Ausgabe 3/2010 Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.
Länderreport Zentralasien Interview Gerald Rosner Recht Insolvenz in der Insolvenz Rohstoffe Die Preise bleiben hoch
Interview 12
Länderreport 08
Inhalt 04
Im Blickpunkt l Innovationspreis
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Kurz berichtet
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Länderreport l Zentralasien
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Interview l Gerald Rosner, strickchic
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Recht l Insolvenz in der Insolvenz
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Rohstoffe l Die Preise bleiben hoch
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Messen l Pariser Wäscheträume
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Geschäftsklimaindex l Masche weiter auf stabilem Kurs
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Außenwirtschaft
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Wissenswertes
www.gesamtmasche.de 2 masche
Impressum © Alle Rechte vorbehalten. Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers. Herausgeber Gesamtmasche – Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V. Präsident: Heinz Horn Hauptgeschäftsführer: Dr. Markus H. Ostrop Redaktion: Simone Diebold Gestaltung: www.die-wegmeister.com Druck: Gress-Druck GmbH, Fellbach Auflage: 500 Fotos: Soweit ohne Vermerk von Fotolia, iStockphoto oder Gesamtmasche Kontakt Kernerstraße 59, 70182 Stuttgart Telefon +49 711 21050 - 0 Telefax +49 711 233718 E-Mail info@gesamtmasche.de
Messe Paris 18
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Editorial Liebe Freunde der Masche, das könnte eine schöne Bescherung werden: Ein Drittel aller Deutschen will zu Weihnachten Bekleidung und Accessoires für rund 1,74 Milliarden Euro verschenken. Der Konjunkturoptimismus hat auch die deutsche Maschenindustrie erfasst. Viele Unternehmen rechnen mit steigenden Auftragseingängen. Die Kauflust deutschen Verbraucher sowie die Verbesserung wichtiger Auslandsmärkte lassen unsere Branche positiv ins neue Jahr starten (Seite 19). Allerdings treibt den deutschen Konsumenten oft eine knauserige Preisvorstellung: Kleidung ja, aber billig muss sie sein. Die Ressourcenknappheit und ein langfristig höheres Kostenniveau bei Vormaterial, Energie, Löhnen und Frachten nehmen darauf jedoch wenig Rücksicht. So bekommt nach der Industrie jetzt auch der deutsche Verbraucher Konkurrenz aus Fernost. In den Schwellenländern Asiens entwickelt sich eine zahlungskräftige Käuferschicht, die bereit ist, für hochwertige Ware auskömmliche Preise zu berappen. Baumwolle ist für Billig-T-Shirts und Wegwerfmode künftig zu schade (Seiten 17 und 20). Auch ein verändertes Wertebewusstsein, wie es die Firma strickchic empfiehlt, wäre hilfreich (Interview Seite 12). Wer neue Chancen für Absatz und Beschaffung im Ausland sucht, kann beim Länderreport zu Zentralasien (Seite 8) feststellen, dass die Brücke zwischen Orient und Okzident durch ihren textilen wie nicht-textilen Ressourcenreichtum beachtliche Potenziale bietet. Neben den genannten Highlights beschert die masche 03 wieder reichlich Wissenswertes. Dazu gehört der schnelle Weg zur Traumfigur genauso wie die Unverbindlichkeit der Preisempfehlung. Lassen Sie sich überraschen. Ihr
Markus H. Ostrop, Hauptgeschäftsführer masche 3
Innovationspreis 2010
Fotos: t+m
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textil+mode präsentiert vielfältigen Einsatz von Textil Rund 470 Gäste aus Industrie, Design und Handel der Mode- und Textilbranche kamen am 20. September zur spannenden Preisverleihung des dritten Innovationspreises textil+mode ins K21 nach Düsseldorf. Der Gesamtverband textil+mode vergibt diesen Preis stellvertretend für die Branche an den Nachwuchs für herausragende und eigenständige Leistungen. Das Entertainment startete im eigens für den Anlass aufgebauten weißen Zelt vor dem Gebäude. Hier konnten die Gäste bei einem Wellness-Drink und Begrüßungsgesprächen die nominierten Arbeiten begutachten. Anschließend führte Dunja Hayali, ZDF-Nachrichtensprecherin und neue Leiterin des Morgenmagazins, souverän durch das Programm und war überrascht, was die Textilbranche an Innovationen hervorbringt. So z. B. Almut Warttinger aus Berlin, die mit ihrer Arbeit „Imago Sonus“ den 1. Preis in der Kategorie Textildesign erhielt. Ihr gelang es, Musik auf Textil sichtbar zu machen. Stricken mit Papier? Die 29-jährige Anne Trautwein kann’s. In ihrer Arbeit „3,5% Fett und die Frage nach Geschmack“, für die sie den 2. Preis bekam, arbeitete sie mit Tyvek, einem aus Polyethylenfasern gepressten Spinnvlies. Tyvek hat die optischen und haptischen Eigenschaften von Papier, ist aber waschbar, reißfest und atmungsaktiv. Die Preisträgerin entwickelt Mode, Accessoires und Tischwäsche aus Tyvek und denkt aufgrund der möglichen Sterilität des Materials sogar an Allergikertextilien. Auch in der Kategorie Technische Textilien gab es innovative Ideen. Eine davon entwickelten die Gewinner des 1. Preises, Raphael Geiger und Florian Fritz: Sie konstruierten ein bionisches Hydrofoil-Segelboot in Kohlenstoff-FaserverbundBauweise, das bei höheren Geschwindigkeiten über dem Wasser „fliegt“. Den 1. Preis in der Kategorie Modedesign verlieh Laudator Rolf Königs nach einer imposanten Modenschau Sebastian Dahlmans. Mit seinem außergewöhnlichen Stil, der in Opulenz schwelgt, aber dennoch den Zeitgeist von heute einfließen lässt, überzeugte er die Jury. masche 5
Kurz berichtet ////////////////////////////////////// Goldene Seidenschleife 2010 für Marc Cain Die Samt- und Seidenstadt Krefeld ehrte im September die Marke Marc Cain als international erfolgreich operierendes deutsches Modelabel und zeichnete sie mit dem traditionellen Mode- und Marketingpreis, der Goldenen Seidenschleife, aus. Im Rahmen der größten Straßenmodenschau der Welt, die in diesem Jahr zum 19. Mal stattfand, nahm Gründer und Inhaber Helmut Schlotterer den Preis entgegen. Mit dieser Auszeichnung würdigt die Stadt Krefeld Marken, die dem Modemarkt entscheidende wirtschaftliche Impulse geben und neue Horizonte aufzeigen. Gregor Kathstede, Oberbürgermeister von Krefeld, würdigte den Werdegang von Marc Cain zur Topmarke ebenso wie die Unverwechselbarkeit ihrer Kollektionen. „Das Unternehmen hat seit seiner Gründung einen kontinuierlichen Markenaufbau betrieben, der sich besonders durch eine absolut eigenständige modische Linie und eine konsequente stilistische Handschrift auszeichnet“. Marc Cain, das mittelständische Unternehmen mit Sitz im schwäbischen Bodelshausen, beschäftigt in Deutschland 706 Mitarbeiter, exportiert seine Coordinates weltweit und prognostiziert für das laufende Jahr einen Umsatz von 175 Millionen Euro. Foto: Marc Cain
////////////////// go-textile.de Zugriffszahlen seit Start der Kampagne am 1. September 2009
36.640 Besucher
179.553
///////////////////////////////// Textilforschung Eine 16-Seiten starke Broschüre zur europäischen Textilforschung ist in Kooperation mit Euratex, dem Forschungskuratorium Textil, dem Gesamtverband textil+mode und der Keppler-Medien-Gruppe entstanden. Sie zeigt in tabellarischer Form, welche Kompetenzen die beteiligten Forschungsinstitute in Europa auf bestimmten Themengebieten besitzen. Unternehmern und Forschern steht so ein Werkzeug zur Verfügung, um transnational geeignete Kooperationspartner für Projekte zu finden. Zweisprachig wendet sie sich an einen Leserkreis in ganz Europa und darüber hinaus. Druckexemplare können bei Interesse kostenfrei via E-Mail über Frau Hesse (ahesse@textilforschung.de) bestellt werden.
Seitenaufrufe
24.841 Gesamtzahl der Upload-Aufrufe von Go Textile!-Videos auf YouTube Stand November 2010 Zahlen laut Google Analytics
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////////// Unternehmerreise nach Ägypten im März Das ägyptische Handels- und Industrieministerium lädt im März 2011 zu einer internationalen Textil-Kontaktbörse nach Kairo ein. Der Fokus liegt dabei auf der Garnbeschaffung (Baumwoll-, Leinen- und Acrylgarne). Auch für Firmen, die sich für Lohnkonfektion in Ägypten interessieren, ist die Kontaktbörse geeignet. Die Organisation erfolgt gemeinsam mit dem Gesamtverband textil+mode. Die Kosten für Flug, Unterbringung und den Transport vor Ort werden vom Veran stalter übernommen. Interessierte Mitgliedsunternehmen werden gebeten, bei Gesamtmasche den Frage- und Anmeldebogen für die Kontaktbörse anzufordern. Ein detailliertes Programm und die genauen Reisedaten werden bis zum Jahresende veröffentlicht. Bei großer Nachfrage behält sich das Ministerium eine Teilnehmerauswahl vor.
////////// Luxuslagen im Vergleich Deutschlands Luxusmeilen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München können sich in Hinblick auf die Dichte an Toplabels problemlos mit den Renommiermeilen in Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und der Schweiz messen. Das Immobilien-Dienstleistungsunternehmen Jones Lang LaSalle hat Deutschlands Luxuseinkaufsstraßen erstmals einem direkten Vergleich mit den wichtigsten europäischen Renommierstraßen unterzogen. Dafür wurden 50 interna tionale Luxusmarken definiert und deren Präsenz in den 15 Top-Luxusmeilen Westeuropas untersucht. Ein Vergleich der Spitzenmieten sowie Kurzprofile der Straßen komplettieren die Bestandsaufnahme. In Deutschland sind die Mieten vergleichsweise günstig, nur in Spanien finden Luxusmarken Standorte zu
ähnlich günstigen Konditionen vor. Was die Dichte an Luxuslabels angeht, sind Düsseldorf und München fast gleichauf mit London. Allerdings sind in Städten wie London und Paris gleich mehrere hochwertige Luxuslagen anzutreffen. Die höchste Präsenz in den untersuchten 15 westeuropäischen Top-Lagen weisen Gucci und Salvatore Ferragamo mit jeweils 13 Boutiquen auf.
////// Neues vom Datenportal Statistikservice jetzt mit Konjunkturzahlen Das Datenportal für Textiler kommt mit einem neuen Service: Ab sofort können auch Konjunkturzahlen abgerufen und ausgewertet werden. Neben Außenhandelszahlen und umfangreichen Downloads finden sich jetzt Angaben zur Anzahl von Betrieben in der Textil- und Bekleidungsindustrie, ihren Beschäftigten sowie zu ihrem Umsatz. Diese werden in Kürze noch ergänzt um die Angaben zum Verdienst in der Branche sowie zu den geleisteten Arbeitsstunden. Mit diesem Service werden Daten aus den unterschiedlichsten amtlichen Quellen zusammengetragen und aktuell gehalten, denn nichts ist zeitraubender und ärgerlicher, als sich mühsam und zäh aus unterschiedlichsten Quellen Daten herausfiltern zu müssen. Eine neue Ära der statistischen Datenanalyse. Dieser Service ist ein besonderes Angebot ausschließlich für Mitglieder von Südwesttextil und Gesamt masche. Mitglieder erhalten ihre Zugangsdaten per E-Mail unter schneider@gesamtmasche.de.
