Ausgabe 3/2013 Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.
Länderreport Südafrika Interview efix tricot Fasern Wool School 2013 Hilfreiche Dienstleister für die Masche Technischer Ausschuss
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Foto: © lev radin – Fotolia.com
Länderreport 08
Interview 12
Inhalt 04
Im Blickpunkt l TMD – munich fabric start
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Kurz berichtet
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Länderreport l Südafrika
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Textile Perspektiven 2025 l 2. Euratex Convention in Berlin
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Interview l Dr. Franz Xaver Bumiller und Ehefrau Sabine, efix trikot GmbH
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Netzwerke l Zukunftsmarkt im Reich der Mitte
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Netzwerke l Gesamtmasche und Designer-Verband kooperieren
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Fasern l Wool School 2013 – Free Felt
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Geschäftsklimaindex l Maschenindustrie geht gut gerüstet in den Winter
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Außenwirtschaft
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Hilfreiche Dienstleister für die Masche l Technischer Ausschuss zu Gast in Denkendorf
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Wissenswertes
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Impressum © Alle Rechte vorbehalten. Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers. Der Bezug der masche ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Herausgeber Gesamtmasche – Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V. Präsidentin: Martina Bandte Hauptgeschäftsführer: Dr. Markus H. Ostrop Redaktion: Simone Diebold Gestaltung: www.die-wegmeister.com Druck: Gress-Druck GmbH, Fellbach Auflage: 800 Ausgabe 03/2013 Heftnummer 11 Fotos: Soweit ohne Vermerk von Gesamtmasche Titel: Inkjet bedruckter T-Shirtstoff von efix trikot Kontakt Kernerstraße 59, 70182 Stuttgart Telefon +49 711 21050 - 0 Telefax +49 711 233718 E-Mail info@gesamtmasche.de
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Editorial Die Wäsche sucht sich ihren Weg – welch schöne Abwandlung der bekannten Binsenweisheit aus der Feuerwehrsprache. Dort weiß man vom Wasser, dass es auf wundersame Weise immer weiterkommt. Gälte gleiches für die Wäsche, wäre der Vertrieb in den Betrieben wohl seine größte Sorge los. Ob Kaufhaus oder Fachgeschäft, ob Outlet oder Onlinestore – in welchen Absatzkanal wann und wie viel Ware eingespeist werden muss, würde sich gleichsam von allein erschließen. Angetrieben nur von einer natürlich anhaltenden Nachfrage. Doch leider scheint das einzig Anhaltende die Sorge um den Handel selbst zu sein. Nach dem Ende vieler Wäschefach geschäfte wackelt nun erneut die Kaufhauskette, über die die Branche trotz wechselvoller Sympathiewerte bis heute nennenswerte Umsätze erzielt. Das operative Geschäft läuft bis jetzt offenbar zwar reibungslos. Aber fehlende strategische Entscheidungen und mangelnde Kommunikation führen zur Verunsicherung bei Lieferanten und Kunden.
Hinzu kommen unspezifische Meldungen über Gesellschafterwechsel, an denen das einzig funkelnde das Diamanten geschäft eines der neuen Investoren ist. Über Gründe dieser Neverending Story mag man gar nicht spekulieren. Denn es bleibt der vage Verdacht, dass es durchaus besser ginge, wenn man nur die richtigen Leute laufen ließe. Dass Warenhäuser wirtschaftlich geführt werden können, ist ja auch in Zeiten von Online-Handel und Discountgeschäft noch nicht endgültig widerlegt. Deshalb geben wir die Hoffnung nicht auf. Denn sicher ist – die guten Produkte unserer Maschenunternehmen finden ihre Käufer, über welchen Kanal auch immer. In diesem Sinne: Wäsche marsch! Ein anregendes Lesevergnügen wünscht Ihnen Ihr
Markus H. Ostrop
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Für sein Logo wurde der Textil- und Mode dialog (TMD) im März bei den „Brand New Awards 2012“ mit einem Award in der Kategorie „Logo (Professional)“ aus gezeichnet.
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Der Textil- und Modedialog lädt ein Zum dritten Mal veranstalteten die Partnerverbände Verband der Bayerischen Textilund Bekleidungsindustrie, Dialog Textil-Bekleidung, Südwesttextil und Gesamt masche Anfang September den gemeinsamen „Textil- und Modedialog“ anlässlich der Munich Fabric Start. Mehr als 150 Gäste genossen nach einem turbulenten Messetag die entspannte Atmosphäre des Fabric Club im M,O,C, München bei guten Gesprächen und einem abwechslungsreichen Programm. Im Mittelpunkt stand eine Podiumsdiskussion zum Thema Beschaffung, moderiert von der textile network Chefredakteurin Iris Schlomski und Sofie Mündel vom VTB. Die Runde − Monika Scheller von Willy Bogner, Siegbert Fiebrig von Bäumler, Carsten Holm von Zalando und Leonhard Kiel von der Spedition Barth & Co. − diskutierte über aktuelle Entwicklungen und mögliche Zukunftsszenarien. Alle waren sich einig, dass eine sorgfältige Auswahl des passenden Betriebes und der Umgang mit den kulturellen Bedingungen vor Ort ausschlaggebende Kriterien für einen reibungslosen Geschäftsablauf seien. Unerlässlich für die Zukunft sei die Transparenz in der Lieferkette, die auch von den Kunden immer mehr gefordert würde. Bei der anschließenden Modenschau der Deutschen Meisterschule für Mode, Designschule München, präsentierte der kreative Nachwuchs seine vom Designer-Duo Talbot Runhof inspirierte Abschlusskollektion unter dem Motto „Von Paris bis Tennessee“. Unterschiedliche Stoffe und moderne Drucke fügten sich zu wahren Kunstwerken.
www.textil-mode-dialog.de
Iris Schlomski und Sophie Mündel moderierten die Diskussionsrunde mit Carsten Holm, Monika Scheller, Leonhard Kiel und Siegbert Fiebrig. Schulleiterin der Deutschen Meisterschule für Mode, Irene Schoppmeier und Künstlerischer Leiter Roland Müller-Neumeister erläuterten den begeisterten Zuschauern die Feinheiten der kreativen Modelle (v. l. n. r.).
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Kurz berichtet Fakultät Textil & Design beruft zwei Technologie-Experten
Künstlersozialabgabe
Zum laufenden Wintersemester holt sich Reutlingen zwei Experten ins Boot: Prof. Dr. Volker Jehle und Prof. Dr. Klaus Meier. Dr. Klaus Meier kann auf eine jahrelange Forschungserfahrung zurückblicken. Knapp 18 Patentanmeldungen tragen seinen Namen. Zuletzt war er als Forschungsleiter bei dem Textil unternehmen Kunert tätig. Die Wahl zum Studiendekan Textiltechnologie/Textil management bestätigt seinen erfolgreichen Start an der Hochschule. Zu seinem Lehrgebiet zählt Advanced Textile Materials. Dr. Volker Jehle hat die Nachfolge von Prof. Dr. Anton Schenek angetreten. Schenek war im Bereich der Garntechnologie 24 Jahre für die Textilingenieur-Ausbildung zuständig und hat sich dieses Jahr in den Ruhestand verabschiedet. Jehle verantwortete zuvor bei der Textil maschinenfabrik Rieter die Forschung und Entwicklung. Schwerpunkte in der Lehre sind Textile Faserstoffe, Technologie der Garnerzeugung, Faserverarbeitung und Vliesstofftechnologie, Textile Rohstoffprüfung, Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Garnerzeugung.
Die Künstlersozialabgabe-Verordnung 2014 ist in Kraft getreten. Der Abgabesatz beträgt 5,2 Prozent. Seit 2012 besteht die Möglichkeit, der Ausgleichsvereinigung der Textil- und Bekleidungsindustrie beizutreten, die die Künstlersozialabgabe für die Firmen pauschal entrichtet. Dadurch entfallen komplizierte Meldeund Aufzeichnungspflichten sowie die Überprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung. Dies schafft Rechts- und Kalkulationssicherheit. ähere Informationen dazu beim N Gesamtverband textil+mode Ansprechpartnerin Susanne Wicht (swicht@textil-mode.de).
Wachwechsel in Berlin Zum ersten Mal führt eine Frau den Gesamtverband textil+mode: Auf der Mitgliederversammlung am 26. November in Berlin wurde Ingeborg Neumann einstimmig zur Präsidentin der Spitzenorganisation der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie gewählt. Sie tritt damit die Nachfolge von Peter Schwartze an, der das Amt mit Unterbrechung seit 2005 innehatte und sich jetzt aus Altersgründen von der Verbandsspitze zurückziehen möchte. Ingeborg Neumann ist geschäftsführende Gesellschafterin der Peppermint Holding GmbH, eine mittelständische Industriegruppe mit Sitz in Berlin, zu der mehrere Textilunternehmen aus dem Bereich Mode, Heimtextilien und Technische Textilien gehören. Dem Präsidium von t+m gehört sie seit 2006 an und ist seit 2008 Vizepräsidentin.
Darüber hinaus ist Ingeborg Neumann Vizepräsidentin und Schatzmeisterin beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Mitglied des Vorstands des Mittelstandsausschusses. Zeitgleich mit der neuen Präsidentin nimmt auch Dr. Uwe Mazura als Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes seine Tätigkeit auf. Der 53-Jährige wird Nachfolger von Dr. Wolf-Rüdiger Baumann, der nach mehr als 20 Jahren im Dienste des Verbandes in den Ruhestand geht. Uwe Mazura ist in Politik und Verbandslandschaft bestens vernetzt: Vor seinem Wechsel zu t+m war er fast drei Jahre Leiter der Hauptstadtrepräsentanz der Randstad Deutschland GmbH. Von 1997 bis 2011 leitete er die Kommunikation der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und war Sprecher von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Zusätzlich führte er von 2002 bis 2011 die Geschäfte der Kommunikations agentur GDA. Der promovierte Historiker sieht seine Hauptaufgabe t+m in einer weiteren Professionalisierung der Verbandsarbeit. „Verbände sind für mich politischer Ratgeber und Serviceleister für die Mitglieder“, umreißt Mazura seine Aufgabenstellung.
Gatex bekommt Verstärkung
Seminarprogramm
2014
Neues Seminarprogramm zum Download unter www.die-gatex.de
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Ab 1. November wird Henrik Piwatz aus Laufenburg das Team der Ausbilder in der Gatex verstärken. Der 46-Jährige ist gelernter Textil mechaniker Weberei und war zuletzt als Industrie meister Textil Leiter des Weberei-Vorwerks bei der Brennet. In dieser Tätigkeit war er auch mehrere Jahre maßgeblich für die Ausbildung verantwortlich. Darüber hinaus ist er seit 13 Jahren Mitglied des Prüfungsausschusses der IHK. Piwatz wird die Tätigkeit von Joseph Müller übernehmen, der mit dem Jahresende in den Ruhestand geht.
