrplan für Anlagen neu überdacht werden, um den erhöhten geopolitischen Risiken Rechnung zu tragen.