S e g elschulschiff Gorch Fo c k Bordkameradschaft ehem. Stammbesatzung
Das Gorch-Fock-Magazin • Ausgabe 7 • Januar 2012
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SPÜRST DU IMMER NOCH DAS ALTE LEBEN? Fühlst du das sanfte wiegen unter deinen Füßen? Spürst du den Wind in deinem Haar?
Hörst du das Schreien der Möwen, die dich grüßen? Weißt du noch, wie es damals war?
Bist du noch berührt vom rauschen der Wogen? Geht das Pfeifen des Windes in der Takelage dir immer noch durch Mark und Bein?
Weißt du noch, wie wir durch die Meere zogen? Wünscht sich dein Herz,
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es möge noch immer so sein?
Singst du in Gedanken die Shanties mit deinen alten Kameraden?
Enterst mit ihnen auf – hoch auf die Rah?
Siehst du sie immer noch, wie sie einmal um dich waren? Und sagt dir dein Herz, wie schön es damals war? Kommen und gehen deine Gedanken – ganz wie der Strom der See?
Und wird mit dem Salz in deinen Adern
dein Herz immer noch von der Ferne gelockt?
Hast du es nicht vergessen, das Leben unter weißen Segeln? Und tut die Sehnsucht immer noch weh?
Ja, sie ist geblieben, die Sehnsucht nach dem alten Leben. Und die Sehnsucht nach „Gorch Fock“.
Volker Sturmat
Vorwort
Inhalt Vorwort 3 Jahresrückblick 4 Crewchef Peter Jacobs resümiert
Treffen in Wilhelmshaven Erlebnisbericht und Ablauf der Versammlung
Gorch-Fock-Kalender 2012
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Rund um Kap Hoorn
25 Jahre Kameradschaft
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Ein Rückblick von „Klein-Refü“
Nachruf Ulrich Hühne
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„Dr. Uli“ ging auf die letzte Reise
In Andenken an den „ALTEN“ 33 KzS Peter Lohmeyer wäre 100 geworden
100 Jahre PASSAT
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Windjammer- Festival in Lübeck
Auf großer Fahrt
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Bericht von Lothar-Günther Buchheim
Kieler Woche 2011
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Großereignis ohne „Gorch Fock“
EAGLE besucht Hamburg
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Michael Brzoza organisiert Veteranentreffen
Meine Zeit auf GORCH FOCK 53 Helmut Berthold Schwarz (Blacky) Hans-Jürgen Günther
Kleine Rahsegelkunde
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Nicht nur für „Sehleute“
Taufe bei Kaiserwetter
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Alexander von Humboldt II
Boot und Fun in Berlin
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Bordkameradschaft am DMB-Stand
Offener Brief der Besatzung
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Alleine gelassen am Ende der Welt
Kapitän zur See Helge Risch
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Neuer Kommandant der GORCH FOCK
Zum Jahreswechsel
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Tagesbefehl des Inspekteurs der Marine
Ausflug nach Kalifornien Treffen zur Kieler Woche 2012
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m Ende der Welt, vor gut einem Jahr, war nach „Rund um Kap Hoorn“ rund um die Gorch Fock plötzlich nichts mehr, wie es einmal war. Die mehr als 50jährige Erfolgsgeschichte des „Botschafter Deutschlands“ zählte nicht mehr, weil aus dem „Weißen Schwan der Ostsee“ durch einseitige Medienberichte ein „Folterschiff“ wurde.
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er Wehrbeauftragte muss sich fragen lassen, wie ein interner Bericht auf dem Weg von seinem Büro an den parlamentarischen Verteidigungsausschuss an die Presse gelangen konnte.
arum mussten am 18. Januar 2011 in einem drei Seiten umfassenden Papier des Herrn Königshaus in dicken Zwischentiteln „Vorwurf der Meuterei von Offizieranwärtern“ oder „Sexuelle Belästigung eines Offizieranwärters“ eingebaut werden? Hätte der Bericht zu diesem Zeitpunkt nicht auch durchaus etwas wertfreier verfasst und nur an den Minister und Inspekteur gerichtet werden können? Es aber in dieser Form direkt an die Parlamentarier durchzureichen, war wie eine Veröffentlichung. Das passiert keinem erfahrenen Politiker versehentlich und auch Naivität mag ich hier nicht unterstellen.
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inige Tage später, am 24. Januar 2011, wurde ein zweiter Brief verfasst und mit deutlich relativierendem Inhalt hinterher gereicht. Die erste „schnelle“ Information hatte da jedoch schon mit Hilfe der Medien Tatsachen geschaffen und Herr Königshaus zu diesem Zeitpunkt die Marine schon demontiert. Daran führt auch das Statement des Wehrbeauftragten nicht vorbei.
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iele Stimmen der Crew VII/2010 sagen, dass bei der Anhörung in Mürwick die positiven Äußerungen zur GORCH FOCK nicht aufgenommen wurden. Ebenso wenig zählten die beinahe einhunder Schilderungen persönlicher Erlebnisse von Mitgliedern der Bordkameradschaft, die an den Wehrbeauftragten eingereicht wurden.
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hne Anhörung der beschuldigten Besatzung wurde der Kommandant zu seinem eigenen Schutz nach Deutschland abberufen und kehrte später, nachdem das Schiff zurück in Deutschland war, auf eigenen Wunsch nicht mehr auf den Kommandoposten zurück. Die große Solidarität der Stammbesatzung zum Schiff und zum Kommandanten wurde mit einem Foto dokumentiert, welches durch die gesamte Presse ging (Seite 66).
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apitän zur See Helge Risch wird ab der Wiederaufnahme des Ausbildungsbetriebs im August 2012 neuer Kommandant der GORCH FOCK. Die ersten Kontakte zum zukünftigen Kommandanten können uns zuversichtlich in die Zukunft schauen lassen. Kapitän Risch freut sich schon jetzt „auf künftige Gelegenheiten einer intensiven Zusammenarbeit und wünscht der Bordkameradschaft ein erfolgreiches Jahr 2012“. Kapitän Risch wird ein Schiff mit einer großartigen Besatzung übernehmen und kann sich der Loyalität der Angehörigen und der Ehemaligen sicher sein. Kapitän zur See Norbert Schatz durfte ich Anfang diesen Jahres als neuestes Mitglied der Bordkameradschaft begrüßen. Bei der Lektüre dieser Jubiläumsausgabe wünsche ich viel Vergnügen.
Impressum Redaktion
Hermann Dirkes • Steinbach 14 • 37581 Bad Gandersheim • Telefon (0 53 82) 95 82 91 • Info@gorchfock.de Foto: Hermann Dirkes
Verehrte Leserinnen und Leser, liebe Kameraden der Bordkameradschaft!
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Redaktionsteam Das Redaktionsteam besteht aus den Kameraden Peter Schiweck, Hajo Strotkamp, Raimond Ramolla, Michael Brzoza sowie den Vorstandsmitgliedern. Wenn sich jemand berufen fühlt, im Redaktionsteam mit zu arbeiten, ist er dazu herzlich eingeladen. Spendenkonto
BK „Gorch Fock“ • Guido Oeltermann • Konto Nr. 151 99 74 • BLZ 460 512 40 • Sparkasse Burbach-Neuenkirchen BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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Peter Jacobs
Ja h re sr ückblick Jetzt zu unserem Treffen in Wilhelmshaven am 20.05. - 22.05.2011. Es hätten vielleicht etwas mehr Teilnehmer sein können. Wir hatten ein Superwetter und nach Aussagen der Teilnehmer ein gutes Programm, vor allem der Besuch auf der Fregatte Hamburg war ein Höhepunkt. Am Samstagabend wurden einige Beschlüsse gefasst und Satzungsänderungen beschlossen. Die Abhandlung der Tagesordnungspunkte werden beim nächsten Treffen 2012 auf den Freitagabend vorverlegt. Dieses Treffen wird in Schöneberg bei Kiel stattfinden. Näheres erfahrt Ihr vom Schriftführer. Ich hoffe auf rege Beteiligung!
Liebe Kameradinnen und Kameraden, das Jahr 2011 geht langsam dem Ende entgegen, Zeit einen Rückblick zu halten. Das erste halbe Jahr war ereignisreich, leider mit einem traurigen Ereignis. Nach dem Tod von Sandra Seele ist unser S.S.S. Gorch Fock in die negativen Schlagzeilen geraten und mit ihr der Kommandant Kpt. z. See. Norbert Schatz und seine Besatzung. Es war eine Schlammschlacht der übelsten Art, initiiert von einigen Weicheiern (O.A.), dem Wehrbeauftragten, dem ehemaligen Verteidigungsminister, der sich leider nicht mit Ruhm bekleckert und sich dann über die einschlägig bekannten „Presseblättchen“ geäußert hat. Die Fernsehsender waren auch nicht gerade auf Seiten der Gorch Fock. Der Marineführung kann ich leider ebenfalls kein gutes Zeugnis ausstellen, denn sie hätte sich mehr für ihre „Gorch Fock“ einsetzen und sie mehr gegenüber der Presse, dem Fernsehen und der Politik verteidigen müssen. Eins macht mich sehr traurig. Nachdem festgestellt worden ist, dass die Anschuldigungen gegen den Kommandanten und die Besatzung der „Gorch Fock“ zum überwiegenden Teil nicht haltbar waren, hat keiner der sogenannten Ankläger es für nötig gehalten, sich öffentlich bei dem Kmdt. und seiner Besatzung zu entschuldigen.
Schon jetzt kann ich sagen, der DMB hat auf der A.O.-Tagung in Freiburg im Breisgau am 22.10.2011, an der ich teilgenommen habe, beschlossen das Scheerhaus samt Gastronomie zu erweitern. Wann das geschieht steht noch nicht fest, aber so bald wie möglich. Wir könnten dann auch dort unser Treffen veranstalten. Für unsere DMB.-Kameraden habe ich wieder an zwei Landesverbandstagungen und der A.O.-Tagung in Freiburg im Breisgau teilgenommen. Die M.V. Freiburg hatte 100-jähriges Bestehen. Die Beschlüsse und Ergebnisse der Anträge an den DMB werden wieder in der „Leinen los“ veröffentlicht. An sechs Mittwochnachmittagen im Juli und August habe ich wieder mit anderen Marinekameradschaften Werbung für den DMB in der 4. Einfahrt gemacht. Nun möchte ich meinen Rückblick schließen. Euch und Euren Familien wünsche ich ein frhes neues Jahr 2012. Allen Kranken wünsche ich gute Besserung. Den Angehörigen der Bundeswehr und der Deutschen Marine mit Ihren Familienmitgliedern möchten wir, die Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung Gorch Fock ebenfalls ein frohes neuee Jahre wünschen. In diese Wünsche schließen wir alle im Ausland befindlichen Soldaten ein. Mit kameradschaftlichen Grüßen Peter Jacobs
Geschichten aus der U-Messe Es muss die 45. oder 46. AAR gewesen sein. Vor der Reise bekamen wir Nachersatz für das U-Deck. Unter anderem befand sich einer der ersten Maate als Durchläufer darunter. Er hatte die theoretische Ausbildung durchlaufen. Es fehlte ihm lediglich die Praxis. Als äußeres Zeichen dazu trug er schwarze Schulterklappen und das Fachrichtungsabzeichen. Er hatte bei uns sofort seinen Spitznamen weg: „Standortpfarrer“ Irgendjemand aus dem U-Deck hatte ihm nun klargemacht, dass er während der anstehenden Reise am ersten Sonntag auf See, in der U-Messe vor allen wachfreien Maaten einen „Gottesdienst“ abhalten müsse. Der Sonntag kam und für den „Gottesdienst“ wurde nach dem Reinschiff und der Ronde auf der Gründerback in der Messe ein Altar hergerichtet. Dazu wurde eine leere Kiste Bier mit Alu-Folie aufgehübscht , ein sauberes Geschirrtuch als Läufer darüber gelegt, eine aufgeschlagene Bibel und zwei Kerzen rundeten das Bild ab. Bis auf die Wache waren alle Maate versammelt und harrten der Dinge, die dann folgen sollten. Pünktlich um 10:00 Uhr ging das Schott zur Messe auf und unser „Pfarrer“ betrat im dicken Wintermantel die Messe. Er schritt in Richtung „Altar“ und wollte gerade beginnen, als es am Schott klopfte und kurz darauf stand unser IO Immo von Schnurbein in der Messe. Ich machte meine Meldung, dass sich die Maate zum „Gottesdienst“ in der Messe versammelt hätten. Er fragte, ob ich was dagegen hätte, wenn er daran teilnähme. Nachdem der IO Platz genommen hatte, begann der „Gottesdienst“. Dass wir uns alle in dem Moment sehr bescheiden gefühlt haben und nicht wussten, wie wir aus der Nummer wieder raus kommen, dürfte wohl jedem klar sein. Nach einer kurzen Predigt und dem „Vater unser“ war nach gut einer ½ Stunde alles vorbei. Der IO bat danach ums Wort und gab ein kurzes Statement ab. Inhaltlich gut, rhetorisch müsse noch dran gearbeitet werden. Was er ihm aber hoch anrechne und seines Wissens noch keiner vor ihm geschafft habe, sei die Tatsache, die Maate gemeinsam zum Beten gebracht zu haben. Bedankte sich, wünschte einen schönen Sonntag und verschwand. Wir haben bis heute nicht erfahren, wer uns da verpfiffen hat.
Hajo Strotkamp
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BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
Treffen der Bordkameradschaft 2011 in Wilhelmshaven. Ein Erlebnisbericht von Raimond Ramolla Anreise und 1. Tag Es war mal wieder so weit. Unser diesjähriges Treffen der Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung Gorch Fock sollte in Wilhelmshaven stattfinden. Ich freute mich schon sehr darauf. Mit meinen Kameraden Hermann Dirkes, Udo Roth und Heinz Schlaback hatte ich auch schon Kontakt aufgenommen. Sie wollten auch alle kommen. Lediglich Peter Schiweck mit seiner Hanne schwächelten ein wenig. Beide fielen wegen Krankheit aus. Für den Freitag hatte ich mir Urlaub genommen. Das Jahr war schon stressig genug. Jetzt wollte ich im Kreise meiner Kameraden ohne Hektik und Alltag ein schönes Wochenende verbringen. Ich hoffte, dass es mir gelingen möge. Die Anfahrt verlief ohne Zwischenfälle. Auf den ziemlich langweiligen Kilometern zwischen Köln und Wilhelmshaven ließ ich noch mal das letzte Treffen Revue passieren. War das schon so lange her? Letztes Jahr das „kleine Treffen“ auf der Sail in Bremerhaven, davor in Mainz. Wie war das noch mal? Zum Glück hatte ich meine Silvia dabei. Manche Sachen kriegt man allein dann doch nicht so zusammen. Aber irgendwie haben wir alles geordnet und uns auch an fast alles erinnert. Ich fühlte mich gut und freute mich und war bereit für das bevorstehende Ereignis.
Wir trafen bei schönstem Kaiserwetter in Wilhelmshaven ein. Die „ARCONA“ war schnell am Bontekai im großen Hafen gefunden und unser Auto auf reichlich Parkplatz vor dem Schiff festgemacht. Gebaut wurde die „ARCONA“ 1943 auf der Werft Christof Ruthoff in Mainz-Kastell (Ort des Gorch-Fock Bordkameradschaftstreffens im Jahr 2009) und noch im gleichen Jahr von der Kriegsmarine in Dienst gestellt. Sie bot 81 Marinern eine Unterkunft und hatte eine Stammbesatzung von sieben Mann. Heimathafen und Liegeplätze im Krieg sind nicht dokumentiert. Im Jahr
1958 begann die Zeit bei der Bundesmarine – bis 1982. Während der langen Zeit in Kiel erhielt das Wohnschiff seinen heutigen Namen „ARCONA“. Heute gehört die „ARCONA“ der „Marinekameradschaft Wilhelmshaven von 1894 e.V.“. Eingebettet in die Museumsmeile Wilhelmshaven vermietet die Marinekameradschaft die Kammern des Wohnschiffes an Touristen. Als wir an Bord der „ARCONA“ gingen, erwartete uns bereits unser Crew-Chef Peter Jacobs. Natürlich hatte er mal wieder alles bereits gefechtsmäßig vorbereitet. Unsere Kammer, zu uns passend mit dem Namen Köln, war klein, einfach, aber mit allem Notwendigen ausgestattet. Und sie war sauber. Auch die Toilette und die Dusche auf dem Gang waren sauber. Die neben uns befindliche Messe hatte ausreichend Sitzgelegenheiten, einen Fernseher und einen Kühlschrank mit Getränken. – Einfacher Standard, aber seemännisch korrekt. Ich fühlte mich sogleich wohl. Meine Frau meckerte auch nicht rum und so konnten wir die gerade eingetroffenen Ursel und Udo freudig begrüßen und in die Arme schließen. Nachdem auch sie eingecheckt hatten, begaben wir uns erst einmal auf das achteraus zu erreichende, obenauf gelegene Promenadendeck. Nach ein wenig Klönschnack beschlossen wir, die nahegelegene Fußgängerzone zu erBORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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kunden und im Besonderen, Rotwein zu besorgen. Den gab es augenscheinlich nicht auf der ARCONA. Der Rotwein ist so meine Leidenschaft. Dem Bier hatte ich seit einigen Jahren abgeschworen. Also, runter vom Schiff und Landgang. Wie der Klabautermann das so will, treffen wir dort den Kameraden Heinz Schlaback mit seiner Familie. Die Wiedersehensfreude war groß. Bei einer Tasse Kaffe und einem ordentlichen Stück Torte verbrachten wir dann einige Zeit im Kaffeehaus um die Ecke und hatten uns auch allerhand zu erzählen. Den Wein besorgten wir dann anschließend. Wieder rein zufällig, hatte ein süddeutscher Winzer in der Einkaufszone einen Stand für eine Weinprobe aufgebaut. Dort haben wir uns erst einmal ordentlich durchprobiert. Am Ende haben wir dann eine ganze Kiste köstlichen Rotweines mitgenommen. Der Abend war gerettet. Wieder zurück auf der ARCONA trafen wir dann noch Hermann und noch eine ganze Reihe bereits bekannter Kameraden mit ihren Frauen. Aber auch viele neue Gesichter. Danach wollten wir Essen gehen; eine Grundlage schaffen für das bevorstehende Treffen am Abend. So genossen wir auf der Uferpromenade vor Heinz „Grand Hotel“ den Nachmittag bei einer Kleinigkeit nordseekulinarischer Köstlichkeiten und erfreuten uns an der bilderbuchmäßigen, in der Sonne liegenden Jade. Wieder zurück auf der ARCONA legten wir uns noch eine Weile im Bock ab und machten uns dann anschließend für den bevorstehenden Umtrunk fertig. Er fand im Unterdeck der ARCONA statt. Das Unterdeck war über einen ähnlichen Niedergang zu erreichen, wie man das Ausbildungsdeck auf unserer Gorch Fock erreichte. Im Gegensatz zum Ausbildungsdeck war dieses Unterdeck mit Backen und Bänken eingerichtet. Wie eine übergroße Messe. Auch eine Theke gab es. Die Bedienung dahinter war eigens für uns angeheu-
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BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
ert worden. Doch bevor ich nach dorthin niederenterte, viel mir ein unten stehender Kamerad auf, den ich sofort wiedererkannte. Der „Vitow“. Der war damals Nav-Gast auf der Brücke. Lange habe ich nichts von ihm gehört. Bei unserem ersten Treffen vor Jahren hatten wir ihn mal aus unserem Kreis heraus angerufen. Da ist er schier aus allen Wolken gefallen und hatte sich riesig gefreut, von uns etwas zu hören. Damals versprach er, auch zu uns zu stoßen. Nun war es so weit. Als ich ihn herzlich begrüßte, konnte er mich erst mal nicht so richtig zuordnen. „Entschuldige mal bitte“, sagte er nach geraumer Zeit, „ich kann mich nicht so richtig an Dich erinnern, wie war noch Dein Name?“. Nachdem ich mich anschließend ordnungsgemäß vorgestellt hatte war ihm plötzlich alles sonnenklar. Und so verbrachten wir einen wunderschönen gemeinsamen Abend im Kreise aller Kameraden. Anzumerken sei noch, dass selbst nach Zapfenstreich manche Kameraden nicht voneinander lassen konnten. Bis weit nach Mitternacht wurde noch in der oben liegenden Messe weiter getagt, geklönschnackt und gelacht. Ich weiß das so genau, weil ich meine Kabine direkt neben der Messe hatte. Hab aber trotzdem gut geschlafen.
Samstags-Ausflüge Der darauf folgende Samstag sollte den Ausflügen gehören. Geplant waren ein kurzer Turn mit der „Nordwind“ auf der Jade, entlang der Ostküste Ostfrieslands in Richtung Mellum und eine Besichtigungstour auf der Fregatte „Hamburg“. Beide Ausflüge starteten im Marinestützpunkt Wilhelmshaven. Dorthin gelangten wir nach einem reichhaltigen Frühstück mit Bussen, die uns reibungslos von der ARCONA an der Pier neben der Endraßstraße, die sich mitten im Marinestützpunkt befand, absetzten. Wir waren in
zwei Gruppen eingeteilt. Die eine begann mit dem Turn auf der „Nordwind“, die zweite mit der Besichtigungstour auf der Fregatte „Hamburg“. Ich gehörte zur Gruppe, die mit dem Turn beginnen sollte. Als wir letztendlich nach einigem „Hick-Hack“ den „wahren“ Anlegeplatz der „Nordwind“ erreichten, galt es erstmal, aus einem bereitstehenden PKW „Proviant zu bunkern“. Wir sollten schließlich auf See mit einer zünftigen Erbsensuppe und Brötchen verköstigt werden. Auch Bier durfte nicht fehlen. Ich konnte mir beim besten Willen die umständlichen Versuche unseres „Proviantmeisters“, die Sachen an Bord zu transportieren, nicht mit ansehen. So nahm ich mich als ehemals ordentlicher Maat der Sache an. „Reihe bilden zur Proviantaufnahme“ rief ich einfach so aus. Ohne viel Heck-Meck oder Nachfragen standen die Kameraden wie von Geisterhand bereit und ratze-fatze waren die Lebensmittel von Hand zu Hand an Bord verbracht. Da guckte die Besatzung der „Nordwind“ nicht schlecht. Gelernt ist eben gelernt. Alle Mann an Bord. Kurzes Ablegemanöver und wir waren unterwegs. Die „Nordwind“ ist das ehemalige Seemannschaftsschulboot der Deutschen Marine. Es unterstand zuletzt der Marineschule Mürwik. Generationen von Offizieranwärtern haben auf ihm erste Kontakte zum nassen Element geknüpft. Schiffbaulich ist die „Nordwind“ ein modifizierter „Kriegsfischkutter“ (KFK), der unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Ketsch fertig gestellt worden ist und von der Deutschen Marine von 1956 bis 2006 in Dienst gehalten wurde. Damit zählt die „Nordwind“ zu den Einheiten mit der längsten Fahrenszeit der Deutschen Marine. Die „Nordwind“ wurde im November 2008 vom Deutschen Marinemuseum mit Hilfe seiner Freunde, Förderer und Sponsoren erworben und anschließend wieder in Fahrt gebracht. Sie
der Deutschen Marine. Ihre Hauptaufgabe ist die Bekämpfung von Flugzeugen und anderen Luftzielen zum Schutz von Marineverbänden und verbündeten Kräften an Land. Dafür ist sie mit sehr leistungsfähigen Radargeräten und weitreichenden Flugkörpern ausgerüstet. Sie kann auch als Flaggschiff für den Kommandeur eines Kriegsschiffverbandes dienen. Im Oktober 2010 wurde die Fregatte Hamburg als erstes Schiff ihrer Klasse zur EU-geführten Anti-Piraterie-Mission ATALANTA abgestellt. Bei einer Verdrängung von 5600 t ist sie ca. 143 m lang, ca. 17 m breit und hat einen Tiefgang von ca. 5 m. Wahlweise Gasturbinen oder Dieselmotoren bringen die „Hamburg“ auf eine Geschwindigkeit von ca. 29 Knoten. Sie kann ihre 255 Besatzungsmitglieder rd. 21 Tage ohne Fremdversorgung einsatzfähig halten. Neben der Möglichkeit, einen Bordhubschrauber mitzuführen, verfügt die „Hamburg“ unter Anderem über Flugabwehrraketenstarter, Rolling Airframe Missiles, Torpedorohre, Seezielflugkörper und zwei 27 mm Geschütze. Auf letztgenannte komme ich später noch zurück. hat Platz für 35 Gäste auf Tagesfahrten und 10 Gäste auf Langfahrten. Sie verfügt über 8 feste Kojen und 2 kombinierte Sitz/ Schlafplätze. An Deck hielt sie ausreichend Platz für uns vor, um zu dösen, zu schnacken oder auch ein kleines Nickerchen zu halten. Unter Deck konnte man das natürlich auch. Das Wetter war klasse. Nur bei der Erbsensuppe war ich mir nicht so ganz sicher, ob es nicht doch eine Würstchensuppe mit Erbsenbeilage war. Abgekürztes Resumee frei nach „Dalli Dalli“: „Das war Spitze!“. Wieder zurück am Ausgangspunkt ging es sofort weiter. Die schon bereitstehende
Gruppe gab uns den Tipp, vor der weiteren Besichtigungstour doch noch die Toilette aufzusuchen. Die folgende Tour sei so straff, hieß es, da bliebe an Bord keine Zeit dafür. Wir nahmen den Tipp ernst und erledigten das auf dem weitläufigen Fußmarsch entlang der Endraßstraße, über die beiden Schleusen vom Nordhafen zur Jade, bis zur Ostmole, wo die „Hamburg“ querab achteraus parallel zum Wenigerring lag. Die Fregatte „Hamburg“ ist ein stattliches Schiff. Sie wurde von 2000 bis 2004 in Kiel bei HDW gebaut und am 13. Dezember 2004 als zweites Schiff der SachsenKlasse in Dienst gestellt. Sie gehört zum 2. Fregattengeschwader der Einsatzflottille 2
Die Führung begann auf dem Achterdeck. Nach einer kurzen Ansprache durch den wachhabenden Offizier übernahm ein Obermaat. Er zeigte uns das gesamte Schiff. Vom Oberdeck bis in die kleinsten verwinkelten Ecken im Innenbereich. Das Schiff erwies sich bei seiner Begehung als sehr geräumig, ja fast wohnlich. Ich hätte es mal gern unter voller Besatzung erlebt. Besonders faszinierend fand ich die beiden bereits oben genannten Geschütze, die sich in der Nähe der Brücke an back- und steuerbord ungefähr mittschiffs befanden. Bei unserer Besichtigung der Operationszentrale (fast wie im Raumschiff Enterprise) fielen mir zwei seitwärts gelegene MonitorArbeitsplätze auf, die mit einem Schaltpult
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reiches Ende. Rein in den Bus, zurück zur ARCONA. - Show must go on - .
