Kap Magazin #4

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Green 5 Euro kap-forum.de

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„Green is green“ erkannte unlängst einer der CEOs eines US-amerikanischen Großkonzerns und meinte damit, dass Nachhaltigkeit grüne, also Dollar-Profite bringt. Das stimmt, und umgekehrt kann der Verzicht auf Nachhaltigkeit mittelfristig zu einem weltweiten und umfassenden Bankrott führen. So facettenreich wie die Farbe „Grün“ in der Natur vorkommt, so vielfältig sind die Möglichkeiten für nachhaltiges Handeln in der Stadtentwicklung. Wenn bis 2050 über 70 Prozent der Menschen in urbanen Agglomerationen leben, sind es die Städte, die umfassend „grün“ werden müssen. Und das wird nur geschehen, wenn sich das Denken der Bewohner, wenn sich ihre Lebensstile und Wertvorstellungen entsprechend weiterentwickeln.

Prof. Albert Speer ist Architekt und Stadtplaner. Das Büro AS&P Albert Speer & Partner in Frankfurt am Main zählt mit über 100 Mitarbeitern zu den großen und renommierten Büros für Architektur und Stadtplanung in Deutschland. Neben seinem großen ChinaEngagement und einer Bürogründung in Shanghai im Jahr 2001, ist das Büro auch in Deutschland aktiv: 2008 wurde der Masterplan für die Innenstadt von Köln und 2009 die Studie „Frankfurt für alle“ fertig gestellt.


Dieses Statement, das uns der renommierte Architekt und international erfahrene Städteplaner Albert Speer zugesandt hat, trifft das Motto des vorliegenden KAP Magazins auf den Punkt. Es geht nicht um neue Weisheiten und Ideologien, sondern um Selbstverständlichkeiten, die wir uns dringend zurück erobern müssen. Denken, bauen, planen wir grün. Erfüllt sich damit endlich der Menschheitstraum von einem besseren, gesünderen, nachhaltigeren Leben? Dem, was Richard Neutra, Frank Lloyd Wright oder Adolf Loos bis heute mit gültigen Hinweisen für sinnvolle Bebauungsplanung und Stoffkreisläufe vorgedacht hatten?

Oder sind wir bessere Menschen geworden? Fakt ist: unsere Zukunft ist grün – und das ist gut so. Grün kurbelt nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch die Wirtschaft an. Nachhaltigkeit als trojanisches Verkaufs-Pferd? Solange es auf einer Ökowiese weidet, ist es uns willkommen. Denn Nachhaltigkeit bestimmt unsere Zukunft. Lassen Sie sich anregen! Herzlich, Ihr Andreas Grosz



Inhalt

2 Editorial Grußwort von Prof. Albert Speer 6 Doppelter Faktor 10 Zukunftsgestaltung als Schicksalsfrage – welche Rolle spielt der Bausektor? Von Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher 12 Architekten sind Zivilisierer. Ein Interview mit Christoph Ingenhoven. Von Andreas Grosz und Inken Herzig 18 Bauschaffen im Sinne der Nachhaltigkeit. Von Prof. Dr. Werner Sobek 20 Forever Panda. Ein Auto wird zum Kultobjekt. Von Prof. Paolo Tumminelli 36 Blaue Blumen und rosige Sonnen­ untergänge – oder: Natur ist Unrat. Von Prof. Dr. Michael Erlhoff 38 Langlebig ist nachhaltig! Ein Interview mit Textildesignerin Fanny Aronsen. Von Inken Herzig 45 Berlin, Weltmetropole der Mobilität? Ein Geschichtsfeld soll stillgelegt werden: 2011 wird der Flughafen Tegel aus den ­Flugplänen gelöscht. Von Theresa Keilhacker und Konrad Olma 48 Die Stadt im Gleichgewicht? Das Beispiel Köln. Von Paul Bauwens-Adenauer 52 Hotels setzen auf Green: Nachhaltigkeit liegt im Trend. 58 The Spirit of Water. Von Andreas Dornbracht

60 Marktwirtschaft – ökosozial statt marktradikal. Von Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher 62 Gute Architektur blickt in die Zukunft. Daniel Libeskind entwarf in Datteln den ­Prototyp einer Designvilla. Von Inken Herzig 68 ON – Über die Freiheit des Sitzens. 70 Green ist in … Von Prof. Dr. Peter Zec 72 Zukunft im Blick. Von Thomas Trenkamp 74 Gutes Design bleibt. Kleiner Streifzug durch Geschichte, Dimensionen und Perspektiven nachhaltiger Gestaltung. Von Burkhard Remmers 81 Ästhetik als vierte Säule der Nachhaltigkeit. Von Uwe Boden 84 Green Design? Von Christoph Böninger 86 Auf den Lebenszyklus kommt es an! Von David Baumgart 88 Intelligente Innenarchitektur schafft Nachhaltigkeit. Von Nadine Weinberg 90 Die Richtung stimmt. Von Oliver Borchmann 94 Von hoffnungsvoller Vision zur Wirklichkeit. Von Peter Berner 96 Termine + Impressum


Zukunftsgestaltung als Schicksalsfrage – welche Rolle spielt der Bausektor? Doppelter Faktor 10

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Die globale Situation ist kritisch. Eine Chance auf eine friedliche Zukunft in Wohlstand hat die Menschheit nur, wenn es gelingt, weiteren technischen Fortschritt mit Innovationen im Bereich globaler Regulierung zu verknüpfen. Dem Bausektor kommt dabei eine Schlüsselbedeutung zu.

Die Welt befindet sich zum Anfang des neuen Jahrhunderts in einer extrem schwierigen Situation. Als Folge der ökonomischen Globalisierung befindet sich das weltökonomische System in einem Prozess zunehmender Entfesselung und Entgrenzung im Kontext der Megatrends „Globalisierung“, „explosive Beschleunigung“ und „Ressourcenknappheit“, und das unter teilweise inadäquaten weltweiten Rahmenbedingungen des Wirtschaftens. Im Bereich der CO2-Emissionen bewegen wir uns wahrscheinlich heute schon auf eine Klimakatastrophe zu. Eine der sichtbaren Konsequenzen der globalen Fehlsteuerung ist die aktuelle Weltfinanzkrise, deren Ende nicht absehbar ist und die voll auf die Realökonomie durchzuschlagen droht. Vor allem das rasche Bevölkerungswachstum hin zu zehn Milliarden Menschen und das wirtschaftliche Aufholen großer Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien stellen unter Umwelt- und Ressourcenaspekten eine

gigantische Herausforderung dar. Besonders schwierig sind die ungeklärten GovernanceVerhältnisse (Red.: Governance: Steuerungs- und Regelungssystem einer politischgesellschaftlichen Einheit) zwischen Arm und Reich und zwischen militärisch starken und militärisch nicht so starken Staaten. Damit verbunden ist die Frage, ob es überhaupt zu internationalen Vereinbarungen über den Schutz nicht erneuerbarer Ressourcen und der Umwelt sowie zu Vereinbarungen von Mechanismen zur Verbesserung der sozialen und kulturellen Balance kommen wird. Solche Vereinbarungen sind nämlich die Voraussetzung für eine nachhaltige und damit langfristig zukunftsfähige Entwicklung. Es könnte angesichts dieser Ausgangslage in den nächsten Jahrzehnten trotz massiver Steigerung der Nahrungsmittelproduktion eng werden, um die Ernährung der Weltbevölkerung zu garantieren. Um das Jahr 2015 ist der Höhepunkt der Ölproduktion zu erwarten.

Hier drohen erhebliche Problemlagen und Konflikte. Der Ressourcendruck verschärft sich von mehreren Seiten und die (welt-) politischen Antworten darauf sind bis heute völlig unzureichend. Die Ressourcenfrage Im Kontext der aktuellen Globalisierungsprozesse und angesichts des Aufholens größerer Schwellenländer erweist sich aufgrund des Gesagten der Zugriff auf Ressourcen und die Erzeugung von Umweltbelastungen als zentrales Thema. Gibt es Möglichkeiten, die Knappheit ohne große Konflikte zu beherrschen? Ohne Ressourcen kein Reichtum! Und Kollaps bei übermäßigem Zugriff. Wer kann, wer darf auf Ressourcen in welchem Umfang zugreifen? Das kann eine Frage von Krieg und Frieden werden. In diesem Kontext ist der technische Fortschritt, sind neues Design und neue Materi-


alien von entscheidender Bedeutung. Ohne technischen Fortschritt keine Zukunft. Für innovative Unternehmen liegen hier große Chancen. Wer die richtige Idee hat, wer die richtigen Konzepte hat, kann die Welt verändern. Wir alle brauchen bahnbrechende Ideen von Ingenieuren und Entrepreneuren. Das gilt vor allem auch für den Bausektor, der wie wenige andere Sektoren erheblichen Anteil am Ressourcenverbrauch, Energieverbrauch und der Erzeugung von Klimabelastungen hat, der aber zugleich auch besonders große Verbesserungspotenziale bietet.

Faktor 10 zielt auf eine Verzehnfachung der Weltwirtschaftsleistung bei gleichzeitiger Erhöhung der Ökoeffizienz um den Faktor 10 in etwa 70 Jahren bei Herstellung einer weltweiten sozialen Balance (Equity), die etwa der heutigen Situation in Europa und in den erfolgreichen Nationalstaaten rund um den Globus entspricht. Letzteres resultiert aus der angestrebten Aufteilung der Verzehnfachung der Weltwirtschaftsleistung im Verhältnis der Faktoren 4 zu 34 zwischen „Nord“ und „Süd“. Dabei ist zu beachten, dass die Bevölkerung im „Süden“ in dem betrachteten Zeitraum um etwa fünfzig Prozent zunehmen wird.

Doppelter Faktor 10 Fortschritt mit Bumerangeffekt Eine Zukunftsgestaltung und eine tragfähige Wohlstandsentwicklung für zukünftig zehn Milliarden Menschen sind jedenfalls ohne fundamental verbesserte technische Lösungen nicht denkbar. Ziel ist dabei perspektivisch ein doppelter Faktor 10 gemäß der Zukunftsformel 10 ~> 4:34 des Autors. Der doppelte

Der technische Fortschritt allein, so sehr er die Umweltbelastungen pro produzierter Einheit zu senken vermag (Dematerialisierung, Erhöhung der Ökoeffizienz), führt allerdings in historischer Perspektive wegen des so genannten Bumerangeffekts in der Summe

häufig zu eher noch mehr als zu geringeren Gesamtbelastungen der ökologischen Systeme. Dies gilt bisher auch für den Bausektor. Weil nämlich in der Folge von technischem Fortschritt immer noch mehr Menschen auf einem immer noch höheren Konsumniveau immer mehr Ressourcen verbrauchen – man denke nur an das erhoffte „papierlose Büro“. Technischer Fortschritt alleine löst die Probleme also nicht. Mit jeder Frage nach Begrenzung, etwa der CO2-Emissionen, stellt sich aber sofort die weltweite und bis heute unbeantwortete Verteilungsproblematik in voller Schärfe. Das verlangt intelligente, konsensfähige Aufteilungsmechanismen – ein schwieriges Themenfeld, ein Feld gesellschaftlicher Innovation. Dabei ist zwischen „großvaterartigen“ Auf­ teilungsansätzen, bei denen man sich im wesentlichen am Status quo orientiert (und dadurch den zurückliegenden Ländern ein „Aufschließen“ an das Niveau der Erzeugung von Umweltbelastungen der reichen


Weitere Informationen: www.bwa-deutschland.de www.faw-neu-ulm.de www.oesf.de www.globalmarshallplan.org Hier können Sie kostenlos den wöchentlichen Newsletter der Global-Marshall-Plan-Initiative abonnieren sowie Bücher bestellen.

Welt vorenthält) oder „pro Kopf gleichen Zuordnungen“ von Verschmutzungsrechten und deren ökonomischer Handelbarkeit zu unterscheiden. Neben technischen Innovationen müssen aufgrund des Gesagten gesellschaftliche Innovationen, etwa bezüglich der Durchsetzung von Grenzen der Ressourcennutzung, durchgesetzt werden. Dies ist heute ein Thema der Global Governance. Für eine gedeihliche Zukunft brauchen wir insofern abgestimmte Innovationen in den Bereichen Technik und Governance, zum Beispiel einerseits neue Energiesysteme und andererseits ihre Förderung durch den Staat. Oder ein Check- und Gewährleistungsheft für Gebäude. Oder ein verstärkter Fokus auf vorbeugende Wartung. Innovationen auf unterschiedlichen Ebenen als Schlüssel Für eine positive Gestaltung der Zukunft bedeutet das Gesagte die gleichzeitige Verfolgung zweier Formen von Innovation: diejenige im Bereich Technik, Design und neue Materialien und diejenige im Bereich Governance und damit der Gestaltung politisch-gesellschaftlicher Strukturen. Beides muss in einer klugen Zukunftsstrategie miteinander verknüpft werden. Gelingt dies, so gibt es eine realistische Perspektive für Nachhaltigkeit entlang einer weltweiten Ökosozialen Marktwirtschaft. Das ist ein Programm der Balance mit Perspektive, der Kern einer funktionierenden Global Governance. Dieses Balancemodell betrifft den im Kern ordoliberalen Ansatz regulierter Märkte, wie

er für Europa (soziale Marktwirtschaft) und einzelne asiatische Volkswirtschaften (Netzwerkökonomien) typisch ist. Dieses Modell wäre im Rahmen der Weltökonomie fortzuentwickeln. Die Europäische Union beweist in ihren Ausdehnungsprozessen permanent die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes. Gelingt dies nicht, droht entweder der ökologische Kollaps oder aber eine Ressourcendiktatur in Verbindung mit einer Brasilianisierung der Bevölkerung der reichen Länder. Letzteres bedeutet die relative Verarmung von 95 Prozent der Bevölkerung in den OECDStaaten – ein Prozess, der in den letzten Jahren bereits in Gang gekommen ist. Zugleich wird der weitere Aufstieg von Ländern wie China und Indien in diesem Prozess ausgebremst. Natürlich sind solche Entwicklungen mit möglicherweise nicht kontrollierbaren Reaktionen bis hin zu Bürgerkrieg oder Terror verbunden. Wir können nur hoffen, dass ein solcher Weg verhindert werden kann. Es liegen große Herausforderungen vor uns, solche eher technischer Natur und solche im Bereich Governance. Situatives Handeln und Perspektiven In der beschriebenen Situation ist ein situatives Handeln, eine Doppelstrategie erforderlich: Arbeiten an einer besseren Gestaltung der Globalisierung, Innovationen in Breite und Erfolg in den Märkten. Dabei müssen alle Aktionen unter Status-quo-Bedingungen erfolgen, unter denen teilweise im Markt das Falsche honoriert wird. Schlüssel für die

Gewinnung der Zukunft ist in dieser Lage die individuell richtige Platzierung der Unternehmen, die Erhöhung der Anstrengungen in Forschung und Entwicklung und die Durchsetzung von Innovationen. Dies betrifft besonders auch den Bausektor mit seinen großen, bisher ungehobenen Effizienzpotenzialen. Auf der Seite der Unternehmen ist dabei insbesondere weiterhin informationstechnische Aufrüstung angesagt. Es gilt, mehr in Wissen und Verstehen zu investieren. Ferner ist in Zeiten der Globalisierung der Globus als Ganzes mit ausreichender Empathie in den Blick zu nehmen. Und es gilt der Versuchung zu widerstehen, auf kurzfristige Mitnahmeeffekte zu setzen. Stattdessen sollten solche Innovationen, die Beiträge zur Nachhaltigkeit in globaler Perspektive darstellen, das Fernziel aller Aktivitäten sein, auf Firmenebene wie in der großen Politik. Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher, Vorstand des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n (FAW/n), zugleich Professor für Informatik, Universität Ulm, Präsident des Bundesverbandes für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft (BWA), Berlin, Vizepräsident des Ökosozialen Forum Europa, Wien, sowie Mitglied des Club of Rome. Der Beitrag fundiert auf einem Vortrag von Franz Josef Radermacher, den er anlässlich des Kongresses „Zukunft des Bauens“ auf der BAU 2009 in München gehalten hat.


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Architekten sind Zivilisierer

… sagt Christoph Ingenhoven im Gespräch mit Andreas Grosz und Inken Herzig. Für den Architekten geht es darum, den Level ökologisch korrekten Bauens nach vorne zu bringen – und gleichzeitig, signifikante und charakter­volle Häuser zu entwerfen.

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Christoph Ingenhoven plant vorzugsweise Großprojekte – vom Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs bis zum Wolkenkratzer in Sydney. Die Nutzung regenerativer Energien und Ressourcen wie Erdwärme und Regenwasser betrachtet er dabei als wichtige Grundpfeiler seiner Konzepte. Ebenso die intensive Einbindung von Tageslicht und die natürliche Beund Entlüftung der Gebäude. So wurde er mit „ingenhoven architects“ zu einem der führenden Architekturbüros, das sich für nachhaltige und ökologisch orientierte Architektur einsetzt – und das seit Gründung im Jahr 1985. Das Hochhaus für die RWE in Essen, bereits 1991 entworfen und 1996 fertiggestellt, zählt zu den ersten ökologisch orientierten Hochhäusern. Die neue Lufthansa-Hauptverwaltung am Frankfurter Flughafen verbraucht nur ein Drittel der Energie eines herkömmlichen Bürogebäudes. Der Hauptbahnhof Stuttgart, Realisierung ab 2010, wurde 2006 mit dem Global Holcim Award Gold für seine nachhaltige Konstruktion ausgezeichnet – der NullEnergie-Bahnhof benötigt weder Heizung, Kühlung noch mechanische Lüftung. Doch nicht nur Flughäfen oder Bürogebäude können von diesen Strategien profitieren, auch ganze Städte. Ingenhovens Ziel: eine intelligente Gestaltung des urbanen Alltags, um Innenstädte wieder attraktiv zu machen. Wie die Stadt der Zukunft aussehen könnte und wie es derzeit um den Standard für nachhaltiges Bauen bestellt ist, erklärt der Architekt im KAP Magazin.

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KAP Magazin: Stimmt es, Christoph Ingenhoven, dass Sie am liebsten im Engadin leben würden? Christoph Ingenhoven: Das ist eine Landschaft, die ich schön finde, aber ich könnte mir das Leben ebenso an einem schönen Strand oder in Südkalifornien vorstellen. Ich bin wahnsinnig gerne draußen und empfinde das Thema „Drinnensein“ als eine Lebenszumutung. Ich glaube, dass wir Menschen für das „Draußenleben“ geschaffen sind. Das zeigt auch das positive Gefühl, wenn man den ganzen Tag in der Natur war. Aber da wir kein Fell mehr haben, sind wir Architekten notwendig. Das ist die Grundfunktion der Architektur: die Erhaltung der Körperwärme. Aber ohne einen schönen Blick oder den Kontakt nach außen geht es nicht.

