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Ausgabe 3/2011 Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.

Länderreport Mexiko Interview Paul Falke Forschung Innovatives Funktionsgarn Kartellrecht Online-Vertrieb von Textilwaren

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Foto: © mauricioavramow – Fotolia.com

Länderreport 08

Messe Paris 10

Inhalt 04

Im Blickpunkt l Rökona

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Kurz berichtet

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Länderreport l Mexiko

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Messen l Paris zieht an

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Technischer Ausschuss l Neues von der ITMA

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Interview l Paul Falke

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Forschung l Innovatives Funktionsgarn

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Geschäftsklimaindex l Gemischte Gefühle

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Kartellrecht l Online-Vertrieb von Textilwaren

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Außenwirtschaft

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Wissenswertes

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Impressum © Alle Rechte vorbehalten. Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers. Herausgeber Gesamtmasche – Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.

Foto: © www.interfiliere.com

Präsident: Heinz Horn Hauptgeschäftsführer: Dr. Markus H. Ostrop Redaktion: Simone Diebold Gestaltung: www.die-wegmeister.com Druck: Gress-Druck GmbH, Fellbach Auflage: 800 Ausgabe 03/2011 Heftnummer 6 Fotos: Soweit ohne Vermerk von Gesamtmasche Titel: Falke Kontakt Kernerstraße 59, 70182 Stuttgart Telefon +49 711 21050 - 0 Telefax +49 711 233718 E-Mail info@gesamtmasche.de

Interview 12

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Editorial Liebe Freunde der Masche, „Weihnachten wird unterm Baum entschieden“, prognostizieren pfiffige Werbestrategen. Und damit dürften sie in zweierlei Hinsicht falsch liegen. Zum einen ist ihre Prognose um mehr als zwei Jahrtausende überholt. Damals nämlich wurde Weihnachten bereits endgültig entschieden – und zwar gerade nicht zugunsten von MP3 und Playstation. Dieser Hinweis sollte − erst Recht im Advent − erlaubt sein. Zum zweiten ist Ort der Entscheidung heute genau genommen nicht unterm Baum, sondern im Netz. Denn dort legten die Umsätze zu Weihnachten im letzten Jahr europaweit um 25 Prozent zu. Tendenz rapide steigend. Marketingberater sprechen längst vom „E-Christmas“ und empfehlen auch unserer für den Endkunden produzierenden Industrie, dem Thema Multichannel-Handel eine noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. So weiß ein großer Teil der Bekleidungsbranche zum Beispiel das Potenzial von sogenannten Social Media noch nicht ausreichend zu nutzen, obwohl hier immer mehr Kunden kommunizieren. Gesamtmasche hat sich deshalb dem Thema E-Commerce zusammen mit anderen Textilverbänden im zu Ende gehenden Jahr mehrfach gewidmet und bleibt weiter „online“. So mit dem Rechtsbeitrag in diesem Heft über den Internet-Vertrieb von Textilien. Da der Vertrieb grundsätzlich keine Ländergrenzen kennt, könnte es sich für den einen oder anderen auch lohnen, den Blick einmal auf das Land der Mayas und Azteken zu richten. Da ist unser Länderreport behilflich. Auch im Ausland erfolgreich unterwegs – und zwar bekanntlich auf Strümpfen – ist die Firma Falke, die im Interview dieser masche prominent zu Wort kommt. Noch viel mehr Lesenswertes finden Sie in der letzten Ausgabe dieses Jahres. Und damit möchte ich mich im Namen von Gesamt­ masche bei allen, die unsere Arbeit mit Rat und Tat und gutem Willen unterstützen, ganz herzlich bedanken. Wir versprechen Ihnen, auch im nächsten Jahr wieder mit Ideen, Herz und Engagement für Sie da zu sein. Ihr

Markus H. Ostrop masche 3


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50 Jahre Textil-Innovation Rökona feierte in diesem Jahr 50-jähriges Bestehen und ein halbes Jahrhundert technische Textil-Innovation. Mit einer Wirkmaschine fing alles an: 1949 gründete Gerhard Rösch sein gleichnamiges Unternehmen und pro­duzierte Kunststoffe für „die Unterkleider der Nachkriegsdame“. Mit dem Wirtschaftswunder kam der Wandel und die Baumwolle hielt ihren Einzug in der Mode und in der Wäsche. Das war der Anstoß, um für die Kunststoffwirkerei nach neuen Produkten Ausschau zu halten. 1961 formal ausgegliedert als „Rökona Textilwerk GmbH“, entwickelte sich das Tübinger Unternehmen vom hausinternen Lieferanten für Modestoffe aus Perlon, Batistalon oder Borkalon zum selbstständigen und starken Produzenten von technischen Textilien. Der Automobil­bereich, der unter anderem Autohimmel, Windschotts für Cabrios, sowie Verschattungen für Glas und Panoramadächer abdeckt, wurde für das Unternehmen immer wichtiger und ist heute das größte Kompetenzfeld. Zum breiten Kundenstamm gehören aber auch Hersteller von Sport­bekleidung, Krankenhäuser und Raum- und Möbeldesigner. „Wir beschreiten immer wieder neue Wege und scheuen uns nicht vor noch nie dagewesenen Herausforderungen“, erklärt Geschäfts­ führer Joachim Heerbaart.

Heute erhöhen Expansionen mit einem Joint Venture in China und einem Eigenwerk in Ungarn die Produktions­ kapazitäten für die großen Aufträge der Automobilindustrie und den neuen Sparten. Und Rökona investiert in Innovationen: Auf der diesjährigen Frankfurter Leitmesse für tech­nische Textilien und Vliesstoffe, Techtextil, präsentierte der Spezialist die Neuentwicklung B10e. Dieser Stoff weist ein minimales Gewicht von unter zehn Gramm pro Quadratmeter auf. Ein weiteres Zukunftskonzept entwickelt ein speziell gearbeitetes Wirkverfahren, das die Schnittschutzbekleidung für Waldarbeiter revolutionieren wird. Dank der breiten Aufstellung von der eigenen Wirkerei über Aus­rüstung, Färberei bis hin zur Konfektionierung kann Rökona eine vielseitige Produktpalette mit unterschied­lichsten Eigenschaften anbieten. Hydrophil, hydrophob, anti­bakteriell, antistatisch, schmutzabweisend, wasserabweisend, abriebfest und sogar flammhemmend können die Stoffe ausgerüstet werden. Die jüngste Herausforderung ist die Ausstattung der neuen Volkswagen Golf-Genera­tion mit Dachhimmelstoffen. Dieses Projekt zählt zu den größten Automobilaufträgen in Europa. Fotos: Rökona

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Kurz berichtet /////////////////////////////////////////////////// Neue Mitgliedsfirmen bei Gesamtmasche

Fotos: © Pugnat

// PUGNAT Das 2007 gegründete Label Pugnat steht für sophisticated knitwear und damit für das persönliche Strickuniversum der 35-jährigen Designerin Antje Pugnat aus Berlin. Alles begann für die diplomierte Bekleidungstechnikerin, die außerdem einen Master of Arts vom Royal College of Art in London besitzt, mit der ersten Auseinandersetzung an der Flachstrickmaschine. Durch das Spiel an der Ma­schine, begleitet von Farbklängen aus der bildenden Kunst entwickelt sie für jede neue Kollektion eine Sammlung von Proben aus Mohair- und Viscose-Garnen. Aus dieser Vielfalt kristallisiert sich ein Gestrick. Umgesetzt und pro­grammiert durch einen Stricker, entsteht die Meterware, die mit eigenenTech­niken und Experi­ menten in eine neuartige dreidimensionale Form überführt wird. Eine Begegnung mit Wolfgang Joop hat für die diesjährige Innovations­ preisträgerin textil+mode ein zweites Tor geöffnet: ins Reich des Handstrickens. Getrieben von der lustvollen Suche nach Volumen und Skulptur ist in den vergangenen eineinhalb Jahren eine Kettenreaktion neuer Maschenwege ausgelöst worden. In der Reduktion auf ein farbiges Kaschmir-Garn wächst im intuitiven Prozess aus ihren Händen ein Teil aus dem anderen. Luxus und Exklusivität, gekoppelt mit Perfektion in der Verarbeitung, verleihen dem Endprodukt tragbare Sinnlichkeit. Der Vertrieb läuft direkt über die Designerin, die ihr Atelier in Berlin hat. www.pugnat.com

Antje Pugnat

// FILDECOTON Das junge Label Fildecoton wurde dieses Jahr von der Designerin Nadine Maier und Dennis Bilousov gegründet und setzt auf hochwertig verarbeitete Pilatesbekleidung „Made in Germany“.

Gelauncht wurde die Linie Anfang Juni deutsch­ landweit in Pilatesstudios und Sportclubs sowie im Internet unter www.fildecotonshop.de. Nadine Maier

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Bei Interesse erfolgt die Kontaktaufnahme über Gesamtmasche: Simone Diebold, Tel. +49 711 21050 - 26, diebold@gesamtmasche.de

Fotos: © Fildecoton

In Zusammenarbeit mit Pilates-Trainerinnen entwickelte das Team ihre zehn Modelle umfassende Kollektion, von T-Shirt- und Leggins-Kombis über drei Overall-Modelle bis hin zu einem Bolero. Da es beim Classical Pilates in erster Linie um die Konzentration und Gründlichkeit der Übungen geht, ist es wichtig, dass die Kleidung beim Training nicht stört. Trotzdem muss sie extrem körpernah sein, damit die Trainerin jede Muskelspannung gleich erkennen kann. Deshalb wurde im Vorfeld jede Naht, jedes Detail gemeinsam besprochen, verlegt und immer wieder aufs Neue zu Gunsten des Zwecks und des hohen Trage-Komforts optimiert. Zertifizierte Rohstoffe aus fairer Produktion gewährleisten den hohen Qualitätsstandard der Produkte. Es werden ausschließlich schadstofffreie Stoffe und Zubehör verwendet.

/////////////////////////////////////////////////////////////////// Stellengesuch Selbstständige Fachjournalistin mit großem Erfahrungsschatz in der Textil- und Modebranche − Schwerpunkte  Body‑ und Beachwear sowie Maschenmode − sucht eine neue Heraus­ forderung im Bereich Kommunikation. Die studierte Modedesignerin mit mehrjähriger Erfahrung als selbstständige Redakteurin bei führenden Textilfachzeitschriften bietet Textil- und Beklei­dungs­unternehmen wirkungsvolle Öffentlich­ keitsarbeit mit journalistisch fundierten Pressetexten. Gute Englisch- und Französischkenntnisse.