KnittingART in der Semmelstraße Der Künstler und Galerist Gerd Michel und seine Frau Mara, Designerin und Geschäftsführerin des VDMD, Verband Deutscher Mode- und Textildesigner, haben zusammen mit und in der Semmelstraße in Würzburg und dem VDMD von März bis Oktober dieses Jahres das Sozio-Kulturelle Projekt KnittingART durchgeführt. Seit Mai haben Damen der acht Einrichtungen Bayernstift, Seniorenwohnzentrum Ludwigshof, Alten- und Pflegeheim Hans-Sponsel-Haus, Stiftung Juliusspital Würzburg Seniorenstift, Seniorenstift Frauenland, Seniorenheim Hueberspflege, Seniorenheim St. Maria, Seniorenheim Ehehaltenhaus und Seniorenheim
St. Nikolaus für das Projekt gestrickt. Ziel war zum einen, die Semmelstraße bunter und liebenswerter zu gestalten. Dafür sollten alle Masten der Verkehrsschilder in der Straße und alle Pfosten, sowie Bäume „eingestrickt“, „angezogen“ und „ummantelt“ werden. Zum anderen sollten die Strickerinnen eine besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhalten, um ihnen zu zeigen, dass sie trotz ihres betagten Alters wichtig für die Gesellschaft sind. Das Ergebnis: vier Bäume und über 60 kahle Pfosten sehen jetzt bunt und fröhlich aus. Zur Erinnerung hat jede Einrichtung eine kollagierte Zusammenfassung in Form einer 1 m x 75 cm großen Leinwandbild erhalten, die im Rahmen einer Feier in den Galerieräumen des Kunsthauses Gerd Michel überreicht wurden. Das Projekt geht weiter − generationsübergreifend. Zur KnittingArtParty hat sich die Katholische Hochschulgemeinde KHG Würzburg gemeldet, die zusammen mit den versierten Strickerinnen aus dem Wahrzeichen der Semmelstraße, dem Bäckerbrunnen, einen Wunschbrunnen „stricken und sticken“ werden.
Die Masche gratuliert Dr. Ulrich Zwissler, Vorstandsvorsitzender der Dr. Zwissler Holding AG und Geschäftsführer mehrerer Unternehmen, unter anderem der Gertex Textil GmbH und der Zoeppritex Verbundstoffe GmbH & Co. KG, feierte am 5. Dezember seinen 75. Geburtstag. Nach Studium und Promotion übernahm er im Jahr 1965 die 1872 gegründete Mechanische Weberei Gerstetten OHG und formte über die Jahre eine erfolgreiche Firmengruppe aus der väterlichen Weberei. Seit fast 50 Jahren steht er an der Spitze der Holding, zu der heute 14 Unternehmen mit rund 550 Mitarbeitern weltweit gehören. Dr. Zwissler engagiert sich im Vorstand der Stiftung „Preis der Gerstetter Wirtschaft“ und ist seit 1997 Mitglied im Präsidium von Gesamtmasche und seit 2000 Vizepräsident. Darüber hinaus war er viele Jahre Mitglied in der IHK-Vollversammlung sowie im Aufsichtsrat der Heidenheimer Volksbank. Im Februar 2013 erhielt er die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg.
Pioniergeist in der Unterhose
Stellengesuch Textilchemiker Dipl.-Ing. mit lang jähriger Erfahrung in R&D, Produktentwicklung und Business Development, sucht neue Herausforderung. Sehr international ausgerichtet durch mehrjährige Beschäftigung in Brasilien und Australien mit profunden Kenntnissen in Beschichtung und Laminierung von funktionellen und technischen Textilien. Durch Führungsrollen in verschiedenen Ländern ausgeprägte Kommunikationsund Führungsqualitäten, mit sehr guten Sprachkenntnissen in Englisch und Portugiesisch. Vita und Unterlagen können bei Interesse unverbindlich bei Gesamtmasche angefordert werden (schneider@gesamtmasche.de).
20 Years Fascination bruno banani: Am 1. November feierte die Kultmarke ihr Jubiläum und Wolfgang Jassner, Mister bruno banani, begrüßte dazu mit Sohn Jan Jassner und dem dritten Geschäftsführer José Borge, der an diesem Tag das Amt übernahm, rund 400 geladene Gäste sowie Prominenz aus Politik und Textilwirtschaft im Eisenbahnmuseum in Chemnitz. Was vor 20 Jahren im Osten Deutschlands mit der Vision von Designer-Underwear begann, ist heute dank Mitarbeitern und Partnern eine international bekannte Marke mit vielfältigen Lizenzprodukten und einem Gesamt-Marken umsatz von fast 100 Millionen Euro pro Jahr. Passend zu dieser Erfolgsgeschichte war das pralle Programm der Big Party: Musik von der israelischen Gesangsgruppe The Voca People, ein schräger Mix aus A-cappella, Comedy, Beatboxen und Choreographie, einem Jubiläums-Film mit Highlights aus den letzten 20 Jahren, Modenschau und Live-Interview aus dem Trainingslager via Videokonferenz mit Bruno Banani, dem tongalesischen Rennrodler, powered by bruno banani. Er startet 2014 in Sotschi bei den Olympischen Winterspielen. Um Mitternacht folgte dann das große Finale. Zu einer professionellen Indoor-Lasershow zeigten Models bei fetziger Musik die Jubiläumskollektion von bruno banani. Wolfgang Jassner kommentierte diesen krönenden Abschluss: „Mit so viel Power, Dynamik und Jugendlichkeit machen wir weiter und geben alles, damit bruno banani auch in 20 Jahren noch ein Stern im Lifestylemarkt ist.“
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Südafrika Tor zum schwarzen Kontinent ////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Südafrika zählt zu den bedeutenden Schwellenländermärkten und gilt als Plattform für den Handel mit anderen afrikanischen Ländern, aber auch mit Pazifikanrainern. Traditionelle Kontakte reichen bis Indien und den arabischen Raum. Der südafrikanische Textil- und Bekleidungsmarkt ist in den vergangenen Jahren zur bedeutenden Größe im inter nationalen Geschäft herangereift. Seit jeher Abnehmer textiler Vormaterialien und technischer Textilien aus Deutschland, kommt seit geraumer Zeit auch der Mode-Retail ins Rollen: Um beachtliche 53 Prozent ist er in den vergangenen fünf Jahren gewachsen. Bis 2017 soll der südafrikanische Markt für Bekleidung um weitere 40 Prozent zulegen und damit deutlich schneller wachsen als der Rest der Wirtschaft. Aktuell hat das Land allerdings eine deutliche Wachstumsdelle hinter sich. Zwar steckt sich die Regierung ambitionierte Ziele, etwa die Schaffung von 5 Millionen neuen Jobs bis 2020.
Mit voraussichtlichen Wachstumsraten von 3 bis 4 Prozent in den kommenden Jahren dürfte sich maximal die Hälfte dieses Ziels realisieren lassen. Mängel bei der öffentlichen Sicherheit und der Energieversorgung sowie die Knappheit gut ausgebildeter Fachkräfte wirken sich dämpfend auf den Zufluss von Direktinvestitionen aus. Das wirtschaftliche Umfeld bleibt in den kommenden Jahren also eine große Herausforderung für jeden, der sich im Markt engagieren will. In den wachstumsschwachen Jahren haben sich eben jene Einzelhändler profiliert, die den Großteil ihrer Verkäufe ohne Rabatt- oder Kreditaktionen abwickeln. Ihre Kundschaft rekrutiert sich aus der mittleren und oberen Einkommensschicht. Die Besserverdiener haben die wirtschaftlich schwachen Jahre schneller überwunden und konsumieren wieder spürbar mehr. Trotz der offiziellen Bemühungen, Einkommensungleichheiten auszugleichen, dürfte sich das obere Marktsegment am stärksten entwickeln. Im Premiumsegment waren auch in den wachstumsschwachen Jahren Preisaufschläge möglich. Premium- und Luxusmarken werden in Bevölkerungsteilen mit hohen Einkommen immer stärker nachgefragt. Dabei muss es unbedingt hochmodisch zugehen.
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Die südafrikanische Einzelhandelsstruktur ist diversifiziert, wobei die Großformen des Einzelhandels immer breiteren Raum einnehmen. Immerhin 13,4 Prozent des Umsatzes im Mode-Retail gehen bereits auf das Konto des Lebensmitteleinzelhandels. Kaufhäuser und andere Anbieter mit Mischsortimenten stehen für 17 Prozent des Marktes. Fachhändler und Filialisten haben aktuell gut 53 Prozent Marktanteil, mit abnehmender Tendenz. Der Online-Kauf von Mode ist in Südafrika bislang noch eine Nische, denn nur 11 Prozent der Haushalte haben Internetanschluss. Diese niedrige Quote korrespondiert mit dem hohen Bevölkerungsanteil von Menschen ohne Bankkonto: Er lag 2012 bei 40 Prozent. Allerdings wächst die Zahl der Internetnutzer rasant. Waren es 2007 nur 8 Prozent, so surft heute bereits ein Viertel der Südafrikaner im Netz. Entsprechend nimmt der Online-Mode-Retail jedes Jahr um ca. 20 Prozent zu. Vermutlich werden Smartphones die Verkäufe über das Web kräftig ankurbeln.
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Simbabwe
Mosambik
Botswana Pretoria
Namibia
Johannisburg Swaziland
// Südafrika
Bloemfontein
Bevölkerung: 51,8 Millionen (2013*) BIP: 384,3 Mrd. US-Dollar (2012*) BIP pro Kopf (PPP): 11 600 US-Dollar (2012*) BIP-Wachstum: 3,5 Prozent (2011), 2,5 (2012), 2,8 (2013*), 3,3 (2014*) Textil-/Bekleidungsausfuhr: 353 Mio. US-Dollar (2012) Textil-/Bekleidungseinfuhr: 2,93 Mrd. US-Dollar (2012) Korrespondenzsprache: Englisch, Afrikaans (neun weitere Amtssprachen)
Lesotho
Kapstadt
Port Elisabeth
Wirtschaft: Bergbau, Automobil, Metallbau, Maschinenbau, Textil Quellen: CIA World Factbook, gtai, IMF, WTO
* Schätzungen
Bereits im Jahr 2000 kam im Handel zwischen der EU und Südafrika ein Freihandelsabkommen zur Anwendung. Die deutschen Textilausfuhren haben sich seither mehr als verdoppelt, die Bekleidungsausfuhren – ausgehend von einem erheblich niedrigeren Niveau – beinahe vervierfacht. Trotz Freihandelsvereinbarung stoßen EU-Exporte nach Südafrika aber nach wie vor auf hohe Zollbarrieren: 10 Prozent Zoll auf Stoffe und 20 Prozent auf textile Fertigwaren sind Usus. Hat die Ware keinen EU-Ursprung, steigt der Abgabensatz allerdings schnell auf das Doppelte. Trotz wirtschaftspolitischer Zwänge sagen Experten für den südafrikanischen Modemarkt Wachstumsraten von bis zu 9 Prozent pro Jahr voraus. Im Jahr 2017 soll der Umsatz im Mode-Retail über 15 Mrd. Euro betragen. Den stärksten Wachstumsschub erfährt dabei der Bereich Body- und Beachwear. Das Segment Damenwäsche soll sich durchweg mit zweistelligen jährlichen Wachstumsraten am dynamischsten entwickeln. Über den vielversprechenden Inlandsmarkt hinaus hat sich Südafrika einen internationalen Ruf als Handelsplattform erworben. Wer den afrikanischen Kontinent südlich der Sahara ins Auge fasst, kann womöglich von der Retail-Er fahrung der Südafrikaner in anderen afrikanischen Staaten profitieren. Inzwischen wecken auch wachstumsstarke
Deutscher Textil- und Bekleidungsexport nach Südafrika (in Mio. €)
Textil
80
Bekleidung
70 60 50 40 30 20 10 0 2000
2005
2010
2015
Quelle: Destatis, Gesamtmasche-Schätzung
MENA-Region mit starkem ModeRetail – Südafrika liegt an der Spitze Der Textileinzelhandel in der Region Nahost und Afrika hat sich auch in der Finanzkrise stabil entwickelt. Der größte Markt ist mit einem Retail-Umsatz von 18,5 Mrd. US-Dollar Südafrika, bei einer Wachstumsrate von 11,2 Prozent im vergangenen Jahr. Die südafrikanischen Pro-Kopf-Ausgaben für Bekleidung betrugen dabei 362 US-Dollar – zehnmal mehr als z. B. in Ägypten. Gleichzeitig gilt das Land als Tor zu weiteren afrikanischen Ländern.