Kann man funktionierende Städte denn heute noch bauen? Es ist nicht vorrangig unser Ziel, permanent neu zu bauen und dafür abzureißen. Aber wenn ich die Aufmerksamkeit jetzt einmal auf ein anderes Feld in der Stadt lenke: Stadt besteht ja auch aus vielen anderen Dingen, nicht nur aus Architektur. Stadt besteht aus öffentlichen Räumen, aus Straßen, aus Plätzen, aus Parks, aus Flussufern. Meine Theorie wäre diesbezüglich: niemand kennt ein Haus an der Champs-Élysées, keiner ein Haus auf dem Kurfürstendamm. Was wir alle kennen, ist der Kurfürstendamm oder die Champs-Élysées. Und das heißt, dass die städtebauliche Qualität des öffentlichen Raums mindestens eine ebenso große Rolle spielt wie die Architektur.

In den letzten 20 Jahren beobachten wir einen Hype auf die Stadt – und nun stellen wir fest: es gibt wieder eine Flucht in die Natur. Ist etwas schiefgelaufen in der Debatte um die Metropolen? Wir müssen vorsichtig sein, dass wir nicht allein die mitteleuropäische Perspektive wählen. Weltweit betrachtet geht es auf gar keinen Fall ohne Zentren, ohne Hochhäuser und nicht ohne Verdichtung. Nach wie vor nimmt die Weltbevölkerung zu. Der Prozentsatz an Menschen, die in großen Städten leben, ist steigend und es wird prognostiziert, dass dies so weitergeht. Womöglich wäre jemand auf dem Land sicherer und besser aufgehoben als in der Stadt. Aber was man Menschen nicht nehmen darf, ist das perspektivische Denken. Das hat mit Lebenschancen zu tun. Die Menschen glauben, dass für sie und ihre Nachkommen die Perspektiven in der Stadt größer sind. Selbst in einem entwickelten Land wie Amerika wird es so sein, das die Leute diese Chance suchen. Wenn das so ist, dann werden wir nach wie vor eine enorme Verdichtung haben, also eine Nach- und Mehrverdichtung. Da gibt es dann nur eine Chance: die Stadt weiter zu kultivieren, Beiträge zur Stadtentwicklung zu leisten. Das heißt auch, Beiträge zum Hochhausbau zu leisten. Denn ohne Hochhäuser geht nichts. Verdichtung heißt nicht zwangsläufig gigantische Hochhäuser, aber es heißt, hohe Häuser zu bauen.

Städte wie Paris und Berlin würden heute nicht mehr so geplant. Es entsteht individualistische Architektur, in der jedes Haus anders aussieht; in den seltensten Fällen entsteht dabei Harmonie. Noch schlimmer. Wenn diese Häuser fertig sind, denkt man über die Straße nach, und da wir kein Geld mehr haben, pflastert man sie irgendwie und das wars. Im Prinzip müsste es einen anderen Ansatzpunkt geben. Man müsste die Straße, das Flussufer oder den Park, vergrößern und verbessern – oder überhaupt erst mal bauen. Und danach die Grundstücke verkaufen, sanieren und in der Disziplin dieser Straße schöne Häuser bauen. Denn die Schönheit eines einzelnen Hauses ist eine relative, weil sie nicht so entscheidend ist.


Bauen ist vom Ressourcenverbrauch her betrachtet eine der intensivsten Kategorien. Wir sprechen in Europa und inzwischen auch in den USA über Nachhaltigkeit und Zertifizierung. Wie kann man das mit den schnell wachsenden Städten in Einklang bringen? Es fängt damit an, dass man nur baut, was auch wirklich gebraucht wird. Beim Blick auf zum Beispiel chinesische Megacitys ist festzustellen: es entsteht Sinnvolles; aber sicher auch vieles, das man nicht braucht. Vieles wird aus Imagegründen geplant, siehe auch Moskau oder Dubai. Bauen hat viele Gründe und ist nicht nur durch Notwendigkeit bedingt. Heute zählt die Tugend der Umnutzung. Es wird ja viel von hundertprozentiger Recyclingfähigkeit gesprochen. Man muss wissen: wenn ich ein Haus 200 Jahre benutze, ist die Recyclingfähigkeit relativ zu sehen. Das Wiederaufbauen und Abreißen von Häusern innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren ist allein wegen des Energieaufwandes und des Vernichtens von Grundstoffen bei aller Recyclingfähigkeit ein echtes Drama. Die erste Tugend sollte also sein, Häuser zu bauen, die man sehr langfristig nutzen kann. Das wäre die größte Herausforderung. Die zweite: wir müssten versuchen, nicht nur Weltmeister im nachhaltigen Bauen zu werden, sondern auch in der nachhaltigen Bestandspflege. Ist nachhaltiges Bauen und Ästhetik ein Widerspruch? Das finde ich nicht. Dafür bin ich zu sehr an Schönheit und interessanten Formen interessiert. Es geht darum, den Level ökologisch korrekten Bauens nach vorne zu bringen und gleichzeitig zu versuchen, signifikante, wiedererkennbare und charaktervolle Häuser zu entwerfen.

Ist das Thema Green Building ein LuxusThema? Natürlich hat das Thema auch etwas mit reichen Gesellschaften zu tun; nicht nur mit monetärem, sondern auch mit kulturellem Reichtum. Wenn man sich intellektuell, kulturell und finanziell weit vorne wähnt, beschäftigt man sich mit solchen Fragen. Dann geht es nicht mehr nur darum, eine Glühbirne zum Leuchten zu bringen, sondern darum: was ist das für eine Glühbirne? Wo kommt der Strom her, ist das gut für meine Umwelt? Das sind Fragen, die auftauchen, wenn Grundbedürfnisse befriedigt sind und es ist normal, dass man sich als Architekt damit auseinandersetzt. Mit der amerikanischen LEED-Zertifizierung wurde ein Instrument geschaffen, das erst belächelt wurde. LEED verteilte gleich Bronze, Silber, Platin – wie die Amex-Karte. Die Amerikaner sind eben Weltmeister im Marketing und sie haben eines verstanden: du kriegst den End-User oder nicht. Wenn ich die Leute sensibilisiere, dass Platin und Gold die nächste Steigerungsstufe des Gutseins, des langfristig Nutzbaren, auch finanziell Erfolgreichen ist, dann bin ich vorne. Ich hätte den Deutschen geraten, die deutsche Abteilung des LEED einzuberufen. Um Erweiterungsvorschläge einzureichen, neue Kriterien zu entwickeln und zu ergänzen, was fehlt. Es gibt jetzt die DGNB, es gibt die Schweizer mit ihrem Minergiestandard – und was ich schade finde, ist, dass das Ganze zu einer Schlacht von Kriterien ausartet. Ich glaube nach wie vor, dass man im eigenen Projekt für sich entscheiden muss, was das wirklich Richtige ist. Es nur mit Blick auf die Punkte einer Zertifizierungskommission zu tun, ist nicht unbedingt die beste Entscheidung. Trotzdem – auch wir schielen nach den Punkten. Wir haben auf der ganzen Welt Häuser gebaut, die nach den örtlichen und überörtlichen Nachhaltigkeits-Prinzipien die höchste Punktzahl erreichen. In Australien gibt es ein Green-System, in dem man bis zu sechs Punkte erhalten kann. Das haben sie für uns erfunden, weil wir mehr als die maximal fünf hatten, die es gab. Die Systeme entwickeln sich also und werden von Jahr zu Jahr strenger.

Wie wird das Thema unter Architekten aufgenommen? Wenn vielleicht auch mal ein paar Skurrilitäten dabei sind, bewerten wir das Thema Green Building zunächst einmal positiv, weil man darüber in einen Wettstreit gerät. Dass man ein Prädikat bekommt, mag man ein bisschen belächeln, aber wenn es der Sache dient, die Leute beflügelt und den Wettbewerb anheizt, ist es ein Erfolg. Wir brauchen den Wettbewerb vieler Ideen. Und es reicht nicht, eine Einbahnstraße zum Erfolg zu beschreiten, die auf Geothermie oder Photovoltaik setzt. Man schärft einfach das Bewusstsein in der Diskussion, auch unser Bewusstsein für Kohlekraftwerke, die so nicht mehr weiter betreibbar sind. Wenn Sie zum Beispiel sehen, dass pro Einwohner in Großbritannien der CO 2-Ausstoß geringer ist als in Deutschland, das entspricht nicht unserem Selbstverständnis, oder? Also: für uns ist das Thema Nachhaltigkeit ein Herzensanliegen. Das ist kein „Greenwashing“, was wir betreiben. Schauen wir kurz nach Dubai. War das von Anfang an eine Fata Morgana? Hat das gigantische Baugeschehen dort wirklich noch etwas mit ökonomischer, sozialer Vernunft zu tun? Da bin ich skeptisch. Es gibt dort wirklich gute Dinge, warum sollen sie mit ihrem Geld nicht experimentell grün bauen können? Aber natürlich taucht hinter dieser Dimension des Bauens die Frage auf, ob es notwendig und richtig ist, an dieser Stelle überhaupt eine Stadt zu bauen. Wenn man diese Frage ernsthaft stellt, wird man vielleicht zu einem Nein kommen. Wir müssen jedoch den Regionen zugestehen, dass sie ihre eigenen Experimente machen, die teuer sind und scheitern können. Das haben wir auch gemacht. Wir Architekten müssen allerdings mit all unserem Planungsvermögen versuchen, so viel wie möglich richtig zu machen.

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In der derzeitigen Auseinandersetzung um die Ökonomie, spielt Vertrauen eine tragende Rolle. Kapitalvernichtungen, wie wir sie weltweit erlebt haben, können wir uns nicht erlauben. Kurzum: Muss die soziale und politische Verantwortung des Handelns und Tuns unter anderem auch beim Architekten mit auf die Agenda? Man kann fragen, wo die Relevanz der Architektur liegt. Sie hatte die Relevanz, die sich anbahnende Umwandlung der Industrie in eine Wissens- und Nachrichtengesellschaft zu begleiten. Doch die Architektur war spät dran. Industriearchitektur, Industrieingenieur­ wissenschaften waren weit vorne, der Brück­ en­bau, der Industriebau, Werften, Schiffsbau, Flugzeugbau. Als wir Architekten uns darauf eingestellt hatten, waren wir auch schon wieder nur Nachahmer, denn die Pioniere des neuen Bauens waren keine Architekten, das waren Ingenieure und Taktiker.

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Bekommt Architektur über das GreenBuilding-Thema nun wieder eine neue Relevanz? Es ist ein Punkt, an dem wir an Relevanz gewinnen können. Ich fürchte aber auch, dass wir wieder höher und weiter in den Wüstensand bauen – das tun ja selbst begnadete Architekten und das wird die Relevanz wieder verspielen. Ich kann Architekten nur raten, die Eigenrelevanz zurückzuerobern. Sie liegt genau dort, wo wir helfen können, diese Welt überlebensfähig, gesünder und für den Menschen in seinen Lebensumständen besser zu machen.


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Bauschaffen im Sinne der Nachhaltigkeit

1972 legte der Club of Rome seinen Bericht über „Die Grenzen des Wachstums“ vor. Die Antwort des internationalen Architekturschaffens hierauf blieb jedoch aus. Ansätze eines ökologischen, mit der Natur im Einklang stehenden Bauens blieben die Sphäre von Kollegen, die oft nur besuchsweise vom Hochland der Esoterik herabgestiegen schienen. Alles andere wurde versäumt – bis auf die Erarbeitung härterer Energieeinsparstandards, die allerdings die Erscheinungsform der gebauten Umwelt nicht verändert haben. Es bedurfte dann noch einer Reihe von drastischen Warnungen durch die UNO, um eine breite Bewusstwerdung herbeizuführen. Angesichts der globalen Erwärmung, der knapper werdenden Ressourcen und der zunehmenden Belastung unserer Umwelt mit Abgasen und Abfällen steht die Menschheit vor existenziellen Fragen. Das Bauschaffen kann einen wichtigen Beitrag zur Lösung dieser Fragen leisten. Die durch die Rücknahmeverpflichtung im Automobilbau angestoßenen Neuerungen können Beispiel für vergleichbare, im Bauwesen dringend benötigte Entwicklungen sein. Die Ziele, die man dabei verfolgen muss, lauten:

1. Zero Energy: Gebäude dürfen für ihren Betrieb nicht mehr Energie benötigen, als sie selbst im Jahresmittel erzeugen. 2. Zero Emission: Gebäude dürfen keine schädlichen Emissionen abgeben. 3. Zero Waste: Gebäude müssen vollkommen, d. h. rückstandsfrei, rezyklierbar sein. Während bei der Energieeffizienz schon wichtige Verbesserungen erreicht wurden, muss noch viel zur Reduzierung der Emissionen getan werden. Hinsichtlich der Einführung einer Kreislaufwirtschaft steht das Bauwesen am Anfang; eine durchgreifende Methodik für recyclinggerechtes Konstruieren wird dringend benötigt. Der Staat kann die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine nachhaltig gestaltete Umwelt schaffen. Die Umsetzung dieser Normen liegt in den Händen von Architekten und Ingenieuren – von denen die meisten allerdings noch nicht über die Werkzeuge und Methoden zur Konzeption, Konstruktion und Gestaltung im weitesten Sinne „nachhaltiger“ Architektur verfügen. Die Schwierigkeiten, die noch vor uns liegen, sollten uns aber nicht abschrecken; es gehört „zur Signatur der Humanitas, dass Menschen vor Probleme gestellt werden, die für Menschen zu schwer sind, ohne dass sie sich vornehmen könnten, sie ihrer Schwere wegen unangefasst zu lassen“ (Peter Sloterdijk). Die wichtigste Aufgabe, die Architekten und Ingenieure dabei zu lösen haben, ist allerdings nicht, für eine Einhaltung aller relevanten Normen zu sorgen – es geht vielmehr darum, Ökologie atemberaubend attraktiv und aufregend zu machen …

Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek ist Architekt und beratender Ingenieur. Als Nachfolger von Frei Otto und Jörg Schlaich leitet Werner Sobek das Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren an der Universität Stuttgart. Er ist außerdem Mies-van-der-RoheProfessor am Illinois Institute of Technology in Chicago. Sein 1992 gegründetes Büro mit mehr als 200 Mitarbeitern bearbeitet alle Typen von Bauwerken und Materialien. Seit April 2008 ist Werner Sobek auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V.

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Um zum Kultobjekt zu werden – meinte Deyan Sudjic um 1985 – müssen Alltagsgegenstände zunächst die „Kellerprobe“ überstehen. Erst nach Jahrzehnten, wenn sie wiederentdeckt werden, kann das endgültige Urteil fallen: Ja, wir mögen dich! Wir haben dich vermisst, liebes Produkt! Was für eine schöne Kultur, die Kellerkultur, als man noch den materiellen Wert der Dinge zu schätzen wusste. Nichts wurde weggeschmissen, alles für eine mögliche Wiederwendung aufbewahrt. Hätte man nur ahnen können,

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dass kaum ein Vierteljahrhundert später die sensibelsten Regierungen der Welt – dazu die deutsche – Geldprämien (Umweltprämien!) für die vorzeitige Verschrottung wertvoller, voll funktionsfähiger Ware verteilen würde. Und das nennt man nachhaltig? Nachhaltig handeln heißt, Dinge so lange zu lieben und zu nutzen, wie sie geliebt und genutzt werden können und wollen. Und dann diese Dinge, die ein Leben lang gedient haben, so lange „kühl und trocken“ aufzu-

bewahren, bis man für sie eine Wiederverwendung gefunden hat. Schließlich existiert Müll nur in unseren Köpfen. Dem guten alten Planeten ist es völlig egal, ob sich ein Ding in der Fabrik, im Showroom, in meinem Wohnzimmer, in Ihrem Keller oder auf einer Mülldeponie befindet. Materie bleibt Materie, nur die Energie, die man für ihre Transformation verbraucht, kann nie wieder zurückgewonnen werden. Aufbewahren tut der Welt und unserer Gesellschaft gut.


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Er wurde gebaut, gekauft, geklaut. Gefunden, geliebt, gehasst, geehrt. Und gefahren und gefahren und gefahren. Und verbraucht, vergessen, verschrottet. Das allerletzte Automobil auf den Straßen, das für Menschen gemacht wurde.

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Der Panda ist der letzte überlebende Zeuge einer Zeit, in der das Auto noch dem Menschen diente – und nicht umgekehrt. Er ist unermüdlich, unprätentiös, unmittelbar, unkompliziert: Ein T-Shirt auf Rädern. Automobilität pur.

Wirklich schön ist er nicht. Ein Würfel, zwei Türen, drei Meter, vier Liter, fünf Plätze, sechs Fenster, siebenfach verstellbares Campinggestühl. Der Panda ist so antimodisch und übersehbar wie ein Meisterwerk rationaler Architektur.


Konzeptionell die logische Konsequenz aus Mini und Ente vollendet der Panda unwiderruflich die Entwicklung des standardisierten Automobils, die 1908 mit dem Ford T begann. Sinngemäß erhielt er 1981 die „Compasso d’Oro“-Designauszeichnung. Diese historische Auszeichnung für Designprodukte unterschiedlicher Art ist der erste Designpreis überhaupt, der in Europa ab 1959 verliehen wurde.

Zwischen 1980 und 2003 über 4,4 Millionen Mal gebaut, seitdem zu Hause in Bari, Bonn und auf Bora Bora – der letzte echte VolksWagen überlebt heute unbemerkt in der Peripherie dieser Welt, weit entfernt von Glamour, den Menschen nach wie vor sehr nah.

Massenhaft abgewrackt, stirbt der Panda leise aus, obwohl sein Designkonzept aktueller denn je ist. Er gilt als sympathisches Vorbild des ökologisch und ökonomisch sinnvollen, des wahrhaftig nachhaltigen Automobils der Zukunft. Diese „tolle Kiste“ tut gut.

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Rettet den Panda !

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Paolo Tumminelli ist Direktor des Goodbrands Institute for Automotive Culture, Professor an der Kรถln International School of Design, Publizist und Buchautor.


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BLAUE BLUMEN UND ROSIGE SONNENUNTERGÄNGE ODER: NATUR IST UNRAT

„Der Stoffwechsel mit der Natur endet unausweichlich tödlich.” Peter Brückner

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1. Eigenartig in unserem Umgang mit Natur ist, dass wir, wenn wir von Natur reden, meist lediglich von unseren Vorstellungen von Natur sprechen. Denn, wenn wir meinen, Natur zu erblicken oder anderweitig mit ihr zusammenzustoßen, konfrontieren wir uns lediglich mit unseren Bildern von Natur, die sich historisch und kulturell längst gefestigt haben. Mithin tritt uns Natur allein als Abstraktion und höchst vermittelt gegenüber und sollte unser jeweiliges Verständnis davon sehr kritisch oder spielerisch (als Anregung für neue Gedanken – siehe Bionik und dergleichen) beobachtet werden.

