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AUSGABE 31 - KÖLN - Januar 2017
Urban Kaufmann und Eva Raps bei der Weinlese im Herbst 2016. Sie haben das Weingut Hans Lang in Hattenheim 2013 übernommen und setzen dort viele neue Akzente.
Das war ein Schuss!
Ein Schweizer Käsemeister wird Winzer und führt das Weingut Hans Lang in die Zukunft.
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elbst wenn man die Hausnummer des Weingutes in der Hattenheimer Rheinallee nicht wüsste, fände man es dennoch mühelos: Hoch an einem Flaggenmast vor dem Haus weht stolz und unübersehbar die Schweizer Fahne. Der knallrote hölzerne Türgriff ist mit einem kleinen weißen Kreuz geschmückt, einer der Top-Rieslinge des Weinguts heißt „Tell“, und nach den ersten Worten ist der letzte Zweifel beseitigt: Urban Kaufmann ist Schweizer. Als Winzer ist er beruflicher Quereinsteiger, und damit ist er im Rheingau in zweifacher Hinsicht ein Exote. Vom Appenzeller Käse zum Rheingauer Wein Bevor er 2013 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Eva Raps das Traditionsweingut Hans Lang in Hattenheim übernahm, hatte sich Kaufmann seit seinem 16. Lebensjahr dem Appenzeller Käse verschrieben. Er führte viele Jahre lang mit Erfolg eine große Käserei, wollte aber in seinem Leben noch etwas Anderes tun als Käse zu erzeugen. Er wollte sein Hobby, den Wein, zu seinem neuen Beruf machen. So tauschte er Appenzeller Kühe gegen
Rheingauer Rebstöcke, Milch gegen Trauben, Käse gegen Wein. Getreu seinem Motto „Prüfe alles, aber mache nicht alles!“ ging Kaufmann 2012 ans Werk – und machte sich auf die Suche nach Weingütern, die zum Verkauf standen. Er reiste u. a. ins Piemont, nach Österreich und an die Mosel. Fündig wurde er schließlich im Rheingau. „Schuld“ daran war auch Kaufmanns heutige Lebensgefährtin Eva Raps, damals Geschäftsführerin des VDP, die ihrerseits schon lange davon träumte, vom Schreibtisch in den Rebgarten zu wechseln und Winzerin zu werden. Die beiden lernten sich kennen, Berufliches und Privates kamen zusammen: Sie suchten dann gemeinsam nach einem Betrieb und erwarben schließlich 2013 das Weingut Hans Lang in Hattenheim. Die Mikrobiologie! Der Vorbesitzer Johann Maximilian Lang hatte das etwa 20 Hektar große Familienweingut Hans Lang jahrzehntelang geführt, galt unbestritten als Qualitätswinzer und Rotwein-Pionier im Rheingau, hatte auf biologischen Weinbau umgestellt, war seit
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2012 biologisch zertifiziert, fand letztendlich aber trotz allem keine Nachfolger in der eigenen Familie. So entschloss er sich zum Verkauf. Man fand schnell zueinander: „Vom Kennenlernen bis zum Handschlag dauerte es nur drei Wochen“, so Urban Kaufmann, der 2014 seinen ersten eigenen Jahrgang vinifizierte. Nach seinem Entschluss, von Käse auf Wein umzusatteln, hatte Kaufmann ab 2009 Praktika, etwa auf dem Schweizer Weingut Schloss Bachtobel, absolviert und war ein Jahr in Geisenheim gewesen. Nachdem die Übernahme von Hans Lang vereinbart war, lernte er vieles auch direkt von Johann Maximilian Lang auf dem Weingut. Außerdem: „Winzerei und Käserei haben mehr gemeinsam, als man auf den ersten Blick annehmen möchte“, sagt Kaufmann mit einem Augenzwinkern. Was zum Beispiel? „Die Mikrobiologie! Da ist ein Käsemeister jedem Winzer überlegen. Wenn etwa bei der Weinbereitung Temperaturen auf ein Grad genau gemessen werden, misst ein Maître Fromager auf ein Zehntelgrad genau.“
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Die „Große Lage“ Wisselbrunnen, im Hintergrund der Rhein. Hier wachsen die Trauben für den Spitzen-Riesling von Urban Kaufmann und Eva Raps: Wisselbrunnen Großes Gewächs.