/////// 5 elements.berlin Zwei Tage vor dem offiziellen Start der Berlin Fashion Week im Januar 2011 öffnet zum vierten Mal die 5 elements.berlin ihre Tore. „Am Sonntag können auch kleinere Händler die Messe besuchen“, begründet Messedirektor Andrew Lookman die Entscheidung für den vorgezogenen Termin. 2011 rechnet er mit einem deutlich ansteigenden Besucheraufkommen. „Berlin hat sich auch für die Wäsche- und Bademodenbranche zu einem Must-Have entwickelt. Alle wollen dabei sein.“ Um die 50 Aussteller werden vom 16. bis 18. Januar 2011 ihre bis zu 100 Marken und Kollektionen in den neuen Räumen präsentieren. Die Leitmesse für Wäsche und Bademoden gastiert zum ersten Mal in den Kabelwerken Berlin. Ihrem Motto „in bed with...“ folgend, wird ein wichtiges Gestaltungselement der 5 elements.berlin das Bett werden. Am Eröffnungsabend findet das Grand Opening im Berliner Club 40seconds am Potsdamer Platz statt. Täglich wird es zwei Shows geben. Auch Gesamtmasche ist wieder vor Ort und lädt am 17. Januar zu einem Fachvortrag zum Thema „Online-Handel“ ein. Einladungen werden in Kürze versandt. masche 7
Zentralasien Neuentdeckung der Seidenstraße
////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Die Seidenstraße, seit jeher Symbol für Austausch und Wohlstand, erlebt eine neue Blüte. Die Weltrohstoffnach frage ist seit 2000 der Hauptmotor des Aufschwungs in den Ländern Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan und Kirgisistan. Seit der Entdeckung riesiger Bodenschätze fließen jährlich viele Milliarden US-Dollar an Exporterlösen in die Region. Die eurasische Landbrücke als uralte Verbindung nach China und ganz Asien ist weiterhin Handels- und Transportweg, heute vor allem durch die Strecken für Öl- und Gaspipelines. Dieses Jahr wurde als zentrales Teilstück der WesteuropaWestchina-Autobahn der Streckenabschnitt Kasachstan in Angriff genommen. Bis 2013 sollen Europa und China über diese Landroute verbunden sein. Die weltweite wirtschaftliche Erholung hat die Nachfrage nach Erdöl, Erdgas und Erzen wieder steigen lassen. Die steigenden Rohstoffpreise stärken die Finanzierungsmöglichkeiten für die Modernisierung und Diversifizierung der Volkswirtschaften. Bürotürme und Einkaufspaläste, die in extravaganter Architektur die Prachtstraßen der Hauptstädte säumen, sind nur eine Seite der facettenreichen Region. Neben der Rohstoffgewinnung prägt das starke Gewicht der Landwirtschaft die Wirtschaftsstruktur der zentralasiatischen Republiken. Dabei spielt die Baumwollerzeugung traditionell eine wichtige Rolle. Für deutsche Unternehmen ist die riesige zentralasiatische Region längst kein weißer Fleck mehr auf der Landkarte. Allerdings bleiben die Auslandsgeschäfte bislang weit hinter dem Potenzial zurück, das die Republiken an der Seidenstraße bieten. Das einstige Armenviertel der Sowjetunion hing vor der Unabhängigkeit Anfang der 90er Jahre am Subven tionstropf Moskaus. Der Übergang zur Marktwirtschaft verlief holprig. Heute ist die Verringerung der Abhängigkeit vom Primärgüterexport erklärtes Ziel der zentralasiatischen Regierungen. Die verarbeitende Industrie steckt noch in den Anfängen. 8 masche
Neben energetischen Rohstoffen stellen Baumwolle und Gold wichtige Ausfuhrgüter dar. Derzeit stammen über 50 Prozent der deutschen Rohbaumwolleinfuhr aus Zentralasien. Usbekistan gehört zudem seit Jahren zu den wichtigsten Baumwollgarnlieferanten Deutschlands. Für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie bieten die Märkte Zentralasiens neue Chancen in Absatz und Beschaffung. Allerdings stellt die Region mit ihren insgesamt mehr als 63 Millionen Einwohnern einen äußerst heterogenen Markt dar und erfordert die differenzierte Betrachtung der einzelnen Länder. Angesichts der globalen Wirtschaftskrise setzten die Regierungen in Zentralasien auf Konjunkturpakete und Einzelmaßnahmen in Schwerpunktbranchen. Textil und Bekleidung gehören regelmäßig dazu. Kasachstan hat mit 19 Mrd. US-Dollar gemessen am BIP das größte Programm aufgelegt. Das Land ist der wichtigste Geschäftspartner deutscher Unternehmen in Zentralasien. Seine Wirtschaftsleistung hat sich in den letzten zehn Jahren versechsfacht. Aufgrund der engen Verflechtung seines Bankensystems mit den ausländischen Geldmärkten war Kasachstan empfindlich von der internationalen Finanzkrise betroffen. Von den Turbulenzen der weltweiten Krise weitgehend verschont geblieben sind Turkmenistan und Usbekistan. Sie sind bisher nur wenig in die internationalen Finanzmärkte eingebunden, und ihre Regierungen nehmen großen Einfluss auf die Gesamtwirtschaft. Der energie hungrige Nachbar China hat nach dem Krisenjahr 2009 für eine schnelle Wiederbelebung der Märkte gesorgt. Schwierig ist allerdings noch das rechtliche Umfeld, auch durch ständige Änderungen im Wirtschaftsrecht. Das Problem der Korruption in Verwaltung und wirtschaftlich dominierenden Großunternehmen ist nach wie vor groß und erreicht mindestens das Niveau, wie es aus anderen GUS-Staaten bekannt ist. Kasachstan wird auf der von Transparency International geführten „Korruptionsliste“ auf Platz 105 geführt. Noch weitaus brenzliger ist es um Usbe kistan und Turkmenistan bestellt, die sich Platz 172 teilen.
// Zentralasien
Russland
// Usbekistan
// Kasachstan
Bevölkerung: 28 Mio. Bevölkerungswachstum: 1,7 Prozent Hauptstadt: Taschkent Korrespondenzsprache: Usbekisch, Russisch, Englisch, Deutsch BIP 2009 (PPP): 78,4 Mrd. US-Dollar BIP pro Kopf (PPP): 2 800 US-Dollar BIP-Wachstum 2010: 8,2 Prozent Export 2009: 10,7 Mrd. US-Dollar Import 2009: 9,1 Mrd. US-Dollar
Bevölkerung: 15,5 Mio. Bevölkerungswachstum: 1,4 Prozent Hauptstadt: Astana Korrespondenzsprache: Kasachisch, Russisch, Englisch, Deutsch BIP 2009 (PPP): 182 Mrd. US-Dollar BIP pro Kopf (PPP): 11 800 US-Dollar BIP-Wachstum 2010: 4,0 Prozent Export 2009: 44 Mrd. US-Dollar Import 2009: 28,8 Mrd. US-Dollar
Wirtschaftliche Schwerpunkte: Öl- und Gasförderung, Baumwolle, Goldförderung, Textilindustrie, Seide, Fahrzeugbau, Chemie, Elektrotechnik, Bauwirtschaft
Wirtschaftliche Schwerpunkte: Öl- und Gasförderung, Erz- und Kohlebergbau, Energieversorgung, Getreideanbau, Logistik, Textilindustrie
Kasachstan
Kirgisistan Usbekistan Kaspisches Meer
China
Turkmenistan
Tadschikistan
Afghanistan
Iran
Pakistan
// Turkmenistan
// Tadschikistan
// Kirgisistan
Bevölkerung: 5 Mio. Bevölkerungswachstum: 1,14 Prozent Hauptstadt: Aschgabat Korrespondenzsprache: Turkmenisch, Russisch, Englisch BIP 2009 (PPP): 32,6 Mrd. US-Dollar BIP pro Kopf (PPP): 6 700 US-Dollar BIP-Wachstum 2010: 11,0 Prozent Export 2009: 6,7 Mrd. US-Dollar Import 2009: 4,1 Mrd. US-Dollar
Bevölkerung: 7,5 Mio. Bevölkerungswachstum: 1,85 Prozent Hauptstadt: Duschanbe Korrespondenzsprache: Tadschikisch, Russisch, Englisch BIP 2009 (PPP): 13,7 Mrd. US-Dollar BIP pro Kopf (PPP): 1 900 US-Dollar BIP-Wachstum 2010: 6,0 Prozent Export 2009: 1,1 Mrd. US-Dollar Import 2009: 2,9 Mrd. US-Dollar
Bevölkerung: 5,5 Mio. Bevölkerungswachstum: 1,4 Prozent Korrespondenzsprache: Kirgisisch, Russisch, Englisch Hauptstadt: Bischkek BIP 2009 (PPP): 12,1 Mrd. US-Dollar BIP pro Kopf (PPP): 2 200 US-Dollar BIP-Wachstum 2010: -3,5 Prozent Export 2009: 1,7 Mrd. US-Dollar Import 2009: 2,8 Mrd. US-Dollar
Wirtschaftliche Schwerpunkte: Gas- und Ölförderung, Baumwollwirtschaft, Bauwirtschaft, Tourismus
Wirtschaftliche Schwerpunkte: Aluminiumverarbeitung, Stromwirtschaft, Baumwolle, Textilindustrie, Nahrungsmittelindustrie
Wirtschaftliche Schwerpunkte: Bergbau, Stromwirtschaft, Nahrungsmittelindustrie, Baustoffe, Baumwolle, Textilindustrie, Tourismus
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Quellen: CIA World Factbook, EBRD, gtai
Indien
Im Jahr 2050 werden in den fünf Ländern voraussichtlich 80 Millionen Menschen leben. Die Bevölkerung ist extrem jung: Beinahe die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 25 Jahre. Schon heute bietet der Handel mit hochwertigen Konsumgütern lohnende Geschäftschancen. Die jungen Zentralasiaten geben ihr Geld vor allem gerne für Kleidung, Elektronik und Bildung aus. Eine weitere Chance liegt in der Zollunion zwischen Kasachstan, Russland und Belarus, die seit Anfang 2010 in Kraft ist, und der sich noch weitere Staaten anschließen könnten. Zwar ist die Zollunion mit Blick auf den problematischen Übergang bei der Vereinheitlichung technischer Standards noch nicht voll praxistauglich. Schon in naher Zukunft bietet der Freiverkehr aber Vorteile für Produktion und Vertrieb in den Teilnehmerstaaten.
Usbekistan Die bevölkerungsreichste zentralasiatische Republik ist ein Wachstumsmarkt mit reichen Natur- und Arbeitsressourcen. Bei einem relativ guten Ausbildungsniveau und einer sehr jungen Bevölkerung sind die Lohnkosten noch immer gering. Bis 2020 soll die Bevölkerung auf 40 Millionen Menschen anwachsen. Als Verkehrsdrehscheibe der Region bietet das Land als „Tor zum Osten“ zudem günstige Voraussetzungen für die regionale Zusammenarbeit. Antike Bauwerke künden von einer Zeit, in der die Gegend nicht nur bedeutendes Handelszentrum, sondern auch Mittelpunkt von Wissenschaft und Kultur war: Samarkand, Buchara, Chiwa und Taschkent gelten als Inbegriff orientalischer Schönheit und Mystik. Heute will Usbekistan das Erbe der Seidenstraße zu neuer Blüte führen. Und es hat sich seit der Unabhängigkeit des Landes vor 19 Jahren schon viel getan. Neben der Öl- und Gasförderung ist der Baumwollsektor für das Land von großer Bedeutung. Natürliche Ressourcen und niedrige Produktionskosten sind günstige Voraussetzungen für die Textil produktion. Es ist der Industriezweig, in den am meisten investiert wird. Mit einem jährlichen Ertrag von 1 Million Tonnen Rohbaum wolle ist Usbekistan sechstgrößter Baumwollproduzent der Welt. Weit über 70 Prozent davon gehen in den Export. Weniger bekannt ist die hohe Bedeutung der Seidenproduktion: Mit 24 000 Tonnen pro Jahr dürfte Usbekistan die weltweit höchste Pro-Kopf-Produktion an Seide erzielen. Am Weltseidenmarkt hält Usbekistan einen Anteil von ca. 5 Prozent. Die aktuellen Fertigungskapazitäten erlauben die Verarbeitung von über 300 000 Tonnen Baumwollfasern, die Herstellung von 250 000 Tonnen Baumwoll- und 5 000 Tonnen Wollgarn, von 410 Millionen Metern Baumwollstoffen und von 110 Millionen Bekleidungsteilen. In den Jahren 2000 bis 2009 sind rund 1,5 Mrd. US-Dollar ausländischer Investitionen in die usbekische
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Textil- und Bekleidungsindustrie geflossen. Seither gingen rund 200 Betriebe an den Start, die meisten mit ausländischer Beteiligung. Die Branche wird auch künftig im Zentrum des Investitionsgeschehens sein. Ein 1,7 Mrd. US-Dollar schweres Förderprogramm steht kurz vor der Verabschiedung. Dabei konzentrieren sich die geplanten Projekte auf eine größere Wertschöpfungstiefe, weit über die Faserverarbeitung hinaus. Die meisten ausländischen Teilhaber an usbekischen Textil- und Bekleidungsfirmen kommen aus der Türkei (42), daneben spielen Engagements russischer, britischer, koreanischer und US-amerikanischer Investoren eine Rolle. Im Jahr 2009 exportierte Usbekistan Textilien und Bekleidung im Wert von 385 Mio. US-Dollar, vornehmlich Baumwollgarne und Rohgewebe. Fast neun Zehntel der Ausfuhren entfallen heute auf Unternehmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung. Die Baumwoll garnproduktion ist im ersten Halbjahr um 49 Prozent auf 98 400 Tonnen gestiegen. Die Herstellung von Maschenstoffen legte um 89 Prozent auf 9,9 Millionen Tonnen zu. Mit 24,4 Millionen Teilen wurden 39 Prozent mehr Maschenbekleidung gefertigt als im Vorjahreszeitraum. Der Modernisierungsbedarf in der Branche ist weiterhin enorm. Während der Bau neuer Fabriken relativ gut vorankommt, fallen die Fortschritte bei der Erneuerung des bestehenden Anlagenparks bescheiden aus. Die bisher nur langsam in Schwung gekommene Erneuerung bestehender Kapazitäten ist auch der Hauptgrund dafür, dass die bereits für das Jahr 2008 avisierte Verarbeitungsquote von 50 Prozent, gemessen am inländischen Baumwollfaseraufkommen, bisher deutlich verfehlt wurde. Zudem ist die heutige Produktion von Stoffen bisher nur auf ein schmales Sortiment ausgerichtet, im Wesentlichen geeignet für Bett- und Tischwäsche, Arbeitskleidung und einfache Oberbekleidung. Die Fertigung von Hemden- und Jeansstoffen, feinen Baumwollstoffen, modernen Seidenstoffen und Mischgeweben kommt aber langsam in Fahrt.
Corruption Perception Index
Deutscher Textil- und Bekleidungshandel mit Zentralasien Nach dem krisenbedingten Knick erholt sich der Handel wieder. Die Exporte gehen zu 90 Prozent nach Kasachstan. Importe, vor allem Baumwolle und Baumwollgarne, kommen vorwiegend aus Usbekistan.
