Ausgabe 1/2012 Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.
Länderreport Vereinigte Arabische Emirate Interview Familie Speidel Rohstoffe Neues Niveau Stoff im Netz Textilien rechtssicher online vermarkten
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Messe Paris 04
Länderreport 08
Inhalt 04
Im Blickpunkt l Messe Paris
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Kurz berichtet
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Länderreport l Vereinigte Arabische Emirate
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Recht l Smart Commerce
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Interview l Familie Speidel
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Rohstoffe l Neues Niveau
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Neue Horizonte l Asiens Markt für Bodywear wächst
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Stoff im Netz l Textilien rechtssicher online vermarkten
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Außenwirtschaft
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Wissenswertes
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Impressum © Alle Rechte vorbehalten. Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers. Herausgeber Gesamtmasche – Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.
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Präsident: Heinz Horn Hauptgeschäftsführer: Dr. Markus H. Ostrop Redaktion: Simone Diebold Gestaltung: www.die-wegmeister.com Druck: Gress-Druck GmbH, Fellbach Auflage: 800 Ausgabe 01/2012 Heftnummer 7 Fotos: Soweit ohne Vermerk von Gesamtmasche Titel: Speidel Kontakt Kernerstraße 59, 70182 Stuttgart Telefon +49 711 21050 - 0 Telefax +49 711 233718 E-Mail info@gesamtmasche.de
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Editorial Liebe Freunde der Masche, wer hätte gedacht, dass uns zu Ostern nicht nur Tulpen, Forsythien und Narzissen blühen, sondern auch Benzinpreise von über einem Euro siebzig? Weiter steigende Rohstoff- und Energiepreise – ein Thema, das uns täglich beschäftigt. Denn nicht nur die Baumwolle bleibt teuer – ganz entgegen aller Prognosen an den Rohstoffmärkten. Auch die Umlage zur Subventionierung der erneuerbaren Energien bereitet den in Deutschland produzierenden Textilern Kopfzerbrechen. Über die Risiken und Nebenwirkungen dieser Entwicklungen lesen Sie in der vor Ihnen liegenden masche. Dass es sich in diesen Zeiten durchaus lohnen kann, auf inländische und europäische Lieferanten zu setzen, zeigt die Philosophie der Speidel GmbH. Das traditionsreiche Unternehmen setzt zur Produktion seiner anspruchsvollen Damen wäsche besonders auf langjährige Partnerschaften. Und auf starke Familienbande, wie die drei Geschwister im Interview erzählen. Des einen Leid, des andern Freud: Die Erholung der Weltkonjunktur und die anziehenden Ölpreise haben den Vereinigten Arabischen Emiraten Rekordeinnahmen beschert. Deshalb gilt der Staatenbund als idealer Absatzmarkt für alles, was gut und teuer ist. Hier eröffnen sich Chancen für energiepreisgebeutelte textile Qualitätsmarken aus Deutschland, über die unser Länderreport ab Seite 8 berichtet. Wer dagegen das Internet als Absatzkanal bevorzugt, sollte professionellen Abmahnern keine Angriffsflächen bieten. Denn diese suchen nach dem schnellen Euro und finden ihre Opfer nicht selten beim Onlinehandel mit Textilien. Mit welchen Strategien man Textilprodukte online vermarkten kann ohne Massenab mahnern eine Chance zu geben, verrät unser Rechtsbeitrag auf Seite 18. Zum Einstieg in die Lektüre eines buchstäblich gehaltvollen Magazins aber bietet die masche eine genussreiche Animation: Bilder vom Salon International de la Lingerie. Viel Vergnügen mit unserer neuen masche. Ihr
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Sexyness wird komfortabel Wäscheträume in Paris: Auf dem Salon International de la Lingerie (SIL) präsentierten 565 Marken ihre Kollektionen für den nächsten Winter, 156 Aussteller kamen zur Stoffmesse Interfilière. Glamour und Komfort standen gleichermaßen auf der Agenda. Taillen-Höschen, Bodys und Vintage-Hüftgürtel prägten zwar schon vor einem Jahr das Bild auf der Leitmesse für Dessous, Wäsche und Loungewear, doch ihr Auftritt ist raffinierter – und komfortabler. Neben mehr Spitze und Verzierung unterstützen und formen viele Teile beinahe unsichtbar und ohne einzuengen. Body Shaping, der Renner 2011, ist inzwischen bei praktisch allen Herstellern präsent. Die modernen Mieder sind mal mehr, mal weniger stark formend, mit immer ausgereifteren Stoffen und anspruchsvollen Designs. Der fulminante Auftritt galt bei dieser SIL-Ausgabe eher für die Damen: Die Neuheiten für die Herren der Schöpfung nahmen sich weniger spektakulär aus. Aber auch hier war Komfort das Stichwort: Die Priorität bei der Herrenwäsche lag klar auf dem Thema Lounging. Ob die Konsumenten künftig so viel „loungen“ möchten, wie die Messeveranstalter sich das vorgestellt haben, sei dahingestellt. Jedenfalls nutzen zahlreiche Händler gerne das breite Informationsangebot. Neben Produktneuheiten boten viele Hersteller ihren Besuchern attraktiven Standbau mit zahlreichen Anre-
gungen für das Visual Merchandising und die konzeptionelle Gestaltung am Point of Sale. Und das Angebot kam an: Über 30 000 Besucher kamen nach Porte de Versailles, rund 18 600 zur Wäschemesse SIL. Entsprechend zufrieden zeigten sich die Aussteller. Angesichts der konjunkturellen Unsicherheit für das Jahr 2012 waren viele mit gemischten Gefühlen nach Paris gekommen - und angenehm überrascht worden. Ein „Salon anti-crise“ sei es gewesen, jubelt Eurovet im After Show Report. Die Besucherfrequenz auf den Ständen, die Qualität der Fachbesucher, die wachsende Internationalität der beiden Messen und bis auf den letzten Platz besetzte Fashion Shows sprechen ihre eigene Sprache. Am Messesamstag baten Gesamtmasche und BTE gemeinsam zum abendlichen „Branche-Apéritif Deutschland“. Beim angeregten Austausch zwischen Händlern und Austellern im VIP-Club des SIL war auch die französische Messe- und Verbandsprominenz vertreten. Eurovet möchte deutschen Ausstellern und Besuchern mehr Anreize geben, nach Paris zu kommen und will regelmäßig ein über BTE und Gesamtmasche angebotenes Besuchspaket organisieren. Dazu gehören neben kostenlosen Messetickets und einem deutschsprachigen Betreuungsservice die Unterstützung bei der Reiseplanung und ein geführter „Storecheck Paris“.
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Kurz berichtet ///////////////////////// Neue Mitgliedsfirma bei Gesamtmasche
Die Messe Frankfurt ist weltweit der führende Veranstalter, wenn es um Textil- und Textil technologiemessen geht. Zum internationalen Portfolio gehören derzeit 40 Textilveranstal tungen in acht Ländern. Damit deckt die Messe Frankfurt die komplette Wertschöpfungskette der Textilindustrie ab: von Bekleidungsstoffen und Mode über Wohn- und Objekttextilen bis hin zu technischen Textilien sowie der Verarbeitung und Pflege von Textilien. Hierzu zählen unter anderem die internationalen Leitmessen für Wohn- und Objekttextilien Heimtextil sowie die Techtextil für technische Textilien und Vliesstoffe. In den vergangenen zwei Jahren hat die Messe Frankfurt ihr weltweites Veranstaltungsrepertoire unter anderem um internationale Fachmessen für nachhaltige Mode erweitert: Die Ethical
Fashion Show in Paris und Berlin sowie der GREENshowroom in Berlin erleben starken Zuspruch. „Wir bauen unsere Position weiter aus und setzen damit unsere Strategie konsequent fort. In einem hoch globalisierten Markt eröffnen unsere Messen der Branche die Chance, Trends zu erkennen, neue Geschäftsfelder zu erschließen und damit den entscheidenden Schritt voraus zu sein“, erklärt Olaf Schmidt, Vice-President Textiles & Textile Technologies der Messe Frankfurt. „Als Partner der Textilindustrie freuen wir uns sehr, uns künftig auch als Fördermitglied von Gesamtmasche zu engagieren. Mit der Mitgliedschaft möchten wir die langjährige Zusammenarbeit weiter intensivieren.“ www.texpertise.messefrankfurt.com
Im kommenden Jahr zeichnet die Internationale OEKO-TEX® Gemeinschaft erstmals Unternehmen aus, die sich durch herausragende Leistungen und Innovationen im Bereich der Nachhaltigkeit verdient gemacht haben. Für den „OEKO-TEX® Sustainability Award“ können sich ab sofort alle zertifizierten Hersteller und Händler auf der speziell dafür eingerichteten Website www.oeko-tex.com/ sustainability bewerben.
//////////////////////////// Gustav Daiber wird 100 Die Gustav Daiber GmbH in Albstadt feiert 100-jähriges Jubiläum. Als kompetenter Partner und Marktführer im Bereich textiler Werbeträger hat sich der Traditionsbetrieb mit vielen kreativen Caps und weiterer Textilien international einen Namen gemacht. Zum Einsatz kommen modernste High-Tech-Materialien und innovative Funktionen. Mit über 100 Produktinnovationen präsentiert sich Daiber im Jubiläumsjahr 2012. In den ersten Jahren der Firmengeschichte handelt Gustav Daiber erfolgreich mit Textilzutaten wie Gummilitzen, Nähfaden und Knöpfen. 1954 erkennt Walter Daiber, Sohn des Gründers, dass der Schlüssel zum Erfolg in der eigenen Produktion liegt: Handel und Herstellung in einer Hand. Daiber beginnt mit der Schleifchenproduktion für die lokale Miederindustrie. 1975 revolutioniert eine neue Entwicklung die Textilveredelung: Transfermotive. Die Firma Daiber sichert sich die Alleinvertretung des ersten Herstellers von Transfermotiven in Deutschland.1995 hat Rolf Daiber die neue Idee: Caps. Ein, wie sich später herausstellen wird, historisches Datum für das Familienunternehmen auf der Alb. Heute bietet das Unternehmen als Hersteller der Kollektion „Myrtle Beach“ und „James & Nicholson“ das größte und breiteste Sortiment für modische, textile Werbeartikel in Europa an.
Foto: © die arge lola, Stuttgart
Rauschlabor Nach “Wirkstoff“ und “Stoffrausch“ folgt mit “Rauschlabor“ die dritte Ausstellung des Studiengangs Textil gestaltung der Kunstakademie Stuttgart im Foyer der EnBW AG, Kriegsbergstraße 32 in Stuttgart. Vom 25. April bis 8. Juni 2012 werden dort Ex perimente, Unikate und Projekte von Studierenden ausallen Semestern gezeigt. Eröffnung ist am 24. April um 19 Uhr.
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//////////////// GEMA – 20 Prozent Rabatt für Gesamtmaschemitglieder Die GEMA hat zum 1. Januar 2012 ihre Vergütungssätze geändert. Im Rahmen des bestehenden Gesamtvertrags zwischen Gesamtmasche und GEMA erhalten alle Mitglieder nach wie vor einen Rabatt in Höhe von 20 Prozent auf die Wiedergabe-Tarife. Die neuen Tarife finden sich unter www.gema.de/ad-tarife.
BOOS TEXTILE ELASTICS
//////////////////////////////////////////////// Boos feiert – zweimal! Das Jahr 2012 ist für die Julius Boos jr. GmbH & Co. KG ein ganz besonderes: Das Unternehmen feiert 130-jähriges Jubiläum. Die Bandweberei wurde1882 durch Julius Boos jr. in WuppertalWichlinghausen gegründet, spezialisierte sich auf den Bereich Wäsche- und Mieder und wuchs zu einem der größten Band hersteller Europas. Doch es gilt noch einen weiteren runden Geburtstag zu feiern: Exakt vor 50 Jahren, im Jahr 1962, gründete Boos ein zweites Produktionswerk speziell für Wirkware in Goch am Niederrhein, um das Sortiment für Wäsche, Mieder und Bade moden abzurunden. Den Strukturwandel in der Textilindustrie hat das Unternehmen erfolgreich bewältigt. Veränderungsbereitschaft, der flexible Einsatz von Mitarbeitern, Produktinnovationen und
Investitionen sichern auch heute noch die Produktion am Standort Deutschland. Boos liefert heute textile Spezialitäten nicht nur nach ganz Europa, sondern auch nach Nordafrika, Fernost, USA, Kanada und Australien. Die Partner profitieren davon, dass Boos Bänder und Wirkware aufeinander abgestimmt liefern kann. Das Know-how zu funktionalen Bändern und Stoffen wird, gerade im Bereich Shapewear, als wichtiger Part im Bodywear-Markt überall auf der Welt nachgefragt. Neben dem Hauptmarkt „Lingerie“ ist der Produzent auch erfolgreich in den wachsenden Märkten der Medizintechnik und technischen Textilien tätig.
Foto: © Marco Birn – Fotolia.com
/// Den türkischen Absatzmarkt im Blick Die Türkei ist für Textil- und Bekleidungshersteller längst über die Beschaffung hinaus interessant. Das Land am Bosporus ist heute bereits ein attraktiver Absatzmarkt mit einer wachstumsfähigen Einzelhandelslandschaft. Funda Demirer, Textilmanagement-Studentin in Reutlingen, untersucht in Kooperation mit Gesamtmasche im Rahmen ihrer Master-Thesis „Analyse des türkischen Absatzmarktes für Maschenwaren“ Potenziale und Perspektiven, Markteintrittsformen und Vertriebskanäle. Weitere Inhalte sind das Kaufverhalten der türkischen Konsumenten im stationären und Onlinehandel. Aus der Arbeit folgen Handlungsempfehlungen für geeignete Distributionsformen und einen erfolgreichen Markteintritt in die Türkei. Ein Resümee der Arbeit wird Mitte Mai veröffentlicht.
