n Ölgemälde
?
Als langjähriger Leser Ihres Magazins möchte ich meine Anfrage an Sie richten. Ich habe dieses Bild geerbt. Die Maße ohne Rahmen sind 24 x 18 cm. Es ist auf Leinwand gemalt und hat eine sehr feine Pinselführung. Unten links habe ich dieses Symbol gefunden: Es sieht aus wie ein großes „S” mit einer Raute. Das Bild hat ei-
nen geschnitzten Holzrahmen. Ich würde gerne erfahren, wie alt es sein könnte und ob es einen Wert besitzt. Uwe Blass, o. O.
! Das kleinformatige Gemälde zeigt einen jungen Geiger in Seitenansicht, der im Schein eines Kerzenlichts von einer Partitur mit dem Titel „Violin Untericht[sic!]“ ablesend spielt. Unten links befindet sich ein Zeichen, das als Künstlersignatur gedeutet werden soll. Es ist die bekannte Rhombussignatur des Malers Carl Spitzweg (1808-1885), dem bis heute sehr bekannten und beliebten Genremaler. In seinem sehr umfangreichen Œuvre finden sich durchaus einige Darstellungen von Geigern, allerdings in anderen Situationen, meist als Ganzfiguren im Freien inszeniert. Die Gesichtszüge und die Brillenform dieses Geigenschülers orientieren sich ebenfalls an den typischen „Spitzweggesichtern“. Aber die malerische Ausführung und das Motiv selbst in seiner Nahaufnahme des Gesichts und die Detailarmut der Darstellung lassen stutzen. Tatsächlich ist dieses Motiv im Werkverzeichnis der Gemälde von Siegfried Wichmann aus dem Jahr 2002 nicht abgebildet. Weitere Hinweise liefert das Material: Die helle Leinwand spricht zum einen für eine Doublierung, also eine restauratorische Maßnahme, bei der die ursprüngliche Leinwand mit einer neuen Leinwand hinterlegt wird. Auf den Fotos sind schauseitig allerdings keine Schäden zu erkennen, die diese Maßnahme gerechtfertigt hätten. Die zweite Möglichkeit ist, dass es sich um eine relativ junge Leinwand handelt, keinesfalls aus dem 19. Jahrhundert. Der Rahmen verweist ins erste Drittel des 20. Jahrhundert, in dem die Verehrung für Spitzweg hoch war und viele Kopien entstanden. Vermutlich ist hier das tatsächliche Entstehungsdatum zu setzen. Möglicherweise befindet sich unterhalb der Signaturmarke vom Rahmen verdeckt die Anmerkung „Kopie“, „Nach“, Varianten davon oder sogar die Signatur des Kopisten. Falls nicht, ist von einer Fälschungsab-
sicht auszugehen. Und dies hätte eine lange Tradition, da Spitzweg bereits zu Lebzeiten kopiert und gefälscht wurde. Von der offenen Frage der Fälschungsabsicht hängt auch der Schätzwert ab. Eine Fälschung hat keinen Handelswert. Wäre durch weitere Anmerkungen in der Nähe der Rhombussignatur deutlich, dass es sich um ein Werk eines anderen Künstlers oder Künstlerin handelt, ergäbe sich ein Schätzwert von etwa 80 bis 120 Euro.
Diana Lamprecht, Sachverständige für Kunst und Antiquitäten, Trier
n Gläser
?Seit langem bin ich im Besitz von einem Paar Gläser (eines abgebildet). Die Gläser sind 19 cm hoch. Können Sie mir bitte mitteilen, aus welcher Zeit die Gläser stammen, ob sie einer Glashütte o. Ä. zuzuordnen sind und welchen Wert die Gläser haben? Sebastian Baltschun,
!Auf rundem, getreppten Fuß setzt ein vierfach facettierter Schaft an, auf dem eine getreppte konische Kuppa aufsitzt. Auf dem Fuß, dem unteren Schaft und der Kuppa ist ein geometrischer Golddekor in rechteckigen, quadratischen und trapezförmigen Flächen aufgebracht. Der Typus des Stengelglases als Untertypus des Kelchglases entwickelt sich um 1900 und besonders die Theresienthaler Hütte, die Josephinenhütte, die Rheinische Glashütten AG aber auch weitere bayerische, böhmische und österreichische Hersteller produzieren feine Exemplare in vielfältigen Ausformungen. Bereits in den 1890er Jahren gab es Maschinen, die die Massenproduktion von geblasenem Hohlglas ermöglichten.
Die vorliegenden Gläser verweisen mit dem Grundaufbau und geometrischen Golddekor auf den Art-Déco-Stil und erinnern beispielsweise an Entwürfe von Otto Prutscher, die im ersten Viertel des 20. Jahrhundert wohl von der Firma Meyr’s
n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist.
Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können.
Ihre Anfrage schicken Sie bitte an:
Gemi Verlags GmbH
Redaktion Leserforum
Robert-Bosch-Str. 2
85296 Rohrbach
oder per E-Mail an info@gemiverlag.de
Neffe in Böhmen produziert wurden, sich in der Technik jedoch stark zu den vorliegenden Gläsern unterscheiden. Eine Datierung auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts liegt nahe. Böhmen und Bayern als Herstellungsorte sind recht wahrscheinlich. Eine exakte Verortung kann allerdings nicht stattfinden, da sich der konkrete Produzent in diesem Fall nicht identifizieren ließ.
Das vorliegende Glas ist sehr schön, mit zeitlosem Dekor, der dem heutigen Zeitgeschmack gefällt, aber ob der Goldauflage nicht pflegeleicht ist. Ohne Zuordnung durch eine Entwurfskizze zu einem bestimmten Entwerfer bzw. Entwerferin liegt der Marktwert einzelner Stengelgläser, selbst bei Herstellung durch eine renommierte Hütte, aktuell sehr niedrig: Diese Gläser liegen pro Stück bei circa 12 bis 20 Euro. Diana Lamprecht, Sachverständige für Kunst und Antiquitäten, Trier
n Porzellan-Konvolut
?Vor einiger Zeit wurde ich gebeten, den Nachlass für eine Jugendstilvilla in Dachau für ein Auktionshaus zusammenzustellen. Mein Hauptinteresse bezieht sich heute ausschließlich auf das Nymphenburg-Porzellan. Alle diese Teile sind mit dem sog. Hexagramm-Stempel versehen. In dem Ihnen sicher bekannten Buch von Alfred Ziffer, Nymphenburger Porzellan, ist auf den Stempel verwiesen für Porzellan von 1763 bis 1767. In einem weiteren Vermerk heißt es, der Stempel soll 1890 nochmal kurz verwendet worden sein. Die Stempel sind alle nicht aufgedruckt, sondern wohl handgemalt. Wie bei Ziffer sind die Ecken des Hexagramms mit Buchstaben, Ziffern oder geometrischen Zeichen versehen. Darüber hinaus gibt es auch eine Reihe von Stempeln, die an den Eckpunktendie Großbuchstaben KPMN aufweisen. Nach meiner Fantasie könnte dies „Kurfürstliche (alte Schreibweise) Porzellanmanufaktur Nymphenburg" bedeuten. Kann mir jemand sagen, wann und für was Nymphenburg diesen Hexagramm-Stempel verwendet hat? Der E-Mail beigefügt sind mehrere mir derzeit zur Verfügung stehende Fotografien diverser Stempel und einiger dazugehöriger Porzellanteile. Manfred Horn, o. O.
