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Tobias Krutz baut in Brandlecht Musikinstrumente
Handarbeit für einen exzellenten
Gut gestimmt sind Geige und Cello ein Vergnügen. In der Brandlechter Werkstatt von Tobias Krutz wird aus Holz ein feines Instrument.
Text und Fotos: S. Austrup
Tobias Krutz hält ein förmiges Holzscheit Hand. Dieses Stück stammt von einer dachin der Holz Fichte aus den hohen Alpen. Beim näheren Hinschauen sind die Jahresringe zu erkennen. Nicht jedes Holz eignet sich dafür, einmal eine Geige oder ein Cello zu werden. Der Geigenund Cellobauer aus Nordhorn erklärt warum und schenkt einen Einblick in die Kunst des Instrumentenbaus.
In seiner Werkstatt in Brandlecht riecht es intensiv nach Holz wie in einem Sägewerk. Auf dem Boden liegen vereinzelte Holzspäne. So müsse das sein bei einem Geigenund Cellobauer, schmunzelt Krutz. An einer langen Stange an der Wand unterhalb der Decke hängen aufgereiht diverse Geigen und Celli. Neben dem Neubau der Instrumente übernimmt der gebürtige Pfälzer auch Reparaturen. Viele stammen von Orchestermusikern, die ihn in seiner zweiten Werkstatt in Düsseldorf aufsuchen. Dort hat Tobias Krutz nach seiner Geigenbaulehre in Bamberg ein Cellostudium absolviert, was die festen Kontakte und den Betrieb in der Rheinstadt erklärt. Von seinem Standort in Nordhorn allein könne die Familie nicht leben, sagt der Vater von zwei Kindern. Krutz hat seine Frau, die aus der Grafschaft stammt, durch die Musik kennen gelernt. Um Arbeit, Familie und Wohnen besser unter einen Hut zu bekommen, hat sich das Paar für die Grafschaft als Lebensort entschieden. Im Herzen von Brandlecht direkt gegenüber der reformierten Kirche hat es das Haus gefunden, in dem der 36-Jährige
„Dass ein altes Instrument besser klingt, ist ein Mythos. Da spielen noch andere Faktoren rein. “
Tobias Krutz
Tobias Krutz ist mit Leib und Seele Geigen- und Cellobauer und studierter Musiker.
Klang
auch seine Werkstatt einrichten konnte. „Wir fühlen uns sehr wohl hier. Für die Kinder ist es optimal“ , verrät er. An zwei Tagen die Woche fährt er nach Düsseldorf, wo er die meisten seiner Aufträge erhält. Einen Großteil seiner Arbeit kann er auch zuhause in seiner Brandlechter Werkstatt erledigen.
Immer wieder sprechen Stargeiger wie David Garrett oder Anne Sophie Mutter darüber, wie einzigartig der Klang ihrer Geige sei. Wie kommt ein guter Klang zustande? Muss es ein altes Instrument von Stradivari sein? Krutz schnappt sich einen Rohling, der einmal eine Geige werden soll. Nein, eine Stradivari müsse es nicht sein. Dass ein altes Instrument besser klinge, sei ein Mythos, da würden noch andere Faktoren reinspielen wie beispielsweise die Wahl des Geigenbogens und das Holz für den Bau des Instruments. „Der Ton ist wichtig, aber auch das Letzte in der Kette “ , stellt Krutz klar, und dass eine neugebaute Meistergeige hochwertig und exzellent im Klang sei.
Erst einmal braucht der Geigenund Cellobauer also das richtige Holz. Das erhält er in einer Holzhandlung, die auf Hölzer für den Instrumentenbau spezialisiert ist. „Das Holz muss lange liegen, manchmal 20 Jahre und länger. Auf jeden Fall sollte es trocken sein “ , holt Krutz aus. Eine Geige müsse leicht und flexibel sein, um zu schwingen. Vorwiegend würde Holz verwendet, welches langsam gewachsen sei. Faktoren wie Faserverlauf sowie enge und senkrechte Jahresringe spielen eine Rolle. Die spezifischen Eigenschaften des Holzes werden beim Bau in der Werkstatt berücksichtigt und den Gegebenheiten angepasst. Außerdem ist der Zeitpunkt des Fällens wichtig. Das soll möglichst im Winter geschehen, dann, wenn der Baum sich im Ruhestadium befindet.
Auch der Mond ist laut Tobias Krutz von Bedeutung. Das habe nichts mit Esoterik zu tun, klärt er auf. Ausschlaggebend sei der Harzfluss im Baum. Der unterliege nicht nur jahreszeitlich bedingt Schwankungen, sondern sei auch mondabhängig. Erfahrene Förster könnten einige Merkmale des Klangholzes bereits am stehenden Baum erkennen. Leider würde die moderne Waldwirtschaft das alles nicht mehr berücksichtigen. Dort seien Effizienz und Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund gerückt, kritisiert der Instrumentenbauer.
Für seine Geigen verwendet Tobias Krutz Fichtenholz, aus dem er die Geigendecke fertigt. Boden, Zarge und Hals werden aus Ahorn hergestellt. Buchenholz eigne sich nicht so gut. „Fichte ist das Klangholz schlechthin, es ist das europäische Holz mit der besten Schallleitwirkung und sehr stabil“ , betont er
und erklärt, dass die harten und weichen Anteile des Holzes die Schwingungen und somit die Klangqualität beeinflussen würden. Fichtenholz verfügt über widersprüchliche Eigenschaften wie Elastizität und Widerstandskraft, was bewirkt, dass die Resonanzdecke schon bei geringem Kraftaufwand in Schwingung gerät.