2. Ähnliches gilt für unsere Selbstwahrnehmung als Natur. So formulierte schon vor über 200 Jahren der Philosoph Immanuel Kant die sinnliche Wahrnehmung als höchst fragwürdig und erläuterte vor etwa 160 Jahren der deutsche Physiker Hermann von Helmholtz, dass wir beispielsweise Parallelen und den rechten Winkel gar nicht sehen können, vielmehr stets im Kopf konstruieren (gewissermaßen, um uns zu beschwichtigen und aus Faulheit des Gehirns). Ohnehin erfahren wir ansonsten unsere eigene Natur meistens lediglich als Konfrontation, nämlich bei Krankheiten, Schmerzen und ähnlichen unangenehmen Zuständen. Wobei auch diesen für gewöhnlich schon Vorstellungswelten, Ängste, Wünsche und andere Imaginationen jeweils vorausgehen und wir uns gelegentlich sogar solche Schmerzen und Krankheiten einbilden, als suchten wir darüber einen Kontakt zu unserer Natur. Oder wir nutzen einfach Medikamente, um jegliche natürliche Störung gleich zu unterbinden. Was wir dabei selten ernsthaft bedenken, ist das eigentlich Trostlose an unserer inneren Natur; denn – so beschrieb dies der Psychologe Peter Brückner einst sehr präzise: „Der Stoffwechsel mit der Natur endet unausweichlich tödlich.” 3. Offensichtlich also sind unser Umgang mit und unsere Wahrnehmung von Natur ganz alltäglich sehr ideologisch. Dies wird hinreißend kenntlich in einem merkwürdigen sprachlichen Phänomen: In den vergangenen etwa 15 Jahren ist das Wort „selbstverständlich” nachdrücklich durch das Wort „natürlich” ersetzt worden. Das ist eben deshalb so bemerkenswert und auch deprimierend, da „selbstverständlich” sich noch an den Verstand richtete und er damit eine als selbstverständlich formulierte Aussage immer noch der Möglichkeit des argumentativen Diskurses anheimstellte, das Gespräch sogar einforderte – „natürlich” jedoch verschließt sich diesem nachdrücklich und behauptet einfach, hier gehe es um Naturgesetze. Das ist ein penetranter Wechsel zum Dogmatismus.

Genau so dogmatisch reden zum Beispiel Anarchisten, wenn sie eine Urgesellschaft als naturwüchsige Form postulieren, und ebenso Wirtschaftsliberale und heute beispielsweise Banken und Investmentfonds, wenn sie uns Kapitalprozesse als natürlich, eben als zwangsläufig einreden. Und geläufig ist doch ebenso, wie permanent uns vermeintliche oder meinetwegen auch reale so genannte Naturkatastrophen gemeldet und dann meist umgehend mit dem Hinweis auf ihre jeweils kapitalintensiven Lösungen gemeldet werden. Eine vermeintliche oder wirkliche (doch was ist schon wirklich) Pandemie wird gleich gemeinsam mit Impfstoffen angeboten, die Luftverschmutzung sowieso erst dann, wenn der Markt neue Initiativen braucht und anbieten kann, und dergleichen mehr. Gewiss, irgendwo existiert wahrscheinlich eine Natur an und für sich selbst – und womöglich mit Auswirkungen für uns Menschen und für die Erde. Aber von dieser wissen wir eigentlich sehr wenig, denn was wir davon wissen, ist immer gefiltert durch unsere Interessen und Ängste, also durch unsere Rationalität, die keine natürliche ist. Immerhin: Natur ist auch Unart. Prof. Dr. Michael Erlhoff ist Professor für Designtheorie und -geschichte an der Köln International School of Design. Er arbeitet als Design- und Unternehmensberater, als Konzeptionalist und Autor zahlreicher Publikationen zu Design und Designtheorie. Er war Geschäftsführer des Rats für Formgebung/ German Design Council, Gründungsdekan des Kölner Fachbereichs Design, 2002 bis 2006 Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften der FH Köln, Gastprofessor u. a. in Tokio, Hongkong und Sydney.

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Langlebig ist nachhaltig

Immer mehr rückt unsere Umwelt auch bei der Stoffherstellung in den Fokus. Das dänische Unternehmen Kvadrat hat sich schon früh verpflichtet, umweltverträglich zu denken und zu handeln. Der Stoffhersteller und Lieferant achtet auf die einzelnen Schritte der Fertigungsprozesse und präsentiert unter

anderem mit dem Label FANNYARONSEN Stoffe der gleichnamigen Textildesignerin, die schon lange nachhaltig arbeitet. Warum sie sich dem Thema Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt und wie sie lernte, in ihrem Heimatland Schweden die Tradition der Nachhaltigkeit auszubauen, schildert sie dem KAP Magazin.


Die schwedische Textildesignerin Fanny Aronsen im Gespräch mit Inken Herzig

KAP Magazin: In Skandinavien genießt das Thema Nachhaltigkeit im Lebensstil schon seit langer Zeit einen hohen Stellenwert. Wo liegen die Gründe hierfür und warum denken die Schweden „grüner“ als der Rest der Welt? Fanny Aronsen: Das Thema Nachhaltigkeit ist für Skandinavier sowohl bei Lebensmitteln, Möbeln und Textilien traditionell stark ausgeprägt. Wenn wir 100 oder 200 Jahre zurückblicken, können wir sehen, dass die Wurzeln auf dem Lande liegen. Zu dieser Zeit lebten die meisten Menschen auf Bauernhöfen, auf einem Stück Land mit kleinen Bächen, einem Garten und Tieren. Alles, was sie brauchten, „produzierten“ sie selbst wie z. B. Wolle oder Leinen. Weil es damals noch keine moderne Technik wie das Fernsehen gab, saßen die Menschen abends am Feuer beisammen und webten oder strickten. Heute, in Zeiten des Fernsehens und der modernen Technik, haben sich solche Tätigkeiten zwar eher zu einem Hobby entwickelt, doch hier bei uns ist das Handwerk nach wie vor weiter verbreitet als in anderen Ländern der westlichen Welt. Wir haben immer schon eine „grüne Lebensanschauung” vertreten, weil die meisten Menschen hier die Natur respektieren und sich stark mit der Natur verbunden fühlen. Das ist vielleicht der Hintergrund für „grünes Denken” in Skandinavien. Seit wann engagieren Sie sich für dieses Thema? Ich hatte schon ziemlich früh das Gefühl, nachhaltig arbeiten zu wollen. Für mich ist es sehr wichtig, nicht nur umwelt-, sondern auch sozialverträglich zu arbeiten. Die Preise für textile Rohstoffe sind überall auf der Welt gleich, die großen Unterschiede liegen jedoch in den Lohnkosten. Für mich ist es unabdingbar, mich nicht nur um die Qualität des Materials und das Herstellungsverfahren, sondern auch um die sozialen Verhältnisse und die Arbeitsbedingungen beim Hersteller zu kümmern. Mit wichtigen Fragen wie diesen finde ich zusammen mit ökologischem/grünem Denken bei Rohstoffen und Produktion meine Grundlagen für Kvadrat. Meine Lieferanten haben die gleiche Philosophie und die gleiche Auffassung zu diesen Dingen. Ich würde niemals mit einem Unternehmen zusammenarbeiten, das diese Fragen außer Acht lässt.

Sie haben das Label FANNYARONSEN gegründet, unter dem Sie eine Kollektion von Textilien für die Innenraumgestaltung unter Ihrem eigenen Namen präsentieren, Textilien, die heute in vielen Teilen der Welt bekannt sind. Wie kontrollieren Sie die Produktionsverfahren und Materialien, die Ihre Lieferanten einsetzen? Ich bin nach wie vor in alle Abläufe bei Design, Entwicklung und Fertigung involviert. Ich pflege sehr enge Beziehungen zu allen unseren Lieferanten und besuche sie regelmäßig, damit ich auf dem Laufenden bleibe. Bei der Kollektion, die aus Wolle oder Leinen besteht, arbeiten wir überwiegend mit Webereien und Spinnereien in Europa zusammen. Bei unseren Seidenstoffen haben wir auch einen Kooperationspartner in Indien. Für alle unsere Lieferanten spielen Nachhaltigkeit und Umweltschutz eine große Rolle. Nach Möglichkeit versuchen wir außerdem, allzu lange Transporte zu vermeiden. Für mich ist es ebenfalls wichtig, Produkte herzustellen, die lange halten. Ich denke, dass gute Qualität wichtiger ist, als einfach etwas billig zu kaufen und dann schnell wieder wegzuwerfen. Für mich sind Qualität und Langlebigkeit gleichbedeutend mit Nachhaltigkeit. Langlebiges Design hat in Skandinavien Tradition … Ja, wir in Skandinavien versuchen, Produkte zu schaffen, die lange halten. Ob das nun Kvadrat, FANNYARONSEN, Architekten oder Designer betrifft – für jeden sind langlebige Produkte wichtig. Noch heute schätzen wir die Werke von Leuten wie Alvar Aalto, Arne Jacobsen und Hans Wegner – sie alle haben mit Methoden gearbeitet, die sich durch handwerkliches Können und Achtung vor dem Handwerker auszeichneten. Das kreative Schaffen als Architekt oder Designer wurde hierbei auf innovative Art und Weise kombiniert: Daraus sind Produkte von hoher Qualität und Nachhaltigkeit hervorgegangen.

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„Ich denke, dass gute Qualität wichtiger ist, als einfach etwas billig zu kaufen und dann schnell wieder wegzuwerfen. Für mich sind Qualität und Langlebigkeit gleichbedeutend mit Nachhaltigkeit.“

Wie denken Sie über die derzeitigen ÖkoTextilien in Schweden? In Schweden haben wir das Good-GreenBuy-Label. Meiner Ansicht nach ist es gut, ein Label zu haben, das etwas über die Qualität und den Hintergrund eines Produkts aussagt. Doch bei einigen Produkten halte ich die Angabe solcher Informationen nicht für notwendig. Wenn man sich die Lebensmittelbranche anschaut, so ist in den letzten fünf Jahren viel passiert. Aufgrund dessen gehen die Verbraucher viel bewusster mit dem Thema Anbauverfahren und deren Einfluss auf Qualität und Geschmack um. Und die Leute sind bereit, dafür etwas mehr zu bezahlen. Anstatt Fertiggerichte und Gemüse in Plastikverpackungen zu kaufen, wollen viele Menschen eine Alternative, die umweltverträglicher und gesünder ist. Meinen Sie, wir sollten uns nicht allzu sehr auf die Verwendung von Labeln oder Zertifikaten konzentrieren? Wie ich schon gesagt habe, kann ein Label sinnvoll sein und für bestimmte fachliche Projekte/Situationen ist ein Zertifikat notwendig. Ich meine jedoch, es ist wichtig, dass nachhaltiges Denken selbstverständlich wird. Für die Fanny-Aronsen-Kollektion sollte es sich von selbst verstehen, dass alle Textilien umweltgerecht hergestellt werden und dass dies nicht durch ein Label vermittelt werden muss. In der Kvadrat- und Fanny-AronsenKollektion sind heute mehrere Produkte mit dem Label ausgezeichnet. Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema an deutschen Designhochschulen. Wie sieht das in Skandinavien aus? Ich arbeite als Professor für Textildesign an der Konstfack Kunsthochschule in Stockholm. Meine Studenten sind in Sachen ökologisches Denken und Nachhaltigkeit sehr sensibel. Sie versuchen Verfahren und Methoden zu finden, die diesen Ansprüchen gerecht werden. Außerdem haben wir spezielle Vorlesungen und Seminare, bei denen die Frage der Nachhaltigkeit im Designverfahren erörtert wird.


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BERLIN WELT

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TMETROPOLE DER MOBILITÄT? Neue Ideen zur Mobilität

Ein Geschichtsfeld soll stillgelegt werden: 2011 wird der Flughafen Tegel aus den Flugplänen gelöscht. Berliner Planer entwerfen unterschiedliche Szenarien für das historische Areal – aber welche setzt sich durch? TXL, so die Abkürzung für den Flughafen Berlin-Tegel, befördert bis zu 14 Millionen Fluggäste jährlich, ist Symbol für die Berliner Luftbrücke, steht für den ersten zivilen Luftverkehr in der Hauptstadt und wird von den Berlinern geliebt. Seit bekannt ist, dass der Flughafen 2011 stillgelegt werden soll, gibt es Nutzungskonzepte, die vor allem eines sein sollten: nachhaltig. Ob Solarpark, begrünte Landebahnen oder neue Wohnformate – noch steht nicht fest, wie das Areal Tegels einmal aussehen wird. Wichtig ist den Berlinern ein Brückenschlag zwischen Wirtschaftlichkeit und neuer Nutzung. Denn die Metropole hat sich seit der deutschen Wiedervereinigung, die sich nun zum zwanzigsten Male jährt, rasant entwickelt und genießt Interesse und Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit. Gleichwohl ist es bislang nicht gelungen, der Hauptstadt der drittgrößten Industrienation der Welt auch ein hinreichendes wirtschaftliches Fundament zu verschaffen. Trotz partieller Erfolge auf einigen Gebieten rangiert Berlin auf dem beinahe letzten Platz der attraktiven Investitionsstandorte. Berlin gilt bei vielen Bundesbürgern als „geduldete Hauptstadt“, die dem Bund mit Milliardenforderungen auf der Tasche liegt.

Die Gruppe „BMN – Berlin Mobility Network“, ein Zusammenschluss von Experten unter Leitung des Wirtschaftssoziologen André Noeske, hat deshalb ein Konzept erarbeitet, das zeigt, wie Tegel ab April 2012 nicht nur nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden könnte. Aus Sicht der Gruppe wäre der Standort – mitten in einer Metropole – prädestiniert für einen großen Themenpark der Mobilitätsbranche. Am Flughafen könnten nicht nur kleinere Fluggeräte zu Test- und Forschungszwecken starten und landen, auf dem nahen Hohenzollernkanal mit Anschluss an den Westhafen ist auch Platz für Wasserfahrzeuge unterschiedlichen Bautyps. Im Flugsteigring von Tegel (insgesamt 135.000 m2 Nutzfläche) wäre eine permanente Ausstellung denkbar, die die vielfachen Möglichkeiten der Mobilität aufzeigt: Mobilität in der Luft, auf dem Wasser und auf der Erde. Unternehmen aus aller Welt könnten hier interdisziplinär neueste Produkte entwickeln, zeigen, testen und vertreiben. Ein Eldorado der mobilen Nachhaltigkeit: von treibstoffsparenden Kleinflugzeugen über Solarboote bis hin zu modernsten Elektroautos. Dazu Platz für Zulieferbranchen wie zum Beispiel die Entwickler innovativer Antriebstechniken oder die Produzenten der neuen Generation von Lithium-Ionen-Akkus. Mindestens 600 große und kleine Unternehmen müssten sich in Tegel ansiedeln, damit der Mobilitätspark eröffnen könne, sagt Noeske. Auf Dauer rechnet er gar mit 3.000 Firmen und 15.000 neuen Arbeitsplätzen. Berlin solle sich zur Weltmetropole der Mobilität entwickeln.

Lösungen im Bereich Logistik Außerdem besitzt der Standort Tegel beste Voraussetzungen für den Ausbau einer Leitstelle für den Logistiksektor. Die Hauptstadtregion stellt logistisch ein großes Verbrauchergebiet dar und die Nähe Berlins zu den produzierenden Märkten im Osten ist einzigartig. Da der neue Großflughafen in Schönefeld (BBI) wegen des nächtlichen Flugverbots für den Güterverkehr uninteressant geworden ist, könnte TXL für den Güterverkehr per Bahn und auf dem Wasser ausgebaut und an die vorhandenen Schienen- und Wasserwege angeschlossen werden. Der Beitrag Berlins liegt in der Aufgabe, logistisches Know-how in Form von Mobilitätsvarianten bereitzustellen und die Warenströme zügig und energieoptimiert ans Ziel zu befördern.


Unverwechselbare Architektur-Marke Einen konkreten Plan stellte auch der Architekt Meinhard von Gerkan der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bei der letzen Standortkonferenz „Zukunftsraum TXL“ vor. Der sechseckige Flugsteigring mit Tower wurde nach Plänen seines Architekturbüros Meinhard von Gerkan & Volkwin Marg zwischen 1965 und 1975 errichtet. Seit über 40 Jahren steht die Anlage symbolisch für eine innovative Flughafenplanung der kurzen Wege und besitzt internationalen Wiedererkennungswert. So ist von Gerkans Absicht, diese unverwechselbare „Architektur-Marke“ in seiner charakteristischen Form zu erhalten und zu einem „TXL Plus“ weiterzuentwickeln, unterstützenswert. Aber seine Idee, auf dem 450 ha großen Gelände des Flughafens eine „Solarstadt“ zwischen den zu Kanälen umgebauten Startund Landebahnen linear anzuordnen, sei zum einen städtebaulich problematisch, zum anderen würde sie eine kostspielige Versiegelung naturnaher Flächen bedeuten, hält der Naturschutzbund dagegen. Die Entwicklungsgebiete Humboldthafen und Heidestraße sind mit ihren vergleichsweise bescheidenen 40 ha nicht zuletzt wegen ihrer Lage und Zentralität im Vergleich zu Tegel wesentlich bedeutender für Wohnen und Arbeiten in Berlin. Deshalb mache es mehr Sinn, das Waldgebiet Jungfernheide auf das Flughafengelände auszuweiten und die Grünflächen zwischen den Landebahnen zu erhalten, so die Vorschläge des NABU und der Berliner Forsten. So würden ökologische Ausgleichsmaßnahmen für die gewerbliche Nutzung der bereits versiegelten Flächen hergestellt. In Anbetracht der heutigen Energiestandards, ist die eigentliche Bauweise aus den 1970er Jahren jedoch nicht mehr zeitgemäß. Im Hinblick auf die neue Nutzung des sechseckigen Flugsteigrings wäre ein nicht unerheblicher Eingriff in die vorhandene Bausubstanz erforderlich. Wie sich diese notwendigen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen auf den Baukörper auswirken, ohne ihn in seiner Architektursprache zu schmälern, könnte Gegenstand eines Architekturwettbewerbes sein.

Wissensstandort

Berlins Energiekonzept Bevor Tegel jedoch nachhaltig umgestaltet werden kann, erwarten Planer und Architekten von der Senatsverwaltung ein Gesamtenergiekonzept für Berlin, das die Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt. Ein intelligenter Energiemix könnte für den „Zukunftsraum TXL“ die richtige Perspektive darstellen. Die Erforschung des Zusammenspiels von verschiedenen Solarenergiequellen wie z.B. Parabolrinnen-Kollektoren mit Windenergie und stationären Stromenergieerzeugungsaggregaten, gespeist aus nachwachsenden regionalen Rohstoffen, wäre im Hinblick auf die Versorgung der Gebäude mit Wärme, Kälte und Elektroenergie sowie das Betreiben von Elektrofahrzeugen ein hochaktuelles Thema.