Funda Demirer, angehende Masterabsolventin Textilmanagement, sucht den Berufseinstieg im Bereich Qualitätsmanagement bzw. Vertrieb. Durch ihren Bachelorabschluss verfügt sie über textiltechnologische Kompetenz. Aufgrund ihrer Kenntnisse von Sprache und Kultur würde sie gerne die Aktivitäten deutscher Textilunternehmen im türkischen Raum unterstützen. Kontakt und Unterlagen über Gesamtmasche, jungbauer@gesamtmasche.de, oder direkt bei fundademirer@gmx.de, Tel.: +49 177 1495149
//// Sustainable Solutions with Technical Textiles (SSTT) Konferenz mit Kontaktbörse vom 4. bis 8. September 2012 in Seoul Nach der erfolgreichen SSTT Veranstaltung, die der Gesamtverband textil+mode im September 2011 in Peking durchführte, ist in diesem Jahr vom 4. bis 8. September eine SSTT Konferenz mit Kontaktbörse in Seoul geplant. Die Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit dem koreanischen Textilverband durchgeführt, der das Projekt finanziell unterstützt. Die SSTT Broschüre 2012 mit Informationen zum koreanischen Markt, dem Programm sowie dem Anmelde- und Partnersuchformular können im Internet unter www.gesamtmasche.de/ veranstaltungen heruntergeladen werden. Angesprochen sind in erster Linie Hersteller technischer Textilien für die Bereiche Mobilität, Gesundheit, Umwelt, Bau und Militär mit Verkaufsinteresse auf dem koreanischen Markt. Foto: © Annamartha – Pixelio.de
Mitte Dezember 2011 feierte die Gerhard Rösch GmbH das 40 Jährige Jubiläum Ihres Betriebskindergartens. Bereits 1971 war dies ein Meilenstein für die Bindung der hochqualifizierten Mitarbeiter. Um den Standort für die Mitarbeiter noch attraktiver zu gestalten, wurde ein Anbau errichtet. Dieser macht es mit zwei zusätzlichen Erziehrinnen möglich Kleinkinder ab dem ersten Lebensjahr zu betreuen.
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Gute Geschäfte am Golf Shopping-Paradies Vereinigte Arabische Emirate ////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Die Vereinigten Arabischen Emirate gelten als idealer Absatzmarkt für alles, was gut und teuer ist. Die Erholung der Weltkonjunktur und die anziehenden Ölpreise haben dem Staatenbund Rekordeinnahmen beschert. Das schlägt sich auch in höheren Einfuhren und einem wiedererstarkten Markt für Luxusgüter nieder. Vor allem Dubai bietet eine Auswahl hochwertiger Modemarken, die sich mit London, Paris oder New York durchaus messen lassen kann. Die Föderation der sieben Emirate Abu Dhabi, Ajman, Dubai, Fujairah, Ra’s al-Chaima, Sharjah und Umm al-Quwain gilt als offene Volkswirtschaft mit hohem ProKopf-Einkommen, deren Einnahmen aus dem Ölexport in den nächsten Jahren nochmals kräftig wachsen dürfte. Fast alles, was an Konsumgütern zum Leben gebraucht wird, muss importiert werden. Der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt liegt derzeit bei nur 15 Prozent und beschränkt sich auf Branchen wie Petrochemie, Aluminium, Glas und Stahl, die mit subventionierten Energiepreisen angelockt wurden. 80 Prozent der Bevölkerung sind im Bereich Handel und Dienstleistungen tätig. Rohölexporte zu Preisen von über 120 US-Dollar pro Barrel lassen die Kasse klingeln und geben Spielraum für neue Milliardeninvestitionen. Die Wachstumsprognosen für 2012 und 2013 liegen bei mindestens vier Prozent. Angetrieben wird das Wachstum vor allem von Dubais Logistik und von Abu Dhabis Öl und Gas. Die VAE und vor allem Dubai profitieren vom „Arabischen Frühling“ und der regionalen Beschwichtigungspolitik reicher Regierungen, die Forderungen nach Demokratie mit Geldgeschenken einzudämmen suchen. Die Krise scheint überstanden und der Außenhandel ist deutlich gestiegen. Der VAE-Import hat 2011 mit knapp 186 Mrd. US-Dollar bereits den Einfuhrwert des Boomjahrs 2008 überrundet, 2012 sollen die Einfuhren um weitere 6 Prozent zunehmen. Mehr als ein Drittel der importierten Waren wird re-exportiert, insbesondere nach Iran, Indien und Saudi-Arabien. Die Freizonen in den VAE bieten Investoren die Möglichkeit von 100 Prozent Auslandsbeteiligung und völlige Steuerfreiheit. Dubai baut dabei seine Rolle 8 masche
als internationaler Logistik-Hub weiter aus. Hier sitzen sogar Handelsfirmen, die mit den arabischen Staaten überhaupt keine Geschäfte machen sondern beispielsweise nur in Pakistan aktiv sind. Von Dubai aus wird inzwischen ein Einzugsbereich versorgt, der die ostafrikanische Küste entlang bis Südafrika reicht, im Norden bis Zentralasien und im Osten auch Indien einschließt. Der Handel wird meist mit Daus, den traditionellen Booten, abgewickelt, die laut gtai am Creek von Dubai, einer ca. 14 Kilometer langen Bucht des Persischen Golfs, „ohne erkennbare Bürokratie und Zugangskontrolle be- und entladen werden“. Die VAE sind kein Massenmarkt. Auch wenn sie in dem Ruf stehen, über märchenhaften Reichtum zu verfügen, lohnt sich ein differenzierter Blick. Die Bevölkerung von derzeit ca. 5,5 Millionen besteht zu über vier Fünfteln aus ausländischen Arbeitskräften, oft aus Indien oder Pakistan. Die Gastarbeiter müssen mit knappen Budgets haushalten, schicken oft noch Geld nachhause und kommen als Käufer von teuren Importwaren kaum in Betracht. Auch sind nicht alle Emirate so reich wie Dubai und Abu Dhabi. Dort gilt immerhin ein Zehntel der 3,2 Millionen Einwohner als gut betucht. Doch die bedeutendste Gruppe potenzieller Käufer kommt gar nicht aus den VAE selbst: Im Umkreis von mehr als 1 000 km gelten Dubais Läden und Hotels anspruchsvollen Shoppern als erste Adresse. In Nachbarstaaten wie Saudi-Arabien, Oman, Kuwait, Bahrain und Katar gibt es eine – auch quantitativ bedeutsame – vermögende Schicht, die bei der Einkaufstour zuhause auf eine weitaus geringere Auswahl trifft. Daneben kommen viele Shopping-Touristen auch aus weiter entfernten Ländern, um ihre Koffer mit dem Luxusangebot zu füllen. In vielen arabischen Ländern existiert kein entsprechendes Sortiment, oder Zoll und Steuern sind so hoch, dass sich die alternative Reise nach Dubai allemal lohnt. Die VAE haben mit 785 US-Dollar pro Jahr die höchsten Modeumsätze pro Kopf unter den Entwicklungs- und Schwellenländern. A.T. Kearney platziert die Einkaufsparadiese am Golf nach China auf Platz zwei seines Retail Apparel Index, dem Ranking der attraktivsten Bekleidungsmärkte international, das nicht nur auf Kaufkraft und Konsum,
Kuwait-Stadt
// Vereinigte Arabische Emirate
Buschehr
Khafji
Iran
Bevölkerung: 5,5 Millionen (2012) BIP: 358 Mrd. US-Dollar BIP pro Kopf (PPP): 48 500 US-Dollar BIP-Wachstum: 3,3 Prozent (2011), 4,3 (2012*), 4,0 (2013*) Textil-/Bekleidungsausfuhr: 2,9 Mrd. US-Dollar (2010) Textil-/Bekleidungseinfuhr: 4,7 Mrd. US-Dollar (2010) Korrespondenzsprache: Arabisch (Amtssprache), Persisch, Englisch, Hindi, Urdu Wirtschaft: Öl und Gas, Handel, Bau, Immobilien, Transport und Logistik, Finanzdienstleistungen Quellen: CIA World Factbook, gtai, UN Comtrade
Manama
Saudi-Arabien
Bahrain
Persischer Golf Doha
Dubai
Katar
Riad
Abu Dhabi
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sondern auch auf Länderrisiken und dem Entwicklungsstand des nationalen Einzelhandels basiert. Den ersten Platz belegten die VAE im Teilranking für die weltweit höchste Anzahl internationaler Einzelhändler, die vor Ort aktiv sind. Begründet wird die sehr gute Einschätzung mit dem vergleichsweise hohen Einkommen, dem hohen Modebewusstsein und der Rolle der VAE als Handelsplattform in der MENA-Region und darüber hinaus. Der Immobiliendienstleister CB Richard Ellis hält Dubai für das beliebteste Expansionsziel internationaler Retailer, mit London gleichauf.Business Monitor International prognostiziert ein Wachstum des gesamten Einzelhandels volumens von knapp 31 Mrd. US-Dollar im Jahr 2011 auf fast 43 Mrd. US-Dollar jährlich bis 2015. In Europa hat sich noch nicht überall herumgesprochen, dass die Rückschläge während der Finanzkrise – insbesondere die Immobilienpleite in Dubai – längst überwunden sind. Vom dynamischen Wachstum profitieren derzeit vor allem Handelspartner in Fernost, die qualitativ aufgeholt haben und den Markt intensiv bearbeiten. Der boomende Luxusmarkt gehört aber immer noch den westlichen Anbietern.
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Vereinigte Arabische Emirate
Big Spenders Die spendabelsten Einkäufer in den VAE sind Russen und Saudis. Darauf lässt jedenfalls die Auswertung der VISAKartenzahlungen anlässlich des jüngsten Dubai Shopping Festivals schließen, das in diesem Jahr vom 5. Januar bis zum 5. Februar stattfand. Insgesamt erreichten die VISA-Kartenumsätze ausländischer Besucher fast 500 Millionen US-Dollar, 22 Prozent mehr als im Vorjahr. Hatten im letzten Jahr noch die Briten die Nase vorn, so führen russische Besucher 2012 mit 122 Millionen US-Dollar (plus 356 Prozent) das Ranking mit Abstand an. Saudische Shopper ließen immerhin 106 Millionen US-Dollar (plus 169 Prozent) im Land. Seit Jahresanfang brauchen sich Frauen in Saudi-Arabien beim Einkauf von Lingerie und Kosmetik nicht mehr von Männern bedienen zu lassen. Dafür sorgt eine neue Gesetzgebung, die saudischen Frauen erstmals die Tätigkeit zumindest in gewissen Bereichen des Einzelhandels erlaubt. Die unangenehme Einkaufsatmosphäre hat bislang viel zum Shopping-Tourismus in den liberaleren Nachbarländern beigetragen. Die allmähliche Liberalisierung könnte zu besseren Verkaufschancen in lukrativen Metropolen wie Riad oder Dschidda führen. Bis auf weiteres werden reiche Saudi-Araberinnen aber auf das Shopping- und Freizeiterlebnis in den VAE kaum verzichten wollen.
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Verfügbare Einzelhandelsfläche im internationalen Vergleich (2010) m² pro 1000 Einwohner
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Der VAE-Markt für Luxusartikel 2011 wird mit 2,3 Mrd. US-Dollar beziffert. Einige Einzelhändler konnten im vergangenen Jahr ihre Umsätze um über 30 Prozent steigern. Allerdings haben es ausländische Unternehmen, die in den VAE ein Geschäft eröffnen wollen, trotz liberaler Marktzugangsbedingungen nicht immer leicht: Die beliebten Shopping-Zentren befinden sich in der Regel im Besitz einflussreicher Händlerfamilien, die an allem mitverdienen möchten. Fachgeschäfte mit individuellem Sortiment gibt es in den Malls so gut wie keine. Üblich sind Marken-Stores und Läden international bekannter Ketten.