Bordfest im Gorch Fock Haus
und Joy-Stick ausgerüstet waren. Unser Obermaat erklärte dazu, dass sie der Steuerung der beiden Geschütze dienten. Weiter erklärte er, dass die beiden Geschütze mit ihren 27 mm Geschossen jeweils eine Kadenz von 2 500 hätten. Ich weiß noch aus meiner Marine-Zeit, was das bedeutet: 2 mal 500 Schuss pro Minute. – Faszinierend. Flugs stellte ich mir vor, wie das wohl sein könnte, wenn die „Hamburg“ bei ihrer letzten ATALANTA-Mission auf Piraten gestoßen wäre. Da wollte ich wohl kein Pirat sein, der sich mit dem Pott anlegt. Nachdem wir die Ronde auf dem Schiff erfolgreich beendeten, erkundigte sich der wachhabende Offizier, wie es mir denn so gefallen hätte. Ich war voller Lob für das Schiff, dem einwandfreien Zustand und der fachtechnischen Führung durch unseren Obermaat. Abschließend legte ich ihm ans Herz, dass es nun nur noch seine und die Aufgabe der Schiffsleitung sei, die Besatzung zu motivieren und bei guter Laune zu halten. Er sicherte mir zu, ich brauche mir in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen. Dabei erwähnte er die bereits laufenden Vorbereitungen zu einer gemeinsamen Grillfeier am Abend auf dem Achterdeck. „Well done“, sagte ich, „weiter so!“. So nahm unser Besuch im Marinestützpunkt Wilhelmshaven ein erfolg-
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BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
Nachdem wir uns wieder ein wenig ausgeruht hatten, ging es weiter zu unserem Bordfest. Das sollte in diesem Jahr im fußläufig von der ARCONA zu erreichenden GorchFock-Haus stattfinden. Das GorchFock-Haus ist Soldatenheim und ein modernes Tagungs-Hotel mit Restaurant und verschiedenen Tagungsräumen. Die Kameraden bereiteten sich unterschiedlich auf das bevorstehende Ereignis vor. So wählten manche die bevorzugte „Erste Geige“, einige entschieden sich für das weitverbreitete Polo-Shirt mit der Bordkameradschafts-Stickerei und andere für sonstige Freizeitkleidung. Bunt gemischt und doch unverwechselbar maritim. Der große Saal, in dem unser Bordfest ausgetragen wurde, hatte ein Fassungsvermögen von rd. 500 Personen. Am Kopfende befand sich eine ca. 8 x 10 m große Bühne. Angesichts des vornehmen Ambientes des Saals bekam dann doch der Eine oder Andere das plötzliche Gefühl, „underdressed“ zu sein. Diejenigen, die in „erster Geige“ kamen, waren eindeutig im Vorteil. Aber das tat dem Gesamtbild, der Stimmung und der guten Laune keinen Abbruch. Die moderne Sprachübermittlung ermöglichte eine informative Mitgliederversammlung. Immer wieder kam es zu Diskussionen, die mit angemessener RedeDisziplin geführt wurden. Dabei meldete sich „Jung“ und „Alt“ zu Wort. Es wurde über verschiedenen Themen debattiert. Auch wurde ein neuer 2. Crew-Chef gewählt. Die Wahl fiel bei zwei vorgeschla-
genen Kameraden, zu denen auch ich gehörte, auf den Kameraden Reinhard Claves. Ich selbst stellte mich sodann als Kassenprüfer in die Pflicht unserer Kameradschaft. Die vielfältigen Redebeiträge der alten und der jungen Kameraden, das große Interesse an der Wahl des 2. Crewchefs und der harmonische Verlauf des gesamten Bordfestes führten zu einer besonderen, fast schon familiären Atmosphäre. Ich bin mir sicher, dass ein jeder Teilnehmer auch nach den Wermutstropfen der vergangenen öffentlichen Berichterstattungen über unser Schiff dort ein wenig stolz auf unsere Bordkameradschaft war und auch sein konnte. Die Mitgliederversammlung wurde durch die Eröffnung des Buffets unterbrochen. Es gab reichlichen Gaumenschmaus. Neben einer „warmen Platte“ mit unterschiedlichen Braten und Gemüsebeilagen gab es auch eine Tafel mit kalten Speisen, eine mit Käse, eine mit Fisch und ein Nachtisch-Buffet. – Unglaublich – ich habe von Allem probiert! Ein wenig unwohl fühlte ich mich bei der ständigen Präsenz des Bedienpersonals. In kurzen Abständen wurde ich gefragt, wie auch alle anderen Teilnehmer, ob Getränke nachgeschenkt oder neue Getränke serviert werden sollten. Ich befürchtete schon Unmengen an Getränkekosten auf mich zukommen. Aber, welch ein Glück, die Crew-Leitung hat mal wieder alles vortrefflich organisiert: Flatrate hieß das Zauberwort. Essen und Trinken, soviel wir wollten, für gerade mal 45 Euro pro Person. Hier nochmals meinen Dank an die Organisatoren. Zu späterer Stunde trug uns der Wilhelmshavener Shanty-Chor seine Darbietungen vor. Dabei sang manch einer von uns aus vollem Herzen mit. Der Abend klang harmonisch aus. Die letzten, zu denen auch ich gehörte, verließen nach Mitternacht den Saal. Am anschließenden Morgen war nach dem Frühstück die Heimreise angesagt. Wir verabschiedeten uns voneinander und versprachen, uns möglichst bald wiederzusehen.
Mit kameradschaftlichem Gruß Raimond Ramolla
Treffen der Bordkameradschaft 2011 in Wilhelmshaven. Ablauf der Versammlung von Hermann Dirkes Kurz nach 18.30 Uhr, nachdem sich alle Kameraden im Gorch-Fock-Haus versammelt und die Tagesordnung der Versammlung vor sich liegen hatten, begrüßte der 1. Crewchef Peter Jacobs die Anwesenden, bedankte sich für das zahlreiche Erscheinen und eröffnete die Versammlung. Die ordnungsgemäße Ladung und die Beschlussfähigkeit wurde festgestellt und die Tagesordnung wurde ohne Ergänzungen genehmigt. Im Anschluss daran nahm die Versammlung den Bericht des Crewchefs entgegen, der über seine vielfältige Tätigkeit, auch für den DMB, für die Kameradschaft berichtete.
Bericht Kassenwart
Spender. Nicht jedes Mitglied hat bislang gespendet!!! Möglichkeit: Dauerauftrag einrichten, monatlich, vierteljährlich oder auch halbjährlich und jährlich. (Beispiel: Ein Kamerad zahlt regelmäßig 10,00 EUR pro Monat). Unser Ziel: 50,00 EUR p. a. Ausgaben seit 2009 Schriftführer Hermann Dirkes 2.500,00 EUR für Bordmagazine, Porto, Versandtaschen, Papier, Tinte, ect. Chrewchef Peter Jacobs 500,00 EUR Geburtstagskarten, Kondolenzkarten, Porto Fazit: Unsere Bordkasse steht auf einem soliden Fundament. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn sich alle durch Spenden am Erfolg beteiligen! Der Kassenbericht kann hier eingesehen werden: www.gorchfock.de/BK/Bericht_ Kassenwart_2011.ppt
Bericht Schriftführer
Es folgte ebenfalls als PowerPoint-Präsentation ein ausführlicher Bericht des Schriftführers Hermann Dirkes. Die Präsentation beinhaltete einen Rückblick auf die vergangenen zwei Jahre, einen Rückblick „Gorch Fock“, die Mitgliederentwicklung und -zahlen, die Aktivitäten in der Bordkameradschaft sowie eine Vorschau auf zukünftige Ereignisse.
Kassenwart, Guido Oeltermann, der aus terminlichen Gründen nicht anwesend sein konnte, hatte vorab seinen Bericht als PowerPoint-Präsentation an den Schriftführer geschickt, der diesen nun vorführte und damit einen kurzen Überblick über die aktuelle Kassenlage verschaffte. Der Kassenverlauf 31.12.2009 - 3.622,73 EUR 31.12.2010 - 7.357,36 EUR 17.05.2011 - 9.648,26 EUR Einnahmen durch Spenden Die Höhe der Spenden liegt zwischen10,00 EUR und 200,00 EUR p.a. je
Unter den Aktivitäten der Kameradschaft wurden ein kleines spontanes Treffen im Januar 2010 in der Forstbaumschule Kiel genannt, der Besuch im Internationalen Maritimen Museum Hamburg, ein Treffen der Klaus-Schmidt-Freunde in Hamburg, der Besuch auf der Eagle und ein Treffen alter „Gorch Fock“-Fahrer (1958-1963), die sich für drei Tage in Bremerhaven trafen. Der Rückblick „Gorch Fock“ beinhaltete den Besuch des Schiffes in Hamburg, zu dessen Empfang zwei Vorstandsmitglieder eingeladen wurden. Peter Jacobs und Hermann Dirkes kamen dieser Einladung nach. Hier kam es zu interessanten Gesprächen mit der Besatzung, der Taufpatin und ehemaligen Kommandanten.
Crew-Treffen 2011 Termin:
Freitag - Sonntag, 20.5. - 22.5.2011
Ort:
Wilhelmshaven
Folgende Tagesordnung ist für die Mitgliederversammlung am Samstagabend vorgesehen:
SCHRIFTFÜHRER
Hermann Dirkes Steinbach 14 37581 Bad Gandersheim TELEFON
05382-958291 E-MAIL
info@gorchfock.de
1.
Begrüßung und Eröffnung
2.
Feststellung der ordnungsgemäßen Ladung und Beschlussfähigkeit
3.
Ergänzung und Genehmigung der Tagesordnung
4.
Entgegennahme des Berichtes des Crew-Chefs
5.
Bericht des Kassenwartes
6.
Bericht und Rückblick des Schriftführers
7.
Bericht der Kassenprüfer
8.
Entlastung der Crewführung
9.
Wahl bzw. Wiederwahl der Crewführung
10.
Wahl der Kassenprüfer
11.
Anträge
12.
Verschiedenes
INTERNET
www.gorchfock.de
Die Mitgliederversammlung fasst ihre Beschlüsse mit der einfachen Mehrheit der persönlich erschienenen Mitglieder. Eine Stimmabgabe durch Ausstellung einer Stimmvollmacht ist nach der Satzung nicht vorgesehen. Unabhängig von vorliegenden schriftlichen Anträgen können auch während der Mitgliederversammlung mündliche Anträge zur Beschlussfassung gestellt werden. In diesen Fällen muss jedoch die Mitgliederversammlung darüber beschließen, ob diese Anträge zur Diskussion und zur Beschlussfassung zugelassen werden sollen.
Auf der Sail 2010 Bremerhaven kam es zu einem kleinen Treffen in der „letzten Kneipe vor New York“, das über das Internetforum bekannt gemacht worden war. Eine besondere Erwähnung verdient die Anreise von Hans und Helga Bessel. Sie hatten eine besondere Deutschlandreise per Rad vom Tegernsee bis an die Nordsee hinter sich und fuhren insgesamt über 1.523 Kilometer. Die „Gorch Fock“ geriet nach dem Tod von Sarah Seele in die Skandal-Presse. Die „Bild“ zeigt sich als treibende Kraft. Gezeigt wurde eine Reihe dieser „Skandalmeldungen“
Mitgliederentwicklung Anfang 2006, als ich Mitglied wurde, zählte die Bordkameradschaft inklusive einiger Ehefrauen 61 Mitglieder. Durch das Internet erlebten wir einen enormen Zulauf von ehem. Gorch-Fock-Fahrern. Im März 2007 waren es 95 Mitglieder, Anfang 2008 schon 123 Mitglieder. Ein wahrer „Run“ auf die Bordkameradschaft setzte vor und während der Ehemaligenfahrt am 29. Juni 2008 ein. Im April 2009 205 Mitglieder, Heute zählen wir 256 Mitglieder! (Das war am 21.5.2011. Jetzt Anfang Dezember sind es schon 267 Mitglieder.) Sehr bemerkenswert ist der Umstand, dass es sich dabei um Kameraden handelt, die BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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aus allen fünf Jahrzehnten kommen, in denen die „Gorch Fock“ gefahren ist. Mitgliederentwicklung Bordkameradschaft Jahr
24 61
2006 2007
95
2008
123
2009
205
2010
220
2011
256
300
225
150
75
0 1987
2006
2007
2008
2009
2010
2011
Darunter viele, die schon 1958 an Bord gingen, ja sogar schon vor Indienststellung zum „Kommando «Gorch Fock»“ gehörten und einige junge Kameraden, die erst vor kurzem von Bord gingen. Dass dieser starke Anstieg der Mitgliederzahlen nicht nur Befürworter hat, wurde schon mehrfach deutlich gemacht. Unsere Satzung sieht jedoch vor, dass jeder Mitglied werden kann, wer auf SSS „Gorch Fock“ als Mitglied der Stammbesatzung gefahren ist.
Mitgliederentwicklung und die Zahlungsmoral
Obwohl wir keinen festen Mitgliedsbeitrag haben und der Betrieb der Bordkameradschaft durch Spenden, deren Höhe jeder selbst bestimmen kann, aufrecht erhalten wird, muss man die Zahlungsmoral als katastrophal bezeichnen. Es wurden Spendeneingänge in einem Zeitraum von 16 Monaten geprüft: 13. Oktober 2009 - 12. Mai 2011 Spendeneingänge in dieser Zeit: 10.900,- €. Von 144 Mitgliedern! 112 Mitglieder haben also in diesen 16 Monaten keinen Spendenbeitrag geleistet. Unsere Satzung sieht vor: Mitglieder, die längere Zeit (mindestens 2 Jahre) kein Interesse an der BK zeigen oder keine Spende überweisen, können durch Beschluss der Crew-Führung ausgeschlossen werden und erhalten darüber eine entsprechende Benachrichtigung. Für die weitere Vorgehensweise habe ich unter TOP 11 einen entsprechenden Antrag gestellt.
Aktivitäten in der BK
Auf die meisten Aktivitäten wurde schon im letzten Bordmagazin eingegangen, (Einladung „Gorch Fock“ in Hamburg, Teilnahme an der Beerdigung Sarah Seele, Besuch im BMvG Berlin). Durch die Übergabe eines Kartons mit unseren Bord-
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den. Näheres dazu unter Punkt „Anträge“. Nach dem Bericht der Kassenprüfer wurde der Vorstand entlastet.
2012 besteht die Bordkameradschaft 25 Jahre. Dies sollte gebührend gefeiert werden – mit einer 25-Jahr-Feier! Bei unserem letzten Treffen 2009 in Mainz führte ich schon die Vorteile eines regelmäßigen Treffens in Kiel an. Wie alle anderen Vereine sollten auch wir in Zukunft eine Jahresversammlung abhalten. Immer zu einer bestimmten Zeit und immer an einem bestimmten Ort. „Blieb unser Herz doch in Kiel auf SSS GORCH FOCK“ heißt es im Gründungsschreiben. Warum also nicht eine Jahresversammlung in Kiel? Wenn dann aus familiären Gründen oder aus Krankheitsgründen einmal ein Treffen ausfallen muss, ist es nicht so schwerwiegend, denn dann wird man im nächsten Jahr dabei sein. Dieser Rhythmus entspräche uns und täte uns und der Bordkameradschaft gut. Die Mutter unseres neuen Mitgliedes Ansgar Zimnak, ist Stadtführerin in Kiel und betreut oft die Besatzungen fremder Großsegler. Frau Zimnak ist sehr optimistisch, für ein Treffen in Kiel dauerhaft eine günstige Unterbringung im Jugend-Olympiadorf oder anderswo organisieren zu können. Für die Zukunft sogar zur Kieler Woche. Die gesamte Präsentation kann hier eingesehen werden: www.gorchfock.de/BK/Bericht_Schriftfuehrer_2011.ppt
Vor der Wahl wurde Reinhard Claves als Wahlleiter gewählt. Er führte die Wahlen souverän durch. Der erste Crewchef, Peter Jacobs, wurde einstimmig wieder gewählt. Der stellvertretende Crewchef, Günter Schwellnus, stellte sich aus Altersgründen nicht wieder zur Wahl. Es wurden zwei Kameraden vorgeschlagen: Reinhard Claves und Raimond Ramolla. Die Mehrheit der Stimmen erhielt Reinhard Claves, der damit zum 2. Crewchef gewählt wurde. Kassenwart und Schriftführer wurden ohne Gegenkandidaten einstimmig wieder gewählt.
Wahl bzw. Wiederwahl Zukünftige Ereignisse der Crewführung
Anzahl der Mitglieder
1987
magazinen an die Besatzung der „Gorch Fock“, als sie vor dem Einlauftag am 5. Mai vor der Strander Bucht vor Anker lag, ist auch diese bestens über die Bordkameradschaft informiert.
BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
Bericht Kassenprüfer
Der Bericht über die Prüfung beim Kassenwart Guido Oeltermann und Schriftführer Hermann Dirkes am 18. Februar 2011 in Wilhelmshaven ergab, dass die den Prüfern vorgelegten Kassenbücher und Belege mit allen Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß gebucht und rechnerisch richtig waren. Das entsprechende Zahlenmaterial wurde von den Geprüften separat dargestellt. Insofern konnte Entlastung erteilt werden. Die Kassenprüfer gingen darüber hinaus auf einige Punkte, die ihnen aufgefallen waren näher ein: 1. Die schlechte Zahlungsmoral einer Vielzahl von Kameraden 2. Die DMB-Mitglieder kommen teilweise ihren Zahlungsverpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig nach. Hierzu wurde ein gesonderter Antrag zur Abstimmung gebracht. Vier weitere Anträge sollten gestellt werden, die jedoch zum Teil von gleichen Anträgen des Schriftführers hinfällig wur-
Wahl der Kassenprüfer Kassenprüfer werden immer im Wechsel für zwei Jahre gewählt. Deshalb blieb Klaus-Peter Hoffstetter im Amt und für den scheidenden Norbert Dietl wurde Raimond Ramolla gewählt.
Anträge
Über folgende Anträge vom Schriftführer und den Kassenprüfern wurde abgestimmt. 1. Vorgehensweise bei Trauerfällen Wir sollten uns Gedanken machen, wie wir in Zukunft mit Trauerfällen umgehen wollen, sofern wir rechtzeitig Kenntnis davon haben: - Bei Mitgliedern der Bordkameradschaft - Bei Mitgliedern der Stammbesatzung - Bei Mitgliedern der Segelcrew Die Versammlung hat beschlossen, dass in Zukunft in allen Fällen ein Kranz für 100 Euro gekauft werden soll. Möglichst soll eine Abordnung von Kameraden bei der Beerdigung anwesend sein. 2. Abstimmung Versand Bordmagazin
In der Vergangenheit wurde das Bordmagazin nicht nur an unsere Mitglieder verschickt, sondern auch an andere Stellen. Dazu gehörten u. A.: Segelschulschiff „Gorch Fock“, Marineschule Mürwick, verschiedene Marinestellen, BMvG, Landesgruppen des Deutschen Marinebundes. Wir konnten uns und das Schiff damit hervorragend positiv bewerben. Gerade in der jetzigen Zeit sollte uns dies sehr wichtig sein. Ich bitte um Abstimmung, ob dies auch in Zukunft so gehandhabt werden soll. Die Versammlung beschloss einstimmig, weiterhin so zu verfahren. 3. Abstimmung Weihnachtsgeschenk für ehem. Kommandanten
In den vergangenen drei Jahren erhielten der aktive und die ehemaligen Kommandanten der „Gorch Fock“ zu Weihnachten einen „Gorch Fock“-Kalender geschenkt. Ich bitte um Abstimmung, ob dies auch in Zukunft so gehandhabt werden soll. Die Versammlung hat beschlossen, dass dies auch in Zukunft so gehandhabt werden soll. 4. Antrag auf Farblaserdrucker Seit dem Treffen 2007 in Cuxhaven Altenbruch arbeite ich ehrenamtlich als Schriftführer der Bordkameradschaft. Hierzu stelle ich der Bordkameradschaft meine gesamte technische Ausstattung zur Verfügung. Dabei hatte ich vor einiger Zeit einen Papierstau im Tintenstrahldrucker, der nicht mehr repariert werden konnte. Für den Kauf eines neuen Druckers kam ich selbst auf. Ich beantrage hiermit die Anschaffung eines Farblaserdruckers durch die Bordkameradschaft. In der Anschaffung ist ein Laserdrucker zwar teurer, da aber keine teure Tinte mehr gekauft werden muss, würde sich das Gerät auf Dauer amortisieren. Ich bitte um Abstimmung, ob dieser Drucker angeschafft werden soll. Die Versammlung hat einstimmig beschlos-
sen, dass ein neuer Farblaserdrucker angeschafft werden soll. 5. Spenden MÜSSEN jährlich kommen Mein Bericht hat gezeigt, dass beinahe 50% unserer Mitglieder in den vergangenen 16 Monaten keinerlei Spende überwiesen hat. Zwar ist die Rede von „freiwillig“, diese Freiwilligkeit bezieht sich jedoch ausschließlich auf die Höhe der Spende an die BK! Ich finde, dass wir uns auf eine „Jährliche Spende“ festlegen sollten, die bis spätestens Ende Mai eingegangen sein sollte. Säumige Mitglieder werden einmalig erinnert.Sollte dann bis Ende September nicht gezahlt worden sein, kann das Mitglied ausgeschlossen werden und erhält keine Weihnachtspost. Ich stelle diesen Antrag zur Diskussion und bitte um Abstimmung. Die Versammlung hat einstimmig beschlossen, dass wie vorgeschlagen gehandelt wird. Säumige Mitglieder erhalten mit der einmaligen Erinnerung den Hinweis auf einen möglichen Ausschluss. 6. Einzug der Beiträge DMB-Mitglieder Etliche Mitglieder der BK sind auch Mitglied im Deutschen Marinebund (DMB), kommen aber ihren Verpflichtungen bezüglich der DMB-Beiträge gegenüber der BK nicht bzw nicht fristgerecht nach. Es wird beantragt, den DMB-Mitgliedern in der BK die Erteilung einer Einzugsermächtigung für den jeweils gültigen DMB-Beitrag abzufordern. Wird die Einzugsermächtigung verweigert und der DMB-Beitrag auch nicht selbständig fristgerecht (10.2.d.J.) überwiesen, ist der/ die Betreffende dem DMB als Restant zu melden. Eine Überweisung für diesen Personenkreis aus dem BK-Vermögen wird nicht mehr gestattet. Die Versammlung hat einstimmig beschlossen, dass zum 1.1.2012 antragsgemäß vorgegangen wird. 7. Abstimmung Fördermitglieder Oft wird die Bitte an mich herangetragen, Mitglied in der Bordkameradschaft zu werden. Einige sind in der Segelcrew oder als Toppsgasten gefahren, was bei Einzelfällen in der Vergangenheit wohlwollend vom Vorstand gesehen wurde, andere gehörten weder zur Segelcrew noch zur Stammbesatzung. Sie sind nie auf der „Gorch Fock“ gefahren, gehören aber durchaus zu den größten „Fans“ dieses Schiffes. Hier gebe
ich zu bedenken, dass fast alle Vereine froh darüber sind, wenn sie Fördermitglieder gewinnen können. Unsere Satzung sieht vor, dass man außerordentliches Mitglied (ohne Stimmrecht) werden kann, wenn dies im Interesse der BK liegt. Ich finde, wir sollten in solchen Fälle, wo keinerlei „Gorch Fock“-Fahrenszeit vorliegt eine überdurchschnittliche Mitgliedergebühr (Vorschlag: 100 Euro p.a). festsetzen. Ich stelle diesen Antrag zur Diskussion und bitte um Abstimmung. Die Versammlung hat beschlossen, dass in Zukunft nur noch Mitglied werden kann, wer einmal der Stammbesatzung angehört hat. Unberührt davon gilt, dass Partner von verstorbenen Kameraden Mitglied werden können. 8. Abstimmung über Rhythmus der Treffen Wie in meinem Bericht dargelegt, halte ich bei der Größe (und bei der Altersstruktur unserer Mitglieder) ein jährliches Treffen für sinnvoll. Dieses jährliche Treffen sollte vorerst im Frühjahr in Kiel statt finden, später möglichst zur Kieler Woche. Es hat sich gezeigt, dass kleinere Treffen „unter Kameraden, die zusammen gefahren sind“, unabhängig von der Mitgliederversammlung durchgeführt werden. Ich bitte um Abstimmung, ob wir unsere Mitgliederversammlung in Zukunft jährlich in Kiel abhalten wollen. Die Versammlung hat beschlossen, dass die Treffen (mit Mitgliederversammlung) in Zukunft jährlich, möglichst zur „Kieler Woche“ stattfinden sollen. 9. Änderungen und Erweiterungen der Satzung Die Satzung muss um die Punkte der positiv beschiedenen Anträge verändert werden. Ich bitte um Abstimmung, ob die Versammlung damit einverstanden ist. Die Versammlung hat einstimmig beschlossen, dass die Satzung entsprechend geändert wird. Sobald die Satzung neu erstellt wurde, wird sie für die Internetnutzer zum Download bereit gestellt. Wer keinen Internetzugang hat, kann sie in gedruckter Form erhalten.
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Gorch-Fock-Kalender 2012
Verteidigungsminister Thomas de Maizière freut sich über den Gorch-Fock-Kalender.
Der Gorch-Fock-Kalender 2012 hat das Thema „Rund um Kap Hoorn“ mit tollen Fotos von OMt Yvonne Knoll und Texten von FKpt Achim Winkler auf das Allerbeste dokumentiert wird. Gezeigt werden aktuelle Fotos der „Gorch Fock“-KapHoorn-Fahrt und Texte zu den Themen „Kap Hoorn –das stürmischte Kap der Erde“, Besanschot an –nicht nur eine Tradition“, „Seewache – manchmal traumhaft schön“, „Einfahrt in die Magellanstraße“, „Kap Hoorn –die ewigen Winde können kommen“, „Festakt in Montevideo“, „Die Gitarre und das Meer –Freizeit an Bord“,
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„Mit Kurs Süd Richtung Kap Hoorn“, „Was macht eigentlich ein Segelmacher“, „Albatrosse –Wegbegleiter der GORCH FOCK“, „Offener Brief der Stammbesatzung“, „Silvesterfeier – fernab der Heimat“ mit Fotos der filmreifen Darstellung Dinner for One. Der Preis beträgt wie in den vergangenen Jahren: 21,00 Euro zzgl. 5,90 Euro Versand. Der Kalender kann beim Schriftführer per Telefon unter (0 53 82) 95 82 91 oder per E-Mail info@gorchfock.de bestellt werden.
Ebenso der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, der die Attraktivität der Bundeswehr verbessern will.
70er-Treffen in Koblenz zur BUGA In diesem Jahr hatte Klaus Schmidt wieder zu einem Treffen geladen. Als eines der möglichen Ziele hatten er u. a. Koblenz vorgeschlagen, was letztendlich mehrheitlich genannt wurde. Nachdem am Freitag 14 Kameraden mit ihren „Beibooten“ das Hotel in der Innenstadt bezogen hatten, trafen wir uns abends im Weindorf am Rhein zum gemütlichen Abendessen und anschließendem Rees an Backbord. Als Gäste hatten sich außerdem noch der ehemalige DO III Gunter Herpich mit Gattin und „Bremser“ Helmut Kolodzey angesagt. Beide äußerten sich dahingehend, dass es ihnen Spaß gemacht hat, an diesem Abend mit dabei gewesen zu sein und sie sich sehr wohlgefühlt hätten. Vor allem aber auch,
dass die Kameradschaft nun seit fast vier Jahrzehnten immer noch gepflegt wird und wünschten uns für die nächsten Tage noch einen guten Verlauf. Der Samstag stand ganz im Zeichen der BUGA. Ein Führer begleitete uns bei schönstem Wetter über das gesamte Gelände am Rheinufer bis zum Deutschen Eck. Von dort aus ging es dann mit der Seilbahn über den Rhein zur Festung Ehrenbreitstein und dort oben endete dann auch die Führung nachdem das BUGAGelände dort ebenfalls erkundet wurde. In kleinen Gruppen wurde dann auf eigene Faust die Festungsanlage besichtigt, bevor es dann am späten Nachmittag mit der Seilbahn wieder zu Tal ging, um sich auf den Abend vorzubereiten.
In einem alten Brauhaus wurde urig zu Abend gegessen und wegen des schönen Wetters wechselten wir auf eine große Außenterrasse, wo der Abend dann bei Wein und Bier ausklang. Bevor es am Sonntag wieder gen Heimat ging, stand noch eine Dampferfahrt auf der WAPPEN VON KÖLN an. Nach zwei Stunden legten wir bei schönstem Sonnenschein wieder an. Mit dem Wissen, dass das nächste Treffen 2012, am 1. Juni-Wochenende in Laboe stattfinden wird, ging es für jeden nach Hause. Auf diesem Wege noch einmal unseren Dank an Klaus für die Organisation und Durchführung dieses Treffens. Text: Hajo Strotkamp, Foto: Klaus Schmidt
Tre ffen de r 6 0 e r
Shantys singen, sich an gemeinsame Zeit erinnern und sehen, was sich in Bremerhaven in den letzten Jahren getan hat: Ein privater Freundeskreis ehemaliger Stammbesatzung – GORCH FOCK – aus den Jahren 1958 bis 1963 hat sich zu einem dreitägigen Besuch in Bremerhaven eingefunden. Vieles stand auf dem Programm.
Einlauf am 07.05.2010 im Hotel Adena in Bremerhaven. Anschließend Aussichtsplattform Atlantic-Hotel Sail City. Der Abend wurde beendet mit einem Abendessen auf der Seuten Deern. Am nächsten Tag wurde das Klimahaus besichtigt, eine Hafenrundfahrt sowie mit dem Hafenbus eine Besichtigung des Containerterminals durchgeführt. Der Abend wurde beendet mit einem Essen in der letzten Kneipe von New York. Nach dem Frühstück hieß es am nächsten Tag Abschied nehmen. Uns ALLEN werden diese Tage in guter Erinnerung bleiben. Wir hatten sehr viel Spaß! Norbert Dietl, Hans-Jürgen zu Putlitz
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Herbert Ries
Rückblick Bordkameradschaft Ein Wehrpflichtiger aus dem Frankenland in Bayern baute die Bordkameradschaft SSS „Gorch Fock“ auf. Mit der beigefügten Kopie einer Einladung für ein Kameradschaftstreffen hatte wohl Peter Jacobs nicht im Sinn, gleich einen Kameradschaftsclub zu gründen. So trafen sich aufgrund der Einladung vom 13.02. bis 15.02.1987 ehemalige Angehörige der Stammbesatzung Mannschaft vom „SSS Gorch Fock“ (vorwiegend Kameraden, die 1961 an Bord waren) nach 25 Jahren im Kieler Marinestützpunkt zu einem Wiedersehen. Wegen der guten Resonanz schlug „Klein-RefüRies“ vor, einen Kameradschaftsclub auf die Beine zu stellen. Da Peter Jacobs aus Zeitgründen die Führung für die folgenden Jahre nicht übernehmen konnte (er fuhr noch als Zivilangestellter auf dem Betriebsstoff-Transportschiff „Röhn“), übernahm Herbert Ries als Manager und CrewChef die Führung in allen Bereichen. Er organisierte und richtete alle zwei Jahre Treffen an verschiedenen Orten aus, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Es wurde immer eine „Miss Gorch Fock“ gewählt und bei Verlosungen gab es maritime Geschenke und Wein zu gewinnen. Da sich Kamerad Ries später wieder um seinen örtlichen Marineverein kümmern musste, übergab er das Kommando an Peter Jacobs.