/////// Groz-Beckert präsentiert App Fundiertes Wissen entlang der textilen Wertschöpfungskette, jederzeit und mobil abrufbar: Pünktlich zur ITMA Barcelona stellte Groz-Beckert die App „myGrozBeckert“ für das iPad zur Verfügung. Die kostenlose Basis-App kann durch eine kostenpflichtige Erweiterung um zahlreiche praktische Hilfsmittel ergänzt werden. Die Basis-App ist im Wesentlichen eine mobile Version der Internetseite des Unternehmens. Interessant wird das Programm mit der kostenpflichtigen Erweiterung „Toolbox“. Nutzer erhalten damit diverse Werkzeuge und Berechnungshilfen, die den Arbeitsalltag spürbar erleichtern. Beispielsweise lässt sich berechnen, mit wie vielen Nadeln eine Strickmaschine bestückt ist. Garnstärken können umgerechnet sowie prozentuale Garnanteile ermittelt werden. Auch Zylinderdurchmesser, Feinheiten und Teilungen können anforderungsgerecht bestimmt werden. Im Bereich Weben besteht etwa die Möglichkeit, die höchste Reihdichte der Lamellen anzufragen. Beim Nähen erhalten die Anwender Empfehlungen in Bezug auf die passende Nadeldicke. Derzeit steht die App nur iOS zur Verfügung, jedoch noch nicht für Android. Eine Version für das iPhone ist in Planung. „myGrozBeckert“ kann im App Store heruntergeladen werden, die Toolbox ist für 2,39 Euro erhältlich.

Zum Jahresauftakt möchte die Clusterinitiative Allianz Faserbasierte Werkstoffe Baden-Württem­ berg (AFBW) gemeinsam mit Südwesttextil die wichtigsten wirtschaftspolitischen Herausforderungen der nächsten Monate näher beleuchten. Für die Wirtschaft ist dabei die Zukunft des Euro essentiell. Mit welchen Auswirkungen der Finanzmarktkrise und der Euro-Rettungsversuche müssen Unternehmen rechnen? Auch die künftige Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen, insbesondere in den Feldern Wissenschaft und Forschung in Baden-Württemberg, beeinflusst die unternehmerischen Entscheidungen in hohem Maße. Was dürfen die technologiegetriebenen Unternehmen und Forschungseinrichtungen von der Landesregierung erwarten? Diesen und vielen weiteren Fragen widmet sich der erste Talk im Turm der Clusterinitiative mit herausragenden kompetenten Referenten. Hierzu laden wir Sie, gerne auch mit weiteren Interessenten aus Ihrem Umfeld, herzlich ein! Begrüßung Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Foto: © pp77 – Fotolia.com

Foto: © Groz-Beckert

//////////////////// Talk im Turm

Zukunft des Euro-Raums Dr. h. c. Rudolf Böhmler, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank Anschließend Get Together mit Büffet

///////// Gesamtmasche in Google+

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Seit dem 15. November ist Gesamtmasche in Google+ aktiv. Google+ ist ein neues soziales Netzwerk, in dem sich jeder registrieren kann. Google+ steht in direkter Konkurrenz zu Facebook. 88 Tage nach der Veröffentlichung zählte Google+ bereits 40 Mio. registrierte User. Ein essenzieller Unter­ schied zu den meisten anderen sozialen Netzwerken ist, dass Freundschaftsbeziehungen bei Google+ einseitig sein können und in so genannte Kreise eingeteilt werden.

Am 30. November, wählte die Mitgliederversammlung des Gesamtverbandes textil+mode Peter Schwartze zum neuen Präsidenten. Er übernimmt das Amt von Heinz Horn, der sich nicht mehr zur Wahl stellte, dem Verband als Präsidiumsmitglied aber weiterhin zur Verfügung steht.

Am 7. November öffnete das soziale Netzwerk für Unternehmen, Marken und Organisationen. Google+ bietet damit Firmen die Möglichkeit, gezielt mit ihren Kunden zu kommunizieren, ob über Neuigkeiten, Angebote, Links, Fotos oder innovative Ideen. Über die Funktion „Hangouts“ können Videokonferenzen mit Kunden oder Kollegen gestartet werden. Derzeit hat Google+ noch keine Vanity-URL – eine „schöne“ Adresse zum eigenen Profil, wie es sie in Facebook gibt. In Google+ muss man derzeit noch mit Zahlen­ kolonnen vorlieb nehmen.

Peter Schwartze ist ein alter Bekannter: Er bekleidete das Präsidenten‑ amt bereits von 2005 bis 2010 und kennt sich in der Textil- und Bekleidungsbranche bestens aus. Seine Erfahrung und seine internationalen Kontakte stellt er nun ein weiteres Mal in den Dienst des Gesamtverbandes textil+mode. Für einen Sitz im Präsidium nicht mehr kandidiert hatte Gesamtmasche-Präsidiumsmitglied Martina Bandte, Karl Conzelmann GmbH & Co. KG.

Das Jahrbuch des Gesamtverbands textil+mode „textil+modewelt 2011 + 12“ ist erschienen und kann im Archiv der Verbandsinternetseite heruntergeladen werden.

https://plus.google.com/b/117576023225174164782/ www.textil-mode.de/deutsch/Archiv/Jahrbuecher/K230.htm

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Foto: © Dmitry Rukhlenko – Fotolia.com

Mexiko Wirtschaftsboom im Land der Mayas und Azteken ////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Mexiko wurde von der Wirtschaftskrise härter als erwartet getroffen. Mittlerweile wächst das Land aber wieder dynamisch. Das soll auch in den nächsten Jahren so bleiben. Von den Schuldenproblemen vor der Jahrtausendwende hat sich Mexiko weit entfernt. Heute bietet das Land, das selbstbewusst den G20-Vorsitz innehat, Ressourcen zur Stärkung des Internationalen Währungsfonds an. Auch wenn die OECD in ihrem jüngsten Bericht dem Land für 2012 eine leichte Wachstumsdelle voraussagt, schätzen die Länderexperten die mexikanische Wirtschaft, mit ihrer niedrigen Staatsverschuldung und Devisenreserven von rund 140 Mrd. US-Dollar, als sehr stabil ein.

6,5 Prozent kostete, hat sich die Wirtschaft 2010 mit einem Plus von 5,5 Prozent überraschend schnell erholt. Die nach Brasilien zweitgrößte Wirtschaftsmacht in Lateinamerika gilt heute bereits laut Weltbank-Definition mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 9 600 US-Dollar als „upper middle income country“. Im vergangenen Jahr betrug das Bruttoinlands­produkt 1 040 Mrd. US-Dollar; 2011 dürfte das BIP-Wachstum 4 Prozent erreichen. Damit steht Mexiko an vierzehnter Stelle im Ranking der weltweit größten Volkswirtschaften. Das Land ist außerdem noch vor Brasilien Exportchampion des Subkontinents. Dazu tragen vor allem die umfangreichen Ölexporte bei, die Devisen ins Land strömen lassen – und 40 Prozent der Staatseinnahmen ausmachen.

Deutsche Unternehmen sind in Mexiko bislang vor allem in den Bereichen Automobil, Chemie und Pharma präsent. Die gute Infrastruktur, Investitionssicherheit, niedrige Lohnkosten, ein großer Binnenmarkt und die Nachbarschaft zum US-Markt bleiben starke Anreize. Darüber hinaus profitieren ausländische Unternehmen bei der Produktion vor Ort von den zahlreichen Freihandelsabkommen, die Mexiko in den letzten Jahren eingegangen ist. Mit der EU hat Mexiko bereits vor elf Jahren eine solche Vereinbarung unterzeichnet. Trotz der verschlechterten Sicherheitslage, mit der Mexiko vor allem im Jahr 2010 Negativschlagzeilen machte, haben die Investoren dem Land nicht den Rücken gekehrt. Im Gegenteil: Drei von vier deutschen Investoren gaben Ende 2010 an, ihr Engagement in Mexiko weiter ausbauen zu wollen. Knapp zwei Drittel planten, ihr Personal aufzustocken.

Mit steigenden Einkommen schnellt auch der Konsum breiterer Schichten in die Höhe. Mexikaner achten sehr auf ihr Aussehen. Insbesondere der weibliche Teil der Bevölkerung legt großen Wert auf ein gepflegtes Äußeres: Mexikanische Frauen der Mittel- und Oberschicht investieren viel Zeit und Geld in Maniküre, Kosmetik, Friseurbesuche und ein modisches Outfit. Markenbekleidung wird dabei auch als­­Instrument benutzt, um sich von ärmeren Landsleuten abzuheben. Auch wenn ein tiefer Ausschnitt und enge Hosen dabei aufreizend aussehen, wird allzu viel nackte Haut in der Öffentlichkeit eher nicht gezeigt. Entsprechend entwi-

Verfügbarkeit von Personal und Entlohnung spiegeln die gesellschaftlichen Strukturen wieder: Während die Vergütungen von Führungskräften westeuropäisches Niveau erreichen, verdienen einfache Arbeiter zumeist nur um die sechs Euro pro Tag. Doch die mexikanische Mittelschicht, die überwiegend nach europäischen Standards lebt, umfasst inzwischen rund ein Fünftel der Bevölkerung. Ansässig sind die Konsumenten der Mittelschicht wie auch der kleinen, enorm reichen Oberschicht meist im Norden des Landes. Nach der Finanzund Wirtschaftskrise, die Mexiko einen Rückgang des BIP um 8 masche

Prozentuale Veränderung von 2000 bis 2010 160% 142%

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Bevölkerung

Shopping Center

Bruttomietflächen im Einzelhandel

Fläche pro Kopf

Quellen: XII Population and Housing Census, Statistics and Geography National Institute (INEGI), 2000; II Population and Housing Count, INEGI, 2005; Population Growth Projections, National Population Council of Mexico, 2005; Shopping Center Inventory, DIPSA, 2010


Vereinigte Staaten von Amerika Ensenada

// Mexiko Bevölkerung: 112,3 Millionen (2010) BIP: 1 040 Mrd. US-Dollar BIP pro Kopf: 9 600 US-Dollar (in PPP: 13 900 US-Dollar) BIP-Wachstum: 4,0 Prozent (2011) Textil-/Bekleidungsausfuhr: 6,3 Mrd. US-Dollar Textil-/Bekleidungseinfuhr: 7,4 Mrd. US-Dollar Korrespondenzsprachen: Spanisch, Englisch Wirtschaft: Nahrungsmittel, Tabak, Chemie, Eisen und Stahl, Öl, Bergbau, Textil, Automobil, Tourismus

Mexiko

Monterrey

Quellen: gtai, OECD, CIA World Factbook

Cancun

Guadalajara Mexico City Puebla

Die Transportinfrastruktur gibt in Mexiko trotz umfangreicher Investitionen noch ein gemischtes Bild ab. Allerdings steht das Land im Vergleich zu seinen südamerikanischen Nachbarn nicht schlecht da. Zahlreiche Projekte zur besseren Verzahnung der Logistikkette und der Ausbau der mexikanischen Häfen dürfte die Transport­abwicklung in den kommenden Jahren erleichtern und beschleunigen. In den letzten Jahren wurden durchschnittlich 4,5 Prozent des BIP für Infrastrukturinvestitionen aufgewendet und Rekordsummen in den Ausbau und die Instandsetzung von Straßen gesteckt.