!Die Porzellanteile zeigen in der Tat Porzellanmarken, welche denen der Churfürstlichen Porcelain Fabrique Nymphenburg ähneln. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war Porzellan der Nymphenburger Manufaktur ein Luxusprodukt, welches vom hohen Rang der Wittelsbacher über die Grenzen Bayerns hinaus künden sollte. Viele aufgeklärte Fürsten jener Zeit versuchten durch die Gründung von Manufakturen eine Industrie in ihren Ländern zu etablieren. Idealerweise sollten die Produkte von der Qualität und Leistungsfähigkeit des Landes zeugen und Steuereinnahmen generieren. Nur selten waren diese vom Adel getragenen Unternehmungen erfolgreich. Auch die Nymphenburger Manufaktur erlebte im 19. Jahrhundert einen Niedergang. Produziert wurde vermehrt technisches Porzellan, z. B. Isolatoren für Telegraphenmasten oder Laborschalen.
Versuche, künstlerisch bedeutsames Porzellan herzustellen, scheiterten. So entschied man sich 1888, die Manufaktur an einen bürgerlichen Unternehmer zu verpachten. Der neue Pächter Albert Bäuml gelangte offenbar nach einer Bestandsaufnahme zu dem Schluss, sich auf alte Qualitäten der Manufaktur zu besinnen. Die alten Porzellanmarken zu verwenden, war daher eine logische Entscheidung. Die hier zu besprechenden Porzellanteile zeigen einen modernen Standring und eine recht einfache Bemalung. Die Nymphenburger Manufaktur verwendete diese Firmenzeichen für den kurzen Zeitraum von 1890 bis 1900. Der Wert des kleinen Porzellan-Konvoluts sollte bei unter 200 Euro liegen.
Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Lüneburg
AUSSTELLUNGEN
n Künstler, Kritiker, Karikaturist
Vicco von Bülow, alias Loriot, zählt zu den bedeutendsten Humoristen Deutschlands. Seine bekannten Knollennasenmännchen und geflügelte Worte wie „Ach was“ oder „Früher war mehr Lametta“ sind bereits Teil des kulturellen Gedächtnisses. Die Ausstellung in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen rückt Loriot insbesondere als Künstler in den Fokus und präsentiert mehr als 300 originale Zeichnungen aus seiner Kindheit und Jugend bis zu seinem Spätwerk. Durch seine messerscharfe Beobachtungsgabe zielt Loriots Humor geradewegs auf das Selbstverständnis der kleinbürgerlichen Gesellschaft der 1950er- bis 1980er-Jahre und hält ihr regelrecht den Spiegel vor. Zahlreiche Werke – in Wort und Bild – entfalten eine ganz eigene Komik und werden so zu Zeugnissen feinster Gesellschaftskritik. Ob als Werbegrafiker oder als Kolumnist für die Zeitschriften Stern und Quick – seine Zeichenkunst hat durch ihren hohen Wiedererkennungswert bis heute einen ikonischen Charakter. Ein Teil der Ausstellung setzt darüber hinaus den thematischen Schwerpunkt auf ein ganz besonderes Stück Zeitgeschichte: 1985 findet die erste Loriot-Ausstellung in der DDR statt und legt den Grundstein für Loriots fortwährende Verbindung zu seiner Geburtsstadt Brandenburg an der Havel. Mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl gelingt es Gerda Arndt, Leiterin des Brandenburger Dommuseums, und Personen in ihrem Umkreis die politisch brisante Präsentation eines in Westdeutschland wirkenden Künstlers an den staatlichen Stellen vorbei in die Wege zu leiten. Aber auch das Schaffen als Schriftsteller,
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Schauspieler und Regisseur wird in der Schau beleuchtet. Zu sehen sind Loriots Phasenzeichnungen für seine berühmten Zeichentrick-Cartoons wie Herren im Bad sowie von ihm entworfene Opernbühnenmodelle und Drehbücher. Szenenfotos legendärer Sketche wie „Die Nudel” und seiner Spielfilme „Ödipussi” und „Pappa ante portas” vervollständigen das umfangreiche Werk Loriots und geben Einblick in die Genauigkeit und Akribie, mit der er sich jeder seiner Arbeiten widmet.
„Das Herstellen der Komik ist schwere Arbeit“, hat Loriot in einem Interview gesagt. Die Schau lädt dazu ein, sich selbst davon zu überzeugen.
Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit dem Caricatura Museum Frankfurt sowie dem Stadtmuseum Brandenburg an der Havel und wird gefördert von der Stadtsparkasse Oberhausen und dem Freundeskreis der Ludwiggalerie. Kulturpartner ist WDR 3. (Bis 18. Mai)
Telefon: 0208 41249113
Webseite: www.ludwiggalerie.de
n Sprechstunde der Herzen
© Studio Loriot
Das Leben ist hart und manchmal auch deprimierend. Glücklich kann sich schätzen, wer für dunkle Stunden oder Phasen Mutmacher zur Hand hat, finden auch die Künstler PENG (alias Günter Mayer) und HU (alias Rudi Hurzlmeier). Wie man seine Leichtigkeit zurückgewinnt, wenn alles schwierig erscheint, zeigen sie in ihrer „Sprechstunde der Herzen“ im Museum Wilhelm Busch. Hier präsentieren die beiden Künstler in ihren Einzelausstellungen nicht nur ihre ganz persönlichen Lebensstrategien, sondern auch ihr gemeinsames Projekt Hirameki.