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950
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200 200
Dubai
Abu-Dhabi
USA
Europa Quelle: Luxury Movement
Insgesamt weit über 100 dieser modernen Einkaufstempel locken in den VAE, vor allem in Dubai, Einheimische und Touristen mit einem attraktiven Angebot und angenehm klimatisierten Räumen. Abu Dhabi eifert Dubai nach und will noch in diesem Jahr seine Verkaufsflächen um 260 000 m² aufstocken. Nach Angaben von Jones Lang LaSalle könnte die Fläche bis 2013 gegenüber heute um 38 Prozent auf dann 2,3 Millionen m² steigen. Dubai, von den Briten gerne scherzhaft „Do buy“ genannt, ist aber bis auf weiteres mit seinen 76 Einkaufstempeln und einer Bruttoeinzelhandels fläche von ca. 3,2 Millionen m² das ungeschlagene Mekka der Luxus-Shopper. Die Dubai Mall am Fuß des Buj Kahlifa gehört zu den größten der Welt. Das Shopping-Wunderland soll nach Betreiber-Angaben jährlich sogar mehr Besucher anziehen als New York. Dort kann man sich auf 350 000 m2 in rund 1 200 Shops, darunter immerhin 15 Läden speziell für Bodywear, dem Kaufrausch hingeben. Neben den italienischen, französischen, spanischen und amerikanischen Anbietern sind deutsche Marken allerdings noch rar. 10 masche
Wer kauft ein in den VAE? VISA-Kartenumsätze in Mio. Dollar 2011
Kasachstan
2012
Frankreich Kuwait Indien Angola USA China UK Saudi-Arabien Russland 20
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Quelle: ArabianBusiness.com
Smart Commerce Die Revolution des stationären Handels Foto: © viperagp – Fotolia.com
/////////////////////// Silke Linsenmaier Entgegen vieler Ängste profitiert der stationäre Handel vom Internet. Die Zeiten, in denen E-Commerce und Ladengeschäft getrennte, oft auch konkurrierende Welten waren, nähern sich unaufhaltsam ihrem Ende. Die Kunden haben ihr Einkaufsverhalten geändert und kombinieren beide Kanäle bei ihren Kaufentscheidungen – insbesondere bei Kleidung und Wäsche. Das hat die Studie „The Retail Revolution“ von Interone ergeben. Mehr als die Hälfte aller Einkäufe werden online vorbereitet. Das Web wird damit immer stärker zur Informationssuche über Marken, Preise und Produkte genutzt. Die Zahl der mobilen Internetnutzer steigt rasant, eine smartphonefähige Internetpräsenz ist daher künftig für jeden Händler unumgänglich. Der Aufbau eines Webshops ist jedoch mit enormen Kosten verbunden. Eine viel höhere Priorität bei der Kundenbindung hat die direkte Kommunikation mit den Kunden.
Smartphones gegeben wird, verändert die Einkaufsmöglichkeiten der Menschen komplett. Die Zutaten für den zukünftigen Erfolg: Social Media, elektronische Touchpoints am POS, „Save the sale“ und „Click & collect“. Elektronischer Touchpoint berührt Marken können mit elektronischen Touchpoints neue Impulse am POS setzen. Verkaufsmitarbeitern im Handel wird damit die Möglichkeit der fachlich kompetenten Beratung auf interaktiven Verkaufstischen geboten. Der Onlineshop der Lieferanten wird so zum zweiten Verkaufsraum der Händler und kann eine breitere und tiefere Sortimentsauswahl bieten. Gleichzeitig wird dem Kunden ermöglicht, sich selbst eingehender über die Produktpalette, Features und Details zu informieren: der Kunden wird zu seinem eigenen Verkäufer.
Time-to-market verzückt Die Mehrheit der Kunden trifft ihre Kaufentscheidungen extrem kurzfristig. Händler und Marken müssen „Smart Commerce“ verführt Die Möglichkeit, die Kunden über viele also innerhalb einer sehr kurzen Zeit überzeugen und die gewünschte Ware verschiedene Kanäle zu erreichen, ist verfügbar haben. Neue Wege von echten für Hersteller und Händler Herausforderung und Chance zugleich. Mit einem Kooperationspartnern sind „Save the partnerschaftlichen Auftritt können sie sale“: Kunden bestellen nicht vorden Umsatz auf beiden Seiten steigern, handene Ware direkt in der Filiale im Online-Markenshop und lassen sie sich die Profitabilität und Kundenzufrieeinfach nach Hause liefern. Mit „Click denheit erhöhen und gleichzeitig das Risiko minimieren. Neue Allianzen mit und collect“, also der Bestellung im Netz und der Abholung in der Filiale, bietet Vertriebspartnern und Multichannesich eine weitere Möglichkeit, die Kunling, wie es die Versender vormachen, din zu gewinnen und gleichzeitig die können miteinander kombiniert zu kompetente Beratung des Fachhandels neuen Erfolgsrezepten werden. Die nutzen zu können. Ein Marken-Web Flexibilität, die den Kunden durch shop kann damit einen echten Mehrwert ihre Touchscreen-Computer und
Silke Linsenmaier ist Gründerin und Inhaberin der Unternehmensberatung TEXTIL MANAGEMENT KONTOR in Hamburg, die auf kundenorientierte Sortimentsführung spezialisiert ist. Gemeinsam mit dem internationalen Trendbüro Preview Vienna hat sie ein Workshop-Konzept für die Wäschebranche entwickelt, dass von der Trendinformation bis zur Präsentation am POS reicht. Zu ihrem Kundenkreis zählen Karstadt, Takko und Tchibo genauso wie mittelständische Unternehmen. silke.linsenmaier@tmk-hh.de, www.tmk-hh.de
bieten und zur Kundenbindung und zur Stärkung des Markenauftritts beitragen. Ihre Kunden werden Sie lieben Frequenz und Umsatz in den einzelnen Vertriebskanälen werden gesteigert, die Kosten für Retouren drastisch gesenkt. Gleichzeitig steigt die Zufriedenheit deutlich: bei den Handelskunden ebenso wie bei den Endkunden. Auf diese Weise können Hersteller den unbestreitbaren Vorteil des Fachhandels gegenüber dem Webshop für ihren Markenerfolg nutzen: die individuelle Kundenansprache, das Kauferlebnis, die kompetente Beratung und die persönliche Produktpräsentation. Eine echte Partnerschaft Wer diese Kompetenz mit seinem eigenen Markenauftritt im Internet verbindet, macht sich für den Handel zum attraktiven Partner: Der Webshop trägt positiv zur Kundenbindung und zur Stärkung des Markenauftritts bei, anstatt dem Händler Konkurrenz zu machen. Und der mittelständische Wäschefachhandel erhält die Möglichkeit, sich auf Kernkompetenzen wie Sortiment, Service und Beratung zu konzentrieren und an Qualität und Flexibilität zu gewinnen. masche 11
Interview Die Speidel GmbH steht für 60 Jahre Tradition im Bereich Damenwäsche. Am Stammsitz in Bodelshausen verarbeiten 115 Hochleistungs-Rundstrickmaschinen monatlich die beeindruckende Menge von 90 Tonnen Garn. Die Konfektion erfolgt in eigenen Betrieben in Szombathely (Ungarn) und Foscani (Rumänien). Seit 1990 führen die drei Geschwister Gisela Geißler, Günter Speidel und Hans-Jürgen Speidel das Unternehmen gemeinsam. Bei einem Jahresumsatz von über 40 Millionen Euro produziert der Lingerie-Spezialist mit seinen 700 Mitarbeitern täglich etwa 65 000 Teile „Feines auf der Haut“ für Kunden in ganz Europa.
///////////////////////////////////////////////// masche im Gespräch mit Gisela Geißler, Hans-Jürgen Speidel und Günter Speidel Speidel feiert in diesem Jahr 60jähriges Jubiläum. Wie fing alles an? Günter Speidel: Unsere Eltern begannen 1952 mit einer kleinen Produktion in ihrem Bodelshausener Wohnhaus. Um Platz für ihre ersten Strickmaschinen zu schaffen, haben sie kurzerhand die Wand zwischen Wohn- und Schlafzimmer herausgebrochen. Gisela Geißler: Bemerkenswert ist der Start ohne nennenswerte finanzielle Mittel – ganz im Stile der Gründergeneration. Zunächst hat man sich an allem versucht, was auf Strickmaschinen hergestellt werden kann, auch Oberbekleidung. Hans-Jürgen Speidel: Mitte der 70er Jahre spezialisierten wir uns auf Damentagwäsche, auch vom Maschinenpark her. Die Firma war damals wesentlich kleiner, und es gab noch nicht die Qualitätenvielfalt. Heute verbindet man den Namen Speidel mit dem Slogan „Feines auf der Haut“ und dem Design von Sylvia Speidel. Wann haben Sie angefangen, Markenpolitik zu betreiben? Günter Speidel: Unser Vater hat schon in den 60ern begonnen, mit „Speidel Wäsche“ zu werben. Ich selbst kann 12 masche
mich noch an eine Aktion mit Hertie erinnern: Wir fuhren mit unserer neuen Strickmaschine wie in einer Roadshow von einem Kaufhaus zum nächsten und strickten direkt in den Wäscheabteilungen vor der staunenden Kundschaft die Produkte. Das kam sehr gut an. Seit dieser Zeit schreiben wir unseren Namen ins Label. Heute vertreiben wir fast drei Viertel unserer Produktion unter der Marke Speidel. Für das Design ist seit 1980 meine Frau verantwortlich. Der Name Speidel steht für soliden Geschäftserfolg. Auch in der Wirtschafts- und Finanzkrise sind Sie gewachsen und haben die Produktion erweitert. Günter Speidel: Tatsächlich sind wir auch in schwierigen Zeiten gewachsen. Heute stellen wir pro Jahr ca. 15 Millionen Wäscheteile her. Der Erfolg hängt von vielen Komponenten ab. Ein Patentrezept haben auch wir nicht. Unser großer Vorteil ist: Wir sind ein gutes Team. Und wir wissen – wenn wir nach vorne gehen wollen, müssen wir Mut zeigen, vor allem bei Investitionen. Darüber hinaus haben wir eine sehr engagierte Mannschaft, die hinter uns steht. Sie sehen Ihre Mitarbeiter als entscheidenden Erfolgsfaktor. Wie sehen Sie das Thema Nachwuchs?
Gisela Geißler: Die jungen Leute interessieren sich nach wie vor für Textilberufe – modisch wie technisch. Die Frage ist, wie sie ihre Berufschancen nach der Ausbildung einschätzen. In unserer Region haben wir als Arbeitgeber eine große Konkurrenz mit starken Branchen wie Automobil oder Medizintechnik. Deshalb ist es wichtig, Neugier zu wecken und intensiver über unsere Produkte und ihre Produktion zu informieren. Hans-Jürgen Speidel: Bei einem Unternehmertreffen der Gewerbeschule Balingen wurde uns kürzlich eine erschreckende Bilanz präsentiert: In den letzten zehn Jahren haben sich die Ausbildungsverträge in der Region halbiert. Die Branche sollte dringend mehr ausbilden, damit die Kurse in den Berufsschulen wieder voll werden. Sonst droht deren Schließung. Wir selbst bilden Kaufleute und Modenäher aus und in Kürze auch Produktionsmechaniker. Von unseren Azubis konnten wir viele übernehmen und einige sind inzwischen in verantwortungsvollen Positionen. Neben dem Betrieb in Bodelshausen hat Speidel auch Auslandsstandorte. Hans-Jürgen Speidel: Seit 1989 haben wir einen eigenen Konfektionsbetrieb in Ungarn, seit 2000 einen in Rumänien. Alle Zuschnitte und Zutaten kommen aus Bodelshausen. Pro Tag werden an jedem Standort ca. 30 000 Teile produziert. Beide Länder sind schnell erreichbar, und weil sie inzwischen der EU angehören, müssen wir uns nicht mehr mit Zollformalitäten herumschlagen. In Foscani, nördlich von Bukarest, wird überwiegend unsere Standardware konfektioniert. Unser ungarisches Werk liegt direkt hinter der österreichisch-ungarischen Grenze und deckt unsere gesamte Produktpalette ab. Ein Lkw fährt ständig zwischen Bodelshausen und Szombathely hin und her. Würden Sie das trotz gestiegener Lohnkosten heute wieder so machen? Hans-Jürgen Speidel: Die Entscheidung war auch aus heutiger Sicht die richtige. Beide Auslandsbetriebe sind nach wie vor sehr effizient aufgestellt. Abgesehen von den Lohnkosten war und ist der Mangel an lokalen Arbeitskräften für uns ein wichtiger Grund für die Verlagerung der Konfektion. Seit Mitte der 80er ist es fast unmöglich, junge Frauen für den Beruf der Modenäherin zu interessieren. Wie viel ihrer Stoffe machen Sie selbst? Günter Speidel: Praktisch unsere gesamte Kollektion, d. h.