Foto: © Urbanhearts – Fotolia.com

Im Jahr 2000 gab es in Mexiko 254 Shopping-Center mit­ einer Bruttoverkaufsfläche von ca. 47 Millionen qm. Zehn Jahre später war die Zahl der Malls auf 515 und ihre Gesamtfläche auf 125 Millionen qm angewachsen. Alleine in Mexiko-Stadt befanden sich 2010 bereits 145 Einkaufstempel. In der Metropolregion lebt fast ein Fünftel der über 112 Millionen Mexikaner. Mexiko-Stadt vereinigt als das unangefochtene wirtschaftliche Zentrum des Landes etwa ein Drittel des Dienstleistungs- und Handelssektors und zwei Drittel der Vermögenswerte auf sich. Zwei Drittel des Etats für das höhere Schulwesen Mexikos und drei Viertel des Forschungsetats werden hier investiert. Doch andere Millionenmetropolen ziehen nach: Die Haushaltseinkommen in Tijuana oder Guadalajara liegen um einiges höher als in der Hauptstadt und versprechen eine rentable Ausdehnung der Einzelhandelsflächen.

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ckelt sich die mexikanische Modeszene. Eine MercedesBenz-Fashion-Week findet inzwischen auch regelmäßig in Mexiko statt.

Mexikanische Maquila-Industrie Die mexikanische Textil- und Bekleidungsindustrie ist vor allem in Zentral- und Nordostmexiko angesiedelt. Die Bundesstaaten Estado De México, Hidalgo, Jalisco, Puebla, San Luis Potosí und Tlaxcala stehen für 80 Prozent der Branchenproduktion. Vor dem Inkrafttreten des nordamerikanischen Freihandelspaktes NAFTA hat Mexiko sein „Maquila“-Programm etabliert: Vorprodukte und Maschinen für die Exportproduktion konnten im Rahmen des Programms zollfrei importiert werden. Im Rahmen der NAFTA wurde allerdings ein Zollbefreiungsverbot vereinbart: Exportiert Mexiko Waren mit ausländischem Input nach Kanada oder in die USA, muss der Auslandsanteil nachverzollt werden. Trotz der Anreize für die Exportproduktion ist Mexiko Nettoimporteur von Textilwaren. Besonders im Vorproduktbereich ist das Land auf Auslandslieferungen angewiesen.

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Messe

// SIL und Interfilière locken mit Farbe und Wohlfühlfaktor Vom 21. bis 23. Januar 2012 öffnen der Salon International de la Lingerie und die Interfilière wieder gemeinsam ihre Tore in Porte de Versailles. Am Messesamstag laden Gesamtmasche und BTE erstmalig zum „Branchen-Apéritif Deutschland“ mit Kunden und Lieferanten ein. Die SIL als weltweit führende Fachmesse für Dessous, Bademode und Wellbeing erfreut sich zunehmender Beliebtheit: In ihrer Sommer-Ausgabe, der Mode City, verzeichnete die Messe ein Plus deutscher Besucher von 36 Prozent. Dass es in diesem Winter in Deutschland keine überregionale – geschweige denn internationale − Branchen-Plattform gibt, wird gerade kleineren Händlern ihre Reiseentscheidung erleichtern. Nach dem Aus der 5elements.berlin hat sich im November auch die eben erst konzipierte WOW zurück­ gezogen, die im Hotel Berlin, Berlin am Lützowplatz stattfinden sollte. Die 49. Auflage der SIL rückt den neuen Wachstumsmarkt, den Bereich Homewear, ins Rampenlicht – und schließt dabei die gesamte textile Lebenswelt rund um Bett, Bad und Wohnen ein. Damit geht die Messe noch einen Schritt hinaus über die intensive Einbeziehung von Loungewear, die bereits vor einem Jahr deutlich zu spüren war.

Foto: © www.interfiliere.com

Paris zieht an

Die Interfilière als internationale Leitmesse für Stoffe und Zutaten im Bereich Body- und Beachwear erwartet für die nächste Januar-Ausgabe 150 Aussteller aus 20 Ländern. Im letzten Jahr waren über 10 700 Fachbesucher nach Paris gekommen. Unter dem Motto „Where it all begins“ zeigt die Messe die wichtigsten Material- und Farbtrends für den Modesommer 2013. Im Mittelpunkt des Interfilière-Trendforums von Concepts Paris stehen dabei „Bursts of Colour“, regelrechte Farbexplosionen. Farbe als Schlüsselelement wird in drei verschiedenen Paletten – „Delicious“, „Fade in Time“ und „Intense“ – präsentiert. Von frischen Sommer­ nuancen über ausgeblichene Naturtöne bis zu kräftig leuchtenden Wochenend- und Strandfarben ist alles dabei.

Deutscher Branchentreff in Paris! Als neues Highlight für deutsche Aussteller und Besucher von SIL und Interfilière lädt Gesamtmasche gemeinsam mit dem BTE am Samstag, den 21. Januar ab 18 Uhr zum „Branchen-Apéritif Deutschland“ ein, bei dem sich Hersteller und Händler mit Kunden, Lieferanten und Mitbewerbern austauschen können. Wer möchte, kann den Tag bei einem gemeinsamen Abendessen ausklingen lassen. Angelika Kläger, Tel. +49 711 21050 - 14, klaeger@gesamtmasche.de Außerdem bietet Gesamtmasche mit Unterstützung von IMF Promosalons folgende Mitglieder-Services: • Kostenloser Messe-Eintritt für Gesamtmasche-Mitglieder • geführter Messerundgang durch die Interfilière inklusive Trendforum • auf Wunsch reservierte Sitzplätze bei den Modeschauen • Store-Check Paris: Besuch interessanter Einzelhandelsadressen am Samstag ab 13 Uhr (begrenzte Teilnehmerzahl!) • Unterstützung bei der Reisebuchung Wer sich für diese Angebote interessiert, sollte sich möglichst bis zum 30. Dezember bei Bienvenue Angui, IMF Promosalons, melden: Tel. +49 221 13050909, b.angui@imf-promosalons.de

Foto: © www.lingerie-paris.com

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Foto: © www.itma.com

Technischer Ausschuss Neues von der ITMA /////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Die Herbstausgabe des Technischen Ausschusses von Gesamtmasche stand unter dem Motto „ITMA-Nachlese“. Der maschenspezifische Nachklapp zur weltweit führenden Textilmaschinenbaumesse zog am 8. November zahlreiche Teilnehmer nach Stuttgart. Unter Vorsitz von Dieter Braun, Triumph International AG, erläuterten Experten die wichtigsten Trends in den Bereichen Maschen-, Veredelungs- und Prüftechnik. Neues aus der Welt der Strickmaschinen stellte Oswald Rieder, Leiter Maschentechnik und Konfektion am ITV Denkendorf, vor. Steigerungen von Feinheit, Produktivität und Flexibilität – so fasste er die ITMA-Trends in der Stricktechnologie zusammen. Mayer & Cie. präsentierte die schnellste Rundstrickmaschine der Welt und Santoni glänzte mit den ersten Großrundstrickmaschinen, auf denen sich

Oswald Ri eder: „ St eigerungen und Flexib von Feinhe ilität sind it, Produk die Trends tivität in der Stric ktechnolog ie.“

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Feinheiten bis E 80 herstellen lassen. Im Bereich Flachstrick sind Komplettgestricke und kürzere Strickzeiten ein großes Thema, wie die Neuheiten von Shima Seiki und Stoll zeigen. Daneben rückt die „Spinit“-Technik zunehmend in den Fokus: Bei der Zusammenführung von „Spin“ und „Knit“ entfällt der Schritt der Garnherstellung buchstäblich. Wegen der fehlenden Drehung des Falschdrahts erhält die Ware durch intensive Lichtreflexion einen edlen Glanz. Ob Mayer & Cie., Pai Lung oder Terrot – die Hersteller wollen mit ihren verschiedenen „Spinit“-Lösungen 2012 auf den Markt. Was sich im Bereich der Ausrüstung tut, kommentierte Roland Adrion, Area Sales Director bei Fong’s Europe: „Green Innovation“ zieht sich als Begriff durch die Veredelungstechnik, vom Färben bis zum Waschen. So beeindrucken neue Strangfärbemaschinen durch einen niedrigen Flottenstand und eignen sich besonders für empfindliche Ware. Neue Doppeldüsensysteme sollen den möglichst intensiven Kontakt der Ware mit der Flotte gewährleisten. Mit der FabricMaster von Lab-Pro lassen sich bei einem Flottenverhältnis von 1:4 elastische Web- und Maschenwaren offenbreit und faltenfrei färben. Then-Airflow stellte Färbemaschinen mit bis zu sechs Speichern für die Großproduktion vor. Hartmut Haid, Leiter des Zentralen Prüflabors am ITV Denkendorf, berichtete zu Neuerungen in der Prüftechnik. Waren in diesem Bereich noch 105 Aussteller auf der ITMA 2003 in Birmingham, so kam nur noch knapp die Hälfte von ihnen nach Barcelona. Auch wenn wirkliche Innovationen fehlten, gab es interessante Optimierungen zu bestaunen: Dazu zählten höhere Verarbeitungsgeschwindigkeiten durch schnellere Prozessoren, eine höhere Empfindlichkeit bei optischen Sensoren und der Einsatz von Farbkameras. Positiv zu bewerten sind auch Maßnahmen zur Kostensenkung, sowohl für Firmenlabors durch reduzierte Systeme als auch für Großanwender durch Erhöhung der Prüfstellen. Omnipräsent war auf der ITMA, so Stephan Fichtner vom Nailaer Wirktechnikhersteller LIBA, das Zukunftsthema Carbonfasern. Auch LIBA setzt auf neue Entwicklungen bei Carbongelegen, etwa für Hightech-Bauteile. masche 11


Interview

Die Falke Gruppe gehört zu den führenden Herstellern von Strumpfwaren in Europa und produziert daneben Funktionswäsche, Sportbekleidung und Herrenmode. 1895 von Franz FalkeRohen als kleine Strickerei gegründet, wird das Familienunternehmen heute von Paul und FranzPeter Falke in vierter Generation geführt. 2010 erwirtschaftete die Falke Gruppe einen Umsatz von 230 Millionen Euro, 42 Prozent davon im Ausland. Am Stammsitz in Schmallenberg, in Dorfchemnitz und an eigenen Standorten in Portugal, der Slowakei und Südafrika beschäftigt das Unternehmen insgesamt über 3000 Mitarbeiter.