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H&M eröffnet Store in Südafrika Es sei ein Vertrag für die Eröffnung eines Stores in Südafrika unterzeichnet worden, heißt es in einer Mitteilung des Stockholmer Unternehmens H&M. Die Eröffnung eines vollständigen Concept-Stores sei frühestens für 2015 geplant. Der Vertrag betrifft einen Store in Johannesburg. Es sei aber nicht sicher, dass dies die erste Adresse in Südafrika werde, da noch weitere Locations in Johannesburg und Kapstadt gesucht werden, erklärt eine Unternehemens sprecherin. „Wir sehen großes Potenzial für eine weitere Expansion in dieser Region und freuen uns, Mode und Qualität zum besten Preis zu den Kunden in Afrika bringen zu können“, erklärt CEO Karl-Johan Persson.
Zu Hause gesprochene Sprachen (in %)
Nationen wie Nigeria, Uganda oder Ghana das Exportinteresse deutscher und europäischer Hersteller. In den afrikanischen Metropolen wächst das Modebewusstsein. Internationaler Flair ist in, aber auch heimische Modemacher finden ein immer breiteres Publikum. Hugo Boss, Ermenegildo Zegna, Mango und Diesel haben bereits Shops in Lagos eröffnet. Gleichzeitig drängen südafrikanische Ketten im preisgünstigeren Segment in den Markt. Bei einer Bevölkerung von 173 Millionen und einer unterentwickelten – stationären – Retaillandschaft ist das Potenzial in Nigeria riesig. Mit wachsendem Vertrauen in elektronische Zahlungssysteme neigt die nigerianische Mittelschicht, genauso wie kaufkräftige Konsumenten in anderen afrikanischen Ländern, zunehmend zum Online-Kauf.
Boomende Bodywear-Umsätze (in Mrd. €)
IsiZulu IsiXhosa
18%
Afrikaans
24%
SePedi
Body + Beach KIKO HAKA DOB
14 12
Se Tswana Englisch SeSotho 13%
2% 2%
SiSwati TsiVenda IsiNdebele
8% 9% 8% 8%
8%
8 6 4 2 0 2013
Quelle: www.kapstadt-tour.de
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2014
2015
2016
2017
Quelle: © Euromonitor International
2025
Textile Perspektiven 2. Euratex Convention in Berlin
//////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Am 4. und 5. November traf sich die internationale Textilund Modeindustrie zur 2. Euratex Convention in Berlin. Der europäische Dachverband Euratex hatte gemeinsam mit dem Gesamtverband textil+mode zu der internationalen Netzwerkveranstaltung in den Räumen der Deutschen Bank Unter den Linden eingeladen. Unter dem Motto „A new industry paradigm driven by innovation“ diskutierte die Branche neue Markt- und Vertriebsstrukturen, Chancen, Herausforderungen und Handlungsempfehlungen. Referenten und Gäste aus Asien, Europa und Amerika bereicherten die Diskussion aus der Perspektive ihrer Länder und deren Zukunftsprognosen für die Branche. Die weltwirtschaft lichen Zentren verschieben sich – so war der Ausblick zur Entwicklung bedeutender Textilnationen ein Muss der Konferenz. Aufgeräumt wurde unter anderem mit der Mär vom rückläufigen Textilexporttrend Chinas oder auch Südkoreas. Keynote-Speaker Dr. Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des BDI, betonte die Notwendigkeit einer starken industriellen Basis in Europa: „Nur so werden wir uns im interna tionalen Standortwettbewerb auf Dauer behaupten können. Die europäische Industrie und ihre Wettbewerbsfähigkeit müssen in den Mittelpunkt der EU-Politik rücken.“ Emp fehlungen zu entsprechenden Maßnahmen gibt die neue DB Research Studie „Europe’s reindustrialization: The gulf
between aspiration and reality“, die bei der Convention präsentiert wurde. In den folgenden Vorträgen zu den Schwerpunktthemen Mode, Heimtextilien und Technischen Textilien wurde deutlich, wie stark die Branche in Deutschland von Innovationskraft, technischen Anwendungen und starken Marken abhängt. Zu den Sprechern aus Deutschland zählten unter anderem Franz Peter Falke, William Franke von Aunde, Messe Frankfurt-Geschäftsführer Detlef Braun sowie Thomas Strobel, Zukunftsforscher und Geschäfts führer bei Fenwis, der auch die gesamte Veranstaltung moderierte. Unterhaltsam wie lehrreich präsentierte Nils Müller von Trendone die Mulitchannel-Welt des Jahres 2025. „Der Kunde will keinen Kanal. Er will ein Erlebnis“, unterstrich der Zukunftsforscher und präsentierte die schöne neue Einkaufswelt mit vielfältigen Möglichkeiten für Kunden und Händler, den Kauf zu beeinflussen. Als Plattform für Experten aus internationalen Unternehmen, Verbänden, Forschungsinstituten und Banken bot die Euratex Convention einen hochkarätigen Erfahrungsaustausch zu langfristigen Perspektiven der Textil- und Mode industrie. Die erste Euratex Convention fand im November 2012 in Istanbul statt. (v. l. n. r.) Alberto Paccanelli, Euratex-Präsident, Li Lingshen, China Nonwovens and Industrial Textiles Association (CNIT), Xiao Ling, China Chamber of Commerce for Import & Export of Textile & Apparel, China (CCCT), Dr. Markus Kerber, BDI-Hauptgeschäftsführer, Prof. Chang Whan Joo, Chungnam National University, Korea, Detlev Braun, Geschäfts führer Messe Frankfurt, Franz Peter Falke, Falke KGaA, Nils Müller, Geschäftsführer TrendONE GmbH Fotos: t+m
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Interview
Die Ursprünge der efix tricot GmbH in Hechingen gehen zurück auf die 1907 in Jungingen gegründete Wäsche produktion von Franz Xaver Bumiller. Heute steht das Unternehmen mit den Marken efixelle und Zaída für hochwertige und trendige Shirt-Mode. Der Enkel des Gründers, Dr. Franz Xaver Bumiller, leitet seit 25 Jahren die Geschäfte, seine Frau verantwortet das Design. Das Unternehmen hat heute seinen Sitz in Hechingen, liefert pro Jahr über eine halbe Million Teile aus und beschäftigt 70 Mitarbeiter. Der Produktionsprozess erfolgt überwiegend in Deutschland. Eine Vielzahl der „Shirts“ sind vom Garn bis zum Endfinish „Made in Germany“.
////////////////////////////////////////////////////////////// masche im Gespräch mit Dr. Franz Xaver Bumiller und Ehefrau Sabine Welche Unternehmensgeschichte hat efix tricot? F.X. Bumiller: Mein Großvater hat 1907 mit der Produktion von Unterwäsche auf französischen Rundstühlen begonnen. Die Abnehmergruppen waren lokale Händler und der Haus ierhandel. Früh wurde der klassische Einzelhandel beliefert und bereits vor dem ersten Weltkrieg zählte die Firma Breuninger Stuttgart zu einem der bedeutendsten Abnehmer. Im 2. Weltkrieg wurde aufgrund der politischen Gesinnung meines Großvaters die Produktion vollständig eingestellt. 1945 wurde die Produktion dann wieder aufgenommen und mein Vater belieferte bis in die 70er Jahre vor allem den damals aufstrebenden Versandhandel. Bis 1980 haben wir in der Ortsmitte von Jungingen (Killertal) produziert. Später wurde das Unternehmen aufgrund des Arbeitskräftemangels, bedingt durch die lokal dominante Feinmechanik-Industrie, nach Hechingen verlagert. Wie kamen Sie von der Wäsche zu den Shirts? F.X. Bumiller: Mit Beginn der Internationalisierung der Beschaffung, nahm Mitte der 60er Jahre speziell im Versandhandel der Preisdruck enorm zu. Da ist mein Vater 12 masche
auf die Produktion von hochwertigen Herrenpolos ausgewichen. Mitte der 70er haben wir uns dann um die Damen gekümmert, denn durch die Hippie-Bewegung wurde das T-Shirt zum modischen Bekleidungsstück. Da entstand von heute auf morgen ein komplett neues, vielversprechendes Marktsegment. Ende der 80er etablierte sich das hochwertige Damenshirt innerhalb der klassischen DOB und wir begannen mit der Auftragsproduktion für die Kombi-Kollektionen von Ara, Delmod, Jobis, Marcona und Basler. Diese Kooperationen waren sehr erfolgreich – wir haben unser Wirkerei-Knowhow eingebracht, und die Marken haben uns ihre Vertriebskanäle zur Verfügung gestellt. Wir waren an den besten POS angekommen, und die Endkundin profitierte vom Mehrwert eines auf die Kollektion abgestimmten, hochwertigen Produkts. Und Ihre eigenen Marken − wie sind die entstanden? F.X. Bumiller: Neben der Auftragsproduktion haben wir schon Mitte der 80er Jahre begonnen, unser Damen-Shirt unter dem Markennamen efix tricot zu etablieren. In Stück-
zahlen gemessen blieb die Auftragsarbeit jedoch bis weit in diese Zeit unser Schwerpunkt. Dann haben wir dieses Segment immer weiter zurückgefahren, denn der Musterungsaufwand war hoch und die Marken honorierten oft nicht, wie viel Knowhow und Designleistung wir in das Produkt einbrachten. Teils gab es unfaire Preisvergleiche. Letztlich haben wir uns von diesem Geschäft verabschiedet. Seit dem Jahr 2000 konnten wir unsere Marke efixelle im gehobenen Facheinzelhandel platzieren. Unsere „DNA“ wurde von unserer Kundin und den Händlern recht schnell erkannt. Als einer der ersten im Shirtbereich haben wir mit dem Systemgeschäft begonnen und umfangreiche NOS-Programme angeboten. Welche Zielgruppe spricht efixelle an und was macht die Kollektion aus? Sabine Bumiller: Unsere efixelle-Kundin ist die junggeblie bene Frau zwischen 50 und 60, die sich modisch schick kleidet und besonderen Wert auf perfekte Passform und höchste Qualität legt. F.X. Bumiller: Im Markenumfeld der klassischen DOB haben wir unser Handwerk gelernt. Doch dieses Segment schrumpft. Unser Vorteil ist, dass wir vom Garn bis zum Endprodukt alles in eigener Regie fertigen. Dadurch können wir ein einzigartiges, unverwechselbares Produkt mit eigener Handschrift bieten. Mit efixelle kann der Handel deutlich höhere VK Preise erzielen und sich von der austauschbaren Massenware unserer einschlägigen Mitbewerber deutlich abheben. Dazu kommen Besonderheiten wie unsere eigenentwickelten Swarovski-Applikationen und unsere InkjetMotivdrucke. Sabine Bumiller: Diese qualitative Produktkompetenz findet man praktisch nicht mehr am Markt − das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Wenn die Kundin einmal unser T-Shirt gekauft und gewaschen hat, bleibt sie uns treu. Sie setzen auf Farbenvielfalt und einzigartige Dessins. Sabine Bumiller: Für unser Produkt ist es wichtig, dass es sich in die Farbwelten der DOB-Kollektionen integriert. Unserer Kundin möchten wir mit unseren Dessins eine gewisse Exklusivität bieten und verwenden deshalb keine Allover-
Drucke aus vorgegebenen Kollektionen, sondern entwickeln selbst. Auch unsere Swarovski-Applikationen und unsere Motiv-Inkjetdrucke werden ausschließlich in unserem Design-Atelier entwickelt. Wie positionieren Sie Ihre noch relativ neue Marke Zaida? Sabine Bumiller: Die Zaida-Kollektion ist sehr viel jünger und modischer. In der Schnittführung setzen wir auf eine engere Silhouette und bringen neue Materialien zum Einsatz. Sehr erfolgreich sind wir mit 100 Prozent Leinen, BaumwollFlamme und innovativen Mischungen. Wir setzen auf bewegte Oberflächen, Batik-Optiken und glauben stark an das neue Trend-Thema Sweatshirt. Kürzlich haben wir für unsere Zaída-Kollektion die Disney-Lizenz erworben. Dadurch konnten wir unser potenzielles Marktsegment deutlich verjüngen, was hervorragend zu unserer ZaídaPhilosophie passt. Tangiert Sie der Warendruck im Handel? F.X. Bumiller: Seit ein paar Jahren neigt der Handel dazu, Flächen aufzuteilen, Kompetenzen aufzugeben und auf Systemanbieter oder Lifestyle-Produzenten umzustellen, die diese Flächen zielgruppenorientiert bespielen sollen. Möglichst mit EDI, möglichst ohne Einkauf. Anfangs hat das auch super funktioniert. Weil, und da hat Gerhard Weber sicher recht, es die Industrie in vielen Punkten besser konnte als der Handel. Allerdings sind alle Einzelhändler diesen Weg gegangen und in der Folge sahen die Flächen alle gleich aus. Die Individualität ging verloren und die Einzelhändler konnten sich durch ihr Angebot nicht mehr voneinander abgrenzen. Die Entwicklung ging so weit, dass unsere Endverbraucherin nicht mehr wusste, bin ich nun beim Händler A, B oder C oder sogar in einem Warenhaus. Deshalb kommen heute viele Einzelhändler wieder auf die Produktspezialisten zurück. Das hat auch mit dem veränderten Einkaufsverhalten der DOB-Kundin zu tun. Die Kundin unterwirft sich keinem Diktat mehr, sie kauft Einzelteile nach Lust und Laune – die beste Hose, die beste Jacke, das beste Shirt und kombiniert frei. Mit diesem Wandel haben die Flächen, auf denen Komplett-Outfits gezeigt werden, an Bedeutung verloren. Heute sehen wir unsere Chance ganz klar wieder in der Spezialisierung und natürlich auch in der Einzelteiligkeit.