Der österreichische Illustrator und Cartoonist PENG, dem nichts zu heilig ist, bringt mit seinem tierisch-therapeutischen Parcours alle Herzen zum Leuchten. Das Publikum wandert durch die Höhen und Tiefen von Beziehungen, begegnet der großen Liebe und fabelhaften Tierwesen. Wie man mit Selbstzweifeln umgeht, warum manchmal alles egal ist, welche Superhelden-Accessoires jeder im Schrank haben sollte und was eigentlich Kunst ist, das alles erfährt man in der Ausstellung. Ganz nebenbei entdeckt man die eigene Kreativität und muss nie wieder Angst vor
Loriot-Ausstellung in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen © Studio Loriot
Loriot-Ausstellung in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
HU, Sprechstunde der Herzen; Wilhelm Busch Deutsches Museum für Karikatur & Zeichenkunst Hannover
Bildnachweis: HU
MESSEN/BÖRSEN
n
Moderne und Zeitgenossen
Die ARTe Kunstmesse Osnabrück lädt vom 14. bis 16. März ein, Werke von renommierten Galerien, etablierten Einzelkünstlern und aufstrebenden Talenten zu entdecken.
dem Zeichnen haben, ganz nach dem Motto: Ich kann nicht zeichnen. Der Münchner Maler und Zeichner HU erheitert mit Zeichnungen, Gemälden, Fotografien und einigen Video- und Audioarbeiten. Los geht's mit lustigen Tierporträts. Fipps der Affe und Hans Huckebein sind übrigens mit von der Partie. Wilhelm Busch hätte seine Freude gehabt. Für seine Fotos to go hat Hurzlmeier Bilder des Alltäglichen und Kuriosen zusammengetragen, auf denen ebenfalls Tiere im Mittelpunkt stehen – vor allem die tollpatschigen. Tiere sind eben auch nur Menschen. Wie ein unfertiges Werk aussehen kann, wenn niemand mehr auf der Kunst-Baustelle arbeitet, erfährt man vor einem fünf Meter langen Gemälde. Und wer endlich den Kuhbismus (sic!) verstehen, das Ungeheuer von Loch Ness erspähen oder ein ungestreiftes Zebra sehen will, ist hier ebenfalls richtig.
Der Hirameki-Raum wird zum Herzstück zwischen den aufregenden Ausstellungen der beiden. Hinter dem japanischen Wort für „Geistesblitz“ verbirgt sich ein Phänomen, das PENG und HU entdeckt haben. Es handelt sich um eine besondere Kunstform, bei der zufällige Farbkleckse mit wenigen Federstrichen zum Leben erweckt werden. Im gemeinsamen Atelier wird zwischen tausenden von Farbklecksen gezeichnet – und Strich für Strich erwacht das Bild zum Leben. Einfach ausprobieren. Hier bleibt wirklich alles dem Zufall überlassen. Unterstützung kommt von den Studenten der Bewegtbildklasse der Hochschule Hannover, die sich in künstlerischen Videos mit dem Thema Zufall auseinandersetzen.
Zur Ausstellung begeistern die Künstler PENG und HU mit ihrer Hirameki-Show. Außerdem bietet PENG mehrere Zeichenworkshops an. Hier kann jeder zeichnen. (Bis 21. April)
Telefon: 0511 16999911
Webseite: www.karikatur-museum.de
Unter den Ausstellern findet sich unter anderem die Kuemmel Gallery, die seit 1997 ein fester Bestandteil des internationalen Kunstmarkts ist. Auf der ARTe Kunstmesse Osnabrück präsentiert sie Werke von Künstlern wie Marc Chagall, Pablo Picasso, Christian Rohlfs, Erich Heckel, Willi Baumeister und weiteren sowie zeitgenössische Kunst.
Die traditionsreiche Galerie Nieder, ein Familienunternehmen in dritter Generation, wartet mit einem beeindruckenden Repertoire an Gemälden, Skulpturen und Zeichnungen auf. Das Galerieprogramm umfasst Alte Meister, das 19. Jahrhundert, Klassische Moderne und Gegenwartskunst. Schwerpunkte bilden die Altmeistergrafik, flämische Malerei, Symbolismus, Impressionismus und Expressiver Realismus.
Telefon: 0152 03075156
Webseite: www.arte-kunstmessen.de
n Sammlerbörse in Korntal
Ein Highlight für Sammler und Liebhaber von Raritäten findet am Samstag, dem 29. März, in der Stadthalle Korntal statt: die „Internationale Sammlerbörse“. Jährlich
zieht diese Veranstaltung Sammler aus aller Welt an, die hier die Gelegenheit haben, einzigartige Stücke zu erwerben und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Über 40 Händler aus Deutschland und Europa präsentieren eine beeindruckende Auswahl an wertvollen Sammlerobjekten. Von alten Ansichtskarten über seltene Briefmarken und Heimatbelege bis hin zu historischen Münzen – die Sammlerbörse bietet ein wahres Paradies für alle, die sich für vergangene Zeiten und deren Schätze begeistern.
Für alle, die ihre eigenen Sammlerstücke schätzen lassen möchten, stehen auf der Sammlerbörse auch Experten zur Verfügung. Diese bieten kostenlose Schätzungen für Briefmarken, Münzen und Ansichtskarten an.
Telefon: 0711 834907
Webseite: www.sammlerboerse-korntal.de
n Sammlerbörse in Utrecht (NL)
Am Wochenende 1. und 2. März steht die Jaarbeurs Utrecht wieder ganz im Zeichen des Sammelns. Die Sammlerbörse Utrecht ist der Treffpunkt für Sammler und Liebhaber von Antiquitäten, Kuriositäten und Sammlerstücken. Diese zweitägige Veranstaltung bietet eine einzigartige Gelegenheit, seltene Funde zu entdecken, Sammlungen zu erweitern und andere Sammler kennenzulernen.
Mit Hunderten von Ständen, gefüllt mit Briefmarken, Münzen, Banknoten, Ansichtskarten, Büchern, Comics, Spielzeug, Vinyl, Militaria und vielem mehr, ist die Sammlerbörse ein Paradies für jeden Sammler.
Neben den zahlreichen Ständen sind auch Gutachter anwesend, um Sammlerstücke zu beurteilen und eine realistische Einschätzung des Wertes zu geben.
Telefon: +31 (0)492 525483
Webseite: www.verzamelaarsjaarbeurs.nl
PENG, Ente; Wilhelm Busch Deutsches Museum für Karikatur & Zeichenkunst Hannover Bildnachweis: PENG
HU, Mops; Wilhelm Busch Deutsches Museum für Karikatur & Zeichenkunst Hannover Bildnachweis: HU
Sammlerbörse in Utrecht am 1. und 2. März
KERAMIK AUS DEN 50ER-JAHREN
HEIDRUN TH. GRIGOLEIT
Das Hetjens – Deutsches Keramikmuseum in der Düsseldorfer Schulstraße präsentiert noch bis zum 16. März die Sonderausstellung „Vom Ku’damm an die Kö – Keramik und Design der 1950er Jahre“. Die Ausstellung zeigt herausragende Unikate namhafter Studiokeramiker wie Richard Bampi und Jan Bontjes van Beek sowie ausgewählte seriell gefertigte Manufakturwaren, die beispielhaft für den Formenreichtum der 1950er-Jahre stehen. Die ausgestellten Keramiken stammen aus den Berliner Sammlungen von U. D. Bauer sowie von Dr. Annette Hagedorn, die dem Museum jüngst als Schenkung übereignet wurden. Ergänzt wird die Schau mit über 200 Möbeln und Designobjekten namhafter Entwerferinnen und Entwerfer sowie Kleidungsstücken und Accessoires aus Museumsund Privatbesitz.