ca. 95 Prozent. Dafür haben wir viel in unseren Maschinenpark investiert. Das macht uns flexibel und schlagkräftig und verschafft uns die Möglichkeit, in der Stoffentwicklung sehr aktiv zu sein. Ein Beispiel dafür ist unser neues ShapingProdukt „Inshape“. Davon haben wir schon 200 000 Teile verkauft. Sie beschaffen überwiegend in Europa und lassen in der Region ausrüsten. Wird da die Luft dünn? Hans-Jürgen Speidel: Mit den Ausrüstern, mit denen wir heute zusammenarbeiten, verbinden uns langjährige Partnerschaften. Jeder von ihnen hat seine besonderen Stärken und wir können uns auf deren Qualität verlassen. Für uns ist es wichtig, die Region zu stärken, damit die Produktion nicht noch weiter schrumpft. Mit unseren Mengen können wir durchaus dazu beitragen. Günter Speidel: Wir setzen fast ausschließlich europäisches
Material ein, vor allem aus Griechenland, aber auch aus Deutschland und Österreich. Es ist enorm wichtig, dass uns die verbliebenen Garn- und Zutatenlieferanten in Europa erhalten bleiben. Wir profitieren von den langjährigen Verbindungen und der engen Zusammenarbeit. Als im vergangenen Jahr die Baumwollpreise in die Höhe schossen, hat sich da die enge Verbindung zu den Lieferanten ausgezahlt? Hans-Jürgen Speidel: Auf jeden Fall. Zur Baumwollknappheit kam im vergangenen Jahr auch noch der Streik der griechischen Lkw-Fahrer. Das war brenzlig – aber wir mussten keine Maschine abstellen. Wir hatten unsere Lagerbestände rechtzeitig aufgestockt, und seitens unserer Lieferanten gab es nie wirklich Probleme mit der Verfügbarkeit. Günter Speidel: Im Langstapelbereich haben wir immer noch ein hohes Preisniveau. Im Mittelstapelbereich hat sich der Garnpreis auf einem Niveau eingependelt, das für uns masche 13
noch tragbar ist und mit dem eine Spinnerei Geld verdienen kann. Wenn ein gekämmtes Baumwollgarn in Nm 50/1, wie vor dem Preisanstieg, zwischen 2,60 und 2,70 Euro kostet, ist das für den Spinner nicht auskömmlich und letztlich für uns alle nicht optimal. Schließlich wollen wir, dass unsere EU- Lieferanten weiter existieren können. Auskömmliche Preise sind seit langem ein Problem aller Herstellungsstufen. Günter Speidel: Wir und alle Mitbewerber waren gezwungen unsere Preise anzuheben, um nicht draufzulegen. Dazu mussten teilweise auch Eckpreislagen verlassen werden. Nach einer Preiserhöhung ist eine gewisse Kaufzurückhaltung zu erwarten, aber das normalisiert sich wieder. Eine Rolle rückwärts wegen einer etwas entspannten Rohstoffpreislage wäre der verkehrte Weg. Schließlich sind wir auch in anderen Bereichen – den Löhnen, der Veredelung und der Energie – mit Kostensteigerungen konfrontiert. Hat Sie der Baumwoll-Preisboom auf neue Materialideen gebracht oder will der Kunde keine Experimente? Gisela Geißler: Der Trend geht wieder klar zur Baumwolle. Natürlich versuchen wir immer wieder etwas Neues, etwa im Bereich Micromodal, aber Baumwolle bleibt ein unschlagbares Verkaufsargument. Einen wachsenden Stellenwert hat in unserem Sortiment Baumwolle aus kontrolliertbiologischem Anbau. In Deutschland und der Schweiz ist der Bio-Trend am stärksten zu spüren. Welche Zielgruppen spricht Speidel an? Gisela Geißler: Wir bieten ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, unsere Produkte sind jung und sehr fraulich. Auf eine bestimmte Altersgruppe sind wir nicht festgelegt, denn in solche Schubladen lassen sich die Frauen von heute nicht mehr stecken. Sie entscheiden selbst. Eine solche Einteilung ist ja auch vermessen. Was passiert denn, wenn man 50 wird? Muss man dann seinen Stil ändern? Unser Angebot wird zu 60 bis 70 Prozent von Basics bestimmt, alles Artikel, 14 masche
die ab Lager nachlieferbar sind. „Mode“ und „never out of stock“ sind keine getrennten Bereiche mehr. Heute gibt es „modische Basics“, die das ganze Jahr hindurch laufen. Durch ein modischeres NOS-Programm verbessern Sie Ihre Lieferfähigkeit… Günter Speidel: Der Handel setzt immer weniger auf Vororders und verlangt von uns mehr Flexibilität. Wir bieten dem Kunden den Service, auf unser Lager zurückgreifen zu können. Ein eigenes braucht er somit nicht. Speidel hat sich mit Lieferpünktlichkeit und Zuverlässigkeit in den letzten Jahrzehnten einen guten Namen gemacht. Dem wollen wir weiter gerecht werden. Unser Lager umfasst kontinuierlich ca. 1,5 Millionen Teile – das ist schon eine Hausnummer. Im modischen Bereich produzieren wir aber ausschließlich auftragsbezogen. Dadurch haben wir so gut wie keine Restanten. Kann man Speidel-Produkte auch online kaufen? Gisela Geißler: Seit zwei Jahren betreiben wir unseren eigenen Web-Shop und sind mit der Entwicklung sehr zufrieden. Über diesen Vertriebskanal möchten wir auch die Kundin erreichen, die in ihrer Region keine Einkaufsmöglichkeit im Fachhandel hat. In den letzten Jahren sind leider viele Handelskunden weggebrochen. Besonders auf dem Land gibt es bereits regelrechte weiße Flecken. Der Handel reagiert für gewöhnlich kritisch auf das Online-Geschäft der Hersteller. Günter Speidel: Negative Reaktionen hatten wir bisher nicht. Man darf sich dem Medium auf keinen Fall verschließen. Ein professioneller Web-Auftritt, möglichst mit ShoppingFunktion, wird heutzutage von jeder Marke erwartet. So können wir unser Sortiment dem Endverbraucher direkt präsentieren. Gisela Geißler: Der Online-Handel stört das bestehende stationäre Geschäft nicht, er sorgt für zusätzlichen Umsatz. Allerdings mussten wir erst Erfahrungen sammeln – Retou-
ren, Zahlungseingänge, kleine Pakete. Unsere Retourenquote liegt unter 10 Prozent. Das ist im Branchenvergleich ausgezeichnet. Wie geht es weiter mit den Vertriebskanälen? Planen Sie eigene Shops? Gisela Geißler: Wir betreiben derzeit acht eigene Outlets, die sich allesamt an Standorten befinden, die unsere Handelskunden nicht beeinträchtigen. Neben unserem Verkauf hier in Bodelshausen gibt es Läden in Urlaubsregionen wie im Allgäu oder am Bodensee. Wirkliche Marken shops haben wir noch nicht, das könnte aber durchaus eine Idee sein. Wenn Händler wegfallen, muss man entsprechende Alternativen suchen. Und in eigenen Läden können wir uns als Marke ganz anders zeigen – mit unserer gesamten Kollektion. Welche großen Herausforderungen warten auf die Branche? Hans-Jürgen Speidel: Das Umfeld hier stabil zu halten, ist die wichtigste Herausforderung der kommenden Jahre. Natürlich müssen wir bei brisanten Themen wie Beschaffung oder Nachwuchs heute die Weichen stellen. Dazu gehören auch die engen Partnerschaften in der Region. Am Standort Bodelshausen schlägt weiter das Herz unserer Firma. Deswegen haben wir 2009 Gebäude und Maschinenpark modernisiert und erweitert und unsere Produktionsabläufe entsprechend optimiert. Günter Speidel: Wir wollen wachsen, aber nicht um jeden Preis. Unsere Stückzahlen haben ein gesundes Niveau erreicht. Wir möchten unseren Fokus auf Qualität legen, unsere Produkte verfeinern, verbessern, Neues entwickeln – darin sehen wir unsere große Herausforderung. Was bringt Ihnen die Mitgliedschaft bei Gesamtmasche? Günter Speidel: Das Informationsangebot des Verbandes hat sich sehr gut entwickelt. Das gilt auch für die Seminare. Ich erwähne da nur das aktuelle Thema Textilkennzeichnung. Für uns besonders wichtig ist die gute Erreichbarkeit, der schnelle Draht. Auch in rechtlichen Fragen holen wir gerne Rat ein, aber da hatten wir in den letzten Jahren zum Glück kaum Probleme.
Verantwortung in Familienhand: Gisela Geißler leitet das Marketing, Geschäftsführer Günter Speidel kümmert sich um den kaufmännischen Bereich, HansJürgen Speidel verantwortet die Produktion und leitet die Konfektionsbetriebe in Rumänien und Ungarn.
Erzählen Sie uns bitte noch etwas über sich. Wir sind in der Region aufgewachsen, mit ihr verwurzelt und leben hier sehr zufrieden mit unseren Familien. Insgesamt bringen wir es auf fünf Töchter, die erste davon ist bereits ins Unternehmen eingestiegen. Die Frauenquote erfüllen wir also auch privat. Kein Wunder, wenn wir doch Damenwäsche herstellen! Wir kommen immer gerne ins Unternehmen. Dabei ist uns wichtig, dass jeder sein eigenes Privatleben pflegen kann und die Wochenenden frei sind von geschäftlichen Dingen. So können wir Distanz gewinnen und wieder Kraft schöpfen für Neues. Natürlich sieht vieles nach außen hin einfach aus. Aber auch wir machen uns hier und dort Sorgen, tragen an manchen Dingen schwer. Da ist es gut, dass wir zu dritt sind, die Last verteilen und immer miteinander reden können. Deshalb ist uns vor allem wichtig, dass wir alle gesund bleiben.
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Rohstoffe Neues Niveau
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///////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Baumwolle bleibt teuer. Diese Aussage überrascht Banker und Spekulanten, die seit dem Absturz der Quotierungen im Sommer 2011 mit dem weißen Gold Formulierungen wie „Fall ins Bodenlose“ verbinden. Finanzblätter argwöhnten bereits, Textilien könnten wieder billiger werden. Derlei Vermutungen gehen völlig am Markt vorbei. Die moderaten Preiserhöhungen im Jahr 2011 waren längst überfällig. Überschießende Faserpreise brachten das Fass zum überlaufen. Erinnern wir uns: Im Frühjahr 2010 klagte die Branche wegen hoher Baumwollpreise, als der Cotlook-A-Index die Marke von 80 US-Cents/lb passierte. Zwei Jahre später liegt der Index 25 Prozent darüber. Massenartikel wie das T-Shirt für 4,95 Euro bei H&M oder KiK erweisen sich nicht nur als Rohstofffresser, in denen wertvolle Ressourcen billig verramscht werden. Beispielrechnungen zeigen, dass sich die lange gewohnten und mit nadelspitzem Bleistift kalkulierten Preise bei einer Niveau verschiebung der Rohstoffkosten um 20,30 Prozent unmöglich halten lassen – zumindest nicht bis man kostendeckend
arbeiten möchte. Höhere Frachtraten und steigende Arbeitskosten in China sind dabei noch nicht inbegriffen. Wer ein unter akzeptablen Arbeitsbedingungen hergestelltes und schadstofffreies Produkt anbieten möchte, muss also höhere Preise verlangen. Diese Schlussfolgerung hat mit dazu beigetragen, dass sich die Medien zunehmend dafür interessieren, wo Textilien eigentlich herkommen. In Reportagen geht es meist um die kritische Beleuchtung von Arbeits bedingungen in Entwicklungsländern oder den Einsatz von Pestiziden und gefährlichen Chemikalien. So groß dabei die Gefahr für alle verantwortungsvoll produzierenden Unternehmen ist, mit schwarzen Schafen in einen Topf gesteckt zu werden, birgt sie zunehmend die Chance, sich wohltuend vom einem ins Zwielicht geratenen Massengeschäft abzuheben. Das Verbraucherbewusstsein ändert sich, wenn auch langsam. Geiz ist längst nicht mehr geil. Transparente Zulieferketten, der Einsatz nachhaltig produzierter Rohstoffe oder die Begrenzung der Transportwege sind Fakten, mit denen zahlreiche textile Mittelständler bei einer ansehnlichen Käuferschicht punkten können.
Baumwolle bleibt teuer
229,7
Preis – US cents pro Pfund
168,2
85,8
91,7
160,7
116,7
104,7
95,5
99,5
12/2011
03/2012
76,8 51,5 03/2009
61,4
06/2009
64,1
09/2009
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03/2010
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12/2010
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09/2011
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Quelle: www.indexmundi.com
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Auch wenn die extremen Preisausschläge vorbei sind: Das Niveau der Baumwollpreise hat sich nachhaltig nach oben verschoben. Weltweit schrumpfen die Anbauflächen. Die indischen Baumwollbauern haben die ständigen Eingriffe ihrer Regierung in den Baumwollhandel satt. Immer mehr von ihnen wollen deshalb auf andere Saaten wie Guar umschwenken. In der Folge soll die indische Anbaufläche für Baumwolle in der nächsten Saison um 15 Prozent schrumpfen – keine Kleinigkeit, denn Indien ist nach China zweitgrößter Produzent der Faser. In der Volksrepublik steht ebenfalls eine gewaltige Flächenreduktion bevor – nach Prognosen von Beijing Cotton Outlook um 9 Prozent, andere Quellen sprechen sogar von über 16 Prozent Minus. In den USA, dem weltgrößtem Lieferant von Baumwolle, gehen nach USDA-Schätzung fast 11 Prozent der Baumwollflächen an den einträglichen Mais- oder Sojaanbau verloren. Besonders betroffen ist der Langstapelbereich, der sich von der Knappheit im Vorjahr noch nicht erholt hat: Die Anbaufläche für Pima-Qualitäten soll um ca. 12 Prozent zurückgehen.