Herbert Ries
Am 15. Februar1939 wurde ich als Sohn eines kfm. Angestellten in Erlangen (Mittelfranke) geboren. Nach dem Unfalltod der Mutter begann 1945 meine Schulzeit in einer kargen Epoche. Nach Schulabschluss verschafte mir mein Vater einen Ausbildungsplatz als Industriekaufmann in einer Textilfabrik vor Ort. Die Prüfung schloss ich mit Erfolg ab und wendete mich nun in der Freizeit, dem Fußball und dem Wassersport zu. Als Wehrpflichtiger musste ich 1960 den Dienst beim Bund antreten und bestand darauf aufgrund meiner Vorliebe für Wasser und Schiffe, zur Marine eingezogen zu werden (statt Panzer oder Gebirgsjäger). Im Juli 1960 begann meine Marinezeit beim 1. MAUSBTL 3. Kompanie in Wilhelmshaven (Ebkerige) mit der Grundausbildung. Danach folgte der Gastenlehrgang für die Fachrichtung VS 61 (Stabshilfsdienst bei der MVS in List auf Sylt von Oktober bis Dezember. Anschließend verbrachte ich einige Zeit bei der SDM in Wilhelmshaven bevor meine Versetzung im April 1961 auf SSS „Gorch Fock“ erfolgte. Im Zivilberuf vorwiegend als Buchhalter tätig, war mein Arbeitsplatz auf dem Marine-Traumkommando als Assistent des Rechnungsführers (Btsm Sprenz) ideal für mich. Aufgrund meiner Körpergröße von 1,62 m erhielt ich deshalb gleich von Decksältesten Peter Jacobs den Titel „Klein-Refü“. Im September 1961 war meine Dienstzeit schon fast zu Ende
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aber durch den Mauerarbeiten in Berlin wurden keine Soldaten in den folgenden Monaten entlassen. Zum Hauptgefreiten befördert verbrachte ich die restliche Zeit bis 31. März 1962 beim 5. Schnellbootgeschwader in Neustadt/Holstein. Bei einem 3-Tage-Natomanöver kam ich auf dem „S-Boot Reiher“ als „Posten Ausguck zum Einsatz (sonst nur Schreibstube). Etwas vom Ehrgeiz gepackt infolge der unfreiwilligen Dienstzeitverlängerung meldete ich mich zur Wehrübung auf die MUS in Plan und ging stolz als Maat d. R. nach Hause. Als begeisteter Mariner schloss ich mich in meiner Heimatstadt Erlangen 1964 sofort der Marinekameradschaft an und wirkte sehr aktiv in der Vorstandschaft mit (u.a. Heimbau/Gründung einer Jugendgruppe). Im Jahr 1987 war ich der eigentlich Gründer der Bordkameradschaft „Gorch Fock“, die von mir 15 Jahre lang in allen Bereichen geführt wurde, bevor ich das Ruder an Peter Jacobs 2002 übergab. Seit einigen Jahren bin ich 1. Vorstand beim Erlanger Marineverein und wieder ziemlich im Einsatz. \/om Deutschen Marinebund e.V. wurde mir für langjähriges Wirken im Marine-Ehrenamt „die goldene Verdienstnadel“ per Post verliehen. Auf eine öffentliche Ehrung hatte ich verzichtet. Text: Herbert Ries „Klein-Refü“
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Abenteuer großer Atlantik Eine erfolgreiches Video –jetzt als DVD Von Kolumbus, der vor 500 Jahren Westindien entdeckte, Wikingern und Abenteuern auf dem Atlantik handelt dieser Film. Interessante Beiträge und die fachliche Beratung von Kapitän zur See Freiherr von Stackelberg, der langjährige Kommandant des Segelschulschiffes „Gorch Fock“ und Gründungspräsident der S.T.A., zeigen das Meer aus der Sicht der Berufsseeleute. Der Kapitän stellte dafür bisher nicht gezeigte Aufnahmen vom Segeln zur Verfügung: Stürme bis Windstärke 12 und zerfetzte Segel in den Masten demonstrieren die ganze Härte eines sturmgepeitschten Atlantiks. Im Gegensatz dazu traumhafte Aufnahmen von der großen Windjammer-Regatta im Kolumbus-Jahr 1992, von Europa nach Amerika. Die Kamera begleitet die Fahrt an Bord verschiedener stolzer Windjammer, zeigt das Leben der Besatzungen und vermittelt die Faszination der alten Rahsegler. Ein Film für Seeleute und Sehleute gleichermaßen, die sich von Abenteuer und Romantik einer Atlantiküberquerung einfangen lassen. Kapitän zur See Hans Freiherr von Stackelberg ließ dieses Video digitalisieren und auf eine DVD brennen. Er stellt diese DVD den Mitgliedern der Bordkameradschaft kostenfrei zur Verfügung. Die Kosten in Höhe von 10,00 Euro fallen an für die Vervielfältigung, das drucken des Covers und für die DVD-Hülle.
DVD ca. 58 Minuten Preis 15,00 EUR zzgl. 2,50 Euro Versand
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Wir gratulieren! In vergangenen Jahr feierten folgende Mitglieder der Bordkameradschaft Geburtstag (runde Geburtstage ab 50 Jahre).
96 Jahre
Fritz Baumann
87 Jahre
Hans Frh. von Stackelberg
85 Jahre
Günther Bender
75 Jahre
Hein Rulofs Otto Hansen Hans-Jürgen Günther Hartmut Berthold Schwarz
70 Jahre
Jürgen Morgenstern Georg Thomsen Reinhard K. Gehlhaar
(31.10.) (23.08.) (13.06.) (20.12.) (14.09.) (06.07.) (18.06.) (05.12.) (04.12.) (13.10.)
Benno Launert Hilde Rissmann Wolfgang Paul Gerhard Anspach Günter Försterling Udo Waschke
65 Jahre
Reinhard Claves Rainer Brüggemann Hans Sandner Fritz Fendt Karl-Werner Könneke Rainer Freitag Manfred Ohde Edgar Eckgold Erhard Öhlmann Hubert Stolze
60 Jahre
Erich Rapp H. Dieter Kreft Michael Benecke
(04.10.) (07.08.) (29.03.) (14.03.) (24.01.) (03.01.) (17.10.) (23.9.) (29.08.) (21.08.) (05.06.) (23.05.) (26.04.) (07.04.) (18.02.) (31.01.) (29.12.) (13.12.) (21.11.)
Otto Heise Ludwig Pott Leo Dax Dieter Lutz Hajo Strotkamp John Schamong Udo Morawitz Axel Brauer Siegfried Blümel
55 Jahre
Klaus D. Wellhausen Herbert Weid
(25.10.) (23.09.) (17.09.) (16.09.) (27.07.) (07.02.) (10.01.) (08.01.) (08.01.) (30.08.) (25.05.)
50 Jahre
Ralf Kulinna (29.10.) Dieter Heuser (12.08.) (26.06.) Udo Roth Markus Bachmann (25.04.) Frank van Bernum (09.03.) Der Vorstand der Bordkameradschaft und die Mitglieder des Redaktionsteams wünschen Gesundheit, Wohlergehen und Zufriedenheit.
Seemanns Geburtstag im Allgäu Nach wilder Zeit auf hoher See, gestrandet hier auf´m Aufkirchner Kanapee, wird Leo nun feiern –nicht allein – seinen 60. Geburtstag im Schützenheim. Von 1973 bis 1978 an Bord, machte er sich als bajuwarischer Korporal durch seine herzliche, direkte und ehrliche Art beliebt bei seinen Kameraden, Vorgesetzten und Lehrgangsteilnehmern. Einer erkannte ihn zu Beginn der Ehemaligenfahrt 2008 sofort wieder: „Sind
Nostalgie
Sie nicht der Dax Leo?“ ertönte es über das Oberdeck. „A jo!“ – „Dann waren Sie mein Korporal 1975.“ „Deshalb is aus eahna jo wos worn, Herr Kaptän!“ antwortete Leo. Hatte die Lacher auf seiner Seite und schmolz das Eis zwischen ehemaligen und aktiven GoFoFahrern. Zu seinem 60. lud er alte Kameraden ins Allgäu ein und feierte ein zünftiges Fest. Nachbarn, Freunde und Verwandte sorgten mit mancher Überraschung für ein gelungenes Fest. Besonders freute sich Leo über die Glückwünsche von KzS Schatz und KzS von Stackelberg und war nachhaltig beeindruckt von der telefonischen Gratulation seines alten Kommandanten „Stacks“.
Die Garage zum Empfang geschmückt – mit mancherlei Schätzen aus der Fahrenszeit.
Zwei Seelords führen Unterhaltung. Zuerst ist’s Thema die Verwaltung Dann werden andre kritisiert, was ins Vergangene bald führt. So geht das Plaudern munter fort Und kommt zu alter Zeit zurück an Bord. An die denkt man erfreut zurück. Der eine sagt mit feuchtem Blick: „Die Navy ist’ ist leider klar, nicht mehr, was sie einmal früher war.“ Der andre meint, etwas belesen „Und so ist sie auch nie gewesen.“ Admiral Ruge am 16.4.1979 Erster Inspekteur der Bundesmarine
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Mit dem Gummiboot auf einem Gummiwagen durchs Dorf. Jede Minute wurde geglast!
Kameradensuche Wer kennt Udo Ohling Prof. Karsten Sesemann versucht zu eruieren, wann sein ehemaliger Klassenkamerad (sie haben zusammen 1960 am Kantgymnasium in Karlsruhe Abitur gemacht) Udo Ohling, geb. am 14.8.1939, auf der „Gorch Fock“ war und welche Funktion er ausgeübt hat. Udo Ohling war vermutlich über 20 Jahre bei der Marine und evtl. auch längere Zeit auf „Gorch Fock“. Udo Ohling ist dement lebt in einem betreuten Wohnheim. Die Betreuer sprechen ihn mit „Herr Kapitän“ an und die Themen Marine und „Gorch Fock“ bewirken sehr positive Reaktionen. Prof. Sesemann wäre sehr dankbar, wenn wir ihm helfen könnten. Er möchte bei seinen Besuchen gerne mit Udo Ohling über seine Marinezeit sprechen. Wenn jemand mit Udo Ohling gefahren ist und sich an ihn erinnert, möge er sich bitte an den Schriftführer wenden.
Kameraden-Galerie
Für die weiteren Ausgaben bitte ich um Zusendung der persönlichen Angaben. Schickt mir, wenn möglich ein Foto zur Bordzeit und ein „Realtime-Foto“, damit man sieht, wie die Natur mit uns um gegangen ist. Dazu noch ein paar Zei-
len über die Stehzeit und Verwendung an Bord, ein klein wenig über das familiäre Umfeld sowie über Beruf und Hobby. Wer mag kann auch gerne etwas mehr über besondere Erlebnisse während seiner Bordzeit schreiben. Platz für „Dönekens“ wird es im Heft und im Internet immer geben. Am Liebsten sind schon digitalisierte Bilder. Wer diese Möglichkeit nicht hat, kann seine Fotos auch gerne per Post schicken. Bei den Texten gilt: alles was per E-Mail kommt, muss nicht noch einmal abgetippt werden. Vielen Dank!
Ullrich Nuoffer Werdegang: Nach Schulabschluss in Berlin (West) Eintritt in die Bundesmarine und Offizierausbildung mit Studium (Dipl.-Päd.), Ortungsdienst- und Artillerieoffizier Zerstörer „Hamburg“, 1987-1989 Segeloffizier und DO III auf der „Gorch Fock“. Meine Fahrten mit dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ waren die 56. AAR (als Kadett) und die 79. - 86. AAR (als Stammbesatzung, Segeloffizier/DO III). Nach der Marinedienstzeit ab 1991 unterschiedliche Tätigkeiten in der Personalberatung, im Managementtraining und Immobilienwirtschaft. Seit 2002 Büroleiter im Militärattachéstab der Königlich Thailändischen Botschaft in Berlin. Verheiratet mit Worakamol Nuoffer, eine Tochter. Fussballfan und Mitglied von HERTHA BSC, Vorstandsmitglied des „Verbandes der Mitarbeiter der ausländischen Militärattachés“.
QR-Codes im Magazin QR steht für „Quick Response“ und ist ein 2DCode, der 1994 in Japan entwickelt wurde. Im Gegensatz zum eindimensionalen Strichcode speichert ein QRCode Informationen sowohl vertikal als auch horizontal. Dadurch passen mehr Daten in die Code-Kästchen; nämlich bis zu 7000 Zahlen oder knapp 3000 Buchstaben. QR-Codes findet man in Zeitungen und Zeitschriften, auf Produktverpackungen und immer öfter auch in der Werbung – und jetzt auch im Gorch-Fock-Magazin. Oft enthalten Sie einen Weblink oder Zusatz-Informationen in Textform. Um die Informationen eines QR-Codes zu entschlüsseln, braucht man eine Kamera, die den Code einliest und eine Software, die den Inhalt
übersetzt. Idealer weise eignen sich Smartphones als QR-Lesegeräte, da sie Kamera und Software vereinen. Man kann QR-Codes aber auch mit einer Digitalkamera abfotografieren und das Foto anschließend am PC mit der passenden Software öffnen.
Dieser Code führt zum Beispiel zu unserer Homepage www.gorchfock.de. Einfach mal ausprobieren!
Reinhard Claves 2. Crewchef AHOI Kameraden! Am 17.10.1946 wurde ich als viertes von 11 Kindern in Greffen im Münsterland geboren. Der Besuch der Volksschule endete nach 8 Jahren und führte mich zu den Städt. Handelslehranstalten nach Gütersloh. Die Ausbildung zum Industriekaufmann in der elterlichen Schuhfabrik endete für mich nach einem Jahr da mir das Kochen und Backen mehr Freude bereitete. Die Ausbildung zum Konditor, 1963 bis 1966, wurde mit dem Gesellenbrief abgeschlossen. Der Ruf des Meeres erfüllte sich mit dem Einstieg in die Grundausbildung in Glückstadt und der Versetzung auf das Segelschulschiff „Gorch Fock“ nach Kiel. Eine weitere Grundausbildung zum Kochsmaat erfolgte an der Marineversorgungsschule in List/Sylt und verschiedenen Marineschiffen und endete nach vier Jahren als Verpflegungsbeauftragter des 4. MSG auf der „Paderborn“. Im zivilen Leben angekommen begann mein Wiedereinstieg als Konditorgeselle mit der weiteren Ausbildung zum Bäcker und dem Abschluss als Konditormeister. In Abendschulform und über den 2. Bildungsweg wurde ich Berufsschullehrer für Nahrungsberufe an den be-
ruflichen Schulen des Kreises Wesel in Dinslaken. Verschiedene Ehrenämter im Sportbereich als VHS-Sportdozent, Geschäftsführer, Kreisvorsitzender Volleyball und in der Politik sind verbunden mit vielen Erfahrungen von Teamfähigkeit und Leistungsbereitschaft die ich im Laufe meiner Zeit bei der Marine leben und erleben konnte. 2 Kinder und meine Frau, die meine auch noch heute bestehende Leidenschaft zur See und der Seefahrt mit mir teilt, runden dieses Leben ab. Als 2. Crewchef darf ich nun mit den Kameraden und mit allen begeisterten Freunden für dieses „unser Segelschiff“ und seine gelebten Traditionen tätig sein.
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Wolfgang Brede
Klaus Saazer
Hallo Gorch-Fock-Kameraden! In Aussig/Elbe im Mai 1944 geboren, verbrachte ich meine Kinderund Schulzeit in Leipzig. Nach Abschluß der Mittelschule kam ich 1960, (1 Jahr vor Mauerbau) nach Weiden. Die Elektrikerlehre endete erfolgreich 1964. Bis Dez. 1966 arbeitete ich als Monteur im In- und Ausland bei einer Ludwigsburger Firma. 1967 habe ich mich zur Marine verpflichtet. Grundausbildung in Brake anschließend TMS II in Bremerhaven. Mein erstes Bordkommando war „Z6“ in Flensburg. Nach der Ära „Z6“ kam ich nach Kiel auf „Z3“. Am 7.2.68 wurde ich kurzfristig als Elektriker zum Schiffsstamm auf die „Gorch Fock“ versetzt und war bei der 29. und 30. AAR
Gerd Jacks
Moin Kameraden! Geboren wurde ich am 28.12.1938 als Kieler Junge. Nach dem Besuch der Grundschule in Kiel beendete ich die Realschule mit der mittleren Reife. Auf der Berlitz Sprachenschule erfolgte die Ausbildung zur Auslandskorrespondenz und anschließend der Abschluss des Abendgymnasiums mit der Primarreife. In Delmenhorst erlangte ich auf dem Gymnasium für Erwachsenenbildung 1963 das Abitur. Die Ausbildung in der Bundesmarine erfolgte im April 1963 und führte mich anschließend zur Offiziersaus-
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dabei. Meine Frau ließ sich nach Kiel ins Landwirtschaftsministerium versetzen, Ihre Arbeitsstelle war gegenüber der Blücherbrücke. 1969 wurde ich abkommandiert zur TMS I und anschließend zur MUS. Nach der Maatenausbildung hieß das neue Kommando M Lehrkp für Verwendung im Ausland, anschließend sollte ich 2 Jahre zur Baubelehrung in die Staaten (Mölders). Da ich jedoch Verwandte in der „DDR“ hatte, überraschten mich die USA mit dem Einreiseverbot. Die Fregatte „Lübeck“ war mein letztes Kommando (Dez 1970). Nach der Meisterprüfung habe ich im Nebenerwerb mit Genehmigung des Arbeitgebers (DB) im eigenen Betrieb gearbeitet bevor ich mich bei der DB für die mittl. techn. Beamtenlaufbahn bewarb. Nach Abschluß der Bundesbahnschule und der Probezeit war mein Aufgabengebiet als Beamter die Signal- und Stellwerkstechnik. Im Bezirk Weiden war ich bis zu meiner Pensionierung als Teamleiter (TBBi) tätig. Meine Hobbys sind meine 3 Enkel,das Fotografieren, die Marinekameradschaft in Weiden (im Vorstand) sowie der große Garten, Wandern und Radfahren damit man fit bleibt.
Raimond Ramolla bildung in die Crew IV/1963 auf das Segelschulschiff „Gorch Fock“. Die Ernennungsurkunde zum Berufssoldaten wurde mir am 1. Januar 1966 überreicht. Die Versetzung in den Ruhestand erfolgte am 31. Dezember 1994. Die anschließenden beruflichen Tätigkeiten von Januar 1995 bis August 1996 als Internationaler Sales Manager und Projektleiter der Fachzeitschriften EUROPEAN HOSPITAL und ARAB MEDICO fanden im September 1996 durch den Wechsel zur BHW Bausparkasse AG in der Bezirksleitung und Finanzmanagement ihren Abschluss. Zusammen mit meiner Ehefrau Jutta habe wir eine Tochter und zwei Söhne. Die Leidenschaft zur Seefahrt konnte ich einem Sohn vermitteln der zur Zeit als Marineoffizier dient. Meinen Hobbys, dem Segeln, Fotografieren, Radfahren und Wandern kann ich nun rund um Meckenheim nachgehen.
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Hallo Kameraden. Ich will mich Euch kurz vorstellen: - Wo komm ich her? Meine Kindheit und Jugend verbrachte ich seit 1958 in Pulheim bei Köln. Ein ursprünglich kleines Dorf, das sich bis heute zur Stadt gemausert hat. Dort wohne ich immer noch. Ich bin dort zwar nicht geboren, aber es ist meine Heimat. Mein Geburtsort liegt in Oberschlesien, genauer in Beuthen. Dort erblickte ich am 8. Mai 1958 das Licht der Welt. Berufung oder was? Angefangen hat alles mit der Landvermessung – bis zum Vermessungsingenieur. Später sattelte ich noch was drauf: „Master of European Administrative Management“. Zu meinen beruflichen Koordinaten zählt ein Katasteramt, die Bundesmarine, ein Straßenbauamt, ein Prüfungsamt des Bundes und schließlich der Bundesrechnungshof in Bonn, wo ich heute noch tätig bin. Als Prüfungs-Beamter. Kategorie Familientyp. Ich bin seit 1989 immer noch mit der gleichen Silvia verheiratet. Mit ihr hab ich zwei Jungs. 16 und 20 Jahre alt. Man sagt mir nach, dass ich manchmal ein dickköpfiger Macho sei – Ist wohl was dran! Hab ich Hobbies? Viele. Einige betreibe ich heute noch. Zum Beispiel Harley-Davidson (Schrauben und Fahren) und Sportschütze mit Großkaliber-Waffen (im Vorstand im örtlichen Schießverein). Nicht gekommen bin ich zum Segeln. Obwohl ich alle Scheine gemacht habe! – Naja, vielleicht später einmal. Was ist mir wichtig! Freundschaft, Gesundheit, harmonisches Zusammensein. Euer Raimond
Nachruf Wir verabschieden uns von Korvettenkapitän a.D. Dr. Ulrich Hühne. Mitglied der Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung SSS „Gorch Fock“. Er war ein bekennender Seefahrer und Globetrotter, ein außergewöhnlicher Mensch und Arzt auch für die Menschen auf Sri Lanka, den Flüchtlingen in den Dschungelgebieten von Burma, Kambodscha und Thailand. Hier in der Mao Tao Klinik in Mao Sot verstarb Dr. Uli, wie ihn die Menschen dort nannten, am 30.12.2010 gegen 21.00 Uhr an Hautkrebs, der ihn in den letzten Jahren hart getroffen hatte und dem er nicht entrinnen konnte.
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Geboren wurde Ulrich Hühne 1936 in Pommern und kam durch die Kriegswirren 1945 mit der Mutter und 2 Geschwistern in die Nähe von Hannover. Nach dem Abitur studierte Ulrich Hühne an der Kieler Universität Geographie, Psychologie und Germanistik. Er erhielt die Chance, an einem Forschungsauftrag in Persien teilzunehmen. Ziel der Arbeit war die Erforschung der Bevölkerungsbewegungen im 19. Jahrhundert; er sollte im Auftrag der persischen Universität turkmenische Nomadenstämme aufsuchen. Durch den Raub all seines Hab und Gut kurz vor Teheran musste er zunächst in der Hauptstadt bleiben und gab im Auftrag des Goethe-Instituts Deutschunterricht und gestaltete deutschsprachige Fernsehsendungen. Einige Zeit später schloss er sich einer Tierfängerexpedition an, die sich für den Hamburger Zoo auf die Jagd nach nicht domestizierbaren Wildeseln machte. In Turkmenistan lernte er einen Schamanen bei einem Nomadenstamm kennen. Als der Medizinmann versuchte mit Heilerde und Blättern einen gebrochenen Arm zu heilen, zeigte Ulrich Hühne ihm, wie man den Arm mit Ästen ruhig stellen kann. Darauf bat der Schamane, ihn immer dann zu begleiten, wenn er nicht mehr weiter wusste. Zurück in Deutschland konnte er endlich seinen Wunsch erfüllen zur See zu fahren. Er wurde Berufsoffizier bei der Bundesmarine.
Die Zeit als Segeloffizier auf der „Gorch Fock“ Unter dem Kommando von Kapitän zur See Peter Lohmeyer war Ulrich Hühne Segeloffizier und persönlicher Adjutant des Kommandanten. Viele von uns kennen Ulrich Hühne als Chorleiter des Gorch Fock Chor´s, dem es immer wieder bei Auslandsbesuchen gelang, Seemannsstimmung und die Welt der Seeleute durch musikalische Darbietungen perfekt in Szene zu setzen. Einige Plattenaufnahmen und CD´s wurden durch ihn initiiert, von ihm begleitet und sind heute noch erhältlich. Seine Begeisterung für die Musik sprang immer wieder schnell auf die neuen Offiziers- und Unteroffiziersschüler über. Doch der abendlich um 19.45 Uhr auf See zwangsverordnete Gesang auf dem Achterdeck vor dem Wachhabenden Offizier brachte so manchen schiefgesungenen Ton hervor der dazu führte, dass diejenigen, die sich auf die Hängematte freuten erst einige Lieder später, nachdem der Gesang einigermaßen erträglich vernommen werden konnte, vom Wachhabenden unter Deck geschickt wurden. Seinen letzten Auftritt hatte Ulrich Hühne auf dem Crewtreffen im April 2009 in Mainz als er mit dem Shanty-Chor und den Teilnehmern den Canon „Heho Heho …“ einstudierte und sang.
Der Weg über das Medizinstudium zum anerkannten Akupunkteur. Als Korvettenkapitän hätte er als einer von drei Marineattachès nach Peking entsandt werden sollen. Nachdem aber die Berichte aus Chine damals alles andere als gut waren, durfte nur einer dorthin und Ulrich Hühne wurde ins Verteidigungsministerium nach Bonn versetzt. Im 13. Stockwerk eines Hochauses hatte er nun „so wenig Verantwortung wie noch nie zuvor“ und ging schließlich in Frühpension. Für die Handelmarine fuhr er noch zwei Jahre unter seinem ehemaligen Kommandanten der Gorch Fock, Peter Lohmeyer, auf einem großen Passagierschiff. Dort lernte er einen Medizinprofessor kennen, dem er seine Erlebnisse aus Turkmenistan erzählte und der ihn aufforderte doch noch ein Medizinstudium zu beginnen. So verließ Ulrich Hühne mit 43 Jahren die Handelsmarine und begann in Colombo, Sri Lanke, das Studium. Er spezialisierte sich auf alternative Medizin und Akupunktur, übersetzte mit dem Kollegen Anton Jayasuriya ein chinesisches Buch zur Akupunktur ins Englische und Deutsche, das auf 500 Seiten alle Themenbereiche zur chinesischen Akupunktur und seine eigenen Erfahrungen mit den Nadeln beinhaltet und hohe Anerkennung in der Fachwelt ausgelöst hat. Er leistete medizienische Aufbauarbeit in den Kampfgebieten der tamilieschen Rebellen und widmete sich den verletzten Kindern und beherbergte bis zu 33 Waisenjungen, denen er den Vater und die Familie ersetzte. Dann bekam Ulrich Hühne Krebs und zur Behandlung 2004 BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
nach Deutschland. Einen Tag nach dem verheerenden Tsunami, Weihnachten 2004 kam er zurück und fand sein Heim, seine kleine Holzspielzeugfabrik und seine Lebensgefährtin, alles was er aufgebaut hatte nicht mehr vor. Mit einem Handköfferchen, „ mehr war ihm nicht mehr geblieben“ verließ er die Insel und kam nach Kambodscha in ein kleines Hospital, in dem es keinen Arzt gab. Einige Zeit später verschlug es ihn zu den Bergvölkern im Norden Thailands. Mit einem Rucksack voller Medikamente machte er sich auf den Weg in die Dörfer, die noch nie ein Tourist betreten hatte. Hier lernte er das Elend der burmesischen Flüchtlinge an der thailändischen Grenze kennen. In einer Klinik, in der niemand eine Arbeitsgenehmigung hat, gelang es ihm acht so genannte „Medics“ für die Akupunktur zu begeistern und sie auszubilden. Zuletzt bildete er an der Mao Tao Klinik in Mae Sot, Myanmar, Thailand, Teams von Backpackern oder auch „Bafußärzten“ aus, die mit Rucksäcken und Medikamenten unter Einsatz der eigenen Gesundheit in den zugewiesenen Gebieten des Dschungel dort für 6 Monate Flüchtlinge medizinisch versorgen.