Brasilien 60
China Indien
CPI 2010
Belarus
CPI 2009
Ukraine
50 Export 40
Russland Kasachstan
Import
30
Tadschikistan Kirgisistan
20
Usbekistan Turkmenistan
10
20
40
60
80 100 120 140 160 180 200 Quelle: Transparency International
Kasachstan Mit einem Bruttoinlandsprodukt von über 180 Mrd. US-Dollar in Kaufkraftparitäten ist Kasachstan nicht nur die flächenmäßig größte, sondern auch die leistungsstärkste und kaufkräftigste Volkswirtschaft der Region. Der Mittelstand wächst, und die GUSRepublik wird als Absatzmarkt für hochwertige Waren immer attraktiver. Die rasch steigenden Einkommen sorgen für eine hohe Nachfrage nach Konsumgütern aller Art. Sowohl die betuchteren als auch die weniger gut verdienenden Haushalte sind konsumfreudig und setzen bei ihren Ausgaben immer mehr auf Qualität. Produkte aus Deutschland genießen hohes Ansehen. Bisher konzentriert sich der Wohlstand auf Orte wie die Hauptstadt Astana, die Wirtschaftsmetropole Almaty sowie die Städte der westkasachischen Ölregion. Mit anhaltend hohen Wachstumsraten nimmt die Kaufkraft inzwischen aber in allen Landesteilen zu. Die Hauptstadt Astana ist der Inbegriff der neuen Zeit. Prestige objekte wie das Einkaufs- und Vergnügungszentrum Khan Shatyr, ein Glaszelt mit 100 000 Quadratmetern Fläche, zeigen der Welt den Reichtum aus dem Rohstoffgeschäft und ein Land auf Erfolgskurs. Weitere Großprojekte sind der Ausbau der Hafenstadt Aktau am Kaspischen Meer oder die Gründung einer Casino-Stadt in der Nähe der Wirtschaftsmetropole Almaty, die vor allem Gäste aus dem nahen China anlocken soll. Gemessen an seinen Bodenschätzen gilt Kasachstan als das zehntreichste Land der Erde. In den Jahren nach der Jahrtausendwende glänzte das Land mit jährlichen Wachstumsraten von 10 Prozent. 2008 kam der jähe Einbruch, die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise ließ die Nachfrage nach Rohstoffen zusammenbrechen, die Preise verfielen. Die kasachischen Banken, die ihre Kreditvergabe großzügig ausgeweitet und sich die Mittel dafür im Ausland beschafft hatten, gerieten ins Schleudern. Nach wie vor gibt es für Lieferungen nach Kasachstan keine Hermes-Bürgschaften. Doch selbst während der Krise ist die kasachische Wirtschaft weiter gewachsen. 2010 soll das BIP wieder um 6 Prozent steigen.
0 Mio. €
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Quelle: EUROSTAT
Der kasachischen Regierung ist längst klar: Für langfristigen und stabilen Erfolg sind diversifizierte Wirtschaftsstrukturen notwendig. Dafür will Kasachstan verstärkt ausländische Investoren anziehen. Ausländer profitieren vom stabilen politischen System und der Tatsache, dass sie Immobilien und Land besitzen dürfen. Der Boom schlägt sich auch auf dem Gewerbeimmobilienmarkt nieder: Bis 2012 soll der Bestand an Büroflächen in Almaty auf über eine Million Quadratmeter anwachsen – im Vergleich zu 2008 fast eine Verdopplung. Kasachstan möchte nicht nur durch mehr Vielfalt in der Wirtschaft unabhängiger vom Rohstoffexport werden, sondern auch seine Regionen stärken. Einige Gebiete des riesigen Steppenstaates haben vom raschen Wachstum bislang wenig profitiert. Bei der wirtschaftlichen Entwicklung der bevölkerungsreichsten Region Kasachstans, des Verwaltungsgebietes Südkasachstan, steht der Ausbau der Freien Wirtschaftszone Ontustik oben auf der Prioritätenliste. Auf dem 200 Hektar großen Gebiet soll ein Textil- und Bekleidungs cluster aus 10 bis 14 Firmen entstehen. Daneben ist die Ansiedlung branchenspezifischer Dienstleister und Logistikzentren geplant. Investoren, die sich in der Zone engagieren, winkt bei Einhaltung von Local Content-Auflagen die Befreiung von der Gewinn-, Grund- und Vermögenssteuer bis Mitte 2030. Außerdem fördert der Staat die Ansiedlung durch Zollvorteile und den günstigen Bezug von Energie und Wasser. Die Baumwollverarbeitung hat durch die günstigen Beschaffungswege für den Rohstoff Tradition. Hauptprodukte sind bislang im Wesentlichen Baumwollgarne und rohe Baumwollstoffe. Nach dem Zerfall der Sowjetunion ist die kasachische Textilund Bekleidungsindustrie auf einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Größe geschrumpft, da alte Lieferbeziehungen zerbrachen, während die Handelsliberalisierung billige Importe ins Land brachte, mit denen die heimischen Produkte so schnell nicht konkurrieren konnten. Das kasachische Marktvolumen für Textilien und Bekleidung von über 1 Mrd. US-Dollar wird heute nur zu 8 Prozent aus der Inlandsproduktion bedient.
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Seit über 100 Jahren steht Bekleidung von strickchic für Qualität und Mode „Made in Germany“. Alle Waren werden komplett in Apolda gefertigt. Neben der Damenlinie Laura Sarini produziert strickchic auch Spezialitäten wie die High-Tech-Wäsche warmX oder robuste Troyer mit dem Prädikat „seewasserecht“. Außerdem fertigt strickchic für mehrere Berliner Designer. Im November ging die neue Herren-Kollektion Louis Leonhardt an den Start (www.louis-leonhardt.de).
Interview ////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////// masche im Gespräch mit Gerald Rosner Herr Rosner, in Apolda hat Stricken lange Tradition. Wie fing bei strickchic alles an? Mein Urgroßvater hat den Betrieb 1896 gegründet. In den 20er Jahren hatte die Firma schon über 100 Mitarbeiter. Damals haben wir alles gestrickt, von der Unterhose bis zur Jacke. Das lief so bis in die Nachkriegszeit. 1959 ist uns dann per Gesetz eine staatliche Beteiligung aufgezwungen worden, die Gewinne wurden zu 90 Prozent weggesteuert. Aber immerhin behielt mein Großvater das Sagen. 1961 übernahm mein Vater den Betrieb und war bis 1972 Inhaber. In den 60er Jahren lebte die DDR ganz gut von dieser Art halbstaatlicher Betriebe. 1972 hat Honecker dann in einer Blitzaktion innerhalb von sechs Wochen alles verstaatlicht. Im Grunde war schon damals die Wende nur noch eine Frage der Zeit, denn die wirtschaftliche Grundlage der DDR war zerschlagen. Wie hat die Firma die Zeit der Verstaatlichung überstanden? In den 60ern klapperten in Apolda überall die Strickma schinen. Bei nur 36 000 Einwohnern gab es an die 1 000 Betriebe, manche mit nur einer Maschine. Weil der Staat das kaum kontrollieren konnte, hat man die Aktivitäten 12 masche
zusammengelegt. Bis 1989 waren 8 000 Beschäftigte der Strickwarenindustrie in fünf großen Betrieben zusammen geschlossen. Zunächst hat man die ehemaligen Firmeneigner zu Betriebsdirektoren gemacht. Man war ja auf deren Knowhow angewiesen. Später wurden sie dann meist aus den Führungsetagen gedrängt. Mein Vater blieb bis zur Wende Verkaufsleiter. Wir waren mit 250 Mitarbeitern der kleinste der fünf Betriebe und für die Binnenversorgung zuständig. Vor allem haben wir Damenmode an die Exquisit-Läden geliefert, wo es sehr teure Produkte gab. Dafür brauchte man flexible, kleine Firmen mit guter Ausrüstung. Unser Maschinenpark blieb deswegen ganz gut in Schuss. Nach der Wende haben Sie strickchic über nommen. Wie verliefen die ersten Jahre? Die Besitzer der drei Firmen, die mit uns zwangsverschmolzen worden waren, wollten nur ihre Gebäude zurück, und wir haben die Produktion auf die Fläche des ehemaligen Stammhauses konzentriert. Damenmode blieb unser Schwerpunkt. Zu DDR-Zeiten hatten wir von Exquisit, Konsum und den HO-Märkten gelebt. Die waren alle nach einem Jahr verschwunden. Während andere Betriebe, finanziert über Hermesbürgschaften, weiter Auslandsaufträge bedienten,
standen wir ohne Kunden da. Wir starteten von Null, aber unter den Bedingungen der Wende-Euphorie: Der Einzelhandel wuchs, und wir konnten uns schnell etablieren. Bis vor zehn Jahren haben wir zu 95 Prozent vom Fachhandel gelebt. Dann kam die schrittweise Liberalisierung der Textilquoten. Klar, das geschah in Stufen, und wir haben vorher Bescheid gewusst. Trotzdem war das mit ein Auslöser für die Verschiebung des Geschäfts hin zu den großen Ketten, weg vom Facheinzelhandel. Die deutschen Konsumenten sind besonders preissensibel. Für Bekleidung wird ein kleinerer Einkommensanteil aufgewendet als in anderen Ländern. Wie gehen Sie damit um? Wir besetzen Nischen und haben uns ab 2003 weitere Standbeine aufgebaut. Dazu gehört die Entwicklung von warmX, einer aktiv heizenden Unterwäsche, die patent rechtlich geschützt ist. Außerdem stricken wir originale, seewasserechte Seemannstroyer. Den „Blauen Peter“ verkaufen wir hauptsächlich an der Nordsee. Außerdem stricken wir im Auftrag für verschiedenste Firmen und Institutionen. Unser Vorteil ist dabei unsere Flexibilität: Wir nehmen auch Kleinstaufträge ab 10 Stück pro Farbe an. Die Ausbreitung der großen Ketten hat eine Gegenbewegung entstehen lassen, von der wir profitieren. Besonders in Berlin hat sich eine lebendige Designer-Szene entwickelt. Diese Leute fliegen nicht für 50 oder 100 Teile nach China. Auf warmX sind Sie besonders stolz. warmX ist einzigartig, weil die eingestrickten Silberfäden die Wärme direkt auf der Haut abgeben. Die silberbeschichteten Fäden gibt es im Markt schon lange. Die Herausforderung war, sie den textilen Alltagsbedingungen zu unterwerfen – z. B. der Maschinenwäsche. Die Elektronik habe ich selbst entwickelt. Zusammen mit einer befreundeten Jenaer Elektronikfirma haben wir das Produkt zur Serienreife gebracht. Beheizbare Unterwäsche ist überall ideal, wo Menschen viel Zeit in kälterer Umgebung verbringen, sich aber nicht ständig bewegen, wie z. B. Jäger oder Menschen im Rollstuhl. Ein positiver Nebeneffekt ist die antibakterielle
Wirkung des Silbers. Durch warmX sind Forschungsinstitute auf uns aufmerksam geworden, mit denen wir heute zu sammenarbeiten. Dabei geht es z. B. um Sensor- und Messtechnik. Die Marke hatte einen unerwartet mühsamen Start, obwohl wir alle möglichen Preise eingeheimst haben. Der Fachhandel hat zu viel Angst vor Neuem. Ein sinnvolles Einsatzgebiet wäre die Berufsbekleidung, aber die darf in Deutschland ja leider fast nichts kosten. Heute vertreiben wir warmX überwiegend über unseren Online-Shop. Ein immer wichtiger werdender Markt sind Sanitätshäuser. Das letzte Jahr war für viele in der Branche nicht einfach. Inzwischen zieht die Konjunktur wieder an. Wie haben Sie 2009 / 2010 erlebt? Wir haben die Krise nicht bemerkt. Unser Umsatz ist fast konstant geblieben. Das liegt daran, dass wir heute sehr diversifiziert arbeiten. Natürlich macht uns der schrumpfende Fachhandel Sorgen. Das kompensieren wir aber durch andere Felder. Ein großer Vorteil ist, dass wir finanziell solide dastehen. Wir haben die Firma in drei Stufen aufgebaut und dabei immer nur das investiert, was wir ohne Kredite oder Leasingverträge stemmen konnten. Das haben wir jetzt 20 Jahre durchgehalten. Insgesamt sind 7 Mio. Euro in neue Maschinen und Gebäude geflossen. Es kann immer Phasen geben, in denen es nicht so gut geht. Wenn ich denke, was meine Vorfahren alles erlebt haben – Kriege und die Weltwirtschaftskrise. Betriebswirten sträuben sich jetzt vielleicht die Haare, aber man kann nicht alles ausrechnen, was im nächsten Jahr passiert. Vielleicht liegt es auch an unserer Geschichte hier. Ich schätze Unabhängigkeit als sehr hohes Gut. Vor dem Aufbau weiterer Standbeine hat strickchic eine schwere Zeit erlebt. Vor zehn Jahren sind wir für Investitionsförderungen eine Verpflichtung für den Bestand an Arbeitsplätzen einge gangen. Das hätte uns beinahe die Existenz gekostet. Wir mussten, als die Verpflichtung abgelaufen war, unsere Belegschaft schließlich stark reduzieren. Wir hatten 50 Mitarbeiter, aber nur für 25 war Arbeit da. Entlassungen masche 13