Ausgewählte Exponate
Das Keramikmuseum zeigt mit der Ausstellung anhand ausgewählter Exponate einen repräsentativen Überblick der vielseitigen Keramikproduktion der 1950erJahre, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Nierentisch und Wirtschaftswunder im Westen, Planwirtschaft und „Jugendstunde“ im Osten – im ersten Nachkriegsjahrzehnt produzierten die Keramikmanufakturen gemäß der jeweiligen politischen Agenda. Die keramische Produktion der Nachkriegszeit in Ost und
West zeichnet sich jedoch in beiden deutschen Staaten durch eine innovative Glasur- und Motivvielfalt aus. Passend zur Thematik wurde die Ausstellung übrigens unter der musikalischer Begleitung der „The Ballroom Rockets“ eröffnet, die fetzigen Rock ‘n’ Roll darboten.
Fabulous Fifties
Das traute Heim als Rückzugsort, als Ort des Zusammenkommens der Familie gewann in den Nachkriegsjahren zuneh-
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mend an Bedeutung. Bis heute fasziniert der Mode- und Designstil der 1950er-Jahre und „mid-century modern“ blieb trotz diverser anderer Zeitströmungen immer aktuell. Die „Fabulous Fifties“ stehen dabei wie kein anderes Jahrzehnt für Aufschwung und Wirtschaftswunder. Von nachfolgenden Generationen als bieder und betulich wahrgenommen, markieren diese Jahre entgegen ihres Rufs eine Zeit der politischen Neuorientierung sowie der gesellschaftlichen Neuausrichtung nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Und das Design der 1950er-Jahre steht bis heute für Innovation und Funktionalität. Dabei wurde die Formensprache der Designobjekte materialübergreifend angewendet. Sie orientierte sich an weichen und runden Formen, die neben den klaren, fast minimalistisch anmutenden Linien der Möbel- und Gebrauchsgegenstände einen reizvollen Kontrast boten. Und die oft knalligen Farben gerade der Keramik-Glasuren und die zum Teil asymmetrischen, manchmal auch durchbrochenen Formen geben Zeugnis von der Aufbruchsstimmung der 50er-Jahre, die auch eine Zeit des Experimentierens war.
BRD und DDR
Nach dem Zweiten Weltkrieg standen sich 1949 zwei politische Systeme gegenüber, die nach den Kriegsschrecken ganz unterschiedliche Richtungen einschlugen. Die
Ausstellungsansicht „Vom Ku’damm an die Kö”
strikte Trennung, die sich im Laufe des Kalten Kriegs in den Köpfen der Bevölkerung auf beiden Seiten festsetzte, vollzog sich jedoch nicht sofort. Und so unterschieden sich Keramiken in BRD und DDR in den Anfangsjahren noch nicht augenfällig. Denn viele der in Ost und West tätigen Keramiker und Keramikerinnen, Töpfer und Töpferinnen hatten ihre Ausbildung in der Weimarer Republik erhalten, und so war der Bauhaus-Gedanke auf beiden Seiten zunächst gleichsam bedeutend. Formen, Motive und Glasuren, die wir heute als „typisch 50er“ ansehen, wurden daher hier wie dort von Keramik- und Porzellanmanufakturen und Töpferwerkstätten gleichermaßen aufgegriffen und individuell verwendet.
Wirtschaftswunder im Westen
Hatten die Menschen in den ersten Jahren des Jahrzehnts noch mit einer instabilen Wirtschaftslage und Mangelversorgung zu kämpfen, so brachte die zweite Hälfte des Jahrzehnts im Westen durch das Wirtschaftswunder einen gewissen Wohlstand. Die Industrie verfügte über genügend Kapazitäten und neue Maschinen, um das „Wirtschaftswunder“ in den 50erJahren in Gang zu bringen, natürlich finanziell unterstützt von der Führungsmacht USA. Die Nachfrage an modernen Konsumgütern wuchs durch die steigende Wirtschaftskraft und schon bald griff man amerikanische Mode und Ideale auf. Auf Ausstellungen und Messen in den USA
Ausstellungsansichten „Vom Ku’damm an die Kö”
Vase mit asymmetrischer Öffnung, Steingut, Dekor: „Brasil“, Bay Keramik, 1959. Sammlung
U. D. Bauer
ten. Hier produzieren die VEB GEO Keramik, die VEB Lausitzer Keramik Bischofswerda oder die VEB Keramische Werke Haldensleben verschiedenste Keramikvasen und Geschirre, die – anders als das Devisen bringende Meissner Porzellan –für die Menschen des Arbeiter- und Bauernstaates erschwinglich sein sollten. Im Jahre 1950 wurde in der DDR das „Institut für industrielle Gestaltung“ gegründet, dessen Aufgabe es war, eine zentral gesteuerte Produktion im Bereich des Kunsthandwerks umzusetzen. Dies bedeutete neben der Prüfung und Begutachtung von Waren auch eine restriktive Anleitung der Gestalter und Designer, was eine Geschmacksbildung der Bevölkerung zur „guten Form“ gewährleisten sollte. Dazu gehörten eine engmaschige Kontrolle der Formgebung und des Dekors sowie der Produktion und des Vertriebs. Der Direktorenposten des „Instituts für Industrielle
und Großbritannien fand man viele Anregungen und schnell wurden für diese Produkte neue Absatzmärkte erschlossen. Schauspielerinnen aus Hollywood wie Marilyn Monroe, Elisabeth Taylor, Doris Day oder Ava Gardner und deren Kleidung und Stil kamen über den Großen Teich und wurden hier zu beliebten Vorbildern. Im Westen waren es Werkstätten wie BAY-Keramik, Jasba, Scheurich und Steuler, die für die breite Masse formschöne Waren anboten, passend zu dem modernen Einrichtungsstil der US-amerikanisch inspirierten Wohnungen.