Hier in „seiner Klinik“ ist er unter Anteilnahme vieler seiner Freunde am 30.12.2010 viel zu früh verstorben. Seine Projekte leben weiter! Sein von ihm signiertes Buch „Klinische Akupunktur“ war ein letztes Geschenk im August 2010 bei seinem letzten Besuch und Urlaub in Pfronten. Reinhard Claves
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In liebendem Gedenken: Wir verabschieden uns von Dr. Ulrich Hühne! 31. Dezember 2010 - 9:30
Im Jahr 2004 zerstörte der Tsunami die Existenz von Dr. Ulrich Hühne, die er sich in 20 Jahren in Sri Lanka aufgebaut hatte. Er war dort angesehener Arzt und Akupunkteur und hatte viele Einsätze in den Tamilen-Kampfgebieten. Er zog über 30 Kriegswaisen groß. Nach einigen Jahren des „Herumirrens“ gelangte Dr. Ulrich Hühne schließlich hierher nach Mae Sot und gründete an der Mae Tao Flüchtlingsklinik einen Akupunktur-Dienst. Anfang mit Skepsis aufgenommen, entwickelte sich sein Dienst bald zu einem Herzstück der Klinik und Patienten kamen von überall her; auch von weit aus dem Inneren Burma‘s nahmen die Menschen die beschwerliche Anreise auf sich. Der Ruf des „Wunderdoktors“ aus Deutschland hat sich in Windeseile herumgesprochen. Und die Heilerfolge von „Dr. Uli“, wie wir alle ihn liebevoll, respektvoll nannten, waren wirklich beinahe unheimlich. Gelähmte Schlaganfallpatienten können wieder laufen, Parkinson-Patienten wieder selbständig essen und trinken, Menschen mit chronischen Krankheiten leben wieder beschwerdefrei und ohne Medikamente. Auch wir von Helfen ohne Grenzen konnten am eigenen Leib die wundersamen Auswirkungen seiner Kunst erfahren. Das war auch ein Grund, warum wir spontan zusagten, seine „Akupunktur-Abteilung“ zu finanzieren. Dr. Uli bildete auch die MitarbeiterInnen seiner Abteilung intensiv aus, sie sind heute in der Lage, genauso heilbringend zu wirken. Und so war Dr. Uli allseits
beliebt. Besonders sein Team verehrte ihn wie Vater und Großvater in Personalunion, kümmerte sich liebevoll um ihn und betreute ihn auch in den letzten Monaten, wo es ihm nicht so gut ging, beinahe rund um die Uhr. Auch wir von Helfen ohne Grenzen haben ihn ins Herz geschlossen, und unsere MitarbeiterInnen haben sich auch persönlich sehr um ihn bemüht, ihn betreut und begleitet. Dr. Ulrich Hühne starb überraschend am 30. Dezember 2010 gegen 21 Uhr in der Intensivstation des öffentlichen Krankenhauses in Mae Sot im Kreise seiner Freunde und seiner Mitarbeiter. Sein Körper wird seinem Wunsch entsprechend und mit Einverständnis seiner engsten Verwandten der Chulalongkorn Universität zu Forschungs und Studienzwecken gespendet. Lieber Dr. Uli. Danke, dass wir Dich als Freund haben durften. Danke, dass Du so vielen Menschen geholfen und ein neues Leben geschenkt hast. Du hast in ihren und unseren Herzen einen bleibenden Platz. Wir werden Dich nie vergessen und zusammen mit Deinen MitarbeiterInnen Dein Lebenswerk in Deinem Sinne und Gedenken fortführen.
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Er wäre im Jahr 2011 100 Jahre alt geworden
In A n den ken a n d en „ALTEN“ Kapitän zur See Peter Lohmeyer, Gorch-Fock-Kommandant vom 23.09.1965 - 09.01.1969
Wir suchten den Wind Aus seinen Aufzeichnungen und Nachlass über seine Fahrenszeit auf der „Gorch Fock“, die Kapitän zur See Peter Lohmeyer unserem Crewmitglied Wolfgang Paul, seinem Freund, übergeben hatte: Allerhand Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich mit der Hand an der Mütze auf dem Podest des Steuerbord Fallreeps der „Gorch Fock“ stand, um von dem scheidenden Kommandanten Abschied zu nehmen, der nach alter Tradition von seinen Offizieren und leitenden Portepee-Unteroffizieren im Kutter an Land gepullt wurde, während die an der Reeling aufgebaute Besatzung drei Hurras ausbrachte, die weit über den Kieler Hafen hallten.
der sein Handwerk von der Pike auf gelernt, auf Rahseglern um Kap Hoorn gesegelt und durch sein Vorbild im praktischen Umgang mit den segelbegeisterten Besatzungen auf seinen Reisen die soziale Kompetenz und das Verständnis füreinander bei den Crewmitgliedern geprägt hat.Seine lebenslangen Leitmaximen „Gerechtigkeit, Kameradschaftlichkeit und Teamwork“ haben viele von uns, die unter seinem Kommando segeln durften, tief geprägt.
Ich übernahm an diesem 23. September 1965 von Kapitän zur See Hans Engel ein Schiff, das sich in jeder Beziehung in tadellosem Zustand befand. Die Besatzung war eingefahren und gut aufeinander eingespielt. Das Schiff selbst war in allen Teilen - einschließlich der Takellage und Besegelung – in hervorragendem Wartungs- und Betriebszustand. Ich konnte das wohl beurteilen, befand ich mich doch schon seit fast zwei Jahren and Bord und hatte als Erster Offizier besonders auf die volle Einsatzbereitschaft des Schiffes und aller Sicherheitseinrichtungen zu achten gehabt. So übernahm ich das Schiff mit großer Zuversicht und konnte nur hoffen,
dass mir in Zukunft die für einen so witterungsabhängigen Beruf, wie den eines Segelschiffsführers, unerlässliche „Fortune“ treu bleiben würde!
20. AAR 28.10. – 14.12.1965 Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal durch die Biskaya zu den Kanarischen Inseln Lanzarote und La Palma. Die Rückfahrt bescherte uns stürmische Winde mit Windstärke 12 bei der Fahrt durch den Pas de Calais. Bei der Weiterfahrt überlief uns kurz vor der Themsmündung am Abend des 09.12.1965 eine Böenfront. Die Eleganz, mit der das Schiff den gewaltigen Druck dieses Sturmes aufnahm, sich anmutig überneigte und dann mit vermehrter Fahrt davonstob, hat auf uns alle einen unauslöschlichen Eindruck gemacht und unser Vertrauen in die Seetüchtigkeit der Gorch Fock gefestigt.
21. AAR 25.04. – 18.06.1966 Nach der Winterüberholung in der Werft erfolgte wieder eine dreiwöchige Vorausbildung an der Blücherbrücke. Die darauf folgende Reise führte uns nach Gibraltar, Tunis und Alicante. Den Abschluss der Reise bildete unser Besuch in dem nach Kriegszerstörung wieder aufgebauten alten Piratenschlupfwinkel St. Malo, wo wir dem gleichzeitig stattfindenden KapHorniers-Kongress eine zünftige Kulisse bieten konnten. Während der anschließenden Kieler Woche weilte der Herzog von Edingbourg, Prinz Philip, in Kiel. In
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der Lübecker Bucht kam er - begleitet von Verteidigungsminister von Hassel, dem Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Zenker - mit einem Schnellen Minensuchboot an Bord der unter vollen Segeln langsam in leichter Brise dahinziehenden Gorch Fock. Er schenkte der Gorch Fock seinen königlichen Stander, der während seines Bordaufenthaltes im Großtop geweht hatte.
22. AAR 19.07. – 17.09.1966 Einem neuen Lehrgang war es vergönnt, an der großen Segelschiffsparade anlässlich des 100. Geburtstages des Königlich Dänischen Yachtclubs in Kopenhagen teilzunehmen und danach eine Segelreise voller Abwechslungen nach Holland, Island und Norwegen zu erleben. Als besonderer Leckerbissen galten die Durchsegelung des Kalsö-Fjordes der Färöer und das langsame Vorbeisegeln dicht unter der 1963 aus dem Meer südlich Island herausgequollenen Vulkaninsel Surtsey. Nach dem Besuch von Reykjavik und dem eigenartigen Isafjördur begegneten wir in der Dändmarkstraße bei strahlendem Wetter zwei großen Eisbergen.
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23. AAR 02.11. – 13.12.1966 Da das Ausbildungsprogramm der 1966er Offizierseinstellung die Durchführung einer Reise im ersten Quartal 1967 erforderte, war angeordnet worden, die Segelvorausbildung dafür im Januar in einem Hafen mit günstigerer Wetterlage als Kiel abzuwickeln. Deshalb beendeten wir die Herbstreise nach Besuch der Häfen Funchal (Madeira) und Casablanca (Marok-
ko) in Lissabon. Mit dem Tender „Ruhr“ wurde der Lehrgang ausgetauscht und fuhr gleichzeitig ein Teil der Stammbesatzung auf Weihnachtsurlaub.
24. AAR 14.01. – 18.03.1967 Die mit der Überquerung des Äquators verbundene Äquatortaufe auf dem Weg nach Recife in Brasilien wurde nach altem Segelschiffszeremoniell unter großer Hei-
terkeit zelebriert und fand ihren fröhlichen Abschluss in der Taufe ausgerechnet dessen, der von allen auf dem Schiff am häufigsten den Äquator überquert hatte – des Kommandanten! Die singende und tanzende Fröhlichkeit der kurz darauf folgenden turbulenten Karnevalstag in Recife riss die ganze Besatzung in den Bann ihrer heißen Rhythmen und hinterließ lange nachleuchtende Erinnerungsbilder. Auf der Rückreise liefen wir Punta Delgada auf den Azoren an. Am Morgen des Einlaufens überraschte uns der allseits beliebte Bordhund „Whisky“ mit fünf, zwar nicht rassereinen, aber sehr niedlichen Jungen, die nach unserer Rückkehr schnell Liebhaber fanden. Die Rückfahrt durch den Nordatlantik hatte noch einige sehr handfeste Überraschungen in Gestalt einer Kette uns überrollender Sturmtiefs, in deren Verlauf wir den Besambaum verloren aber auch ein Rekord-Etmal von 298,8 sm ( vom Mittag bis Mittag des 11. – 12-03-1967) ersegelten.
25. AAR 19.04. – 16.05.1967 Die Frühjahrsreise führte uns nach Bordeaux. Beim Wiederauslaufen löste die Tatsache, dass wir als erstes Schiff unter der gerade feierlich und großer Teilnahme der Bevölkerung eingeweihten größten Hängebrücke Europas - der Pont d ´Aquitaine – unter vollen Segeln hindurchfuhren, große Begeisterung aus und hinterließ solchen Eindruck, dass die Bilder davon noch heute in Bordeaux als Postkarten und Poster verkauf werden.
26. AAR 05.06. – 22.06.1967 Die folgende Reise dauerte nur 17 Tage und führte nach Drontheim. Danach ging das Schiff erstmalig im Sommer in die Werft zur Überholung.
27. AAR 19.10. – 08.11.1967 Eine wunderschöne Herbstreise führte uns zu dem zauberhaften Gotland mit seinem verträumten Visby. Ein Abstecher nach Lübeck rundete diese Reise ab.
28. AAR 27.011. – 21.12.1967 Eine Kurzreise nach Sunderland war von einer außerordentlich stürmischen Überfahrt von Skagen bis zur englischen Ostküste geprägt. Die lokale englische Presse griff dankbar auf, dass ich einen nicht ganz trocken verlaufenes - Widersehen mit
einem Matrosen des englischen Zerstörers feiern konnte, der meine Besatzung und mich nach der Versenkung unseres U-bootes im Krieg im Nordatlantik aufgenommen hatte.
29a. AAR 19.02. – 22.03.1968 Einer Einladung unsere Patenstadt Hamburg folgend segelten wir die Elbe hinauf und erreichten den Hafen unter vollen Segeln und machten an den Landungsbrücken fest.
29b. AAR 22.04. – 25.06.1968 Die Fahrt ging nach Teneriffa und der Azoreninsel Faial. Im freien Seeraum des Atlantik konnten wir auch eine genügend lange Strecke segeln, um unsere Anwartschaft für die „Bosten Teapot trophy“ zu erneuern. Dieser wertvolle Wanderpreis der „Sail Training Association“ in Form eines silbernen Teekessels wir jährlich dem Segelschulschiff zuerkannt, das in 124 Std. die längst Strecke nur unter Segeln zurückgelegt hat. Gorch Fock wurde er für die auf dieser Reise gesegelten 976 sm in 124 Std. bereits zum dritten mal zugesprochen ( 1965, 1967 u. 1968). Ein besonderer Höhepunkt war eine abenteuerliche Reittour aller dienstfreien Offiziere in den Bergen Teneriffas mit dem zeitweiligen Ausblick auf den schneebedeckten Gipfel des Pico de Teide und in den Bergen der Azoreninsel Faial von Offizieren und Portepeeunteroffizieren gemeinsam veranstaltete, feucht-fröhliche Spanferkelbraten am Spieß!
30. AAR 24.07. – 20.09.1968 Die alle zwei Jahre von der englischen „Sail Training Association“ veranstaltete internationale Schulschiffsregatta war für
1968 auf der Strecke Göteborg – Fair Isle – Kristiansand ausgeschrieben und lag mal zeitlich günstig für unsere Teilnahme. Der Regattastart bei schönsten Sonnenwetter und leichter Brise wurde von 10-12.000 Booten aller Größen beobachtet. Als erstes Schiff fuhren wir nach drei Tagen als erste aus dem Skagerrak heraus. Wir bekamen guten Wind und konnten zügig die inzwischen Verkürzte Regattastrecke absegeln. Weit vor den Konkurrenten unsere Klasse, „Sörlandet“ und „Christian Radich“, passierten wir die Ziellinie und liefen in Kristiansand ein. Unsere Siegerpreise erhielten wir aus der Hand König Olafs von Norwegen. Weiter segelten wir zu den Hebriden (Stornowey) und Südirland ( Cork ). In Cork erlitt ein Ausbildungsunteroffizier (Wolfgang Paul) eine Beinverletzung, die erst nach längerer Behandlung in Deutschland ausgeheilt wurde. Ihn hatten wir zurücklassen müssen, als wir die grüne Insel verließen, um nach einem kurzen Besuch in Börnum durch das Skagerrak, Kattegat und den großen Belt in den Heimathafen Kiel zurückzukehren. Das war meine letzte Reise mit dem Segelschulschiff „Gorch Fock“. Im Januar 1969 übergab ich das Kommando an Kapitän zur See von Witzendorf. Nun stand er auf dem Fallreepspodest und grüßte zu mir herrunter. Für mich ist die Fahrenszeit auf der „Gorch Fock“ eine in jeder Beziehung positive Erinnerung, und ich habe mich immer bemüht, auch denen, die mit mir fuhren, dieses positive Erlebnis zu vermitteln. Glückhafte Fahrt, „Gorch Fock“! Reinhard Claves nach Unterlagen von Kapitän zur See Peter Lohmeyer, Wolfgang Paul, Knut Frisch
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Großmast
Besanmast
Im sogenannten Kartenhaus achtern auf dem Oberdeck befindet sich ein Funkraum und ein Raum für den Meteorologen sowie der Navigationsbereich
Damit die Gorch Fock auch durch den Nord-Ostsee-Kanal fahren kann, sind die Stenge (der letzte Teil des Mastes) der beiden vorderen Masten zum Fieren (Einholen) eingerichtet
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Fockmast 16
19
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9
15
18
Ruder
Rah
12
8
11
14
13
Steuerstand mit Hauptruder
7
Kommandantenarbeitsraum A
OBERDECK
6
E
Wohnräume (Offiziere)
B C
D
Offiziersmesse
J
5
10
1
ZWISCHENDECK
Wasch-, Dusch- und Toilettenraum
G H
Kadettenwohnräume
Schiffsschraube mit einem Durchmesser von 2,50 m
K PLATTFORMDECK UND STAUUNG
6-Zylinder-Diesel Typ Deutz MWM 628 mit 1249 kW (1662 PS) mit doppelter Turboaufladung Geschwindigkeit mit Motor: 11 kn
BESATZUNG
Wohnräume der Unteroffiziere und der Stammmannschaft
Segellast
Motorenraum
Anker Vorratsraum
Lageräume
Offiziere
12
Unteroffiziere
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14 24 115 Personen (max. 138)
Waschräume Toiletten
Aufenthalts- und Ausbildungsraum
Werkstatt
MOTOR
Mannschaft gesamt
4
F
PUO-Messe
Mannschaften Lehrgangsteilnehmer
3
Rettungsinseln
Wohnräume der Bootsleute (PUO) und Offiziere
Portepeeunteroffiziere
2
Unter dem Plattformdeck befinden sich in der sogenannten Stauung insgesamt 12 Frischwasserzellen, die für eine stete Wasserversorgung an Bord sorgen
ca. 220 Personen
INFOGRAFIK: GOLDEN SECTION GRAPHICS QUELLEN: DEUTSCHE MARINE, SEGELSCHULSCHIFF GORCH FOCK; 50 JAHRE GORCH FOCK/KOEHLER
Kühlräume für Fleisch und Gemüse
Abwasseraufbereitungsanlage
Segel und Takelage
D A S D E R
S E G E L S C H U L S C H I F F D E U T S C H E N M A R I N E
Die Gorch Fock ist eine Bark: die beiden Masten vorne sind rahgetakelt und der achtere Mast ist gaffelgetakelt.Segel, Rahen und das Stehende Gut sind aus Stahl.Die Segel und das Laufende Gut sind aus Kunstfasermaterialien gefertigt.
Oberdeck Auf der ersten Reise gab es am Oberdeck noch fünf Beiboote (drei Kutter, eine Gig, eine Motorpinasse). Heute gibt es nur noch zwei Bereitschaftsboote (Speedboote) und viele Rettungsinseln, die bei einem Notfall zu Wasser gelassen werden.
Zwischendeck Im Zwischendeck hat die Mehrzahl der Besatzung ihre Wohnräume. Die Kadetten müssen nach wie vor in Hängematten schlafen.
Plattformdeck und Stauung Die Maschinenanlage ist in drei Räumen untergebracht. Im hinteren Raum befinden sich die Verstellpropelleranlage und die Wellenanlage. Im mittleren Raum befinden sich der Antriebsdieselmotor, das Untersetzungsgetriebe, der Frischwassererzeuger, die Warmwasseranlage sowie die Heizungsanlage. Im vorderen Raum sind die Dieselgeneratoren und die Klimaanlage untergebracht.
Bugspriet,Klüverbaum
Jeder angehende Marineoffizier (Kadett) der Deutschen Marine muss auf dem wohl bekanntesten Schiff Deutschlands seinen Dienst tun. Er erfährt hier in der Praxis, was es bedeutet, ein
Schiff nur allein mit Muskelkraft und im Team zu beherrschen. Die Gorch Fock segelt im Namen der
Deutschen Marine und ist zugleich ein friedlicher Botschafter und ein gern gesehener Gast in vielen Häfen der Welt. SEGEL DER GORCH FOCK 1
Vorstengestagsegel
13 Großsegel
2
Innenklüver Außenklüver
14 Großuntermarssegel
3 4
Jager
5
Fock
6
Voruntermarssegel
7
Vorobermarssegel
8
Vorbramsegel
9
Vorroyalsegel
10 Großstengestagsegel 11 Großbramstagsegel 12 Großroyalstagsegel
Galionsfigur Ein Albatros ziert den Bug der Gorch Fock. Die Figur wurde 1958 von dem Maler Dr. Heinrich Andreas Schroeteler aus Teakholz mit Blattgoldüberzug geschaffen. Heute gibt es an dieser Stelle eine Nachbildung aus Kohlefaser.Schon einige Male ging der Albatros auf See verloren.
15 Großobermarssegel 16 Großbramsegel 17 Großroyalsegel 18 Besanstagsegel 19 Besanstengestagsegel 20 Besanbramstagsegel 21 Unterer Besan 22 Oberer Besan 23 Besantoppsegel
BESONDERHEITEN A Schreibstube B Schiffsarzt C Lazarett
D Behandlungsraum E Bäder/WCs (Offz)
F Wäscherei G Friseur H Küche
J 2 Speedboote
K Hängematten
TECHNISCHE DATEN
Allgemeine Daten Kiellegung: 24. Februar 1958 Stapellauf: 23.August 1958 Indienststellung: 17. Dezember 1958 Bauwerft: Blohm + Voss, Hamburg Baukosten 1958: 8,5 Millionen DM Aktueller Wert: ca. 50 Millionen Euro
Länge/Breite Tiefgang
Großmast (Höhe) Größte Rahlänge Verdrängung (Einsatz) Segelfläche
Zurückgelegte Seemeilen (Stand: 31.12.09) Max. Geschwindigkeit unter Segeln
89,32 m/12,0 m
5,5 m
45,3 m 24,0 m 1860 t (2002 t)
2037 m²
741 106 sm 16 kn
Hunderttausende feierten
100 Jahre „Pa ssat“ Das Windjammer- Festival in Lübeck-Travemünde. Ein Bericht mit Fotos von Michael Brzoza Über 250.000 Besucher folgten der Einladung der Stadt Travemünde zur Feier des 100. Geburtstages der „Passat“. Es wären bestimmt noch viel mehr segelbegeisterte Fans gekommen, wenn dieses Event auch überregional mehr beworben worden wäre. Die interessierten Segelfreunde hatten die Möglichkeit die Traditionssegler „Alexander von Humboldt“, „Mir“, „Gedow“, „Kruzenshtern“ und „Dar Mlodziezy“ zu besichtigen. Für die kleine Stadt an der Trave ein riesiges Ereignis. Leider, und das fand ich bedauerlich, hatte alle Gastschiffe auf der Stadtseite des Hafens festgemacht. Das Geburtstagsschiff lag einsam gegenüber an ihrem Liegeplatz am Priwall, konnte aber kostenlos mit der Fähre erreicht werden.
Daten zur „Passat“
Die Reederei F. Laeisz ließ den Segler im Jahre 1911 bei Blohm & Voss in Hamburg vom Stapel. Der damalige Preis waren 680.000,00 Goldmark. Sie war später eine von insgesamt acht sogenannten „Flying P – Liner“. (Die Schwesterschiffe werden am Ende des Berichtes genannt)
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Bereits einen Monat nach Indienststellung, am 24.12.1911 lief die „Passat“ zu ihrer ersten Fahrt nach Chile – rund um Kap Hoorn – aus. Mit einer Segelfläche von 4600 qm erreichte sie bis zu 18 Knoten. Zunächst als Frachtsegler zwischen Südamerika und Europa und später als Weizentransporter zwischen Australien und Europa war sie im Einsatz. Während des 1. Weltkrieges blieb die Bark bis 1921 in Chile und wurde als Reparationsleistung an Frankreich übergeben. Die Reederei F. Laeisz kaufte das Schiff für 13.000 britische Pfund von den Franzosen zurück. 39 Kap Hoorn Umrundungen und ca. 950.000 Seemeilen legte sie bis 1957, dem Jahr der Außerdienststellung, zurück. Die Stadt Lübeck kaufte den Segler 1959 für 315.000,00 DM und ließ sie 1960 als Museumsschiff am Priwall festmachen. Seit 1978 steht das traditionsreiche Schiff unter Denkmalschutz und ist als Wahrzeichen von Travemünde nicht weg zu denken. 1997 / 1998 wurden von der Stadt Lübeck ca. 7,2 Mio. DM in die Instandsetzung investiert. Bilder von Travemünde und 100 Jahre „Passat“ findet Ihr in der GF Bildergalerie unter: „andere Großsegler“!
Die Schwesterschiffe der „Passat“ Pangani ( 1903) wurde 1913 im Ärmelkanal gerammt und sank. Petschili (1903) strandete 1919 an der Südwestküste Südamerikas. Pamir (1905) sank am 21. September 1957 bei einem Hurrikan. Peking (1911) liegt heute am Pier 16 in New York (Bilder s. GFBildergalerie). Priwall (1920) wurde 1941 an Chile verschenkt. 1945 ausgebrannt. Padua (1926) heute „Kruzenshtern“ und der einzige noch fahrende Flying-P-Liner . Pola (1919) die nie unter der Laeisz-Flagge fuhr, sondern 1919 als Reparationsleistung nach Frankreich ausgeliefert wurde. Unter dem Namen „Richelieu“ kam es bei einem Öltransport zu einer Explosion, in deren Folge das Schiff ausbrannte. Nach dem Brand diente das Schiff noch einige Jahre als Leichter und wurde 1933 abgewrackt.
Mit freundlicher Genehmigung von Stephan Rürup BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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AUF G RO SS E R FA H RT
Ein Törn auf einem Windjammer zählt zu den letzten Abenteuern, die es heute noch in der Seefahrt gibt. An Bord des Segelschulschiffes Gorch Fock war Ex-Seemann LOTHARGÜNTHER BUCHHEIM. Sein Bericht erschien 1981 im Playboy. Die Rudergänger halten die 1870 Tonnen schwere Gorch Fock auf Kurs. Da bei schwerem Wetter die Kraft von sechs Mann zum Steuern gebraucht wird, sind drei Steuerräder hintereinander auf eine Welle gekoppelt; eins für je zwei Rudergänger. Auf den Nagelbänken wird das Tauwerk aufgehängt; am Doppelpoller hingegen werden die Taue gelegt und die Enden darunter schneckenförmig aufgeschossen. Ein doppeltes „S“ vor dem Schiffsnamen kommt oft vor. Es steht für „streamship“. Das dreifache „S“ hingegen, das die Gorch Fock führt, kommt auf der ganzen Welt nur einmal vor: SSS Gorch Fock. Daran rätsle ich ziemlich lange herum. Dabei ist die Lösung einfach: Segel-Schul-Schiff Gorch Fock. Die Amerikaner können sich auf das dreifache „S“ auch keinen Vers machen, auf das Fock indes schon eher und nennen
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das Schiff deshalb kurzerhand „Fucking George“. Der Namenspatron Johann Kinau Schriftsteller und später Matrose in der kaiserlichen Kriegsmarine - hätte sich eben einen anderen Künstlernamen als Gorch Fock ausdenken sollen. Für das Verballhornen des Schiffsnamen müssen die Amis, wie ich von ein paar erfahrenen Typen aus der Stammbesatzung erfuhr, büßen: Die Jump haben, wenn das Schiff einen Hafen in den USA zum Ziel hat, einen hübschen Vorrat von blauen Zehnmarkscheinen bei sich. Und wenn sich dann die Gaffer auf einer amerikanischen Pier versammeln, ziehen sie eine Banknote heraus und lassen ihren exakt eingelernten Spruch: „Nice picture of the ship, isn`t it?“ vom Stapel. Die Amis machen Augen. Da können sie vergleichen, soviel sie wollen: Auf dem Schein ist tatsächlich das Schiff abgebildet.
Jedes Detail wiederholt sich exakt in feinster blau gedruckter Gravur. Und wenn die Amis dann fragen: „How much?“, wiesen wortlos auf die Zehn. Auf die Frage: „Ten bucks?“ bekommen sie keine Antwort, nicht einmal ein Zucken. Also rücken sie zehn Dollar heraus. „Sehr gutes Geschäft“, sagen die Jungs „Wenn einer für `nen Zehnmarkschein zehn Dollar zahlt, is`er doch selber schuld - oder?“
„Fucking George“. Als ich das Schiff auf der Pier vor Boston von Matrosen eines anderen Windjammers so nennen hörte, klang nicht etwa Geringschätzung durch - im Gegenteil; Die Gorch Fock hatte gerade gezeigt, was sie kann. Als einziger der paradierenden Großsegler war das Schiff unter vollen Segeln vom Ankerplatz weg die schmale Gasse zwischen Tausenden von Booten die Bucht heraufgekommen, den Bugspiet gegen die Skyline der Stadt gerichtet, bis auf die Höhe des US-Flugzeugträgers John F. Kennedy. Der hatte am linken Ufer festgemacht, und sein Landedeck diente nun ungezählten Menschen als Ausguckplattform. In allerletzter Minute erst ließ Kapitän Wind - der Schiffsführer der Gorch Fock heißt tatsächlich so - die Segel wegnehmen, dann kamen auch schon die Schlepper und drückten, einer an Steuerbordseite vorn, der andere backbord achtern, mit mattengepolsterten Vorsteven das Schiff auf dem Teller herum, bis der Bugspiet in das für die Gorch Fock bestimmte Becken zeigte. An der Army-Base-Pier war Ende der Seereise. Die Gorch Fock nahm an einer Windjammer-Parade teil, die im Sommer 1980 zum 30-jährigen Geburtstag der Stadt veranstaltet wurde. Um es gleich loszuwerden; Weiter als bis zur ersten Saling, etwa zwölf Meter über dem Deck, habe ich das Aufentern, das
Hochsteigen in die Wanten, nicht geschafft. Ich habe weidlich versucht, den Kommandanten und den Ersten Offizier zu bereden, mich im Bootsmannsstuhl – Hosenboje wäre mir noch lieber, aber es gibt keine an Bord – hochhieven zu lassen. Doch dieser Idee wollte keiner Geschmack abgewinnen. „Das nächste Mal“, hieß die Vertröstung. Bis zum Topp sind es ab Wasserfläche 45,5 Meter. Unter den Jungs gibt es welche, die während der Hafenliegezeit in ihrer Freiwache bis zum obersten Rah, der Großroyal hinaufklettern. Mit dem Bauch an eine dicke metallene Querstange gelehnt stehen sie da oben auf dem Fußpferd, einem kräftigen Drahtseil, und gucken in die Ferne, reglos und stundenlang. Über die Häuser von Hamilton hinweg habe ich sie da oben gesehen und in ihrer Reglosigkeit zuerst gar nicht als menschliche Gestalten erkannt. „Da oben isses schön“, sagte mir später einer, „Da is man ganz für sich“. Der blanke Neid stieg in mir hoch: Ich bin eben vier Jahrzehnte zu spät dran. Als ich das Schiff zum erstenmal sah, quoll auch ein heftiges Gefühl in mir auf: Der Bug war wie eine Pfeilspitze. Alle Kraftspannung schien sich dort vorne zu sammeln. Plötzlich entfaltete das Schiff seine Flügel. Nie vorher hatte ich einen Windjammer unter vollem Tuch gesehen. Da stand ich nun in aller Frühe auf der Terrassse eines gemieteten Bungalows auf den Bermuda-Inseln hoch über einer hell zwischen Agaven schimmernden Brandung, mit dem Städtchen Hamilton schräg hinter mir - und weit draußen in der blauen See ließ die Gorch Fock ihre weißgrauen Segel von der Morgenbrise füllen; Was für ein Anblick! Cinemascope war ein Nichts dagegen. Der schmale Gang zu meiner Kammer hin ist weiß gepönt. Hier unter Deck sieht alles wie auf einem ganz gewöhnlichen Schiff aus. Der Boden ist sogar mit diesen verdammten grauen Gummiplatten gelegt, auf denen man mit nassen Sohlen so leicht ausrutscht. Nur enger ist dieser Gang als auf modernen Schiffen. Die Kammer sieht auf den ersten Blick auch altgewohnt aus, also nicht gerade so komfortabel, wie heutzutage die Kabinen auf jedem Containerschiff oder Tanker ausgestattet sind. Kein Eisschrank, und nac==h Air-Condition sieht es hier auch nicht aus. Einen Ventilator gibt es immerhin. Zwei Bulleyes, niedrige Decke, ordentlicher Schreibtisch. Viel dunkelbraunes Holz, gelbes Messing, weißer Lack. Wer sagt´s denn! Hier wird sich schon leben lassen. Die untere Koje ist die meine. Sehr hohes Seitenbrett. Auch gut, da kann man nicht so schnell herausfallen.