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Neue Horizonte Asiens Markt für Bodywear wächst ///////////////////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Die Länder Asiens stehen heute für ein Viertel des Weltmarktes für Bodywear. Jährlich nehmen die Umsätze in den wachstumsstarken Ländern in Fernost um ca. 8 Prozent zu. Der mit Abstand größte Markt, der gleichzeitig die niedrigsten Wachstumsraten aufweist, ist Japan mit einem Volumen von über 5 Mrd. Euro. China zieht aber rasch nach: Nach Angaben des Institut Français de la Mode ist der chinesische Wäschemarkt bereits heute 3,3 Mrd. Euro schwer und wächst jährlich um ca. 10 Prozent. Bereits 2015 wird sich der Abstand zwischen China und Japan halbiert haben. Ausgehend vom niedrigen Niveau ist das Wachstum des LingerieMarktes in Indien noch beeindruckender. Für Südkorea wird im Zeitraum 2010 bis 2015 sogar ein Plus von fast 50 Prozent prognostiziert. Der riesige asiatische Markt ist komplex und erfordert eine starke Differenzierung nach Ländern. Körpermaße, Geschmack und Wahrnehmung in Bezug auf Wäsche weisen im Vergleich zu Europa und den USA große Unterschiede auf. Asiatische Frauen legen Wert auf ein moderates und wohlproportioniertes Erscheinungsbild. Die chinesische Frau gibt etwa 9 Prozent ihres Modebudgets für Wäsche aus. Lingerie goes China! Am 22. und 23. Oktober 2012 findet die 8. Ausgabe der Shanghai Mode Lingerie statt, die in den letzten Jahren zur asiatischen Leitmesse für Bodywear avanciert ist. Auch in Shanghai läuft nach Pariser Vorbild die Stoff- und Zutatenmesse Interfilière parallel zur Wäsche- und Bademodenmesse. Erwartet werden um die 250 Aussteller aus über 20 Ländern, die auf 12 000 m² ihre Neuheiten präsentieren. Im vergangenen Herbst hatten über 7 000 Fachbesucher den Weg nach Shanghai gefunden, die meisten von ihnen aus China und Hongkong, gefolgt von Taiwan, Japan und Südkorea. Erstmals erhalten deutsche Aussteller der Shanghai Mode Lingerie in diesem Herbst eine Messeförderung durch den Bund. Gesamtmasche nimmt das zum Anlass, den Messeteilnehmern und -besuchern ein Rahmenprogramm vor Ort anzubieten. Dazu gehören zum Beispiel ein Store Check Shanghai, der Einblicke in den chinesischen Wäsche einzelhandel gewährt, Besuche bei Wirtschaftsorganisationen und ein Abendevent beim deutschen Generalkonsulat, zu dem auch Kunden deutscher Aussteller willkommen sind. Nähere Informationen und Anmeldeunterlagen für die Messe stehen im Mitgliederbereich von Gesamtmasche zum Download bereit.
Wäschemarkt Asien unter der Lupe Am 21. Juni 2012 lädt Gesamtmasche mit dem französischen Maschenverband und Eurovet zu einem Seminar “Trends im Wäschemarkt Asien” ein. Programmvorschau Lingerie retail market in Asia: Key figures · Main evolutions within the past 10 years · What‘s next? Chinese woman: Who is she? · Attitudes towards femininity, body and underwear · A question of fit: Size & shape Lingerie Key players − locals & foreigners · Producers − brands − chain stores – retailers · Success stories New codes to follow Shanghai Mode Lingerie: Snapshot and latest updates Referentin: Anne Laure Linget, Directrice Affaires Internationales, Fédération de la Maille & de la Lingerie
Asiens Wäschemarkt in Mrd. Euro 2015 restl. Asien
2011 2008
Indien
Südkorea
China
Japan
0
1
2
3
4
5 Quelle: IFM
Anteil Wäsche an den gesamten Bekleidungsausgaben (%) 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 Quelle: IFM
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Stoff im Netz Textilien rechtssicher online vermarkten /////////////////////////////////////////////////// Max-Lion Keller Der Internethandel mit Textilien floriert, und ebenso florieren die Abmahnungen. Das ist ärgerlich, aber vermeidbar: Mit der richtigen Strategie kann man Textilprodukte online vermarkten, ohne Massenabmahnern eine Angriffsfläche zu bieten. Einen rechtssicheren Onlineshop zu führen erfordert Zeit und Arbeit, aber es lohnt sich – eine Abmahnung kostet schließlich Geld. Zugegeben, man kann sich auf sein Glück verlassen und einfach hoffen, dass keine Abmahnung kommt; leider wird das in den wenigsten Fällen funktionieren. Das Problem sind die Massenabmahner: Die machen im Prinzip nichts anderes, als die Rechtslage zu beobachten; immer dann, wenn sie eine lohnenswerte Falle entdeckt haben, durchsuchen sie einfach die passenden Webshops nach dem entsprechenden Fehler – schon sind wieder ein paar Dutzend Abmahnungen auf dem Weg. Im Folgenden werden zehn typische Fehler aufgezeigt, die es unbedingt zu vermeiden gilt. 1. Untätigkeit Der sicherste Weg, eine Abmahnung zu erhalten, ist nichts zu tun. Das Grundproblem im e-Trade ist die unübersicht liche und äußerst dynamische Rechtslage. Neben Vorschriften aus dem Internet- und Handelsrecht sind natürlich das Wettbewerbs- und Verbraucherschutzrecht zu beachten; dazu kommen noch zahllose Sondervorschriften sowie eine ausufernde Rechtsprechung. Wer sich nicht auf dem Laufenden hält, übersieht schnell neue Rechtsfallen – und kassiert irgendwann eine Abmahnung. Der erste Schritt zur Rechtssicherheit ist also, sich überhaupt einmal mit dem Thema zu befassen. 2. Falsche Rechtstexte Für jedermann leicht einsehbar und deshalb auch für Abmahner einfach auf Rechtsfehler zu kontrollieren sind die vorgeschriebenen Rechtstexte: Impressum, AGBs, Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrung und ggf. eine Datenschutzerklärung. Diese Texte müssen vorhanden, inhaltlich richtig und für den Verbraucher auf der Webseite ohne große Suche aufzufinden sein. Jeder Fehler ist hier absolut unnötig und geradezu eine Einladung an die Abmahnsportler. Es ist allerdings keine gute Idee, solche Texte einfach selbst zu entwerfen; dazu gehört nicht nur Formulierungsgeschick, sondern auch profundes 18 masche
juristisches Fachwissen. Die effektivste Lösung ist, diese Texte beim Fachmann zu kaufen; das kostet zwar Geld, schafft aber Sicherheit. 3. Unklare Preisangaben Wo wir gerade bei Geld sind: Auch Preise wollen im Internet korrekt angegeben werden. Das ist nicht unbedingt einfach, denn die gesetzliche Grundlage – die Preisangaben-Verordnung (PAngV) – ist ein ziemlich unübersichtliches Machwerk. Zum einen sind Preise oftmals an verschiedenen Stellen anzugeben, zum anderen müssen gerade im Versandhandel auch die zusätzlich anfallenden Kosten (Versandkosten etc.) transparent dargestellt werden. Hinzu kommt ggf. die Pflicht zur Angabe des Grundpreises, etwa beim Verkauf von Meterware. Hier ist Sorgfalt geboten, denn Fehler sind leicht zu entdecken. 4. Falsch gekennzeichnete Textilien Alle Angaben, die das Textilkennzeichnungsgesetz (TextilKG) fordert, müssen auch im Webshop auf dem Bildschirm erscheinen – deutlich sichtbar und ohne große Suche. Ein klassischer Fehler sind unvollständige oder unrichtige Materialangaben. Erschwert wird dies durch die Tatsache, dass das TextilKG eine begrenzte Anzahl an Begriffen zulässt. Ein beliebter Fehler sind Angaben in der falschen Reihenfolge wie z. B. „20% Polyester, 80% Baumwolle“ – richtig wäre die absteigende Reihenfolge der Mengenanteile. Oft kommt es auch zu Abmahnungen, weil Kleidungsstücke aus Viskose nur mit der Zellstoffbasis – z. B. Bambus – gekennzeichnet sind. 5. Textilkennzeichnungs-VO verschlafen Wer sich erst einmal mühsam die Vorschriften des TextilKG angeeignet hat, steht vor der Herausforderung der neuen EU-Textilkennzeichnungsverordnung, die das TextilKG ablöst. Einige wichtige Änderungen sind: • Die Gewichtsanteile der einzelnen Fasern in Prozent müssen nun ausnahmslos angegeben werden. • Nichttextile tierische Teile sind unter Verwendung des Hinweises „Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ zwingend anzugeben. • Wärmende Futter von Schuhen müssen nicht mehr nach dem TextilKG gekennzeichnet werden.
6. „Gepanschte“ Textilien vertrieben Gelegentlich taucht auch das Problem auf, dass Importeure ihre Textilien vermeintlich richtig markieren, die Angaben des Lieferanten aber gar nicht stimmen. Wer sich auf her stellerseitige Angaben verlässt und diese in seine Produktseite übernimmt, kann eine böse Überraschung erleben, wenn ein Konkurrent das Produkt überprüfen lässt. Weicht das Prüfergebnis vom Etikett ab, flattert dem Händler eine Abmahnung wegen irreführender Kennzeichnung ins Haus. 7. Falsche Herkunfts-/Qualitätsangaben Kaschmir und Pashmina im Programm? Da sollte man sich auch sicher sein – letztes Jahr rollte eine Abmahnwelle über angebliche „Pashmina-Schals“ hinweg, die tatsächlich aus synthetischem Material bestanden. Produkte müssen so benannt und gekennzeichnet werden, dass beim Verbraucher keine falschen Vorstellungen von Art und Herkunft des Materials aufkommen. 8. Falscher Umgang mit Gütesiegeln Gütesiegel (z. B. die Oeko-Tex Standards) sind meistens entweder gesetzlich oder als Marke geschützt; sie dürfen daher nur unter bestimmten Bedingungen zur Kennzeichnung oder Werbung eingesetzt werden. So darf ein Gütesiegel erst dann erwähnt werden, wenn es wirklich verliehen wurde, und nicht schon dann, wenn nur die zugehörigen Kriterien ohne entsprechende Kontrolle erfüllt werden. Auch ist zu beachten, dass ein Siegel in der Werbung immer so eingesetzt werden muss, dass zweifelsfrei klar ist, auf welche Produkte im Shop es sich bezieht, und auf welche nicht. Auch gibt es bestimmte Siegel, die gar nicht erst eingesetzt werden sollten, etwa weil sie den Verbraucher täuschen könnten. 9. Falsche Reaktion auf eine Abmahnung Alles soweit richtig gemacht, und dennoch eine Abmahnung erhalten? Auch das gibt’s – jetzt nur nicht kopflos reagieren! Auf gar keinen Fall nichts tun, das führt im Zweifel direkt in
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• Bei Matratzen und Campingartikeln sind nur noch die Bezüge zu kennzeichnen. • Textilerzeugnisse aus Filz (auch Hüte aus Filz) müssen nun zwingend gekennzeichnet werden.
einen kostspieligen Zivilprozess. Ebenso nicht einfach unterschreiben und überweisen, die Abmahnung könnte schließlich unberechtigt bzw. die Unterlassungserklärung zu umfangreich formuliert sein. Es empfiehlt sich, schnell und geordnet vorzugehen: Eingangsart, Datum und Absender festhalten, dann den Sachverhalt prüfen. Anschließend sollte rasch juristische Beratung erfolgen; falls die Abmahnung tatsächlich unberechtigt ist, können schnell entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. 10. Webshop nicht regelmäßig kontrolliert und aktualisiert Wer bis hier alle Hürden gemeistert hat, steht vor einer Sisyphusarbeit: Der Webshop und seine Inhalte müssen stets an die dynamische Rechtslage angepasst werden. Das ist allein deshalb schwierig, weil die Rechtsänderungen an vielen Fronten geschehen und für einen Einzelnen kaum zu über blicken sind; auch ist die nötige Zeit kaum zu erübrigen. Aus diesem Grund sollte der Shopbetreiber sich möglichst früh überlegen, wie er diesem Problem begegnen will. Neben der ständigen Lektüre der Fachpresse stehen auch entsprechende Dienstleistungen zur Verfügung, etwa in Form von regel mäßigen Checks oder etwa einem juristischen Update-Service der IT-Recht Kanzlei. Das kostet zwar Geld, kann sich aber als sinnvolle Investition erweisen: Ständig abgemahnt zu werden ist auf Dauer wesentlich teurer.