Volkseigene Betriebe im Osten
Im Osten waren es Volkseigene Betriebe (VEB), die eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung gewährleisten soll-
Gestaltung“ wurde mit dem Designer und Architekten Mart Stam besetzt. Dieser war eng mit dem Bauhaus verbunden und mit Ludwig Mies van der Rohe bekannt. Unter seiner prägenden, wenn auch nur kurzen Führung des Instituts, wurde der Grundstein zum Aufbau einer Mustersammlung gelegt, die seine Rolle als „Erziehungsmedium“ vorantreiben sollte. Wie ernst der damalige DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht dieses Ziel nahm, zeigt seine Reaktion auf ein schwarz glasiertes Service der Keramikerin Hedwig Bollhagen, das 1962 in Dresden präsentiert wurde. Ulbricht befand es persönlich als nicht konform genug für seinen Arbeiter- und Bauernstaat und witterte eine „Amerikanisierung“, so dass die HB-Werkstätten die Farbigkeit auf seinen Wunsch hin anpassen mussten. In den VEB-Porzellanfabriken wurden zudem Gegenstände produziert, die Propagandazwecke erfüllen sollten.
DDR-Propaganda
Die Porzellanfabrik KAHLA fertigte beispielsweise im Jahre 1951 anlässlich der dritten „Weltfestspiele der Jugend und Studenten für den Frieden“ in Ost-Berlin eine Vase, deren Dekoration eine politische Aussage in Richtung Westen schicken sollte: Unter der Friedenstaube stehen drei junge Menschen unterschiedlicher Ethnien und halten sich an den Händen. Der gerasterte Weltglobus unter ihnen verdeutlicht den Anspruch der DDRFunktionäre: Die Festspiele in Ost-Berlin hatten den Zweck, anderen Nationen die Vorbildfunktion der DDR als sozialistischer Staat deutlich zu machen. Daneben wurden in den thüringischen Porzellanmanufakturen auch anspruchsvolle und filigrane Objekte sowie Gebrauchsgegenstände
mit modernem Design hergestellt. In den Keramischen Werken Haldensleben wurden während der 1950er-Jahre auch weiterhin Vorkriegsentwürfe produziert. Erst gegen Ende der 1950er-Jahre und nach der Ausbildung eigener Fachkräfte konnten im Osten dann auch Entwürfe neuer Modelle realisiert werden.
Raymond Loewy
Der französische Designer Raymond Loewy emigrierte als junger Mann in die USA, wo er jahrzehntelang an bis heute berühmten Designs arbeitete. Von ihm stammen ikonische Entwürfe wie beispielsweise das Design der amerikanischen Greyhound Busse, die Optik der
Air Force One für die Kennedy-Familie, die Zigarettenverpackung Lucky Strike sowie Entwürfe für das Unternehmen Coca-Cola. Zudem brachte Raymond Loewy DesignIdeen in der aufstrebenden Automobilindustrie für drei Modelle ein. Dazu gehörten
Von oben nach unten: Balusterförmige Vase mit Druckdekor Weltfestspiele der Jugend und Studenten für den Frieden Berlin, Porzellan, Kahla Porzellanmanufaktur, 1951. Sammlung U. D. Bauer
Porzellanservice „Form 2000“ mit Dekor „Bunte Blätter“, Form Raymond Loewy und Richard Latham, Dekor Margret Hildebrand, Porzellanmanufaktur Rosenthal, Selb, 1952-54. Hetjens, Deutsches Keramikmuseum Düsseldorf
Vasen mit geometrischem Felderdekor, Dümler & Breiden Keramik-Fabrik, Höhr-Grenzhausen, 1950er-Jahre. Sammlung U. D. Bauer
der berühmte Starliner (1953) und 1963 das Modell Avanti, die mit ihren geschmeidigen Stromlinienformen auf das Gestaltungsprinzipien der weiteren Sportwagenproduktion maßgeblich Einfluss nahmen.
Rosenthal
Das Unternehmen Raymond Loewy mit Sitz in Chicago wurde in den 1950er-Jahren von der bayerischen Rosenthal Porzellanmanufaktur in Selb für den Entwurf eines Service engagiert. Mit dem im Jahr 1954/55 von Loewy entworfenen Service „Form 2000“ entstand eine X-Silhouette, die in Porzellan ihren Durchbruch schaffte. Das Dekor war variabel – von Seidenbast, Pastellmustern bis hin zu filigranen Blümchengirlanden. Allen voran engagierte die Porzellanfirma Rosenthal AG dann auch den US-amerikanischen Designer
Wilhelm Wagenfeld
Der Designer Wilhelm Wagenfeld wurde für Rosenthal ebenso bedeutend wie Raymond Loewy. Bereits als junger Mann war Wagenfeld im Bauhaus aktiv. Im Dezember 1952 verpflichtete ihn Rosenthal als künstlerischen Berater für sein Porzellanprogramm. Wagenfeld entwarf 1952/1953 das bauchige Rosenthal-Service „Gloriana“ mit feinen senkrechten Reliefstreifen. Formal schloss Wagenfeld sich den Grundsätzen des wiederbelebten und neu zusammengesetzten Werkbundes an. Dieser organisierte Ausstellungen zu modernem Design und Wohnstil und veröffentlichte Ratgeber zur Innenarchitektur und hochwertigen Einrichtungsgegenständen. Die sogenannte „gute Form“ sollte sich nicht nur am Konsumverhalten und den Modeerscheinungen orientieren, die aus den USA nach Deutschland kamen.
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Richard Latham, der im Büro Loewy bereits an der „Form 2000“ mitgearbeitet hatte und der zur Etablierung von Rosenthals „Studio Line“ beitrug. Die Porzellanserie, die sechs Jahre später auf der Brüsseler Weltausstellung prämiert wurde, ist ein markantes Beispiel für die fruchtbare Zusammenarbeit der Produktionsstätten mit internationalen Designerinnen und Designern.
Von oben nach unten: Teekanne mit geometrischem Motiv und rosa Deckel, Steingut, Deutschland, 1950er-Jahre. Sammlung U. D. Bauer
Ausstellungsansicht „Vom Ku’damm an die Kö”
Drehbarer Servierteller mit drei Schalen, ModellNr. 727, Gräf. Ortenburgische Steingut Manufaktur, 1950er-Jahre. Sammlung U. D. Bauer
Viel Wert wurde auch auf die praktische Handhabung sowie eine funktionelle und qualitativ hochwertige Verarbeitung gelegt.