mit Sozialplan hätten uns finanziell überfordert, der Rest der Belegschaft hätte dann ebenfalls auf der Straße gestanden. Ich habe das meinen Mitarbeitern ganz offen gesagt und allen gekündigt. Schon nach zwei Tagen habe ich mit der Gewerkschaft eine Lösung gefunden. Die Hälfte des Personals wurde in eine Beschäftigungsgesellschaft übernommen. Heute sind wir immerhin wieder 30 Mitarbeiter. Für viele Mittelständler sind unsere starren Kündigungsschutzgesetze ein großes Problem. Man verkleinert sich doch nur, wenn man es muss. Hire and Fire? Wer macht das denn? Gute und erfahrene Leute will doch jeder halten. Ein weiteres schwieriges Thema: Leider gibt es auch in Deutschland Menschen, die nicht erwirtschaften können, was sie für ihr Auskommen verdienen müssen. Das gehört zur Gesellschaft dazu. In unserem System werden diese Leute aber nicht integriert. Stattdessen verlagern wir einfache Arbeiten nach Asien und beruhigen unser Gewissen mit Hartz IV. Junge Designer als neue Klientel, das Internet als wichtiger Vertriebskanal – wie geht es weiter? Durch unsere Nischenstrategie sehe ich entspannt in die Zukunft. Es gibt noch viele gute Einzelhändler, aber leider kommen wenige nach. Unser Online-Geschäft wird, auch aus diesem Grund, weiter wachsen. Unser jüngstes Projekt ist ein Shop für unsere neue Herrenkollektion Louis Leonhardt. Bei unserer Auftragsproduktion haben wir die höchsten Zuwachsraten und sehen noch großes Potenzial. An unserer Damenkollektion halten wir unbedingt fest, denn Laura Sarini ist unser modisches Aushängeschild und hat den größten Anteil am Umsatz. Unser Testimonial Heike Drechsler verkörpert die
Marke in idealer Weise. Traditionell richtete sich Laura Sarini an die „Frau ab 40“. Solche Klassifizierungen sind heute eigentlich überholt. Die Leute lassen sich nicht mehr vorschreiben, was sie in einem bestimmten Alter zu tragen haben. Etwa ein Fünftel von Laura Sarini geht in den Export. Bei warmX entwickelt sich das Auslandsgeschäft dynamischer, auch durch den Internet-Vertrieb. Momentan arbeiten wir an der richtigen Vertriebsform für den russischen Markt. Viele Konsumenten beklagen die Eintönigkeit des Modeangebots in Deutschland. Was ist zu tun? Wir müssen die Wünsche unserer Kunden ernster nehmen. Die Leute wollen keine Uniformierung mehr, wie sie sie durch die Vertikalen vorgesetzt bekommen. Außerdem haben die Kunden Marken satt, die ihr eigentliches Produkt vergessen haben. Viele Firmen müssen immer mehr Geld für ihr Marketing ausgeben, und für das Produkt bleibt nichts mehr übrig. Das ist nicht nachhaltig. Wo soll man denn hin mit den Kostensteigerungen, wenn Eckpreislagen vorgegeben werden? Und man nicht mehr weiter ostwärts kann? Das schreit nach Gegentrend. Langsam trennt sich die Spreu vom Weizen. Und bei uns ruft fast jeden Tag einer an, der was gestrickt haben möchte. Das war vor ein paar Jahren längst nicht so. Die Fertigung am Standort Apolda gehört zu Ihrer Unternehmensphilosophie. Wird Qualität „Made in Germany“ wieder mehr geschätzt? Wir stricken und nähen schon immer alles ausschließlich im eigenen Haus. Nach Möglichkeit verwenden wir Garn aus der Region. Wir glauben einfach, dass wir sehr gut können, was wir tun, und hier der beste Platz dafür ist. Diesen Wert wollen wir unseren Kunden vermitteln. Früher galt „Made in Germany“ in der Mode als verstaubt. Heute sind die Leute wieder stolz auf ihr Land. In diesem Zusammenhang verstehe ich nicht, was an
einer verpflichtenden „Made in“-Kennzeichnung so schlecht sein soll. Viele Unternehmen der Maschenindustrie haben eine hohe Inlandswertschöpfung, konfektionieren aber im benachbarten Ausland. Sie würden durch ein Zwangslabel bestraft. Ich sehe ja ein, dass das nicht in jedem Bereich so wie bei uns funktionieren kann. Das muss jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden. Vielleicht überlegt sich der eine oder andere ja doch, auch die Konfektion wieder an den Standort zurückzuholen. Dieser Prozess ist aufgrund anderer Faktoren bereits im Gang. Das „Made in“-Label könnte das beschleunigen. Sie sitzen in der Jury des Apolda Design Award. Vor 20 Jahren wussten die Menschen nicht einmal, dass es Apolda überhaupt gibt. Heute lenkt der Preis erfolgreich den Blick der Modewelt nach Thüringen. Die Konstruktion ist einzigartig, denn nicht jeder kann sich bewerben: Wir wenden uns an die renommiertesten Modeschulen Europas und bitten die Professoren, die beiden besten Diplomarbeiten bei uns einzureichen. Wir bekommen dadurch die besten Design-Studenten eines Jahrgangs nach Apolda. Großen Modefirmen wie Hugo Boss, s.Oliver oder H&M ist die Sache viel Geld wert. Außerdem platzieren sie gerne ihre Chefdesigner in der Jury. Wir haben es beim vorletzten Award sogar geschafft, Karl Lagerfeld nach Apolda zu holen. Den Preis verleihen wir alle drei Jahre. Daneben gibt es jedes Jahr eine große Modenschau und den „Strickworkshop“: Studenten gehen für eine Woche in die Betriebe der Region und erstellen mit den Technikern vor Ort eine Kollektion. Die wird dann auf der Modenschau gezeigt. Wir möchten, dass Apolda den jungen Designern im Gedächtnis bleibt. Was ist für die Branche derzeit besonders wichtig? Die Rückbesinnung auf das Produkt. Die Menschen werden nicht mehr akzeptieren, teures Marketing zu kaufen und dahinter dann ganz simple Ware vorzufinden. Wir müssen nicht nur unsere Kunden begreifen, wir brauchen umfassendes Wissen zum Produkt und seiner Herstellung, um wirklich glaubwürdig zu sein. Bei strickchic bilden wir jedes Jahr aus – in der Strickerei, der Konfektion und im kaufmännischen Bereich. Wir haben sehr spezielle, zum Teil selbst entwickelte Strick- und Konfektionsmaschinen. Wir können nicht einfach jemand einstellen, der das dann gleich kann. Leider haben wir in Deutschland schon viel ProduktKnowhow verloren. Viel davon befindet sich im Ruhestand oder in anderen Ländern. Es dauert lange, sich das wieder aufzubauen. Also müssen wir uns schleunigst daranmachen.
Erzählen Sie uns bitte noch etwas über sich. Ich bin Jahrgang 1961 und habe, wie die meisten hier, die polytechnische Oberschule in Apolda besucht. Anschließend habe ich eine dreijährige Strickerlehre gemacht, parallel dazu das Abitur. Schon als Kind hat mich alles fasziniert, was mit Elektronik zusammenhängt. Mein Studium der technischen Kybernetik in Chemnitz, damals noch Karl-Marx-Stadt, war deshalb genau das Richtige. Später habe ich in der Forschungsabteilung eines Apoldaer Strickunternehmens gearbeitet – damals das größte Unternehmen am Ort. Dann kam die Wende, und im Sommer 1990 die Privatisierungsfrage. Ich war ja eher in der Elektronik zuhause und hatte mit Textilien eigentlich nicht viel am Hut. Aber da gab es auf einmal einen komplett arbeitenden Betrieb für mich, eine ganz andere Ausgangsposition, als ich es mir je hatte vorstellen können. Durch mein Fachwissen im Bereich Steuerungstechnik hatten wir anderen außerdem etwas voraus. Ich erinnere mich gerne an die Aufbauarbeit in den 90ern. Hans Pfohe von Lucia hat uns dabei sehr unterstützt. Meine Frau leitet das örtliche Gymnasium, und wir haben vier Kinder. Wir sind beide bei Rotary aktiv und organisieren den Jugendaustausch für den Distrikt. Über die Denkweise von Lehrern und im öffentlichen Dienst, die zuweilen anders ist als die von Unternehmern, unterhalten wir uns oft zuhause. Dadurch weiß ich heute viel über die Bildungsmisere in unserem Lande. Das weiter sinkende Niveau an unseren Schulen gefährdet den Standort Deutschland massiv. Meine persönliche Leidenschaft gilt dem Bau von ferngesteuerten Rennbooten. Das Schöne dabei: Man sieht, was man macht – ein guter Ausgleich zum manchmal strapaziösen Büroalltag. 1995 habe ich sogar die Weltmeisterschaft in Polen gewonnen. Schon zu DDR-Zeiten kam ich durch den Sport viel herum, auch zur WM nach China. Dadurch war ich am 4. Juni 1989 zufällig auf dem Platz des Himmlischen Friedens, bin dort zwischen den Studenten herumgelaufen. Als wir am nächsten Morgen in Berlin landeten, hörten wir von der blutigen Niederschlagung des Aufstands am Vorabend. Dieses Erlebnis hat mich nie mehr losgelassen. masche 15
Insolvenz in der Insolvenz Quelle und die Konsequenzen ///////////////////////////////////////////////// Walter Brogsitter Am 1. September 2009 wurde über das Vermögen der Quelle GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Bereits mit Schreiben vom 25. August 2009 hatte der Insolvenzver walter, Rechtsanwalt Dr. Klaus Hubert Görg, den Lieferanten mitgeteilt, dass Lieferungen ab September 2009, die durch ein dem Lieferanten eingeräumtes Limit gedeckt sind, als sogenannte Masseverbindlichkeit vorrangig gesichert seien. Im Klartext: Wenn der betreffende Lieferant das Limit nicht überschreitet, dann wird die Rechnung auch bezahlt. Viele Lieferanten haben sich auf diese Zusage verlassen, insbesondere auch deswegen, weil sie von einem der renommiertesten Insolvenzverwalter Deutschlands abgegeben wurde. Die Lieferungen erfolgten auf offene Rechnung. Aus fast heiterem Himmel hat der Insolvenzverwalter den Lieferanten dann jedoch im November erklärt, dass er dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit angezeigt habe. Die Folge: Trotz seiner ursprünglichen Zusage könnten zunächst keinerlei Zahlungen auf diese so genannten Altmasseverbindlichkeiten erfolgen. Die Entwicklung des Massevermögens müsse abgewartet werden. Die Insolvenz in der Insolvenz – eine Hiobsbotschaft für die Lieferanten! Welche Maßnahmen stehen den Lieferanten zur Verfügung? Klage auf Schadensersatz gegen den Insolvenzverwalter? Eine solche Klage ist gem. § 61 InsO grundsätzlich möglich, weil der Insolvenzverwalter den Massegläubigern zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er eine durch ihn begründete Verbindlichkeit aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllen kann. Diese Klage hat jedoch dann keinen Erfolg, wenn der Insolvenzverwalter nachweisen kann, dass er bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, dass die Masse nicht zur Erfüllung der Verbindlichkeit ausreichen wird. Möglicherweise wird Rechtsanwalt Görg einen solchen Nachweis jedoch führen können, da er nach seinen Aussagen während des Insolvenzverfahrens Quelle ständig von Wirtschaftsprüfern beraten war und auch ständig einen Liquiditätsplan erarbeitet hätte. Deshalb muss eine Klage gegen den Insolvenzverwalter sehr 16 masche
sorgfältig geprüft werden, da im Falle des Unterliegens der Kläger die vollen Kosten des Prozesses zu zahlen hat und ein solcher Prozess durch alle Instanzen bis zum Bundes gerichtshof gehen könnte. Hoffen auf Zahlungen aus der Masse? Diese abwartende Haltung könnte zunächst die Alternative sein. Insbesondere auch deswegen, weil nach jüngsten internen Aussagen des Insolvenzverwalters berechtigte Hoffnungen darauf bestehen, dass tatsächlich Zahlungen geleistet werden können – allerdings wohl erst in ein oder zwei Jahren. Dies ist für die Lieferanten immerhin ein Lichtblick. Möglicherweise wird der Lichtblick dadurch stärker, dass sich der Insolvenzverwalter entschließt, aus den erheblichen Barbeträgen, die ihm zur Verfügung stehen, noch im Jahr 2010 eine erste Teilzahlung an die Lieferanten zu leisten. Dies wird auch davon abhängen, ob der Gläubigerausschuss und das Insolvenzgericht einer solchen Teilzahlung zustimmen. Anfang November hat Rechtsanwalt Dr. Görg angekündigt, dass eine erste Abschlagszahlung von „reichlich 50 Prozent“ zum Jahreswechsel – noch im Dezember 2010 – vorbereitet werde. Welche Konsequenzen ergeben sich für die Lieferanten? Im Fall Quelle sollte vor einer Klage abgewartet werden, ob vom Insolvenzverwalter Zahlungen erfolgen oder konkret in Aussicht gestellt werden. Die Folge für andere Insolvenzverfahren lautet: Zahlungs zusagen für Lieferungen nach der Insolvenzeröffnung haben für die Lieferanten – wie der Fall Quelle zeigt – selbst bei renommierten Insolvenzverwaltern nur einen bedingten Wert. Wenn solche Lieferungen auf offene Rechnung erfolgen, so sind sie mit dem Risiko der Insolvenz in der Insolvenz belastet. Dies kann dadurch vermieden werden, dass Lieferungen nach Insolvenzeröffnung grundsätzlich nur gegen Vorkasse erfolgen oder zumindest mit einem ganz kurzen Zahlungsziel. Das Zahlungsziel von 60 Tagen, wie es die Einheitsbedingungen vorsehen, ist nicht empfehlenswert.