Der Bau einer Geige beginnt damit, dass ein Stammstück wie ein Kuchen aufgeschnitten wird. Aus jedem Kuchenstück werden zwei symmetrische Stücke gesägt. Krutz zeigt eine noch rohe Geigendecke. Die bearbeitet er innen und außen mit kleinen Wölbungshobeln. Der kleinste hat eine Hobeleisenbreite von fünf Millimetern. Das kleine Werkzeug dient dazu, wie der Name schon sagt, die Wölbung an dem Instrument herauszuarbeiten. Das ist Feinarbeit, die viel Augenmaß erfordert. Um es ein bisschen einfacher zu machen, hat sich Tobias Krutz Wölbungsschablonen angefertigt. In die Geigendecke
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Tobias Krutz
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werden die typischen Schalllöcher eingelassen. Am unteren Ende werden zudem Saitenhalter mit Feinstimmer, Untersattel, Kinnhalter und Endknopf angebracht. Wenn Decke und Boden fertig sind, schneidet Krutz den Adergraben aus. Anschließend legt er den Einlegespan, der das Streichinstrument umrandet und die Geige vor Rissen schützen soll, in die Vertiefung. Mit einem Biegeeisen stellt Tobias Krutz die Zarge her, dabei bildet er die Wölbung von Decke und Boden exakt nach, denn Präzision bei diesem Arbeitsschritt ist für den Klang und die Statik der Geige entscheidend. Innerhalb der Geigendecke wird ein Bassbalken unterhalb der Basssaiten angebracht, der das Instrument stabilisiert und die Schwingungen vom Steg überträgt. Tobias Krutz hält den Rohling einer Schnecke in der Hand. Dieses Stück, das jede Geige und jedes Cello ziert, wird von Hand geschnitzt. Eigentlich sei die Schnecke zu nichts nutze, bemängelt der Geigenbauer. Versuche, die Streichinstrumente zu modernisieren und die Schnecke zu verändern oder wegzulassen, seien bisher gescheitert. „Sie macht das Instrument nur teurer. “ Weil es so gewünscht wird, stattet Krutz Geigen und Celli weiterhin damit aus. Inzwischen setzt Krutz eine computergesteuerte Fräse ein. Was erst mit einem Mehraufwand verbunden war, denn die Befehle zur Steuerung hat er selbst programmiert. Sobald alle Teile zusammengebaut sind, wird die Geige lackiert.
400 Stunden für ein handgefertigtes Cello
Seit Anno 1600 sei der Geigenbau nahezu unverändert, berichtet der Geigen- und Cellobauer, der sich durchaus einige Innovationen
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HERBSTKIRMES 15. - 18. 10. 2021
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Freitag: Familientag +++ Sonntag: verkaufsoffen 13 - 18 Uhr Emstorplatz +++ Innenstadt +++ Elisabethplatz
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unterstützt durch: Veranstalter:
Blick in die Werkstatt in Brandlecht.
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vorstellen könnte. Doch die klassische Musikszene sei da sehr konservativ, bedauert er. In einer handgefertigten Geige stecken rund 200 Arbeitsstunden, in einem Cello die doppelte Anzahl von Stunden. Was sich im Preis widerspiegelt. Eine handgearbeitete Geige kostet bei Krutz zwischen 10.000 und 15.000 Euro, für ein Cello müssen zwischen 15.000 und 30.000 Euro angelegt werden. Da nicht alle Kunden so viel berappen können oder möchten, kauft Krutz günstigere Instrumente zu. Womit er nicht so ganz glücklich ist, denn die billigere Ware hat ihre Haken. China habe den Markt kaputt gemacht, klagt er. Da würden die fehlenden Sozialnebenkosten durchschlagen, während man bei uns oft akzeptiere, dass dort viele Güter ohne den sozialen Rückhalt hergestellt würden. Ein weiteres Manko der billig produzierten Instrumente ist außerdem, dass sie nur schwer bis gar nicht repariert werden können. In China verwendet man zum Kleben der Holzteile Weißleim, der sich kaum wieder lösen lässt. „Wenn, dann muss aufwendig ein ganzes Holzteil ausgetauscht werden, was sehr schwierig ist“ , weiß Krutz, der selber Knochenleim verwendet. Der trocknet glasklar und ist von großer Festigkeit, kann jedoch problemlos wieder geöffnet werden.
Einen Tag benötigt Krutz, um Geige oder Cello spielbereit zu machen. Dabei arbeitet er nach Gehör. In Verbindung mit physikalischem Verständnis, betont er. Stimmstock und Bassbalken, die sich im Resonanzkörper der Geige befinden, haben maßgeblich Anteil am Klang des Instruments. „Rücke ich den Stimmstock weiter in die Mitte, wird der Klang weicher. Am Rand angebracht, bewirkt er einen härteren Klang “ , erklärt der Fachmann. Weitere Möglichkeiten den Klang zu beeinflussen bestehen in einer Optimierung von Stimme und Steg, die Wahl der Besaitung und die Änderung der Henkelsaite, was Material und Länge angeht. „Doch die beste Grundlage ist bleibt ein gut gebautes Instrument“ , unterstreicht Tobias Krutz.