Die gute Form
Um diese Ziele zu verwirklichen wurde 1951/52 der „Rat für Formgebung“ mit Mia Seeger als Geschäftsführerin gegründet, der sich zudem für Designförderung einsetzte, während die Hochschule für Gestaltung in Ulm ab 1953 junge Studentinnen und Studenten ausbildete. Ziel war es, hochwertig produzierte und ästhetische Designgegenstände einer interessierten Käuferschicht zu gemäßigten Preisen anzubieten. Auch Heinrich Löffelhardt (19011979), ein Zeitgenosse Wagenfelds, der für die Porzellanmanufakturen Arzberg und Schönwald tätig war, vertrat die Grundsätze des Werkbundes. Mit Wagenfeld hatte Löffelhardt bereits 1949/50 die viel beachtete Ausstellung „wie wohnen“ im Stuttgarter Landesgewerbemuseum kuratiert. Beide Designer arbeiteten bis in die Mitte der 1950er-Jahre eng zusammen. Löffelhardts Entwürfe für die Manu-
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faktur Arzberg gewannen zahlreiche Preise und wurden beliebte und den Absatz steigernde Fabrikationen. Heute sind es Designklassiker – so etwa das Service Arzberg 2000, das bis 1977 hergestellt wurde. Es erhielt Auszeichnungen mit der Goldenen Medaille auf der X. Triennale in Mailand 1957 und wurde mit der Ehrenurkunde der Deutschen Generalkommission der Weltausstellung in Montreal 1967 geehrt. Benutzt wurde das repräsentative Service Arzberg 2000 ab den 1960er-Jahren auch im Bundeskanzleramt und in den deutschen Botschaften als Standardporzellan. Die Erfinderin des „Homemaker“-Dekors Enid Seeney (1931-2011) stilisierte die „gute Form“ dann ganz als Vorbild für nachhaltiges Design. Vertrieben wurde ihr Klassiker in Woolworth-Filialen zu einem erschwinglichen Preis und fand regen Absatz.
Keramische Wandmasken
Die damaligen Design-Größen bewiesen ihre Kreativität auch in verschiedenen anderen Kategorien, übertrugen aktuelle Formen auf diverse Materialien und nahmen für die industrielle Produktion Anregungen aus der Studiokeramik auf. Mit zeitlos schönen Frauengesichtern wurden etwa die Schönheitsideale der Zeit im Miniaturformat als keramische Wandmasken an die Wohnzimmerwände geheftet. Ein Beispiel aus der Hetjenssammlung der Manufaktur Cortendorf zeigt eine attraktive junge Frau mit auffällig blauen Haaren. Nahezu alle westdeutschen Keramikmanufakturen führten im Laufe der 1950er-Jahre diese beliebte Art von Wanddekoration ein, zumeist aber mit blonden Haaren und fast immer mit einem kecken und modischen Pferdeschwanz. Solche dekorativen Wandmasken stellen eine besondere
Gattung innerhalb der keramischen Produktion dar. Originelle und außergewöhnliche Alltagsgegenstände finden sich in dieser Zeit auch bei anderen Manufakturen. Ein drehbarer Servierteller mit drei Schalen aus Steingut mit Metallständer stammt aus der Gräfischen Ortenburgschen Steingutmanufaktur. Die Gründung dieser Manufaktur geht auf den Grafen Alram zu Ortenburg im Jahr 1946 zurück, die er in Schloss Tambach bei Coburg einrichtete.
Geschwungene Formen
Sofern es der Rohstoffbedarf zuließ, bemühten sich auch Traditionsunternehmen aus dem Westerwald wie Dümler und Breiden um aktuelle, zeitgemäße Ausführungen mit beispielsweise folkloristischem Dekor. Florale Motive zieren die Schloßberg-Keramik, die in Langenaubach produziert wurde. Ähnlich in der Farbauswahl und mit ungegenständlichem Felderdekor präsentieren sich Keramiken aus der Manufaktur Sawa im rheinland-pfälzischen Ransbach-Baumbach mit dem Dekor „Napoli“. Typisch für viele Entwürfe waren moderne Ausführungen in geschwungenen Formen, in der beliebten Farbpalette dieser Zeit und häufig unter Beteiligung internationaler Designerinnen und Designer.
Sgraffito-Technik
Auch die Oberflächen der Stücke wurden fantasievoll und technisch versiert bearbeitet: So wurde etwa die Wiederbelebung und Weiterentwicklung der Sgrafo-Tech-
Von oben nach unten: Wandmaske einer jungen Frau, Entwurf Albert Strunz, Steingut, Porzellanfabrik Cortendorf, 1958. Sammlung U. D. Bauer
Sgrafo-Vasen, Entwurf Peter Müller, Porzellan mit drei farbigen Schichten, Porzellanfabrik Peter Müller Sgrafo Modern, Höhr-Grenzhausen, 1955. Sammlung U. D. Bauer
Kerzenständer mit Vase in asymmetrischer Form, Porzellan mit Golddekor, Stadtilm, 1950er-Jahre. Sammlung U. D. Bauer
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nik zur Herstellung des gleichnamigen Porzellans nach der Sgraffito-Technik benannt. Hierzu ritzte man vor dem Brennvorgang Linien in den mehrlagigen Porzellanscherben oder ritzte eine Materialschicht aus, so dass die jeweils darunterliegende Tonschicht sichtbar wurde. Dadurch entstanden interessante Muster mit besonderen farbigen Effekten. Nach einer finalen transparenten Glasurschicht erfolgte der endgültige Brand. Die Fabrik wurde nach ihrer Gründung 1909 als „Fabrik feinster Kunstporzellane“ in Rudolstadt-Volkstedt vierzig Jahre später nach Höhr-Grenzhausen verlagert. Im Jahre 1955 führten die Brüder Klaus und Peter Müller die Firma fort. Peter Müller ließ sich die Sgrafo-Technik patentieren, die nun für die Manufaktur namensgebend wurde. Andere Manufakturen versuchten mit auffälligeren Formen wie asymmetrischen Lochvasen und mehreren Tüllen zu punkten. Neben Einzelstücken und Dekorationen für die heimischen vier Wände stieg auch der Bedarf an Serviceserien in höherer Stückzahl für gewerbliche Zwecke.
Antike Formen
Wieder belebte Traditionen, Materialknappheit aber auch das große Fernweh machte einzelne Betriebe erfinderisch bei
Oben links und rechts: Kaffeekanne, Steinzeug mit Zink-Glasur, Hubert Griemert (1905-1990), Schötmar, Deutschland, 1952. Hetjens, Deutsches Keramikmuseum Düsseldorf
Vase in Spindelform, Steinzeug, Hubert Griemert (1905-1990), Schötmar, Deutschland, 1953. Hetjens, Deutsches Keramikmuseum Düsseldorf
Rechts: Zwei Schalen, Irdenware mit craqueliertem, transparenten türkisenen sowie gelb-braunem Glasfluss im Spiegel, Richard Bampi (18961965), Kandern, Deutschland, 1950, unter Boden: rote Nummer 27 (Schale links), rote Nummer 86 (Schale rechts). Hetjens, Deutsches Keramikmuseum Düsseldorf
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der Herstellung dekorativer Keramik. An der Wiederbelebung einer fast 2000 Jahre alten Technik zur Keramikherstellung, der rötlich glänzenden Terra Sigillata versuchten sich gleich mehrere Manufakturen. Den größten Erfolg hatte hierbei die 1950 gegründete Wormser Terra-Sigillata-Manufaktur. Man wollte jedoch keineswegs die archäologischen römischen Funde aus der Gegend nachahmen, sondern diese mit neuer Technik kombinieren. Und so bearbeitete man die Oberfläche von kleinen kugeligen Vasen mit tiefen Kerbschnitten, wodurch sich eine reizvolle Zweifarbigkeit ergab. Die Terra-Sigillata Manufaktur in Worms stellte eine Vielzahl an klassischen, eleganten Formen her, etwa mit einem gedrehten filigranen Henkel, in einem leuchtenden Rot und im eleganten schwarzen Glanzton.