Die Preise bleiben hoch Ressourcenknappheit kein kurzfristiges Phänomen ///////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Seit Monaten macht der Höhenflug der Baumwollpreise Schlagzeilen. Die Preisexplosion werde sich in höheren Verbraucherpreisen niederschlagen, meinen Wirtschaftsjournalisten. Ernteausfälle, höhere Verbrauchsprognosen und die indischen Exportbeschränkungen heizten die Notierungen an den Warenterminbörsen an. Anfang November kletterte der Cotlook A Index weit über 1,60 US-Dollar für das Pfund Baumwolle. Inzwischen haben sich die Märkte etwas beruhigt: Die Ernte in den USA ist gut verlaufen, und durch die wiederaufgenommenen Verstetigte Angebotslücke Lieferungen Indiens ist 28 27 die Versorgung stabiler geworden. Die chinesische 26 25 Regierung hat Kredite 24 begrenzt, die zur Spekula23 tion auf den Agrarmärkten 22 verwendet werden 21 können. 20 Mio. t 2003 2005 Alles nur eine BörsenBlase? Sicher nicht. Experten gehen davon aus, dass der Baumwollpreis im Jahr 2011 nicht mehr unter 1 US-Dollar pro Pfund sinken wird. Der Grund ist die langfristige Knappheit des weißen Goldes. Die Produktion wächst zwar, hält aber mit dem steigenden Verbrauch nicht Schritt. Derzeit besteht eine Angebotslücke von ca. 1 Million Tonnen. Die weltweiten Lagerbestände befinden sich auf einem historischen Tiefstand. Berücksich tigt man ihren Schwund seit der Vorsaison, vergrößert sich die Lücke sogar auf nahezu 4 Millionen Tonnen. Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung sowie steigender Einkommen in den großen Schwellenländern wächst der Weltfaserverbrauch rasant, alleine in 2009 – trotz Wirtschaftskrise – um über 4 Prozent auf insgesamt 70,5 Millionen Tonnen. Bis 2050 dürfte er sich mindestens verdreifachen. Um den Baumwollanteil am Fasereinsatz konstant zu halten, müsste der jährliche Ertrag bis 2020 um 13 Millionen Tonnen ausgeweitet werden. Das wäre gegenüber der aktuellen Produktion eine Steigerung von über 50 Prozent. Doch die Anbauflächen sind begrenzt. Baum wolle braucht viel Wasser und gedeiht nicht überall. Sie muss mit anderen cash crops konkurrieren, und, noch wichtiger, mit der Nahrungsmittelversorgung für immer mehr Men-
schen. Nennenswerte Ertragssteigerungen wird es in den nächsten Jahren kaum geben. Die Biotech-Karte ist weitgehend ausgespielt – und auch nicht überall erwünscht. Dazu kommen häufigere Wetterextreme durch den Klimawandel. Chemiefasern haben am Gesamtverbrauch von Fasern mit über 60 Prozent längst einen größeren Anteil als Naturfasern. Neue Einsatzgebiete von Textilien sind oft chemiefaserbasiert. Unbegrenzt verfügbar sind aber auch künstliche und synthetische Fasern und Garne nicht. Auch ihre Preise sind in den vergangenen Monaten steil angestiegen, zum Teil über 20 Prozent seit Jahresanfang. Die Weltproduktion von Baumwolle hohen Baumwollpreise bewirken einen MitnahmeWeltverbrauch von Baumwolle effekt und haben die Nachfrage nach Viskose und Modal gestärkt. Auch 2009 2007 Polyester und Polyamid Quelle: US Department of Agriculture profitieren von der Baumwoll-Hausse und der Suche nach Substituten. Billiger werden sie dadurch natürlich nicht. Und auch für den Synthetik-Bereich gilt das Gesetz knapper Ressourcen. Ziehen die Preise für Erdölderivate an, verteuert sich die Faserproduktion. Die wachsende Weltbevölkerung wird in den kommenden Jahren nicht nur eine größere Textilmenge nachfragen, sondern insgesamt mehr erdölbasierte Produkte verbrauchen. Die Ressourcenknappheit wird in Kombination mit der wachsende Weltnachfrage die Preise kaum wieder sinken lassen. Neben steigenden Vormaterialkosten erhöht die Verteuerung der Produktion am Standort wie in den asiatischen Beschaffungsmärkten den Druck auf die Einzelhandelspreise. Doch die Angst, die preissensible deutsche Kundschaft zu verschrecken, ist groß. In der Geiz-ist-GeilÄra wurden die Kunden durch wertevernichtende Werbemaßnahmen zu Schnäppchenjägern erzogen. Das hat die Einzelhandelskultur tiefgreifend verändert und ging zulasten von Preisen und Angebot. Sich daraus zu befreien, ist so schwierig wie unumgänglich. Dem Kunden muss glaub würdig vermittelt werden, dass er mit den realen auch subjektiv „vernünftige“ Preise zahlt. masche 17
Pariser Wäscheträume Charlotte Giraudineau zum neuen Look der Interfilière
////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Die nächste Ausgabe der Interfilière, der führenden internationalen Fachmesse für Stoffe und Zubehör für Bodyund Beachwear, findet vom 22. bis zum 24. Januar 2011 parallel zum Salon International de la Lingerie in Paris Porte de Versailles statt. Nach dem erfolgreichen Verlauf der Interfilière im Januar und September 2010 sind die Erwartungen für die bevorstehende Auflage hoch gesteckt. „Ab Januar wartet die Interfilière mit vielfältigen Neuigkeiten auf “, verspricht Messeleiterin Charlotte Giraudineau. „Die Frühjahrsmesse präsentiert sich in einem völlig frischen Look mit einem neuen Standbaukonzept, das eine modernere Atmosphäre und ideale Geschäftsbedingungen schafft.“ Besonderen Wert legt die Interfilière auf Mode und Trends. Sobald der Besucher die Messe betreten hat, soll ihn der Fashion Way zum „General Forum“ weiterleiten, wo ihn Inspirationen für den Sommer 2012 erwarten. „Im Herzen des Forums präsentieren die Aussteller ihre aktuellsten Neuigkeiten: die schönsten Kreationen und Designs, die spannendsten Innovationen, sowie besonders natürliche Stoffe, die durch umweltschonende Verfahren gewonnen werden.“ Ob für die Einführung einer Marke oder für eine vorsichtige Neuaufnahme in die Kollektion, die Nachfrage nach Stoffen in kleinen Volumina nimmt zu. „Im September haben wir speziell für diese Bedürfnisse den Bereich „Short Cut“ eingerichtet“, erklärt die Interfilière-Managerin. „Das erleichtert die Suche nach Ausstellern, die Kleinmengen anbieten.“ Für Januar kündigt Giraudineau stolz den neuen Online-Service „Meet Lingerie“ an: „Über dieses Tool können Treffen zwischen Ausstellern und Einkäufern vor der Messe über das Internet vereinbart werden. Das ist ideal, um neue Unternehmen kennenzulernen und seinen Messebesuch effizient zu planen.“ 18 masche
Pariser Mode City und Interfilière 2011 auf Juli vorverlegt Mit der Positionierung zu Saisonbeginn vom 9. bis 11. Juli 2011 unterstreicht Eurovet für die Mode City und die Interfilière den Anspruch als internationale Leitmessen. Viele Aussteller haben schon seit geraumer Zeit eine Vorverlegung der Messen gefordert. Der nun anberaumte Termin entspricht dem internationalen Order-Kalender und berücksichtigt die unterschiedlichen Marktbedingungen in den einzelnen Ländern. Angesetzt zu den Kollektionsvorlagen und im Anschluss an die Berliner Fashion Week kommt das vorgezogene Datum den nördlichen Europäern entgegen. Die Datierung vor dem 14. Juli, Beginn der Ferien- und Urlaubszeit, nimmt Rücksicht auf den dem südlichen Teil Europas. Die Händler können sich zudem ohne Einschränkung das erste Sale-Wochenende im Juli konzentrieren. Für die Interfilière ist der neue Termin ein logischer Schritt. Der September-Termin galt seit jeher als zu spät für die Stoff- und Zubehör-Messe. Jedoch war der Anschluss an die Hauptmesse zu wichtig, um einen Alleingang zu wagen.
Organisierte Messereise – mit Gesamtmasche nach Paris Die Interfilère, Stoff- und Zutatenmesse für Body- und Beachwear, und der Salon International de la Lingerie (SIL) gelten seit vielen Jahren als internationale Leitmessen. Doch längst nicht jeder Unternehmer der Branche kennt die breit aufgestellten, internatio nalen Informations- und Orderveranstaltung aus eigenem Erleben. Damit sich das ändert, und weil Paris eine Reise wert ist, haben Gesamtmasche, Interfilière und SIL ein attraktives Paket für einen Besuch der Pariser Leitmessen geschnürt. Dieses umfasst den kostenlosen Eintritt an allen Messetagen, den persönlichen Empfang durch die Messeleitung und eine geführte Tour durch die TrendForen von Interfilière und SIL. Wer möchte, kann am Samstagabend an einem gemeinsamen Abendessen mit deutschen Einzelhändlern teilnehmen. Ein Pauschalarrangement bestehend aus Flug oder Bahnticket und Übernachtung in einem verkehrsgünstig zur Messe gelegenen Hotel, kann ab 299 Euro gebucht werden. Interessenten sollten sich bis zum 20. Dezember bei Gesamtmasche melden.
Geschäftsklimaindex Masche weiter auf stabilem Kurs Gesamtmasche-Geschäftsklimaindex Der Gesamtmasche-Geschäftsklimaindex wurde zum ersten Mal im dritten Quartal 2006 erhoben. 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 I/08
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Geschäftsklimaindex – Maschenindustrie insgesamt
/////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Die Unternehmen der deutschen Maschen- und Mieder industrie sind zufrieden mit ihrer aktuellen Geschäftsentwicklung und gehen mit überwiegend positiven Erwartungen ins nächste Vierteljahr. Das ist das Ergebnis der Geschäftsklima-Umfrage von Gesamtmasche, die der Verband zum Ende des 3. Quartals 2010 durchgeführt hat. Der Gesamtmasche-Geschäftsklimaindex setzt mit einem Wert von 16,06 den steigenden Trend des 2. Quartals fort. Das sind deutliche 4,73 Basispunkte mehr als bei der letzten Befragung. Der Teil-Index für die Wäscheindustrie hat nach seinem Höhenflug der vorangegangenen beiden Quartale leicht an Wert verloren, ist aber mit stabilen 13,81 Punkten weiterhin deutlich positiv. Mit der Umsatzentwicklung im Inland sind derzeit 83 Prozent der Maschen- und Miederfirmen zufrieden, bei den Auslandsumsätzen sind es immerhin über drei Viertel der Betriebe. Im 3. Quartal hat die Branche von der wiederbelebten Ausfuhr profitiert, die sich nach der positiven Entwicklung im ersten Halbjahr weiter erholt. Insbesondere die Märkte der EU-Osterweiterung haben wieder angezogen. Außerdem macht sich der Aufwärtstrend im russischen Modemarkt bemerkbar. Die Exporte von
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Geschäftsklimaindex – Wäsche
Maschenware nach Westeuropa haben im Zeitraum Januar bis September 2010 im Vorjahresvergleich um 10 Prozent zugelegt, in die neuen EU-Länder sogar um 19 Prozent. Sorge bereitet hingegen die Preisentwicklung bei den Vorerzeugnissen. Die gestiegenen Kosten im Einkauf wurden bislang kaum an die Kunden weitergegeben und schmälern die Margen. Für die kommenden Monate gehen 90 Prozent der Firmen von einer Fortsetzung des stabilen Kurses aus: Fast jedes zweite Unternehmen rechnet mit einer weiteren Verbesserung der Kapazitätsauslastung, die bereits für das vorangegangene Quartal überwiegend als zufriedenstellend bewertet wurde. Außerdem erwartet die Industrie höhere Umsätze, vor allem im Inland. Ein Drittel der Unternehmen geht von steigenden Auftragseingängen aus und ein Viertel setzt auf ein weiter anziehendes Exportgeschäft. Auf Entspannung bei den Beschaffungskosten hofft andererseits kaum jemand. Dennoch ziehen die Ertragserwartungen der Branche leicht an und deuten darauf hin, dass sich Preisanpassungen im Markt zumindest teilweise durchsetzen lassen. Im Bereich Wäsche fällt der Ertragsausblick allerdings schwächer aus, wodurch der Branchendurchschnitt nach unten korrigiert wird. masche 19
Außenwirtschaft Chinas Textilbranche setzt auf den Binnenmarkt Die chinesische Textil- und Bekleidungsindustrie hat die Wirtschaftskrise längst hinter sich gelassen. Für 2010 erwartet die Branche zweistellige Umsatzzuwächse. Seit Ende 2009 legen die Exporte wieder zu. Als sicheres Standbein in Zeiten der internationalen Handelsflaute hat sich der Binnenmarkt erwiesen. Setzte die Branche 2008 noch 77 Prozent im Inland um, so waren es Ende 2009 bereits 80 Prozent – Tendenz steigend. Selbst im „Krisenjahr“ wuchs der Produktionswert im Bereich Textil und Bekleidung um knapp 10 Prozent, und der inländische Bekleidungsabsatz nahm um über ein Viertel zu. Im Jahr 2010 setzte sich diese Entwicklung fort: Alle Branchenbereiche schreiben zweistellige Zuwachsraten. Spitzenreiter ist dabei Strick- und Wirkware, deren Produktionswert im ersten Halbjahr 2010 im Vorjahresvergleich um fast ein Viertel gewachsen ist. Die Modeanbieter machen sich nun verstärkt daran, das große Nachfragepotenzial in kleineren Städten und auf dem Land zu erschließen. Dabei profitieren die Hersteller von Subventionsmaßnahmen der Regierung zur Nachfrageförderung. Denn noch sind die Einkommensunterschiede groß: Während in der Stadt 1 042 Renminbi Yuan (ca. 109 Euro) pro Kopf und Jahr für Bekleidung ausgegeben werden, sind es auf dem Land nur 193 Renminbi Yuan bzw. 18 Prozent davon. Doch nicht nur der private Verbrauch ist Impulsgeber für die Branche. Auch die chinesische Industrie fragt immer mehr Textilien nach. Gefragt sind technische Textilien, Faserverbundstoffe und Vliesstoffe. Vor allem die Automobilindustrie treibt die Nachfrage an. Ihr Umsatz stieg in 2009 um 46 Prozent. Die Luftfahrtindustrie und der Bausektor sollen im Jahr 2010 zweistellig wachsen. Hier eröffnen sich Lieferchancen für ausländische und insbesondere deutsche Hersteller, denn der wachsende Bedarf an technischen Textilien muss weitgehend über Importe gestillt werden. Während der Inlandsmarkt boomt, beobachten chinesische Exporteure mit Vorsicht ihre angestammten Absatzmärkte weltweit. Steigende Lohnkosten, überschießende Rohstoffpreise, hohe Frachtraten und der Aufwertungsdruck auf den Renminbi Yuan machen das Auslandsgeschäft unsicher. Nach wie vor gilt China als weltweit wettbewerbsfähigster Standort für die Textil- und Bekleidungsindustrie, doch die Strukturprobleme sind offensichtlich. Damit die Branche langfristig fit bleibt, hat die chinesische Regierung ihr ein ambitioniertes Modernisierungsprogramm verordnet. Ziele sind unter anderem ein jährliches Wachstum von 10 Prozent und ein Exportplus pro Jahr von 8 Prozent. Effizienter werden soll die Industrie auch in Umweltbelangen. Beim Energieund Wasserverbrauch soll kräftig eingespart werden. In der Textil veredlung wird eine Wasserrecyclingrate von 35 Prozent angestrebt. Im August hat das chinesische Industrieministerium die Schließung von über 200 Textilveredlungsfirmen sowie 25 Chemiefaserunternehmen angeordnet. Die Regierung begründet den Schritt damit, dass die technisch veralteten Kapazitäten eine hohe Belastung für die Umwelt darstellen. Nach Angaben des chinesischen Textil verbandes CNTAC bedeutet dies den Wegfall von 3,8 Mrd. Metern Kapazität bei gefärbter Ware sowie von 674 000 t Chemiefaser. 20 masche
Kaufkräftige Chinesen Chinas Kaufkraft wird offenbar unterschätzt. Eine von Credit Suisse in Auftrag gegebene Studie offenbart, dass chinesische Haushalte über weitaus mehr Geld verfügen als gedacht. Wirtschaftsprofessor Wang Xiaolu, Mitglied der chinesischen Entwicklungs- und Reformkommission, hat die Konsum- und Einkommensstrukturen unter die Lupe genommen. Seinen Berechnungen zufolge lag das Durchschnittseinkommen eines städtischen chinesischen Haushalts im Jahr 2008 bei 4 746 US-Dollar. Das sind 90 Prozent mehr als in den offiziellen Statistiken ausgewiesen wird. Die „versteckten“ verfügbaren Einkommen in der Volksrepublik schätzt Wangs Forscherteam im Untersuchungszeitraum auf insgesamt über 1,4 Billionen US-Dollar. Das entspricht einem Drittel des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Über 63 Prozent der Einkommen konzentrieren sich auf die obersten 10 Prozent der chinesischen Haushalte. Gemäß der Studie ist die Gruppe der Wohlhabenden demnach 3,2 mal reicher als offizielle Schätzungen bislang nahelegten. Die Forscher führen die zusätzlichen Einkommensströme auf umfangreiche Schwarz- und Graumarktgeschäfte zurück, die von den amtlichen Statistiken nicht erfasst werden, und von denen vor allem die oberste Einkommensschicht in China profitiert.