//////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////// masche im Gespräch mit Paul Falke Die Falke Gruppe zählt zu den erfolgreichsten Unternehmen der Branche. Während der Krise glänzten Sie mit hervorragenden Geschäftsergebnissen. Was sind die Erfolgsfaktoren? Die Firma gibt es nun schon 116 Jahre. Wir sind immer noch ein hundertprozentiges Familienunternehmen, sprich: geführt und im Besitz von meinem Vetter Franz-Peter Falke und mir. Woher die positive Resonanz auf unser Angebot kommt? Wir haben ein ganz wichtiges Prinzip: Alles, was wir tun, muss von höchster Qualität sein. Wir können nur Premium. Das gebietet unsere Struktur. Und genau in der Krise sollte man sich nichts Billiges, sondern etwas Hochwertiges leisten. Neben dem Qualitätsimage bieten wir ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis. Zum Erfolgsgeheimnis gehört natürlich auch eine moderne Markenpolitik. Wir haben es immer wieder geschafft, unsere Marke modern zu interpretieren. Wir brauchten keine schnellen Rezepte. Unser Geschäftsmodell hat genau in die Zeit gepasst. Vor gut drei Jahren haben Sie Burlington gekauft. Wie hat sich Ihre neue Marke entwickelt? Burlington hat uns intensiv beschäftigt. Wir haben immer schon Lizenzmarken gehabt, aber es ist schon anders, wenn einem eine Marke gehört. Die muss man verinnerlichen. 12 masche

Eigentlich passt Burlington ausgesprochen gut zu Falke, denn die beiden Marken stehen für grundverschiedene Philosophien. So besteht keine Gefahr der Kannibalisierung. Doch wir mussten wirklich bei Null anfangen. Wir haben eine Marke gekauft – sonst nichts. Keine Kundenliste, keine Kollektion, keine Rezepturen. Dann ging es los. Da haben unsere Leute hier schon einen tollen Job gemacht: Rezepturen für die stückgefärbten Socken; unterschiedlich anfärbbare Materialien; Artikel in fünfzig, sechzig Farben. Das war ein ganz schöner Kraftakt. Heute sind wir und unsere Kunden ganz zufrieden. Aber wir sind – auch umsatz­mäßig – noch längst nicht da, wo wir hinwollen. Wie wichtig ist für Falke das Exportgeschäft? Inland und Ausland haben sich gleich gut entwickelt. Unser Auslandsgeschäft ist stark auf Europa ausgerichtet. Bei 42 Prozent Exportanteil stehen bei uns vierzig bis fünfzig Länder auf der Liste der Absatzmärkte. Wirklich relevant sind derzeit Benelux, Skandinavien, Frankreich, UK, Österreich – und ganz besonders die Schweiz. Auch in Osteuropa sehen wir noch großes Potenzial. Solange es in Europa für uns noch Hausaufgaben zu machen gibt, nehmen wir keine „exotischen“ Länder ins Visier. Der Aufbau von internationaler Distribution kostet viel Geld. Deshalb wollen


wir das Brett an der dicksten Stelle bohren. Neben dem wirtschaftlichen gibt es natürlich auch den strategischen Export. Die Marke erhält dadurch internationales Flair. Das bekommen wir hin, indem wir mit den großen Department Stores arbeiten, ohne gleich ein aufwendiges Vertriebsnetz für das Land aufbauen zu müssen. Um internationale Aufträge sorgen Sie sich derzeit kaum. Wo liegen die Herausforderungen? Die echte Herausforderung ist für uns momentan, die Zuwächse produktionstechnisch abdecken zu können. Wir fertigen nur, was wir mit den vorhandenen Kapazitäten und unseren Qualitätsansprüchen auch abbilden können. Das klingt nach Luxusproblemen, aber die Situation ist beileibe nicht einfach. Wir haben immens in unsere Logistik investiert, in Lieferfähigkeit und Zuverlässigkeit. Und plötzlich bekommen wir unsere Ware einfach nicht mehr schnell genug produziert. Sondersituationen wie in Tunesien haben das in diesem Jahr zusätzlich erschwert. Gerade wegen solcher Störfaktoren haben wir jetzt in Serbien ein weiteres vollstufiges Werk gebaut. Seit 1981 haben Sie ein Werk in Portugal. Lohnt sich das heute noch? Anders als viele andere Unternehmen der Branche sind wir bis heute in Portugal geblieben. Nach der Euro-Einführung, als die Kostensteigerung nicht mehr durch Escudo-Abwertungen aufgefangen werden konnte, zogen sich viele zurück. Dabei muss man natürlich beachten, dass wir nicht mit der Ge­­schwindigkeit von reinen Konfektionären unsere Zelte auf­b auen und wieder abbrechen. Wir brauchen Spezialisten für unsere Produkte. Anfangs haben wir in Portugal auch gestrickt. Heute machen wir dort nur handarbeitsintensive Produktionsgänge, insbesondere das Ketteln und die Endfertigung. Schon aus Kapazitätsgründen können wir es uns überhaupt nicht leisten, über diesen Standort zu diskutieren. Natürlich gibt es Kostenunterschiede zu Serbien. Dafür haben wir in Portugal ein eingespieltes Werk auf höchstem Qualitätsniveau.

Welche Rolle spielt die Verfügbarkeit von Personal für die Standortwahl? Portugal war seit jeher für seine Textilaffinität bekannt. Auch in Serbien treffen wir auf viele Menschen mit Fertigungs-Knowhow. Das war für uns schon in den 90er Jahren ein entscheidender Standortfaktor, damals allerdings noch mit Produktionspartnern und ohne eigenen Betrieb. Die Ausbildung entspricht allerdings nicht unseren Maß­ stäben. Wir bilden daher bereits seit Monaten serbische Mitarbeiter aus und kooperieren mit der örtlichen Textilschule. Auch die Entscheidung nach dem Mauerfall für ein Werk in Dorfchemnitz erfolgte mit Blick auf die potenziellen Mitarbeiter. Wir haben auch versucht, einige von ihnen nach Schmallenberg zu lotsen – wegen der Nachwuchsprobleme, die wir hier haben. Heute sind die Dorfchemnitzer schon wegen ihres Knowhows nicht mehr wegzudenken. Sie setzen sehr auf den Standort Schmallenberg – auch in der Logistik. Wo sind die Vorteile? Sie wollen wissen, warum wir unser Hochregallager nicht an einen Autobahnknoten bauen? Genau, so wie viele andere. Für uns ist es wichtig ein Zentrallager zu haben, das alles zusammenführt. Der Standort spielt hierbei eine untergeordnete Rolle. Denn ob der LKW eine halbe Stunde länger fährt, fällt bei unseren Produkten – auch in punkto Transport­ kosten – nicht groß ins Gewicht. Unsere Ware ist ja leicht. Wir haben mit Portugal einen permanenten Shuttle-Verkehr, der uns den Vorteil bietet, schnell reagieren zu können. Das große Thema für uns ist Marktnähe und der hohe Ausbildungsstand unserer Mitarbeiter. Machen Sie sich sorgen um den Mitarbeiternachwuchs? Es ist überall dasselbe: Die Branchen konkurrieren miteinander um den besten Nachwuchs. Textil und Bekleidung tragen noch immer den Makel des Produktions- und Arbeitsplatzabbaus mit sich herum. Vor ein paar Jahren haben wir die

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Feinstrumpfproduktion aus Lippstadt nach Schnallenberg geholt und eine nagelneue Produktion aufgebaut – mitten im Ort. Und was stellen wir fest? Während wir im kaufmännischen Bereich immer genügend Auszubildende finden, ist das in den Produktionsberufen schwer. Es fehlt den jungen Leuten an Vertrauen. Was also können wir mehr tun, als für eine Menge Geld ein großes Werk hinzustellen? Das sieht wohl kaum danach aus, als ob wir das Produzieren hier bald seinlassen wollten. Das Problem liegt auch darin, dass Jobs in der Produktion in der öffentlichen Wahrnehmung nicht so hoch angesehen sind wie die in Büros. Das ist total verkehrt. Diese Industrie wird nicht dadurch überleben können, dass wir nur noch unsere Verwaltung hier sitzen haben. Bei uns im Unternehmen herrscht eine andere Atmosphäre: Bei uns arbeiten alle gemeinsam unter einem Dach. Welche Rolle spielt Innovation für die Marke? Wer bei uns einmal durch die Produktion gegangen ist weiß, dass die Produkte ihren Preis wert sind. Hier kann man sehen, wie viel Arbeit und Technik in so einem Produkt steckt. Der Anteil eigener Innovationen an unserem Umsatz ist beachtlich. Dabei ist der Sportsektor für uns ganz wichtig. Wir wollten Männern schon immer beibringen, dass Socken und Strümpfe ein wichtiges modisches Accessoire sind. Heute wollen wir sie auch mit „brain“, mit hochinnovativen Produkten – wie mit Ergonomic Sport System – überzeugen. Das hat der Marke zu weiterer Reputation verholfen. Das Thema Beschaffungspreise hat uns in den letzten beiden Jahren in Atem gehalten. Auch bei der Wolle gab es einen kräftigen Preisschub. Wie wird es weitergehen? Jetzt springt jeder auf den Zug der Preiserhöhungen auf. Meine Meinung: So ist der Markt. Hinter dem Höhenflug der Baumwollpreise steckt natürlich nicht nur der Nachfrage-

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druck, sondern die globale Vernetzung im Rohstoffhandel. Das haben wir bei Falke natürlich auch gespürt, vor allem, weil wir bei unserer Qualität keinerlei Abstriche akzeptieren. Die Beschaffung von Rohstoffen wird über kurz oder lang für uns noch viel entscheidender sein. Für Herbst/Winter haben wir hier 19 000 Positionen liegen. Ein gigantischer logistischer Aufwand! Dabei sind zuverlässige Lieferanten im Spinnereisektor ganz entscheidend. Wenn Rohwaren teurer werden und die Qualität bleiben soll, muss sich das irgendwann auf den Produktpreis auswirken. Wir tun natürlich alles, um die Wertschöpfungskette effizient zu gestalten. Aber auch wir mussten Preise erhöhen – und anschließend feststellen, dass das die erhöhten Beschaffungskosten längst nicht aufgefangen hat. Zum Thema Handel: Wie geht es weiter mit dem Ausbau Ihrer Distributionskanäle? Ich glaube an Multichanneling. Eine funktionierende Einzelhandelslandschaft ist für uns das Schönste überhaupt. Aber wir müssen heute auf verschiedenen Klaviaturen spielen, um den Endverbraucher zu erreichen. Wir müssen darauf reagieren, dass an bestimmten Standorten keine Einzelhändler mehr sind, die es Menschen ermöglichen, an unsere Produkte zu kommen. Viele Konsumenten, die Beinbekleidung im Nichtfachhandel kaufen, tun das wegen der Convenience, z. B. hält sich der Durchschnittsmensch häufiger im Lebensmittel- als im Textileinzelhandel auf. Mit einem Online-Shop schaffe ich es trotzdem, denjenigen, der eigentlich meine Marke kaufen will, zu erreichen. Viele Einzelhändler schimpfen darüber, dass Online-Shops und Outlet-Center Kaufkraft abschöpfen. Das sehe ich differenziert, denn das gehört heute einfach zum Einkaufsverhalten der Menschen. Wenn ich an bestimmten Orten meine Marke nicht mehr erlebbar machen kann, muss ich überlegen, was zu tun ist. Auch von einem Corporate Store werden Einzelhändler mit einem Multilabel-Sortiment immer profitieren.