Rechtsanwalt Max-Lion Keller, LL.M. ist Partner der IT-Recht Kanzlei in München. Die mittelständische Anwaltssozietät konzentriert sich auf hochspezialisierte Beratung in den Bereichen des IT-Vertrags- und Vergaberechts, des E-Commerce-Rechts, des Markenrechts sowie des Internet- und Domainrechts. Max-Lion Keller, Tel.: +49 89 130 14 33 - 0, www.it-recht-kanzlei.de
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Außenwirtschaft Business-Boom trotz Barrieren
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Doch auch wenn saftige Umsätze locken, müssen ausländische Marken mit hohen Hürden rechnen. Seit 2005 hat sich der Anteil von Importwaren am brasilianischen Modekonsum zwar verdreifacht. Zumeist handelt es sich jedoch um günstige Asien-Ware. Europa ist in der Top-10 der Lieferländer mit Italien auf Platz 8 und Portugal auf Platz 10 vertreten. Karneval und Caipirinhas können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die legendäre brasilianische Bürokratie gute Geschäfte regelrecht ersticken kann. Warenlieferungen, die drei Monate beim Zoll festsitzen, Einfuhrzölle von 35 Prozent und weitere Abgaben machen Exporteuren und ihren brasilianischen Kunden das Leben schwer. Im jüngsten „Ease of Doing Business Index“ der Weltbank belegt Brasilien den traurigen Platz 126 – auch wenn das Land bereits 2011 zur sechstgrößten Wirtschaftsnation der Welt aufgestiegen ist. Die brasilianischen Einfuhrvorschriften stellen die Wirtschaftsakteure vor herkulische Aufgaben. Wer etwas importieren will, muss jede der unzähligen Detailregelung genau beachten. Vor allem verändert und erweitert sich das Regelwerk ständig. Neue Bestimmungen wuchern zum Teil sogar schneller, als Waren transportiert werden können. Offiziell müssen alle Bekleidungsimporte vom brasilianischen Zoll beschaut werden. Die Maßnahmen richten sich gegen Billigeinfuhren, treffen aber alle gleichermaßen. Langwierige Verzögerungen sind die Folge. Für den „Dernier Cri“ ist es dann regelmäßig zu spät. Der Protektionismus lässt die Preise für ohnehin teure Qualitäts- und Markenware nach oben schnellen. Premiummarken kommen den Endkunden dadurch zweimal, ja bis zu viermal so teuer zu stehen wie außerhalb Brasiliens. Nach Zöllen, Steuern und Margenaufschlag durch den Einzelhändler steht auf dem Etikett zuweilen das Achtzehnfache des
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Großhandelspreises. Schuhe von Salvatore Ferragamo, die in den USA für knapp 400 US-Dollar zu haben sind, kosten in Brasilien mehr als das Doppelte. Für den Burberry-Trenchcoat, den britische Kunden für 915 US-Dollar kaufen können, müssen Brasilianer 2 075 US-Dollar hinblättern. Eine weitere Herausforderung ist die starke heimische Konkurrenz: Brasilien mit seinen 30 000 Textil- und Bekleidungsherstellern ist der fünftgrößte Textilproduzent der Welt. Die Branche stellt inzwischen über 10 Prozent der Jobs im produzierenden Gewerbe und investiert kräftig in ihre Modernisierung: 2011 flossen 2,5 Mrd. US-Dollar in Textilmaschinen. Und die brasilianische Fashion-Szene feiert nicht nur weltweit bekannte Namen, sondern auch örtliche Modegrößen, die auf dem internationalen Parkett so gut wie unbekannt sind. Alexandre Herchcovitch, Osklen oder Maria Bonita haben in Brasilien auch unter den gut betuchten Fashionistas eine eingeschworene Fangemeinde und bieten ausländischen Luxusmarken Paroli. Sie werden auch besser mit dem Problem der Jahreszeiten fertig, die in der südlichen Hemisphäre – zumindest aus Sicht der nördlichen Wettbewerber - auf dem Kopf stehen. Fernando Pimentel, Geschäftsführer des brasilianischen Textilverbandes ABIT, prognostiziert ein Umsatzwachstum seiner Industrie bis 2016 um jährlich 5 Prozent. Doch trotz beachtlicher Expansion des Sektors hält er mit dem Konsumwachstum nicht Schritt. Nach einer Deloitte-Studie soll sich die Zahl der Millionärshaushalte in Lateinamerikas größter Nation bis 2020 verdreifachen und dann mehr als eine Million betragen. Schon 2010 wurden in Brasilien Luxusartikel im Wert von 8,9 Mrd. US-Dollar verkauft, nach einer Studie von GfK und MCF Consultoria 28 Prozent mehr als 2009. Zum Vergleich: In China werden die Millionärshaushalte im gleichen Zeitraum voraussichtlich auf 2,5 Millionen anwachsen, in Russland auf 1,2 Millionen und in Indien auf immerhin knapp 700 000. Brasilianische Mode-Insider betonen trotz der überbordenden Barrieren einen entscheidenden Vorzug Brasiliens gegenüber den anderen BRIC-Staaten: Brasilien ist keine Diktatur wie China, und auch die bittere Armut Indiens findet sich hier nicht. Wirtschaftsreformen haben bereits zig Millionen aus der Armut befreit und in die Mittelklasse aufsteigen lassen. Bis 2015 soll der Modekonsum um weitere 50 bis 60 Prozent wachsen. Die rasche Ausbreitung spezialisierter Einzelhandelsketten begünstigt den Einstieg europäischer Marken in das Geschäft am Zuckerhut. ABIT schätzt, dass der Importanteil bis dahin auf 30 Prozent ansteigen wird.
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Der brasilianische Markt lockt mit hohen Wachstumsraten. Doch die Hürden sind hoch. Brasiliens boomende Wirtschaft und die erstaunliche Zahl von Millionären, die der südamerikanische Riese in den letzten Jahren hervorgebracht hat, ziehen das Interesse der weltweiten Modeindustrie auf sich. Der brasilianische Mode-Retail erreichte 2011 einen Gesamtumsatz von über 131 Mrd. US-Dollar. Rio und São Paulo sind zu Modemetropolen avanciert, wo Luxusmarken wie Prada oder Bottega Veneta längst ihre Boutiquen eröffnet haben. Der Konsum von Luxuswaren und hochwertigen Artikeln durch die brasilianische Mittel- und Oberschicht wächst unbeeindruckt von der Krise in Europa und den USA. Im vergangenen Jahr sind die Importe um 24 Prozent gestiegen.
Indonesiens Textilbranche modernisiert Indonesiens Textil- und Bekleidungsindustrie macht sich fit für den internationalen Wettbewerb. Dabei spielt die wachsende Nachfrage im heimischen Markt und den Nachbarländern nach modisch und qualitativ anspruchsvoller Bekleidung eine große Rolle. Der Branche wird strategische Bedeutung beigemessen. Staatliche Projekte flankieren daher die Modernisierungsanstrengungen. Geht es nach dem Willen der Regierung, sollen die indonesischen Textil- und Bekleidungsexporte von ca. 11,2 Mrd. US-Dollar im Jahr 2010 bis 2025 auf 54 Mrd. USDollar katapultiert werden. Bis dahin sollen 3,1 Millionen Indonesier im Textilsektor arbeiten – heute sind es rund 1,3 Millionen. Um in Zeiten teurer und knapper Rohstoffe möglichst unabhängig zu sein, soll der lokale Markt zu 90 Prozent mit Fasern aus Inlandsproduktion versorgt werden. Ob sich die ehrgeizigen Ziele so verwirklichen lassen, sei dahingestellt. In jedem Fall boomt die indonesische Produktion. Der Anteil indonesischer Textil- und Bekleidungsprodukte am Welttextilmarkt wird nach aktuellen Schätzungen von derzeit 1,8 Prozent schon bis 2014 auf rund 2,5 Prozent steigen. Waren in der Vergangenheit westliche Länder Hauptabnehmer indonesischer Konfektion, so expandieren inzwischen auch Lieferungen in die aufstrebenden Wachstumsregionen Asiens, die als neue Märkte an Bedeutung gewinnen. Dort werden längst nicht mehr nur Billigprodukte nachgefragt. Stimulierend wirkt auch der zunehmende Inlandsverbrauch. Die 238 Mio. Einwohner zählende Bevölkerung wächst jährlich um rund 1,4 Prozent. Mit wachsendem Lebensstandard hat der Textilkonsum der Indonesier pro Kopf seit 2005 bereits um über die Hälfte zugenommen. Seit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens zwischen ASEAN und China gelangt eine Flut chinesischer Textilien ins Land, die den Indonesiern ein bislang nicht gewohntes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Die Einkommenszuwächse in den städtischen Konsumzentren führen außerdem zu mehr Interesse an höherwertigen Endprodukten. Dies erfordert, wie bei der Exportfertigung, den Einsatz höherwertiger Textilfasern. Viskose ist zunehmend gefragt. Entsprechend baut die österreichische Lenzing-Gruppe, Weltmarktführer im Bereich Zellulosefasern, ihre lokalen Kapazitäten aus. Die neue „Jumbo Line“ der Lenzing-Tochter PT South Pacific Viscose (SPV) im westjavanischen
Purwakarta erhält eine Jahreskapazität von 80 000 Tonnen. Mit einer Jahresproduktion von insgesamt 325 000 Tonnen ab 2013 wird SPV damit zur weltgrößten Viskosefaserproduktion. Java ist das Zentrum der Branche. Der größte Teil der Beschäftigten arbeitet in der Konfektion, die im Vergleich zum Textilbereich moderner ausgerüstet ist. Der Modernisierungsbedarf in den Bereichen Spinnerei, Weberei, Strickerei und Ausrüstung ist jedoch groß. Nach den Daten des indonesischen Industrieministeriums sind etwa 4 Millionen Spinn-, 200 000 Web- und 34 000 Strickmaschinen im Einsatz, die veraltet sind. Um ausländische Auftraggeber anzulocken, sollen mit fortgeschrittenen und energieeffizienten Technologien die Produktionskosten gesenkt und eine höhere Qualität ermöglicht werden. Indonesische Hersteller können sich den Kauf neuer Maschinen im Ausland zu 25 Prozent subventionieren lassen. Bisher wurden im Rahmen des staatlichen Hilfsprogramms allerdings erst 6 Prozent der Maschinen ersetzt.
Indonesier konsumieren mehr Textilien
14 12 10 8 6 Textilverbrauch pro Kopf (kg)
4 2
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Quelle: Indonesischer Textilverband API
Sambastimmung Brasiliens neue Mittelschicht lässt den Einzelhandel dynamisch wachsen. In nur fünf Jahren hat der Bekleidungskonsum am Zuckerhut um fast 40 Prozent zugelegt. Hintergrund der Entwicklung ist eine grundlegende Verschiebung in der Einkommensverteilung. Modebewusste und immer kaufkräftigere Konsumenten sorgen in der sechstgrößten Volkswirtschaft der Welt für gute Stimmung in der Textil branche. Die Bevölkerung Brasiliens hat im vergangenen Jahrzehnt um 20 Millionen Menschen zugelegt und zählt heute 194 Millionen Menschen. Die Konsumausgaben pro Kopf sind im gleichen Zeitraum real um 28 Prozent gewachsen – und Brasilianer wenden traditionell einen hohen Anteil ihres Einkommens für Mode auf. Heute liegen die jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Bekleidung bei 670 US-Dollar. Die wohlhabenden 15 Prozent verdienen mit einem Pro-Kopf-Einkommen von über 22 000 US-Dollar jährlich zwar ein Vielfaches dessen, was dem Durchschnittsbrasilianer zur Verfügung steht. Doch die weniger betuchten 85 Prozent der Bevölkerung stehen heute für immerhin 60 Prozent der privaten Ausgaben und sogar für 71 Prozent der Retail-Umsätze. Wie die anderen BRIC-Staaten zeichnete sich Brasilien in den vergangenen Jahren durch ein schier unersättliches Wachstum aus. Der Real befindet sich auf einem Höhenflug, der Exporteuren das Leben schwer macht und gleichzeitig Importe und Produktionsverlagerungen begünstigt. Das verleitet die Regierung von Dilma Rousseff dazu, dem Druck der Unternehmen nachzugeben und höhere Importbarrieren einzuführen. Grund dafür ist die Angst vor allzu billigen Waren aus China. Experten warnen langfristig vor einer Abschottung, genauso wie vor einer Abwertung des Real. Doch der Außenhandel boomt weiter, und 2012 soll die Wirtschaft um 4,5 Prozent zulegen. masche 21
Außenwirtschaft Röntgen oder ab in den Käfig
Foto: Paul Hartmann AG
Aufregung um sichere Luftfracht: Ab März 2013 gelten verschärfte Sicherheitsrichtlinien. Wer sich nicht aufwendig zertifizieren lässt, riskiert höhere Kosten und Liefer verzögerungen. „Bekannter Versender“ heißt der vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA) vergebene Status, der aktuell die Gemüter mittelständischer Exporteure
erhitzt. Wer bis zum 25. März 2013 keine Zertifizierung erhalten hat, kann keine als „sicher“ eingestufte Luftfracht mehr versenden. Der beauftragte Spediteur ist in diesem Fall verpflichtet, die Ware zu kontrollieren. Das kostet Zeit und Geld. Ein großes Thema auch für viele Textil- und Modefirmen, bei deren Lieferungen es auf Pünktlichkeit ankommt. Betroffen sind in Deutschland insgesamt rund 66 000 Firmen.
Wer bekannter Versender werden möchte, muss umfangreiche Voraussetzungen erfüllen. Das kann so teuer werden, dass sich die Prozedur nur für Unternehmen mit größeren und regelmäßigen Luftfrachtsendungen lohnen dürfte. Für die Zulassung zum bekannten Versender sollen demnächst Gebühren erhoben werden – „zwischen 5 000 und 15 000 Euro je zuzulassendem Betriebsstandort“, wie es im Info-Blatt des LBA heißt. Die Gebührenverordnung befindet sich zurzeit im Gesetzgebungsverfahren. Wann sie in Kraft tritt, ist noch unsicher. Die Gebühren könnten laut LBA durchaus auch rückwirkend für bereits erteilte Zulassungen erhoben werden. Gravierender noch dürften die Kosten zu Buche schlagen, die zur Erfüllung der umfangreichen Zulassungsvoraussetzungen anfallen. Dazu gehört neben Personalschulungen und regelmäßigen internen Audits auch, dass die Fracht „manipulationssicher verpackt und sicher gelagert wird“. In der Praxis bedeutet das „abschließbare Metallkäfige oder Verwahrräume“. Die verschärften Sicherheitsrichtlinien gelten bereits seit fast zwei Jahren, allerdings mit einer dreijährigen Übergangsfrist. Unternehmen, die bis zum Stichtag 29. April 2010 eine so genannte Sicherheitserklärung abgegeben haben, werden bis 25. März 2013 als bekannte Versender anerkannt. Dadurch können sie ihre Luftfracht aktuell noch im Status „sicher“ versenden und müssen sie nicht vor Verladung ins Flugzeug kostenpflichtig kontrollieren lassen. Bisher sind erst 44 deutsche Unternehmen als bekannte Versender zertifiziert.