Pragmatischer Konsum im Reich der Mitte Chinesische Verbraucher verhalten sich zunehmend wie Konsumenten in westlichen Industrieländern. Sie sind anspruchsvoller und pragmatischer denn je, und sind bereit, für mehr Qualität höhere Preise zu bezahlen. Außerdem wenden sie mehr Zeit als früher auf, um Produkte miteinander zu vergleichen. Chinesische Konsumenten bleiben markenbewusst mit vorrangiger Konzentration auf Wertigkeit der Ware. Ihre Interessen und Bedürfnisse drehen sich dabei stark um die Familie. Mundpro paganda ist in China eine wichtigere Informationsquelle als in anderen Ländern – auch dank der rasant wachsenden Nutzung des Internets, dessen Inhalten vielen Chinesen hohes Vertrauen schenken.
Golfstaaten auf Wachstumskurs Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognosen 2010 und 2011 für die Region Middle East und Nordafrika (MENA) deutlich angehoben. So halten die Experten des IWF ein Wachstum im Jahre 2010 von 4,1 Prozent für realistisch und erwarten für 2011 mit 5,1 Prozent sogar noch eine stärkere Wirtschaftsdynamik. Zum Vergleich: Im Jahre 2009 lag das Wachstum für die Gesamtregion gerade einmal bei 2 Prozent. Zwei Erfolgsfaktoren sieht der IWF als entscheidend an: Sowohl in der Golfregion als auch in Nordafrika profitieren die Volkswirtschaften vom Anstieg der Ölpreise in Folge der weltweiten wirtschaft lichen Erholung. Positiv schlägt außerdem die Diversifizierungs strategie zu Buche, die von einer Mehrzahl der Länder verfolgt wird. Für die Golfregion rechnet der IWF damit, dass die Einnahmen aus Ölexporten in 2010 um 3,8 Prozent und in 2011 sogar um 5 Prozent steigen. Für den weltweit zweitgrößten Erdgasexporteur Katar wird das höchste Wirtschaftswachstum mit 16 Prozent in 2010 und 18,6 Prozent in 2011 erwartet. Auch Saudi Arabien mit 3,5 Prozent bzw. 4,5 Prozent sowie die Vereinigten Arabischen Emirate mit 2,5 Prozent und 3,5 Prozent befinden sich nach Berechnungen des IWF auf einem deutlichen Erholungskurs. Deutschland lieferte 2009 Textilien und Bekleidung im Wert von ca. 100 Mio. Euro in die Golfstaaten. Nach krisenbedingten Einbußen zieht der Export in diesem Jahr wieder an. Im Bereich Masche verzeichneten die Septemberausfuhren in die wichtigsten Märkte der Mena-Region ein Plus von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Damit entwickelt sich die Ausfuhr bei Maschenmode deutlich kräftiger als bei gewebter Bekleidung.
Shopping am Golf Shopping Malls sind in der Golfregion die treibende Kraft für den Bekleidungseinzelhandel. Alleine in den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es inzwischen über 30 Malls, die meisten davon in Dubai, die insgesamt ca. 5 500 Läden beherbergen. Auch in den Metropolen Saudi-Arabiens sind die Einkaufs- und Freizeitzentren auf dem Vormarsch, ebenso in Kuwait City, Manama und Doha. Im Oktober 2010 wurde das bislang größte Einkaufzentrum Abu Dhabis eröffnet. Die Dalma Mall beherbergt auf einer Fläche von 150 000 qm rund 480 Geschäfte, Boutiquen, Restaurants und Cafés sowie ein Kino mit insgesamt 14 Leinwänden. Zu den Hauptmietern der Mall zählen u.a. Carrefour, Home-Center, Centerpoint und Madalam. Die größte emiratische Immobilien- und Projektentwicklungsgesellschaft Nakheel plant den Ausbau der beiden ShoppingMalls Dragon Mart und Ibn Batutta in Dubai sowie den Bau fünf weiterer Zentren. Dragon Mart, Ende 2004 eröffnet, erstreckt sich über 1,2 Kilometer und ist der größte Einzel handelskomplex für chinesische Produkte außerhalb der Volksrepublik. Laut Nakheel hat die Dragon Mart im Verlauf der Wirtschaftskrise „neue, preisbewusste Kunden“ dazu gewonnen. Hintergrund dürften zunehmende Probleme mit gefälschten Marken sein. Seit 2009 haben die Zollbe hörden in den VAE und Saudi-Arabien ihre Kontrollen und Etikettierungsvorschriften verschärft.
Polnischer Bekleidungshandel im Aufwind Flaniermeilen, internationale Marken und steigende Ansprüche Polens innerstädtische Einkaufsstraßen erfahren eine Aufwertung. Internationale Marken verdrängen zunehmend die Anbieter preisgünstiger Waren aus den guten Lagen der Großstädte. Gleichzeitig steigen die Ansprüche der Konsumenten. Noch sind die polnischen Ladenmieten im internationalen Vergleich niedrig. In Krakauer Best lagen sind monatlich 85 bis 95 Euro pro Quadratmeter zu entrichten, in Warschau 75 bis 90 Euro. Die teuerste Straße der Hauptstadt ist die Nowy Swiat, wo die durchschnittliche Jahresmiete laut der Immobilien-Dienstleistungsgesellschaft Cushman & Wakefield 992 Euro pro Quadratmeter beträgt. Deren Verlängerung reicht bis zum Drei-Kreuze-Platz, an dem sich ebenfalls edle Geschäfte befinden. Unweit davon entsteht das elegante Kaufhaus Wolf Bracka, das 2011 seine Pforten öffnen will. Darin werden 25 internationale Luxusmarken Platz finden. Die Nachfrage nach Bekleidung und Wohntextilien entwickelt sich rege. In den vergangenen Jahren wurden in Polen zahlreiche
moderne Einkaufs- und Freizeitzentren errichtet. Schicke Flaniermeilen können sie jedoch nicht ersetzen. Im europäischen Vergleich hat Polen daher Nachholbedarf bei der Gestaltung seiner urbanen Einkaufsmeilen. Nur etwa 5 Prozent der Geschäfte an zentralen Einkaufsstraßen der polnischen Metropolen stehen leer. In solchen Lagen dominieren Boutiquen mit Bekleidung, Schuhen und Accessoires, die 30 Prozent der Geschäfte ausmachen. Polen ist besser als viele andere Länder durch die Krise gekommen. Die polnische Wirtschaft wuchs 2009 immerhin um 1,7 Prozent. Für 2010 wird ein Wachstum von ca. 3,4 Prozent erwartet, für 2011 3,5 Prozent. Die private Nachfrage erfährt dadurch spürbare Impulse, auch wenn die Mehrwertsteuererhöhung um 1 Prozentpunkt auf 23 Prozent Anfang 2011 dem Privatkonsum einen kleinen Dämpfer versetzen könnte. Die polnischen Einzelhandels umsätze haben dieses Jahr deutlich zugelegt. So waren sie z. B. im August 5,1 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Textilien und Bekleidung gehörten dabei zu den gefragtesten Artikeln.
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Außenwirtschaft Freihandelsabkommen Südkorea Am 1. Juli 2011 soll das Freihandelsabkommen EU – Südkorea in Kraft treten. Die im Oktober 2009 geschlossene Vereinbarung könnte den textilen Außenhandel mit Korea beflügeln. Der Internationale Währungsfonds schätzt das koreanische Wirtschaftswachstum für 2010 auf 5,75 Prozent. Der Export soll um 10 Prozent zunehmen, vor allem durch die steigende Nachfrage aus China und Südostasien. Im Textilbereich wird sogar ein Ausfuhrplus von bis zu 17 Prozent vorausgesagt. Die guten Wachstumsaussichten dürften sich in den verfügbaren Einkommen niederschlagen, die im ersten Halbjahr 2010 bereits um über 4 Prozent gestiegen sind. Insgesamt kaufen die Koreaner marken- und qualitäts bewusst, und der koreanische Modemarkt entwickelt sich vielversprechend. Im vergangenen Jahr wurden Textil- und Bekleidungsprodukte im Wert von 24,2 Mrd. US-Dollar abgesetzt. Neben dem Luxussegment, das mit 1,7 Mrd. US-Dollar taxiert wird, boomt der Markt für Sportswear, Accessoires und Wellness-Artikel. Der Ratifizierungsprozess des Freihandelspakts hatte sich über Monate hingezogen. Neben Bedenken der europäischen, insbesondere der italienischen Automobilindustrie sorgten sich einige Mitgliedstaaten über die ausgehandelten Bestimmungen zur Zollrückvergütung: Importierte Vormaterialien, die in der EU oder Südkorea zu Ursprungswaren verarbeitet werden, brauchen nach ihrem Re-Export in verarbeiteter Form nicht verzollt zu werden. Diese Praxis ist in anderen FTAs der EU verboten. Ein weiterer Streitpunkt waren die Ursprungsregeln. Insbesondere bei gewebter Bekleidung sind Lockerungen vorgesehen. Für europäische Hersteller sind solche Erleichterungen eher theoretischer Natur, solange die Ursprungsregeln anderer Freihandelsabkommen nicht reformiert sind. Schließlich können sie ihre Ursprungskalkulation nicht alleine am koreanischen Markt ausrichten. Andersherum kann für koreanische Firmen die Berücksichtigung EU-spezifischer Regelungen durchaus Vorteile bringen, da sie sich einem viel größeren Absatzmarkt gegenüber sehen. Mit großen Verzerrungen ist deswegen aber nicht zu rechnen. Derzeit liefert Deutschland mehr als doppelt so viel Bekleidung an Südkorea, als von dort importiert wird.