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Ändert sich das Gespür der Kundin für Qualität und angemessene Preise? F.X. Bumiller: Das ist ganz klar zu erkennen, wenn wir mit den Verkäuferinnen direkt am POS reden. Die Herkunft der Ware, die Qualitäten sowie das Material werden zunehmend zum Thema. Diese Sensibilität hat bei der Kundin stark zugenommen. Wir haben das schon vor fünf Jahren mit unserer Kampagne „Not from China“ thematisiert. Sie setzen auf Qualität und brauchen hohe Flexibilität und Knowhow in der Fertigungskette. Welchen Herausforderungen müssen Sie sich dabei stellen? F.X. Bumiller: Wir haben in Europa nur eine Überlebenschance, wenn wir den Partnerbetrieben und Vorlieferanten die Möglichkeit geben, in entsprechenden Volumina zu arbeiten. Um diese Mengen zu erreichen, brauchen wir aber die Handelspräsenz, wie wir sie jetzt haben. Schon beim Garn wird es in Europa eng, aber mit Garnen aus Dritt ländern bekommen wir kein individuelles Endprodukt und nicht die konstante Qualität, die unsere Kundin von uns erwartet. Wenn die textile Kette in Europa reißt, ob beim Garn, beim Stricker oder beim Ausrüster, wird es ganz schwierig. Vor 20, 30 Jahren begannen viele, auf Lohn konfektion im Ausland und Importe zu setzen. Sie nicht. F.X. Bumiller: Zum einen glaubten wir fest an den Standort. Zum anderen bestand unser Rezept darin, immer gegen 14 masche
den Strom zu schwimmen. So haben wir unsere Nische gefunden – in der natürlich nicht für alle Platz ist. Trotzdem hätte es im Shirt-Bereich noch mehrere solche Beispiele geben können. Ende der 80er hatte ich auf der Schwäbischen Alb noch um die 30 Mitbewerber, die auch T-Shirts gefertigt haben. Heute sind wir in dem höheren Segment fast die einzigen. Unser Vorteil: Unser qualitatives Preis-LeistungsVerhältnis ist einfach besser als bei vielen Mitbewerbern, die vor Jahren in den Vollimport gegangen sind. Doch wir müssen in der Nische bleiben. Unser Geschäft wird nie ein Massengeschäft werden. Inwiefern wird das vom Handel honoriert? F.X. Bumiller: Im 1a-Fachhandel sind wir heute eine feste Größe. Aber das alleine reicht nicht. Wir müssen den Handel dahingehend unterstützen, dass wir unsere Produktkompetenz und den Mehrwert am POS kommunizieren. Stichwort Flexibilität: Wir fahren ein breites NOS-Programm und halten die Grundbestückung beim Kunden gering. Unsere ca. 500 Kunden machen einen Großteil der Nachbestückungen per EDI. Wir können Bestellungen, die am Montag eingehen, noch in derselben Woche zur Auslieferung bringen. Damit reduzieren wir unser eigenes Warenrisiko und bieten einen einmaligen Service. Bei den Standard-Shirts haben wir heute ungefähr sechs Minuten maximale Konfektionszeit. Da sehe ich keinen wesentlichen Nachteil gegenüber einer Türkei- oder Portugal-Produktion.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie? F.X. Bumiller: Wir haben rund 70 Mitarbeiter hier am Standort. Sicher noch einmal so viele sind bei Partnerbetrieben hier in der Gegend beschäftigt. Gestrickt wird auf der Schwäbischen Alb, die Ausrüstung erfolgt bei drei namhaften Ausrüstern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Konfektion erfolgt in Deutschland, die aufwendigeren Teile lassen wir von unserem tschechischen Partnerunternehmen nähen, an dem wir beteiligt sind. Jedes Teil wird in unserem Hause zugeschnitten und gegebenenfalls mit Strass oder Inkjet veredelt. Nach der Lohnkonfektion erfolgt das Endfinish vollumfänglich in unserem Hause. An welchen Standorten sind Sie heute präsent? F.X. Bumiller: Unser Fokus ist die Präsenz in den besten Häusern Deutschlands und im deutschsprachigen Ausland. Besonders stark sind wir in der Schweiz. Dort ist die Qualitätsaffinität deutlich höher, ähnlich in Österreich. Wir arbeiten nicht mit Handelsvertretern, sondern haben unseren eigenen Showroom in Düsseldorf, München, Hamburg und natürlich hier in Hechingen. Sie haben einen eigenen Online-Shop ange kündigt. Passt das zu Ihnen? F.X. Bumiller: Die neuen Medien haben die Lieferkette verkürzt. Darin sehen wir die Chance, die Endkundin breiter ansprechen zu können als bisher. Wir müssen unsere Kundin noch schneller erreichen, da der Handel relativ träge geworden ist. In den letzten fünf Saisons, konnten wir teilweise im NOS-Programm keine Nach lieferungen mehr tätigen, weil einfach die Gesamtlimits gestrichen wurden. Wie stehen Sie zum Thema „Made in- Kennzeichnung“? F.X. Bumiller: Ich wünsche mir eine europaweite Harmonisierung, mehr Transparenz und nachvollziehbare Regeln. Nichts davon haben wir heute. Meine Vision ist, dass unsere Kundin die Artikelnummer auf dem Etikett im Internet eingibt und nachvollziehen kann, woher das Garn kommt und wo produziert wurde. Diese Transparenz wird für die verantwortungsbewusste Endverbraucherin in Zeiten der Globalisierung immer wichtiger.
Erzählen Sie uns bitte noch etwas über sich. F. X. Bumiller. Ich habe in Mannheim Wirtschaftswissenschaften studiert und dort auch promoviert. Als ich die Chance hatte, den über zwei Generationen aufgebauten Betrieb zu übernehmen, ließ mir mein Vater die freie Wahl – Industrie oder der eigene Betrieb. Heute bin ich mein eigener Chef und hab meine aus freien Stücken getroffene Entscheidung noch keine Sekunde bereut. Ohne die Kontinuität im Design hätte ich es aber nicht geschafft. Die Handschrift meiner Frau, seit Ende der 80er unsere Chefdesignerin, ist maßgeblich für unseren Erfolg verantwortlich. Wir haben zwei Kinder: Unser Sohn Maximilian studiert in München und unsere Tochter Johanna hat dieses Jahr Abitur gemacht. Ob die beiden sich einmal für das Unternehmen begeistern, wird die Zukunft zeigen. Wir werden versuchen, unseren Kindern die gleiche Entscheidungsfreiheit zu geben, wie ich sie einmal bekam. Unser Ziel für die nächsten zehn Jahre ist, die Produktion am Standort möglichst weiter auszubauen. Dann können wir noch individueller und noch schneller sein. Doch der Mangel an qualifizierten Fachkräften macht das nicht einfach. Wir müssen Technologien, die wir heute ausgelagert haben, wieder zurückholen. Ein weiteres wichtiges Anliegen wäre mir, dass der Staat dem Mittelstand die nötige Gestaltungsfreiheit lässt. Momentan bürdet er ihm viel zu viel auf. Man kann ein mittelständisches Unternehmen eigentlich nicht mehr aufbauen oder führen, weil die Vielfalt der Anforderungen so unterschiedlich, die Bürokratie so vielfältig ist.