Was sind die wichtigen Herausforderungen für die Branche in den kommenden Jahren? Generell kann ich in der Zukunft nichts wirklich Düsteres entdecken. Herausforderungen gibt es natürlich schon. Der Materialpreis ist die eine Sache, der Nachwuchs die andere. Wir werden viel mehr für unsere Produktionsjobs werben müssen. Das sind interessante Berufe, und man kann dort gut verdienen. Die Branche muss ihre Attraktivität bewahren – im Absatzwie im Arbeitsmarkt. Wir haben viel zu bieten und ich glaube, da können wir es gut mit anderen Branchen aufnehmen. Wie können wir das Knowhow in Deutschland sichern? Mitarbeiter zu bekommen, egal in welchem Bereich, ist zunächst eine Frage von Attraktivität des Unternehmens. Metzingen ist ja auch nicht gerade der Nabel der Welt. Die Welt hat sich geändert. Wer ein echter Stadtmensch ist, muss eben pendeln. Leider wird Mobilität in Deutschland noch nicht so groß geschrieben. Aber da mache ich mir keine Sorgen, solange wir den richtigen Job machen und wettbewerbsfähige Gehälter zahlen. Von unseren Designern wohnt kein einziger in Schmallenberg. Ein Engpass bei den Produktionsmitarbeitern trifft uns viel mehr, da es ja unser erklärtes Ziel ist, jedes unserer Produkte komplett im Mutterhaus herstellen zu können. Wie kann Gesamtmasche die Branche am besten unterstützen? Heute muss sich der Verband mehr denn je für positives Branchenimage einsetzen, und ganz besonders auch für die gewerblichen Berufe. Gesamtmasche hat nach dem Relaunch vor zwei Jahren den Sprung zum modernen Verband geschafft. Das sollten die Unternehmen noch stärker nutzen. Wichtig ist einfach, nicht an tradierten Funktionen zu kleben, sondern sich zu erneuern. Die alten Schlachten sind doch längst geschlagen.

Erzählen Sie uns bitte noch etwas über sich. Ich bin 53 Jahre alt, verheiratet und bin Vater von zwei Kindern im Alter von 11 und 8 Jahren. Im Unternehmen bin ich seit 1990. Mein Vater, der kurz nach seinem 70. Geburtstag starb, hat das leider nicht mehr miterlebt. Aufgewachsen bin ich hier in Schmallenberg. Nach der Matura in der Schweiz habe ich Praktika quer durch die Welt gemacht, sogar bei einem neuseeländischen Schafzüchter. Mein BWL-Studium habe ich in München absolviert, wo ich anschließend zweieinhalb Jahre bei einer Unternehmensberatung tätig war. Danach arbeitete ich bis zur Rückkehr nach Schmallenberg in New York in unserer dortigen Niederlassung. Leidenschaften außer dem Unternehmen? Habe ich, Gott sei Dank, viele. Ich habe ein ausgeprägtes Familienbewusstsein und versuche, mich intensiv meinen Kindern zu widmen. Ich reise gerne und versuche immer, Geschäftsreisen dafür zu nutzen, etwas von Land und Leuten zu sehen. Gleichzeitig ist es ja auch eine berufliche Aufgabe, sich an unterschiedlichsten Orten der Welt inspirieren zu lassen. Mein Lebensmotto ist dabei: Es ist besser, die Dinge zu bereuen, die man gemacht hat, als die Dinge, die man nicht gemacht hat.

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Forschung Innovatives Funktionsgarn für Sport- und Freizeitkleidung Foto: © Hohenstein Institut

/////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////// Simone Diebold Forschungsprojekte, an denen Unternehmen und Forschungsinstitute gemeinsam arbeiten, haben in der Maschenindustrie eine lange Tradition. Denn mit Hilfe dieses Austauschs gelingt es, Ideen in innovative Produkte umzusetzen, die auf dem Markt bestehen können. Jüngstes Beispiel eines gelungenen Forschungstransfers ist die Zusammenarbeit der Hohenstein Institute in Bönnigheim, der Zwickauer Kammgarn GmbH und des Gesamtmaschemitglieds Helmut Peterseim Strickwaren GmbH in Mühlhausen. In Kooperationsarbeit haben sie eine neuartige, innovative Garnkonstruktion für Maschenware entwickelt: das HybridUm das Wärme- und Feuchtemanagement der Funktionsmuster zu ermitteln, die aus garn HP2G. dem neuartigen Garn produziert wurden, nutzten die Hohenstein Wissenschaftler das Hautmodell.

Foto: © q-snap – Fotolia.com

Diese Garnkombination verbindet die positiven Merkmale von synthetischen Fasern und Wollfasern. Maschenware besitzt die Eigenschaft, viel ruhende Luft einzuschließen und hat in Verbindung mit Wolle eine hohe Wärmeisolation und ein gutes Feuchteaufnahmevermögen. Aber ab einem Feuchtegehalt von etwa 33 Prozent, der bei körperlicher Anstrengung leicht erreicht wird, bietet reine Wolle jedoch kein angenehmes Tragegefühl mehr. Der flüssige Schweiß kann auf der Haut nicht verdampfen und wird von den Wollfasern aufgesogen. Stark feuchte Wolle bewirkt auf der Haut ein unangenehmes Nässe- und Kältegefühl. Synthetische Fasern bieten in diesem Fall eine Unterstützung. Sie

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haben grundsätzlich den Vorteil, dass sie nicht oder nur sehr wenig wasseraufnahmefähig sind. Daher können sie den flüssigen Schweiß von der Haut wegleiten. Der Vorteil des innovativen Hybridgarns HP2G ist: Es nimmt schnell den Schweiß auf und leitet ihn vom Körper ab. Dies wiederum sorgt für einen maximalen Tragekomfort und ein trockenes Hautgefühl. Während leichter oder nach starker, lang andauernder körperlicher Belastung bietet es außerdem eine ausreichende Wärmeisolation und hält so die Körpertemperatur konstant. Darüber hinaus besitzt das Garn eine geringe Neigung zur Knötchenbildung (Pilling), ist pflegeleicht und verfilzt nicht. Projektleiter Martin Harnisch von den Hohenstein Instituten sieht vor allem im Sportbereich ein großes Potenzial für die Neuentwicklung – für Ausdauersportarten wie Laufen und Radfahren, oder Golf und Wandern, aber auch für anspruchsvolle Berufsbekleidung. Die beteiligten Industrieunternehmen kreieren derzeit umfangreiche Kollektionen, bestehend aus Jacke, Pullover und funktionellen Accessoires wie Kapuze, Mütze, Pulswärmer und Stulpen. Die Produktions- und Verarbeitungstechnologien wurden an die neue Garnkonstruktion angepasst und erlauben eine reibungslose Serienproduktion. Weitere Einsatzgebiete des Hybridgarns sind zum Beispiel für Möbelbezugsstoffe oder technische Textilien in Verkehrsmitteln denkbar.


Geschäftsklimaindex Gemischte Gefühle Gesamtmasche-Geschäftsklimaindex Der Gesamtmasche-Geschäftsklimaindex wurde zum ersten Mal im dritten Quartal 2006 erhoben. 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 III/08

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Geschäftsklimaindex – Maschenindustrie insgesamt

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Geschäftsklimaindex – Wäsche

//////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer In der Juli-Befragung war davon niemand ausgegangen. Herbstklima bei der Masche: Im 3. Quartal ist das StimBeim Thema Kapazitätsauslastung geben sich die Maschenmungsbarometer deutlich gefallen. Das ist das Ergebnis der firmen allerdings pessimistisch. Zwar bezeichnen noch Geschäftsklima-Umfrage von Gesamtmasche im Oktober. 90 Prozent von ihnen die Lage als gut oder befriedigend. Allerdings blicken die Unternehmen der deutschen MaFür die Zukunft rechnet aber ein Viertel der Hersteller mit schen- und Miederindustrie etwas optimistischer auf den einer sinkenden Auslastung. Auch hinsichtlich der UmsatzJahresausklang. Hintergrund der bescheidenen Lagebewertung ist die zunehmende Verunsicherung über den Fortgang entwicklung herrscht Skepsis: Während aktuell noch 80 Prozent der Unternehmen mit ihren Umsätzen zufrieden der konjunkturellen Entwicklung, der sich bei den Endverbrauchern durch Kaufzurückhaltung bemerkbar macht. sind, befürchten fast 30 Prozent einen baldigen Umsatzrückgang. Insbesondere die Wäschehersteller gehen von Entsprechend ging der Gesamtmasche-Geschäftsklimaindex einer spürbaren Abschwächung des Inlandsgeschäfts aus. nach dem bereits kühlen Sommerwert von 4,95 auf Laut einer aktuellen ARD-Umfrage glauben 84 Prozent 3,91 Punkte zurück. Der Teil-Index für Wäsche verminderte aller Bundesbürger, die eigentliche Krise stehe noch besich auf 5,71 Punkte; im Juli hatte er noch 13,37 Punkte ervor. Noch reagieren die Deutschen auf die Krise relativ reicht. Vor allem bei den Auftragseingängen hat die Branche gelassen − vermutlich aufgrund der immer noch guten im 3. Quartal Abstriche machen müssen. Die Erwartungen Konjunkturentwicklung im eigenen Land. Doch immerfür das letzte Quartal fallen dabei im Durchschnitt etwas besser aus als die Beurteilung der Lage im Herbst. Immerhin hin macht sich über die Hälfte der Bevölkerung Sorgen um die persönliche wirtschaftliche Zukunft. Neben der ein Viertel der Befragten geht von einer Verbesserung der Unsicherheit im Inland steht die deutsche MaschenindusAuftragslage aus. Vor drei Monaten sagten das nur 10 Protrie auch mit ihren Exporten vor einer Herausforderung: zent der Hersteller. Auch glaubt ein Fünftel der UnternehEin Großteil ihrer Ausfuhr gehen in den Euro-Raum. men wieder an steigende Erträge, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Beruhigung bei den Beschaffungspreisen. masche 17


Kartellrecht Online-Vertrieb von Textilwaren ///////////////////////////////////////////// Dr. Fabian Badtke Die Dynamik des Online-Handels macht selbstverständlich auch vor der Textilwirtschaft nicht Halt. Zahlreiche Händler, aber auch Hersteller suchen mit großem Erfolg den direkten Absatzweg zum Kunden über das Internet. Der boomende Absatz über das WorldWideWeb hat jedoch auch seine Schattenseiten. So gefällt es nicht jedem Händler, wenn der Hersteller sich über das Internet zugleich auch als Händler betätigt. Gleichermaßen stören sich zunehmend viele stationäre Einzelhändler mit ausschließlich physischen Verkaufsstellen („brick and mortar shops“) über die „Schleu­­­ derpreise“ der Online-Händler, die aufgrund ihrer häufig geringeren Fixkosten einen harten Preiswettbewerb eröffnet haben und gegenüber den „offlinern“ Marktanteile gewinnen. Rasch drängt sich vor diesem Hintergrund die Frage auf: Ist der Absatz über das Internet grenzenlos oder lässt sich der Internetvertrieb von Textilwaren einschränken? Wie so oft im Recht – und insbesondere im Kartellrecht – lautet die Antwort: Es kommt darauf an. 1. Keine Beschränkung des Internetvertriebs Sowohl das deutsche als auch das europäische Kartellrecht verbietet wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen (Art. 101 AEUV, § 1 GWB). Entsprechende Vereinbarungen in Verträgen sind nichtig und damit unwirksam. Eine Wettbewerbsbeschränkung wird angenommen, wenn die wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten einer Partei durch eine Vereinbarung eingeschränkt werden. Das Verbot, das Internet als Vertriebsweg zu nutzen, stellt eine solche Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsmöglich­ keiten und damit eine wettbewerbsbeschränkende Abrede dar. Grundsätzlich ist es jedem Händler erlaubt, das Internet für den Absatz von Waren zu nutzen. 2. Ausnahmen Allerdings sind auch Ausnahmen von diesem Grund­­satz denkbar, nämlich dann, wenn die sogenannte Vertriebsgruppenfreistellungsverordnung (VGVO) Anwendung findet. Dafür dürfen der Marktanteil des Herstellers auf dem Absatzmarkt und der des Händlers auf dem Einkaufsmarkt jeweils 30 Prozent nicht überschreiten. 18 masche