Berlin ist nicht nur Mobilitäts- sondern auch Wissensstandort. Vier Universitäten, Fraunhofer-Institute und Partnerfirmen in allen Spezialisierungen der Verkehrstechnik, IT und LifeSciences zeugen davon. Neue Arbeitsplätze könnten so nicht nur rund um das Thema Mobilität, sondern auch um Wissenschaft und Energie in Berlin entstehen. In Tegel würden die Fäden zwischen Mobilität und Wissenschaft zusammenlaufen – mit neuen Arbeitsplätzen und Zukunftspotenzial für die Stadt. Gefragt ist deshalb ein „Masterplan Mobilität und Energie für die Metropole von morgen“. Nur wenn sich alle Experten rund um Architektur und Energieeffizienz sowie Mobilität und Wissenschaft gemeinsam mit der Stadtverwaltung an einen Tisch setzen, wäre die Zukunft nachhaltig – für Tegel und für Berlin. Dipl.-Ing. Theresa Keilhacker, freischaffende Architektin, Vorsitzende des Fachausschusses „Nachhaltiges Planen und Bauen“ an der Architektenkammer Berlin Dipl. Ing. Konrad Olma, beratender Ingenieur, Mitglied der Baukammer Berlin und des VDI


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Die Stadt im Gleichgewicht

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rhunderts kristallisier- Diese in vielen Städten Europas feststellbare Zu Beginn des 20. Jah Tendenz wird weiter zunehmen und vor allem lichen Entwicklung te sich in der städtebau dt solche Städte vor neue Herausforderungen Sta die , aus her ke immer mehr der Gedan stellen, die hinsichtlich ihrer städtebaulichen l, ihre Zie dem mit n hte rac als Ganzes zu bet Entwicklung in Hinblick auf Freiflächen nicht Ge mente zu einem funktionalen Einzelele sst wu so gut aufgestellt sind wie z.B. die Stadt Be en. menzufüg samtorganismus zusam um Köln. t, ähl gew us anism wurde der Begriff Org hsric Au e tet rich lge zie die ganzheitliche und Die Herausforderungen an die europäisenden Städtebaus tung des „neuen“ umfas schen Städte sind jedoch bei weitem nicht . zu verdeutlichen vergleichbar mit denen in so genannten der Schwellenländern, wie etwa China. Insofern ht ste ng htu Ausric Verbunden mit dieser der verwundert es auch nicht, dass für die g fan An zu der er, Name Fritz Schumach ung Expo 2010 in Shanghai das Thema „Better ckl twi En e lich bau dte 1920er Jahre die stä City, Better Life“ gewählt wurde. Der egend und vor allem der Stadt Köln grundl huDeutsche Pavillon greift dieses Thema auf Sc konnte. Für nachhaltig beeinflussen m und stellt unter dem Titel „balancity“ – die alle vor eit liche Arb macher war städtebau von “ Stadt im Gleichgewicht – die Entwicklung tnis häl ver hts wic dafür da, ein „Gleichge o als der europäischen Stadt exemplarisch dar. n, affe sch zu n che Bebauung und Freiflä dem Die Entstehung, Entwicklung und BedeuMit s. mu nis rga dto einen gesunden Sta und tung des Kölner Grüns ist Bestandteil der ln gsplan für Kö ersten Generalbebauun nnge deutschen Präsentation. nhä me n zusam dem darin festgesetzte für age ndl Gru die nte er den Grünsystem, kon r und die umfangrei- „Es ist durchaus erstrebenswert in einer ktu tru dts Sta tige heu die eren und Äußeren Stadt zu leben, wenn sie sich in Balance Inn des chen Grünanlagen befindet – im Gleichgewicht zwischen Grüngürtels legen. Erneuern und Bewahren, Innovation und n Tradition, Stadt und Natur, Gemeinschaft che iflä Fre se g die Welch große Bedeutun und a und Individuum, Arbeit und Freizeit.“ Klim ng, olu Erh neben ihrer Funktion für ktur www.expo2010-deutschland.de tru dts Sta die für h Ökologie bis heute auc sion im Rahmen des haben, zeigte die Diskus Dipl. Ing. Paul Bauwens-Adenauer rplans für die Kölner städtebaulichen Maste im ist Stiftungsgründer der Kölner Grün ben sie t gesam Innenstadt. Von den ins nsntio Stiftung, Präsident der Industrie und rve Inte en itet rbe Masterplan herausgea der , Handelskammer zu Köln sowie Geme iräu Fre ane räumen werden drei urb der Innere schäftsführender Gesellschafter der ere ond bes ins und Rhein, die Ringe bauwens GmbH und Co. KG. r stadtstrukturellen Grüngürtel, wegen ihre t. tell herausges Bedeutung besonders erfinden, wären die „Müsste man ihn heute ierung aussichtslos. alis Re Chancen für seine und seine strahlenförDer Innere Grüngürtel re gehören neben den migen Freiraumkorrido wahrscheinlich zum Verkehrsinfrastrukturen baulichen Inventar der bedeutsamsten städte n Innenstadt 2008 rpla Gesamtstadt.“ Maste städtebaulicher Diese im Masterplan aus e Bedeutung des städSicht herausgearbeitet in der Großstadt Köln tischen Grüns ist den ihrem täglichen Leben in lebenden Menschen ln ist weiterhin eine durchaus bewusst. Kö ger anzieht und die Stadt, die neue Mitbür ilien mit Kindern, auch vermehrt für junge Fam zbaren Freiflächen, wegen der vielfältig nut wieder attraktiv wird.

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Gira Interface – komplexe Haustechnik mit einem Finger steuern Die neue Benutzeroberfläche des Gira Home Server 3 steuert die intelligente Instabus KNX / EIB Elektroinstallation eines Hauses auf einfachstem Wege, ob mit dem Touchdisplay eines Gira Server Client 15, per Laptop oder iPhone. Mit einem Finger kann der Nutzer von zentraler Stelle Licht, Jalousie oder Heizung einstellen – für das ganze Gebäude. Dazu ermöglichen umfangreiche Energiemanagement-Funktionen, die Betriebs- und Verbrauchsdaten genau zu analysieren und damit Energieeinsparpotentiale zu erkennen. Das Gira Interface ist mit dem iF gold award 2008 und dem Plus X Award 2009 aus gezeichnet. Mehr Informationen: www.gira.de/interface Gira ist Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen [DGNB] Abbildung: Gira Interface [Interface-Design: schmitz Visuelle Kommunikation]

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Hotels setzen auf Green

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Lefay Resort & SPA Lago di Garda


Nachhaltigkeit liegt im Trend

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Unsere Reise f端hrt vom Gardasee zum Bregenzerwald. S端dlich und n旦rdlich der Alpen 端berzeugen zwei Ressorts durch neue Energiequellen und Bio-Architektur.

Lefay Resort & SPA Lago di Garda

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Hotel „Lefay Resort & Spa Lago di Garda”

Energie wiederzugewinnen und damit sorgsam zu haushalten, dieser rote Faden zieht sich durch das Lefay bis in den letzten Hier muss es gewesen sein. Hoch oben in Winkel. Für die Phase „Entwicklung von den Hügeln von Gargnano, den Rücken an architektonischen Lösungen für innovative den Stamm eines alten Olivenbaumes ge­ und umweltfreundliche Resorts“ erhielt das lehnt, den Blick auf das schillernde Blau des Hotel die Umweltzertifizierung ISO 14001 Gardasees gerichtet, die Luft erfüllt vom Duft der Zitronenbäume, müssen Goethe die sowie die Qualitätszertifizierung gemäß der ISO-Norm 9001. Stolz verweist das Haus auf Zeilen seines berühmten Gedichtes wie reife ein mehrseitiges Energiekonzept für Gebäude Früchte in den Schoß gefallen sein: „Kennst und Außenanlagen, das einen möglichst geDu das Land, wo die Zitronen blühen ...“ Auch heute, zweihundert Jahre später, hat die ringen Energieverbrauch und darüber hinaus Landschaft rund um den Gardasee nichts von einen möglichst hohen Einsatz erneuerbarer Ressourcen vorschreibt. Die einzelnen ihrer Faszination eingebüßt. Die Mischung Gebäudekomplexe und Fensterflächen sind aus steilen Felsen und grünen Hügeln, dufso ausgerichtet, dass durch effiziente Wärtenden Oliven- und Zitronenhainen übt eine medämmung und Verwendung von Wärmegeradezu magische Anziehungskraft aus. schutzverglasung im Winter ein maximaler Auch die Gründer der Regionalfluggesellpassiver Solargewinn erzielt werden kann. schaft Air Dolomiti, Liliana und Alcide Leali, hat die Vollkommenheit der Natur überzeugt. Die Hauptlast der Wärmeenergieversorgung wird über eine mit Holzschnitzeln befeuerte Sie eröffneten in den Hügeln von Gargnano Biomasseheizanlage abgedeckt. Thermische das erste Hotel ihres neu geschaffenen HoSolaranlagen auf einigen Flachdächern des tellabels „Lefay“. Hotels tragen zur Gewinnung von sanitärem Warmwasser sowie zur SchwimmbadwasserDas „Lefay Resort & Spa Lago di Garda“ ist heizung bei. nicht nur irgendein Fünf-Sterne-Hotel, sondern eine außergewöhnliche Kombination von Luxus und Nachhaltigkeit. Bauen im Einklang Selbst die gläserne Kuppel des Speisesaals mit der Natur – vom Entwurf über den Einsatz wurde mit Photovoltaikmodulen versehen, die den Doppelnutzen als Stromlieferanumweltverträglicher Baumaterialien bis hin ten und Verschattungselemente bieten. zu einer nachhaltigen Energieplanung –, der Dass das Regen- und Schwimmbadwasser Architekt Hugo Demez hat dafür den Begriff „Bio-Architektur“ geprägt. „Die Unberührtheit wiederaufbereitet und zur Bewässerung der Grünflächen genutzt wird, braucht da schon des Hangs war für mich Anreiz und Herfast nicht mehr erwähnt werden. Weitere Einausforderung zugleich. Unsere Lösung, die sparpotenziale bieten die Beleuchtung und Anlage in mehrere Baukörper aufzugliedern Verschattung. Das Lichtmanagementsystem und teilweise direkt in den Hang zu integrieLITENET flexis von Zumtobel ermittelt über ren, hat energetische und optische Vorteile. einen Tageslichtmesskopf exakt die benötigte Erstens bleibt so der Hang natürlich grün, Lichtmenge in den öffentlichen Bereichen zweitens geht durch die fehlenden Fassaund sorgt so für das passende Licht oder die den weniger Wärme verloren“, erklärt Hugo Demez. Inspiriert von den für die Region typi- notwendige Beschattung. Bewegungsmelder in den Korridoren lassen die auf Mindestwerschen Herrenhäusern mit „Limonaia“, einem te gedimmte Beleuchtung bis zu einem so gläsernen Wintergarten für Zitronenbäume, genannten Komfortlevel aufleuchten. Licht entwarf der Architekt das Hauptgebäude, und Schatten nach Bedarf vermitteln Stimin dem Lobby und Empfang sowie das mit einem filigranen Glasdach überspannte Res- mung und sparen Energie. taurant untergebracht sind. Die beiden unteren Etagen sind mit einer Gesamtfläche von 3.000 m2 dem Spa vorbehalten. Stationen der Ruhe und Entspannung wechseln sich ab mit Parcours für Fitness und Bewegung, die über den gesamten, elf Hektar großen Park verteilt sind.

Sparen und Luxus passen also gut zusammen. Ein weiterer Beweis hierfür sind die 90 Suiten. Durch ihre direkte Integration in den Hang reduziert sich der Wärmeverlust, gleichzeitig haben alle Suiten einen 1-a-Seeblick. Stimmiges Design, feinste italienische Stoffe, edler Marmor, lokales Oliven- und Walnussholz. Kein Stück zu viel, aber auch keine Annehmlichkeit zu wenig. Gespart wird dennoch, auch wenn dies der Gast interessanterweise eher als Luxus empfindet. Das Geheimnis ist die innovative Lichtsteuerung von Zumtobel. Gesteuert über das speziell für Hotels konzipierte Lichtmanagementsystem ZBOX und die Transponderkarte öffnen sich beim Betreten der Suite die Vorhänge und heißen den Gast mit einem herrlichen Panoramablick willkommen. Der Gast wird im Lefay von der intuitiven Steuerung quasi an die Hand genommen, ja mehr noch, er hat das Gefühl, Beleuchtung und Technik stellen sich auf seine persönlichen Wünsche ein. Über Bedienstellen, so genannte Circle Control Points, lassen sich alle Leuchten im Zimmer und auf der Terrasse an- und ausschalten sowie stufenlos dimmen, vorprogrammierte Stimmungen und Einstellungen können per Knopfdruck abgerufen werden. Die Nightlogic-Funktion, sorgt dafür, dass sich ab 22 Uhr bei Betätigung des Lichtschalters nur ganz sanftes Licht einschaltet, der nächtliche Toilettengang bei Flutlicht gehört damit der Vergangenheit an. Auch in den Badezimmern der LefaySuiten wird das Licht über ZBOX und Circle Control Points gesteuert. Drei verschiedene Stimmungen für helles Licht, akzentuiertes Licht zum Schminken oder eine romantische Wellness-Stimmung sind per Tastendruck abrufbar – wie schön, wenn es auch zu Hause so einfach wäre. Bewegungsmelder in den Toiletten und Garderobenbereichen steuern die Lichtquellen und beim Verlassen der Suite schalten sich alle Leuchten und elektrischen Geräte automatisch aus. Damit leistet das Steuerungssystem einen wichtigen Beitrag zur positiven Energiebilanz des Hotels und trägt zum persönlichen Wohlbefinden der Gäste bei – Luxus per Knopfdruck eben. Ganz automatisch dagegen springt das Notlichtsystem ONLITE CPS ein, falls die Stromversorgung im Hotel aus irgendeinem Grund unterbrochen sein sollte. Ebenfalls gesteuert durch LITENET flexis und ZBOX wird somit erreicht, dass kein Gast im Dunkeln tappen muss, sondern sich jederzeit sicher orientieren kann.

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„Creare luoghi sognati“ – Orte zu schaffen, von denen Menschen träumen – ist das erklärte Ziel der Hotelbesitzer Liliana und Alcide Leali. Mit dem Lefay in Gargnano ist Ihnen ein solcher Ort gelungen. Oder, um es mit Goethes Worten zu sagen: „Dahin, dahin, möchte ich ziehn.“ Vermutlich wäre der deutsche Dichterfürst auch gerne mit uns weitergezogen. Vom Gardasee südlich der Alpen hin zum „Sonne Lifestyle Resort“, nördlich des Massivs. Nach einigen Stunden Fahrt baut sich vor dem Reisenden das Vier-Sterne-Hotel mit seiner Vorarlberger Architektur auf.

Hotel „Sonne Lifestyle Resort“ Wer im neu erbauten Hotel Lifestyle Resort Sonne im Bregenzerwald ankommt, fühlt die Entspannung schon zu Beginn. Das Licht fängt die Gäste sofort ein und trägt zum Wohlfühlambiente bei. Mit feinen Akzentbeleuchtungen, indirekter Voutenbeleuchtung oder dynamischen Lichtstimmungen passt es sich den Bedürfnissen des Hotelgastes an und unterstützt seinen jeweiligen Wunsch nach Erholung oder Aktivität. Hochwertige Zumtobel-Produkte wie das Downlightsystem 2LIGHT und die Lichtsteuerung ZBOX setzen den Eingangs- und Gastronomiebereich sowie die Suiten des Vier-Sterne-plus-Hotels mit harmonischen Lichtstimmungen in Szene. Architektonisch ist das Hotel Sonne in Mellau ebenfalls ein Blickfang: Neu erbaut, verbindet es Vorarlberger Architektur und Bregenzerwälder Lebenskultur. Der rechteckige, langgezogene Hotelbau umfasst 38 großzügige Superior-Zimmer und acht Penthouse Suiten – allesamt mit Balkon. Mit vielen edlen Holztönen schafft das Hotel die Verbindung zu seinen Wurzeln, dem Bregenzerwald. Dass das Thema Nachhaltigkeit für Geschäftsführer Klaus Riezler zentral ist, wird an vielen Details ablesbar. Ein nachhaltiges Konzept wünschte er deshalb auch für die Beleuchtung. Das Downlightsystem 2LIGHT MINI von Zumtobel empfängt heute die Hotelgäste im Eingangs- und Gastronomiebereich sowie in den Konferenzräumen mit feinem Akzentlicht. Die ausgewogenen Lichtanteile aus gerichtetem und diffusem Licht leuchten die Räume sanft und hell aus. Ein weiteres Gestaltungselement bilden die Zumtobel SLOTLIGHT-Lichtlinien in der Eingangshalle und in den Fluren. Die Lichtlinien leiten Besucher hell und sicher zu ihren Hotelzimmern. Dort erwartet sie Verwöhnung pur – schließlich hält sich der Gast zu den verschiedensten Tageszeiten dort auf. Den unterschiedlichen Anforderungen muss die Beleuchtung gewachsen sein. Mit drei vorprogrammierten Lichtstimmungen stellt das Lichtmanagementsystem ZBOX in den Suiten das richtige Licht zu jeder Aktivität bereit und erreicht bis zu 25 Prozent Energieeinsparung. Der Gast kann je nach Stimmungslage sein passendes Ambiente wählen. Ob zur Entspannung oder zum wohligen Lesen mit Goethes Reiseberichten in den Händen. So wird Nachhaltigkeit und Energiesparen zum Genuss und macht Lust auf eine Reise vom Bregenzerwald nach Italien.

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Sonne Lifestyle Resort

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the spirit

of water

Unser unternehmerischer Anspruch „Dornbracht – the Spirit of Water“ steht für den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Wasser. Als international agierender Hersteller hochwertiger Design-Armaturen und -Accessoires für Bad und Küche haben wir uns das Ziel gesetzt, bis Ende 2009 den durchschnittlichen Wasserverbrauch aller verkauften Armaturen in Summe um 25 Prozent, in den nächsten drei Jahren um insgesamt 30 Prozent zu senken. Mit diesem Versprechen unterstützen wir die Kampagne „Blue Responsibility“, eine Initiative des VDMA – Fachverband Armaturen und des IndustrieForum Sanitär (IFS) gemeinsam mit der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e. V. (VDS). Unabhängig vom Verbraucherverhalten wird der Energie- und Wasserverbrauch minimiert, ohne – und das ist uns ganz wichtig – die Premiumqualität des Produkt- und Wassererlebnisses zu beeinträchtigen. Denn letztendlich darf man die Funktion des Wassers nicht unterschätzen. Wasseranwendungen sind eine Investition in die Psyche und die Physis des Menschen.