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Netzwerke Zukunftsmarkt im Reich der Mitte
Um Licht ins Dunkel rechtlicher Fallstricke zu bringen, luden am 18. Oktober die Verbände Dialog Textil-Bekleidung, Südwesttextil, Gesamtmasche und VTB zu einem gemeinsamen Infotag China unter ihrer Kooperationsmarke „TMD – Textil- und Modedialog“ ein. Angesprochen waren insbesondere Führungskräfte aus Unternehmen, die in China investieren und expandieren möchten, außerdem Experten aus den Bereichen Recht und Steuern, Finanzen, Ein- und Verkauf, Qualität und Zertifikate. Ausgesuchte China-Experten referierten zu einer breiten Themenpalette. Thaddäus Müller, der als langjähriger Assoicate Director bei Fiducia in Honkong mittelständische Firmen bei Einkauf, Verkauf und Produktion in China berät, berichtete zur Gesellschaftsgründung sowie zur Besteuerung in China und Hongkong. Jan B. Gutknecht, Business Development Manager, EMEA bei tradeFWD Ltd., stellte mobile Cross Border Payment-Lösungen vor und zeigte auf, wie anhand der innovativen trade² App auf einfachem Wege chinesische Geschäftspartner gefunden werden können. Dr. Jane Jiang, Technical Director bei SGS, ist für ihre Expertise speziell im Bereich chinesische Standards zu Textilwaren und Leder
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international bekannt. Sie gab den Teilnehmern einen Überblick zu den verpflichtenden Standards und LabellingVorschriften und zog Vergleiche zwischen EU-Gesetzen und -Standards und ihren chinesischen Entsprechungen. Rechtsanwältin Magdalena Harnischfeger-Ksoll, Rechts anwältin bei Taylor Wessing und Leiterin der deutschen Delegation der gemischten Deutsch-Chinesischen Arbeitsgruppe „Rechtsfragen der wirtschaftlichen Zusammen arbeit“ berät seit 1979 Mandanten zu allen Fragen des China-Geschäfts. Sie erläuterte insbesondere die deutschchinesischen Standardverträge, die von den Ministerien beider Länder gebilligt wurden, und die als hervorragende Grundlage für deutsch-chinesische Lieferverträge heran gezogen werden können. Ihr Kollege Dr. Jakob Riemenschneider führte aus, wie sich verschiedene Distributionsformen in China rechtssicher umsetzen lassen. Die Teilnehmer lobten das breite Spektrum nützlicher Informationen. Neben der fachlichen Expertise kam auch der Netzwerk-Faktor nicht zu kurz: Vertreter von Unter nehmen, Verbänden, Instituten und Dienstleistern fanden Gelegenheit zum Austausch in China-Fragen.
textil-mode-dialog.de
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////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer In Kürze wird China international zum Modemarkt Nr. 1 aufrücken. Die Umsätze im Bekleidungseinzelhandel sollen bis 2017 um über die Hälfte wachsen. Jeder fünfte Euro im globalen Mode-Retail wird dann in der Volksrepublik erwirtschaftet werden. Auch deutsche Textil- und Bekleidungsfirmen können an diesem enormen Wachstum partizipieren – und tun es bereits. Allerdings gilt es beim Marktzugang, neben kulturellen Unterschieden, Passformfragen und ungewohnten Vertriebsstrukturen, eine ganze Reihe rechtlicher Aspekte und nationaler Qualitätsanfor derungen zu beachten.
Gesamtmasche und Designer-Verband kooperieren /////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Gesamtmasche und Südwesttextil kooperieren fortan mit dem Verband der deutschen Mode- und Textildesigner VDMD. „Zusammen können wir viel mehr erreichen“, darin sind sich Mara Michel, Geschäftsführerin des VDMD, und Silvia Jungbauer, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin von Gesamtmasche einig. „Wir setzen um, wofür es längst an der Zeit ist – mit ganz konkreten Vorteilen für beide Seiten“. Die Mitglieder der Industrieverbände profitieren von professionellen, hochaktuellen Trendinformationen zu attraktiven Konditionen. Der VDMD sucht seinerseits eine stärkere Vernetzung mit den Unternehmen, gerade auch im Rahmen der Auftragsvergabe an Freelancer. Nicht in allen Bereichen herrscht eitel Sonnenschein – doch das empfinden die Partner als ganz normal. „Natürlich gibt es bei Themen wie der Künstlersozialversicherung oder bei der Ausgestaltung von Designer-Verträgen unterschiedliche Auffassungen“, sagt Mara Michel. Wichtig sei es, sich an einen Tisch zu setzen und Kompromisse auszuloten. Sogar gemeinsame Musterverträge sind schon im Gespräch. Auch in den Bereichen Kommunikation und Lobbying wollen die Verbände stärker zusammenarbeiten. Die von der Politik viel zitierte Stärkung der Kreativwirtschaft müsse im Textil- und Modebereich endlich in Angriff genommen werden, fordern die Kooperationspartner. Schließlich stehe die Branche wie kaum eine andere für ständige Innovation – von textilen Hightech-Anwendungen bis zu avantgardistischen Kreationen auf dem Laufsteg. Dafür will sich die Koalition aus Industrie und Designern in Berlin und Brüssel einsetzen.
Mara Michel und Silvia Jungbauer
Zu jeder Saison erarbeitet das VDMD_TrendResearchTeam neue Trend Forecasts – zu den Megatrends genauso wie zu den Sparten DOB, HAKA, KIKO, Sports oder Accessoires. In Kürze kommt ein Special STRICK dazu. Neu erschienen sind das VDMD Color_Book und die VDMD color_card für den Sommer 2015. Mitgliedsfirmen von Gesamtmasche und Südwesttextil können die TrendInformationen des VDMD zum VDMD-Mitgliederpreis erwerben. Das bedeutet bis zu 50 Prozent Rabatt. Online-Shop: vdmd.fashion123.de. Die VDMD-Trendtage bieten Unternehmen und Designern die Gelegenheit, sich frühzeitig – rund zwei Jahre im Voraus – über Megatrends und deren Umsetzung zu in formieren. Rechtzeitig zur kommenden Saison wird ein Trendseminar speziell für die Mitglieder von Gesamt masche und Südwesttextil angeboten – Termininfo folgt.
» « Zusammen können wir viel mehr erreichen.
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Fasern Wool School 2013 – Free Felt /////////////////////////////////////////////////// Simone Diebold Im Rahmen eines Abendevents in der Firmenzentrale von Marc Cain in Bodelshausen wurde Anfang November das gemeinsame Wool School Projekt der Campaign for Wool Ltd. gefeiert. Ziel der global ausgerichteten Aktion, unter der Schirmherrschaft des Prince of Wales, ist es, den Verbraucher vom ökologischen Nutzen und der Vielseitigkeit des Naturprodukts Wolle gegenüber den synthetischen Fasern in Mode und Lifestyle zu überzeugen. Fünf Studentinnen der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart erarbeiteten dazu in kreativer Zusammenarbeit mit der Campaign for Wool Ltd. sowie dem Mode- und Strickspezialisten Marc Cain und dem Strickmaschinenhersteller Stoll innovative Textildesigns zum Thema „Free Felt“. In den imposanten Räumlichkeiten des Atriums von Marc Cain wurden die Designs auf einem silbernen Laufsteg ausgestellt, der sich von der 18m hohen Decke herab durch den Raum erstreckte. Die Auswahl faszinierender, raffinierter und vielfältiger Textilien, teils von Hand oder industriell gefertigt, waren an Büsten drapiert, um Anwendungs- und Kombinationsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Jury aus den Branchenexperten Nikolaus Albrecht (Freundin), Silke Emig (Textilwirtschaft), rosalie (Inter national tätige Künstlerin, Bühnen- und Kostümbildnerin), Fabrizio Servente (Campaign for Wool Italy), Karin Veit (Marc Cain) und Heinz Verhufen (Modehaus Jung, Augsburg) prämierte gleich zwei Gewinnerinnen: Anna Reinhardt für ihre Filzkollektion „Comic“ und Jae Sook Lee für ihr Filzdesigns „Dialoge“. Beide erhielten ein Preisgeld von jeweils 1 500 Euro, bereitgestellt von der Campaign for Wool Ltd. und Marc Cain.
Anna Reinhardts Textildesigns mit dem Titel „Comic“ sind eine Interaktion von Stricktechnik, Textildruck und Filzprozessen, welche zu starkfarbigen und verzerrten Textilien führten. Die 24-jährige Studentin war begeistert von der Arbeit mit Wolle: „Das Projekt war eine große Bereicherung für meine kreative Arbeit.“ Jae Sook Lees Kreationen mit dem Titel „Dialoge“ bestehen aus Schlingen und Verflechtungen aus Filz in Kombination mit anderen unfilzbaren Materialien. „Filzen mit Wolle ist eine spannende Technik, denn man weiß nie genau, wie das Ergebnis aussehen wird“, sagte die 31-jährige Koreanerin. Marc Cain unterstützt das Wool School Projekt bereits zum zweiten Mal: „Stetige Weiterentwicklung und Innovation, Forschung und Entwicklung stehen in unserem Hause schon immer im Fokus. Ich freue mich daher jedes Jahr auf die neuen Impulse unseres Nachwuchses“ sagt Karin Veit, Creative Director bei Marc Cain. Einige Kreationen seien so kommerziell gelungen, dass sie direkt in die nächste Kollektion übernommen werden, lobte die Kreativchefin. Dies veranlasste den Hausherrn Helmut Schlotterer während der Preisverleihung zu einer großzügigen Geste: Er honorierte die Leistungen der anderen drei Teilnehmerinnen mit dem gleichen Preisgeld – aus eigener Tasche. Die CAMPAIGN FOR WOOL Ltd. ist eine internationale sektorübergreifende Koalition von Firmen, die im Januar 2010 die gleichnamige Kampagne, unter der Schirmherrschaft des HRH The Prince of Wales, ins Leben gerufen haben. Mitglieder sind führende Unternehmen aus Modeindustrie, Interior Design und verschiedenen Produktionsbereichen der Wollindustrie. Wool School ist innerhalb der Kampagne ein Designwettbewerb in Zusammenarbeit mit ausgewählten Einzelhandels- und Industriepartnern und Hochschulen. Zielsetzung ist es, die natürlichen und nachhaltigen Eigenschaften und die vielseitige Verwendbarkeit von Wolle zu demonstrieren.
18 masche Fotos: Jonathan Rauch
Geschäftsklimaindex Maschenindustrie geht gut gerüstet in den Winter
/////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Die Unternehmen der deutschen Maschen- und Mieder industrie beurteilen ihre Ertragslage derzeit deutlich besser als noch im Sommer. Die Mehrheit der Unternehmen erwartet für die letzten Monate des Jahres gleichbleibende oder steigende Umsätze im In- und Ausland. Das ist das Ergebnis der Geschäftsklima-Umfrage von Gesamtmasche im Oktober. Die Auslandsimpulse aus den europäischen Hauptabsatzmärkten sind allerdings nach wie vor verhalten. Triebfeder des Geschäfts ist weiterhin der deutsche Markt. Viele Maschenhersteller forcieren den Absatz in Schwellenländern, um sich von Europa unabhängiger zu machen. Der Geschäftsklimaindex Masche hat sich um über 10 Indexpunkte auf einen Wert von 14,1 Punkten verbessert. So gut haben die Hersteller die Branchenkonjunktur seit Anfang 2011 nicht mehr bewertet. Ihre aktuelle Geschäftslage beurteilen die Firmen sogar mit 18,9 Punkten. Neun von zehn Maschenunternehmen bezeichnen ihre Kapazitätsauslastung als gut oder zufriedenstellend. Bei den Wäscheunternehmen sind dies sogar 100 Prozent bei entsprechend befriedigender Umsatzsituation. In der Folge kletterte der Teilindex Wäsche auf 30 Punkte. Fast 87 Prozent der Maschenfirmen sind mit ihren aktuellen Inlandsumsätzen zufrieden und glauben, dass sich ihr Geschäft in den nächsten Monaten stabil weiterentwickelt. Im Bereich
Wäsche sagen das sogar 100 Prozent der Unternehmen. Die Zuversicht bei der Ertragsentwicklung speist sich aus guten Auftragserwartungen und dem aktuell stabilen Beschaffungspreisniveau. In Europa wächst die Hoffnung, dass das Schlimmste der Krise überstanden ist. Mehrere EU-Länder zeigten im zweiten Quartal ein zum Teil deutliches Wachstum. In anderen hat sich die Talfahrt zumindest stark verlangsamt. Insgesamt scheinen die europäischen Verbraucher wieder häufiger bereit, mehr Geld auszugeben. Eine echte Trendwende auf dem Arbeitsmarkt ist indessen nicht in Sicht. Auch die Kreditvergabe der Banken ist nach wie vor schwach. Bis zum Erreichen des Vorkrisenniveaus können noch Jahre vergehen. Da die wichtigsten Exportkunden der Branche dem Euroraum angehören, entwickeln sich die deutschen Exporte von Masche und Mieder nur verhalten. Die Erhöhung des Exportanteils in wachstumsstärkere Regionen der Welt haben sich daher viele Mittelständler ins Pflichtenheft geschrieben. Nach Russland steht nun China im Fokus, und auch die ASEAN-Länder, der arabische Raum und Lateinamerika rücken stärker ins Blickfeld. Auch an afri kanische Wachstumsmärkte wie Nigeria oder Uganda tastet sich die Branche langsam heran. masche 19
Außenwirtschaft Neues aus dem Kennzeichnungsdschungel
EU-Abgeordnete Markus Pieper (CDU) und Markus Ferber (CSU)
Textilkennzeichnung auf dem Prüfstand Die EU-Kommission befragt Unternehmen, Verbände und Verbraucherorganisationen zu ihren Erfahrungen mit der neuen EUTextilkennzeichnungsverordnung. Mit ihrer Umfrage will die Brüsseler Generaldirektion bei Unternehmen ermitteln, „ob sich die Situation für Wirtschaft und Konsumenten durch die neue Verordnung verbessert hat“. Bereits diese Formulierung ist ein Vor geschmack darauf, dass einige Fragen recht suggestiv sind. Allerdings werden auch eventuell gestiegene Kosten für die Kennzeichnung hinterfragt. Am Schluss des Fragebogens besteht die Möglichkeit, Kritikpunkte im Freitext darzustellen.