Unter der Koje zwei Schubladen. Die rechte hat mein Kammergenosse Krämer, ein Divisionsoffizier, für mich leergemacht. Ich fühle mich hier an Bord noch befangen, aber zugleich auch heimisch. Überhaupt erfüllt mich ein merkwürdig zwittriges Empfinden. Ich suche in meiner Erinnerung nach einem Erlebnis, das mich so faszinierte wie dieses hier. Ich habe es: New York! Hier auf der Gorch Fock ist es wieder so wie damals, als ich das erste Mal in New York ankam: Alles war vertraut, als wäre ich in einem früheren Leben schon einmal in diesen tiefen Straßenschluchten herumgelaufen, aber zugleich war alles überwältigend fremd. Der Vergleich kommt nicht von ungefähr. Genauso wie jetzt habe ich auch in New York immer nach oben geblickt: auf die Wolkenkratzer damals - auf die Segeltürme jetzt. Ich kann mich nicht satt sehen: Die Schönheit der gewölbten Leinwand nimmt mich ganz hin. Formen, die in ihrer Vollendung denen des Schiffsköpers gleichen. Ich entdecke eine merkwürdige Beziehung zwischen den geblähten Segeln und dem bauchigen Rumpf. Pralle Formen, weiblichen Formen. Dass unsere Bark trotz ihres Männernamens die Gorch Fock genannt wird, erscheint mir zum erstenmal logisch. Es ist bald zwölf Uhr, der Lotse wird gleich von Bord verschwinden. Wir sind um Hamilton Island herumgegangen. Jetzt sind wir im South Channel. Wir werden entlang der Insel St. George`s fahren - ziemlich dicht unter Land. Die See ist Blaugrün. Das Weiß der Uniformen steht gut gegen diesen Hintergrund. Das Ruder ist jetzt von vier Rudergängern besetzt. Die Segelmanöver gleich nach dem Ablegen waren wohl mehr Show als Notwendigkeit. Zwischen den vielen Riffen war an richtiges Segeln gar nicht zu denken. Aber die Leute auf den Inseln sollten halt ein voll aufgetakeltes Schiff sehen. Jetzt wird die Lotsenleiter an Steuerbordseite ausgebracht. Essenszeit. Der Kommandant geht nicht mit in die Offiziersmesse. Er bekommt seine Mahlzeit in seinem Salon serviert und genießt dazu nur seine eigene Gesellschaft. Nach dem Essen - Bratwurst, Kartoffeln und Salat - verhole ich mich zum Probeliegen auf meine Koje. Am nächsten Morgen meldet der Schiffsarzt dem Kapitän, daß drei Leute heftigen Sonnenbrand haben. Ich habe miserabel geschlafen, obwohl es sich in der Koje wunderbar liegen lässt. Noch nie hatte BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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Rhythmus des Vorgreifens, Zurückwerfens und Einstemmens, dazu das „Hol …weg!“ -Gebrüll - die Szene fasziniert mich über alle Maßen.
ich eine so gute Koje. Aber die Luft in der Kammer war dumpf und stickig. Es war viel zu warm. Frühstück zwischen sieben und acht Uhr. Unser Erster Offizier hat Geburtstag. Vor dem Mittagessen soll deshalb in der Messe ein Umtrunk stattfinden. Der Erste, an Bord nur 1-O (sprich: Eins-Oh) genannt, wird 41 Jahre alt.
Vor dem Anschlagen ertönt jedesmal der Warnruf: „Warschau! Es wird geglast!“, weil die Glocke sehr laut ist. Eine Viertelstunde vor dem Mittagessen versammeln wir uns in der Offiziersmesse zum Geburtstagsumtrunk. Es gibt süßen Sekt. Ich erfahre, daß der Erste schon unter panamaischer und liberianischer Flagge gefahren ist.
Ein Seemann poliert die Schiffsglocke. Alle halbe Stunde wird diese Glocke vom Matrosen der Wache angeschlagen - es wird „geglast“. Eine Wache hat acht Glasen, gleich vier Stunden. Für die um 8 Uhr beginnende Wache gilt: 8.30 Uhr ein Schlag, um 9.00 Uhr ein Doppelschlag, 9.30 Uhr ein Doppel- und ein Einzelschlag, 10.00 Uhr zwei Doppelschläge.
Kaum habe ich mich, dicht neben einer Nagelbank hockend, ganz in den Anblick der Segeltürme vertieft, muss ich schon wieder hoch: Es gibt Arbeit. Ich höre die Befehle nur mit halbem Ohr, weil ich mich schon wieder ganz dem optischen Eindruck hingebe, diesmal der Turbulenz, dem Gewimmel. Wo eben noch Leere war, ballen sich jetzt Menschentrauben. Der
Die Gesamtsegelfläche der Gorch Fock besteht aus 23 verschiedenen Segeln und beträgt 1953 Quadratmeter. Im Verhältnis zu dem größten jemals in Deutschland gebauten Segelschiff, der Preußen, ist die Gorch Fock ein kleines Schiff. Die Preußen, die 1902 vom Stapel lief, hatte 5500 Quadratmeter Segelfläche, sie war 134 Meter lang und 16.5 Meter breit. Auf ihren Salpeterfahren zwischen Europa und Chile erreichte sie oft 19 Knoten; unser Schulschiff schafft maximal 16 (ein Knoten sind 1,852 Kilometer pro Stunde), die Preußen, die 58 Mann Besatzung hatte, trug aber auch eine Segeletage mehr als die Gorch Fock - nämlich jeweils sechs an ihren fünf Masten. Obwohl das einzig Martialische an Bord Stahlhelme sind, ist die Gorch Fock ein Kriegsschiff. Sie gehört aber nicht zur Flotte, sondern mit dem Schulschiff Deutschland zum Marineamt. Die Crew der Gorch Fock ist insgesamt 256 Mann stark. Die letzten HandelsGroßsegler, Pamir und Passat der Hamburger Reederei Laiesz, hatten nur etwa 40 mann Besatzung. Dabei war die Passat vier Meter breiter und zwanzig Meter länger als die Gorch Fock und trug doppelte Fläche Segel. Auf den Laiesz-Seglern war es möglich, bei einem Wendemanöver mit nur vier bis fünf mann die Rahen zu brassen. Auf der Gorch Fock werden zum Bewegen der Querstangen an den Masten sehr viel mehr Leute gebraucht, weil es keine Brasswinden gibt wie auf der Passat und auf der Pamir. Alles muß vielmehr Hand über Hand geholt werden. Trotz meines grünen Hemdes komme ich mir unter all den Uniformen zu meinem eigenen Erstaunen nicht deplaziert vor. Es liegt wohl auch daran, daß der Ton in der Messe nicht sehr förmlich ist. Dennoch wird auf gewisse Formen geachtet: Ehe der 1-O nicht seinen Platz an der Schmalseite des Eßtisches eingenommen hat, rührt keiner Messer und Gabel an. Der Erste ist es auch, der sich immer wieder bemüht, ein Tischgespäch in Gang zu bringen. Viel zu erzählen haben sich die Männer, die um diese Back sitzen, aber offenbar nicht mehr. Lockere Sprüche sind in der Messe zwar nicht gerade verpönt, aber der 1-O hat eine gute Art, sie abzublocken: Er gibt zum Beispiel beiläufig zu verstehen, daß er den wahrscheinlich obszönen Schnack, mit
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dem gerade einer die Runde erfreuen will, längst kennt. Dabei tritt der 1-O durchaus nicht wie ein Tugendbold auf, eher sogar als Mann dem nichts Menschliches mehr fremd ist. Wie sollte er auch - nach langer Fahrenszeit bei der Handelsmarine (die sich heutzutage lieber „Seeschiffahrt“ nennt). Zum Nachtisch kommen Melonenscheiben auf den Tisch. Der VSO, der Versorgungsoffizier, ist stolz darauf, daß er bei einem Bermuda-Schiffshändler Melonen aufgetrieben hat. Er hätte mit dem Eigenlob warten sollen, bis wir sie probiert haben. „Schmecken wie wäßrige Watte“, ist das allgemeine Urteil. Jetzt klagt der VSO, wie schwierig es gewesen sei, auf Bermuda überhaupt etwas Frisches zu bekommen. „Für Joghurt haben die einen Dollar verlangt!“ Dafür erntet er nur Spott und Hohn. Keiner kommt zu Hilfe. Ich frage den VSO in seine Empörung hinein, warum er nicht im Supermarkt einkaufe wie jede vernünftige Hausfrau. „Das habe ich mir auch schon überlegt“, antwortet er, „und ich tue es auch, wenn ich noch mal von `nem Schiffshändler so übervorteilt werde.“ Der 1-O nickt kennerisch. „Ja, die Herren Schiffshändler“, sagt er vor sich hin. Damit sind wir bei einem brisanten Thema. „Normalerweise kommen in einem Hafen als erste die Schiffshändler an Bord, gleich im Pulk“, erzählt der IO. „Alle überreichen mit einer Art Kratzfuß ihre Karten und geben mehr oder weniger deutlich zu verstehen, daß sie allesamt besonders gut sind. Um das ganze Palaver abzukürzen, sagt man schließlich: „Kommt, werft eure Karten alle in diese Mütze hier!“, und dann schüttelt man so gründlich wie bei der Fernsehlotterie, greift mit geschlossenen Augen hinein, fingert eine Karte
heraus und hat seinen Schiffshändler. Das kann gut, das kann aber auch schlecht sein. Man weiß es nie. Das heißt: Man weiß es vorher nie. Hinterher dafür um so besser.“ Ich schicke meinen Blick wieder nach oben, hoch hinauf zu den Leuten auf der Royalrah: Ich sehe Menschen in ganz verrückten Verkürzungen - wie Seiltänzer, aber aus der Mitte der Manege gesehen, direkt unter dem Seil. Die Füße groß, von den Köpfen nur ein schmaler Anschnitt. Und die mächtige Rah sieht auf einmal aus wie eine viel zu gewaltige Balancierstange. Die Leute da oben sind beim Segel reffen. Armlänge um Armlänge wird das Tuch über die Rah weg eingeholt und wie ein Harmonikabalg zusammengefaltet. In Sturm möchte ich das nicht machen müssen. Ich weiß, wie lebendig so ein Segel sein kann, wild wie ein im Todeskampf um sich schlagender Hai. Wettentern zwischen den einzelnen Masten, bei dem früher manches Unglück passierte, ist heutzutage verboten. In der Takelage sind fast immer irgendwelche Toppsgäste beschäftigt. Toppsgäste sind speziell eingeteilte Matrosen, die bei einem Manöver zu allererst aufentern. Wenn ich nicht genau hingucke, kommen sie mir vor wie große dunkle Vögel, die sich auf den Rahen niedergelassen haben. Ich habe mir ein Segelschiff irgendwie grauer, von Wind und See abgenutzter vorgestellt, als eine Art Fliegender Holländer mit ächzenden Planken und stöhnenden Blöcken. Auf der Gorch Fock aber wirkt alles wie neu und bestens in Schuß. Nirgends Grünspan auf dem Messing, kein Teerfleck auf den Planken. Ein Schiff, mit dem sich Staat machen läßt. Schließlich ist die Gorch Fock ja auch ein Staatsschiff, sage ich mir. Eins, das Eindruck machen soll. Tausende von Menschen, höre ich,
laufen normalerweise über die Decks, wenn in fremden Häfen open ship veranstaltet wird. Mit der Frischwasserversorgung an Bord hapert es: Was aus dem Hahn kommt, ist zu warm zum Trinken. Bei langen Fahrten muß das Naß zudem rationiert werden. Der Frischwassererzeuger hat zu wenig Kapazität und ist, wie es heißt, auch noch oft kaputt. Ich habe schon gehört, daß auch die Waschmaschine dauernd versagt: „Was da an Reparaturen hineingesteckt worden ist, hätte schon gelangt um ein halbes Dutzend neue zu kaufen.“ Zu den Mißständen an Bord gehört offenbar auch die Lage der Kombüse. Die Leute müssen ihr Essen übers Oberdeck schleppen. Dabei wird es kalt und bei schwerer See von Salzwasser übersprüht. Außerdem ist die Kombüse zu klein. Doch es gibt gut zu essen und so viel Nachschlag, wie einer nur haben will. Um die Ernährung der Matrosen war es in der Frühzeit der Segelschiffahrt schlimm bestellt. Als ganz ungewöhnlich gilt noch heute, daß es auf der Endeavour, mit der James Cook in den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts die Welt umsegelte, keinen einzigen Skorbutfall gab. Skorbut als Folge einseitiger Ernährung wurde lange Zeit als normale Berufskrankheit der Seeleute angesehen. Keiner an Bord, auch unter den Offizieren nicht, hat je einen Text von Johann Kinau, alias Gorch Fock, gelesen. Weil ich mich vor der Abreise schnell noch über Gorch Fock informiert habe, bin ich im Besitz eines Wissenspfundes, mit dem ich in der Messe beim lässigen Herumhocken nach dem Mittagessen ein bißchen
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ie Rudergänger halten die 1870 Tonnen schwere Gorch Fock auf Kurs. Da bei schwerem Wetter die Kraft von sechs Mann zum Steuern gebraucht wird, sind drei Steuerräder hintereinander auf eine Welle gekoppelt; eins für je zwei Rudergänger. Auf den Nagelbänken wird das Tauwerk aufgehängt, am Doppelpoller hingegen werden die Taue belegt und die Enden darunter schneckenförmig aufgeschossen.
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wuchere, nachdem mich der 1-O lauernd gefragt hat, ob ich denn etwa über den Dichter Bescheid wüßte. „Gorch Fock“, beginne ich beiläufig, „war der Sohn eines Hochseefischers aus Finkenwerder. Das klingt so romantisch, daß der Hauptberuf des Heimatdichters darüber gern verschwiegen wird. Er war nämlich Kontorist und Buchhalter in Meiningen - dem Theater-Meiningen. Sicher ein ehrbarer Beruf, gute Buchhalter sind selten, aber nicht gut genug für den Gorch-Fock-Mythos, an dem die Nazis so fleißig gebaut haben. 1933 hat der Großadmiral Erich Raeder schon einmal ein Schulschiff auf das Pseudonym getauft. Und im Krieg wurde Gorch Focks „Seefahrt ist not“ nicht zuletzt dank Goebbels´ Förderung zum Bucherfolg.“ Die Officers gucken verdutzt, der 1-O verdrossen. Der Kapitän würde sicher ebenfalls eine sauertöpfische Miene aufsetzen, aber er ist nicht da: Er hat sich auch heute das Essen in seinem Salon auftischen lassen. „Kollegenneid!“ murmelt der 1-O schließlich, und alle brechen in befreites Gelächter aus. Dem Essen ist das zu viel Effekt. Gleich versucht er abzuwiegeln: „Mit der Namensgebung haben wir offenbar keine ganz glückliche Hand. Zerstörer der Bundesmarine auf die Namen von Kriegshelden wie Rommel, Lütjens, Mölders zu taufen, damit wären ja manche Leute gar nicht zufrieden.“ „Manche Leute“ - ob das auf mich geht? Doch der 1-O wartet nicht ab, ob das Thema verfängt. Er sagt einfach: „Mahlzeit, meine Herren“ und hebt die Mittagstafel auf. Ich habe Gewissensbisse wegen meines schroffen Urteils über Johann Kinau. Was ich in der Messe gesagt habe, stimmt zwar, aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Deshalb fange ich beim nächsten Essen noch mal an: „Den Nazis war so ein Mann wie Kinau natürlich recht: Auf dem Kreuzer Wiesbaden in der Skagerrak-
Schlacht krepiert - so einer läßt sich posthum leicht zum Helden stilisieren. Der war er aber sicher nicht. Doch sein Buch Seefahrt ist not paßte den Nazis vorzüglich in den Kram. Und diese genaue Schilderung einer Jugend auf dem Fischkutter des Vaters ist wirklich nicht schlecht, auch wenn sie mit den Tributen an den Zeitgeist durchsetzt ist: viel Kerniges, Männliches und Anklänge von `gelobt sei, was hart macht`. Also, von allen Namenspatronen dieser Marine ist mir Gorch Fock noch der liebste.“ „Bloß so außerordentlich ungeeignet fürs Ausland - vor allem für die angelsächsischen Länder“, sagt da der Kapitänleutnant Krämer, und gleich kommt wieder großes Gelächter. Die Bordhierarchie, die auf allen Schiffen der Welt das Leben bestimmt, wirkt auch auf mich: Seit Tagen schon will ich in die Mannschaftsräume hinuntersteigen und mit den Leuten reden, aber es sind immer nur kurze Besuche geworden. Ich pflanze mich lieber in die Offiziersmesse. Unten bei den Matrosen ist einfach nicht gut sein: ein Mief zum Schneiden. Der Gestank treibt einen schnell wieder hoch. Oder man steht im Wege: Zum Beispiel, wenn die Hängematten gezurrt werden. Diese Dinger haben nichts mit den feinen, aus Garn geknüpften Hängematten für Gartenbesitzer gemein. Es sind schwere Trumms - richtige Matten, die mit Spreizhölzern oben und unten zum Hängebett gemacht werden. Aber tagsüber müssen sie gezurrt sein - und das nach Vorschrift. Denn gut gezurrte Hängematten sind auch Rettungsmittel- Sie schwim-
men ewig. Wenn sie am Morgen in eine dafür vorgesehene „Last“ weggestaut werden, sehen sie aus wie mannsgroße Puppen für Filmaufnahmen. Fehlt nur eine Einschnürung, um den Kopf heraus zu modellieren. Was man gemeinhin als Wohnungseinrichtung bezeichnen würde, Tische, Bänke, Betten, hängt hier unten während der Dienstzeit an der Decke. Bei „hängen“ fällt mir ein Vergleich ein, der mit dieser Semiramis. Duftgärten - davon hat dieser Bereich nun wirklich nichts. Hier stinkt es, während der Nacht sogar höllisch. Ich war einmal mit einer Stablampe unten, als alles in den Hängematten pennte, um ein paar Aufnahmen zu machen. Dabei muß ich einen roten Kopf bekommen haben vor lauter Atemanhalten. Ich frage einen Seemann, wie er das Aufentern gelernt hat. „Als wir das erste Mal hochgescheucht wurden, lag das Schiff an der Pier. Da ging es die Unterwanten hoch. Dann sind wir von den Unteroffizieren gefragt worden, ob wir uns wohl fühlen oder was …? Darauf steigt man zwei, drei Meter höher, und dann heißt es: m `Traust du dich oder nicht? `- und dann geht´s halt weiter hoch oder wieder runter. Man wird nicht gezwungen.“ „Gegen Schwindelgefühle kann man ja nicht viel machen“, werfe ich ein. „Ne, kann man nicht. Die Unteroffiziere gehen die ersten Male immer mit rauf und gucken, ob auch alles klargeht. Die zeigen, wie man´s macht.“ Wir werden von ein paar lauten Segelbefehlen unterbrochen. Ich höre nur noch:
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„ … und das wird dann hier so gemacht … von den Stagsegeln sämtliche Schoten … also die drei unten … wenn das Umlegen geht.“ Und dann wieder klarer: „Ein großer Teil der Segelcrew gehört gar nicht an Bord, weil das Marineflieger sind, Schreibstubenhengste oder Sechsundsiebziger.“ „Was sind denn Sechsundsiebziger?“ „Küstenschutz … Wir haben sogar Heizer an Bord.“ Jetzt reden mindestens vier Leute auf mich ein. „So kriegen die mal mit der Seefahrt bißchen zu tun.“ „Einige sollen enttäuscht sein, wie ich gehört habe.“ „Das is´ganz normal. Wenn die denken, das wird hier ´ne Art Betriebsausflug …“ Ein Teil der Mannschaft ist beim Kartoffelschälen. Die Jungs machen nicht viel Umstände mit den Erdäpfeln. Sie schneiden sie fast kubisch zu. Von den Kartoffeln bleibt auf diese Weise nicht mehr viel übrig. „Wenn nur die miese Unterbringung nicht wäre!“ klagt einer. „Drei Monate unter solch miesen Bedingungen leben zu müssen, das trägt ja nicht grade zur Begeisterung bei.“ Da kann ich nicht viel Trostreiches sagen.
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Die Mannschaftsräume sind eine durchaus exakte Replik der alten Quartiere: Um die Wohnbedürfnisse der Seeleute hat man sich noch nie viele Gedanken gemacht. Während des abendlichen Reinschiff werden die oberen Segel weggenommen. „Zur Sicherheit - falls heute Nacht eine Schlechtwetterfront durchgeht“, erklärt der Kapitän, „damit nicht so viel Tuch hängt.“ Den Kopf in den Nacken gelegt, beobachtet er eine Weile scharf, wie oben gearbeitet wird. Ich lese einen Text, mit dem der letzte Gorch-Fock-Kommandant das Segelschulschiff als „modernes Erziehungsmittel“ feiert: „Körperliche Arbeit an Deck und in der Takelage, dazu Kälte, Wetter und Seegang sorgen für eine sinnvolle Abhärtung, ohne zu überfordern, wobei die Härtetage nicht wie in manchen anderen Ausbildungsgängen künstlich durch den Dienstplan herbeigeführt, sondern als Bewährung in Sturm und Orkan von `Petrus`gemacht werden. Vorgesetzte wie Untergebene - und das scheint mir ein sehr wesentlicher Faktor - werden hier in gleichem Maße getroffen, nur, daß der Vorgesetzte die Last der erhöhten Verantwortung zusätzlich zu tragen hat. Die auf einem Segelschiff von allen geforderte Selbstüberwindung führt einerseits zu
einem gesunden Selbstbewußtsein und andererseits zu einer gewünschten realistischen Selbsteinschätzung. Dabei werden Vorurteile rapide abgebaut.“ So isses, sage ich vor mich hin und falte das Blatt wieder zusammen. Ein Segelschiff nacht für meine Begriffe unter allen Schiffen am meisten Sinn: Umwandlung natürlicher Energie in Fortbewegung. Ich weiß, ich weiß: Wenn zu akzeptablen Preisen Transportleistung erbracht werden müßte, wenn zum Beispiel mit Segeln 250.000 Tonnen Rohöl gegen den Widerstand des Wassers bewegt werden müßten, ist ein Segler völlig unrentabel. Aber was gehen mich denn solche Rechnungen an? Ich werde jedenfalls aufs beste und zu meiner vollen Zufriedenheit auf die amerikanische Küste hin transportiert. Ich bin so zufrieden, wie ich es seit langem nicht mehr war: auf eine merkwürdige Weise gelöst und gespannt zugleich. Wenn mich einer fragte: gefällt Ihnen diese Reise? Würde ich mich schier überschlagen vor lauter Zustimmung. Da soll man nicht übergenau sein! Es muß mich zum Beispiel nicht interessieren, wie viel dieses Schiff den Steuerzahler tagtäglich kostet. Ich darf ja wohl die Probleme auf meine eigene Person reduzieren: Was
ich esse, bezahle ich nach dem für die Streitkräfte geltenden Verpflegungssatz. Und über mangelnde Leistung für mein Geld kann ich mich weiß Gott nicht beklagen. Aber wenn durchaus argumentiert werden soll: In Bezug auf dieses Schiff läßt sich nicht einfach mit Gewinn- und Verlustrechnung arbeiten. Die Gorch Fock hat schließlich Aufgaben, deren Erfüllung schwer bewertbar ist. „Für die deutsche Flagge werben“, so wird die vornehmste Mission in Marinekreisen beschrieben. Gewiß - auf den Bermudas hat man sich nicht viel aus dem Schiff gemacht. Aber was will das schon sagen? In Boston, so geht die Rede, warten Hunderttausende auf das Schiff. Die Gorch Fock hat keine Rudermaschine - also quasi keine Servolenkung. Die Kraft, die das Schiff lenken soll, muß von Muskeln aufgebracht werden. Bei schwerem Wetter werden dafür sechs Mann gebraucht. Wenn sechs Matrosen ein Steuerrad bewegen wollten, würden sie sich allerdings böse im Wege stehen. Deshalb sind drei Steuerräder hintereinander auf eine Welle gekoppelt, eins für je zwei Rudergänger. Bei ruhigem Wetter wie jetzt ist nur das vorderste der drei Räder besetzt. Auf einem Segler wird überhaupt anders gesteuert als auf einem Dampfer. Dort hält der Rudergänger den Kompaß und den Ruderlageanzeiger im Auge, hier aber wird nach dem Wind gesteuert. Dabei gerät das Schiff manchmal von dem auf der Seekarte vorgezeichneten Kurs ab. Um so wichtiger ist, daß der Rudergänger jederzeit dem Wachhabenden angeben kann, welchen mittleren Kurs er steuert. So bezeichnet man das Mittel, das sich aus allen Pendelungen des Schiffes nach Luv und Lee ergibt. „Was steuern Sie?“ - „Was können Sie noch halten?“, so höre ich den Wachhabenden oft genug fragen. Der Kommandant hat mir erklärt: „Wenn der Wind raumt oder schralt (raumen heißt Richtung verändern in einem für das Schiff günstigen, schralen in einem ungünstigen Sinne), wird ein guter Rudergänger seinem wachhabenden Offizier von sich aus melden, welchen mittleren Kurs er nunmehr halten kann.“ Ich weiß: Nur selten kann ein Segelschiff sein Ziel auf direktem Weg ansteuern. Es wird aber bei jedem Manöver versuchen, möglichst viel Raum zu gewinnen. Die Kunst der Kapitäne bestand seit jeher darin, aus allen Unbilden das beste herauszuholen - und das beste heißt bis heute: in kürzester Zeit das Ziel zu erreichen.