In den mitteleuropäischen Ländern gibt es genügend Wasser, wir nutzen nur rund 20 Prozent der verfügbaren Menge, aber es ist unbestreitbar, dass Wasser in anderen Ländern knapp ist. Langfristig wird es dort, wo Wasser in nicht ausreichender Menge zur Verfügung steht, ein zweites Wassersystem in Gebäuden geben, bei dem man gebrauchtes, rudimentär gereinigtes Wasser (Grauwasser) für Anwendungen nutzt, die keinen Trinkwasserstandard benötigen, etwa für die Waschmaschine oder die WCSpülung. Bei jeglicher Diskussion rund um das Thema Ressourcenschonung sollte man aber dem Nutzer den eigenverantwortlichen Umgang mit Wasser nicht absprechen.

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Andreas Dornbracht ist geschäftsführender Gesellschafter der Aloys F. Dornbracht GmbH & Co. KG.


MeiréundMeiré

the SPIRITof WATER Mit MEM präsentiert Dornbracht eine neue, elementare Armaturenästhetik. Ihre bewusste Zurückhaltung macht das Erleben von Reinigung zu einer unmittelbaren Erfahrung mit dem Element Wasser. Wie der Schwall einer klaren, natürlichen Quelle. MEM wurde von Sieger Design gestaltet. Unsere Publikation the SPIRITof WATER / bathroom erhalten Sie bei Aloys F. Dornbracht GmbH & Co. KG, Köbbingser Mühle 6, D-58640 Iserlohn, Telefon +49 (0) 2371 433 - 0, Fax +49 (0) 2371 433-232, E-Mail mail@dornbracht.de, www.dornbracht.com


AL RKT DIK MA RA

L A I Z O S O K Ö

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Marktwirtschaft ökosozial statt marktradikal

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In der Folge der globalen Finanzkrise und der aktuellen Diskussion über die Zukunft der Weltwirtschaft gilt es, Folgendes festzuhalten: Marktwirtschaft bedeutet das freie Agieren ökonomischer Akteure, also Unternehmen und Konsumenten in Kauf- und Verkaufstransaktionen inklusive der Erstellung von Gütern. Kapitalismus bedeutet, dass all dies auf Märkten passiert. Die entscheidende Frage ist allerdings, wie diese Märkte reguliert sind. Antrieb der Akteure ist Profit, neben beispielsweise Freude an Arbeit und an Erfolg. Die Kurz- und Langfristigkeit des Handelns dieser Akteure hat etwas zu tun mit ihrer Einschätzung der Lage. Ob und wieweit sich das alles verbinden lässt, ist die entscheidende Frage. Die These, die hier vertreten wird, ist die folgende: Marktwirtschaft ist das richtige System, wenn die Märkte geeignet reguliert sind: ökosozial statt marktradikal. Die Regulierung muss ökologische, soziale, kulturelle und innerökonomische Fragen betreffen. In reichen, ausgeglichenen Ländern ist die Demokratie die richtige Form, solche Regulierungen durchzusetzen, sofern nicht über Globalisierungshebel der Mehrheitswille der Bevölkerung durch Sachzwänge oder eingeschränkte Alternativen nach dem Motto „Vogel friss oder stirb“ konterkariert wird.

Die entsprechenden Regeln sichern über eine geeignete Gestaltung der Anreize, dass sich langfristiges Handeln auch ökonomisch rechnet. Profitstreben und langfristiges Handeln gehen dann zusammen. Sie regeln in Bezug auf nachhaltige Entwicklung auch, dass die betreffenden Prozesse unter Beachtung von Umweltanforderungen und sozialer und kultureller Anliegen stattfinden. Erneut rechnet es sich bei richtiger Regelsetzung und Querfinanzierung, sein eigenes Handeln an Nachhaltigkeitskriterien auszurichten. Das beinhaltet dann die Umsetzung weltethischer Prinzipien und die Beachtung von Prinzipien der inter- und intragenerationellen Gerechtigkeit. Das heißt, das Hauptanliegen von „Green“, etwa im Bereich Architektur, ist unter geeigneten Bedingungen an das weltökonomische System und davon abgeleiteten kontinentalen, nationalen und regionalen Wirtschaftssystemen erreichbar. Voraussetzung ist allerdings, dass die Regeln stimmen. Die Regeln sind mindestens so wichtig wie der Wettbewerb. Macht der Staat auch noch die Wirtschaft, ist man im Sozialismus. Macht die Wirtschaft auch noch die Regeln, ist man in kooperatistisch-staatskapitalistischen Strukturen. Das alles funktioniert nicht! Hingegen ist eine Regelsetzung im Interesse der großen Allgemeinheit, also das, was in wohlhabenden Demokratien in der Regel realisiert ist, zielführend. Und das wäre auch global der richtige Ansatz, wäre auf Dauer das System, dass die

verschiedenen Fäden zusammenbindet. Ob wir allerdings in einer Welt souveräner Staaten mit ganz unterschiedlichen Interessenlagen „weise“ genug sind, dahin zu kommen, das bleibt eine offene Frage. Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist in diesem Kontext die Reaktion der Staatenwelt auf die desaströse Situation des Weltfinanz- und -wirtschaftssystems in der aktuellen Krise. Verhandelt wird auf Ebene der G20-Staaten, nicht länger der G8. Die G20 repräsentieren etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung und fast 90 Prozent der Weltwirtschaftsleistung – ein wichtiger Fortschritt in Global Governance. Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher, Vorstand des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n (FAW/n), zugleich Professor für Informatik, Universität Ulm, Präsident des Bundesverbandes für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft (BWA), Berlin, Vizepräsident des Ökosozialen Forum Europa, Wien, sowie Mitglied des Club of Rome.

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Zurzeit agiert der Kreative auch in Datteln. Der renommierte New Yorker baute auf dem Werksgelände der Firma Rheinzink für die Unternehmerfamilie Grillo eine ästhetisch durchgeplante Designer-Villa, die künftig als Empfangsgebäude dienen wird. Entworfen wurde die Der Architekt verwendet Servietten als Skiz- Wohnskulptur für die proportion GmbH aus zenpapier, jedenfalls wenn ihn die Inspiration Berlin, die das Gebäude in einer limitierten im Restaurant überkommt. „Inspiration? Das Edition vermarkten wird. ist ein schwer zu beschreibender Prozess“, Weshalb es den Star-Architekten ins tiefste sagt Star-Entwerfer Daniel Libeskind. Nordrhein-Westfalen verschlagen hat? Seit Was kann Architektur? Gebäude planen, Flä- Mitte der 1980er Jahre pflegt das Unterchen nutzen, Grundrisse optimieren. Und was nehmen Rheinzink Geschäftsbeziehungen zu Libeskind. Der Baumeister, der 1992 in kann Libeskind? Der Architekt, der bis zu seinem 52. Lebensjahr kein eigenes Bauwerk rea- Berlin die Arbeiten für das Jüdische Mulisierte, kann Bauten eine Seele geben, Mauern seum begann und dessen symbolgeladesprechen lassen und die Leere mit unausgespro- ne Sprache weltweit für Aufsehen sorgte, verwendete damals an der Fassade chenen Worten füllen. Libeskind gilt als Philosoph unter den Architekten, der Benjamin liest, Shake- eines seiner bevorzugten Materialien: speare zitiert, Jiddisch spricht – und an seinen Zink aus dem Werk in Datteln. Füßen Krokolederstiefel trägt. „Mein Markenzeichen“, sagt er augenzwinkernd, „in den USA fühle ich mich damit wie ein Rockstar.“

Daniel Libeskind bringt Steine zum Sprechen und gibt Gebäuden eine Seele. In Datteln ist jetzt der Prototyp einer Designvilla entstanden, die bald auch in limitierter Edition vermarktet werden soll.

Berühmt wurde der knapp 1,70 Meter große Mann, als er den Masterplan für Ground Zero entwarf und damit vor Architekten wie Norman Foster die Ausschreibung gewann.

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Nun entwarf der Architekt in der knapp 40.000 Einwohner großen Stadt eine neue Ästhetikmarke, die bald schon auf den Architektur-Atlanten verzeichnet sein könnte – so wie das Jüdische Museum in Berlin oder das Royal Ontario Museum. Denn auch die „Libeskind-Villa“ trägt eindeutig die Handschrift des Architekten. Die Formensprache des Gebäudes erinnert an einen Kristall – eine Struktur, die der Star-Entwerfer immer wieder in seinen Projekten aufgreift. Der Prototyp der Libeskind-Villa vereint nicht nur Modernität mit innovativen Materialien, sondern soll später in ähnlicher Form als exklusives Wohnhaus gebaut werden. Im Rahmen des Richtfestes informierten das Architekturbüro Studio Daniel Libeskind, proportion und Rheinzink über das architektonische und technisch-bauphysikalische Konzept als auch über die zukünftige Vermarktung des Kunstwerks durch die proportion GmbH. Das Berliner Unternehmen wurde 2007 mit der Idee gegründet, Leistungen weltweit führender Architekturbüros, die gewöhnlich öffentlichen Auftraggebern vorbehalten sind, auch für Privatpersonen zugänglich zu machen. Schnell ergab sich eine fruchtbare Kooperation mit dem Studio Daniel Libeskind, der die erste Villa aus einer Serie renommierter Architekten für die Vermarktungsgesellschaft entwarf.


Denn die Libeskind-Villa ration des Instituts Bauen und Umwelt ausgezeichnet wurden. Die Für Libeskind ist die Villa ein weiterer, Wärmedämmung besteht aus einer neu entwickelten Mineralwolle neuer Komet auf der Milchstraße des ist nicht nur ein Kunstmit einem geringen Wärmedurchgangswert. Ein intelligenter Fuß- Erfolgs: Der Architekturtheoretiker, deswerk, sondern auch ein bodenaufbau sorgt für die Beheizung und Kühlung der Raumluft sen erstes Bauwerk das Jüdische MuseObjekt, das auf Nachhalmit der Möglichkeit der Wärmerückgewinnung. Somit wird der um in Berlin war, kam am Einweihungstag tigkeit setzt. Die BauweiHeizenergiebedarf des Gebäudes massiv gesenkt. Ebenfalls nach Datteln. In der kleinen Stadt konnse ist als Holzkonstruktion Teil des Ressourcen-Einsparkonzeptes ist der Einbau einer te er realisieren, wofür seine Architektur erstellt. Außer der VerwenRegenwassernutzungsanlage. Diese Anlage sammelt Re- steht: „Architektur ist eine Sprache. Gute dung des nachwachsenden genwasser von den Bedachungen und sorgt für eine Trink- Architektur spiegelt die Erinnerung und Rohstoffes Holz werden auch wasser sparende WC-Spülung. So werden jährlich 28.000 blickt in die Zukunft. Sie baut nicht nur auf in den übrigen Bereichen umdie Vergangenheit, sondern eine Brücke, Liter Trinkwasser eingespart. weltverträgliche und deklariereine Verbindung zwischen gestern und te Baustoffe verwendet. Neben Auch die Armaturen setzen den Gedanken der Ressour- morgen,“ ist der Architekt überzeugt. So der Ausführung der Dachfläcenschonung fort. Sie wurden unter Berücksichtigung steht die Villa für eine Vision und den Mut, chen mit einer innovativen, nicht der Nachhaltigkeit ausgewählt und passen in ihrer mar- auf die Zukunft zu setzen. „Die Villa ist ein sichtbaren Solarthermieanlag in kanten Formensprache zur Architektur von Libeskind. Zeichen an unsere Kunden und Mitarbeiter“, Kop­pelung mit Erdwärme, wird eine Ihre zahlreichen Facetten und polygonalen Flächen sagt Bauherr Ulrich Grillo von Rheinzink. zukunftsweisende Wärmepumpentechnologie genutzt. In dieser Kom- erinnern – wie die Architektur – an einen präzise „Wir gehen nicht in Sack und Asche. Wir bination entstand sowohl ein architek- gearbeiteten Kristall. Der Wasserspareffekt erfolgt bekennen uns zum Standort und investieren tonisch ansprechendes wie auch nach- hier bis ins Detail. Die eingesetzten Waschtisch- auch in der Krise!“ Armaturen der Serie Supernova von Dornbracht haltiges Heizsystem. Wegen des gerinfeiern in der Libeskind-Villa Premiere. Erstmals Inken Herzig, Architekturjournalistin und gen Energiebedarfs bei der Herstellung wurden bei den Armaturen für Bidet und Gäs- Autorin, ist redaktionelle Leiterin des KAP des Werkstoffs Rheinzink®, der hohen te-WC neue Kartuschen eingesetzt, durch die Magazins. Recyclingquote und dem damit verbunsich die Wassertemperatur besonders komdenen geringen CO 2-Eintrag in die Umwelt, fortabel und zugleich energiesparend steuwurde eine multifunktionale Gebäudehülle ern lässt. Wird der Griff bei den Einhandumgesetzt, die als Wetterschutz fungiert. batterien gedreht, öffnet die Kartusche Auch im Gebäudeinneren werden Werkstoffe zuerst den Kaltwasser-Volumenstrom. verwendet, die mit einer ECO-ProduktdeklaErst bei weiterer Drehung findet der Mischvorgang mit dem zugeführten Heißwasser statt. Zudem ermöglicht die Leichtgängigkeit der Kartusche einen hohen Bedienkomfort.

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ON Über die Freiheit des Sitzens

Die moderne Gesundheitsforschung ist sich einig: Rückenschmerzen im Büro entstehen durch körperliche Unterforderung. Sie fordern deshalb möglichst häufige, vielfältige und natürliche Bewegungen, um die Körperkompetenzen zu fördern und den Organismus zu aktivieren. Jetzt ist es soweit: Nach fünf Jahren Entwicklung und mit der Kompetenz aus vier Jahrzehnten „Bewegungssitzen“ gibt der ON dem Körper die Freiheit, so zu sitzen, wie er will und kann. Herzstück ist die Trimension®, eine innovative, dreidimensional stützende Kinematik, die exakt auf Positionen und Freiheitsgrade der Körpergelenke abgestimmt iwwst. Das aktiviert zu entspannter und natürlicher Haltungs- und Bewegungsvielfalt. Das neuartige Bewegungskonzept ist denkbar einfach umgesetzt und in die Gestaltung integriert. Klar, geräumig und einladend vermittelt ON auf Anhieb Vertrauen, Wertschätzung und Komfort. Der visuellen Selbstverständlichkeit entspricht die einfache Bedienung: Mit nur zwei Tasten ist ON per Schnelleinstellung des Gegendrucks sofort startklar. Neun Modelle in unterschiedlichen Oberflächen- und Bezugsvarianten plus Freischwinger und Vierbeiner lassen keine Funktions- und Gestaltungswünsche offen. Dass ON nicht nur in Sachen Ergonomie und Gestaltungsqualität einen neuen Standard setzt, sondern auch ökologisch vorbildlich ist, versteht sich dann beim Träger des Deutschen Umweltpreises fast schon von selbst. Mehr Informationen unter: www.wilkhahn.com/on

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… zumindest im Designbereich. Green Design steht für die Synthese von langlebigen, umweltfreundlichen Materialien, intelligenter Funktionalität und zeitloser Gestaltung, kurz: es vereint höchste Anforderungen an ein Produkt und seine Form. Green Design ist ein Trendthema und daher in aller Munde – aber was steht und steckt wirklich hinter diesem Label? Die Industrial Designers Society of America hat grundlegende Richtlinien aufgestellt, die Produkte erfüllen müssen, um als ökologisch unbedenklich zu gelten. Betrachtet man diese Forderungen genauer, stellt sich jedoch schnell heraus, dass sich mit cleverer Argumentation selbst ein offensichtlich umweltfeindlicher Gebrauchsgegenstand zu einem Green-Design-Produkt erklären lässt. Eine der Vorgaben der Industrial Designers Society lautet: Ökologisch vorteilhafte, dem jeweiligen Produkt angemessene Designstrategien sollen verfolgt werden, Ziel sei etwa die Reduzierung von Materialaufwand, Gewicht sowie Energieverbrauch. Dem Porsche 911 Targa 4 liegt eine Leichtmetallkonstruktion mit geringem Gewicht zugrunde, auf überflüssige Materialien wurde hier verzichtet und eine Direkteinspritzung mindert die CO 2Emission: In gewisser Weise also erfüllt der Wagen die vorgeschlagenen Kriterien von Green Design – aber kann man einen Porsche deshalb mit dem Label „Green Design“ schmücken?

GREEN IST IN

Ich bin der Meinung, dass viele Unternehmen in diesem Thema eine neue, lohnende Marketingstrategie erkannt haben, vergleichbar mit dem Label „Bio“, dessen immenser Verkaufserfolg den Herstellern recht gibt. Bei dem Getränk „Bionade“ etwa, wird bereits durch die Produktbezeichnung ein direkter Bezug zu „Bio“ hergestellt – gesund ist das überzuckerte Getränk deshalb aber noch lange nicht. Ähnlich wie „Bio“ droht „Green Design“ so schnell zum Schwindelsiegel zu werden. Aus diesem Grund haben wir diesen Aspekt im red dot design award nie besonders herausgehoben, und was heute als ökologisch wertvoll gilt, kann sich schon morgen als überholt erweisen. Bei einem „Green Design“, das tatsächlich der Umwelt zugute kommen soll, muss meiner Ansicht nach in größeren Kategorien gedacht werden. Ein guter Ansatz sind beispielsweise „Green Buildings“ wie der Hearst Tower in New York. Das Gebäude reflektiert das Sonnenlicht, sammelt Regenwasser und wurde aufgrund seiner besonderen Struktur mit besonders wenig Materialaufwand realisiert. Solche Produkte haben das das Label „Green Design“ tatsächlich verdient und geben ein richtungsweisendes Design für die Zukunft vor. Prof. Dr. Peter Zec, Leiter des Design Zentrums Nordrhein Westfalen und Initiator des red dot design award, hat seit 1993 eine Professur für Wirtschaftskommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Zec ist seit über 20 Jahren als Kommunikations- und Designberater zahlreicher in- und ausländischer Unternehmen tätig.


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Zukunft im Blick

Langlebige Produkte zu entwickeln, gehört zu den Grundsätzen von Carpet Concept. Die Lebensdauer von Teppichböden im materiellen sowie im ästhetischen Sinne zu erhöhen, ist bereits ein Beitrag zum sinnvollen Umgang mit Ressourcen. Dieser Grundsatz der Moderne hat heute erheblich an Brisanz gewonnen. Mehr und mehr stehen alle Ressourcen und deren Verwendung auf dem Prüfstand. Damit gewinnt Nachhaltigkeit an Komplexität, die von einzelnen Herstellern nicht zu fassen ist. Nachhaltigkeit wird zu einer übergreifenden sozialen Aufgabe, die in alle Lebens- und Arbeitsbereiche eingreift. So schließt die innovative Gestaltung von Teppichböden die Übernahme von Verantwortung im sozialen und ökologischen Sinne ein. Da Carpet Concept Teppichböden von jeher als Teil der Architektur versteht, ist das Unternehmen Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, DGNB. Die DGNB leistet Lobbyarbeit und Aufklärung in dieser Branche. Orientierung in diesen komplexen Prozessen liefern Zertifikate, die nachhaltiges Bauen bewerten. Das LEED-Zertifikat, Leadership in Energy and Environmental, des U.S. Green Building Council bewertet in vier Qualitätsstufen Standards in den Bereichen Standortkonzept, Wasser- und Energieverbrauch, Baustoffe und umweltfreundlicher Innenausbau. Daneben gewinnt das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen der DGNB zunehmend an Bedeutung, es schließt Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Aspekte, Technik, Prozesse und Standort ein. Die Green-Building-Bewegung, auch wenn sie hinsichtlich präziser Kriterien und genauer Regularien noch am Anfang steht, drückt sich bereits heute deutlich in Ausschreibungen und Anforderungen an den Innenausbau aus. Umweltdeklarationen von Produkten gehören dabei zunehmend zur Selbstverständlichkeit.