a. Was geht? Ist die VGVO anwendbar, so können so genannte „aktive Verkäufe“ über das Internet in zulässiger Weise ausgeschlossen werden. Von aktiven Verkäufen spricht man, wenn eine Website sich gezielt – etwa durch Online-Werbung – an bestimmte Kunden richtet, die Kunden also aktiv angesprochen werden. Zum aktiven Verkauf zählen etwa E-MailSpamming, gebietsspezifische Banner auf Webseiten Dritter sowie Zahlungen des Händlers für eine Suchmaschine oder an einen Online-Werbeanbieter, damit Werbung gezielt für Nutzer in einem bestimmten Gebiet erscheint. All dies kann beschränkt bzw. ausgeschlossen werden. Zulässig sind ferner Qualitätsanforderungen an die Inter­ netpräsenz des Händlers und an die Ausgestaltung des Vertriebs – so wie es auch in der „echten Welt“ bezogen auf das Renommee der Marke und die Präsentation der Ware in Verkaufsgeschäften möglich ist. Zu den zulässigen Qualitätsanforderungen im Internetvertrieb zählen etwa das „look & feel“ der Webseite des Händlers (einschließlich des Erfordernisses eines schnellen Seitenaufbaus und leichter Navigationsfähigkeit), die Anzeige des Marken­namens des Herstellers sowie eine adäquate Darstellung der Produkte des Herstellers auf der Webseite des Händlers. Auch das Verbot, die Waren über Handelsplattformen Dritter (z. B. eBay) zu verkaufen, kann eine zulässige Qualitäts­ anforderung sein. Es handelt sich dabei um keinen generellen Ausschluss des Internetvertriebs, sondern lediglich um eine punktuelle Beschränkung der Nutzung von Handelsplattformen Dritter. Schließlich kann der Lieferant vom Händler verlangen, einen bestimmten Mindestumsatz in einem stationären Verkaufsgeschäft zu tätigen. Dadurch können so genannte ‚pure players‘, also reine Internethändler mit deutlich geringeren Fixkosten als Offline-Händler, mittel­­bar vom Vertrieb ausgeschlossen werden können. Dies bedeutet nicht zuletzt eine Privilegierung konventioneller Verkaufsstellen und stellt nach derzeitiger Rechtslage die einzige Möglichkeit dar, den reinen Internetvertrieb zu unterbinden.


Foto: © Tyler Olson – Fotolia.com

b. Was geht trotzdem nicht? Auch nach der VGVO sind der Vertrieb über das Internet als so genannter „passiver Verkauf “ durch bloßes Betrei­ben einer Webseite und das Reagieren auf unaufgeforderte Kundenbestellungen grundsätzlich erlaubt. Das Aufrufen der Website eines Händlers und die Kontaktaufnahme mit diesem durch einen Kunden, aus der sich der Verkauf ein‑ schließlich der Bereitstellung eines Produkts ergibt, gelten als passiver Verkauf. Als unzulässige Beschränkungen des „passiven“ Internet­ vertriebs sind z. B. folgende Vereinbarungen anzusehen: – die Verpflichtung des Händlers, eine automatische Umleitung auf die Website des Herstellers oder anderer Händler einzurichten; – vom Händler zu verlangen, Transaktionen zu unter brechen, sobald die Kreditkarte eine Adresse erkennen lässt, die nicht im Gebiet des Händlers liegt; – den Händler zu verpflichten, den über das Internet getätigten Teil der Gesamtverkäufe zu begrenzen; – vom Händler zu verlangen, für Produkte, die er online weiterverkaufen will, einen höheren Preis zu zahlen als für Produkte, die offline verkauft werden sollen. Dies schließt nicht aus, dass der Hersteller mit dem Händler eine feste Gebühr vereinbart (d. h. keine variable Gebühr, die mit erzieltem Offline-Umsatz steigen würde, da dies indirekt zu einem Doppelpreissystem führen würde), um dessen Offline- oder Online-Verkaufsanstrengungen zu unterstützen.

3. Ungeklärte Fragen Jenseits der Anwendbarkeit der VGVO stellt sich die Frage, ob auch ein Totalverbot des Internetvertriebs von Textilwaren möglich ist. Bislang wurde dies – außerhalb der Textilwirtschaft – nur in absoluten Ausnahmefällen angenommen, so etwa beim Vertrieb von gesundheitsgefährdenden Stoffen. Übertragen auf die Textilwirtschaft wäre ein solch umfassender Internetausschluss allenfalls beim Vertrieb von hochpreisiger Luxusware denkbar, etwa um die Aura des Exklusiven zu wahren. Dazu müsste sich aber neben den Händlern in jedem Fall auch der Hersteller selbst des Vertriebs über das Internet enthalten.

Rechtsanwalt Dr. Fabian Badtke, LL. M. ist Spezialist für Kartellrecht im Berliner Büro der internationalen Kanzlei Noerr LLP. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt u. a. in der kartell- und vertriebskartellrechtlichen Beratung von Unternehmen aus der Textilwirtschaft. Fabian Badtke, Tel. +49 30 2094 2178, www.noerr.com

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Neues vom Bosporus Kooperationstag zeigt Chancen im Wachstumsmarkt Türkei auf Über 100 Teilnehmer kamen am 25. Oktober zum Kooperationstag „Textilland Türkei“, zu dem Gesamtmasche und Südwesttextil gemeinsam mit dem türkischen Textil- und Bekleidungsverband ITKIB ins Stuttgarter Haus der Wirtschaft eingeladen hatten. Markt­­ information, Erfahrungsaustausch und direkte Kontakte zwischen deutschen und türkischen Unternehmen standen im Mittelpunkt der Veranstaltung. Bislang hat sich die Türkei vor allem als Liefer­ land einen Namen gemacht. Inzwischen punktet sie durch einen attraktiven Inlandsmarkt und ihre Drehscheibenfunktion in der Region. Von der Krise 2009 hat sich das Land rasch erholt, und seit 2002 hat sich das türkische Bruttoinlandsprodukt verdreifacht. Für 2011 prognostiziert der IWF über 8 Prozent Wachstum. Und der Einzelhandel boomt. Auf die asiatische Konkurrenz haben die türkischen Hersteller mit höherer Qualität, einem neuen Fokus auf intelligente Textilien und eigenen Marken reagiert. Der deutsche Export in das Land am Bosporus steckt allerdings noch in den Anfängen. Hartmut Reichl, Leiter der Außenwirtschaftsabteilung des Wirtschafts- und Finanzministeriums, konstatiert in seiner Begrüßung: „Ich bin mir sicher, dass sich die guten Wirtschaftsbeziehungen zum Wohle beider Seiten noch weiter ausbauen lassen.“ Generalkonsul Arı hält die 430 000 Türken in Baden-Württemberg, die im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich gut ausgebildet sind, für die Basis der weiteren Verflechtung. Was mit „ausbauen“ vor allem gemeint ist, bringt Unternehmensberater und Textilingenieur Mustafa Yilmaz auf den Punkt: „Die Türkei entwickelt sich vom reinen Lieferland zum globalen Partner, investiert auf dem deutschen Markt, öffnet sich aber auch mit neuen liberalen Gesetzen. Alleine in Istanbul, Ankara und Izmir sind 70 neue Shopping-Center in Planung.“ Klasse statt Masse lautet dabei die Devise. Das macht sich auch im Export bezahlt, wie Mustafa Gültepe, Chef des türkischen Modeherstellers Talu unterstrich. Die Türkei will ihre knapp 22 Mrd. Euro schwere Ausfuhr durch mehr Qualität weiter steigern. Für deutsche

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Investoren geht es hingegen mehr denn je nicht nur um Export­ produktion, sondern um wachsende Absatzchancen vor Ort. Jens Marquard, der die Vertriebsgesellschaft der Paul Hartmann AG in Istanbul aufgebaut hat, schwärmte von der Entwicklung der pulsierenden Mega-Stadt mit ihren über 13 Millionen Einwohnern. Gleichzeitig verwies der heutige Regional Manager Eastern Europe auf die wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede innerhalb des Landes. „Allerdings ergeben sich bereits lukrative Chancen, wenn man das Geschäft ‚nur‘ auf Istanbul und ausgesuchte Metropolen konzentriert“. Florian Baum, Einkaufsleiter der Sontheimer CMC Group, hält die Hafenstadt Mersin im östlichen Mittelmeer für das ideale Tor für den Handel mit Nah- und Mittelost, Nordafrika, aber auch mit Russland und ganz Europa. CMC fertigt in der Freihandels­zone von Mersin im Dreischichtbetrieb Vliesstoffe und Watte­pads. Für die Triumph International AG als einem der weltweit größten Wäschehersteller ist die Türkei traditionell ein wichtiger Beschaffungsmarkt. Doch längst ist das Land auch verkaufsseitig von Interesse: 2007 eröffnete Triumph ein Vertriebsbüro in Istanbul. Seither wird die Markenpräsenz ausgebaut. „Wir sehen in der Türkei relevantes Wachstumspotenzial“, fasst Klemens Möslinger, Kreativchef bei Triumph, zusammen. Fatih Altunyuva von der türkischen Investment Support and Promotion Agency ISPAT schloss mit seinen Ausführungen zum Investitionsklima den Kreis rund um Vertrieb, Beschaffung und Produktion vor Ort. Bereits 4 500 deutsche Unternehmen arbeiten in dem Land, das im Ranking der stärksten Wirtschaftsnationen bereits auf Platz 17 gerückt ist. Gesamtmasche-Hauptgeschäftsführer Dr. Markus H. Ostrop resümiert: „Durch den Nachfrageboom und die geografisch günstige Lage ist die Türkei über ihre Lieferantenrolle längst hinausgewachsen.“ Fairer Wettbewerb sei allerdings wichtig. Die jüngst verhängten Schutzzölle der Türkei auf zahlreiche Textilwaren und der teilweise saloppe Umgang mit geistigem Eigentum seien Reizthemen. „Mit unserer Veranstaltung wollen wir einen Beitrag leisten, solche Hemmnisse abzubauen und konstruktiv zusammenzuarbeiten.“

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Außenwirtschaft


Textilland T端rkei

Deutsch-T端rkischer Kooperationstag

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Außenwirtschaft  Türkei weitet Schutzzölle aus

Messehinweis

Ab Mitte Dezember sollen BHs, Maschenstoffe und viele weitere Textilprodukte unter die türkischen Safeguards fallen. Dadurch drohen Zusatzzölle von bis zu 30 Prozent. Bereits im Juli hat die Türkei umstrittene Safeguards verbunden mit exorbitant hohen Schutzzöllen für einen breiten Warenkatalog eingeführt. Nun sollen bald auch Maschenstoffe jeglicher Art, sämtliche Miederwaren sowie eine breite Palette von Haustextilien wie Bettwäsche, Tischwäsche und Frottierwaren erfasst werden, außerdem bestimmte Verbandstoffe, verschiedenste Gewebe und weitere Bekleidungswaren.

