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Hawerkamp 31“ prägte deutsche Techno-Szene
Kulturoase „Hawerkamp 31“
Zu den Orten, die die deutsche Techno-Szene geprägt haben, gehört ein ehemaliges Fabrikgelände in Münster. Hier haben schon „Dr. Motte “ und „Westbam “ aufgelegt.
Text: A. Meistermann | Foto: Jager
Es war in der schönen spanischen Stadt Valencia, als ich meine erste Begegnung mit Techno-Musik hatte. Damals machte ich dort, es muss Anfang der 1990er Jahre gewesen sein, gemeinsam mit einem Freund Urlaub. Auf die Frage, wo denn was los sei, wurden wir in Richtung einer Restaurant, Bar- und Disco-Meile direkt am Meer verwiesen – ausdrücklich versehen mit der Warnung, dass man dort wegen einer signifikant hohen Kriminalitätsrate (Diebstahl, Raub, Drogen etc.) besser vorsichtig sein solle. Abenteuerlustig und doch eher unvorsichtig, wie wir damals waren, machten wir uns direkt auf den Weg.
Und so wie es uns beschrieben wurde, war es auch. Bars, Diskotheken und Restaurants reihten sich aneinander, das Meer rauschte im Hintergrund und einige der Gestalten, die dort saßen oder gingen, vermittelten schon einen etwas befremdlichen Eindruck. Noch bis heute erinnere ich mich an eine Gruppe komplett schwarz gekleideter junger Männer, die mit wirren, flackernden und angstmachenden Blicken ihre Umgebung fixierten. Der Eindruck, dass sie wohl illegale Drogen zu sich genommen hatten, war nicht ganz falsch. Was noch auffiel, war die Polizeidichte, aber irgendjemand musste ja die braven Partygänger vor den bösen Buben schützen.
Nachdem wir gut gegessen hatten, stürzten wir uns ins Getümmel und landeten, ohne es zu ahnen, in einer Technodisco. Die eher einfach strukturierte Musik war von einer hohen Beat-Dichte, Piano- oder Synthesizer-Loops und viel Bass gekennzeichnet, die Tanzbewegungen hatten zum Teil etwas Zuckendes an sich und die Menge schien wie in Trance zu sein. Ich war sofort „geflasht“ , wie früher einmal gesagt wurde. Ich wollte davon einfach mehr, so groß war die Begeisterung über diesen für mich neuen Sound.
Als ich später in Nordhorn einem anderen Freund davon berichtete, erhielt ich eine gute Nachricht. Er berichtete, dass es so etwas auch in Münster gebe. Weitere gute Nachrichten: Er mochte diese Musik auch und hatte ein Auto. So machten wir uns über die Autobahn auf den Weg in die westfälische Universitätsstadt, die abgesehen von den Studenten doch eher als Hort bürgerlicher Behaglichkeit mit pittoreskem Stadtkern bekannt war.
In Münster angekommen, ging die Fahrt in Richtung Münsterlandhalle und von dort direkt in ein düsteres Industriegelände mit zum Teil äußerst abgewrackten Fabrikgebäuden. Auf dem Gelände einer ehemals international tätigen Baufirma hatten sich in Absprache mit der Konkursverwaltung Künstler, Kleinbetriebe und Klubs niedergelassen, die gegen Miete die Räumlichkeiten nutzen konnten.
Wir steuerten zunächst die Sputnik-Halle an, in der Alternativ-Rock gespielt wurde. Die Techno-Jünger, so wussten es Insider, würden sich erst gegen 1 oder 2 Uhr nachts, manchmal auch später, einfinden. Das Zentrum dieser Musik war das „Fusion “ . In den nebelgeschwängerten und zum Teil sehr dunklen Kellerräumen wiederholte sich das Geschehen, das ich zum ersten Mal in Valencia erlebte. Ich war wiederum begeistert von dieser Freude und Ekstase, die Techno auslösen konnte, und bin es geblieben.
Neben dem „Fusion “ gibt es mit dem „Triptychon “ und der „Favela “ noch zwei weitere Clubs.
Inzwischen hat die Stadt Münster das Gelände erworben. Seit 2004 gibt es den Verein „Erhaltet den Hawerkamp “ , der aktuell unter dem Namen „H 31 e. V. “ das Gelände in Selbstverwaltung bewirtschaftet und weiterentwickelt. Der mit der Stadt Münster geschlossene Überlassungsvertrag gilt bis 2025.
Konzerte, Club-Festivals, Kunstausstellungen, Theater-Aufführungen in der alten Werkshalle B und das jährliche EdH-Festival ziehen tausende Besucher an.
So wie der Hawerkamp ein Ort des öffentlichen Lebens ist, so ist er auch ein Ort der Arbeit. Mehr als 50 bildende Künstler sowie Drucker, Schneider, Fahrrad- und Autoschrauber, Handwerksbetriebe, Klubs und Konzertveranstalter, Architekten, Caterer, soziokulturelle Vereine, probende Bands und Theatergruppen sind auf dem Gelände tätig.