Bademode kennt keine Krise, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der NPD Group im Auftrag von Eurovet. Auf dem internationalen Markt für Bademoden werden jährlich ca. 7,8 Milliarden Euro umgesetzt. Jahr um Jahr verzeichnet er kleine, aber beständige Wachstumsraten. Durchschnittlich 2 Prozent waren es in den letzten fünf Jahren. Europa hat dabei ein erstaunlich hohes Gewicht am Weltmarkt: Mit einem Anteil von 11 Prozent der Weltbevölkerung stehen die europäischen Länder für über ein Drittel des globalen Bademodenkonsums. Der Freizeitbereich hat mit 63 Prozent das größte Gewicht am Markt. Knapp ein Drittel der Bademode kann dem sportlichen Bereich zugerechnet werden. Auf den Trainings- und Wettkampfbereich entfallen aber nur 5 Prozent. Das DamenSegment stellt wertmäßig 54 Prozent der Verkäufe dar. Dabei werden 70 Prozent des Umsatzes mit Zweiteilern generiert. Frankreich und Italien sind mit 432 bzw. 417 Millionen Euro die führenden Märkte für Bademode in der EU. In den südlichen EU-Ländern hat das traditionell starke 3. Quartal besondere Bedeutung. In Italien werden zwei Drittel des Jahresumsatzes in den Sommermonaten erwirtschaftet, in Deutschland ist es nur ein Drittel. Produkte ab 50 Euro entwickeln sich stabil. Dagegen hat das mittlere Segment (30 bis 40 Euro) seit 2008 zugunsten des unteren Segments (bis 30 Euro) nachgelassen. Deutsche Frauen kaufen zu höheren Preisen als andere Europäerinnen und legen auch mehr Wert auf funktionale Aspekte.
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Stabiler Markt für Bademode
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Aktuelle Außenwirtschaftsnachrichten gibt es regelmäßig unter www.gesamtmasche.de Silvia Jungbauer, Tel. +49 711 21050 - 13, jungbauer@gesamtmasche.de
Wachstum auf Chinesisch Im Milliardenreich China wollen immer größere Massen einen zunehmenden Konsumhunger stillen. Inzwischen machen sich zahlreiche Hersteller angesichts der Stagnation in ihren angestammten Märkten erfolgreich daran, das Wachstum in den BRIC-Staaten für sich zu nutzen. Der Schritt nach China gehört aber für viele noch in die Schublade exotischer Abenteuer: Die Anzahl der Konkurrenten ist Legion, und die Vertriebskultur unterscheidet sich fundamental von den westlichen Usancen. Dazu kommt die logistische Herausforderung.
Chinesischer Online-Retail wächst rasant B2C in China (Mrd. Euro) 106
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Doch die Konsumentwicklung in der Volksrepublik ist derart überwältigend, dass die Bearbeitung des chinesischen Marktes zumindest überdacht werden sollte. Bis 2020 sollen die Duchschnittseinkommen der städtischen Haushalte auf 8000 US-Dollar zunehmen – eine Verdopplung in zehn Jahren. Außerdem stehen gewaltige Verschiebungen zwischen den Einkommensgruppen ins Haus. Die Mittelschichthaushalte, die sich mit einem Jahreseinkommen von 16 000 bis 34 000 US-Dollar durchaus das eine oder andere Extra leisten können, sollen bis 2020 die wichtigste Konsumentengruppe werden. Dagegen soll der Anteil der unfreiwilligen Sparfüchse, die heute noch ca. vier Fünftel der städtischen Haushalte ausmachen, auf ein gutes Drittel zurückgehen.
26 14 2011
2013
2012
2014
2015
Quelle: Access Asia
Beeindruckende Verschiebung Anteil chinesischer Haushalte an Einkommensgruppen 100%
147 Mio 226 Mio 328 Mio. 1
6
63
6
51 82
2000
Mittelschicht (34 000-16 000 US-$) Untere Mittelschicht (6 000 - 15 999 US-$)
36
36
Da gleichzeitig die Gesamtzahl städtischer Haushalte wächst, werden die Mittelklassehaushalte, die nicht jeden Yuan zweimal umdrehen müssen, sich bis 2020 wahrscheinlich verzehnfachen - von heute rund 14 Millionen auf dann ca. 167 Millionen. Das sind fast 400 Millionen Menschen, die sich neben einem Familienauto und Flachbildschirmen auch Markenbekleidung leisten können. Wer seine Produkte den Massen und nicht nur einer elitären Schicht verkaufen möchte, braucht gegenüber dem Heimatmarkt bei Preis und Qualität also keine Abstriche zu machen. Apropos: Auch die wohlhabenden Chinesen repräsentieren schon in wenigen Jahren einen Markt von um die 60 Millionen Verbrauchern.
Wohlhabende (> 34 000 US-$)
10
7
2010
2020
Arme (< 6 000 US-$)
Quelle: McKinsey
Heute gibt es in China gewaltige regionale Einkommensunterschiede und ein gravierendes Stadt-Land-Gefälle. Etwa 85 Prozent der Mittelklasse-Konsumenten leben in den 100 reichsten Städten. In den 300 Städten, die im Ranking dahinter liegen, finden sich nur noch 10 Prozent von ihnen. Allerdings sollen es bis 2020 bereits 30 Prozent sein. Derartige Verschiebungen bewirken, dass bestimmte kleinere Städte mit vergleichsweise geringer absoluter Wirtschaftskraft, aber einer recht hohen Anzahl wohlhabender Bewohner, bei näherer Betrachtung so attraktiv werden können wie die Tier-1-Städte Shanghai oder Shenzhen.
China online Der rasante Siegeszug des Internets in China erstaunt durch das Wachstum der Online-Geschäfte genauso wie durch die rasche Veränderung ihrer Qualität. Heute werden in China knapp 50 Milliarden Euro im Netz umgesetzt. Der Anteil der C2C-Geschäfte ist dabei mit 88 Prozent immer noch für den Löwenanteil verantwortlich. Doch das ändert sich dramatisch. A.T. Kearney schätzt, dass das B2C-Geschäft zwischen 2010 und 2014 jährlich um durchschnittlich 52 Prozent zulegen wird. Access Asia sagt sogar durchschnittliche Wachstumsraten von 79 Prozent voraus. Das würde eine Verzehnfachung des Transaktionswertes in nur fünf Jahren bedeuten, oder, in absoluten Zahlen ausgedrückt, einen Sprung von 14 Milliarden Euro 2011 auf 106 Milliarden im Jahr 2015. Bis dahin soll der Online-Retail 9 Prozent am gesamten chinesischen Einzelhandel ausmachen. 2010 lag dieser Anteil noch bei ca. 0,9 Prozent.
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Mit steigenden Einkommen verschieben sich die Konsumgewohnheiten und -prioritäten. Käufe, die über Notwendigkeiten und Ersatz hinausgehen, nehmen zu. Vielfalt, Ästhetik, Emotion und die Bedeutung von Marken werden wichtiger. Bekleidung wird dadurch von einer immer breiteren Bevölkerungsschicht als etwas wahrgenommen, das weit mehr ist als eine „notwendige Anschaffung“. Der Anteil der Konsumausgaben für Bekleidung an den Gesamtausgaben soll zwar leicht sinken. Der Gesamtkonsum soll sich jedoch im Zeitraum 2010 bis 2020 nahezu verdreifachen. Dadurch wächst der Modekonsum im gleichen Zeitraum voraussichtlich von 186 auf 438 Millionen US-Dollar.
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Wissenswertes Nähen, Bügeln und Fixieren Befragung zu den Ausbildungsberufen in der Bekleidungsindustrie abgeschlossen Anfang Dezember hat das Bundesinstitut für Berufliche Bildung eine schriftliche Befragung bei ausbildenden Unternehmen und berufsbildenden Schulen in der Bekleidungsindustrie durchgeführt. Bundesweit haben sich 60 Unternehmen beteiligt. Die jetzt abgeschlossene Auswertung zeigt, dass der zweijährige Ausbildungsberuf zum Modenäher und der dreijährige zum Modeschneider für die Unternehmen nach wie vor große Bedeutung haben. Bei den befragten Unternehmen steht die Produktion von Oberbekleidung mit Abstand an erster Stelle, gefolgt von Maschenware, Sportbekleidung und Funktionstextilien. Kombinationen von Produktionssparten treten eher selten auf; hier ist die Kombination von Oberbekleidung und Maschenware am häufigsten vertreten. Rund zwei Drittel der befragten Unternehmen produzieren überwiegend im Ausland. Hierbei liegen die Schwerpunkte der Auslandsproduktion in den osteuropäischen und asiatischen Ländern. In der heimischen Produktion fallen insbesondere Tätigkeiten in der Muster- und Prototypenfertigung sowie der Nach- und Reklamationsbearbeitung an. Insgesamt sind die Unternehmen der Ansicht, dass die aktuellen Ausbildungsordnungen den heutigen Anforderungen entsprechen und genügend Spielraum für betriebliche Erfordernisse lassen. Auch wird die Meinung geäußert, dass die Ausbildung das unter-
schiedliche Leistungsvermögen der Azubis berücksichtigt. Dies wird von den befragten Berufsschulen angezweifelt. Wichtige Qualifikationen, die in der Ausbildung vermittelt werden sollen, sind für die Bekleidungs- und Textilbetriebe neben den Produkt- und Fertigungstechnologien, die Warenkunde, das Qualitätsmanagement, die Kooperations- und Teamfähigkeit sowie die englische Sprache. Im weiteren Vorgehen beraten die Sozialpartner nun die Erhebung und versuchen sich dann, auf Eckwerte für eine mögliche Neuordnung der Ausbildungsberufe in der Bekleidungsindustrie zu einigen. Die vollständige Auswertung der Umfrage findet sich im Mitgliederbereich von www.gesamtmasche.de
Modernes Lernen Renovierung der Hochschule AlbstadtSigmaringen fast abgeschlossen Die Hochschule Albstadt-Sigmaringen verfügt über zwei Standorte an der zurzeit ungefähr 2 800 Studenten eingeschrieben sind. Der Bachelorstudiengang für Bekleidungstechnik und der neue Studiengang für textile Produktionstechnologie – Technische Textilien sind in Albstadt untergebracht. Und hier wurden die Schulungsräume und Labors renoviert. Mehr Licht und mehr Glas kennzeichnen die jetzige Lernatmosphäre, die die Attraktivität der beiden Studiengänge weiter erhöht. Mit Mitteln aus dem Hochschulprogramm 2012 der Landesregierung und durch Spenden der Industrie konnte hauptsächlich der Bachelorstudiengang Technische Textilien seinen Geräte- und Maschinenpark erweitern und auf die modernsten Anforderungen ausbauen.
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„Den Studierenden bieten wir hohe Ausbildungs-Standards“, berichtet Professorin Petra Schneider, die vor eineinhalb Jahren vom Forschungsinstitut Denkendorf an die Hochschule wechselte. Der neue Studiengang beschäftigt sich konsequent mit der Entwicklung und dem Einsatz innovativer Materialien. Die Internationalen Hochschulpartnerschaften erlauben es den Studierenden, Erfahrungen in einem zukunftsweisenden Fach zu sammeln. „Auch die Berufschancen sind außerordentlich günstig. Unsere Absolventen können derzeit zwischen den Angeboten auswählen“, so Professorin Schneider. Die Qualifizierung zum Master eröffnet darüber hinaus weitere Perspektiven. Mehr Informationen zum Studiengang und zur Hochschule finden sich im Internet unter www.zukunft-tt.de
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Seit Mitte März zahlt die Spinnweberei Uhingen (SWU) keine EEGUmlage mehr. Bereits zwei Mahnungen hat das mittelständische Unternehmen vom Energieversorger EnBW erhalten. „Wir sind bereit zu kämpfen und die Sache bis vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu bringen“, sagt Dieter Dörrmann, geschäftsführender Gesellschafter bei SWU. „In den letzten zwei Jahren war die EEGAbgabe höher als unser Gewinn und sie steigt weiter. Energieintensive Unternehmen wie wir haben überhaupt keine Planungssicherheit mehr.“ Dabei gehe es nicht um eine Auseinandersetzung mit dem Energieversorger, betont Dörrmann. Er beruft sich auf ein Gutachten, das der Gesamtverband textil+mode beim Verfassungsrechtler Prof. Gerrit Manssen von der Universität Regensburg in Auftrag gegeben hat. Manssen stellt darin fest, dass es sich bei der EEG-Umlage um eine unzulässige Sonderabgabe handelt und verweist auf die sogenannte KohlepfennigEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1994. Darin haben die Verfassungsrichter die Verpflichtung der Stromkunden, mit dem Strompreis eine Subvention für die deutsche Steinkohleförderung zu zahlen, als unzulässig eingeordnet und für verfassungswidrig erklärt. „Wir sind ein mittelständisches Unternehmen mit langer Tradition. Wir haben einen erfolgreichen Strukturwandel vom Hersteller von Schuhfutter zu Technischen Textilien gemeistert. Wir unternehmen alle Anstrengungen, um unsere Effizienz zu verbessern. Aber die EEG-Umlage frisst mittlerweile die notwendigen Investitionstätigkeiten auf“, sagt Dieter Dörrmann. Weitere Unternehmen der Textilindustrie werden seinem Beispiel folgen und die Zahlung der EEG-Umlage einstellen. Unterstützung finden sie beim Gesamtverband textil+mode in Berlin. „Die Energiewende ist
eine gesamtstaatliche Aufgabe und deshalb aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes sieht vor, dass der Haushaltsgesetzgeber die finanzielle Wirkung der Förderung erneuerbarer Energien im EEG-System verantworten muss“, sagt Hauptgeschäftsführer Dr. Wolf-Rüdiger Baumann. „Wir hoffen sehr, dass sich die Bundesregierung schnell vom EEG verabschiedet. Am besten bevor die Spinnweberei Uhingen in Karlsruhe gewonnen hat.“
(v. l.) Geschäftsführer der Spinnweberei Uhingen Dieter Dörrmann und sein kaufmännischer Leiter Andreas Munding und Rechtsanwalt Dr. Christoph Schäfer, Gesamtverband textil + mode Berlin.