Mad(e) in Brüssel Das EU-Parlament glaubt, eine verpflich tende „Made in“-Kennzeichnung mache Verbraucherprodukte sicherer. Neben der wundersamen Wirkung der simplen Aufschrift auf Plagiatoren und Giftmischer versprechen sich die Abgeordneten mehr Transparenz. Das letzte Wort dazu haben die Mitgliedstaaten. Sie fürchten eine bürokratische Mogelpackung. Der Wunsch nach mehr Information und Schutz vor Betrügern ist legitim. Das Pflicht-„Made in“ ist aber der falsche Weg. Wird das „Made in“ über den Zollkodex bestimmt, kommt meist das Land der letzten wesentlichen
Verarbeitung zum Tragen. Für Textilprodukte enthält der Zollkodex zudem spezielle, teils widersprüchliche Regeln, die für den Verbraucher kaum verständlich sind. Einblicke in die Lieferkette unterbleiben. Gut informiert wird so niemand. Für „Made in Germany“ gelten heute strenge Maßstäbe. Die Konfektion alleine reicht gewöhnlich nicht aus. Verbraucher und Richter erwarten, dass alle wesentlichen Teile aus Deutschland stammen. Ganz anders der Zollkodex: Zollfüchse wissen noch aus Quotenzeiten, wie man den Warenursprung geschickt und völlig legal manipulieren kann.
bis November 2014 vorlegen muss. Um die Schwachstellen und Kosteneffekte der neuen Verordnung aufzudecken, ist die Beteiligung möglichst vieler Unternehmen wünschenswert. Die Kritik reicht von den „nichttextilen Teile tierischen Ursprungs“
über die 100-Prozent-Kennzeichnung, die besonderen Etikettierungsvorschriften für Mieder- und Strumpfwaren und die Kennzeichnung von Sets bis zu restriktiven Ausnahmeregeln.
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»Kommission und Parlament schaffen zusätzliche Barrieren.«
Die Umfrageergebnisse sollen in den Bericht einfließen, den die EU-Kommission gemäß EU-Textilkennzeichnungsverordnung
Lederkennzeichnung soll Pflicht werden Die EU-Kommission erwägt eine Pflichtkennzeichnung für Lederwaren. Aktuell führt sie eine Konsultation zur Lederkennzeichnung durch, an der sich alle betroffenen Parteien beteiligen können. Von der Lederindustrie wird seit längerem ein Zwangslabel gefordert. Laut einer Mach barkeitsstudie von Matrix Insight ist eine Echtheitskennzeichnung sowohl von Industrie als auch von Verbraucherseite erwünscht. Einige Stimmen fordern auch die „Made in“-Kennzeichnung von Lederwaren. S
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Für Industrie und Handel wäre ein frei williges, aber europaweit harmonisiertes Kennzeichnungssystem ideal. Gleichzeitig müssen irreführende Angaben unterbunden werden: Produkte, die keine Lederwaren sind, dürfen auch nicht als solche ausge geben werden. Zwar halten sich die Auswirkungen einer Pflichtkennzeichnung vermutlich in Grenzen, da Echtleder schon heute überwiegend gekennzeichnet wird. Auflagen zur Verwendung der jeweiligen EU-Landessprache oder das Einfordern weiterer Zusätze wie etwa die Angabe der Lederart würden jedoch zu erheblichen und völlig unnötigen Kosten führen.
Einige Fragen, z. B. nach der Marktüber wachung, nach den Vorteilen der Verordnung oder nach nationalen Sanktionen sind mit Vorsicht zu genießen. Mitglieds firmen, die sich an der Umfrage beteiligen möchten, können ihre Antworten gerne vorab mit Gesamtmasche besprechen.
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Der Fragebogen kann über den Mitgliederbereich von www.gesamtmasche.de im Kompetenznetzwerk Textilkennzeichnung (Rubrik Downloads) heruntergeladen werden. Abgabefrist für die Fragebögen ist der 15. Februar 2014.
Der Fragebogen und Hintergrundinforma tionen zur Lederkennzeichnung sind im Kompetenznetzwerk Textilkennzeichnung erhältlich. Das Kompetenznetzwerk Textilkenn zeichnung ist ein exklusiver Service für Mitglieder von Gesamtmasche und Südwesttextil. Dort finden Sie aktuelle Nachrichten und Downloads rund um das Thema Kennzeichnung an einem Ort. Zugang erhalten Sie über den Mitgliederbereich von www.gesamtmasche.de.
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Kanada: Freihandel kommt Nach vierjährigen Verhandlungen haben Ende Oktober die Europäische Union und Kanada das Freihandelsabkommen CETA unterzeichnet. Erstmals schließt die EU mit einem G8-Land ein solches Handels abkommen, von dem sich beide Seiten eine beträchtliche Handelsausweitung erhoffen. Mit Inkrafttreten des Handelspakts entfallen fast alle Industriezölle. Neben dem Abbau
der Zölle sieht das CETA-Abkommen die Anerkennung von Standards und Normen sowie von Urheber- und Markenrechten vor. Die EU-Kommission erwartet sich durch die Vereinbarung ein jährliches Plus von zwölf Mrd. Euro für das EU-Bruttoinlandsprodukt und einer Exportsteigerung um 23 Prozent. Kanada rechnet mit einem zusätzlichen Wachstum von umgerechnet acht Milliar-
den Euro. Allerdings kann es noch über ein Jahr dauern, bis das Abkommen vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten gebilligt ist und umgesetzt werden kann. Der deutsch-kanadische Textilhandel hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt. Deutschland exportierte 2012 Textilien und Bekleidung im Wert von über 97 Mio. Euro.
Stricken für die Freiheit Vereinfachtes Messevisa Mit einem Erlass vom 24. Juli dieses Jahres hat das Auswärtige Amt die Visastelle der deutschen Botschaft und Konsulate weltweit darüber informiert, dass für die Beantragung eines Messevisums im Regelfall künftig auf das Einladungsschreiben der Messegesellschaften verzichtet werden kann. Das Auswärtige Amt kam damit einer langjährigen Forderung des Ausstellungs- und Messeausschusses der Deutschen Wirtschaft (AUMA) nach.
Mit Nadel und Garn Richtung Freiheit: Häftlinge in einem brasilianischen Knast stricken und häkeln für die einheimische Designerin Raquel Guimaraes. Auf der Suche nach zuverlässigen, begabten und dauerhaft verfügbaren Mitarbeitern wandte sie sich 2009 an das Hochsicherheitsge fängnis Ariosvaldo de Campos Pires, rund 160 Kilometer nördlich von Rio de Janeiro und brachte dort Häftlingen Häkeln und Stricken bei. Heute arbeiten 20 Insassen, darunter auch verurteilte Mörder und Räuber, im Projekt „Lotusblume“. Was sie herstellen, wird unter anderem nach Frankreich, Japan und in die USA verkauft. Insgesamt haben laut Guimaraes bislang
etwa hundert Häftlinge an dem Projekt teilgenommen. Durch Häkeln und Stricken würden die Männer nicht mehr nur als Kriminelle wahrgenommen, sagt sie. Sie könnten jede Arbeit verrichten und produzierten hohe Qualität. Für ihre Arbeit bekommen die Häftlinge 75 Prozent des brasilianischen Mindestlohns. Ein Viertel des Geldes wird zurückgehalten – die Männer bekommen es erst, wenn sie entlassen werden. Der beste Teil der Entlohnung und der verlockendste ist wohl dieser: Für drei Tage Arbeit mit Nadeln und Garn wird ein Tag ihrer Strafe erlassen. Quelle: www.spiegel.de
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„Yes, Future!“ Beobachtungen und Studien von Trendspottern geben wertvolle Hinweise auf die Zukunft. Vincent Grégoire, Lifestyle-Direktor der Trendagentur Nelly Rodi, ist einer. Zu den großen Konsumtrends international für 2015 mit Fokus auf Russland, China und die USA sagt er: „Der große Trend lautet: „Yes, Future!“. Der Verbraucher will Innovation, Originalität, Anreize, Bruch mit Tradition. Technische Innovation genauso wie Innovation in Marketing, Unternehmen und Organisation. Aber er will jedoch Innovation, die verwurzelt ist, bei der er sich sicher fühlen kann. International wird das Jahr 2015 von Hybridstilen geprägt sein, denn der Verbraucher will Retromodernes, und er will auch technisch Ausgefeiltes, das gleichzeitig auf Natürlichkeit setzt. China, Russland und die USA sind Länder mit hohem Konsum und somit sehr interessant. Umfragen in China zeigen eine überraschende Entwicklung des Verbrauchers – er wird anspruchsvoller hinsichtlich Qualität, Verarbeitung und Inszenierung von Produkten. In diesen drei Ländern erkennen wir auch einen Trend zur Rückkehr zur eigenen Identität, jedoch zu einer Identität, die von außen Kommendes in sich aufnimmt. Lässt ein Unternehmen diese Beobachtungen außer Acht, riskiert es, den Anschluss zu verlieren und Produkte anzubieten, die den Entwicklungen dieser Märkte nicht Rechnung tragen.“ Quelle: www.techtera.de/blog masche 21
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Außenwirtschaft Indonesien wird attraktiver Konsumgütermarkt
Neue Standards geschaffen Fashion, Schuhe, Sport: Die Anwendungsempfehlung vom CEN ebnet den Weg zu einheitlichem Vorgehen bei Produktidentifikation, elektronischem Datenaustausch & Co. Basis sind GS1 Standards. Fax- und papierbasierte Prozesse, länderspezifische Kommunikationsstandards: Die europäische Textilwirtschaft kämpfte in den vergangenen Jahren mit steigenden Kosten und zunehmender Ineffizienz der Prozesse. Jetzt hat sie sich auf ein gemeinsames Vorgehen im E-Business verständigt. Im Rahmen des eBIZ-Projekts des Europäischen Komitees für Normung (CEN) wurde hierfür eine Anwendungsempfehlung erarbeitet. Sie soll als Leitfaden für harmonisierte E-BusinessProzesse entlang der gesamten Supply Chain dienen und basiert auf den von GS1 entwickelten Standards. Die englischsprachige Veröffentlichung gibt es zum Download unter www.ebiz-tcf.eu/index.php/ the-reference-architecture.