Klarer neuer Schwerpunkt: Pinot Noir In der relativ kurzen Zeit seit der Übernahme 2013 hat sich viel getan auf dem Weingut Hans Lang: Kaufmann und Raps setzen den ökologischen Weinbau fort. Mit Hilfe der biologischen Bewirtschaftung arbeiten sie die Eigenheiten der einzelnen Lagen deutlich heraus. Die Biodynamik ist der nächste konsequente Schritt, der ab dem Jahrgang 2017 umgesetzt werden soll. Neben dem Riesling setzte man mit hervorragenden Pinot Noirs klar und deutlich einen im Rheingau ungewöhnlichen zweiten Schwerpunkt. Das zeigen auch die neuen von Kaufmann mit französischen Klonen angepflanzten Pinot Noir-Parzellen. Dass man vor Neuem generell nicht zurückscheut, zeigt auch dieses Projekt: Kaufmann und Raps ließen von chilenischen Reb-Chirurgen auf etwa 1.000 alte Dornfelder-Unterlagsreben neue Chardonnay-Reiser aufpfropfen – ein in Deutschland seltenes Verfahren. Aber: „So bleibt die an sich gute Rebanlage
Neue Pinot Noir-Anlagen für die Top-Weinlinie „Kaufmann“.
erhalten und wir sparen viel Zeit. Schon nach zwei, drei Jahren können wir den ersten Chardonnay ernten“, so Kaufmann. Der Schweizer ist ein still-sympathischer, eher introvertierter Mann, wirkt bescheiden und zurückhaltend, denkt lange nach, bevor er antwortet, beginnt manche Sätze erneut, korrigiert sich selbst häufig. Typisch sind beinahe demütige Sätze wie: „Wir sind immer noch am Kennenlernen unserer Weinberge.“
feine Facetten, kommt elegant und spielerisch daher“, so Eva Raps. Weitere Neuerung: Mit dem „Tell“ kreierte man einen TopMarkenwein, der die elegant-würzige Rheingauer Rieslingkultur modern interpretiert. Für Kaufmann ist der Wein wie dessen Namenspatron „ein mutiger Freiheitskämpfer, der für frischen Wind sorgt.“
Rheingauer Riesling-Kultur – neu interpretiert Kaufmann und Raps entwickeln ihre eigene, feine Stilistik. Die neue Handschrift ist in den klar definierten und strukturierten Weinen bereits deutlich erkennbar. Etwa beim Pinot Noir, als Deutsch-Schweizer betont Kaufmann das Wort Pinot natürlich auf dem i, nicht auf dem o: kühler, eleganter Stil, filigran, feines Tannin, nicht speckig, präsentes, aber nicht dominierendes Holz. „Der Pinot ist kein ‚Maulvoll’ Wein, sondern bietet viele
Schlicht, klar, emotional Die Spitzenprodukte des Weinguts – Rieslinge, Pinot Noirs und die Cuvée „Uno“ – fasste man unter der neuen „Kaufmann“-Linie zusammen und stattete sie mit schlichten, klaren, modernen Etiketten aus: in emotionalem Rot, mit einem kleinen Schweizerkreuz gekennzeichnet – ebenso wie die Oberseite der Kapsel. „Damit man weiß, wo der Korkenzieher anzusetzen ist“, so der Winzer schmunzelnd. Die Linie „Kaufmann – die neue Spitze“
Der Degustations-Raum des Weinguts Hans Lang-Urban Kaufmann: pur, klar, gleichzeitig emotional. So wie die Weine.
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Urban Kaufmann und Eva Raps betreiben auf ihrem Weingut ökologischen Weinbau, eine wichtige Basis für höchste Qualität.
weist unverkennbar die Richtung, in die das Weingut in den nächsten Jahren gehen wird. Das alte, etwas modernisierte Hans Lang-Etikett wird nun für die einfacheren, preisgünstigeren Guts- und Ortsweine – wichtig für die Gastronomie und den glasweisen Ausschank – weitergeführt. Aber auch, wie Eva Raps betont, „um die Rebsortenvielfalt auf unserem Weingut zu bewahren.“ Den Sorten Silvaner, Weiß- und Grauburgunder sowie Chardonnay sind zusammen etwa 10 % der Rebfläche gewidmet, weitere 10 % dem Pinot Noir. Den Löwenanteil der Weinberge macht mit 80 % der Riesling aus. Die Chance des Neubeginns nützen „Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit und neues Leben blüht“,
sagt Friedrich Schiller im Schweizer Nationalepos „Wilhelm Tell“. Das scheint Urban Kaufmann inspiriert zu haben: „Wir sind unbelastet von Familie, Geschichte und Tradition an die Sache herangegangen. Als Winzer waren wir ja ein komplett unbeschriebenes Blatt. Eva und ich wollten die Chance des Neubeginns nützen und einen neuen, eigenen Weg gehen.“ Der Neo-Winzer aus der Schweiz musste aber auch schmerzlich zur Kenntnis nehmen, dass dieser Weg steinig und steil sein kann. Seinem Top-Riesling Wisselbrunnen 2014 wurde vom VDP „mit elf zu null Stimmen“ das Prädikat „Großes Gewächs“ verwehrt. „Das hat mich persönlich doch sehr getroffen“, gesteht Kaufmann. Ob hier an einem Neuling ein Exempel statuiert werden sollte oder der Wein tatsächlich nicht den GG-Kriterien entsprach, darüber kann man nur spekulieren. Fakt ist: Kaufmanns Wisselbrunnen des Folgejahr-
In Deutschland selten praktiziert: Auf alte Dornfelder-Unterlagsreben wurden neue Chardonnay-Reiser aufgepfropft.