Carpet Concept bietet mit der Kollektion Slo 70 ein Produkt mit nachhaltiger Bilanz. Slo 70 besteht im Rücken aus 10 Prozent, im Garn aus 70 Prozent und im Trägermaterial aus 100 Prozent recyceltem Material – Entwicklungen, die nachhaltiges Bauen fördern. Das Polmaterial der Teppichfliese besteht zu 70 Prozent aus recyceltem Polyamid-Garn. Um das Recyclinggarn für den Objekteinsatz verwendbar zu machen und die hohen Anforderungen an das Material zu erfüllen, werden 30 Prozent neues Garn zugemischt. So kommt das Garn spinndüsengefärbt für Slo 70 zum Einsatz. Das Trägermaterial, in welches das Polgarn eingearbeitet wird, besteht aus 100 Prozent wiederverwendetem Material. PET-Flaschen dienen als Rohstoff, sie werden gesammelt, sortiert, weiterverarbeitet und in aufwendigen Verfahren in 100 Prozent recycelte Tuftträger verwandelt. Schließlich beinhaltet der Bitumenrücken der Teppichfliesen zu 10 Prozent recyceltes Teppichmaterial. Dafür werden aus entsorgten Teppichfliesen die Rücken abgetrennt und geschreddert. Slo 70 ist im Sinne des Einsatzes recycelten Materials ein weiterer Schritt auf dem Weg ökologisch sinnvoller Bilanzen von Teppichböden. Thomas Trenkamp, geschäftsführender Gesellschafter Carpet Concept



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Gutes Design bleibt

Kleiner Streifzug durch Geschichte, Dimensionen und Perspektiven nachhaltiger Gestaltung

Keiner kann die großen Zukunftsfragen mehr verdrängen: Die globale Klimaerwärmung, Naturkatastrophen und die starken Energiepreisschwankungen, aber auch Migrationen und soziale Verwerfungen als Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise haben die Notwendigkeit eines Umdenkens im öffentlichen Bewusstsein mittlerweile fest verankert. Das zeigt sich auch in der Bau- und Einrichtungsbranche: Durch die Ressourcenintensität bei Herstellung und Betrieb, durch die sozialen Auswirkungen gebauter Umwelt und durch die Langfristigkeit von Investitionen und Bauzeugnissen sind hier die Wechselwirkungen von ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Dimensionen besonders augenfällig. Es grünt so grün oder der Weg ist das Ziel „Die Grenzen des Wachstums“, 1972 vom Club of Rome publiziert und 1973 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, schlugen kurz hohe Wellen und erreichten doch nur eine Minderheit. Ende der 1970er Jahre war es noch die Turnschuhgeneration, die als alternativer Außenseiter das Establishment erschreckte. In den 1980ern etablierten sich die Grünen im Parlament, Greenpeace praktizierte mit spektakulären Aktionen einen von der Wirtschaft gefürchteten „Öko-Terrorismus“ und einige wenige Unternehmen begannen, sich mit der Idee eines qualitativen Wachstums zu befreunden. Tschernobyl hatte vor Augen geführt, dass Umweltkatastrophen keine nationalen Grenzen kennen, und mit dem Eisernen Vorhang fiel auch der Startschuss für die dynamische und weitestgehend regellose Globalisierung von Produktion, Ressourcenverbrauch und Konsum. In Deutschland wurde in den 1990ern erstmalig eine Bundesregierung mit grüner Beteiligung gebildet. Das

Umweltrecht wurde verschärft, mit Energieeinspargesetzen und Wärmeschutzverordnungen erreichten die gesetzlichen Standards hierzulande ein weltweit führendes Niveau. Heute koaliert die CDU auf Landesebene mit den Grünen, Chemiekonzerne ziehen Greenpeace zu Rate, um Umweltverträglichkeitsabschätzungen vorzunehmen, der ehemalige Umweltaktivist Prof. Michael Braungart gibt amerikanischen Großunternehmen mit seinem marketing- und profitträchtigen „Cradle2Cradle-Modell“ eine Wachstumslegitimation und international scheint fast die gesamte Bauwirtschaft zu „grünen“. Die Inflation von ökologischen Ratingsystemen und Gütezeichen schlägt bis in die Politik durch: In den Niederlanden wird bei öffentlichen Auftragsvergaben ab 2010 die Zertifizierung mit dem Umweltzeichen Nordic Swan eingefordert, in Deutschland werden teilweise schon heute Umwelt-Produkt-Informationen verlangt, die dem ISO Standard (14020 ff.) entsprechen. Man mag geteilter Meinung darüber sein, wie stichhaltig und aussagefähig die vielzähligen Bewertungssysteme und Umweltlabels sein mögen und ob es sich nicht doch nur um „Green Washing“, um Marktpolitik oder um kostenträchtige Bürokratie handelt. Unstrittig ist jedoch, dass „Grün“ endlich überall angekommen scheint. Dass sich heute viele Unternehmen und Bürger – ob als Bauherrn, Nutzer oder Hersteller – mit der Thematik auseinandersetzen (müssen), und dass schon dadurch die Wahrscheinlichkeit für nachhaltigere Gebäude- und Einrichtungskonzepte steigt. Wurzeln in der Moderne: ganzheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit Was heute unter „Nachhaltigkeit“ so modern daherkommt, war bereits zu Beginn der Moderne fester Bestandteil der Möbel- und Einrichtungsgestaltung: Der Begriff stammt aus der Forstwirtschaft und die lieferte den Rohstoff für den Möbelbau. Schon 1912 hatte Karl Schmidt, Gründer der Deutschen Werkstätten, im ersten Jahrbuch des WK-Verbands (Wohnkultur) den Zusammenhang zwischen Design und Nachhaltigkeit formuliert: „Wenn wir Holz zu Schundmöbeln verarbeiten, (…) versündigen (wir) uns an einem Naturprodukt. Die Erde gibt Rohmaterialien nur in beschränkten Mengen her. Verbrauchen wir soviel Material, als die Erde jährlich wachsen lässt, so werden wir für die Materialien einen mäßigen Normalpreis haben; (…) verbrauchen wir aber mehr, so steigt der Preis im Verhältnis des Mehrverbrauches. Nicht allein, dass wir damit die Güter verteuern, sondern wir leben auch auf Kosten unserer Kinder und Enkel. Es ist eine Sünde und Schande so zu


Eigentlich war sie „nur“ als Eyecatcher für den 100. Unternehmensgeburtstag gedacht: die rote „Schaukelplastik“ von Walter Papst, die einst für abstrakte Form, neue Materialien und ein aufgeklärtes Erziehungsideal stand.

Sie schaukelt sich aber seitdem so erfolgreich durch die internationalen Wohn- und Designmedien, dass sie nun, wie der Dreibeiner auch, im Wilkhahn-Online-Shop oder beim Fachhandel erstanden werden kann.

verfahren.“ 80 Jahre vor dem Umweltgipfel von Rio hatte er die Zusammenhänge von Gestaltungsqualität und Generationenverantwortung formuliert. Mit der Gründung des Deutschen Werkbundes 1907 durch zwölf Künstler und zwölf Unternehmen wurde die Gestaltung zum Kristallisationspunkt von Ökonomie, Sozialorientierung und Kultur. Den Künstlern bot sich in der Industrie ein neues Betätigungsfeld für die Herstellung von Gebrauchsgütern, die bis dahin nach handwerklichen Vorbildern gestaltet waren. Die Qualität der in Deutschland produzierten Waren sollte erhöht, gleichzeitig sollten den Unternehmen durch einen „künstlerischen Überschuss“ Wettbewerbsvorteile verschafft werden. Die soziale Perspektive verfolgte die Zielsetzungen, die Entfremdung der Arbeit als Folge der industriellen Revolution aufzuheben und die Gestaltung als Bindemittel einer auseinanderdriftenden Gesellschaft einzusetzen. Der Gestaltungsanspruch „Vom Sofakissen bis zum Städtebau“ umriss dabei den ganzheitlichen Ansatz, der ökonomische, soziale und kulturelle Aspekte integrierte. Die Gestaltungsarbeit von Peter Behrens für die AEG beispielsweise reichte von der Architektur über das Erscheinungsbild bis zum Aschenbecher. Er exerzierte damit vor, was Jahrzehnte später unter dem Begriff Corporate Design zum festen Bestandteil von Unternehmensgestaltung werden sollte.

dauer sollten im Mittelpunkt stehen. So ist es kein Zufall, dass vor allem Unternehmen, die auch nach der Schließung der HfG Ulm 1968 diese Strategien weiterführten, heute als Pioniere der Nachhaltigkeit gelten. Der Möbelhersteller Wilkhahn etwa entwickelte eine Unternehmenskultur, in der durch die Leitprinzipien „Produktgestaltung mit langfristiger Gültigkeit“, „Fairness gegenüber Mensch und Umwelt“ und „Internationale Ausrichtung“ die globalen Dimensionen der Nachhaltigkeit beispielgebend zusammengeführt werden. Durch den Bau der Produktionspavillons (Architekt Frei Otto, 1988) und der ökologisch konzipierten Produktionshallen (Architekt Thomas Herzog, 1992) gewann diese abstrakte Werteorientierung auch räumliche Gestalt. 1989 wurde der ökologische Wandel zum Unternehmensprogramm, 1992 folgten ökologisch orientierte Leitlinien für die Produktentwicklung, dann die Einführung der Umweltmanagementsysteme EMAS und ISO 14001. Für das ganzheitliche Verständnis von Nachhaltigkeit wurde Wilkhahn unter anderem mit dem Deutschen Umweltpreis der Deutschen Umweltstiftung ausgezeichnet. Jüngste Meilensteine sind ein Blockheizkraftwerk (2008), das die CO2-Emissionen um knapp 80 Prozent reduziert hat, und ein in 2009 unterzeichnetes Rahmenabkommen mit der ILO (International Labour Organization) zur Sicherstellung von sozialen und ökologischen Standards an allen Wilkhahn-Standorten und bei globalen Marktpartnern.

Pioniere der Nachkriegsmoderne Das Bauhaus und schließlich die Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm, 1953 von Max Bill, Inge Aicher-Scholl, Otl Aicher und anderen gegründet, führten diesen Ansatz konsequent weiter. Bei den „Ulmern“ wurden bereits im Gründungsmanifest die wichtigsten Nachhaltigkeitsgrundsätze festgeschrieben: „Ziel ist es, dauerhafte Güter zu produzieren, den Gebrauchswert zu erhöhen und die Verschwendung zu reduzieren.“ Insbesondere die Methodik der Produktfindung fokussierte auf den zentralen Nachhaltigkeitsaspekt: Nicht das Produkt selbst, sondern ein verbesserter Gebrauchsnutzen und eine lange Gebrauchs-

Nachhaltigkeit als Qualitätsfrage Bei der aktuellen „grünen“ Welle, die überall beim Bauen und Einrichten Einzug gehalten hat, ist eine Rückbesinnung auf diesen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz dringend geboten. Denn viele der Labels und Bewertungssysteme für Produkte zielen in erster Linie auf die Herstellung und die Recyclingfähigkeit der Produkte – die Frage nach der Nutzungsqualität und Nutzungsdauer wird dagegen weitgehend ausgeklammert. Wenn sich aber die wichtigsten Anforderungen darauf reduzieren, wie umweltfreundlich

produziert und entsorgt werden kann, wäre es dann nicht die ökologischste Lösung, das Produkt gar nicht erst herzustellen oder das Gebäude gar nicht erst zu bauen? Ein schlechtes und überflüssiges Produkt bleibt schlecht und überflüssig, selbst wenn es grün produziert wurde. Und auch das ökologisch perfekte Gebäude wird zur reinen Verschwendung, wenn es leer steht. Die Welt leidet vor allem unter dem Ressourcenverbrauch für Dinge, die keiner braucht, die auf Verschleiß und schnellen Ersatz ausgelegt sind oder die redundant sind, weil sie keinen echten Mehrwert im Gebrauch bieten. Natürlich sind die Fragen nach den ökologischen und sozialen Faktoren bei Produktion und Entsorgung wichtig und bedeutend. Aber die Reihenfolge muss stimmen: Nachhaltigkeit ist so gesehen in erster Linie eine Frage von hochwertiger Qualität in Konzeption, Realisierung und Nutzung, weil dies über Langlebigkeit und Gebrauchsfähigkeit entscheidet – und damit über die Frage, welcher Return on Investment den ökologischen und ökonomischen Aufwendungen gegenübersteht! Klassiker gegen die Wegwerfgesellschaft Je länger ein Produkt gebraucht und geliebt werden kann, desto besser ist es für Mensch und Umwelt. Im Umkehrschluss ist es eine zentrale Zukunftsaufgabe, Gebäude und Produkte so zu gestalten, dass sie langfristig Bestand haben, indem sie die wesentlichen Bedürfnisse des Menschen dauerhaft positiv beantworten. Neben rationalen und bedeutungsschweren Aspekten wie Wirtschaftlichkeit, Langlebigkeit, Verantwortung oder Sinnstiftung beinhaltet dies auch Freude, Erlebnis und den Glauben an eine bessere Zukunft. Was diese Triebfedern der menschlichen Existenz nicht trifft, wird vielleicht die Köpfe, nicht aber die Herzen erreichen – und damit keine nachhaltige Wirkung entfalten. Erzeugnisse jedoch, die solche Qualitäten verbinden, werden zu Klassikern. Sie referieren auf archetypische Bedürfnisse, aber sie entstehen nicht per se und aus sich heraus. Erst in den Interaktionen von Mensch zu Pro-



dukt und von Mensch zu Mensch führen sie zu einem dauerhaft positiven Käufervotum, das sich mit gesellschaftlicher Anerkennung verbindet. Nicht zuletzt durch den öffentlichen Diskurs der Meinungsbildner werden sie zum Ausdruck einer Geistesströmung jenseits kurzwelliger Modetrends erklärt. Solche idealtypischen „Kinder ihrer Zeit“ verbinden eine am Menschen orientierte Gestaltung mit einer wesentlichen, in Form und Material ablesbaren Fortschrittsidee. Verankert im kulturellen Gedächtnis werden sie Teil unserer Identität. Dass in ihnen auch Zeitgebundenes fokussiert und dadurch lebendig bleibt, gerade das macht ihre dauerhafte Aktualität aus. Und: Das befähigt sie, zu Symbolen einer Wertegemeinschaft zu werden, die ihre Sinnstiftung in qualitativem und damit nachhaltigem Wachstum findet. Kulturelle Bildungsaufgabe Letztlich geht es bei Nachhaltigkeit um die Frage, welchen Beitrag die gestaltete Umwelt für die Gesellschaft leistet, ob lokal, regional, national oder global. Was ist über den zivilisatorischen Nutzen, der sich in Produktionszahlen, Umsätzen, Arbeitsplätzen und anderen betriebs- und volkswirtschaftlichen Kennzahlen ausdrückt, hinaus der Output und welcher Input wird dafür benötigt? In einer freien Marktwirtschaft entscheidet am Ende der Verbraucher durch sein Konsumund Investitionsverhalten, welche ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Qualitäten Bestand haben. Eigentlich sollte jeder wissen, dass in einem Plastikstuhl für 15 Euro weder Umweltschutz, Krankenversicherung und Altersvorsorge noch durchdachter Komfort, Reparaturfähigkeit und Langlebigkeit enthalten sein können. Doch was als „Verbraucherverantwortung“ so einfach und plausibel klingt, erfordert, im Vorfeld die richtigen Fragen zu stellen. Verantwortung kann nur derjenige wahrnehmen, der weiß, welche Fragen relevant sind, und dem sie auch wahrheitsgemäß beantwortet werden. Ersteres hat in erster Linie mit Bildung zu tun. Nicht zufällig sah der

Werkbund in der Erziehung den wesentlichen Hebel für eine besser gestaltete Welt. Und das Bauhaus oder die Ulmer Hochschule für Gestaltung waren in allererster Linie Bildungseinrichtungen, um die Komplexität ökonomischer, sozialer, ökologischer und kultureller Zusammenhänge durchschau- und gestaltbar zu machen. Wo aber ist in unserem Bildungssystem der Zusammenhang zwischen Gestaltungsqualität und Nachhaltigkeit zu finden? Und auch die zweite Voraussetzung für Verbraucherverantwortung, die glaubwürdige Beantwortung der Fragen, ist ein meist noch offenes Feld. Kurzfristige Gewinnmaximierung und Transparenz vertragen sich nicht, wie die aktuelle Finanzkrise deutlich vor Augen führt. Und selbst diejenigen Akteure, die sich ernsthaft um Transparenz bemühen, tun sich schwer, weil die global vernetzten Material-, Waren- und Dienstleistungsströme im Detail kaum nachzuvollziehen sind. Umso wichtiger sind die eingangs zitieren Bewertungssysteme und Labels, die zumindest für Teilaspekte Vergleichbarkeit und damit Entscheidungsgrundlagen schaffen. Dennoch: Wer Nachhaltigkeit wirklich will, kann sofort anfangen. „Weniger ist mehr“, dieser Leitsatz der Moderne ist aktueller als je zuvor. Die tägliche Herausforderung besteht darin, zu definieren, wie das Weniger beschaffen sein muss, damit es tatsächlich ein Mehr sein kann. Burkhard Remmers studierte Germanistik und Geschichte, bevor er in die Industrie wechselte. 1995 übernahm er den Bereich Marketing und Public Relations beim Büromöbelhersteller Wilkhahn, heute verantwortet er die internationale Unternehmenskommunikation. Wichtiger Arbeitsschwerpunkt ist die Entwicklung ganzheitlicher Konzepte zu Kommunikation, Raum, Design und Nachhaltigkeit. Er ist Autor vieler internationaler Fachartikel und Buchbeiträge. Jüngste Publikation: Planungshandbuch für Konferenzund Kommunikationsräume, erschienen 2008 im Birkhäuser Verlag.