Shanghai Mode Lingerie 2012 Internationale Body- und Beachwear-Messe 22.10. – 23.10.2012 Die nächste Ausgabe der internationalen Body- und Beachwear-Messe Shanghai Mode Lingerie vom 22. bis 23. Oktober wird vom Bundeswirtschafts‑ ministerium gefördert. Neben vergünstigten Standmieten umfasst dies die Einrichtung eines deutschen Messepavillons, die erhöhte Sichtbarkeit des deutschen Auftritts sowie einen Konsulats‑ empfang, zu dem deutsche Aussteller mit ihren Kunden eingeladen sind. Gesamtmasche wird den Auftritt begleiten und hofft, dass die Förderung möglichst viele deutsche Firmen motiviert, sich auf der Messe zu engagieren. Die Shanghai Mode Lingerie ist die Branchenleitmesse nicht nur für China, sondern für den gesamten asiatisch-pazifischen Raum. Sie vereinigt Bodywear und Vorstufe unter einem Dach. Foto: © Millisenta – Fotolia.com

Silvia Jungbauer, Tel. +49 711 21050 - 13, jungbauer@gesamtmasche.de

Mit den Maßnahmen wird die Zollunion zwischen Türkei und EU faktisch ausge­hebelt: Waren, die auf der Safeguard-Liste stehen, unterliegen bei der Einfuhr in die Türkei auch dann zusätzlichen Zöllen, wenn sie sich bereits im freien Verkehr der EU befinden. Ausnahmen sind zwar für die Freihandels­ partner der Türkei vorgesehen, wie der Nachweis des Warenursprungs in der Praxis erfolgen soll, ist aber bis heute nicht geklärt. Wer Waren in die Türkei exportiert, die aus Drittländern wie beispielsweise China stammen, bekommt die Zölle aber in jedem Fall zu spüren. Der aufstrebende Export deutscher Hersteller in den Zukunftsmarkt Türkei erhält dadurch einen empfindlichen Dämpfer. Bislang gelten Schutzzölle unter anderem für Unterwäsche, Nachtwäsche, T-Shirts, Pullover, Sport- und Badebekleidung, eine Vielzahl gewebter Bekleidungsartikel sowie zahlreiche Gewebearten.

Ursprungszeugnis IHK

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über den unnötigen Papierkrieg beschwert. Bei nicht-textilen Gütern reicht in aller Regel der Vermerk des Ursprungslandes in den Einfuhrpapieren aus. Im Zweifelsfall kann der Zoll zusätzliche Nachweise verlangen. Zu Quotenzeiten hatten die geforderten Ursprungszeugnisse und -erklärungen den Sinn, die Umgehung von stark ausgenutzten Kontingenten wichtiger Lieferländer wie China oder Indien zu verhindern. Heute gibt es nur noch gegenüber Belarus und Nordkorea gewisse Beschränkungen.

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Weniger Bürokratie bei der Einfuhr Ab dem 24. Oktober gehört die seit Jahrzehnten gültige Auflage, bei der Einfuhr von Textilien und Bekleidung aus Drittländern Ursprungsnachweise vorzulegen, der Vergangenheit an. Die EUVerordnung Nr. 955 /2011 verfügt die Aufhebung der bürokratischen Regelung. Damit findet eine der letzten Nachwehen des Quoten­systems ein Ende, das die textilen Handelsströme fast ein halbes Jahrhundert lang durch Mengenrestriktionen lenkte. Seit langem hatten sich Einführer von Garnen, Stoffen und Fertigwaren


BITTE VORMERKEN

Bitte vormerken: Zoll-Update 2012!

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Ob AEO oder ATLAS, Außenprüfungen oder Einreihung im Zolltarif – was im Jahr 2012 in punkto Zoll an Neuerungen auf alle zukommt, die im Außenhandel aktiv sind, vermittelt das Südwest­textilSeminar „Zoll-Update 2012“ am 26. Januar 2012 in Filderstadt. Neben dem aktuellen Stand der Dinge zum Thema „Zuge­las­sener Wirtschaftsbeteiligter und Releasewechseln bei ATLAS-Ausfuhr und -Einfuhr“ behandelt die Veranstaltung auch die neue Außen-

handelsnomenklatur und ihre Auswirkungen auf die Tarifierung und den Waren­ursprung. Außerdem stehen angesichts der Regelungsdichte im Bereich Terrorismusbekämpfung und politischer Sanktionen die Themen Compliance und Länderembargos auf der Agenda. Referent ist Zoll-Experte Harald Neun, der den Teilnehmern fun­diertes Praxiswissen vermitteln und eigene Erfahrungen weitergeben wird.

Zoll-Update 2012 26. Januar 2012, Filharmonie Filderstadt

Erfreuliche Ausstellerzahlen Die nächste High-Tex from Germany findet vom 12. bis 14. März 2012 im Rahmen der Techtextil Russia statt, der führenden internationalen Fachmesse für Technische Textilien, Vliesstoffe und Schutzbekleidung in Russland. Laut Messe Frankfurt, werden sich 53 deutsche Teil­nehmer präsentieren − 45 von ihnen sind Anbieter von Vliesstoffen, Technischen Textilien und Forschungsinstitute. Daneben stellen acht Textilmaschinenhersteller aus. Die Forschungsinstitute werden zusätzlich ein eintägiges Wissenschaftssymposium veranstalten. Damit die Veranstaltung für alle Beteiligten zu einem großen Erfolg wird, gibt es für die Aussteller Angebote, die über die Besonderheiten des russischen Marktes informieren. Bei einem Vorbereitungsseminar erfahren die Teilnehmer so von hochrangigen Fachreferenten alles Wissenswerte zu den Themen Zoll, Transport, technische Regulier­ungen und bürokratische Anforderungen. Zum Rahmenprogramm zählt außerdem ein Matchmaking-Event mit potenziellen russischen Geschäftspartnern, das von Igor Salomakhin, dem Leiter des verbandlichen Verbindungsbüros RETA in Moskau, geleitet wird.

Die „High-Tex from Germany“ wird hochrangig begleitet: Aus Deutschland haben bereits Ernst Burgbacher, Parlamentarischer Staatssekretär und Beauftragter der Bundesregierung für Mittel‑ stand und Tourismus im Bundes‑ ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) sowie Holger Lösch, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) zugesagt. Erstmals wurde die High-Tex from Germany im Januar 2000 in Atlanta durchgeführt, es folgten Veranstaltungen in Shanghai sowie in Mumbai. Veranstalter der High-Tex from Germany ist das BMWi in Zusammenarbeit mit dem AUMA und unterstützt vom Gesamtverband textil+mode.

Ansprechpartner beim Gesamtverband textil+mode: Claudia Saam, csaam@textil-mode.de

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Wissenswertes Neues Produktsicherheitsgesetz

le l o r t n o k n e b o r p St ich

Am 1. Dezember ist das neue Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) in Kraft getretten. Es präzisiert die Anforderungen an die Herstellerangabe und soll die Marktüberwachung stärken. Das ProdSG löst das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) ab, das seit 2004 galt. Die bisherige Unterteilung in „Verbraucherprodukte“ und „technische Arbeitsmittel“ entfällt. Für die Gruppe der Verbraucherprodukte werden in § 6 ProdSG allerdings zusätzliche, bereits im GPSG gültige Anforderungen aufgestellt. Für die Textil- und Bekleidungsindustrie zählt dazu insbesondere die Kennzeichnungspflicht. Schon das GPSG forderte die Adressangabe des Herstellers oder Einführers auf dem Produkt bzw. der Verpackung. Die bloße Angabe einer Internet- oder E-Mail-Adresse reichte dabei nicht aus. Das ProdSG schafft hier durch den Begriff der „Kontaktanschrift“ größere Klarheit. Außerdem sieht das ProdSG die Herstellerangabe am Produkt als Normalfall vor. Die Angabe auf

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der Verpackung soll nur in Frage kommen, wenn die Etikettierung des Produktes nicht möglich ist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet. Folglich ist grundsätzlich die Anbringung an der Ware selbst anzustreben. Das neue ProdSG vereinheitlicht und verschärft die Marktüberwachung durch genaue Vorgaben für die Zahl der Stichprobenkontrollen. Bisher gab es große Unterschiede zwischen den EU-Ländern. Nach § 26 ProdSG ist je Land von einem Richtwert von 0,5 Stichproben pro 1 000 Einwohner auszugehen. Für Deutschland bedeutet dies also eine jährliche Kontrollzahl von fast 41 000. Eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Gewerbeaufsichtsämtern und Zoll soll helfen, gefährliche Produkte möglichst frühzeitig aufzuspüren. Bei Verstößen gegen das ProdSG ist künftig mit einem Bußgeld von bis zu 10 000 Euro zu rechnen. Bisher waren es nur bis zu 3 000 Euro.

Tierisch kompliziert Expedition in den Kennzeichnungsdschungel Die korrekte Kennzeichnung von Textilwaren ist kein einfaches Geschäft. Entsprechend groß war der Andrang zum Seminar „Textilkennzeichnung aktuell“, zu dem Gesamtmasche und Südwesttextil am 19. Oktober eingeladen hatten. Selbst für alte Hasen ist der Dschungel von Rohstoffkennzeichnung, Pflegesymbolen, Herstellerangabe und „Made in“ immer schwerer zu durchschauen. Hinzu kommen die Änderungen durch die neue EU-Textilkennzeichnungsverordnung, die am 7. November in Kraft trat. Die Verordnung ersetzt die EU-Richtlinie und die nationalen Gesetze zur Rohstoffkennzeichnung. Die praktischen Änderungen sind in ihrer Zahl zwar begrenzt und betreffen die Grundsätze der bisherigen Kennzeichnung kaum. Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail: Während für bestimmte Waren wie Matratzen die Kennzeichnungspflicht gelockert oder – wie z. B. bei Miederwaren – klarer geregelt wurde, gab es an anderer Stelle Restriktionen. Beispielsweise entfallen die „85 %-Mindestgehalt-Regel“ und die Möglichkeit, sich bei den Prozentangaben auf die beiden wichtigsten Faserarten zu beschränken. Auch die Verwendung des Begriffs „Sonstige Fasern“ wird künftig strenger gehandhabt. Den Vogel abgeschossen hat jedoch die neue Auflage, den Hinweis „Enthält nicht-textile Teile tierischen Ursprungs“ ins Etikett aufzunehmen – gegebenenfalls, versteht sich. Was zunächst wie die Forderung eifriger Tierschützer klingt, Pelz- und Lederbestandteile besonders auszuweisen, entpuppt sich als bürokratischer Nonsens: Tierischen Ursprungs sind neben Pelz und Leder auch Horn, Federn und anderes mehr. Da keine Bagatellgrenze vorgesehen ist, gilt selbst für den Perlmutt-Zierknopf am Minislip die entsprechende Regel. Hersteller von Bettwaren mit Entendaunenfüllung müssen ihre Kunden künftig darauf hinweisen, dass Enten Tiere sind. Das alles scheint wenig sinnvoll.

