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WILDERNESS SAFARIS Highend-Ökotourismus: Der Marktführer betreibt 60 Camps in acht afrikanischen Ländern.

Zum Apéro Giraffenshow: In den Abendstunden kommen die Tiere ganz nah an die Wasserstelle vorm Restaurant von „Vumbura Plains“ in Botswana.

as erste Mal in der Savanne vor einem Elefanten stehen, Auge in Auge, ist ein unvergleichlicher Moment. Derart groß, dass den meisten Menschen die Tränen kommen. So auch Keith Vincent. Als Kind träumte er davon, ein Stück des Hwange-Nationalparks zu besitzen und zu beschützen. Heute beschützt sein Unternehmen Wilderness Safaris 2,3 Millionen Hektar Wildnis, eine Fläche, größer als Israel.

Oben: CEO Keith Vincent von Wilderness Safaris. Links: das Camp Little Kulala in der roten Namib-Wüste von Namibia. Die Geschichte beginnt 1983 mit Keith Vincent und anderen Buschführern in Botswana. Mit einem einzigen Land Rover, den er auf Kredit kaufte und in dem er erste, spartanische Safaris organisierte. „Mit Zelten, Bohnen und Eiern, die wir teils auf Schaufeln kochten“, lacht Vincent. Wer in der Wildnis überleben will, lernt, mit Ressourcen sparsam umzugehen. Unbewusst leitete ihn da schon die Unternehmensphilosophie, mit der Wilderness Safaris zum Vorzeigemodell für nachhaltigen Ökotourismus wurde; sie definiert sich mit vier Cs: Conservation, Community, Culture, Commerce. Also: Umweltschutz, Gemeinschaft, Kultur und Handel.

Seine Eltern kamen in den frühen 50erJahren aus Nordirland nach Simbabwe, damals noch britische Kolonie, um Zuckerrohrfarmer*innen zu werden. „Ich wurde in Afrika geboren, habe mein ganzes Leben im Busch verbracht und miterlebt, wie mit der wachsenden Bevölkerung immer mehr Wildnis zerstört wurde. Alles, was mich beschäftigte, war: Wie kann man den Menschen und den Tieren gleichzeitig helfen?“, sagt er. „Wir haben sehr schnell erkannt, dass wir als SafariAnbietende dafür die ländlichen Kommunen mitnehmen mussten, ihnen zeigen, dass auch sie profitierten, wenn sie ihre Natur und Tiere schützten.“

Der Film „Jenseits von Afrika“ ließ ab Mitte der 80erJahre die Nachfrage nach FotoSafaris im südlichen Afrika explodieren. Der Boom ermutigte Vincent und seine BuschführerKollegen 1990 dazu, ein erstes, luxuriöses Resort in Botswana zu bauen. „Zum ersten Mal wurde es für die Regierungen und Kommunen nämlich lukrativer, ihr Land an uns statt an Jagdbetreiber*innen zu verpachten. Wir konnten mehr bezahlen, brachten Hunderte von Arbeitsplätzen statt nur einer Handvoll und mehr Steuer und Deviseneinnahmen. Manchen Kommunen zahlen wir heute bis zu einer halben Million USDollar pro Jahr an Pacht.“

Die jungen Dotcommillionär*innen, der Ausbau internationaler Flugverbindungen und die eigene WildernessAirFlotte, die Gäste bequem von einem Camp zum anderen transportieren kann, bescherte dem Unternehmen zehn Jahre später einen erneuten Wachstumsschub. „Wir waren die Ersten, die die Bedürfnisse dieser Klientel bedienten, indem wir ihr höchsten Komfort und sehr exklusive Naturerlebnisse boten“, sagt Vincent. Während andere Anbietende auf den Massenmarkt zielten, konzentrierte sich Wilderness Safaris zunächst auf abgelegene Gegenden im südlichzentralen Afrika: in Sambia, Südafrika, Simbabwe, Botswana, Ruanda oder Namibia. Kleine, feine Camps mit meist nicht mehr als einem Dutzend Zelten oder Suiten und ganz privaten Buschführungen. „Wer einmal mit 120 anderen Land Rovers voller Tourist*innen am gleichen Fleck auf Elefanten wartete, weiß, was das für einen Unterschied macht“, sagt er.

Mehr als 3.000 Menschen arbeiten heute in den Camps von Wilderness Safaris, über 90 Prozent der Mitarbeitenden kommen aus umliegenden Gemeinden. „Besonders stolz bin ich darauf, dass viele von ihnen – seien es Pilot*innen oder CampManager*innen – heute aus unserer Stiftung Children in the Wilderness stammen“, erzählt Vincent. „Diese Bildungs und Fürsorgeinitiative gründeten wir, als Aids Millionen von Kindern in Afrika zu Waisen machte.“ 2018 holte die Wilderness Holdings rund 140 Millionen Dollar Investorengelder ein von namhaften neuen Anteilseigner*innen wie der Witwe von AppleGründer Steve Jobs, Sänger Bono, dem Regisseur George Lucas oder Sir Richard Branson. In den Anfängen der CovidKrise musste das Unternehmen beweisen, wie ernst es ihm mit dem C für Community war. „2020 war auch das Jahr der Dürre und der größten Ernährungsnot, die ich je in Afrika erlebt habe“, sagt Vincent. „Zusätzlich brachen uns alle Einnahmen weg. Es gab keine Unternehmenshilfen wie in Europa. Und doch haben wir unsere Angestellten und deren Dörfer die gesamten zwei Jahre mit Kurzarbeiter*innengeld und mit Tausenden Tonnen Lebensmitteln unterstützt.“

So konnten alle Camps im März wieder öffnen. Schon jetzt zählt Wilderness Safaris mit 40.000 Gästen pro Jahr wieder genauso viele wie vor der Krise. 2023 wollen sie mit dem Partner Wayo Africa, neuen WalkingSafaris und mobilen LuxusCamps in Tansania Fuß fassen. Und in spätestens drei Jahren ist die Expansion nach Asien und Südamerika geplant. „Wir sind heute führend in der Entwicklung von erlebnisorientiertem Ökotourismus“, sagt Keith Vincent. „Wir haben ein erfolgreiches Geschäftsmodell made in Africa erfunden – und das ist etwas, mit dem ich abends gut einschlafe.“

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