Wir bereden den Untergang der München. Wie dieser hochmoderne Tanker verloren gehen konnte, wird wohl immer ein Rätsel bleiben. Als die Nachricht kam, daß die größte Suchaktion aller Zeiten erfolglos war, mischte sich bei mir ins Erschrecken über die Katastrophe ein befremdliches Gefühl der Genugtuung darüber, daß die Elemente gesiegt hatten. Ich fühlte mich gewissermaßen auf Seiten von Wind und Wellen, stand gegen die Arroganz, mit der sich der Mensch zu ihrem Gebieter aufwirft, und gegen den dreisten Leichtsinn, mit dem er sich ihnen aussetzt. Wir sind uns alle einig: Ein Unglück wie das der München sollte ein Menetekel sein und nicht nur als Unfall mit Aktenzeichen registriert werden. Ich hätte Lust, gemeinsam mit dem 1O zu „beobachten“, das heißt mit dem Sextanten den Winkel zwischen zwei Gestirnen zu messen und so die Position des Schiffes zu berechnen, aber ich habe Angst, mich zu blamieren. Ich weiß nicht, ob ich es noch richtig kann: Um die Positionsbestimmung habe ich mich auf meinen früheren Schiffen nie kümmern müssen. Diese Arbeit hat bei der Kriegsmarine der Obersteuermann besorgt. Kein Wunder, daß ich es nie richtig gelernt habe. Auf der Gorch Fock ermittelt der wachhabende Offizier den Standort. Der 1-O läßt mir gar keine Wahl: Er steht auf einmal mit zwei Sextanten vor mir. Also gut: Beine leicht gespreizt, locker in den Kniegelenken federn dann den Sextanten vor das rechte Auge und die Gestirne anvisiert. Wie noch jedes Mal rührt mich das Handhaben dieses wichtigsten nautischen Instruments tief an: Genauso wie ich jetzt hat schon Kolumbus mit dem „Schinkenknochen“ gearbeitet, um die Position seines Schiffes zu bestimmen zu können. Für mich ist es wieder ein Wunder, daß ich die Sonne im Speigel-Sextanten auf die Kimm herunterholen kann. Ich setze mich ins Einvernehmen mit dem Gestirn, ich mache es mir dienstbar. Paß bloß auf! Ermahne ich mich selber, ja keinen Mist machen! Der 1-O liest die Gradzahl ab. Ich tue es ihm gleich. Ich habe zwei Grad mehr. Der Erste grinst, aber dieses Grinsen ist eher freundlich als verächtlich. Dabei sind zwei Grad Differenz kaum tolerierbar: Sie ergeben einen Positionsfehler von mehr als hundert Seemeilen. Zwischen dem Ersten Offizier und dem Kommandanten herrscht das denkbar beste Einvernehmen. Der 1-O hat mir den Kommandanten schon am ersten Bordtag als „besessenen Segler“ geschildert. Noch an jedem Tag hat der Alte bewiesen, daß er
das auch ist: Immer wieder hat er die Nase in die Luft gestreckt und den Flögel, einen kleinen Windsack, beobachtet, um auch ja keine Meile Fahrt unter Segel entgehen zu lassen. Einmal mußte nachts der Diesel angelassen werden, weil gar kein Wind mehr wehte. Es war, als schämte sich der Alte deswegen: Mit der ersten Morgenbrise - sie war schwach genug - mußten beide Wachen hoch zum Segelsetzen. Die großen Segler von einst, die keine Maschinen hatten, waren bei Flauten regelrecht aufgeschmissen. Ich habe Geschichten im Kopf von plötzlicher Windstille dicht vor dem Hafen, und das Schiff lag eine Woche fast unbeweglich, und die Matrosen wurden schier verrückt in ihrer Untätigkeit. Der blaue Streifen, der vor uns liegt, ist die Küste von Neuengland. Hier sind schon Pilgrim-Fathers gelandet. Was Wunder, daß die Amis soviel Wesens um die tall ships - die Großsegler - machen: Die Amerikaner begegnen, wenn sie uns sehen, ja quasi ihrer eigenen Geschichte. Das Flaggschiff der Parade wird Amerikas ältestes Kriegsschiff sein, die 187 Jahre alte Constitution, eine Dreimastbark wie die Gorch Fock, aber an jeder Seite mit einer Reihe von Stückpfosten für ihre Kanonen. Die Constitution kommt aus Charlestown. „Besegelt ist sie nicht“, sagt der 1-O, „dafür ist sie zu alt. Ein Wunder, daß der Kahn überhaupt noch schwimmt.“ Mit einem eingebauten Motor kann das historische Schiff immerhin noch kleine Fahrten unternehmen. Mir wird plötzlich bewußt, daß ich weder Ausweispapiere noch Geld in der Tasche habe. Wenn ich etwas zu trinken brauche, nehme ich es mir aus dem Eisschrank in der Pantry und schreibe „1 Bier“ oder „2 Säfte“ und meinen Namen in die Kladde mit den rosa Kassenbons. Schon geregelt. Was für ein angenehmes Dasein. Daheim
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taste ich, wenn ich von meiner ländlichen Behausung aus in die Stadt fahren muß, nervös an mir herum, ob ich auch alles Nötige bei mir habe. Hier brauche ich nicht einmal einen Schlüsselbund, geschweige denn einen Führerschein. „De armen Lüd an Land!“ Wie recht der Smutje hat, wenn er seinen Standartspruch mit schöner tragender Stimme anbringt. Zu meinem einfachen Leben gehört auch, daß ich mir meine Unterwäsche selber wasche. Der Versorgungsoffizier spendet mir dazu Waschpulver. Das Waschbecken genügt als Zuber. Beim Rubbeln werden meine teerverdreckten Fingernägel auch gleich mit sauber: Doppeleffekt. „Das wird ein schöner Rummel!“ sagt der 1-O und meint die Festivitäten für die tall ship in Boston. „Gerammelt volles Programm vier Tage lang. Da gibt´s für unsereinen keine Stunde Ruhe.“ Ich tue ihm den Gefallen und frage: „Was passiert denn da alles?“ Gleich haspelt der Erste los: „Sportwettkämpfe, Fußball, Schwimmen - und dann natürlich open
ship - das ist das schlimmste.“ „Auch richtige Bälle mit Ladys?“ frage ich nach. „Und ob!“ macht der IO und verdreht theatralisch die Augen. „Außerdem Old New England Buffet on the Esplanade, vom Rotary Club, Konzert der US Marine Corps Band, Gottesdienst gleich hier an der Pier, dann ein Konzert der US Coast Guard Band im City Hall Plaza … Unser Chor muß da auch auftreten. Na, und so weiter bis zum Riesenbrillantfeuerwerk. Am vierten Juni zwei Uhr nachmittags beginnt dann Gott sei Dank die Regatta nach Kristiansand.“ „Hartes Leben an Bord!“ sage ich und grinse dazu so ostentativ, daß dem IO gar nichts anderes übrig bleibt, als mit gespieltem Neid zu sagen: „Sie haben es gut, Sie sind dann schon wieder zu Hause.“ Wie könnte ich dem Ersten klarmachen, daß ich das gar nicht als schön empfinde und verdammt gern bis Kristiansand an Bord bliebe? Ich bräuchte lange dazu. So konterte ich lieber: „Ihr Kommandantengebrüll wird mir fehlen!“ Als unser Anker fällt, ist die Reise fast zu Ende. Die verkehrte Reihenfolge meiner Schiff hatte etwas Verwirrendes: Eine Fahrt auf dem Segelschiff ist für mich erst sehr lange nach den Kriegsschiffen und lange nach dem Atomschiff gekommen. Wenn ich der normalen Genealogie der Schiffe gefolgt wäre, hätte ich seinerzeit vom Faltboot mit dem Treibersegel auf ein ordentliches Segelschiff umsteigen wollen. So hatte ich es mir auch in den Kopf gesetzt. Aber der Führer befahl, und ich hatte zu folgen. Mein nächster schwimmender Untersatz wurde der Zerstörer Karl Balster. Ich holte jetzt also Versäumtes nach. Daß ich mich dabei um viele Jahre verjüngt fühlte, ist eine merkwürdige Erfahrung dieser Reise. Der winzigste Hubschrauber, den ich je sah, kommt dicht über dem Wasser herangetänzelt, als wir gerade den Ankergrund vor Boston erreicht haben. Der Pilot scheint sich zu freuen, daß er Publikum gefunden hat und vollführt nun eine Reihe von Pirouetten. Wenn er tief kommt, bügelt er das Wasser flach und überzieht es mit einer Gänsehaut. Boston, Army-BasePier. Während auf dem Deck der Gorch Fock aus Flaggen eine Art Partyzelt errichtet wird, blättere ich noch einmal im Logbuch und lese die letzten Eintragungen nach, bis hin zur Notiz: ENDE DER SEEREISE. Der Mann, der das hinschrieb, hat Sinn für Gewicht und Würde dieser finalen Eintragung bewiesen: Er hat Großbuchstaben gewählt. Fotos: Michael Brzoza, PIZ Marine, Besatzung „Gorch Fock“
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Lothar-Günther Buchheim Lothar-Günther Buchheim, deutscher Schriftsteller, Verleger, Maler und Kunstsammler, * 6. 2. 1918 Weimar, † 22. 2. 2007 Starnberg; im 2. Weltkrieg Marineleutnant; gründete 1951 den Buchheim-Verlag; wurde international bekannt durch den dokumentarischen Roman „Das Boot“ (1973, 1981 verfilmt); weitere Werke: Künstlerbiografie „Picasso“ 1958; „Die Festung“ 1995; „Der Abschied“ 2000; sein 2000 in Bernried (Oberbayern) gegründetes „Museum der Phantasie“ umfasst seine bedeutende Sammlung von Bildern des deutschen Expressionismus („Sammlung Buchheim“). Zwischen 1978 und 1985 erschienen weitere Reiseberichte und Fotobücher. Unter anderem auch „Gorch Fock“ (1982) Auszeichnungen und Ehrungen 1983 Bundesverdienstkreuz 1985 Ehrendoktor der UniversitätGesamthochschule Duisburg für seine kunstwissenschaftlichen Arbeiten. Kurz vorher wurde er zum Professor ernannt. 1986 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland 1988 Bayerischer Verdienstorden 1992 Ehrenbürger der Stadt Chemnitz, 2001 zurückgegeben, weil eine Ausstellung seiner umstrittenen Kriegszeichnungen scheiterte 1993 Ernst-Hoferichter-Preis (gemeinsam mit Asta Scheib, Helmut Seitz) 1996 Großes Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland 1998 Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst. Buchheim-Museum in Bernried am Starnberger See buchheimmuseum.org
Unvergessen
K i el er Wo che 20 11 Moin Moin, liebe Freunde der „Gorch Fock“! Seit der Indienststellung der „Gorch Fock“ 1958 hat es das noch nicht gegeben. In Kiel findet das größte maritime Fest, die KIELER WOCHE, statt und das Segelschulschiff der Bundesmarine, das Schiff, das als Botschafter für die Bundesrepublik Deutschland wichtige Impulse der jungen deutschen Demokratie in alle großen Häfen der Welt getragen hat, bleibt an der „Kette“… – nein – bleibt festgemacht an der Pier und nimmt nicht als Flaggschiff an der Windjammerparade teil. Dies liebe Segelfreunde trotz der abgeschlossenen Untersuchungen der Marinekommission und trotz der geschlossenen Akte der Kieler Staatsanwaltschaft! Die Besucherzahlen beim OPEN SHIP am Samstag und Sonntag sprachen für sich: Unser Schiff ist und bleibt, obwohl Verunglimpfungen, Vorverurteilungen durch bestimmte Presseberichte an der Tagesordnung waren, das beliebteste Schiff der Deutschen. Niemand kann sich wirklich vorstellen, dass man sich gegen eine weiter Verwendung der Bark als Ausbildungsschiff entscheiden wird. Die Havariekommission unter der Leitung von Kapitän zur See Michael Brühn hat ihren Bericht dem Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Axel Schimpf, vorgelegt. Im Vordergrund standen Empfehlungen wie in Zukunft Unfällen vorgebeugt werden könne. Weiter Einzelheiten dazu finden sich auch auf der „Gorch Fock“-Homepage www2.gorchfock.de.
Johann Untenberger, überall auf der Förde bekannt als „Hannes“ hatte noch einen Platz auf der gleichnamigen Admiralsbarkasse der RK Marine Kiel frei und so konnte unser Mitglied Michael Brzoza mit an Bord zur Windjammer-Parade.
damit die zukünftigen Lehrgangsteilnehmer das klettern wieder erlernen sollen (weil bekannter Weise nicht mehr genügend Bäume zur Verfügung stehen). Zumindest so lange, bis die nun bewilligte Kletter- oder Übungsmastanlage zur Verfügung steht. So neu ist die Idee mit dem Übungsmast ja auch nicht: in Livorno/Italien steht solch ein Übungsmast. Mit Netz und doppeltem Boden! Von den Italienern können wir lernen, hieß es ja schon einmal aus dem Hause Könighaus (Wehrbeauftragter des Bundestages (FDP). Und: In Italien sei noch nie ein Kadett aus der Takelage gefallen …!
In Berlin scheint auch nicht bekannt zu sein, dass die als Vollschiff geriggte Fregatte „Amerigo Vespucci“, seit ihrer IndienstDie „Gorch Fock“ wird nun in Zukunft stellung traditionell die Offiziersanwärfür zwei Monate nach Flensburg verlegt, ter der Marinekameraden ausbildet und ausschließlich von der Stammbesatzung gesegelt wird. Sie ist ein schwimmender Hörsaal. Die Kadetten können nicht aus der Takelage fallen – denn sie entern nicht auf! Die Besatzung besteht aus 2 Kapitänen, 24 Offizieren, 34 Unteroffizieren und 200 Mannschaften sowie 150-190 Kadetten. Es befinden sich also 450 BesatDie aus Stahl gebaute Viermastbark Sedow wird von zungsmitglieder an Bord. Russland als Segelschulschiff genutzt …
Übrigens: Ein großer Teil der ersten „Gorch Fock“-Besatzung verrichtete 1958 für sieben Monate auf diesem bemerkenswertesten und ganz zweifellos auch prunkvollsten italienischen Schulschiff seinen Dienst und lernte so ihr seemännisches Handwerk, – lernten also von den Italienern! Die „Gorch Fock“, sie bleibt unsere Botschafterin unter weißen Segeln! Reinhard Claves 2. Crewchef ehem. Stammbesatzung der Fotos: Michael Brzoza „Gorch Fock“
… und ist das größte noch segelnde traditionelle Segelschiff der Welt. BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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Michael Brzoza
Die EAGLE besucht Hamburg
Als ich mich am Freitag, dem 3.Juni 2011, in der Früh` auf den Weg nach Hamburg machte, war ich schon sehr aufgeregt. Heute sollte SIE in den Hamburger Hafen einlaufen. Die EAGLE, jenes Schiff das ich im letzten Jahr in seinem Heimathafen New London USA besucht hatte. Es wird ein Widersehen mit Captain Eric Jones geben mit dem ich seither in E-MailKontakt stehe. Das Segelschiff war vor fast genau 75 Jahren in Hamburg vom Stapel gelaufen. Dieses Jubiläum wollte man jetzt feiern. Gegen 9.30 Uhr traf ich mich mit einigen Herren des Landeskommandos Hamburg die mir ermöglichten, jetzt ganz nah dabei zu sein.
Admiral Harry Harris würdigte die gute Zusammenarbeit der beiden Völker.
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Gegen 10.00 Uhr legte die EAGLE am Container Terminal ab und fuhr direkt an den Landungsbrücken vorbei. Die jungen Kadetten (davon 60 weibliche) standen in den Wanten und Rahen und waren sichtlich überrascht, welchen Empfang Hamburg vorbereitet hatte. Das Marinemusikcorps spielte die amerikanische und deutsche Nationalhymne als die EAGLE mit der Steuerbordseite, von zwei Schleppern manövriert, an den Landungsbrücken festmachte. Das Wetter spiele mit, die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel – und die nächsten vier Tage sollte es so bleiben . Die ersten Vertreter der Stadt Hamburg, die amerikanische Generalkonsulin Mrs. Imni
Patterson mit Bodygards gingen an Bord um den Kommandanten und die Besatzung zu begrüßen. Kurz danach konnte ich mit Kapitän Beyer vom Landeskommando an Bord gehen um der Pressekonferenz mit Cpt. Jones am Ruder der Bark aus dem Jahre 1936, zu lauschen. Eine Stunde später war dann für die interessierten Freunde der Bark OPEN SHIP. Ich hatte eine Einladung zum Abendempfang an Bord. Über 100 geladenen Gäste wurden persönlich von Cpt. Jones begrüßt. Das von den Köchen an Bord gefertigte Buffet konnte sich sehen lassen: verschiedene Fleischspezialitäten, Scampis, Schokolade, Pralinen, Kekse, Biersorten und Getränke aller Art made in USA.
Cpt. Eric Jones und Generalkonsulin Patterson im Gespräch mit den Medien.
Die anschließende Rede des Kapitäns erinnerte an die Geschichte der EAGLE und die gute Pflege während der 10-jährigen Fahrt unter deutschem Kommando. Aber, so fuhr er fort, auch die Amerikaner haben die letzten 65 Jahre diese gute Pflege fortgesetzt. Auf der Überfahrt über den Atlantik war die EAGLE in einen Sturm geraten und die Schräglage der Bark bis zu fast 45 Grad war schon eine Herausforderung für Kapitän und Besatzung. Der nächste Besuch solle auch nicht erst wieder in 15 Jahren in Hamburg sein. NATO Admiral Harry Harris würdigte die gute Zusammenarbeit der Deutschen und Amerikaner in der NATO auch bei ihrem Einsatz in Afghanistan. Die anschließenden Gespräche in gemütlicher Runde brachten
viele neue Bekanntschaften und interessante Erkenntnisse. Vertreter der Werft Blohm & Voss und das Landeskommando luden zum Empfang auf der „Rickmer Rickmers“, die neben der „Eagle“ als Museumsschiff an den Landungsbrücken liegt. Auch hier wurden viel Reden gehalten und Gastgeschenke ausgetauscht. Am Samstag und Sonntag war das Schiff für die Hamburger jeweils von 10.00 bis 19.00 Uhr zur Besichtigung frei gegeben. Für viele der jungen amerikanischen Kadetten war es der erste Besuch außerhalb ihrer Heimat. Im Vorfeld schon hatte ich zu einem „Ehemaligentreffen“ am Sonntag auf das Schiff
Segelschulschiffkameraden: GüntherBender, Heinz Rüdiger und Emil Babich (USA).
eingeladen. Einige Monate wurden für die Vorbereitung benötigt, Adressen und Namen ausfindig zu machen, Kameraden anschreiben und Telefonate geführt. Viele Ehemalige die auf der „Horst Wessel“ gefahren sind hatten aus gesundheitlichen Gründen abgesagt doch vier Kameraden folgten erfreut meiner Einladung. Mit einer kurzen Ansprache versammelten wir uns alle am Ruderstand wo auch Kameraden die auf der „Gorch Fock“ (I) gefahren sind hinzu kamen. Es war schon ein sehr emotionales Treffen und die Erinnerungen trugen dazu bei. In meiner Ansprache erinnerte ich an den Stapellauf am 13. Juni 1936 und die 1946 erfolgte Reparationsleistung mit der das Schiff an die USA ging.
Cpt. Jones bedankt sich bei Michael Brzoza. BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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Robert Riekers –Buddelschiffbauer
Besonders stolz begrüßte neben Heinz Rüdiger und Hans Westphal auch Prof. Dr. Willy Starck und Emil Babisch, die das Schiff 1946 von Bremerhaven über Funchal, Bermuda und New York nach New London USA überführt hatten. Emil Babisch war extra aus New Jersey zu diesem Treffen eingeflogen. Anschließend übergab ich das Wort an den Kommandanten in dem ich ihm seine neue Crew vorstell-
Lt. Ted Hubbard führte uns anschließend durch das Schiff. Am 06.Juni 2011 gegen 10.00 Uhr verließ die EAGLE Hamburg mit dem Ziel London. Hier wird ein großer Teil der Kadetten und Stammbesatzung gegen eine neue Crew ausgetauscht. Ich kenne Cpt. Jones seit gut einem Jahr als einen sehr intelligenten und bescheidenen Menschen, den ich als Freund sehr schätzen gelernt habe. Er führte das Schiff zurück über Reykjavik, Halifax, Bosten, New Bedford und New York nach New London Ct., dem Heimathafen der EAGLE. Mein letztes Foto schoss ich dann in Blankenese, als das stolze Schiff mit Motorkraft die Elbe Richtung offene See fuhr.
Michael Brzoza und der 1. Offizier der EAGLE Jorge Martinez.
Bericht und Fotos: Michael Brzoza
te, die die beste der Welt sei, die größte Erfahrung hätte und sofort in die Takelage aufentern könnte. Er lachte daraufhin herzlich und begrüßte die Ehemaligen der „Horst Wessel“ und der „Gorch Fock“. Da der Kommandant von unserem Besuch wusste, hatte er kurz vorher den Schriftzug „US COAST GUARD EAGLE“ am Ruder abschrauben lassen so das der original Schriftzug sichtbar wurde: „Segelschulschiff HORST WESSEL“.
Das Steuerrad der EAGLE.
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Die EAGLE auf der Elbe bei Blankenese.
Buddelschiffwerft · Robert Riekers Langenfelde 36 · 24159 KIEL-Schilksee Tel. 0431-37 36 61 · Funk 0179-2039037 Und wer will, bekommt vom Werftbesitzer auch eine Anleitung zum Selbstbau!
Fotos: Michael Brzoza
… das war ich mal vor 67 Jahren – hier auf diesem Schiff, erklärt Heinz Rüdiger stolz.
Eine der am häufigsten gestellten Fragen an Robert Riekers ist die, ob er all die Schnapsflaschen, in denen jetzt die Schiffe schaukeln, selbst geleert habe, entgegnet der Buddelschiffbauer dann immer: „Bei dem ganzen Schnaps wäre ich doch schon längst ertrunken.“ Aus diesem Grund ist Riekers wahrscheinlich auch der einzige Mensch auf dieser Welt, der sich über leere Schnapsflaschen mehr freut als über volle. „Schön sollten sie natürlich auch sein“, sagt der Kunstliebhaber. „Sie dürfen keine Schlieren haben, da der Nachbau sonst verschwimmt und einem bei längerer Betrachtung auch ohne Schnaps gar schwindelig wird.“ Am schönsten sind Riekers Meinung nach darum auch die Flaschen, die aus einem Stück gegossen sind. Da diese aber sehr alt und darum auch sehr teuer sind, verwendet er auch oft herkömmliche Industrieflaschen. Auf die Idee, Buddelschiffe zu bauen, kam er erstmals 1988. Für gerade einmal fünf DM erwarb er damals eine uralte Bark. Mit dieser Vorlage und der geliehenen Fachliteratur machte er sich dann an seine ersten Modelle. Allerdings landeten die allesamt im Altglascontainer. „Noch nicht einmal mehr Pfand hätte ich für diese ersten Buddelschiffe bekommen“, lacht Riekers, „so schrecklich waren sie.“ Anfangs hatte der gelernte Schiffbauer mit den winzigen Modellen so seine Probleme „Das fing schon beim Reinigen der Flasche an. Leitungswasser reicht da nicht aus. Mit Essig- oder destilliertes Wasser bekommt er die Flasche so sauber, dass man eine Zeitung durch sie lesen kann. „Das Buddelschiffbauen ist eine reine Erfahrungssache“, sagt er. „Bis man mit den ganzen Techniken vertraut ist, braucht es einfach seine Zeit.“ Wer einen wirklich guten Nachbau der „Gorch Fock“ als Buddelschiff sucht, wird hier sicher fündig.
Helmut Berthold Schwarz (Blacky)
Di e „ Go r ch Foc k “ Meine Zeit als Offizier auf der „Gorch Fock“ Teil II Als Leutnant zur See zurück auf die „Gorch Fock“
Super! Wenn man sein Hobby zum Beruf hat, kann man sich glücklich preisen. Wenn selbst dann die geheimen Träume Realität werden ist das Glück und Erfüllung. Nun als Mitglied vom Stamm fühlten wir uns als ein Teil der Elite der Marine. Uns erfüllte ein gewisser Stolz und eine Bereitschaft, das Beste zu geben. Und Härte störte uns nicht, nein sie gehörte dazu! Heute, im Alter über 70 und nach wiederholten Wiedersehen mit „meiner“ GORCH FOCK, denke ich oft, dass die Änderungen der Lebensbedingungen an Bord vielleicht doch keine Verbesserungen sind. Uns hob die Härte über den Durchschnitt und wir fühlten uns gut so. Als „Neuer“ an Bord wurde ich standesgemäß im U-Raum und bei den Mannschaften „abgefüllt“. Erlebte die Frotzeleien zwischen den einzelnen Fachrichtungen. Heizer gegen Seeleute und alle gegen die Funktionäre usw. Unsere Zivilisten in der Bordcrew feierten überall mit. Als da waren: Koch, 2 Stewards, Friseur, Schuster und nicht zu vergessen, der unvergessene und unvergessliche Schneider Sladeck.
Nun, er kam sich aus Kattowitz und sprach nicht so richtig deitsch! Und kultivierte dies. Er trug eine randlose Brille und stets ein verschmitztes Lächeln zu Schau. „Nu´, bin ich ä Flickenschneider“? Nein, war er nicht, er war ausgezeichnet in seinem Beruf und verpasste mir Maßuniformen die sich sehen lassen konnten. Eine eigentlich dem SVO zugedachte größere Kammer lehnte ich ab und bevorzugte und bekam die Kammer, die direkt an das Krankenrevier anschloss. Der Grund war einfach, ich hatte eine Musikanlage mit Plattenspieler und sehr viele Schallplatten. Nur im Revier gab es Wechselstrom. Ein kleines Kabel - und schon hatte ich meine Musik.
Mein Motorrad Nun, ich war knapp 29 und machte mit meiner 600er BMW an Wochenenden so meine Abstecher nach Hamburg und in andere Gegenden. Das Motorrad – eine todschicke Maschine mit Vollverkleidung. Da fällt einem doch auf, dass so ein Motorrad auf unseren Auslandsreisen eigentlich eine verdammt gute Sache wäre. Schöne warme, trockene und oft mediterrane Gegenden. Für Motorradtouren eigentlich gut geeignet. Kapitän zur See Lohmeyer hatte gerade Kapitän Engel abgelöst und so fragte ich einmal nach, wie es denn wäre, mein Motorrad mitzunehmen. Ich bekam die salomonische Antwort: „aber ja, – wenn es in den Lasten keinen Platz wegnimmt und ich es an Oberdeck nicht sehe, – warum nicht!“
einer Flasche Ballentines (12 years old), versprach, mein Motorrad so zu verstauen, dass es den vorgegebenen Auflagen entspräche. Da war ich aber gespannt! Am frühen Morgen, kurz vor dem Auslaufen war es so weit. Großstengestagsegelfall oder Ladebaumgeschirr – ich weiß es nicht mehr, jedenfalls schwebte mein Motorrad an Bord und verschwand rückwärts in der Kajüte der Kommandantenjolle, die sich auf dem Achterback befand. Die Motorradverkleidung wurde auf die Sitzbank abgeklappt, Persenning wieder rüber, und es nichts war mehr zu sehen! Ein bisschen mulmig war mir schon. Aber gesagt ist gesagt und getan ist getan. Die 19. AAR begann und es war alles klar. Bis, ja bis auf Stockholm. Ich hatte als WO das Schiff unter Segel vor Anker gebracht und wir warteten wie üblich auf Kontakte von Land um das Programm und die obligatorischen Veranstaltungen und Empfänge abzusprechen. Aber niemand kam. Immer noch nicht! Funkverkehr nicht ausreichend.
Übersetzt hieß das ganz klar „NEIN“! Zur Ausrüstung des Schiffes staute ich selber mit, um alles unterzubringen und wusste daher – Platz gab es da nicht.
„Schwarz, lassen sie meine Jolle klarmachen und aussetzen, ich will selbst sehen was da los ist“. „Der Adjutant, Oberleutnant zur See Hühne, soll sich klar machen, er fährt mit“!
Am 30.Juli 1965 wurde ich Oberleutnant zur See und feierte auch mit der Besatzung, die von meinem Dilemma gehört hatte. Ich weiß nicht mehr genau, ich glaube es war Obermaat Paul, der mir natürlich gegen das damals übliche „Honorar“,
Schreck lass nach! Darauf ich: „Aber Herr Kap´tän, der Kutter mit Schabracken ist doch viel stilechter und so an Land gepullt, das macht doch was her“! „Was bei dem Regen?“ „Aber es klart doch schon auf dahinten!“ „Schwarz, haben sie getrunken?“ BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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Brasilien!“ Das Ehepaar blickte sich hilflos und verwirrt an und ließ uns stehen. „Wir sind von der „Gorch Fock“ hätte alles erklären können. Wir beließen es aber dabei nichts zu sagen. Es hat uns halt amüsiert. Noch viele Geschichten könnte ich über die Erlebnisse mit meinem Motorrad erzählen und es waren viele spaßige Momente dabei.