Südkorea setzt auf High-Tex Die koreanische Textil- und Bekleidungsindustrie gilt als ausschlaggebend für das rasante Wirtschaftswachstum des Tigerstaats seit den 70er Jahren, das vor allem auf hohen Exportzahlen basierte. Bis heute ist Südkorea ein bedeutender Textilproduzent. Allerdings hat sich die Produktionspalette im Vergleich zu früher wesentlich verändert. Inzwischen setzt man auf Spezialitäten und High-Tech. Bei der Konzentration auf Erzeugnisse mit hoher Wertschöpfung wird die Industrie von der Regierung tatkräftig unterstützt. Das so genannte „Milano-Projekt“ hat kein geringeres Ziel, als das Gebiet um Daegu-Kyungbuk zum Weltzentrum der Textil- und Modeindustrie des 21. Jahrhunderts zu entwickeln. Zwischen 2004 und 2008 hat das koreanische Ministry of Knowledge Economy (MKE) 62,6 Mio. Euro zur Verwirklichung des groß angelegten Umstrukturierungsprozesses beigesteuert. Heute fördert das Programm textile Innovationen im Bereich Karbonfasern, umweltfreundliche Textilien und Nanotextilien unter anderem für die Medizintechnik sowie „smart textiles“, z. B. mit integrierten IT-Funktionen. Im vergangenen Jahr hat Deutschland Textilien und Bekleidung im Wert von 70 Mio. Euro nach Südkorea exportiert. Das entspricht in etwa den Ausfuhrwerten nach Mexiko oder Südafrika, mit denen Freihandelsabkommen bestehen, oder der Hälfte der deutschen Branchenausfuhren nach Japan. Südkorea lieferte im Gegenzug Textilwaren im Wert von 104 Mio. Euro nach Deutschland. Bekleidung machte davon nur 6 Prozent aus, Polyesterfasern und -filamente fast 40 Prozent. Die wichtigsten textilen Exportgüter sind Gewirke und Gestricke sowie Chemiefasern. Bei beiden Positionen war das Land 2009 der weltweit zweitgrößte Exporteur nach China.
Russisches Comeback Der russische Modemarkt hat sich im Jahresverlauf deutlich erholt. Experten prognostizieren einen Anstieg der Einfuhren um 15 Prozent in den Jahren 2010 und 2011. Bei der 15. Ausgabe der Collection Première Moscow (CPM) im September stiegen die Bestellungen um bis zu 30 Prozent. Auch deutsche Anbieter profitieren: Seit Juli liegen ihre monatlichen Textil- und Bekleidungsausfuhren nach Russland wieder deutlich über den Vorjahreswerten. Die Exporte, die im Jahr 2008 die Milliarden-Euro-Grenze geknackt hatten, waren 2009 angesichts der herben Krisenfolgen in Russland um fast 30 Prozent eingebrochen. Bereits in der ersten Jahreshälfte verzeichnete der russische Einzelhandel wieder kräftige Umsatzzuwächse und nähert sich dem Vorkrisenniveau. Deutsche Marken möchten sich den Aufschwung zu Nutze machen und planen
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zunehmend die Eröffnung eigener Läden. Geeignete Standorte finden sie in den ständig wachsenden Shopping Malls der russischen Metropolen. Neben internationalen und russischen Vertikalen dominieren dort Monobrand-Geschäfte. Vorsicht geboten ist in Russland allerdings angesichts der rapiden Zunahme von Markenpiraterie. Wie die russische Gesellschaft für Verbraucherschutz berichtet, handelt es sich bei 30 bis 40 Prozent der in Russland verkauften Markenware um Plagiate. Zwar gibt es Gesetze, aber kaum Sanktionen: Markenrechtsverstöße werden mit Bußgeldern von um die 150 Euro geahndet. Immer häufiger verlangen russische Einzelhändler daher beglaubigte Konformitätszertifikate von ihren Lieferanten. Zertifikate über die Echtheit der Ware sind in einigen russischen Gemeinden bereits Pflicht für den Handel.
Zollfreiheit für Pakistan Nach der Flutkatastrophe will die EU-Kommission Pakistan durch die Aussetzung von Zöllen helfen. Im Mittelpunkt stehen dabei Textilien und Bekleidung. Vorgesehen ist die mindestens zweijährige Aussetzung von Einfuhrzöllen für 75 Waren, darunter 64 Produkte aus dem Textilbereich. Die Produktliste umfasst unter anderem Maschenbekleidung wie Nachtwäsche, Baumwollstrümpfe, T-Shirts aus chemischen Fasern, Baby-Kleidung, bestimmte Jacken und Hosen sowie Handschuhe. Von den Zugeständnissen ausgeklammert wurde Bettwäsche aller Art, die für fast ein Viertel der pakistanischen Textilwarenlieferungen nach Europa steht. Weil die Vorzugsbehandlung für Pakistan gegen das Meistbegünstigungsprinzip verstößt, ist eine Erlaubnis der Welthandelsorganisation, ein so genannter Waiver der WTO, erforderlich. Das grüne Licht der WTO vorausgesetzt, sollen die Maßnahmen ab dem 1. Januar 2011 greifen. Für bestimmte Produkte wie Frottierwaren oder Damenjeans gelten allerdings Zollkontingente: Wird eine bestimmte Einfuhrmenge überschritten, fällt wieder der reguläre Zollsatz an. Auch nach dem Ende der Notfall-Hilfe soll die Begünstigung Pakistans sichergestellt werden. In der Neuauflage des Präferenzsystems für Entwicklungsländer (APS) sollen die Konditionen so modifiziert werden, dass sie auf den Fall Pakistan passen. Die aktuellen Bedingungen der APS-Verordnung erlauben keine Vorzugszölle für Länder mit der Lieferstärke Pakistans. Dadurch soll verhindert werden, dass
kleine, schwächere Entwicklungsländer untergebuttert werden. Die Handelserleichterung, die offiziell als „Fluthilfe“ deklariert wird, ist in Wirklichkeit stark politisch motiviert und aus verschiedenen Gründen umstritten. Schon seit Längerem fordert Pakistan handelspolitische Gegenleistungen für die wirtschaftlichen Einbußen, die das Land als Verbündeter im Kampf gegen den Terrorismus erleidet. EU- und WTO-Recht sprachen dagegen, außerdem die Sorge vor Kompen sationsforderungen aus Ländern wie Indien oder Bangladesch. In Pakistan wächst indessen die Sorge, bei den Zugeständnissen könne es sich um ein Danaergeschenk handeln. Angesichts der aktuellen Baumwollknappheit fürchten pakistanische Textil- und Bekleidungsunternehmer den verstärkten Abfluss von Garnen und Rohgeweben und damit steigende Beschaffungskosten im Inland. Es wäre nicht das erste Mal, dass Pakistan angesichts knapper Vormaterialien zu Exportrestriktionen greift. Die EU-Mitgliedstaaten haben vorgebaut und einen Sanktionsmechanismus für den Fall von Ausfuhrbeschränkungen in die Pakistan-Verordnung integriert. Textil- und Bekleidungsprodukte machen mehr als zwei Drittel der EU-Einfuhren aus Pakistan aus (2,3 von 3,3 Mrd. Euro). Damit trägt die Branche die Hauptlast der Handelserleichterungen für einen wichtigen Wettbewerber. Gegenleistungen im Marktzugang, wie sie das Land noch Anfang 2010 über die Aushandlung einer Freihandelsvereinbarung angeboten hat, sind mit der EU-Verordnung in weite Ferne gerückt.
Zollvorteile für Entwicklungsländer Nach beinahe achtjähriger Reformdiskussion um den präferenziellen Warenursprung will die EU ab dem kommenden Jahr die Vorschriften für Entwicklungsländer lockern. Für Textil- und Bekleidungsimporte aus Entwicklungsländern ergeben sich daraus weitreichende Änderungen. Bei Waren aus den ärmsten Staaten ist dann häufig nur noch die so genannte einstufige Verarbeitung erforderlich. Bislang mussten zumeist auch die Vorprodukte im jeweiligen Land hergestellt worden sein – oder aus der EU stammen. Ab Inkrafttreten der neuen Ursprungsregeln können Waren, die z. B. in Kambodscha aus chinesischen Stoffen genäht wurden, zollfrei in die EU eingeführt werden. Auch für Entwicklungsländer, die nicht zur Gruppe der Ärmsten gehören, liegen die Hürden bald niedriger. Bei Bekleidung aus Geweben kann künftig über Veredlungsprozesse und Konfektion der Ursprung erreicht werden. Für Maschenprodukte ändert sich hingegen kaum etwas.
Die Reform der Ursprungsregeln ist längst überfällig. Allerdings ist es unverständlich, weshalb die EU die Regeln bei den einseitigen Handelspräferenzen deutlich lockert, während die veraltete Ursprungssystematik der Paneuropa-Mittelmeer-Abkommen fortbesteht. Importe aus Drittländern werden damit bessergestellt als Produkte, die in und um Europa hergestellt wurden. Wenn die Partner der Paneuromed sich nicht schleunigst auf ein Reformpaket verständigen, erhöhen sie künstlich die Attraktivität von Produktionsverlagerungen. Die Vorschriften zur Ursprungsbestimmung im APS finden bereits ab 1. Januar 2011 Anwendung. Die entsprechende Änderungsverordnung wurde am 23. November im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Sie steht unter www.gesamtmasche.de zum download zur Verfügung.
Aktuelle Außenwirtschaftsnachrichten gibt es regelmäßig unter www.gesamtmasche.de Silvia Jungbauer, Tel. +49 711 21050 - 13, jungbauer@gesamtmasche.de
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Wissenswertes Knack-Po für alle Gute Nachrichten für alle, die gerne ein paar Pfunde weniger hätten: Intelligente Shapewear hilft dabei, kleine Figurenfehler charmant zu korrigieren. Vorbei sind die Zeiten, in denen figurformende Wäsche verschämt und heimlich getragen wurde. Auf der ganzen Welt interessiert man sich für das wiederentdeckte Mieder. Schließlich sind die praktischen Bodyformer alles andere als von Omi. Kleine Schummeleien und schöne Wäsche müssen sich längst nicht mehr ausschließen. Funktionswäsche für den schönen Bauch, wohlgeformte Hüften und einen knackigen Po erlebt einen steilen Aufstieg und ist aus den aktuellen Dessoustrends nicht mehr wegzu denken. Wegbereiter der intelligenten Unterwäsche waren einst der Push-up-BH und später die Strumpfhose für den flachen Bauch. Während formende Unterwäsche für Frauen schon seit Jahren akzeptiert ist, gab es für Männer bis dato kaum Auswahl. Dabei kämpfen genügend männliche Kunden mit Bauchansatz und Hüftgold. Nachdem der US-Hersteller Spanx, der in Amerika den Trend anführt, die ersten Bauch-weg-Shirts angeboten hat, kümmern sich inzwischen verschiedene Marken weltweit um die wachsende Nachfrage. Die nächste Welle rollt bereits mit der multifunktionalen ShapingStrumpfhose. Sie bringt Bauch, Beine und Po gleichzeitig in Form und verhindert das Durchdrücken von darunter getragener Wäsche. Optisch ist für jeden Geschmack etwas dabei – von klassisch bis extravagant. Die innovativen Textilien komprimieren durch High-Tech-Elastane allzu üppige Rundungen. Einige Produkte enthalten außerdem Nano-Partikel, die je nach Modell die Haut mit Feuchtigkeit versorgen, die Muskeln beim Gehen stimulieren oder das Schwitzen eindämmen. Das Sahnehäubchen: Die Shapewear ist nicht nur schön und intelligent, sie ist auch noch bequem.
Adresse ins Etikett – ja oder nein? Immer wieder stellt sich die Frage, welche Informationen dem Verbraucher beim Kauf von Textilien und Bekleidung mitgeteilt werden müssen. Grundsätzlich schreibt das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz vor, den Namen des Herstellers bzw. Importeurs und dessen Adresse auf dem Kleidungsstück anzubringen, wobei das Anbringen auf der Verpackung ausreichend ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1b GPSG). Anstelle des Herstellers kann auch der Händler mit Namen und Adresse genannt werden (§ 2 Nr. 10 GPSG).
Foto: Triumph
Shaping-Serie in verführerischem Look: Die nahtlos vorgeformten Cups sorgen dafür, dass sich selbst unter enger Kleidung nichts abzeichnet – Shape Sensation WHP + Maxi von Triumph
Die Kennzeichnung ist nicht in jedem Fall verpflichtend. Die Angabe kann entfallen, wenn ihr Weglassen vertretbar ist. Das Gesetz nennt beispielhaft die Kenntnis des Verwenders von der Person des Herstellers und den unverhältnismäßigen Aufwand des Anbringens der Angaben. Rechtssicherheit über die Grenzen der Kennzeichnungspflicht gibt es aber bis heute nicht, da sich bisher noch kein Gericht mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. In der Praxis ist es daher schwierig, sich auf die Ausnahme tatbestände zu berufen. Viele Hersteller möchten statt des Firmennamens lieber den Markennamen im Etikett nennen. Das Regierungspräsidium Stuttgart vertritt hierzu die Auffassung, dass bei Produkten mit nahezu keinem Gefahrenpotenzial (wie z. B. Textilien und Bekleidung) die Namensangabe des Herstellers durch die Angabe eines eingetragenen Warenzeichens ohne erkennbaren Firmen namen erfolgen kann. Es ist jedoch in jedem Fall die Adresse so anzugeben, dass eine Postzustellung erfolgen kann. Eine Internetadresse ist nicht ausreichend.