Der bislang erfolgreichste Bürostuhl-Klassiker: Die FS-Linie der Designer Klaus Franck und Werner Sauer hat 1980 den neuen Standard für das Bewegungssitzen geprägt – und zählt noch heute zu den besten Bürostühlen der Welt. Weiterverwenden statt wieder verwerten: Durch den Austausch der bezogenen Polster kann jeder FS-Bürostuhl immer wieder auf den neuesten Stand gebracht werden – alle material- und energieintensiven Bestandteile des Stuhls werden 1:1 weiterverwendet.

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ÄSTHETIK ALS VIERTE SÄULE DER NACHHALTIGKEIT

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Mit dem Begriff Ästhetik bezeichnet man die Lehre der sinnlichen Wahrnehmung. In der Umgangssprache steht er meist als Synonym für Styling und Schönheit. Das griechische „aisthesis“ hatte jedoch ursprünglich eine breitere Bedeutung: Es meint nicht nur „Sinn“ und „Sinnesorgan“, sondern schließt auch die Empfindungen und Gefühle mit ein. Ästhetik ist inzwischen zu einem Schlagwort geworden. Wir erleben gegenwärtig eine Ästhetisierung unserer Kultur vom Alltag bis zur Wissenschaft. Das Spektrum der Ästhetisierungsprozesse reicht von „der individuellen Stilisierung über die Stadtgestaltung und die Ökonomie bis zur Theorie“, schreibt der Philosoph Wolfgang Welsch. Dieser Prozess betrifft nicht nur die Gestaltung von Oberflächen, sondern er reicht auch in tiefere Schichten. „Immer mehr Elemente in der Wirklichkeit werden ästhetisch überformt, und zumal gilt uns Wirklichkeit im Ganzen als ästhetisches Konstrukt“, so Welsch. Ästhetik schließt heute Lebenswelt, Ökonomie, Politik und Wissenschaft mit ein, vor allem aber auch – die Ökologie. Was Anfang der 1970er Jahre als Umweltprogramm begann, ist zu einem Leitbild von epochaler Bedeutung geworden. Das Dach des imaginären Hauses „Nachhaltige Entwicklung“ wird gleichberechtigt von den drei Säulen Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit getragen. Insgesamt muss Nachhaltigkeit als Gesellschaftspolitik begriffen werden, sie ist eine ebenso drängende wie große Aufgabe. Im Rahmen der UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ sind weltweite Bildungsmaßnahmen – vom Kindergarten bis zur Universität – angelaufen, um nachhaltige Gestaltungskompetenzen zu vermitteln. Dennoch liegt die größte Herausforderung nach wie vor darin, die Mehrheit der Bevölkerung mit dem Leitbild und der Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung erst einmal bekannt zu machen. Die Aufgabe besteht darin, für die Idee der Nachhaltigkeit zu werben, denn Nachhaltigkeit ist ein immaterieller Wert, eine soziale Utopie und kein Gesetz. Nachhaltigkeit kann nicht per Dekret angeordnet werden, sondern die Idee kann nur vermittelt, gelernt, verstanden und praktiziert werden.

Werbung für eine nachhaltige Entwicklung erscheint aufgrund unserer Alltagserfahrung mit Medien und Marketing als Paradoxon, denn die bringen meist das Gegenteil hervor. Medien und Produkte werden überwiegend aus ökonomischen Gründen ästhetisiert, ökologische und soziale Aspekte hingegen spielen selten eine Rolle. Dank Ästhetik geht auch sonst Unverkäufliches weiterhin über die Ladentheke. Die Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung hätten sich kaum bis zur heutigen Brisanz entwickelt, „wären sie nicht so lange verdrängt, diskriminiert und ästhetisch überspielt worden“, schreibt Reinhard Komar vom Institut für Designforschung in Oldenburg. Vor diesem Hintergrund dürfte es schwer sein, das Konzept der Nachhaltigkeit mit klassischen Marketing-Methoden glaubwürdig zu verkaufen. Kommunkationsdesigner sind prädestiniert, dieses Problem zu lösen, denn sie sind Experten für die Vermittlung hochkomplexer Sachverhalte. Die Aufgabe besteht darin, das Leitbild der Nachhaltigkeit durch Gestaltung vereinfacht darzustellen, ohne es zu verfälschen. Die Botschaft, dass eine nachhaltige Entwicklung kein reines Umweltproblem ist, sondern die Erhaltung von Lebensgrundlagen bedeutet, muss medienspezifisch verschieden und zielgruppengerecht aufbereitet werden. Das kann jedoch nur gelingen, wenn Kommunikationsdesigner schon während der Konzeption nachhaltiger Projekte von den anderen beteiligten Akteuren integriert werden. Im Rahmen der documenta 7 im Jahr 1982 gab Joseph Beuys mit seiner Arbeit „7.000 Eichen“ bereits Antworten auf Fragen zur Nachhaltigkeit, die von Fachleuten zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal formuliert worden waren. Beuys geht es um das ökologischsoziale Ganze, das durch Kunst und Gestaltung zum Ausdruck kommt. Im Stadtgebiet von Kassel wurden im Laufe von fünf Jahren etwa 7.000 Eichen gepflanzt, gekennzeichnet mit einer Basaltsäule, die einem keilförmigen Depot aus Basaltblöcken entnommen wurden, das Beuys vor dem Fridericianum hatte anlegen lassen. Der Prozess, den Beuys in Kassel in Gang gesetzt hat, ist kein Umweltprogramm im herkömmlichen Sinne. Es geht um den Menschen, der gerettet werden muss. Der Mensch wiederum hat die Verantwortung für den Zustand der Natur. Durch seine kreative Kraft ist er in der Lage, die Welt im positiven wie im negativen Sinn zu gestalten.

In diesem Sinne sind Designer aufgefordert, ihr „Kapital“ für eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen. „Kapital“ steht in der Formel des erweiterten Kunstbegriffs, Kunst = Kapital, für kreatives Vermögen und schöpferische Energie. Indem Designer ihre Aufgaben, wie Künstler es tun, im gesellschaftlichen Kontext selbst suchen, können sie ihre schöpferische Energie zur Entfaltung bringen. Darin besteht die große Chance für nachhaltige gestalterische Innovationen. Auftraggeber aus der Wirtschaft, die Nachhaltigkeit strategisch umsetzen, kann man heute ebenso wenig voraussetzen, wie bewusst nachhaltig handelnde Verbraucher. Durch Ästhetisierungsprozesse, in Form von Kommunikations- und Produktdesign, wird Nachhaltigkeit erst anschaulich und greifbar. Mit guten Ideen lassen sich sowohl Verbraucher als auch Partner aus Industrie, Handel und Dienstleistung überzeugen. Ästhetik, verstanden als vierte Säule des „Gebäudes Nachhaltigkeit“, trägt nicht nur zur Statik bei, sondern macht das Leitbild einer ökonomisch, ökologisch und sozial gerechten Zukunft erst umsetzbar. Info: Der Beitrag erscheint 2010 in dem Fachbuch „Nachhaltigkeit und Design – Reflektionen aus Forschung und Lehre“ der ecosign – Akademie für Gestaltung, Köln. Über zwanzig namhafte Forscher liefern Beiträge aus den Bereichen Ökologie, Ökonomie, Gesellschaft und Ästhetik, u.a. von Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Prof. Dr. Marcelo da Veiga, Hermann-Josef Hack (Künstler) und Prof. Dr. Gustav Bergmann Dipl.-Des. Uwe Boden arbeitet freiberuflich als Kommunikationsdesigner und lehrt seit 1997 Visuelle Kommunikation und Designgeschichte an der ecosign, Akademie für Gestaltung, Köln. Im Designbüro boden2 entwickelt er mit Bettina Boden nachhaltige Strategien für Kunden aus Wirtschaft und Kultur.

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? Green Design

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„Auerberg Karre“


Peter Sloterdijk, Lieblingsphilosoph aller Kreativen, beschrieb im „Spiegel“ 5/07 Designer als „Berufsrevolutionäre, die jede Regung eines neuen Begehrens sofort aufgreifen und damit den Markt revolutionärer machen als die Kundschaft“. So könnte es auch dem Thema „Green Design“ gehen, denn schon 1974 initiierte der Offenbacher Designprofessor Jochen Gros die Ausstellung „Design und Umwelt“ für das Internationale Designzentrum in Berlin. Das Thema Green Design ist also seit 25 Jahren präsent, passiert ist aber wenig. Warum ist das so? Zunächst muss festgestellt werden, dass zwar Designer das Thema erkannt haben, diese in den meisten Branchen aber keinen Einfluss auf die industriellen Entscheidungen haben, die ein Produkt „grüner“ machen könnten. Zwar wird mittlerweile konstatiert, dass rund 80 Prozent aller umweltrelevanten Entscheidungen im Designprozess getroffen werden – nur nicht vom Designer, denn relevante Entscheidungen wie Materialien, Fertigungsprozesse, Fertigungsstandorte bzw. Eigen- oder Fremdfertigung werden vom Produktmanagement bzw. vom Auftraggeber getroffen. Nur in Branchen mit niederkomplexen Produkten, z.B. Möbeln oder Geschmacksgütern, haben Designer einen gewissen Einfluss auf die Umweltbilanz des Produktes – wenn es für den Hersteller und dessen Markterfolg förderlich erscheint. Das Totschlag-Argument aller grüner Ideen bleibt aber immer der Herstellungspreis, denn in einer globalisierten Wirtschaft wird günstig gefertigt, egal, wie negativ das für die Ökobilanz ist. Und weil Designer spüren, wie wenig Einfluss sie auf die Umweltthematik haben, schreiben sie hierzu andauernd Manifeste. Hätten sie tatsächlich Einfluss, würden sie keine Manifeste schreiben (Banker haben noch nie ein Manifest geschrieben).

Auch Dieter Rams, ehemaliger Chefdesigner der Firma Braun, verfasste anlässlich der Aspen Design Konferenz 1993 ein Manifest zur Zukunft des Designs und forderte „eine neue Produktkultur mit dem Designziel, nicht den Kaufreiz, sondern einen optimalen Langzeit-Gebrauchswert zu erreichen“. Was ist daraus geworden? Braun steht heute für kurzfristiges Marketingdenken und schlechten Geschmack. Als Rams legitimer Nachfolger wird heute der Apple-Chefdesigner Jonathan Ivy gesehen. Mit seinen Entwürfen nimmt er sehr bewusst Bezug auf Dieter Rams Designansatz, allerdings nur formal und ohne jeden Bezug auf die Wertschöpfungsketten und damit die Umwelt (die wenigsten AppleUser wissen, dass das Gehäuse des neuen MacBooks in China aus einem massiven Aluminiumblock gefräst wird, was energetisch mehr als zweifelhaft ist). Bei Apple zeigt sich aber auch sehr schön die Schizophrenie der Kunden, denn für die Fangemeinde sind Apple-Produkte Ausdruck eines langlebigen Designs und dennoch können sie es nicht erwarten, immer das neueste MacBook zu erwerben, sobald dieses auf dem Markt erscheint, auch wenn das alte es noch lange tut. Ich will aber gar nicht so zynisch klingen, denn Designer sind von Haus aus Idealisten, manchmal sogar Utopisten, die an einer besseren Welt mitdenken und mitarbeiten möchten. Es ist für Designer deshalb schwierig, ursächlich in die Wertschöpfungsketten und Vertriebsstrukturen der Auftraggeber einzugreifen, weil sie letztendlich nicht die unternehmerische Verantwortung tragen. Wenn man dann doch die Chance erhält, zeigen sich deutlich die Schwierigkeiten und Gewissenskonflikte. So traf ich vor drei Jahren im Engadin den jungen Möbelhersteller Damiano Rezzoli, der von dem Wunsch beseelt war, etwas Authentisches auf die Beine zu stellen. Also haben wir gemeinsam Kleinmöbel entwickelt mit dem Verständnis, aus lokalem Lärchenholz in lokaler Fertigung und mit lokalem Vertrieb einen stillen Gegenentwurf zur globalisierten, anonymen Möbelfertigung zu liefern.

Die Qualität war sehr hoch (der Preis auch) und der Verkauf verlief, durchaus den Erwartungen entsprechend, schleppend. Dann veröffentlichte das englische Lifestyle Magazin „Wallpaper“ die Entwürfe, der Verkauf sprang an und Stararchitekt Sir Norman Foster orderte persönlich 10 Stück im Versand. Das widersprach eigentlich unserem ursprünglichen Plan des lokalen Vertriebes, aber wir haben es dennoch gemacht. Haben wir gesündigt? Jetzt habe ich einen neues Experiment gestartet und ein mobiles Beistellregal entworfen, bei dem ich selbst die gesamte Wertschöpfungskette im Griff habe. Die „Auerberg Karre“ besteht aus nur einem Blechteil und zwei Holzwangen, beide werden von Zulieferern im Umkreis von max. 20 Kilometern geliefert, sie ist einfach montierbar und sortenrein demontierbar, das Packvolumen ist gering und der Preis sollte stimmen. Das Design ist universell einsetzbar und haltbar, der Vertrieb soll durch Katalogversender erfolgen. So weit, so schön; was aber nach dem Versand an den Versender mit dem Produkt erfolgt, liegt außerhalb meiner Kontrolle. Ist das Produkt jetzt grün? Ich weiß es nicht. Bisher habe ich erst ein Beispiel kennengelernt, bei dem Profitstreben und langfristiges Handeln zusammenkommen: Wallmart, weltgrößter Lebensmitteleinzelhändler, zwingt seine Zulieferer, eine CO 2-Bilanz zu veröffentlichen und diese auch aktiv zu managen, sprich den CO 2-Ausstoß jährlich zu verringern. Wallmart will per se nicht grün sein, hat aber erkannt, dass Zulieferer, die ihre Umweltbilanz aktiv managen, mittelfristig die zuverlässigsten Geschäftspartner sind und damit für den langfristigen Erfolg von Wallmart stehen. So scheinbar einfach kann es gehen. Christoph Böninger studierte Industriedesign in München und Los Angeles, 1982 entwarf er das weltweit erste Notebook. Nach seinem Studium baute er für Siemens eine Designabteilung in den USA auf. 2006 gründete er das Designbüro brains4design in München. Seit 1996 ist Christoph Böninger Vorstand bei iF, 2005 gab er das mehrfach ausgezeichnete Buch FORM:ETHIK heraus. Einige seiner Möbel sind in ständigen Ausstellungen aufgenommen.

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Auf den Lebenszyklus kommt es an!

Nachhaltiges Bauen – dieser Anspruch hat sich zu einem der wichtigsten Treiber in der Bauindustrie entwickelt. Doch wie kann die Nachhaltigkeit eines Gebäudes bewertet werden? Staatliche und private Initiativen arbeiten bereits seit einigen Jahren an Konzepten mit dem Ziel, Kriterien für nachhaltige Gebäude zu bestimmen. Verschiedene Zertifizierungssysteme wurden entwickelt, darunter LEED in den USA, BREEAM in Großbritannien oder DGNB in Deutschland. Sie haben dazu beigetragen, dass die Frage der Nachhaltigkeit eines Gebäudes heute immer mehr in den Blickpunkt nicht nur von Investoren, sondern auch der breiten Öffentlichkeit gerät. An zahlreichen Beispielen wurde mit ihrer Hilfe deutlich, dass das im Bau scheinbar günstigste Gebäude während seiner späteren Nutzung nicht immer auch das wirtschaftlichste ist. Jedoch weisen die Zertifizierungssysteme teilweise beträchtliche Defizite auf. So werden in einigen Fällen Baustoffe lediglich anhand ihres Recyclinganteils oder ihres Anteils an nachwachsenden Rohstoffen bewertet. Mitunter geraten Produkte auch wegen einzelner Inhaltsstoffe auf „schwarze Listen“, ohne dass die von diesen Stoffen ausgehenden vermeintlichen Gefahren tatsächlich bewertet werden. Derart einfache Kriterien sind jedoch nicht per se als Nachhaltigkeitsindikatoren geeignet und können sogar in die Irre führen. Wird als Konsequenz ein weniger geeigneter Dämmstoff verwendet, obwohl ein besserer zur Verfügung gestanden hätte, hat das schlechte Folgen für die eigentlich angestrebte Energieeffizienz des Gebäudes. Weitreichende Konsequenzen – ausgelöst durch einen Inhaltsstoff.

Um ihrem Anspruch wirklich gerecht zu werden, müssen Zertifizierungssysteme den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes betrachten und dürfen sich nicht einseitig auf die Bauphase konzentrieren. Baumaterialien per se sind nicht nachhaltig. Eine entsprechende Bewertung kann stets nur anhand ihrer Anwendung erfolgen. Einfache Öko-Labels für Bauprodukte führen daher in die Irre und können falsche Anreize schaffen. Aussagen über den Energieverbrauch bei der Herstellung oder die Lebensdauer eines Produktes und den dadurch verzögerten Renovierungsbedarf sind insbesondere für Investoren entscheidend. Auch der Bauherr sollte nicht oberflächlichen Ökoversprechen erliegen. Das als umweltfreundlich angepriesene Material muss vielleicht unter enormem Einsatz von Wasser verarbeitet werden. Besonders ärgerlich ist außerdem, wenn mit weit weniger Aufwand dasselbe Ergebnis zu erzielen wäre. Der Lebenszyklusgedanke muss bei allen Zertifizierungssystemen die Grundlage bilden. In die richtige Richtung geht die geplante Weiterentwicklung der „Energy Performance of Buildings Directive“ (EPBD) der EU. Sie definiert Mindestziele für die Energieeffizienz von Gebäuden. Auch bei den geplanten Programmen zur so genannten grünen öffentlichen Beschaffung und zur Einführung eines europäischen Eco-Labels für nachhaltige Gebäude müssen die Standards der Lebenszyklusbetrachtung und die Kriterien der Nachhaltigkeit die Grundlage bilden. In der Bewertung nachhaltiger Gebäude steckt viel Potenzial. Gerade der Bausektor hat großen Anteil daran, unsere Umwelt zu schonen und zugleich unsere Lebensqualität weiter zu verbessern. Gute Bewertungssys­ teme können hier einen entscheidenden Beitrag leisten. David Baumgart, Nachhaltiges Bauen, BASF SE


LICHT FARBE

FORM RAUM


T

Intelligente Innenarchitektur schafft Nachhaltigkeit

Zukunftsweisende Bürogebäude zeichnen sich heute durch einen geringen Energiebedarf, niedrige Lebenszykluskosten und eine angenehme Atmosphäre aus. So erreicht am Immobilienmarkt das „grüne Gebäude“ einen immer höheren Stellenwert bei Mietern, Käufern und Investoren. Die Erwartung von Bauherren ist heute, Gebäude zu nutzen, die gestalterisch und technisch flexibel sind, Ressourcen sparen und damit dem Gedanken der Nachhaltigkeit Rechnung tragen. Diese mehrdimensionale Aufgabe nicht nur in der Architektur, sondern auch in der Inneneinrichtung fortzuführen, verlangt nach dem Blick auf die Details. Von der Wandgestaltung bis zu wassersparenden Armaturen, dem geeigneten Bodenbelag bis zur energiesparenden Fensterdekoration – eine exakte Planung ist bis zu den Finessen gefragt. Für die Innenarchitektin Susanne Leson und den Kommunikationswirt Guido Leson ist ihr Beruf deshalb eine ideale Verbindung zwischen Technik und Kreativität. Die beiden Frankfurter Gestalter werden immer öfter von Beginn an in Bauvorhaben einbezogen – ein Planungsschritt, der in Deutschland erst langsam Fuß gefasst hat. Für die beiden Kreativen, die unter Leson Innenarchitektur & Objektmanagement in Frankfurt firmieren, stehen im Zuge von Projektplanungen zwei Aspekte im Vordergrund: einerseits die gestalterische Einbindung in den räumlichen Kontext, anderseits der Blick auf den funktionalen Gesamtaspekt. Für Susanne Leson spielt gerade die Fensterdekoration eine wichtige Rolle in ihren Entwürfen. Denn hiermit kann sie nicht nur Anforderungen und Funktionen des Raumes, sondern auch die Akustik sowie die Energiebelastung beeinflussen. Für die akustische Umgebung in modernen und offenen Bürolandschaften ist ein innenliegender Sicht- und Blendschutz bzw. die textile Raumteilung heute nicht mehr wegzudenken. Mit ihrem geschickten Einsatz schafft die Innenarchitektin durch schallabsorbierende Maßnahmen sowohl Kommunikations- als auch Ruhezonen. Ebenso erreicht sie eine Verbesserung des Raumklimas, erzeugt Atmosphäre und Behaglichkeit. Das Thema Nachhaltigkeit und Energieeffizienz wird so auf elegante Weise eingelöst – ohne auf eine ästhetische Optik zu verzichten.