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gangs 2015 wurde offiziell in die GG-Liga aufgenommen. Historisch gewachsene Sympathie für Stahltanks Bei der Kellerarbeit hat Urban Kaufmann als ehemaliger Käseproduzent eine „historisch gewachsene Sympathie und Vorliebe für Stahltanks“, vor allem was die Rieslinge betrifft. „Ich möchte absolute Reintönigkeit, eine saubere und klare Aromatik.“ Das ist auch der Grund, warum Kaufmann mit Reinzuchthefen arbeitet: „Am Anfang wollten wir natürlich keinerlei Risiko eingehen.“ Inzwischen aber unternimmt er erste Gehversuche mit der Spontangärung. Kaufmann ist dem Holzfass gegenüber aber nicht prinzipiell abgeneigt: So etwa lässt er seinen Spitzen-Pinot aus der Großen Lage Hassel 16 Monate in sorgfältig ausgewählten, nur leicht getoasteten französischen Barriques reifen. Und die beiden Grundweine
Handlese ist auf dem 20 Hektar-Weingut selbstverständlich.
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nach dem ‘uno‘ in „unus pro omnibus, omnes pro ‘uno‘ , dem traditionellen Motto der Eidgenossenschaft: einer für alle, alle für einen. ... in den spätesten Zeiten! Man spürt es: Auf dem Hattenheimer Weingut ist in kurzer Zeit Vieles in Bewegung gekommen. Höchste Qualität verbindet sich mit Emotion, Stil mit Eleganz und Klarheit, Potenzial mit sympathischer Zurückhaltung. Die eingeschlagene Richtung scheint zu stimmen, die Zukunft lässt Großes erwarten. Man kann der Versuchung nicht widerstehen, die Übernahme des Weingutes Hans Lang durch Eva Raps und den Schweizer Urban Kaufmann mit Schillers Wilhelm Tell zu kommentieren: „Das war ein Schuss! Davon wird man noch reden in den spätesten Zeiten!“ Das Schweizerkreuz: „Damit man weiß, wo der Korkenzieher anzusetzen ist.“ – Urban Kaufmann
Auf dem richtigen Weg: Urban Kaufmann und Eva Raps
Das Sortiment des Weinguts Hans Lang – Urban Kaufmann und Eva Raps
Linie „Kaufmann“ – die neue Spitze Die besten Weine des Weingutes, der Schwerpunkt der Arbeit, die Zukunft.
• Rheingau Riesling: strahlend, kraftvoll, saftig, schön trocken; ein Wein zum Feiern und Fröhlichsein. VDP.Gutswein • Rheingau Riesling Kabinett: feiner Duft, hauchzarte Fruchtsüße, feinfühlig ausbalanciert, hoher „Erfrischungsfaktor“. VDP.Gutswein • Hattenheim Riesling: aus der Lage Schützenhaus, wohlproportioniert, präzise, charakterfest, idealer Begleiter für einen Abend mit Freunden. VDP.Ortswein • Wisselbrunnen GG: Spitzen-Riesling aus der besten Lage, voller Emotion, Dynamik und Rheingauer Finesse. VDP.Große Lage
• Uno: Cuvée aus Weißburgunder und Chardonnay: feine Frucht, zarte Säure, komplexe Struktur, gereift in französischen Barriques. • Tell: Top-Markenwein, modern interpretierte Rheingauer Rieslingkultur, ein mutiger Freiheitskämpfer, der für frischen Wind sorgt. • Pinot Noir: geschliffenes, angenehm präsentes Tannin, feiner Duft von Himbeere, Cassis, schwarzem Pfeffer, Erde und Lorbeer. • Hassel GG: bester Pinot des Weinguts, seidige Eleganz und geballte Kraft, sanfte Gerbstoffe, außergewöhnlich komplexe Struktur. VDP.Große Lage
Linie „Hans Lang“ Die preisgünstigeren Basis- und Zweitweine des Weingutes.
• Gutsweine: Blanc de Noir, Silvaner, Chardonnay, Grauburgunder, Weißburgunder, Riesling trocken, Riesling Kabinett feinherb • Ortswein: Hallgarten Riesling • Lagenweine: Schützenhaus Riesling, Wisselbrunnen Riesling • Spätburgunder: Johann Maximilian Spätburgunder Barrique, Spätburgunder trocken • Riesling frucht- und edelsüß: Kabinett fruchtsüß, Hassel Spätlese, Wisselbrunnen Auslese, Hassel Beerenauslese, Hassel Trockenbeerenauslese, Schützenhaus Spätlese • Sekt: Riesling brut, Pinot Rosé extra trocken, Pinot extra brut, Spätburgunder Rotsekt brut
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