Begrenzte EEG-Umlage für stromintensive Unternehmen: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat ein neues Merkblatt für Unternehmen des produzierenden Gewerbes vorgelegt, in dem es auf rund 50 Seiten zu den Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der besonderen Ausgleichsregelung Stellung nimmt. Ausgespart ist lediglich der Bereich Zertifizierung, zu dem bereits im Dezember ein Merkblatt vorgelegt worden ist. Das neue Merkblatt (Stand: 9. März 2012) trägt die Nummer II a und findet sich unter http://www.bafa.de/bafa/de/energie/besondere_ausgleichsregelung_eeg/merkblaetter/index.html
Die Button-Lösung Am 2. März 2012 hat der Bundestag die so genannte Button-Lösung mit dem „Gesetz zur Änderung des Bürger lichen Gesetzbuches zum besseren Schutz der Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr“ verabschiedet. Dadurch treffen die Händler im Internet und im Mobile-Verkauf neue Pflichten. Wer der zu erwartenden Abmahnwelle entgehen will, muss jetzt tätig werden.
RA Rolf Becker, Kanzlei Wienke & Becker – Köln, ist Spezialist für Wettbewerbsrecht, AGB und gewerblichen Rechtsschutz speziell im Versandhandel. In seinen ECC-Rechtstipps gibt es mehr zur Button-Lösung und weiteren Rechtsthemen: www.ecc-handel.de/ rechtliche_fragen.php Foto: © IckeT – Fotolia.com
Was ändert sich? Unter anderem werden übliche Bezeichnungen des Bestellbuttons im Warenkorb eines Internetauftritts – wie etwa „Jetzt bestellen“ oder „Bestellung absenden“ – nicht mehr ausreichen! Erfolgt die Bestellung über eine Schalt fläche, muss diese gut lesbar und grundsätzlich mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ beschriftet sein. Ein gewisser Spielraum bei der Bezeichnung verbleibt zwar, denn nach dem Gesetz sollen auch „entsprechend eindeutige Formulierungen“ ausreichen können. Ohne fachliche Beratung ist ein Abweichen von der Vorgabe aber nicht zu empfehlen. Mit der Umbenennung des Buttons alleine ist es aber nicht getan: Händler müssen dem Verbraucher künftig unter anderem auch bestimmte Informationen vor Abgabe der Bestellung klar und verständlich in hervorgehobener Form zur Verfügung stellen. Dies erfordert in der Regel eine Umgestaltung des Warenkorbes.
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Spinnweberei Uhingen stellt die Zahlung der EEG-Umlage ein
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Wissenswertes Bildungstagung – Textile Bildung neu denken
Die Textilverbände der Länder Schweiz, Österreich und Deutschland veranstalten am 15. und 16. Juni eine Bildungstagung in der Zeppelin Universität Friedrichshafen. Das Motto: „Textile Bildung neu denken“. Am ersten Tag werden Impulsvorträge in das Thema einführen, die die Standpunkte der unterschiedlichen Akteure reflektieren. Dazu werden Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Schulen ihre Einschätzungen formulieren. Ein weiterer Höhepunkt wird der Vortag von Prof. Dr. Markus Hengstschläger, Medizinische Universität Wien, zum Thema „Die Durchschnittsfalle. Gene – Talente – Chancen“ sein.
Noerr Competition Day Am 15. Mai 2012 veranstaltet die Kanzlei Noerr in München den Competition Day 2012 unter dem Motto: „Geheimwett bewerb vs. Informationsaustausch – Wie viel Transparenz verträgt der Wettbewerb?“ Als Keynote Speaker wird Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, auftreten und in seinem Vortrag auf die aktuellen Entwicklungen in der Praxis seiner Behörde eingehen.
Mit Hilfe der „Open Space Methode“ werden am zweiten Tag die Teilnehmer neue Ideen und Ansätze finden und weiterverfolgen. Diese Methode, die zur Gestaltung von Konferenzen eingesetzt wird, beruht auf den Prinzipien der Selbstorganisation und Selbstbestimmung der teilnehmenden Personen und möchte so die Mitwirkungsmöglichkeiten maximieren. Die Einladung wird in den nächsten Wochen versendet.
Mitglieder von Gesamtmasche erhalten auf Anfrage eine Einladung zur kostenfreien Teilnahme am Competition Day. Silvia Jungbauer, jungbauer@gesamtmasche.de.
Maschenkolloqium Am 24. Mai veranstaltet das ITV Denkendorf ein Maschen kolloquium mit dem Leitthema „Neue Verfahren, Strukturen und Materialien in der Maschentechnologie“. Namhafte Referenten aus Forschung und Industrie geben einen Überblick über laufende Entwicklungen und präsentieren verfahrenstechnische Lösungen und Fertigungstechnologien wie z. B. das neue Strickverfahren Spinnstricken. Vorgestellt werden auch neue Materialien für einen intelligenten Einsatz in Maschenstoffen. Programm und Anmeldung unter www.itv-denkendorf.de/maschenkolloquium.
Greenpeace warnt vor schmutzigem Abwasser
Was ist dran am Greenpeace-Alarm? Im Fokus des Berichts steht die umweltgefährliche Chemikalie Nonylphenol, die als solche in der Textilindustrie keine Anwendung findet. Allerdings kann Nonylphenol aus einer Vorläufersubstanz, dem Nonylphenoletoxylaten, im Abwasser entstehen. Nonylphenolate (NPE) sind eine Gruppe von Tensiden, also waschaktiven Substanzen, die in Europa scharfen Beschränkungen unterliegen. Die EU-Chemikalienverordnung REACh verbietet strikt, dass der chemische Stoff in das Abwasser gelangt.
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Eine Regelung für die Einfuhr von NPE-haltigen Textilien gibt es aber nicht. Die Greenpeace-Kritik: Im Fall nicht optimaler Waschprozesse im – beispielsweise asiatischen – Produktionsland können NPE im Textil verbleiben und nach Europa transportiert werden. Über die heimischen Waschmaschinen gelangen NPE dann ins Abwasser, wo sie zu Nonylphenol umgewandelt werden. Das bedeutet eine mögliche Gefahr für die Gewässer. Für den Menschen ist Nonylphenol zwar nicht gesundheitsschädlich, wohl aber für Wassertiere. Greenpeace fordert Hersteller auf, den Einsatz von NPE in Produktionsprozessen auch außerhalb der EU bis Ende 2013 zu beenden. Das Textillabel Oeko-Tex („Textiles Vertrauen“) hat Nonylphenol bzw. Nonylphenolethoxylate kürzlich in den Prüfkatalog für den Oeko-Tex®-Standard 100 aufgenommen. Foto: © eyewave – Fotolia.com
Die Umweltorganisation Greenpeace warnt vor der Verschmutzung von Gewässern durch Gifte in importierten Textilien. Nachdem Greenpeace im Herbst 2011 eine erste Studie zum Thema „Nonylphenol“ veröffentlichte, folgte im März nun der zweite Report unter dem Titel „Schmutzige Wäsche – Gefährliche Chemie aus der Waschtrommel“.
TEN1 A R I P N E Unsichtbare Waffe gegen Piraten 3 01 GEG Bis zu sieben Prozent aller Waren auf dem Weltmarkt sind Plagiate. Das Institut für Textilchemie und Chemiefasern in Denkendorf bietet nun Hilfe im Kampf gegen Produktfälscher. Ein spezieller Barcode, mit unsichtbarer Tinte aufgebracht, soll es Markenherstellern künftig leichter machen, ihre Ware fälschungssicher zu machen. Der florierende Handel mit Raubkopien kommt die Wirtschaft teuer zu stehen. Der deutsche Zoll beschlagnahmt jährlich über 100 Millionen Fälschungen. Laut Ernst & Young hatten drei Viertel aller deutschen Markenhersteller schon einmal Probleme mit Produktpiraten. Plagiate sind schädlich für den Umsatz und können zusätzlich das Image gefährden. Der Schutz vor Piraterie war bislang problematisch: Entweder sind die Sicherheitsmaßnahmen leicht nachzuahmen, oder selbst die Experten beim Zoll können sie – wie beispielsweise feine Sicherheitsfäden aus Metall in Textilien – nicht ohne weiteres erkennen. Das Denkendorfer Institut tüftelte gemeinsam mit dem Textildrucker Multi Plot Europe aus Bad Emstal drei Jahre an einer Lösung. Im Februar wurde die neuartige Methode in Stuttgart vorgestellt: Während der Produktion wird mit unsichtbarer Spezialtinte ein Barcode auf die Textilien gedruckt. Dieser wird vom Hersteller entworfen und kann jederzeit verändert werden. Die Tinte, die aktuell zum Patent angemeldet wird, besteht aus speziellen Pigmenten und Chemikalien. Fälscher müssten also zunächst einmal die Zusammensetzung der Tinte erkennen und dann auch noch den variablen Code des Herstellers knacken. Die neue Methode macht auch den Kontrolleuren beim Zoll das Leben leichter. Mit entsprechenden Detektoren können die Beamten den unsichtbaren Barcode scannen und die Echtheit der Ware vor Ort überprüfen. Dr. Reinhold Schneider, Institut für Textilchemie und Chemiefasern (ITCF), Tel.: +49 711 9340-103, Reinhold.schneider@itcf-denkendorf.de
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Falsche Schnäppchen Noch immer nehmen viele Konsumenten buchstäblich in Kauf, dass sie Plagiate kaufen – Hauptsache billig. Dabei können durch fehlende Sicherheitsprüfungen und schlechte Verarbeitung giftige Inhaltsstoffe und mangelhafte Produktfunktionen die Gesundheit gefährden. Das Internet ist das ideale Vertriebsmedium für die Fälscher. Viele Plagiate gelangen per Post nach Deutschland. Doch das kommt die Käufer der Fälschungen oft teuer zu stehen. Das Luxusprodukt aus Übersee, das zunächst so günstig erscheint, kann schnell seinen Glanz verlieren, wenn es sich als Fälschung entpuppt. Bestraft wird der Besitz von Nachahmungen in Deutschland zwar nicht. Aber der Zoll beschlagnahmt im Postverkehr eingeführte Fälschungen, möglich sind auch Schadensersatzforderungen des Originalherstellers. Zoll legt Piraten das Handwerk Der deutsche Zoll hat im vergangenen Jahr durch 23 635 Grenzbeschlagnahmen verhindert, dass gefälschte Waren im Wert von 82,6 Millionen Euro in den Verkehr gebracht wurden. Ca. 75 Prozent der Fälschungen stammen aus China und Hongkong. Am häufigsten geschmuggelt wurden neben Accessoires wie Taschen oder Sonnenbrillen insbesondere Bekleidung und Schuhe. Durch den Schmuggel per Post ist die Anzahl der Grenzbeschlagnahmen rapide angestiegen. Für den Zoll bedeutet das Sisyphus-Arbeit: Die Piratenpäckchen sind für fast drei Viertel der Aufgriffe, aber nur für ca. 5 Prozent des Werts der beschlagnahmten Waren verantwortlich.
Business-Forum Am 23. und 24. Mai veranstaltet die Fachzeitschrift Technische Textilien in Frankfurt das Business-Forum „Technical Textiles“. Unter dem- Motto „Marktchancen durch Nachhaltigkeit – So entwickeln sich die Märkte für technische Textilien“ präsentieren und diskutieren zahlreiche Experten die wichtigsten Technologie- und Markttrends sowie deren Auswirkungen auf die gesamte Textilindustrie. Mehr unter www.conferencegroup.de/TT12
Hilfe für Diabetiker Das Strumpfwerk Lindner kommt mit neuen medizinischen Spezialprodukten: Auf die Silberstrümpfe für Diabetiker folgen als neueste Entwicklung Spezialsocken und -strümpfe für Prothesenträger und fußamputierte Menschen. Unter dem Label „Lindner medical“ werden orthopädische Stütz- und Kompressionsstrümpfe sowie Diabetiker-Socken vertrieben. Weitere Standbeine der Firma mit ihren 70 Mitarbeitern sind funktionale Sportstrümpfe und die Entwicklung modischer Beinbekleidung aus luxuriösen Materialien wie Kaschmir oder Seide für europäische Topmarken. „Um innovativ, modisch und wettbewerbsfähig zu bleiben, kooperieren wir eng mit Textilforschungsinstituten, Garnherstellern und Designern“, sagt Geschäftsführer Thomas Lindner. Gleichzeitig
betont er die hohe Verarbeitungsqualität sowie schnelle Reaktionsund Lieferzeiten als Vorzüge, die das Besondere an Strümpfen aus dem Hause Lindner ausmachen. Das nach der Wende reprivatisierte Unternehmen liefert inzwischen 35 Prozent seiner Produkte ins Ausland. „Wir haben 2011 rund eine halbe Million Euro investiert“, berichtet der Firmenchef. Eine neue Wärmerückgewinnungsanlage verbessert seit kurzem deutlich die Energiebilanz des Unternehmens, das seine Produkte nicht nur in Deutschland entwickelt, sondern überwiegend auch am Standort fertigt. Die Strumpfwerk Lindner GmbH gilt als die älteste Strumpffabrik Deutschlands in Familienbesitz. Sie wurde 1890 vom Urgroßvater Thomas Lindners gegründet. Modisches und Medizinisches von Lindner gibt es unter www.lindner-socks.de zu sehen und zu kaufen. masche 27