Reise in den Süden
Nicht nur das Material an sich, auch die zeitlosen Formen der Vergangenheit lieferten Anregungen für die Entwürfe der 50er-
Jahre – etwa antike Formen kombiniert mit einer Dekoration aus Bast in Anlehnung an mediterrane Gefäße, die mit Korbgeflecht umwickelt waren. Es entstanden auch farbintensive Keramiken mit Namen von exotischen Urlaubsorten wie Pisa, Marokko, Hawaii oder Mexico, denn nun konnte man wieder ins Ausland reisen. Italien und Österreich waren die bevorzugten Reiseziele. Eine Vase aus dem Hutschenreuther-Service „Diadem“ mit dem Dekor „Sicilia“ von Hans Achtziger ziert eine pittoreske kleine Szene vor einer Trattoria. Romantischer ist die Café-Szene auf der Vase der Jasba-Keramikfabriken vor der Kulisse des Markusplatzes in Venedig mit dem weltberühmten Dogenpalast im Hintergrund. Denn wer sich die Fahrt über die Alpen nicht leisten konnte, gönnte sich wenigstens eine Keramik mit romantischen Urlaubsszenen.
Designströmungen
Die verschiedenen Designströmung mit dem Repertoire der 50er-Jahre wurde auf einem Teller mit „Homemaker“-Dekor, dt. „Hausfrau“ zusammen vereint. Auf dem Teller sind mehrere, heute ikonische Designerstücke der 50er-Jahre abgebildet: Neben dem obligatorischen Nierentisch und Keramiken steht der stapelbare, platzsparende Stuhl nach dem Konzept des englischen Designers Robin Day. Mit seiner Funktionalität kam er den damaligen beengten Wohnverhältnisse entgegen und wurde millionenfach verkauft. Ein Sofa als Zweisitzer mit Stelzenbeinen wurde von dem schwedischen Designer und Illustrator Sigvard Bernadotte entworfen. Dieses charakteristische Design war in allen Bereichen des täglichen Lebens gegenwärtig und selbst heute erkennen es nicht nur Liebhaber dank angesagter „RetroWellen“.
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„Keramik bedeutet nicht nur Töpferei. Mit der Keramik können Kunstwerke geschaffen werden“, betonte der Mailänder Galerist Adriano Totti im Jahre 1960 angesichts seiner Bewunderung für Formen und Farben von zeitgenössischer Keramik in einem Artikel der „Keramischen Zeitschrift“. Anlass war die Neubesetzung der Keramikprofessur der Kunsthochschule in Hamburg. Als Nachfolger von Otto Lindig wurde Jan Bontjes van Beek verpflichtet, der damals als einer der wichtigsten deutschen Keramikkünstler galt. Dass es Bontjes van Beek gelang, in der Nachkriegszeit als Keramiker wieder Fuß zu fassen und dass er an frühere Erfolge als Glasurkeramiker anknüpfen konnte, war nicht allen Künstlern vergönnt. Als Glücksfall stellte sich seine Bekanntschaft mit Dr. Alfred Ungewiß heraus, der ihn nach Dehme bei Bad Oeynhausen einlud und ihm eine Stelle als Entwerfer anbot, die Bontjes van Beek gerne annahm. Er zog von Berlin nach Nordrhein-Westfalen und blieb dort, bis er 1953 zum Direktor der Meisterschule für das Kunsthandwerk in Berlin-Charlottenburg ernannt wurde. Fortan pendelte er bis 1959 von Ost nach West zwischen Dehme und Berlin hin und her. Mit seinen Entwürfen für Dr. Ungewiß wollte Bontjes van Beek aber keine breite Käuferschicht erreichen, sondern ein gehobenes Klientel ansprechen. Deshalb verzichtete er nicht auf den gewissen Unikat-Charakter seiner Produkte trotz der Vorgabe einer seriellen Produktion.
Glasurexperimente
In diesem Sinnen trieb Bontjes seine Glasurversuche voran, die den Mittelpunkt seiner Arbeit als Künstler ausmachten. Ungewiß hatte hingegen vor allem die Kosten im Auge und schrieb im Juni 1952 in einem Brief „Wir müssen Sie außerdem bitten, die umfangreichen Glasurversuche, die jetzt 90 Prozent Ihrer Arbeit ausmachen, aufzugeben, und aus den reichlich vorhande-
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nen Proben einige auszuwählen und betriebsreif zu machen“. Die Herstellung der Bontjes-Serie wurde daraufhin an die industrielle Produktion angepasst und die Formen aus gegossenem Feinsteinzeug wurden dafür mit den Bontjes-Glasuren versehen. Vor allem die schwarz glasierten Vasen waren populär, die bis Mitte der 1960er-Jahre produziert wurden. Soweit es die Zeit erlaubte, arbeitete Bontjes auch in Berlin weiterhin an freien Glasurkeramiken und ließ in Dehme ausgewählte Formen durch den versierten Keramikmeister Josef Hempel drehen. Er beschäftigte sich zudem mit „Halbunikaten“ – mit seriell produzierten Formen, die mit individuell entwickelten Glasuren versehen wurden. Im Jahr 1955 nahm Jan Bontjes van Beek mit seinen Arbeiten an der ersten zeitgenössischen Ausstellung in Düsseldorf teil.
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Damit erreichte Bampi eine beeindruckende Bandbreite an Glasuren wie kaum ein anderer Studiokeramiker seiner Zeit. Ab 1956 änderte Bampi seine Arbeitsweise, denn er wollte sich künstlerisch weiterentwickeln. So nutzte er fortan ausschließlich einen weißen Feinsteinzeugscherben, der es ihm ermöglichte, bei Glasuren ganz neue Wege zu gehen. Unikate, die Bampi als besonders herausragend erachtete, versah er am Boden persönlich mit einer roten Nummer. Zahlreiche Keramiken aus der Sammlung des Hetjensmuseums sind mit diesen Nummern versehen.
