Stellungnahm ALPE

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Stellungnahme der Association Luxembourgeoise des Professeurs d‘Ethique a.s.b.l zu den rezenten Mitteilungen der katholischen Kirche Letzte Woche hat die katholische Kirche ihre Stellungnahme zum Expertenbericht zum Verhältnis von Staat und Glaubensgemeinschaften publiziert und damit auch die Debatte um den Werteunterricht beziehungsweise Religionsunterricht an luxemburger Schulen neu entfacht. 1) Die Stellungnahme der katholischen Kirche wirft allerdings mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Eine erste Frage wäre, mit welcher Begründung die Kirche am Status Quo festhalten möchte. Geht es hier um Traditionen, Wertevermittlung, Machtinteressen oder moralische Erziehung? Gründe werden auf jeden Fall keine genannt. Sind es die so oft genannten Zahlen, die davon ausgehen dass rund 60 Prozent im Sekundarunterricht den Religionsunterricht besuchen, die Rechtfertigung genug sind, um ein Festhalten am bisherigen System als begründet erscheinen zu lassen? Hierzu allerdings auch einige Zahlen, die in dieser Diskussion meist verschwiegen werden: Bereits vor 30 Jahren, als die Schüler noch die Wahl hatten sich von beiden Unterrichten freistellen zu lassen, wählten bis 2002 immerhin 30 Prozent diese Möglichkeit. Des weiteren darf man nicht vergessen, dass die kirchlichen Sakramente, wie Kommunion und Firmung - man denke an die für die Kinder hiermit einhergenden Geschenke - an den Besuch des Religionsunterrichts gebunden sind. Dies um zu sagen, dass die oft zitierten Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind und kein Argument für das Festhalten am bisherigen System des Wahlfachs darstellen.

2) Problematisch sieht die ALPE darüberhinaus die gemeinsame Stellungnahme der religiösen Kulte, die sich für ein Modell aussprechen, das allen Kulten die Möglichkeit gibt, einen Religionsunterricht an luxemburger Schulen zu gewährleisten. Eine Möglichkeit die auch der Expertenbericht nennt, allerdings ohne auf die konkrete Umsetzung einzugehen. Lässt man die Frage nach der Machbarkeit und Bezahlbarkeit eines solchen Systems mal außen vor, liegt auch hier der Teufel im Detail. So stellt sich die Frage, wie dieser Unterricht aussehen soll. Es wird das Modell der Europaschule genannt, das die verschiedenen Kulte wahlweise in ihr Curriculum integriert. Die Lehrpläne werden in Einklang mit den Prinzipien der Europaschule aufgestellt und von den kirchlichen Würdenträgern „abgesegnet“. Bei diesem Modell sieht der konfessionelle Religionsunterricht vor, dass sich die Inhalte wenn auch nicht ausschließlich, dann doch maßgeblich mit der eigenen Religion befassen. Der Ethikunterricht würde die „religiöse


Dimension“ folgerichtig komplett ausblenden und sich auf moralische Bildung reduzieren. Für die katholische Kirche wäre diese Entwicklung natürlich wünschenswert, da man die bereits von Papst Benedikt in seinem Buch Licht der Welt kritisierte Katechese in Deutschland, die eine „Diktatur des Relativismus?“ 1 begünstige, auch in Luxemburg wahrgenommen hat und sich fragen muss ob ein katholischer Religionsunterricht der mehreren Religionen gegenübersteht, wirklich mit der bischöflichen Mission der Katechese einhergehen kann. In einem Land das - zumindest auf dem Papier - zu über 90% katholisch ist, könnte die katholische Kirche demnach unter dem Mantel der Religionsfreiheit wieder einen Unterricht anbieten, der „eine Kultur des Zweifelns“2 als gefährlich erachtet und sich auf die reine Lehre des katholischen Glaubens beschränkt.

3) Die ALPE möchte demnach erneut betonen, dass unserer Meinung nach die Auseinandersetzung mit verschiedenen Religionen in der öffentlichen Schule eine unumgängliche Voraussetzung für Bildung darstellt und nicht unter dem Mantel der religiösen Wahlfreiheit abgewählt werden dürfe. Dies kann aber nur in einem Unterricht gewährleistet werden, der sowohl philosophische, religiöse und humanistische Weltanschauungen in den Unterricht integriert. Ein Katechese wie sie die katholische Kirche folgerichtig aus ihrem Missionierungsauftrag ableitet, kann dies im Rahmen einer öffentlichen Schule allerdings nicht gewährleisten. Schüler aufgrund der Religionszugehörigkeit ihrer Eltern zu trennen, scheint uns nicht der Weg zu sein, um das „Zusammenleben“ in einer pluralistischen Gesellschaft zu erlernen und zumindest in öffentlichen Schulen Prinzipien einer offenen Gesellschaft zu gewährleisten. Das Argument, dass Religionsfreiheit ein Menschenrecht darstellt und somit vom Staat auch in öffentlichen Schulen garantiert werde müsse, scheint uns kein hinreichendes Argument für die Aufteilung der Schüler in Kleingruppen. Wenn es nämlich um das Recht auf Religionsfreiheit geht, heißt das nicht dass der Staat eine aktive Rolle bei der Missionierung oder Vermittlung von Glauben spielen soll. Im Gegenzug hat der Staat einen Bildungsauftrag der vorsieht, Jugendliche auf eine aktive Rolle in einer demokratischen Gesellschaft vorzubereiten. Hierzu scheint es gerade wichtig, einerseits die eigene Kultur zu kennen und andererseits die Auseinandersetzung mit fremden Kulturen nicht zu scheuen.

1 http://www.liebt-einander.org/pg/de/wissenschaft_und_glaube/ papst_warnt_erneut_vor.html 2 http://www.kath.net/detail.php?id=29127


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