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bieter an. Im Fashion-Bereich winken offenbar die höchsten Zuwachsraten. Auf Java leben rund 50 Prozent der indonesischen Bevölkerung. Der Großteil des Wachstums wird sich in den nächsten Jahren allerdings jenseits der traditionellen wirtschaftlichen Hochburgen abspielen. Ausländische Player müssen sich also auf mehr Standorte kon-
zentrieren als bisher. Indonesische Käufer bevorzugen in der Regel lokale Marken. Allerdings ist das Qualitätsspektrum begrenzt. Zahlreiche Marktlücken bieten Chancen für Marken aus anderen Ländern. Gleichzeitig gelten Indonesier als relativ markentreu. Sie shoppen gerne und sind sehr aktiv in den sozialen Medien.
Der indonesische Bekleidungsmarkt wächst (in Mrd. Euro) 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 2013 Herrenwäsche
2014 Damenwäsche
2015 HAKA
DOB
2016 Bekleidung
Update Lieferantenerklärung Die Textil- und Bekleidungsindustrie als Hochzollbranche gehört zu den intensiven Nutzern von Präferenzabkommen. Entsprechend ist das Ausstellen und das Management von Lieferantenerklärungen für die meisten Unternehmen ein Thema, das komplexes Fachwissen erfordert. Neue Abkommen, Änderungen bei den
2017 Quelle: © Euromonitor International
TERMIN VORMERKEN
einseitigen Zollpräferenzen der EU und Anpassungen der Listenregeln machen immer wieder Anpassungen notwendig. Dieser Workshop richtet sich an Mitarbeiter mit Vorkenntnissen im Bereich Warenursprung und Präferenzen, die für die fachliche und organisatorische Seite der Erstellung von Lieferantenerklärungen zuständig sind.
J etzt anmelden unter www.gesamtmasche.de/veranstaltungen, dick@gesamtmasche.de oder +49 711 21050 -11
Foto: © kbuntu – Fotolia.com
Die kaufkräftige Mittelschicht im mit Abstand größten ASEAN-Staat Indonesien wächst rasant. Die Boston Consulting Group schätzt, dass sich die indonesische Mittelschicht bis 2020 zahlenmäßig verdoppeln wird. Modehersteller und Einzelhändler aus aller Welt sehen aktuell einen günstigen Zeitpunkt, um in den Markt einzusteigen. Euromonitor schätzt, dass der indonesische Retail-Umsatz mit Bekleidung mittelfristig um ca. 10 Prozent pro Jahr zunehmen wird. Bis 2017 soll er 9,8 Milliarden Euro erreicht haben. Wirtschaftsforscher prognostizieren eine kontinuierliche Zunahme des indonesischen Bruttoinlandsprodukts und der Pro-KopfEinkommen. AC Nielsen bezeichnet den südostasiatischen Archipel sogar als den weltweit aussichtsreichsten Absatzmarkt für Konsumprodukte. Boston Consulting geht davon aus, dass die Anzahl der Konsumenten mit Haushaltsausgaben von mindestens 200 US- Dollar im Monat zwischen 2012 und 2 020 von 74 auf 141 Mio. Personen zulegen wird. Den Zug der Investoren führen laut Germany Trade & Invest die Modean-
Update Lieferantenerklärung 15. Januar 2014, Albstadt-Lautlingen
Neue Zollregeln für Waren aus Entwicklungsländern Ab 1. Januar 2014 kommt ein neues Allge meines Präferenzschema für Entwicklungsländer (APS) für zehn Jahre zur Anwendung. Auch im neuen APS gewährt die EU Ent wicklungsländern einseitige Zollvergünsti gungen: Der Zoll für Textil- und Modepro dukte wird um 20 Prozent gemindert. Werden z. B. normalerweise 12 Prozent Zoll fällig, sind für APS-Einfuhren nur 9,6 Prozent zu entrichten. Ursprungswaren aus den 49 ärmsten Entwicklungsländern erhalten zollfreien Marktzugang. Darüber hinaus wird „good governance“ durch den Status APS+ belohnt. Staaten, die die Auflagen sowie bestimmte wirtschaftliche Kriterien erfüllen, wird ebenfalls komplette Zollfreiheit gewährt.
Zoalnle Dou
Hier die wichtigsten Änderungen · Den APS+ Status erhalten ab dem 1. Januar 2014 aller Voraussicht nach die Staaten Armenien, Bolivien, Kap Verde, Costa Rica, Ecuador, Georgien, Mongolei, Paraguay, Peru und Pakistan. Im Laufe des Jahres 2014 könnten die Philippinen und weitere Länder hinzukommen. · Die Liste der ärmsten Entwicklungsländer (LDCs) bleibt unverändert. · Die Liste der Entwicklungsländer (OBCs) fällt deutlich kürzer aus als bisher. Länder, die in drei aufeinanderfolgenden Jahren in die Einkommensgruppe „upper middle income“ der Weltbank fallen, werden aus der Liste der begünstigten Länder ge strichen. Auch Länder, mit denen Freihandelsabkommen geschlossen wurden, profitieren künftig nicht mehr vom APS. Dazu gehören 33 überseeische Länder und Gebiete, 34 Länder mit Freihandelsabkommen und ähnlichen Arrangements sowie 20 Länder, deren Pro-Kopf-Einkommen für das APS als zu hoch gelten, darunter Saudi Arabien, die VAE, Brasilien, Russland und Belarus.
Die Gewichte verschieben sich Vor allem die Entwicklungs- und Schwellenländer stehen heute für den überwiegenden Teil des weltweiten Wachstums. Die Industrienationen verlieren an Gewicht – auch mit ihrem Anteil an der Weltwirtschaftsleistung. Im Jahr 2000 trugen die Schwellenländer, gemessen in Kaufkraft paritäten, ein gutes Drittel zum globalen BIP bei. Heute dürfte ihr Anteil bereits bei 50 Prozent liegen. Die Bevölkerungs entwicklung ist dabei ein Schlüsselfaktor:
85 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Schwellenländern – und deren Bevölkerung ist jung. Der Altersmedian der Schwellenländer liegt bei 28,4 Jahren, also 12,5 Jahre niedriger als der angestammter Industrieländer. Bis 2020 wird die Bevölkerung in den Schwellenländern dreimal so schnell wachsen wie in der entwickelten Welt. Die Kombination aus Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum führt zu einem raschen Anstieg der Konsumausgaben. Seit der Jahrtausendwende wächst der Konsum
in den Schwellenländern kräftiger als in den Industrienationen. Was die Kaufkraft angeht, haben die Wachstumsstaaten aber noch kräftig Nachholbedarf. Heute stehen Entwicklungs- und Schwellenländer für gut ein Drittel des weltweiten Konsums. In den nächsten sieben Jahren soll dieser Anteil auf über 40 Prozent wachsen. Bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Mode könnte China nach Schätzungen von Euromonitor bereits in wenigen Jahren Länder wie Polen oder Ungarn überholen.
Anteil am weltweiten realen BIP-Wachstum (prozentuales Wachstum) 5
4 3 2 1 0 -1 -2 -3 2000
2002
Industriestaaten
2004
2006
Schwellen- und Entwicklungsländer
2008
2010
2012
2014
2016
2018
2020
Quelle: © Euromonitor International
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Hilfreiche Dienstleister für die Masche Technischer Ausschuss zu Gast in Denkendorf /////////////////////////////////////////////////// Markus H. Ostrop Den technisch interessierten Experten aus den Unternehmen der Maschenindustrie wurde am 14. November ein besonders herzlicher Empfang bereitet: Dr.-Ing. Götz Gresser, der neue Institutsleiter des ITV Denkendorf, freute sich spürbar über das Interesse des Technischen Ausschusses an der Arbeit seiner Forschungseinrichtung. Und so sprühte er förmlich vor Begeisterung dafür, Industrie und Wissenschaft stärker miteinander zu verzahnen. Mit Verve betreibt er seine Mission, das große Knowhow seiner Denkendorfer Forscher in die Textilbetriebe zu transferieren, um gemeinsam aus innovativen Ideen neue anspruchsvolle Produkte zu kreieren. So versteht er sich als hilfreicher Dienstleister der Industrie und richtet das Textilforschungszentrum auch entsprechend aus. Fachlich inspiriert wurden die Maschenexperten durch zwei Vorträge. Dr. Boris Bauer vom ITV stellte eine interessante Methode zur Wärmemessung an Textilien vor. Ziel bei der Herstellung funktioneller Textilien kann zum einen die Reduzierung der Wärmeabgabe sein, um den Körper des
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Trägers vor Auskühlung zu schützen. Andererseits ist bei der Wärmebelastung eine Intensivierung der Wärmeabgabe gefragt, um den Körper zu kühlen. Mit dem so genannten Guarded-Hotplate-Verfahren lässt sich fundiert der Fragestellung nachgehen, ob etwa durch metallhaltige Fasern die Kühlleistung von Garnen erhöht werden kann. Während Boris Bauer hier konkrete wissenschaftliche Erkenntnisse zum Besten geben konnte, beschäftigte sich Dr. Klaus Jansen vom Forschungskuratorium Textil in seinem Vortrag mit weiter in der Zukunft liegenden Projekten. Dabei stellte er die Ergebnisse einer umfangreichen Retropolation vor, mit der Handlungsfelder für die Textilforschung der Zukunft identifiziert wurden. Dieter Braun, der Vorsitzende des Technischen Ausschusses, zeigte sich über das Interesse an diesem Gremium der Experten erfreut. Als Ergebnis einer von ihm angeregten Umfrage unter den Maschenbetrieben konstatierte er den Wunsch, dieses Netzwerk noch intensiver zu pflegen. Unterstützung erhält er dabei künftig auch von Eric Jürgens (Groz-Beckert), der zum Vize-Vorsitzenden gewählt wurde.
(oben) Dr. Boris Bauer vom ITV präsentierte eine interessante Methode zur Wärmemessung an Textilien der angeregten Runde. (links) Im Gespräch: Der neue Vize-Vorsitzende Eric Jürgens von Groz-Beckert mit Hans-Peter Grosch von Triumph.