„Nein Herr Kap´tän, aber Jolle geht nicht, da steht mein Motorrad drin“. Nun, zumindest an diesem Tage war das Verhältnis zwischen dem Hause Lohmeyer und dem Haus Schwarz stark getrübt. Später aber, auf kommenden Reisen ist er gerne auf dem Soziussitz geklettert und wir haben tolle Ausflüge gemacht. Eine Motorradtour mit Lohmeyer ist noch bemerkenswert: Wir waren im Dezember 1966 von Casablanca nach Lissabon gesegelt um dort über Weihnachten und Sylvester zu überwintern. Schulschiff „Ruhr“ nahm die alte Crew mit zurück nach Deutschland und versorgte uns. Zweck der Unternehmung war unsere nächste Auslandsreise, die uns nach Brasilien führen sollte. Von Lissabon aus war es bedeutend näher und die Trockenausbildung der neuen Crew im warmen Portugal war einfacher. Lohmeyer und ich lernten die Stadt per Motorrad kennen, hatten Spaß und eine unsere Fahrten brachte uns auf die Festung Santa Barbara. Wir waren im saloppen Zivil. Hier parkten wir mein Motorrad, das ja Kieler Kennzeichen hatte neben einem BMW, der ebenfalls Kieler Kennzeichen hatte . Welch ein Zufall! Nach eingehender Besichtigung der Festung, die mit der Überraschung verknüpft war, welche der Kanonen wir als künftiges Salutgeschütz klauen wollten, kehrten wir zum Motorrad zurück und trafen da das deutsche Ehepaar, das mit dem BMW gekommen war. Wie üblich begrüßten sich Deutsche im Ausland: „Hallo, wie geht`s wie steht`s“? Dann kam die Frage: „ sind sie auch über Spanien gekommen“? „Nein“! Nun, auf dem Landwege, immerhin mit einem Motorrad geht das nur via Spanien. „Ach, dann sind sie mit der Fähre gekommen“? „Nein“! „Ja wo kommen sie denn jetzt her“? „Aus Casablanca“. Verblüffte Gesichter. Immer noch freundlich: „Und wo wollen sie jetzt hin“? „Nach
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Im vorigen Hafen Casablanca hatte mich eine Grippe erwischt und unsere „Rauschkugel“ Stabsarzt Dr. Lossien hatte mich mit Unmengen von Medikamenten soweit wieder hergestellt, dass ich den bei unsere Ankunft fälligen Empfang an Bord wie üblich gestalten konnte. Diplomatie, portugiesische Marine, Honoratioren und Militär etc. Es gab also wie wir seinerzeit auf der „Gorch Fock“ sagten, „Sandwich und Service“. Meine Zuständigkeit. Aber, das schärfte unsere „Rauschekugel“ mir noch ein: „Keinen Alkohol“! Einer der Gastgeber zu sein und sich dabei abstinent zu verhalten, – das geht doch nicht. Also hatte ich etwas getrunken und dann noch etwas und fühlte mich großartig. Mein Motorrad stand auf der Pier und das Poopdeck war aufgeklart. Die Flaschen wieder unter Verschluss. Mein Job war erledigt. Alles klar. Da überkam es mich. In voller Gala-Uniform aufs Motorrad und ab in die Innenstadt auf die „schmutzige Meile“. Texas bar – da war meine Stammbesatzung. Keine Kneipe für Offiziere und schon gar nicht in Uniform. Ich wurde mit großem Hallo begrüßt, gab eine Runde, bekam meinerseits Drinks spendiert und feierte eben mit oder führte, wie in Hafenbar`s üblich, mit Irgendwem tiefsinnige, selbstredend unglaublich „wichtige Gespräche“. Dann kam OGfr. Bogdanski, Kombüse, und bat um Verlängerung seines Landurlaubs. Natürlich gewährt. Irgendwann, etwas später kamen zwei von der Militärpolizei der portugiesischen Marine. Wie ich heute meine, wollten die nichts von uns. Aber in mir waren alkoholische Beschützerinstinkte für Bogdanski erwacht, ich hatte ihm doch Verlängerung gewährt! Eine andere Zeit als auf der Urlaubskarte stand. Also: ich winkte die beiden von der MP heran und machte ihnen klar, dass ich nur mit einem Offizier sprechen würde usw. usw. Die beiden standen wie eine Eins, salutierten und hieben ab und wir amüsierten
uns köstlich darüber. Nicht für lange Zeit, denn dann tippte mir ein Kapitänleutnant der portugiesischen MP auf die Schulter und meldete sich zur Verfügung. Er hatte 2 Maate und 10 Mann dabei – wat sachste nu? Etwas nüchterner -(meinem Zustand muss man sicherlich den Pillen der „Rauschekugel“ unserem Stabsarzt zuschreiben - nicht etwa meinem Alkoholkonsum, nein nein), hätte ich abgewinkt und alles auf null gedreht. Aber so nicht. Um es kurz zu machen; ich ließ dort Razzia machen, da ich angeblich einen Offizier der „Gorch Fock“ suchte der sich in einem der oberen Räume der Bar befinden sollte und nicht wieder erschienen war. Natürlich war das nicht der Fall. Die MP zog sich zurück und ich sollte etwas unterschreiben. Das ernüchterte mich etwas. Ich sagte ihm das so etwas nur vom IO zu unterzeichnen wäre und er solle sich deswegen morgen zum Schiff bewegen. Auf mein Motorrad und zurück an Bord. Oh nächtliches Lissabon – was war das für eine Fahrt! Wache gewahrschaut, den Steward zu wahrschauen und ab in die Koje. Rudloff, unser Offizierssteward, weckte mich rechtzeitig mit einem Glas Tomatensaft mit Tabasco. Kalt duschen und dann eilte ich zu „Guschi“, Fregattenkapitän Gustav Reichard, seines Zeichens IO (erster Offizier) der gerade beim Rasieren war, nass natürlich. Ihm erzählte ich die Geschichte von meinen Erlebnissen und vor lachen hat er sich zweimal geschnitten. Gleich nach dem Frühstück erschienen sie. Der Kaleu der MP, ein hoher Dienstgrad der Marine und der Polizeipräsident von Lissabon und noch zwei Herren. Wir zusammen erst einmal in die Messe, alle tüchtig bewirtet. Steward Rudloff sorgte immer wieder für Nachschub. Sein Antlitz lächelte milde – er war für solche Fälle im Bilde. Irgendwann unterschrieb irgendeiner das Stück Papier sehr unleserlich – und alles hatte seine Ordnung. Die Herren wurden noch überall an Bord herumgeführt und bei Fragen nach unserem Wohlbefinden in Lissabon, das wir über alles lobten – die Altstadt, die Architektur, die hehre Vergangenheit, die Fados, Heinrich den Seefahrer usw.! Nicht zu vergessen, das war noch zu Zeiten von Salazar und das Militär hatte hohes Gewicht und es gingen stets militärische Doppelposten Streife.
Teil 3 (Brasilien, Karneval in Recife) erscheint im nächsten Heft.
Hans-Jürgen Günther
Di e „ Go r ch Foc k “ bleibt ei n Te il m eine s Lebens! Schon früh gab es bei mir einen Lebenstraum – Seefahrt! In Kassel geboren und aufgewachsen konnte ich mich mit 18 Jahren endlich beim Seegrenzschutz bewerben. Alle Ausbildungsplätze waren leider belegt und nur bei den „ grünen Kameraden“ des Bundesgrenzschutzes in Höxter an der Weser konnte ich beginnen. Als 1956 die Bundeswehr aufgebaut wurde, wechselte ich als Maat zum Schiffstammregiment nach Wilhelmshaven, das im November gleichen Jahres nach Glückstadt verlegt wurde. Es war nur ein kleiner Stab unter Führung von Kapitän zur See Werner Hartmann, der als U-Boot Flottillenchef und Ritterkreuzträger im 2. Weltkrieg zu Ansehen kam. Meine neue Aufgabe als VS 61 (Versorger) führte mich direkt ins Vorzimmer des Regimentkommandeurs als Brieftagebuchführer. In besonderer Erinnerung aus dieser Zeit war die Verabschiedung des Segelschiffs „Pamir“ zu seiner letzten Reise. Sie sank am 21. September 1957 in einem Hurrikan. Am 01.07.1957 wurde ich zum Obermaaten befordert. Mein Ziel ein Bordkommando zu bekommen war nur durch einen Laufbahnwechsel zum Refü, VR 64,
zu erreichen. Von Januar bis März 1958 besuchte ich den Rechnungsführer-Lehrgang an der Marineversorgungsschule in Neustadt. Mit der Nachricht, ich hätte ein Glückslos gezogen, überraschte mich mein Lehrgangsoffizier:
„Sie kommen zum Kommando Segelschulschiff“! Meine anfängliche Enttäuschung nach Flensburg auf die dort stationierten kleinen Segelboote „Monsum“ oder „Mistral“ und an Land versetzt zu werden, wich bald meinem Erstaunen mit der Versetzung nach Hamburg. Am 1. April trat ich auf dem Wohnschiff „Alter Hafen“ meinen Dienst als Refü für das Kommando Segelschulschiff an. Von der Besatzung, also meinen neuen Kameraden, hatte ich nur namentliche Listen. Nur wenige waren vor Ort, ein Teil befand sich für Monate zum Segeltraining auf dem italienischen Segelschulschiff „Amerigo Vespucci“, ein anderer Teil war in Bremen auf dem Schulschiff „Deutschland“. Weitere Kameraden waren zu einer Segelmacherei nach Glückstadt abkommandiert. Es waren unvergessliche und spannende Monate in der Werft Blohm & Voss, in der ich die Zusammenfügung aus vielen Stahlteilen und die Vollendung der „Gorch Fock II“ miterleben durfte. In diese Zeit viel auch der Beginn meines privaten Glücks. Ich hatte mich verliebt – an Land festgemacht – während ich beruflich davor stand in die große weite Welt aufzubrechen. Die „Gorch Fock“ sollte von Hamburg nach Kiel, ihrem neuen Heimathafen, verlegt werden. Als Refü wusste ich genau das ein Trennungsgeld vorgesehen war. Für eine junge Familie war das damals viel Geld. Ein Antrag auf Heirat war zu der damaligen Zeit üblich und so musste ich beim IO Korvettenkapitän von Gernet auf die Kammer antreten. In seiner legendären ostpreußischen Art machte er mir klar, dass ich den vielen Verführungen als Verheirateter standhaft gewachsen sein müsste. Im November 1958, im Jahr der
Indienststellung der „Gorch Fock“, heiratete wir, im Dezember ging es nach Kiel.
Die Reisen mit dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ Mit meiner Planstelle als Obermaat war ich auf den ersten Reisen als Refü und Bordkantinenverwalter eingesetzt. Bei schwerer See wurde häufiger im Kartenhaus und am Radarschirm ausgeholfen. Als Refü-Gehilfe wurde mir der Gefr. UA Danninger zugeteilt. Er war ein echter Bayer vom Schliersee. Mit seinem Musikinstrument, eine Zither; sangen wir häufig im U-Deck das Lied „Wir wollen ein Bier seh`n, so groß wie der Schliersee“ usw. Bei Empfängen, die der Kommandant im Ausland gab, musste Danninger an Oberdeck musikalische Hintergrundmusik spielen. Den ersten „Aufreger“ bei der ersten AAR passierte im Hafen von Ostende in Belgien. Am letzten Tag vor dem Auslaufen mussten jeweils die getauschten Belgischen Franc in DM zurückgetauscht werden. Das dauerte alles länger als geplant. Im Hafen zurück war die „Gorch Fock“ schon ausgelaufen. Nach kurzer Überlegung wandte ich mich an die Hafenlotsenstelle, die meine unglückliche Situation sofort begriff und das Lotsenboot klar machte. Das Hallo der Kameraden an Oberdeck war entsprechend laut und turbulent. Dem Kommandanten war mein Fehlen beim Auslaufen nicht gemeldet worden. Mit einer Strickleiter und einem Tau, an dem meine Aktentasche mit dem Geld festgemacht war, ging es zurück an Bord.
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Gehilfen von der „Gorch Fock“ wieder. Erst als er mein Seefahrerabzeichen an der Uniform sah, klickte es auch bei ihm. Die Begrüßung war herzlich und zum Ende der MOB-Übung konnte ich meinem Maaten die Urkunde zum Oberfeldwebel der Reserve aushändigen. Das Seefahrerabzeichen an der Uniform wurde im Rahmen des internationalen militärischen Fünfkampfs (CISM Meisterschaft 1980 in München) zum Gegenstand von Fragen. Zur Begrüßung erschien der General der Pionierschule Dybles, der mich verwundert anschaute, kannte er doch jeden Pionieroffizier nur nicht das Seefahrerabzeichen, bis ich ihn aufklärte Bei der vierten AAR 1960 gewann die „Gorch Fock“ die Regatta von Cannes nach Ischia. Um unsere seemännischen Unteroffiziere zu schonen, wurde ich als Funktionär an Bord zu einer internationalen Wache in die Festung Santa Lucia vor Neapel befohlen. Eine einmalige Erfahrung für mich, zusammen mit zwei amerikanischen Militärpolizisten, einem französischen Corporal und einem italienischen Unteroffizier der zugleich unser Fahrer war, mit weißer Uniform und schwarzem Koppel auf Streife zu gehen. Im Hafen von Neapel lag damals die US-Flotte und die Kneipen waren voller Marines die bei unserem Erscheinen sofort Ruhe gaben.
folgten. Der Antrag auf ein Landkommando aus familiären Gründen wurde abgelehnt. Dem Antrag auf Streitkräftewechsel zum Herr wurde stattgegeben. Darunter habe ich Anfangs sehr gelitten, da ich im Herzen Mariner war und auch immer geblieben bin.
Der weitere Werdegang
Durch meine gute Ausbildung ging es mit der Laufbahn rasch aufwärts über den Zahlstellenverwalter zum Hauptfeldwebel und später auch mit der Chance, zum Fachoffizier aufzusteigen. Zunächst als S1 Offizier und später als Kompaniechef in München ging ich im September 1989 in den Ruhestand.
Nach dieser AAR begann meine Bootsmannausbildung mit dem Fachlehrgang 2 bei der Marine-Versorgungsschule in List auf Sylt und dem militärischen Teil auf der MUS in Plön. Die Versetzung 1962 zum Zerstörer „Z 2“ und später auf Boot „Hummel“ zum Schulgeschwader Ostsee
Der Zufall wollte es, dass ich 1986 – 26 Jahre später – als aktiver Kompaniechef an einer MOB-Übung in München teilnahm. Dabei meldete sich bei mir als Zugführer und inzwischen fülliger gewordener Feldwebel der Reserve Danninger. Ich erkannte ihn sofort als meinen ehemaligen Refü-
Ich führte eine chinesische Offiziersdelegation, Rundflüge im Hubschrauber vom Typ Bell 1 DU, Empfänge usw. Aus Dankbarkeit heftete mir ein chinesischer Oberst im Beisein des Generals einen roten Stern an meine Uniform, den ich auf Geheiß des Generals am nächsten Tag wieder ablegen musste.
In den fast 20 Jahren meines Landaufenthaltes in München sind mir noch zwei Ereignisse in besonderer Erinnerung. Als Presseoffizier traf ich in Ingolstadt den damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Strauss. Mit ihm saßen wir bis weit nach Mitternacht zusammen bei Brez´n und Bier. Anlässlich des Papstbesuchs nahm ich am Empfang des Papstes in der Münchener Residenz als Angehöriger der Standortkommandantur teil. Von Papst Johannes Paul II. und seinem Begleiter Kardinal Josef Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., wurden wir Offiziere mit Handschlag gegrüßt und bekamen eine Erinnerungsmedaille mit Urkunde verliehen. Seit 1995 lebe ich mit meiner Frau in Freiburg. Zwei Töchter und ein Sohn runden unser Glück ab.
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Hajo Strotkamp
Kleine Rahsegelkunde für Anfänger Teil 3 D i e S e ge l un d d ie Wirkung de s Winde s auf die S egel In diesem Kapitel werden die Segel angesprochen. Das Hauptaugenmerk liegt aber in der physikalischen Abhandlung der Wirkung des Windes auf die Segel und die in ihrer Gesamtheit auf ein Schiff einwirkenden Kräfte. Die Segel Bevor der Kunststoff an Bord Verwendung fand, wurde nur Naturfaser in Form von Flachs Leinen, Hanf oder Baumwolle für die Segel und Manila, Hanf oder Sisal für das Tauwerk verwendet. Flachstuch ist ein dauerhaftes und widerstandsfähiges Material gegen Wind und Wetter und wurde daher oft für das gesamte Segelstell genutzt. Das Segeltuch wird in Breiten von 40 bzw. 61 cm geliefert und ist der Stärke nach in zehn Nummern eingeteilt. Diese Streifen, aus denen die Segel entstanden, heißen Kleider oder Bahnen und wurden noch von Hand mit 7 Stichen auf eine Nadellänge genäht. Die Nahtstellen überlappten sich und mussten folglich erst auf der Vorund anschließend auch noch auf der Rückseite genäht werden.
Lehnigkeit des Tauwerks und des Segeltuchs, das Segel der Zeichnung so anzupassen und zuzuschneiden, dass es im Wind gut steht. Für Segelschiffe sind folgende Segelformen in Gebrauch: Die dreieckigen Stagsegel, die an Stagen als Vorsegel oder zwischen den Masten gefahren werden. Die Rahsegel in Form eines Paralleltrapezes mit nach innen buchtiger Untenseite, der sogenannten Gillung; sie sind mit den sogenannten Soldaten an der Rah befestigt. Die Gaffelsegel haben die Form eines Trapezes und werden an der Achterkante der Masten mit Reihleinen angeschlagen und an den Die Abbildung am Beispiel eines Stagsegels Gaffeln bzw. dem Baum ausgeholt. Auf zeigt von links nach rechts: Zeichnung auf der GORCH FOCK laufen die Lieken an dem Schnürboden, Zugeschnittene Kleider und Gleitern auf einer Rackschiene. Das Besantoppsegel hat die Form eines Dreiecks. fertiges Segel
Die Bahnen laufen bei Stagsegeln parallel zum Achter- und Fußliek, bei Rahsegeln parallel zum Seitenliek. Bei den Besansegeln laufen sie parallel zum Achterliek. An besonders beanspruchten Stellen, wie Kopfliek, Hals-, Kopf- und Schotlappen, im Bereich des Reeflieks und der Gordinge sind Dopplungen aufgebracht. Um der Tuchfläche genügende Festigkeit und Widerstandsfähigkeit zu geben, wird diese mit Tauwerk, dem sogenannten Liek, eingefasst. Zum Setzen, zum Aufgeien und Reffen der Segel sind besondere Taue und Bändsel, sowie Legel, Gatchen, Ringe und Klotchen erforderlich. All diese Dinge mussten an den Lieken, bzw. am oder auf dem Segel angenäht oder eingespleißt werden. Die Anfertigung der Segel erfolgt in der Segelmacherei, nach der im Maßstab 1:1 auf dem Schnürboden aufgebrachten Zeichnung. Die Kunst des Segelmachens besteht darin, unter Berücksichtigung der BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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Aerodynamische Kräfte – Stau (Überdruck) und Sog, Auftrieb (Unterdruck) Wir möchten aber mit unserem Schiff nicht nur vor dem Wind herfahren, sondern auch von Kiel nach z.B. Lissabon kommen. Hier kommt nun die Aerodynamik, die Lehre von der physikalischen Gesetzmäßigkeit der strömenden Luft und von ihr umströmten Körpern ins Spiel, denn die Hauptvortriebswirkung erhält das Segel durch seine aerodynamische Form. Da die physikalischen Grundsätze beim Segel die gleichen sind, wie bei der Tragfläche eines Flugzeuges, wird hier auch vom Auf- bzw. Abtrieb gesprochen. Es ist in den oberen 2/3 am Mast angenäht. Das Schothorn wird in Richtung des Pieks an der oberen Gaffel und mit dem Hals in Richtung der Klau der oberen Gaffel gefahren. Nachfolgend sind die gängigen Segelformen an Bord der GORCH FOCK aufgeführt: Segeltrimm Um mit einem Segelschiff das Höchstmaß an Geschwindigkeit zu erzielen, muss der Segeloffizier genaue Kenntnis und reichlich Erfahrung über das Zusammenspiel von Wind, Wasser und Segel besitzen. Während er auf einem Segelboot über die handgeführten Schoten quasi die Rückmeldung erhält, ob Segel und Wind gut aufeinander abgestimmt sind, muss er sich auf einem Rahsegler auf sein Auge und die Erfahrung verlassen. Windwiderstand Da wäre zum einen der Windwiderstand. Jeder, der schon einmal bei Gegenwind vorwärts kommen wollte, weiß welche Kraft er dem entgegenbringen musste. Folglich macht man sich bei Gegenwind sehr schmal, um den Widerstand gering zu halten. Bei Rückenwind kehrt man dem Wind den Rücken zu und erfährt so einen Vortrieb. Genauso verhält es sich mit einem Segel. Es fängt in seiner Fläche den Wind ein und sorgt durch seinen Windwiderstand für den Vortrieb in Windrichtung. Je größer und bauchiger das Segel nun ist, desto größer ist der Vortrieb.
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Auftrieb ck
rdru
Unte
Überdruck
Auftrieb als Folge aus Über- und Unterdruck Wird dem Wind nun ein Segel in den Weg gestellt, kommt es an der Luv-Seite (luv = voll) zu einem Windstau, also Überdruck, während in Lee (lee = leer) ein Sog, also Unterdruck erzeugt wird. Stau und Sog wirken in die gleiche Richtung. Es entsteht somit ein Vortrieb. Die Segel sind nun so zu trimmen, dass das im Wind stehende Vorliek bei den Stagsegeln, bzw. Seitenliek der Rahsegel so in den Wind gestellt werden, dass beide Seiten des Segels sauber umströmt werden. Wird dies nicht erreicht, können Turbulenzen oder Luftwiderstände entstehen, die zu einem Strömungsabriss führen. Das Segel trägt nicht mehr und es findet kein Vortrieb mehr statt. Strömt der Wind zu weit von vorne in das Segel, beginnt es zu killen oder backzuschlagen.
durchströmen lässt und dadurch ausgeprägteren Stau und Sog in Luv und Lee der Segel entstehen lässt. Der Segeldruckpunkt Der Segeldruckpunkt (SDP) ist der Flächenschwerpunkt der dem Wind zugewandten Segelfläche, an dem sich alle
Am Segeldruckpunkt, dem Flächenschwerpunkt des Segels greifen in Luv die Kräfte an Kräfte, die auf das Segel einwirken, vereinen. Als da sind Windkraft, Auftrieb, Vortrieb und Abdrift. Die Lage dieses Punktes trägt im wesentlichen zur Balance des Schiffes bei. Der Lateraldruckpunkt Ein Faktor, der ebenso für das Fortkommen notwendig ist, ist die Form des Unterwasserschiffes. Eine lange, schlanke und nach vorn spitze Form begünstigt die Fahrt voraus und eine breite großflächige Form wirkt der Abdrift nach beiden Seiten entgegen. Lateralplan nennt man diese Seitenansicht des Unterwasserschiffes. Je größer dieser ist, desto besser wirkt auch die Querkraft (Lateralkraft) der Abdrift entgegen und kann diese nahezu gegen Null bringen. Der Flächenschwerpunkt des Lateralplans wird als Lateraldruckpunkt (LDP) bezeichnet. Auf der GORCH FOCK befindet sich dieser Punkt auf der Mittschiffslinie ca. 2
Auf den LDP wirken Wasserwiderstand und Lateralkraft ein.
Innenklüver Vorstengestagsegel
Düsenbildung zwischen zwei Stagsegeln verstärkt den Auftrieb Setzt man nun mehrere Stagsegel dicht nebeneinander, oder setzt an beiden Masten die Rahsegel, so verstärkt man diesen Effekt durch die entstehende Düsenwirkung, die die Luft schneller zwischen den Segeln
Lateralkraft und Abdrift heben sich fast auf. Der Wasserwiderstand bremst durch seine dem Vortrieb entgegengesetzte Kraft das Schiff, lässt es aber durch den in der Summe größeren Vortrieb voraus fahren. m von der Schiffsglocke nach achtern. Der Wasserwiderstand ist eine weitere Kraft die hier angreift. Sie bremst zwar die
Fahrt durchs Wasser, ist aber in der Summe kleiner als der entgegen gesetzte, hier angreifende Vortrieb. Das Schiff macht Fahrt voraus. Segelbalance und Gierigkeit Bei einer Mittschiffsruderlage hat ein Segelschiff meistens das Bestreben selbständig nach einer Seite zu drehen. Drehung nach Lee bedeutet Leegierigkeit, nach Luv entsprechend Luvgierigkeit.
das Schiff zu gieren beginnt. Eine Luvgierigkeit würde dazu führen, dass das Schiff in den Wind dreht und dadurch abstoppt. Man erzeugt absichtlich eine Leegierigkeit, in dem die Segel von Vorne nach Achtern gesetzt werden da das Schiff so in Fahrt bleibt. Bei Am-Wind-Kursen erleichtert man den dem Rudergänger das Kurshalten, in dem man das Schiff leicht leegierig hält und somit das In-den-Wind-Schießen verhindert. Kurse am Wind Zu Ausnutzung des Winddruckes und des Auftriebs, können auch noch unterschiedliche Kurse zum Wind eingenommen werden.
Die Kräfte an den SDP wirken denen am LDP entgegen. Sind die Kräfte der SDP vor dem LDP gleich derer dahinter, ist das Schiff ausbalanciert. Hier kommt nun die Vorne schon angesprochene Segelbalance zum Tragen. D.h. die Summe der Kräfte an den Segeldruckpunkten (VStS, VT, GStS, GT, BStS und B) bezogen auf den Lateraldruckpunkt als Drehpunkt. Sind vor dem LDP mehr Segel gesetzt, erhöhen sich die Kräfte an den SDPen. Der Auftrieb an den Segeln zieht nach Lee und das Schiff wird leegierig. Sind hinter dem LDP mehr Segel gesetzt, erhöhen sich auch hier die Kräfte an den SDPen. Der Auftrieb an den Segeln zieht hier ebenfalls nach Lee, aber das Schiff dreht um den LDP nach Luv und wird luvgierig. Die Gierigkeit kann der Rudergänger durch Gegenruder aufgeheben. Da aber die Ruderblätter eines Großseglers im Gegensatz zu entsprechenden Motorschiffen die Größe von „Scheunentoren“ besitzen, käme es am Ruderblatt zu enormen Verwirbelungen, die das Schiff ausbremsen würden. Die Kräfte, die hier entstehen, werden quasi 1:1 an das Ruder weitergegeben, da auf den Großseglern keine Hydraulik den Rudergänger unterstütz. Das Ruder wirkt direkt, meist mit Ketten auf das Ruderblatt. Deswegen sollte ein Segler gut ausbalanciert sein. Der Rudergänger wird es danken. Eine 100 %ige Balance ist aber nicht möglich, so dass eine gewisse Gierigkeit immer gegeben ist. Kritisch könnte es beim Segelsetzen werden, da die Balance aufgehoben wird und
Hauptaugenmerk wird hierzu auf den „scheinbaren Wind“ genommen, der an Bord durch den „Flögel“ in der Luvnock angezeigt wird. Mit einem Schalenanemometer lässt er sich zu dem noch messen. Der „wahre Wind“ wird durch die Wetterbedingungen vorgegeben. Macht das Schiff keine Fahrt über Grund, liegt also vor Anker oder im Hafen an der Pier, dann sind „wahrer“ und „scheinbarer Wind“ gleich. Auf Am-WindKursen fällt der scheinbare Wind sehr weit von Vorne, sprich am vorlichsten ein und hat dabei mehr Kraft als der wahre Wind. Fällt der Kurs auf halben Wind ab, so verliert der scheinbare Wind erheblich an Kraft, da er nicht mehr von soweit vorlich kommt. Fällt das Schiff bis auf einen Vor-WindKurs ab, so fallen dann scheinbarer und wahrer Wind aus der gleichen Richtung ein und der scheinbare Wind ist um die Kraft des Fahrtwindes vermindert. Ein Rahsegler kann nur bis zu einer Höhe von ca. 70° zu beiden Seiten, die möglichen Windrichtungen ausnutzen. Es bleibt ein Sektor von ca. 140° der von einem Rahsegler nicht gesegelt werden kann. Je stärker der Seegang, umso weniger hoch am Wind kann der Rahsegler anliegen! Ideal sind ruhige See und frischer
Wind. (z.B. in den dänischen Gewässern.) Für Bb.- und Stbd.-Bug sind nur folgende Kurse möglich: Am Wind: Das Schiff läuft zwar maximale Höhe, dafür aber mit geringer Fahrt. Winkel zwischen Kurs und Wind ist am geringsten. Voll und Bei: Es handelt sich hierbei auch um einen Am-Wind-Kurs, wobei das Schiff aber soweit abgefallen ist, dass es eine höhere Geschwindigkeit läuft. Das Verhältnis Geschwindigkeit zu Höhe am Wind ist hier optimal herausgefahren. Halber Wind: Hier fällt der scheinbare Wind von dwars ein. (nicht der wahre) Raumender Wind: Hiermit ist der Bereich zwischen halbem und achterlichem Wind gemeint. Vor-Wind-Kurs: Wind genau von Achtern. Da der Wind nicht immer aus einer Richtung kommt, nennt sich nach Achtern
Abhängig von Kursen zum Wind ändert sich auch die Geschwindigkeit. Ein Voll und BeiKurs lässt das Schiff am schnellsten und ein Kurs vor dem wind am langsamsten fahren. Im gelben Bereich ist sogar Fahrt über den Achtersteven möglich. drehender Wind: raumender Wind und ein immer weiter von Vorne einfallender Wind: schralender Wind. Bei Am-Wind-Kursen ist schralender Wind ungünstig, da man vom Kurs und BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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Wind abfallen muss. Gleicher Kurs und raumender Wind hingegen wirkt sich günstiger aus, da man Höhe gewinnt. Die Gründe hierfür können unterschiedliche Ursachen haben. Der wahre Wind dreht, oder das Verhältnis von Fahrtwind zu wahrem und scheinbarem Wind hat sich geändert. Stagsegel Die Stagsegel nutzen im Wesentlichen die Auftriebskraft. Sie kommen auf einem Rahsegler ebenso zu Einsatz wie auf jedem anderen Segler/Segelyacht. Der meiste Auftrieb entsteht dabei im unteren Bereich des Vorlieks. Es ist daher wichtig, das Fall soweit dicht zuholen, dass das Liek steif steht und bei der Verteilung des Luftstromes keine Störungen auftreten. Das Segel wird nun so ausgetrimmt, dass zunächst die Schoten soweit gelöst werden, bis das Segel zu killen beginnt. Anschließend werden die Schoten wieder soweit dicht geholt, bis das Liek nicht mehr killt. Alle Segel der jeweiligen Gruppe werden erst einmal nach dem Wind ausgerichtet und dann mit dem Vorlichsten beginnend fein getrimmt, bis der Düseneffekt zwischen den Segeln optimal ist. Die beiden Besan- und das Toppsegel werden wie die Stagsegel getrimmt. Bedingt durch die Führung der unteren, bzw. oberen Lieken an Baum und Gaffel, wird der komplette Besan durch Schoten und Gaffelgeer gemeinsam getrimmt. Der Auftrieb wirkt hier wie bei den Stagsegeln. Da aber diese große Segelfläche soweit achtern vom Lateraldruckpunkt liegt, wird hier bei schlechter Trimmung ein so großes Drehmoment erzeugt, dass die Rudergänger Mühe haben, dieses wieder auszugleichen. Diese große Segelfläche stellt aber gleichzeitig eine enorme Antriebskraft zur Verfügung. Muss zuviel Gegenruder gegeben werden, ist zunächst der Segeltrimm der vorderen Segel zu überprüfen, ehe lose in die Besanschot gegeben wird oder sogar der Besan geborgen werden muss. Sind neben den Stagsegeln auch noch die Rahsegel gesetzt, müssen diese passend zueinander getrimmt werden. Bauart bedingt lässt sich nur bis an die Pardunen brassen, was einem Winkel von etwa 47° entspricht. Das lässt das Schiff schneller segeln als einen Schratsegler. Die Stagsegel müssen dahingehend so getrimmt werden, dass sie offener gefahren werden, weil sie sonst mehr Abdrift als Vortrieb erzeugen. Bei Am-Wind-Kursen fallen die unteren Rahsegel leicht ein, weil sich die Luftströ-
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mung an den Stagsegeln störend darauf auswirkt. Das ist im ersten Moment nicht einleuchtend. Aber der Gewinn an Vortrieb durch die Stagsegel ist größer als der Verlust der nicht optimal getrimmten Rahsegel. Der Segeloffizier muss daher stets ein waches Auge auf die Einflüsse der Segel untereinander haben, um durch einen sauberen Trimm das Bestmögliche an Fahrt herauszuholen. Rahsegel Die Rahsegel stellen in ihrer Gesamtheit ein komplexes Segel dar, welches zum Minimieren der Nachteile und dem Ausnutzen aller Vorteile besonderer Betrachtung bedarf.