Inzwischen zählen Guido und Susanne Leson mit ihrer Zusatzqualifikation „LEED AP für Commercial Interiors“ zu den Büros, die Bauherren bei der renommierten LEED-Zertifizierung professionell unterstützen können. Das Zertifizierungssystem LEED für „Commercial Interiors“ der amerikanischen Organisation US Green Building Council (USGBC) ist die international anerkannte „grüne Messlatte“, um Innenräume als gesunde und produktive Arbeitsplätze zertifizieren zu lassen. Im Zuge des LEED-Systems für Commercial Interiors können jetzt sogar Bestandsgebäude oder auch nur einzelne Teilbereiche mit dem Siegel des „grünen Gebäudes“ auszeichnet werden. Voraussetzung dafür ist die richtige Wahl der Produkte und somit eine Reduzierung der Energiekosten. Für die Qualität des Arbeitsplatzes sind für Susanne und Guido Leson jedoch nicht nur Normwerte entscheidend, sondern auch die Wirkung von Farbe, Form und Raum. Faktoren, die übrigens nicht durch Gesetzes­ vorgaben geregelt sind. Gerade diese Kriterien können jedoch entscheidend für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz sein. Wenn die Atmosphäre in Bezug auf Licht und Farbe stimmig ist, wird Stress reduziert und Arbeitsabläufe werden verbessert. Positive Arbeitsplatzverbesserung und das Wohlbefinden der Mitarbeiter vor Ort gehören für das Frankfurter Team ebenso selbstverständlich zu nachhaltigen Faktoren wie das Thema Ressourcenschutz. Für den Neubau der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Norddeutschland wählten sie deshalb nicht nur eine GrundrissOptimierung, indem sie die Stromverkabelung in einer Schachtanordnung versteckten, sondern gaben den Raumverbin­dungen unter Verwendung von Silent Gliss-Systemen ein flexibel-ästhetisches Gefüge. Ziel war es, alle im Raum befindlichen Elemente aufeinander abzustimmen. Ein entscheidendes Kriterium neben der Farb-, Material- und Gestaltungswahl betraf auch die Produkt-Qualität. Nur hochwertigste Materialien kamen zum Einsatz – für ein Design, das für Langlebigkeit und somit für bleibende Nachhaltigkeit steht. Nadine Weinberg, Dipl. Betriebswirtin (BA), seit 2007 bei Silent Gliss als Marketing-Assistenz. Seit 2009 Product Manager Fabrics des Schweizer Unternehmens.

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DIE RICHTUNG

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STIMMT Wer heute vom Bauen und auch vom Renovieren spricht, kommt an den Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz nicht mehr vorbei. Und die Richtung stimmt: Die Gesellschaft kann es sich gar nicht mehr leisten, so leichtsinnig mit den Ressourcen umzugehen wie bisher. Als Anbieter von Lösungen zur Gebäudesystemtechnik fühlt sich Gira verpflichtet, „dumme“ Gebäude „intelligenter“ zu machen. Damit leistet Gira einen nicht unerheblichen Beitrag dazu, wertvolle Energie sparsamer, effizienter und auch bewusster einzusetzen. Bei Neubauten dürfen wir nicht länger nur an die Kosten für den Baukörper und seine Einrichtung denken, sondern müssen mindestens ebenso sehr die künftigen Betriebskosten im Blick haben. Betrachtet man ein Gebäude über seine gesamte Lebensdauer, dann machen die Unterhaltskosten im Schnitt 80 Prozent der Gesamtkosten aus. Deshalb muss nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch der spätere Betrieb darin detailliert und vorausschauend geplant werden. Selbst wenn in der Planungs- und Bauphase anfänglich Mehrkosten anfallen, amortisieren sich diese später durch verringerte Energiekosten.

Ohne Gebäudeautomation mit ihren intelligenten Funktionen ist ein energieeffizientes Gebäude nicht mehr denkbar. Heizung, Kühlung, Lüftung, Beleuchtung: Sensoren, Aktoren, Bedienelemente, Verbraucher- und andere technische Einheiten werden via KNX Bussystem miteinander vernetzt. Dabei handelt es sich um ein herstellerunabhängiges Steuerungssystem, das durch Automatisierung und Fernsteuerung das Wohnen und Arbeiten bequemer, sicherer und energieeffizienter macht. Markisen, die dem Sonnenstand folgen, Leuchten, die abdimmen, je heller das Tageslicht wird, Sensoren, die erkennen, dass ein Fenster geöffnet ist und daraufhin die Heizung automatisch herunterfahren – das schafft kein Hausmeister. Wohl aber die moderne Gebäudetechnik: Sie hilft, die Energieeffizienz spürbar zu verbessern, indem sie nicht nur Energie einspart, sondern diese auch optimal verteilt und nutzt. In Schulen etwa können heute Klassenräume nach dem Stundenplan beheizt werden – Energie wird nur dann bereitgestellt, wenn sie tatsächlich benötigt wird, ein stupides „Durchheizen“ gehört damit endgültig der Vergangenheit an. Der Einblick in die Verbrauchsdaten ermöglicht zudem das optimale Austarieren der automatischen Energiezufuhr für Licht, Heizung, Kühlung und Lüftung. Mit intelligenter Gebäudetechnik sind bis zu 50 Prozent Energieeinsparung möglich (Quelle: VDMA).

Sämtliche Komponenten sind über das KNX Bussystem miteinander verbunden. Hinter einem solchen modernen elektronischen „Nervensystem“ steckt ein leistungsfähiges „Gehirn“, das alle gesammelten Daten auswertet, verarbeitet und anschließend an Aktoren weitergibt. Dafür haben wir den Gira HomeServer beziehungsweise speziell für gewerblich genutzte Immobilien den Gira FacilityServer entwickelt. Beide Server verarbeiten aber nicht nur Daten, sondern messen und dokumentieren auch den Ressourcenverbrauch im Gebäude. Über das Gira Interface ist eine Visualisierung jederzeit möglich – eine wesentliche Voraussetzung dafür, im Verbraucherverhalten ein Umdenken einzuleiten. Auch Vorhersagen lassen sich mit einbeziehen, beispielsweise Wetterdaten aus dem Internet: via TCP/IP verbinden die beiden Gira Server das KNX Bussystem mit dem Internet.

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Moderne Gebäudetechnik erlaubt zudem ein hohes Maß an Flexibilität, was die Nutzung betrifft. Gerade in gewerblichen Gebäuden stellt die Nutzungsänderung einen erheblichen Kostenfaktor dar. Eine moderne Gebäudetechnik ist per se „offen“, also erweiterungsfähig, sie ist darauf angelegt, Veränderungen und Erweiterungen ohne baulichen Aufwand aufzunehmen; zu sinnvollen und „intelligenten“ Lösungen zu verknüpfen. Sie gibt nicht zuletzt dem Besitzer oder Investor die Sicherheit, Anforderungen künftiger Mieter erfüllen zu können und damit den Wert einer Immobilie langfristig zu sichern. Doch nicht nur mit Gira-Produkten und Systemlösungen, auch mit unseren Gebäuden leisten wir einen Beitrag zu Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. 2002 haben wir unser Kunststoffzentrum eingeweiht, wie alle Gira Gebäude in Radevormwald im Bergischen Land gelegen. Als Architekten konnten wir Christoph Ingenhoven gewinnen. Mit ihm und seinem Team wurde ein Gebäude errichtet, das die „Fabrik“ technisch, gestalterisch und auch unter sozialen Gesichtspunkten neu interpretiert und Maßstäbe setzt. Der Neubau ist eine Option auf die Zukunft – heute trägt er dazu bei, den Standort Radevormwald und Arbeitsplätze in der Region zu sichern. 94

Um interne Abläufe zu optimieren und direkte Kommunikationswege zu schaffen, wurden kaufmännische und gewerbliche Bereiche in zwei gläsernen Gebäuderiegeln platziert und eng miteinander verknüpft. Die in den Längsachsen leicht schräg gestellten Glasfassaden mit ihrer charakteristischen Biegung am Dachrand gibt den beiden Baukörpern eine spannungsvolle Form von hohem Wiedererkennungswert. Das Kunststoffzentrum ist mittlerweile ein zentraler Baustein in der Corporate Identity von Gira – sein Aussehen jedoch kein optischer Selbstzweck. Zum einen garantiert unsere „gläsernen Fabrik“ helle, transparente Arbeitswelten. Die maximale Nutzung des Tageslichts – selbst die Übergänge zum Dach sind verglast – senkt selbstverständlich den Stromverbrauch für künstliche Beleuchtung. Zum anderen wollten wir eine natürliche Be- und Entlüftung und einen effizienten Sonnen- und Blendschutz realisieren, um auch in diesem Gebäude auf eine energieintensive Klimaanlage verzichten zu können. Beides ließ sich in die Fassade integrieren, beides können wir über den Gira FacilityServer bedarfsgerecht steuern.

Wichtig im Sinne von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit ist aber vor allem die Nutzung von überschüssiger Energie aus der Kunststoffproduktion – zum Heizen im Winter und Kühlen im Sommer. Dazu wurde ein Wärme-Kälte-Verbundsystem entwickelt, in das unsere Produktionsabwärme eingespeist wird. In den Erdgeschossen übernimmt die Heizlast weitgehend eine raumlufttechnische Anlage. Auch die Kühlwassersysteme für die Hydraulikkühlung unserer Maschinen sind in das System eingebunden. Zusätzlich werden die Betondecken als Aktivspeicher genutzt – mittels wasserführender Rohrsysteme im Sinne einer Betonkernaktivierung.


Mit dem Gira Kunststoffzentrum haben wir die für uns wichtigen Ziele erreicht: die Integration aller Arbeitsabläufe in eine flexible, konstruktiv und energetisch optimierte Gebäudestruktur, ein „schlanker“ Produktionsablauf sowie die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit durch ein ansprechend gestaltetes Arbeitsumfeld. Wir konnten zudem unseren unternehmenseigenen Gebäudebestand um zwei zusätzliche Baukörper in direkter Nachbarschaft auf dem Firmengelände erweitern. Die Baukörper garantieren eine hohe Flexibilität bei sich ändernden Anforderungen im Inneren, die Erdgeschosse ließen sich bei Bedarf für Büros nutzen, die Obergeschosse sind auch für Aufgaben der Produktion ausgelegt. Flexibilität garantiert uns auch die Gebäudetechnik, die über das KNX Bussystem gesteuert wird.

Letztlich haben wir zwei Gebäude geschaffen, die energieoptimiert und nachhaltig sind – und das zu einer Zeit, als „Nachhaltigkeit“ noch kaum bekannt war, oder besser gesagt: lediglich in der Forstwirtschaft. Denn dort ist ja der Begriff eigentlich beheimatet und meint in seinem Ursprung, nicht mehr Wald einzuschlagen, als gleichzeitig nachwachsen kann, um so ein stabiles ökologisches und ökonomisches Gleichgewicht zu halten. Diesem Grundsatz fühlt sich Gira heute mehr denn je verpflichtet, was wir mit dem Beitritt in die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) unterstreichen. Oliver Borchmann (42) ist Gira Geschäftsführer für Innovation/Entwicklung. In seiner Verantwortung liegen die Entwicklung und Konstruktion, Produkt- und Technologiemanagement, Qualitätsmanagement sowie Technische Prüfung. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz.

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VON HOFFNUNGS VOLLER VISION ZUR WIRKLICHKEIT VISION ZUR VOLLER HOFFNUNGS VON 96


Jedes Zeitalter kennt ein großes Thema, das die Architektenschaft begeistert und beflügelt hat. Der momentan arg strapazierte Begriff der „grünen“ Architektur unter der Zielsetzung der Nachhaltigkeit prangt auf allen Titelblättern, dennoch kann und darf es in diesem Fall nicht bei einer beiläufigen Modeerscheinung bleiben. Architektur muss die gegenwärtigen Bedürfnisse decken, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu beeinträchtigen. Dies ist ein hehres Ziel, bei genauer Betrachtung wird man schnell feststellen, dass ein solcher Anspruch schwer einzulösen ist und nur als Zielvorstellung unseres Handelns dienen kann. Dabei handelt es sich für mich keinesfalls um ein neues Thema. Schon während meiner Studienzeit war die Notwendigkeit eines Umdenkens in Architektur und Stadtplanung fest verankert. Die damals oft belächelte ökologische Idee war Teil einer Hoffnung und eines optimistischen Ausblicks auf die Zukunft. Auch den visionären Blick der Architektur der 1960er Jahre sollten wir uns bei aller technischen Normalität erhalten. In den Jahren, die seitdem vergangen sind, haben wir riesige Schritte gemacht vom Exotentum und etwas idealistischem Anspruch hin zu konkreten Veränderungen. Die Wunschbilder einer be­ lächelten Randgruppe gehören inzwischen – glücklicherweise – zum Selbstverständnis.

Steigende Energiepreise, die gesicherte Erkenntnis, dass der Klimawandel vom Menschen verantwortet ist, und viele weitere Faktoren nötigten auch die Architektenschaft zum Umdenken. Seit Jahren arbeiten verschiedene Institutionen daran, für den Bausektor Regelungen und Vorgaben einzuführen, die ein nachhaltiges und ressourcenschonendes Bauen möglich machen. Mit der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) im Jahre 2007 wurde ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht. Erst kürzlich übergab der Bund Deutscher Architekten (BDA) dem Bundesbauminister anlässlich der UN-Klima-Konferenz 2009 das von zahlreichen Architekten, Ingenieuren und Stadtplanern unterzeichnete Manifest „Vernunft für die Welt“. Auch wir haben dieses Manifest unterschrieben und fühlen uns der Idee einer ressourcenschonenden Architektur verbunden. Das Bewusstsein, dass die menschliche Zivilisation einen Wendepunkt erreicht hat und moralisches, verantwortliches Handeln dringend erforderlich ist, ergibt für mich das Bild einer Zukunft, die nicht düster und verheerend, sondern hoffnungsvoll und erreichbar ist – jeder Schritt zählt. Peter Berner, Dipl.-Ing. Architekt, BDA, ist geschäftsführender Gesellschafter der ASTOC GmbH & Co. KG, Architects & Planners, Köln.

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Impressum

Termine

Donnerstag, 12. November 2009, 19.00 Uhr

Dienstag, 24. November 2009, 19.00 Uhr

Die Zukunft der europäischen Stadt Zürich

Die zweite Haut Architektur und Literatur im Dialog

Franz Eberhard Direktor, Amt für Städtebau der Stadt Zürich Bernd Streitberger Baudezernent für Stadtentwicklung, Planen und Bauen Köln

Michael Zimmermann KAP Forum Ulf Erdmann Ziegler Hamburger Hochbahn

Begrüßung und Einführung: Andreas Grosz Leiter KAP Forum Moderation: Christian Hümmeler Redakteur, Kölner Stadt-Anzeiger

20. und 21. November 2009 Farbplanung mit System Verleihen Sie Ihrem Wissen Farbe! Intensivkurs, Freitag, 20.11.2009 Farbkommunikation einfach und präzise Farbe in Architektur, Design + Industrie Erlernen Sie eine unmissverständliche Farbsprache für Entwurf und Produktion, trainieren Ihr Argumentationsvermögen und Ihre Farbwahrnehmung. Exclusivkurs, Samstag, 21.11.2009 Farbverwandtschaften und Kontraste für Innenraum und Leitkonzepte; Farbwahl und Licht; Farbwirkung im Innenraum. Farbe für verschiedenste Zielgruppen und Funktionsbereiche, besondere Berück­ sichtigung von Farbe in Krankenhaus und Schule. Incl. Gastvortrag und Führung durch die ­Ausstellung von neun führenden Herstel­lern auf den Gebieten Licht, Möbel, Bodenbeläge …

Moderation: Andreas Grosz Leiter KAP Forum Weitere Informationen zu unseren Veranstaltungen können Sie unserer Internetseite entnehmen: www.kap-forum.de

KAP Forum Das KAP Forum ist Netzwerkund Kommunikationsplattform der Unternehmen Alape, BASF, Carpet Concept, Dornbracht, Gira, Kvadrat, Silent Gliss, Wilkhahn und Zumtobel Licht. Im KAP Forum kommen Experten aus Architektur, Technologie und Design mit einer interessierten Öffentlichkeit zusammen. Die vielfältigen Ausstellungen, Symposien, Vorträge und Seminare eröffnen einen aktiven Dialog über Architektur und Städtebau, Kommunika­ tion und Design, Wirtschaft und Kultur.

Herausgeber KAP Forum für Architektur, Technologie, Design Andreas Grosz Agrippinawerft 28, Rheinauhafen D-50678 Köln www.kap-forum.de Redaktionelle Leitung Inken Herzig www.inken-herzig.de Gestaltung großgestalten Tobias Groß Martin Schüngel Dominik Kirgus www.grossgestalten.de Lektorat Tanja Motzkau www.lektoratsbuero.net Fotos S. 16: H.G. Esch S. 20–34: Paolo Tumminelli S. 38–42: Fanny Aronsen S. 72/73: H.G. Esch S. 77: Tobias Groß S. 79: Wilkhahn S. 84/85: Thomas Koller Druck Asmuth Druck, Köln Papier ResaOffset, 100% Altpapier




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