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Vertriebskanäle im Wandel Trotz Warenhauskrise, erheblicher Veränderungen im Konsumentenverhalten und zunehmender Bedeutung des elektronischen Handels zeigen sich die deutschen Einkaufsmeilen in stabiler Verfassung. Gleichzeitig kritisieren Verbraucher die Gleichförmigkeit des Angebots. Immer breitere Verbraucherschichten interessieren sich für individuelle, neue und originelle Konzepte. Traditionsmarken mit „Authentizität“ sind die Gewinner – besonders, wenn es ihnen gelingt, sich neu zu erfinden. Die Konsumenten sind besser informiert als früher und lassen sich durch reine Überdistribution und „Logomarken“ weniger stark beeindrucken. Ein wichtiger Auslöser dafür sind die Kauf- und Informationsmöglichkeiten im Internet. Die Onlineangebote machen neugierig, ermöglichen kritisches Hinterfragen und eine ständige Überprüfbarkeit der Preise. Die Bedeutung der stationären Vor-Ort-Präsenz nimmt im Zuge dieser Entwicklung aber keineswegs ab, sondern vielmehr zu. Nur hier können Marken in direktem Kundenkontakt ihre Welt erlebbar machen. Während der Fachhandel zugunsten der Filialisten schrumpft, kämpfen Warenund Textilkaufhäuser um Umsatzanteile und müssen sich neu definieren. Neue erfolgreiche Multimarkenanbieter zeigen, dass die Formel „Alles unter einem Dach“ durchaus eine neue Berechtigung bekommen kann. Vorerst sehen sich jedoch immer mehr Hersteller gezwungen, eigene Vertriebskanäle aufzubauen. Dabei geht es nicht um das bloße Verkaufen, sondern um mehr Kundennähe und die Schärfung des Markenimages. Zwar eröffnen eigene stationäre Netzwerke den Herstellern neue Umsatzpotenziale. Doch nicht jedes Label hat die erforderliche Markenstärke, um als eigenes Store-Format zu funktionieren. Viele sind auf Multi-Marken-Flächen besser aufgehoben. Auch die bereits gut positionierten Konzepte müssen auf die veränderten Konsumentenbedürfnisse reagieren. Beispiele sind hohe Investitionen in den Ladenbau, der zu einem wesentlichen Erfolgskriterium geworden ist. Die Gleichförmigkeit früherer Ladenbaugenerationen ist deutlich mehr Individualität gewichen. Insgesamt wird (Omni-) Präsenz zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Starke Labels bieten ihre Produkte heute gleichzeitig stationär, im Internet und per Katalog im Versandhandel an.
Anteile der Vertriebsformen am Internet- und Versandhandel in MRD. Euro – 2009-2015 (Prognose) 35,3
Die digitale Modemeile Immer mehr Markenhersteller suchen über ihren eigenen Online-Shop den direkten Kontakt zum Endkunden. Ein wichtiges Motiv der InternetPräsenz ist dabei auch die Stärkung der Marke im stationären Handel. Dreiviertel aller Internetnutzer interessieren sich für Bekleidung und Schuhe. Über die Hälfte der User informiert sich dazu online, und über ein Drittel kauft Bekleidung und Schuhe im Netz. Das Internet ist Schaufenster, Styling-Berater und ShoppingMall. Bei den mode- und schuhaffinen Onlinern überwiegt der Frauenanteil mit etwas über 52,2 Prozent der Nutzer leicht. Mit 82 Prozent überdurchschnittlich präsent ist die Altersgruppe der 14 bis 49-Jährigen. Diese junge Altersgruppe, die über 38 Prozent der modeinteressierten User ausmacht, wächst mit dem Internet als selbstverständlich genutztes Medium bei der Recherche nach den neuesten Mode- und Styling-Trends auf. Die Reichweite des Internets ist im Mode-Business als Werbe- und Vertriebsplattform enorm. Neben dem schnellen Reichweitenaufbau innerhalb einer breiten Konsumentengruppe ermöglicht OnlineWerbung die Ansprache ganz spezifischer Zielgruppen.
Umsatz Internethandel gesamt – 2004-2010 (HR/PR) in Mrd. Euro (ohne Offline-Versandhandel) VÄ z. Vj. in %
Internethandel + 42,6
Anteile Vertriebsformen am Internet- und Versandhandel
26,4
19,3
Teleshopping
16,6 13,9
+ 25,9
Hersteller-Online
11,5
Stationäre Händler Online
9,2
+ 24,9
2006
2007
+ 20,2
+ 19,6 + 16,1
7,3
Internet-Pure-Player
5,1
Katalogversender+MultichannelHändler Online Katalogversender+MultichannelHändler Offline 2009
2010 HR/PR
2011 PR
2012 PR
2013 PR
2014 PR
2015 PR
2004
2005
2008
2009
2010 HR/PR
Quelle: IBH retail consultants, 2010 Hochrechnung/Prognose
Quelle: IBH retail consultants, 2010 Hochrechnung / Prognose
Quelle Grafiken: IBH retail consultants, 2010 Hochrechnung / Prognose
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Wissenswertes Übernahme einer Handelsvertretung Bei Abschluss eines Vertrages mit einem neuen Handelsvertreter stellt sich oft die Frage, ob der neue Handelsvertreter den Alt-Kundenstamm übernimmt und dafür einen „Einstandspreis“ zahlt. Wenn ein solcher Einstandspreis mit dem Vertreter vereinbart wird, sollte auch geregelt werden, dass die Altkunden mit Zahlung des Einstandspreises auf den Vertreter übergehen und damit dann als vom Handelsvertreter geworben gelten. Mit der Wirkung, dass diese Altkunden bei Beendigung des Vertragsverhältnisses grundsätzlich ausgleichspflichtig gemäß den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) sind. Die Zahlung des Einstandspreises kann mit Abschluss des Vertrages erfolgen oder auch in Raten z. B. „25 Prozent der monatlich auszuzahlenden Provision“. Grundsätzlich sollte eine Zahlung des Einstandspreises zeitnah nach Abschluss des Vertrages erfolgen und nicht erst gegen Ende des Vertrages mit einem Ausgleichsanspruch verrechnet werden.
Wenn kein Einstandspreis bezahlt wird, sind die Altkunden nur dann ausgleichspflichtig, sofern der Handelsvertreter den Umsatz mit den Altkunden so wesentlich erweitert hat, dass es der Neuwerbung eines Kunden gleichkommt. Dies muss aber nicht vertraglich geregelt werden, es ergibt sich zwingend aus den Vorschriften des HGB. Sehr zu empfehlen ist, dass dem Handelsvertreter mit Abschluss des Vertrages eine Liste der Altkunden mit den entsprechenden Umsatzangaben – z. B. der beiden letzten Jahren – beigefügt wird. Dies vermeidet bei Beendigung des Vertrages einen Streit darüber, ob und mit welchen Kunden der Lieferant bereits vor Abschluss des Vertrages mit dem neuen Handelsvertreter Geschäfte getätigt hat. Dr. Walter Brogsitter, Tel. +49 711 242457, info@gesamtmasche.de
Die Preisempfehlung bleibt unverbindlich Über die Bedeutung der „unverbindlichen Preisempfehlung“ wird immer wieder spekuliert. Dabei sagt der Begriff eigentlich alles: Es ist ein Preis, der vom Hersteller empfohlen wird, aber für den Handel nicht verbindlich ist. Die unverbindliche Preisempfehlung ist nach geltendem Recht nach wie vor möglich. Für den Hersteller gibt es bei der Fest legung zwei Varianten: Er kann gegenüber dem Händler eine Handelsempfehlung aussprechen, indem er in seinem Prospekt oder seiner Preisliste angibt: „unverbindlich empfohlener Verkaufspreis“. Diese unverbindliche Preisempfehlung kann der Hersteller aber auch als so genannte Verbraucherpreisempfehlung aussprechen. In diesem Fall druckt er auf das Warenetikett den Preis mit dem Zusatz „unverbindlich empfohlener Verkaufspreis“ oder „unverbindliche Preisempfehlung“. Abkürzungen sind nicht zulässig.
vorkommen wird) oder ihn unterschreitet, kann und darf der Hersteller hiergegen nichts unternehmen oder noch deutlicher: Der Hersteller darf keinerlei Einfluss – sei es mündlich oder schriftlich – auf die Preiseinhaltung des Händlers nehmen. Er darf ihn auch nicht „ermahnen“, den unverbindlich empfohlenen Verkaufspreis einzuhalten, noch ihn dahingehend beeinflussen, den Preis „nicht vor dem…“ zu reduzieren. Fazit: Der Preisgestaltung des Händlers steht der Hersteller tatsächlich und rechtlich machtlos gegenüber. Falls der Hersteller Druck oder Einflussnahme ausübt, kann dies kartellrechtlich unangenehme Folgen haben. Dr. Walter Brogsitter, Tel. +49 711 242457, info@gesamtmasche.de
Der Händler wiederrum ist nicht verpflichtet, den „unverbindlich empfohlenen Verkaufspreis“ einzuhalten. Wenn der Händler diesen Preis bei seinem Verkaufspreis überschreitet (was seltener
Alle Artikel dieser Ausgabe finden Sie, zum Teil mit weiterführenden Informationen, auf www.gesamtmasche.de 26 masche
Aus der Forschung Gegen unerwünschte Einblicke Sei es die Krankenschwester im Berufsalltag, der Sportler im Training, oder Max Mustermann in der hellen Badehose – jedermann kennt das Problem mit weißen Kleidungsstücken, die allzu oft mehr zeigen als erwünscht - selbst oder gerade bei entsprechend weißer oder dunkler Unterwäsche darunter. Doch auch bei Objekten wie z. B. Gerüstverkleidungen oder im Messebau spielt die Transparenz von Textilien eine bedeutende Rolle. Mit dem Ziel, zukünftig eine bestimmte Durchsichtigkeit bzw. Blickdichtigkeit (Opazität) von Textilien neutral bewerten und gezielt steuern zu können, wird derzeit an den Hohenstein Instituten in Bönnigheim in Zusammenarbeit mit Projektpartner Eschler Textil eifrig getüftelt. Hautnahes Forschen an Probanden verschiedener Hauttypen soll die in der Papierherstellung bereits vorhandene ähnliche Messmethode in die Textilindustrie praxisnah übertragen. Anhand eines Fragebogens bewerten die Teilnehmer der optischen Testversuche die Durchsichtigkeit eines weißen Testgewebes. Die in den Versuchen gewonnenen Ergebnisse sollen anschließend an realen Hauttypen bestätigt werden und schließlich in eine objektive Messmethode zur Klassifizierung von Transparenz umgesetzt werden.
Formgerechte 3D-Abstandsflachgestricke für orthopädische Produkte Mit der Zunahme des durchschnittlichen Bevölkerungsalters in Europa steigt signifikant die Bedeutung von Krankheiten, die vor allem aus der chronischen Überlastung und dem altersbedingten Verschleiß des Bewegungsapparates resultieren. Rund 22 Mio. Menschen leiden allein in Deutschland an Beschwerden der Gelenke, Sehnen, Bänder, Muskeln bzw. der Wirbelsäule. An Arthrose, die von Experten ebenso wie Rückenbeschwerden als Volkskrankheit angesehen wird, leidet bereits jeder Vierte. Aus diesem Grund sind innovative Orthopädieerzeugnisse eine zukunftsträchtige Produktgruppe, in der die Flachstrickbranche bereits erfolgreich vertreten ist (z. B. Bauerfeind AG oder Sporlastic GmbH). Die Ausweitung der Produktpalette deutscher Flachstrickunternehmen auf formangepasste und anforderungsgerechte Abstandsflachgestricke (AFGS) für stützende bzw. orthetische Hilfsmittel ist Erfolg versprechend. Das Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik der Technischen Universität Dresden (ITM) erarbeitete in einem Forschungsprojekt die Weiterentwicklung der Flachstricktech nologie zur stricktechnischen Umsetzung von anforderungsgerechten 2D- und 3Dformangepassten Abstandsflachgestricken (AFGS) für Orthesen. Im Ergebnis der Untersuchungen konnten die Voraussetzungen für eine deutliche Verbesserung der Fertigung, der Funktionalität und der Qualität von Orthesen geschaffen werden. Durch die konsequente ZusammenfühFoto: Bauerfeind AG
Neben der Bewertung der Opazität werden im Rahmen des Projektes auch Richtlinien für deren Steuerung durch Garnstärke und -zusammensetzung erarbeitet. So kann künftig bereits bei der Konstruktion textiler Materialien die gewünschte Blickdichtigkeit definiert und umgesetzt bzw. eingestellt werden. In einem weiteren Projektschritt sollen auch die Auswirkungen äußerer Einflüsse wie Feuchtigkeit auf die Transparenz textiler Materialien untersucht werden. Projektleiterin Julia Gündel gibt aber Entwarnung: „Wo es aus modischen oder funktionellen Gründen heraus erwünscht ist, wird es auch weiterhin Transparenz bei textilen Materialien geben.“ Erste Versuchsergebnisse zeigen, dass schwarze Hintergrundfarben als weniger auffällig empfunden werden als weiße.
Fotos: Hohenstein Institute
rung der Ergebnisse zur gezielten Einstellbarkeit der mechanischen Eigenschaften und der Formgebung der AFGS konnten Demon stratorthesen für die Bereiche Hals, Rücken und Knie mit sehr unterschiedlichen Anforderungen erfolgreich umgesetzt werden. Die Untersuchungen zur Nachbildung von funktionalen Elementen aus Silikon durch AFGS zeigten die große Vielfalt umsetzbarer Geometrien. Dabei konnten verschiedenste Oberflächenstrukturierungen und Druckstabilitäten über den Abstand der Einbindungspunkte, die Feinheit der eingesetzten Flachstrickmaschine und den Monofilamentdurchmesser global und lokal eingestellt werden. In Verbindung mit der stricktechnischen Formgebung ist dadurch die Möglichkeit einer patientenindividuellen Fertigung von Orthesen bzw. deren funktionalen Elemente gegeben. Hinsichtlich einiger bekleidungs physiologischer Kennwerte besteht noch weiterer Forschungsbedarf. Die Umsetzung der erreichten Forschungsergebnisse in ein industrielles Produkt wird in nächster Zeit erwartet. Die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen konnten innerhalb des Projekts besonders in der intensiven Kooperation mit den Firmen des projektbegleitenden Ausschusses geschaffen werden. (Forschungsbericht IGF-Nr. 15580 BR) Der Forschungsbericht kann als Printversion bei Gesamtmasche abgerufen werden. Simone Diebold, Tel. +49 711 21050-26, diebold@gesamtmasche.de
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