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Wer ungewollten Etikettenschwindel vermeiden will, bekommt künftig also noch mehr zu tun als bisher. Ob in der Praxis wirklich Haare gespalten werden müssen, sei dahin gestellt. Klare Regeln wären allemal besser. Es bleibt zu hoffen, dass Vernunft einkehrt und die tierischen Blüten aus Brüssel schnell zurückgestutzt werden. Schließlich sollen die neuen Anforderungen bereits ab dem 8. Mai 2012 gelten. Ein Trost: Über den Ladentisch dürfen nach altem Recht gekennzeichnete Textilwaren noch drei Jahre gehen.

Anregungen und Kritik zur neuen TexKennzVO nimmt Gesamtmasche gerne entgegen! Die Materialien zum Seminar „Textilkennzeichnung aktuell“ können bei Gesamtmasche abgerufen werden (jungbauer@gesamtmasche.de). Der Gesamtverband textil+mode hat Ende Oktober einen Leitfaden bereitgestellt, der einen Überblick über Änder­ ungen gibt, die sich aus der neuen Textilkennzeichnungs­ verordnung ergeben. Er steht auf der GesamtmascheHomepage zum Download bereit.


Guter Rat kann teuer werden Die Grenzen der Preisempfehlung: Kartellrecht als Mittelstandsthema Nach dem Lebensmitteleinzelhandel könnte künftig auch der Textileinzelhandel in den Fokus des Bundeskartellamts rücken. Dabei geht es um die Grenzen der Abstimmung zwischen Herstellern und Händlern, besonders hinsichtlich des Verkaufspreises. Doch wann ist die Grenze zur unzulässigen Preisbindung überschritten und der Rat zu einem bestimmten Preis bereits als Bevormundung zu sehen? Wie kann ein Warenwirtschaftssystem ungewollt zur Abspracheplattform mutieren? Und was müssen Hersteller beim eigenen Internetvertrieb – oder dem ihrer Einzelhandelskunden – beachten? Diesen und weiteren Fragen ging Rechtsanwalt Dr. Fabian Badtke beim Workshop „Kartellrecht in der Textilwirtschaft“ nach, zu dem Gesamtmasche und

Südwesttextil am 13. Oktober nach Stuttgart einluden. Der bei der Kanzlei Noerr tätige Spezialist für Kartellrecht gab den Teilnehmern einen Überblick über kartellgeneigte Bereiche, die in der täglichen Praxis ständig vorkommen und oft verharmlost werden. Der rapide Anstieg kartellbehördlicher Ermittlungsverfahren, die Verhängung drastischer Bußgelder und die gewachsene Aufmerksamkeit in den Medien zeigen: Kartellrecht ist nicht nur etwas für Großunternehmen. Verstöße können im Mittelstand weitreichende Folgen haben. Nach inoffiziellen Verlautbarungen des Bundeskartellamtes beschäftigen sich die Kartellwächter derzeit intensiv mit der Textilwirtschaft. Vor allem geht es dabei um die Frage, wann eine verbotene Preisbindung oder noch eine zulässige Preisempfehlung vorliegt.

Carl Meiser erhält den Dr.-Rudolf-Eberle-Preis 2011 „Die Verleihung des Landesinnovationspreises beweist immer wieder aufs Neue welch engagierte und innovative Unternehmen wir im Lande haben“, erklärte baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid bei der diesjährigen Auszeichnung im November im Haus der Wirtschaft in Stuttgart. Der nach dem früheren Wirtschaftsminister Dr. Rudolf Eberle benannte Preis wurde im diesem Jahr bereits zum 27. Mal vergeben. Er würdigt herausragende technische Dienstleistungen, die mittelständische Unternehmen erfolgreich umgesetzt haben. Zu den fünf Preisträgern gehörte auch ein Mitgliedsunternehmen von Gesamtmasche, die Tailfinger Firma Carl Meiser GmbH & Co. KG. 10 000 Euro Preisgeld erhielt sie für die Entwicklung einer partiellen, lösemittelfreien Klebstoffbeschichtung, die auf verschiedensten textilen Trägermaterialien aufgebracht werden kann. Das Besondere an der patentierten, umweltfreundlichen Klebstoffvorbeschichtung, die unter der Bezeichnung „nopma adhesion light“ vertrieben wird, ist die Gewährleistung einer präzisen, definierten,

punktuellen Auftragsmenge des Klebstoffs über eine hohe Breite des textilen Trägerma‑ terials. Im Gegensatz zu anderen Systemen wird die Beschichtung nicht flächig aufgebracht sondern partiell. Der Klebstoffverbrauch wird dadurch stark reduziert und das textile Grundmaterial behält seine Geschmeidigkeit. Dies garantiert eine Haftung an kritischen Stellen und die maschinelle Kaschierung komplexer Teile, ohne Schädigung des Träger­ materials. Die Präzision des Klebstoffauftrags ist außerdem Voraussetzung für die exakte Verarbeitung von Sollbruchstellen, wie z. B. bei einer „unsichtbaren Airbag-Naht“. Zudem wird Ausschuss aufgrund sichtbarer Unebenheiten durch ungleichmäßigen Klebstoffauftrag verhindert. Mit neuen Ideen auf neuen Wegen hat Carl Meiser den Strukturwandel in der Textilbranche überwunden. Heute steht das Unternehmen auf den beiden Standbeinen Textilausrüstung und Technische Textilien und investiert jährlich bis zu 14 Prozent seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung.

Partner für Nachhaltigkeitsstudie gesucht Linda Müller-Spanka, Katharina Mayer und Anna-Lena Messmer, alle Studentinnen an der Hochschule Reutlingen, haben im vergangenen Sommersemester im Auftrag von Gesamtmasche eine Arbeit zu Nachhaltigkeitsstrategien in der Branche verfasst. Bei der Jahrestagung des DTB konnte das „Nachhaltigkeitsteam“ seine Ergebnisse vor 150 Gästen präsentieren. Für alle drei steht fest, dass auch ihre Masterarbeiten im Zeichen der Nachhaltigkeit stehen sollen. Gesucht werden Unternehmen der Maschenindustrie, die sich für eine firmenbezogene Studie interessieren. Die Präsentation „Nachhaltigkeit als Businesskonzept in der Textil- und Bekleidungsindustrie“ steht als Download im Mitgliederbereich von Gesamtmasche zur Verfügung. Silvia Jungbauer, Tel. +49 711 21050 - 13, jungbauer@gesamtmasche.de

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Wissenswertes Go Textile! Am 1. September haben die neuen Auszubildenden ihre Lehre in der Textil- und Bekleidungsindustrie begonnen. Und ganz nach dem Motto „Vor dem Spiel ist nach dem Spiel“ starten die Betriebe schon jetzt wieder die Suche nach geeigneten Bewerberinnen und Bewerber für das kommende Ausbildungsjahr 2012 / 13. Immer wichtiger wird für die Unternehmen dabei ihre eigene Präsenz und gute Präsentation im Internet sowie in sozialen Netzwerken wie z. B. Facebook. Mit Go Textile!, der internetbasierten bundesweiten Nachwuchskampagne der Branche, bietet Gesamtmasche seinen Mitgliedsunternehmen hierbei die größtmögliche Unterstützung. Dies beweist die stetig steigende Zahl der Besucher: Seit dem Start der Kampagne, am 15. September 2009, haben nun schon 85 385 Interessierte den Weg zu Go Textile! gefunden. Hervorzuheben sind hierbei vor allem die kontinuierlich wachsenden Suchmaschinenzugriffe über Google. Die Zahlen unterstreichen die erfolgreiche Vernetzung von Go Textile!. Gemessen wurden die Zahlen mit Google Analytics, einer Analysesoftware, die mit bekannten Funktionen wie Herkunft der Besucher, Verweildauer und Suchbegriffe in Suchmaschinen eine bessere Erfolgskontrolle ermöglicht. Google Analytics ist das mit Abstand meistverwendete und anerkannte Web-Analysewerkzeug. Die höchsten Zugriffszahlen erreichte die Seite bisher im November diesen Jahres: 4 805 Besucher informierten sich über die textilen Berufe und ihre Chancen. Noch vor den Sommerferien kletterten die Zahlen im Mai auf 4 673 Besucher – ein Zeichen für die Nachhaltigkeit der erfolgreichen Plattform.

www.go-textile.de Zum Einstieg ins soziale Netzwerk testete Go Textile! auf Facebook eine Werbeanzeige. Sie wurde für die Dauer von einem Monat für eine eng eingegrenzte Zielgruppe für Schüler im Alter von 15 bis 18 Jahren in Deutschland geschaltet. Das Ergebnis: Prüfung bestanden – laut Facebook erzielte die Anzeige über 11 Millionen Impressionen und insgesamt 2 353 Klicks! Und weil diese Aktion so erfolgreich war, legt die Nachwuchskampagne nach: Vom 1. Dezember bis zum 15. Januar 2012 wirbt Go Textile! auf Facebook verbunden mit einem Gewinnspiel unter www.go-textile.de für die textilen Ausbildungsberufe.

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Das Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft e. V.

ist seit 40 Jahren kompetenter Partner für Unternehmen und ihre Verbände, für Schulen und Hochschulen, für Politik und Verwaltung. Es wird getragen von Verbänden und Unternehmen der Wirtschaft und bietet Seminare, Beratung, Projekte, Programme und Dienstleistungen im Bereich Bildung und Qualifizierung in drei Bildungszentren und 51 Niederlassungen in ganz BadenWürttemberg an. Ein wichtiges Standbein des Bildungswerks ist das breite Angebot an offenen Seminaren. Auch in 2012 besteht das Seminarprogramm wieder aus bewährten Seminaren und einer ganzen Reihe neu entwickelter Veranstaltungsformen.

Dabei wird das Qualifizierungs- und Dienstleistungsangebot im Dialog mit den Unternehmen stetig weiterentwickelt und soll Antworten geben auf die vielfältige und aktuelle Fragestellung der betrieblichen Personalarbeit. Dazu zählen die zentralen Trends, Internationalisierung, Demografie und Fachkräftesicherung sowie z. B. Themen wie die Optimierung des Vertriebs oder der Produktionsabläufe. Sowohl zur individuellen Persönlichkeitsentwicklung als auch zum fachlichen Kompetenzaufbau hält das Bildungswerk hochwertige und praxiserprobte Weiterbildungsangebote bereit. Zugleich hat die Akademie ihre Kompetenzen und Angebote im Bereich Prozessbegleitung und Organisationsentwicklung weiter ausgebaut. Weitere Informationen unter

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www.biwe.de


Ausgabe 1/2010 Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.

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Ausgabe 3/2010 Gesamtverband der deutsche n Maschenindustrie e. V.

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Foto links oben: © Artenauta – Fotolia.com

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