Wissenswertes Online-Handel: Bessere Produktbeschreibungen sorgen für gute Bewertungen Die jüngste Untersuchung der Hochschule Reutlingen zum Thema „Fashion Online Produktbeschreibungen“ unter Leitung von Prof. Dr. Jochen Strähle, International Fashion Retail, ergab: Mehr Produktinformationen in Online-Shops helfen den Kunden, die angebotenen Produkte besser einzuschätzen. In einem Test wurden Websites von Asos, Bershka, H&M, Mango und Zara jeweils mit viel und wenig Produktbeschreibungen versehen und miteinander verglichen. Die Einschätzung hinsichtlich der Qualität eines Produkts durch mehr Informationen steigerte sich um drei Prozent, bei Modernität und Emotionalität waren die Werte sogar um bis zu acht Prozent höher. „Dies ist insofern erstaunlich, da Emotionalität im Webmarketing häufig mit Bildsprache gleichgesetzt wird“, sagt Strähle. „Damit laufen Unternehmen Gefahr, die Bedeutungskraft einer ausgefeilten Produktbeschreibungen zu unterschätzen“, so der Handelsexperte weiter. In den Tests führt die Kombination umfassender Produktbeschreibungen mit ansprechenden Bildern zu einer besseren Bewertung. Grund hierfür ist die Dauer der Aufmerksamkeit auf ein Produkt: Bei ausreichender Zeitdauer können sowohl Produktbild als auch Text vom Kunden erfasst werden, was in Kombination eine positive Einschätzung zur Folge hat. In der Studie konnte ebenfalls gezeigt werden, dass die Test personen an umfassenden Informationen interessiert sind. Kunden, die nur wenige Produktbeschreibungen zur Verfügung hatten, fühlten sich wesentlich schlechter informiert und somit weniger kaufbereit. 46,2 Prozent der Kunden konstatierten, dass sie zu wenig Produktdetails hätten − bei vielen Informationen waren es
REACh: Neues Navigator-Tool Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hat ein Update des Online-Navigator-Tools zu REACh in 23 Sprachen veröffentlicht. Der Navigator ist ein interaktives Werkzeug, das Herstellern und Einführern entlang der Lieferkette bei folgenden Aufgaben hilft: · Abklärung der Rolle in der Lieferkette; · Ermittlung der Pflichten in Bezug auf einzelne Stoffe; · Suche nach relevanten Leitlinien, Handbüchern, Rechtsvor schriften und Links zu weiteren Informationsquellen, die bei der Erfüllung Ihrer Pflichten behilflich sein können. Der überarbeitete Inhalt des Online-Tools entspricht dem aktuellen Stand der Gesetzgebung und der aktuellen ECHA-Leitlinien. Insbesondere werden den Änderungen durch die CLP-Verordnung (Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung) Rechnung getragen. Der neue Navigator ergänzt die „Leitlinien in Kürze zur Registrierung“, die ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht wurden. er Navigator ist zu erreichen über: http://echa.europa.eu/ D support/guidance-on-reach-and-clp-implementation/identifyyour-obligations
gerade einmal 8,3 Prozent. Die Konsequenz: Ein wichtiger Erfolgs faktor für Onlineshops sind ausführliche Produktbeschreibungen. Jüngste Studien zeigen jedoch, dass viele Fashion Websites gerade hier ein Defizit haben, da Unternehmen organisatorisch für die Erstellung der Texte wenige Ressourcen zur Verfügung haben. Die Testreihe, durchgeführt im hochschuleigenen Retail Labor, ist Teil des Forschungsprojektes Online Neuromarketing. Die Studienergebnisse können in englischer Sprache im Bereich International Fashion Retail angefordert werden. Nähere Informationen zum Forschungsvorhaben Prof. Dr. Jochen Strähle, Tel.: 07121 271-8073, E-Mail: jochen.straehle@reutlingenuniversity.de
Ökosteuerspitzenausgleich Anfang Oktober veranstalteten die Verbände Südwesttextil und Gesamtmasche das Seminar „Energiesteuer und Energiemanagement“, in dem der Referent und Energieexperte Jörg Scheyhing erläuterte, wie man sich als produzierendes Gewerbe den Ökospitzensteuerausgleich sichern kann und ob sich dieser überhaupt bezahlt macht. Damit Unternehmen die Steuer zurückerhalten, müssen sie ein Energie managementsystem (EMS) bzw. ein Audit einführen. Dieses wird durch die Größe des Unternehmens, gemessen nach der Mitarbeiterzahl und dem Jahresumsatz, festgelegt. Für die Einführung hat das Unternehmen dann insgesamt drei Jahre Zeit. In den Jahren 2013 und 2014 sind erste Schritte durchzuführen. Im Jahr 2015 muss die Einführung des Systems abgeschlossen werden, wenn man den sogenannten „vertikalen Ansatz“ verfolgt. Die Seminarunterlagen, die Anträge für den Spitzensteuerausgleich beim Zoll sowie Links zu Akkreditierungsstellen für EMS und zertifizierte Umweltgutachter finden sich im Mitgliederbereich von www.gesamtmasche.de.
Alle Artikel dieser Ausgabe finden Sie, zum Teil mit weiterführenden Informationen, auf www.gesamtmasche.de
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Wissenswertes Bildungsmesse Balingen 2013 Der Gemeinschaftsstand „Go Textile!“ ist ein gelungenes Konzept. Kurz nach Schuljahresbeginn fand in Balingen Ende September, die bei den Schülern beliebte Bildungsmesse „Visionen – Wege nach dem Schulabschluss“ statt. Auch dieses Jahr war sie mit 90 Ausstellern wieder vollständig ausgebucht und lud die Jugend lichen ein, sich umfassend über die Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten zu informieren. Nicht fehlen durften natürlich die textilen Ausbildungsberufe. Wie im letzten Jahr nutzten zahlreiche Textilunternehmer aus der Region Neckaralb die Gelegenheit, sich zu präsentieren. Auf einem Go Textile!-Gemeinschaftsstand, organisiert von Südwesttextil und der Fachvereinigung Wirkerei, Strickerei in Albstadt, informierten die Ausbildungsbetriebe Eschler, Speidel, Peter Müller, Mey und Sanetta drei Tage über Ausbildungsberufe, Weiterbildung und Aufstiegsmöglichkeiten in ihren Betrieben. Damit die jungen Besucher auch den Weg zu den Textilern fanden, lockte am Stand von Go Textile! ein Preisausschreiben. Zu erraten war die Anzahl der Filamente eines ausgestellten Glasfasergarnes. Drei Gutscheine winkten als Belohnung für die richtige Antwort. Doch nicht nur die Aussicht auf einen Gewinn sorgte für viel Betrieb am Go Textile!-Stand, sondern vor allem die unterschiedlichen textilen Produkte der jeweiligen Hersteller – von Bekleidung bis zu technischen Textilen – machten neugierig und zeigten die Vielfalt der Branche. Die teilnehmenden Unternehmen zeigten sich zufrieden mit der diesjährigen Resonanz. Direkt nach den Messe tagen gingen bei den Ausstellern zahlreiche Bewerbungen ein. Begleitet wurde die Messe an allen drei Tagen mit unterhaltsamen „Posts“ auf dem Facebook-Kanal von Go Textile!. Der Event erreichte dadurch nicht nur Schülerinnen und Schüler in der Region Neckaralb, sondern weit darüber hinaus. Diese Verzahnung der internetbasierten Kampagne mit Bildungsmessen vor Ort fördert den direkten Kontakt mit den Jugendlichen und die Möglichkeit, sie auf die textilen Ausbildungsberufe aufmerksam zu machen. Die Internetseite www.go-textile.de bietet der Zielgruppe der 13- bis 17-jährigen eine Anlaufstelle, auf der sie die Ausbildungs berufe in kompakter Form erläutert bekommen. Außerdem finden sie dort potenzielle Ausbildungsunternehmen, über die sie sich informieren und direkt bewerben können. Auch die jüngst pro duzierten Ausbildungsfilme zeigen den Jugendlichen auf unter haltsame Weise die Möglichkeiten der Branche. Mit monatlichen weit über 8 000 Besuchern ist www.go-textile.de mittlerweile „die“ Plattform für textile Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Internet. Neben dem erfolgreichen virtuellen Konzept wird auch das gelungene reale Konzept des Gemeinschaftsstandes „Go Textile!“, bei dem sich mehrere Unternehmen abwechselnd in Balingen präsentieren können, im nächsten Jahr fortgesetzt. Die mit 90 Ausstellern ausgebuchte Bildungsmesse Balingen lockte wieder viele ausbildungsinteressierte Jungendliche an. Auf dem Go Textile!-Gemeinschaftstand präsentierten sich erfolgreich die Firmen Eschler, Speidel, Peter Müller, Mey und Sanetta.
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Neues aus der Forschung Industrie und Forschung haben zum Thema mikrobieller Herstellung und Verwertung von Biopolymeren eine Forschungsallianz gegründet: Neben dem Biotechnologie-Unternehmen Brain AG aus Zwingenberg, dem Viskose-Spezialfaser Hersteller Kelheim Fibres GmbH aus Kelheim arbeiten das Hohenstein Institut für Textilinnovation gGmbH in Bönnigheim und der Produzent hoch spezialisierter Stoffe für die Medizintechnik rökona Textilwerk GmbH in Tübingen an diesem Projekt. Ziel der Forschungskooperation ist es, unter Etablierung eines nachhaltigen, mikrobiellen Bio-Prozesses, die Herstellung von SpezialAlginat-Komponenten zu etablieren. Die Biopolymer-Produkte sollen zum einen für die Verwendung in topischen und wundphasen spezifischen Auflagen und zum anderen unter anwendungsspezifischer Modifikation der Matrices in technischen Textilien Anwendung finden. Die Vorteile eines mikrobiellen Produktionsprozesses liegen – abgesehen von einer hohen Reinheit und einer definierteren Materialbeschaffenheit des Biopolymers – auch in einer verbesserten Ökobilanz der Produkte. Teile des Allianzforschungsvorhabens werden unter dem Akronym AlBioTex vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) co-finanziert. „In der Forschungsallianz wollen wir gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern ein qualitativ hochwertiges Matrix-System auf biologischer Basis aufbauen und gleichzeitig einen hinsichtlich Ausbeute und Technofunktionalität des Biopolymers nachhalti-
gen Prozess etablieren“, beschreibt Dr. Guido Meurer, Unit Head Microbial Production Technologies bei der Brain AG, das Vorhaben. „Wir sind als Entwickler innovativer, unterstützend wirkender, bioaktiver Substanzen für den Einsatz in Medizinprodukten bereits seit einigen Jahren erfolgreich in der Forschung aktiv. Diese Substanzen werden nun in entsprechende biologische Matrices eingebracht und so zu modernen Wundauflagen.“ Primäres Ziel ist es, in Zusammenarbeit mit den Hohenstein Instituten die Entwicklung von mikrobiellen Produktionsorganismen zur Darstellung industriell relevanter Biopolymer-Quantitäten in entsprechenden Biofermentationsprozessen im industriellen Maßstab zu erreichen. Diese Forschungsergebnisse fließen in die gemeinschaftlich angestrebte Entwicklung innovativer Nonwoven-Materialien ein. „Die Variation und Optimierung der Materialeigenschaften von Alginat war bislang nicht oder nur unter sehr großem Aufwand möglich. Durch Einsatz der Biotechnologie wird hier erstmals ein differenzierter Einsatz von Alginaten im textilen Spezialitätenbereich ermöglicht“ freut sich Dr. Timo Hammer, Leiter der Forschung am Fachbereich Hygiene, Umwelt & Medizin der Hohenstein Institute und Koordinator des AlBioTex- Projekts. Die Kooperationspartner Kelheim Fibres und rökona Textilwerk partizipieren in der Allianz von dem Zugang zu qualitativ hochwertigem, homogenem Biopolymer. Geplant ist, daraus funktionale Textilien mit neuen Eigenschaften zu entwickeln und in Pilotprozessen darzustellen.
Frohe Weihnachten Gesamtmasche wünscht allen Leserinnen und Lesern ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes, glückliches Jahr 2014.
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