Hubert Griemert
Ein weiterer großer Künstler war Richard Bampi. Nach einem kurzen Aufenthalt 1919/1920 am Bauhaus in Weimar beschloss der mittlerweile in Brasilien ansässige Bampi, Keramiker zu werden und kehrte 1927 wieder nach Deutschland zurück. In seiner Werkstatt in Kandern im Schwarzwald nahm Richard Bampi nach dem Krieg bereits 1946 die Produktion wieder auf. Beeindruckend ist sein Rezept-Buch für Tonmassen und Glasurrezepte: Alleine in den Jahren 1950 bis 1956 finden sich hier 145 Einträge. Für die unterschiedlichen Brände und Effekte nutzte Bampi neben einem Kohlemuffelofen auch den Elektroofen mit einer Temperaturbandbreite von 1080 bis 1200 Grad Celsius. Als Grundglasur nutzte er zwischen 1946 und 1956 „Weißpastos 705“, ein Zinnweiß, das er mit anderen Metalloxiden in die gewünschte Farbigkeit brachte. So ergab die Zugabe von einem Prozent Kobaltoxid ein mattes Blau, während die Zugabe von Kupferoxydul je nach Menge verschiedene Türkistöne entstehen ließ.
Die Zinkbariumglasur wurde zeitgleich von einem weiteren großen Keramiker, Hubert Griemert, entdeckt. Die Entbehrungen und der Mangel der ersten Nachkriegsjahre trafen Hubert Griemert hart. Und so nutzte er für die Glasuren seiner Vasen und Flaschen in seiner Werkstatt in Schötmar Ersatzstoffe, was sich jedoch als Glücksfall erwies. Was Bampi in vielen Versuchen systematisch erschloss, entdeckte Griemert quasi aus der Not heraus geboren nebenbei: Durch Zutaten wurde die Temperatur erhöht, das „Ersatz“-Zink-
Unten links: Schale mit matten und glänzenden Glasuren, Steinzeug, Jan Bontjes van Beek (18991969), Bad Oeynhausen, Deutschland, 1953. Hetjens, Deutsches Keramikmuseum Düsseldorf
Oben links und rechts: Vase, Irdenware, Richard Bampi (1896-1965), Kandern, Deutschland, 1949/1950, unter Boden: rote Nummer 52. Hetjens, Deutsches Keramikmuseum Düsseldorf
Flaschenvase mit fest angebrachtem bastumwobenem Henkel und Spindelvase mit lavaartiger Glasur, Römhild Töpferei, Töpferhof Gramann, Thüringen, 1950er-Jahre, beide Sammlung U. D. Bauer
Jan Bontjes van Beek
Richard Bampi
oxid in der Glasur konnte dadurch auskristallisieren. Die so entstandenen Glasuren brachten Griemert viel Achtung ein und er wurde u. a. 1958 mit dem Hessischen Staatspreis für das deutsche Kunsthandwerk ausgezeichnet.
Schenkung
Die Ausstellung im Hetjensmuseum wäre ohne die großzügige Schenkung von U. D. Bauer nicht möglich gewesen. Die ausgebildete Künstlerin und Pädagogin lebt seit Ende der 1980er-Jahre in Berlin und begann ihre fast 2.000 Stücke umfassende Sammlung in einer Zeit zusammenzutragen, in der Gebrauchsgegenstände der 1950er-Jahre als nicht mehr so zeitgemäß angesehen wurden. Auf Flohmärkten und in Antiquitätenläden sammelte sie über fast drei Jahrzehnte einerseits besonders ausgefallene und für ihre Zeit untypische Stücke, aber andererseits auch die als Klassiker geltenden typischen Dekore und
Oben von links nach rechts: Vase mit Café in Venedig, Jasba – Keramikfabriken, RansbachBaumbach, 1950er-Jahre. Sammlung U. D. Bauer
Konische Vase, hellbrauner Fond mit unregelmäßigen weißen Streifen, Steingut, VEB Keramische Werke Haldenleben, 1950er-Jahre. Sammlung U. D. Bauer
Vase, schwarz glasiert mit Ritzdekor, Steinzeug, VEB Lausitzer Keramik, Bischofswerda, 1950erJahre und Vase mit geometrischen Einkerbungen und heller Engobe auf schwarzem Grund, Steinzeug, Hans Heiner Körting, Dornburg, 1950erJahre, Sammlung U. D. Bauer
Drei Vasen in Form von Pinguinen für Orchideen, Porzellan, z. T. schwarz glasiert mit Golddetails, Alka Alboth & Kaiser KG. Kronach, 1950er-Jahre. Sammlung U. D. Bauer
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Formen. Ein besonderes Interesse entwickelte Bauer für Keramiken mit Malereien sowie Motiven, die aktuellen Kunstströmungen entlehnt waren. Eine kleine Vase mit ihrem rotbraunen Fond, Farbfeldern und Ritzungen erinnert beispielsweise an Malereien von Joan Miró. Diese Vase ist ein Zeugnis ihrer Zeit und spricht die gleiche Formensprache wie zahlreiche Zeichnungen und Malereien der späten 50erJahren. Die Sammlerin setzte sich zudem mit großem Engagement für das Berliner Keramikmuseum in Charlottenburg ein. Eine enge Freundschaft verband sie mit der international anerkannten Islamwissenschaftlerin Dr. Annette Hagedorn, da beide die Leidenschaft des Sammelns von Keramikkunst teilen. Annette Hagedorn sammelte vor allem klassische Formen, die mit geometrischen Mustern und Strukturen verziert sind – möglicherweise, da sie die „mathematische Ordnung“ von islamischen Fliesen und der Baukunst besonders schätzte.
In diesem Sinne ergänzten sich die beiden
Sammlerinnen hervorragend. Das Keramikmuseum schätzt sich glücklich, ausgewählte Keramiken der Sammlungen Bauer und Hagedorn als Schenkung erhalten zu haben. Als einziges Spezialmuseum wurde das Hetjens nicht nur zu einem wichtigen Partner für Studiokeramikerinnen und -keramiker wie Richard Bampi, der dem Museum zahlreiche Unikate schenkte, sondern auch eine Anlaufstelle für Porzellanmanufakturen wie Arzberg und Schönwald, die dem Museum bereits in den 1950er-Jahren ebenfalls ausgewählte industriell gefertigte Kaffee-, Tee- und Speiseservice namhafter Entwerfer zur Verfügung stellten.
Ausstellung
„Vom Ku'damm an die Kö – Keramik und Design der 1950er Jahre“, Sonderausstellung noch bis zum 16. März im HetjensMuseum Düsseldorf.
Fotos: Horst Kolberg, Neuss