Bei allen scheinbaren Winden aus achterlicher als dwars sollten alle Rahsegel gesetzt sein. Wenn nun die Segel im rechten Winkel zum Wind stehen, ist erkenntlich, dass die Kraft (3) aus der Skizze am größten ist und die Kraft (2) gegen Null geht. Es greifen hier allerdings nur noch die Windwiderstandskräfte. Was zur Folge hat, dass die Auftriebskräfte außer Kraft gesetzt werden. Die Stagsegel haben auch nur noch einen geringen Einfluss. Bei Raumschot-Kursen bringen die Rahsegel den einzigen Vortrieb.
Bei Am-Wind-Kursen wirken bei einem Rahsegler die aerodynamischen Einflüsse ähnlich wie bei den Stagsegeln. Das luvseitige Liek wirkt genauso wie das Vorliek der Stagsegel und muss in einem optimalen Winkel zum Wind ausgerichtet werden.
Fächern bedeutet ein von unten nach oben immer weniger hartes Anbrassen.
Bei Winden die dwars bzw. achterlicher als dwars einfallen (1), wirken Teile der Kraft parallel zum Segel (2). Diese Kraft hat keinen Einfluss auf den Vortrieb. Die sich aus (1) und (2) resultierende Kraft (3) wirk senkrecht auf das Segel ein und das Schiff driftet zur Seite ab, da diese Kraft ja nicht nach vorne gerichtet ist. Dieser seitwärts gerichteten Kraft tritt nun die Lateralkraft (5) entgegen und hebt die Abdrift fast vollständig auf. Die nach vorne gerichtete Resultierende (4) erfährt nunmehr keinen nennenswerten Widerstand und treibt das Schiff letztlich an.
Da der wahre Wind an der Wasserlinie langsamer ist, als an der Mastspitze, empfiehlt es sich bei Winden vorlicher als dwars den Topp als Fächer zu brassen. Die Rahen werden nach oben hin weiter aufgebrasst. Dadurch werden alle Segel des Topps optimal angeströmt. Bei leichten Winden ist beim Fächern die über der unteren Nock liegende Nock gerade noch sichtbar. Bei zunehmendem Wind ist entsprechend offener zu fächern. Bei Winden von dwars oder weiter achterlich ist der Fächer zu zu machen. D.h. alle Rahen stehen übereinander.
(A)
Bei dwars zur Windrichtung und Längsachse des Schiffes stehenden Segeln wird die größtmögliche Wirkung auf die Segel erzielt. Der volle Nutzen der nach vorne treibenden Kraft wird nicht erreicht, da sich die Stagsegel in Lee der Rahsegel befinden. Der Windfang kann mit 42 % angegeben werden (1 und 2), selbst wenn der Wind von dwars kommt.
(B) Richtung und Druck sind genauso wie unter (A), wenn der Wind 4 Strich achterliche als dwars kommt. Wobei die Segel nicht mehr im rechten Winkel zur Windrichtung stehen. Die Kraft teilt sich in dwars auf die Segelfläche treffende Aa – CB und die an der Segelfläche entlang streichende AC – aB. Nur die Kraft CB wirkt auf das Schiff ein und wird unterteilt in dwars auf das treffende CD = Abdrift und die vorantreibende DB. Ist die Kraft des Windes AB = 100 % macht die vorwärts gerichtete Kraft DB = 80 % und CD = 36 % aus. (1 – 3) Macht einen Windfang von 80 % , wenn der Wind von dwars kommt. (C) Bei Dwarswinden ist der Windfang gleich 100 %. 52 % der Windkraft treiben in Richtung CD nach Lee und ergeben die Abdrift. 48 % = DB Windkraft treibt nach voraus. (D) Bei 6 Strich am Wind liegendem Schiff macht der Windfang 94 % von dem aus, was er als Dwarswind ausmacht. 36 % = CD wirken als Abdrift, wogegen nur 30 % = DB treibende Kraft nach voraus sind. Abdrift: seitliches Versetzen durch Wind, Strömung Aufgeien: hochziehen, bergen des Segels Backschlagen: Wind schlägt von vorne in das Segel, Segel steht back Bändsel: kurze dünne Leine zum Besetzen, anstecken, festsetzen Dwars: querab Flögel: Windsack, Verklicker Gaffel: schräg nach oben stehende Segelstange Gaffelgeer: dient dem seitlichen Ausholen und Festhalten der Gaffeln Gatchen: mit Takelgarn eingenähter Bändselring zur Verstärkung von Löchern, z. B. für Stagreiter Gording: Hilfstampen beim Aufgeien der Segel, am Liek angeschlagen Killen: Segel steht nicht mehr, es flattert oder schlägt Klau: unterstes Ende der Gaffel am Mast, meist noch gabelförmig um den Mast Klotchen: Pockholz-Ring, z. B. zur Führung von Gordingen auf das Segel genäht Legel: an einem Liektau angespleißtes Auge Lehnig/keit: biegsam, geschmeidig / Biegsamkeit, Geschmeidigkeit Liek: Tampenverstärkung an der Außenkante des Segels Luvnock: dem Wind zugewandte Außenbereich der Brücke Pardune: schräg nach achtern geführte Verstagung zur achteren Mastabstützung Piek: das äußerste Ende der Gaffel Rackschiene: auf Mast, bzw. Gaffel geschweißtes T-Profil zur Führung der Obermars-, der Bram- und Royalrah, sowie unterem und oberem Besansegel Reffen: verkleinern der Segelfläche Reefliek: auf dem Rahsegel angenähter Tampen zum sichern des eingebundenen Reefs an die Rah nach dem Reffen Segelstell: ein kompletter Satz Segel Schalenanemometer: griech. anemaos = Wind, Windmesser Schnürboden: großer Holzfußboden zum Anreißen von Segeln, Spanten und Platten im Maßstab 1:1 Schot: Tampen, mit dem das Segel entsprechend zum Wind gestellt wird Soldaten: Bändsel, mit denen die Rahsegel am Jäckstag angenäht werden Stag: schräg nach vorne stehende Abstützung des Mastes nach Vorlich: von vorne kommend Quellen: Rumpf und Rigg: Torsten Dederichs, Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften: Otto Lueger; Abbildungen: Torsten Dederichs, Handbuch der praktischen Seemannschaft auf traditionellen Segelschiffen: Jens Kusk Jensen. BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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Herbert Böhm
Ta u fe be i Ka iserwet ter Die ALEXANDER VON HUMBOLD II ersetzte ihre über 100 Jahre alte Vorgängerin
Bei der Taufe dabei war auch Manfred Hövener, der vor 25 Jahren den Verein Deutsche Stiftung Sail Training gründete.
Seit Manfred Hövener, Gründer und erster Vorsitzender der Sail Training Association Germany (STAG), in jener denkwürdigen Jahreshauptversammlung im März 1986 die Mehrheit der Anwesenden von seiner Idee überzeugen konnte, ein Feuerschiff zum Windjammer umzubauen, hat sich die maritime Welt erheblich verändert. Nicht nur, dass die Zeit dem 1906 in Bremen gebauten Feuerschiff KIEL erheblich zugesetzt hatte, auch die Anforderungen an Komfort sind seitdem erheblich gestiegen, und die Behörden in aller Welt bestehen unnachgiebig auf ihren extremen
Anforderungen an die Sicherheit. Diese Bedingungen waren auf Dauer mit einem über hundert Jahre alten Rumpf nicht mehr zu erfüllen. Reimer Peters, ein Lotse, erarbeitete zusammen mit erfahrenen Schiffbauern die Pläne für den Neubau. Nachdem die Idee gescheitert war, das neue Schiff in Rostock zu bauen – Vereine wie „Passat Sailing“ und „Rettet die Passat“ hatten sich dafür stark gemacht – lief alles auf einen Bau an der Weser hinaus. Als größtes Problem erwies sich die Finanzierung. Sprangen 1986 noch großzügige Sponsoren wie Egon Harms, die Bremer Sparkasse und die Brauerei Becks ein, um die zum Umbau nötigen 2,2 Mio. DM aufzubringen, waren die 15 Mio € für einen Neubau nur durch die Hilfe vieler aufzubringen. An erster Stelle ist wahrscheinlich die STAG zu nennen, die aus ihren Mitgliedsbeiträgen einen erheblichen Teil für den Bau des neuen Schiffes der gemeinnützigen Deutschen Stiftung Sail Training (DSST) überwies.
warteten nun begierig darauf, den ersten Rahsegler nach 1958 (GORCH FOCK, Blohm& Voss) zu bauen. Die Erwartungen der Auftraggeber wurden nicht enttäuscht, sondern sogar bei Weitem übertroffen. Die neue ALEXANDER VON HUMBOLDT II, die wieder die Segelnummer TS 404 trägt, wurde tatsächlich ein Meisterstück, so dass sich die Werft nun berechtigte Hoffnung auf Folgeaufträge machen darf. In weniger als einem Jahr, Baubeginn 2.
Eine Vielzahl von Spendern brachte bisher knapp 700 000 € auf, zahlreiche weitere Sponsoren und Darlehensgeber sicherten durch große Beiträge die Fertigstellung in den Schiffsbauhallen der alten Bremer Großwerften AG Weser und Vulkan. Nur Eingeweihten war bekannt, dass die Mitarbeiter der Firma Brenn-und Verformtechnik Bremen GmbH außergewöhnlich gute Schiffbauer waren, von denen viele ihr Handwerk auf den alten Bremer und Bremerhavener Werften gelernt hatten. Sie
Vor Tausenden Zuschauern ließ Taufpatin Brigitte Rönner, Mutter des Werftchefs, die Sektflasche am Rumpf zerschellen und wünschte dem Schiff „allzeit gute Fahrt“.
Der neue Windjammer kann mit insgesamt 79 Mitseglern 20 mehr an Bord nehmen als seine Vorgängerin, die legendäre „Alexander von Humboldt“.
D i e A L E X a u f d e r U n t e r w e s e r. F o t o : I r i s S c h m o n s e e s .
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BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
Die beiden HUMBOLDTs in Zahlen: Alexander von Humboldt I
Alexander von Humboldt II
Länge ü.a.:
62,6m
65,0m
Breite:
8,0 m
10,0 m
Tiefgang:
5,2 m
5,0 m
Verdrängung:
800t
1233t
Gross Tonnage:
394t
749BRZ
Segelfläche:
1010m2
1360m2
Masthöhe:
33,9m
32,9m
Antrieb:
452kW (615 PS)
Geschwindigkeit:
12 kn (unter Segeln)
13 kn
Crew:
60
79
Stammcrew:
25
Trainees:
35
Fahrtgebiet:
weltweit (nicht mehr USA)
August 2010, Taufe 24. September 2011, wurde das Schiff fertiggestellt. Erste Törns mit Gästen gibt es seit Oktober 2011. Auch wenn vieles an und unter Deck nach Windjammertradition aussieht, so steckt überall modernste Technik dahinter, sei es bei den „hölzernen“ Handläufen, die mit Edelstahl unterfüttert sind, sei es beim Tauwerk, das nach Hanf aussieht, aber aus extrem fester Kunstfaser besteht. Selbstverständlich verfügen alle Kabinen über Nasszellen, werden die Abwässer in einer eigenen Kläranlage gereinigt, Küchenabfälle in Kühlräumen bis zum nächsten Hafen gelagert usw. Auch die Navigation genügt höchsten Ansprüchen, soll doch das neue Schiff auch in US-amerikanischen Gewässern mit Trainees segeln dürfen und die extremen Forderungen der US-Coast Guard an „Special Purpose Ship“ (PSP) erfüllen. Sollte das Wetter am Tag der Taufe ein Hinweis für das Schicksal des Schiffes sein, so kann eigentlich nichts schief gehen. Strahlender Sonnenschein lag über Bre-
Ein Segeltörn als Teilnehmer einer aufgeschlossenen und hilfsbereiten Crew auf einem Großsegler zählt zu den eindrucksvollsten Erlebnissen.
weltweit (inkl. USA)
merhaven, als zunächst der Repräsentant der weltumspannenden Windjammerorganisation STI die Ehrentafel übergab und wenig später die Gattin des Werfteigners Rönner mit gekonntem Schwung die Sektflasche am Bug des Schiffes zerschellen ließ. Nach der Wintersaison, die traditionell mit Gästetörns in den Gewässern rund um die Kanarischen Inseln ausgefüllt wird, beginnt im Sommer der Ernst der Regattasaison. Nach dem Sieg der alten ALEX in ihrem letzten Rennen erwarten nun natürlich alle mehr als gute Platzierungen in einer der Regatten zwischen St. Malo-Lissabon, Lissabon-Cadiz oder La Coruña-Dublin. In Zukunft allerdings unter weißen Segeln über dem grünen Rumpf, den tradtionellen Farben der Rickmers Reederei; mehr Grün genehmigten die neuen Spnsoren nicht – es hätte zu sehr an das ehemalige „Becks-Schiff“ erinnert. Eigner und Betreiber der ALEXANDER VON HUMBOLDT II ist die Deutsche Stiftung Sail Training (DSST). Die Stiftung hat den Zweck, geeignete Segelschiffe und Landstützpunkte zu beschaffen, zu betreiben und instandzuhalten, um allen interessierten Personen Gelegenheit zu geben, unter fachkundiger Leitung Hochseesegeln im Rahmen traditioneller Seemannschaft zu betreiben. Größer, schneller, weiter so könnte man die neue Bark Alexander von Humboldt II beschreiben, vergleicht man sie mit ihrer berühmten Vorgängerin.
NEUE GORCH-FOCK-DVD
Auf den Spuren des Columbus Der langjährige „Gorch Fock“-Fahrer (1980-1993) und Mitglied der Bordkameradschaft, Joachim Sons hat zu seiner aktiven Zeit schon viele Bord-Videos gedreht. Zurzeit erstellt er sein Meisterstück, eine DVD von den Ausbildungsreisen 93, 94 und 95, die das Schiff und seine Besatzung über den Atlantik in die Karibik und nach USA bringt. Inhaltsangabe: Am 15. April 1992 läuft die „Gorch Fock“ in Kiel zu ihrer 93-94-95 AAR (Auslandsausbildungsreise) aus. Vor ihr liegen 21.747,8 sm. Nehmen Sie Teil an zahlreichen Großseglerparaden und an der Columbus-Regatta. Erleben Sie die unfreiwillige Teilnahme von Schiff und Besatzung am Rand zweier Hurrikans im Atlantik. Kommen Sie mit an Bord und erleben den Bordalltag. Sehen Sie das Stengefieren vor Martinique und genießen die Schönheit der Karibikinsel. Nehmen SieTeil am Landgang in der „Neuen Welt“. Marschieren Sie mit bei der Parade in New York. Jubeln Sie mit bei dem Empfang der Großsegler in Boston. Sie sehen atemberaubend schöne Bilder des Schiffes, der Paraden und des Landganges. Der Film nimmt Sie mit auf eine Zeitreise in das Jahr 1992 und mit um die halbe Welt. Länge: nicht bekannt aber über 60 Min. Geplante Fertigstellung: Anfang 2012, als DVD frühestens ab dem 2. Quartal 2012 Kosten: 15,00 € plus Versandkosten Musik von www.bluevalley.de. Für die Bordkameradschaft soll pro verkauftem Film 2,00 € vom Verkaufspreis gespendet werden.
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Boot und Fun Berlin 2011 vom 18.-27. November
G OR CH FOCK und GREIF : B o r dle be n a us erster Ha n d Besucher der Boot und Fun Berlin konnten mit Mitgliedern der ehemaligen Stammbesatzungen der GORCH FOCK und der GREIF persönlich sprechen und sich mittels eines Simulators an Bord eines Marineschiffes versetzen. Diese Schiffe haben viele Wellen geschlagen. Die GORCH FOCK, das Ausbildungsschiff der Offizieranwärter der Deutschen Marine und die GREIF, auf der die angehenden Offiziere der Volksmarine und der Handelsflotte der DDR ausgebildet wurden. Selten ist die Gelegenheit mit ehemaligen oder noch aktiven Mitgliedern der Besatzungen zu sprechen. Möglich war dies auf der Boot und Fun Berlin. Der Deutsche Marinebund e.V. präsentierte mit seinem Landesverband Berlin-Brandenburg seine Verbandsarbeit. Schwerpunkt war neben der Information über den Dachverband die Darstellung der Jugendarbeit und des deutschen Seesports. Zu den „Maritimen Thementagen“ kamen täglich Vertreter maritimer Verbände und der Marine. Zum Thementag am Freitag hatten sich Abordnungen des deutschen Seesportverbandes und der Kapitän der Schonerbrigg GREIF (ehemals WILHELM PlECK), Wolfgang Fusch ange-
kündigt. Der „Maritime Thementag“ am Sonnabend setzte die Ausbildung auf Rahseglern ins Licht. Die Besucher der Boot und Fun Berlin konnten mit Mitgliedern der Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung SSS GORCH FOCK aus erster Hand erfahren, wie diese die Ausbildung auf dem Segelschulschiff der Deutschen Marine persönlich erlebt haben. Am Sonntag kamen Besatzungsangehörige des Einsatzgruppenversorgers BERLIN auf die Boot und Fun und berichten vom Bordalltag. Nach Angaben des Presse- und Informationsamtes der Marine in Glücksburg, ist geplant, dass die BERLIN Anfang kommenden Jahres Schiffe der Deutschen Marine bei der multinationalen Marinemission der EU „Operation Atalanta“ vor den Küsten am Horn von Afrika logistisch und sanitätsdienstlich versorgen wird. Um „Hochseefischerei Rückblick und Zukunftsaussichten“ ging es beim Thementag am Mittwoch, dem 23. November. Es berichteten ehemalige und aktive Hochseefischer von ihrem harten Job auf küstenfernen Gebieten, wie Reinhard Buchwald und Roland Peter, die auf Garnelen bis Tintenfisch vom Nordmeer bis zum Südpol in den Meeren unterwegs waren.
Trendsportmesse, die vom 25. bis 27. November 2011 im Rahmen der Boot und Fun Berlin stattfand. Der 8.5 Tonnen schwere Simulator der „Blauen Jungs“ in Halle 21war wieder der Publikumsmagnet. 4,5 Minuten dauerte der simulierte Nervenkitzel in dem 9,85 Meter langen Simulator, der sieben Besucher visuell und physisch an Bord einer Fregatte und eines Marinehelikopters versetzte.
Die Deutsche Marine war Aussteller auf der FUN Berlin, der neuen Outdoor- und
Der Zuschauer spürt das sanfte Schaukeln eines Schiffes, hört einen Alarmruf
Die Standbesetzung: Ralf Kulinna, Ulrich Nuoffer, Carsten Bauhammer, Axel Brauer, Jürgen Morgenstern und Hermann Dirkes.
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und verfolgt das schnelle Besteigen eines Hubschraubers an Deck, von dem er nach kurzem Flug über das Meer das Abwinschen eines Arztes auf ein Schnellboot, in Echtzeit simuliert, miterleben kann. Man überfliegt einen Marinestützpunkt und landet wiederum zurück auf dem Hubschrauberlandedeck der Fregatte. Wer davon nicht seekrank geworden ist, kann nach Seemannsart und unter professioneller Anleitung einen eigenen Schlüsselanhänger auf dem Stand der Marine knüpfen. Wer wiederum wissen möchte, wie sich annähernd ein Schiffbrüchiger fühlen könnte, sollte einen Kälteschutzanzug und eine Rettungsweste anprobieren sowie in eine Rettungsinsel klettern, die im Ernstfall für Seebrüchige das Überleben auf See bedeuten. Messebesucher hatten darüber hinaus die Möglichkeit, an einem typischen Arbeitsplatz der Operationszentrale eines Marineschiffes eine Übungssoftware zu testen, mit der Marinesoldaten sämtliche Schiffstypen
auf den Meeren von Bord ihrer Schiffe aus klassifizieren können. Die Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung SSS „Gorch Fock“ erhielt hier erstmalig die Gelegenheit, sich in einem derartigen Rahmen darzustellen.Vielen interessierten Messebesuchern konnten Einblicke in die seemännische Ausbildung auf dem Segelschulschiff vermittelt werden. Darüber hinaus konnten wir die Thementage nutzen, um für das positive Image unseres Schiffes und deren Besatzung sowie für die weitere, traditionelle Verwendung der „Gorch Fock“ als Ausbildungsschiff der Marine zu werben. Unterstützt wurde dies durch eine Fotogalerie, die mit faszinierenden, teils historischen Bildern einen Bogen spannt von der Bauphase und Taufe des Schiffes bis zur Umrundung von Kap Hoorn im Januar 2011. Um diese Fotogalerie realisieren zu können, wurde uns dankenswerterweise Bildmaterial von Blohm & Voss (Thyssen
Krupp Marine Systems), der Deutschen Marine sowie Mitgliedern und Freunden der Bordkameradschaft zur Verfügung gestellt. Die Fotos sind auf Leichtschaumplatten aufgezogen und so für viele Jahre haltbar und können auch für andere Veranstaltungen genutzt oder von Mitgliedern ausgeliehen werden. Mit einem neuen Aufsteller von zwei Metern Höhe wurden viele Besucher auf den Stand aufmerksam gemacht. Die Möglichkeit, per Beamer Filme zu zeigen, haben wir genutzt, um den soeben digitalisierten Video-Film „Abenteuer großer Atlantik“ der uns von KzS von Stackelberg zur Verfügung gestellt wurde, zu zeigen. Diese DVD fand unter Besuchern und den anwesenden Kameraden gleichermaßen großen Anklang und wird demnächst exklusiv für Mitglieder der Bordkameradschaft als DVD zur Verfügung gestellt. Mehr über die Boot und Fun unter: www. bootberlin.com Text: Jenny May, Fotos: Ralf Kulinna, Hermann Dirkes
Der Tag klang nach einer Besichtigungsfahrt des weihnachtlich illuminierten Ku`damms in gemütlicher Runde beim Italiener aus. BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
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Offener Brief der Stammbesatzung Besatzung Segelschulschiff GORCH FOCK Schweriner Straße 17a 24106 Kiel Sehr geehrter Herr Minister, mit diesem Brief möchten wir uns als Stammbesatzung zu den Behauptungen, die in der Presse kursieren, äußern. Des Weiteren soll dieser Brief Ausdruck und Zeichen sein, wie sehr die Stammbesatzung hinter ihrem Kommandanten steht!
Unfall Salvador de Bahia Der Unfall unserer Kameradin in Salvador war für alle ein harter Schlag und nicht leicht zu verarbeiten. Dies hat man sehr deutlich am Zustand der Besatzung feststellen können; vor allem bei den direkt betroffenen Soldaten in der Takelage und an Deck. Daher ist es uns unverständlich, Äußerungen zu hören, welche uns Ausbilder als Menschenschinder bezeichnen. Dies ist ein Schlag ins Gesicht jedes Einzelnen hier an Bord und Rufmord! Dies alles sind Äußerungen von Petenten, die ein grundsätzliches Problem mit der Gorch Fock haben. In Salvador war eine Besatzungsfeier auf der Pier geplant. Diese wurde natürlich abgesagt! Vielmehr hat der Offizierslehrgang am letzten Tag in Salvador für die Besatzung und die Ausbilder ein Bier ausgegeben, um gemeinsam die Geschehnisse zu besprechen und die gute/richtige Reaktion der Schiffsführung auf diesen Unfall zu würdigen. Dies geschah alles im Gedenken an unsere verstorbene Kameradin und war vom Lehrgang gewünscht und initiiert. Das in der Presse veröffentlichte Bild entspricht somit nicht den Tatsachen!
Umgang mit der Situation Die Schiffsführung setzte nach dem Unfall die Enterübungen aus und gestaltete den Dienstbetrieb neu und sinnvoll für alle Beteiligten. Unmittelbar nach dem Unfall suchten die Ausbilder und Vorgesetzten das Gespräch mit dem Lehrgang. Nach den administrativen Erstmaßnahmen wurde ein deutscher Pfarrer aus Salvador benachrichtigt, welcher mit zwei ausgebildeten PEER’s( Sanitätsmeister der Besatzung) die seelsorgerische Betreuung an Bord übernahm. Hier hat die Schiffsführung, unserer Meinung nach, richtig gehandelt und sich fürsorglich um die Besatzung gekümmert. Gerade bei dem Thema „Umgang mit der Unfallsituation“ hörten wir immer nur das Wort „Kadetten“! Wer denkt dabei an die Ausbilder, welche diesen Unfall direkt miterlebt haben und die in der Takelage verbliebenen Kadetten sicher an Deck begleitet haben. Diese Jungs haben in einer extremen Situation hervorragende Arbeit geleistet und die Beherrschung behalten. Der Lehrgang wurde umgehend unter Deck geschickt, um die verunfallte Kameradin nicht sehen zu müssen. Die Stammbesatzung, sprich die Ausbilder, haben an Oberdeck alles Menschenmögliche getan, um der Kameradin zu helfen und sie vor neugierigen Blicken zu schützen.
Kommandoenthebung des Kapitän zur See Schatz Auch ist uns allen mehr als unverständlich, einen Kommandanten, der allseits beliebt ist, gut zu seiner Besatzung war und viele Entbehrungen auf sich und seine Familie genommen hat, um das Schiff gut zu führen, so abzuservieren, wie es hier der Fall war. Warum wurde ein zuverlässiger, loyaler Offizier ohne Untersuchung bzw. Untersuchungsergebnis, so behandelt und bloßgestellt?! Auch fehlte uns der Rückhalt unserer übergeordneten Dienststellen, welche sich zu keiner Zeit vor uns stellten oder sich nach unserem Befinden erkundigt haben. Dies alles vor dem Hintergrund unbestätigter Anschuldigungen, welche eine Gruppe von Petenten (Offiziersanwärter) in Form einer Eingabe an die Öffentlichkeit gebracht hat.
Vorgaben zur Durchführung einer Segelvorausbildung. Der Lehrgangsteilnehmer soll behutsam und unter Aufsicht physisch und psychisch bis an die Grenzen seiner individuellen Belastbarkeit geführt werden, damit er ruhig, sicher und beherrscht handeln kann, wenn er im Einsatz in die Lage höchster Gefahr für das eigene Leben kommt. Der OA erfährt und verinnerlicht die Grundsätze und Ziele der Inneren Führung, den Sinn von Disziplin, Selbstdisziplin und Gehorsam. Dabei kommt es darauf an, dass der OA im Rahmen der Segelvorausbildung, durch die Vermittlung von theoretischen seemännischen Grundkenntnissen und –fertigkeiten sowie durch drillmäßiges Segelexerzieren den Umgang mit Segeln sowie stehendem und laufendem Gut beherrscht und die erforderlichen Sicherheitsaspekte beachtet. Umsetzung an Bord: Die Ausbilder an Deck haben Weisung, bei Erkenntnissen, die eine vorübergehende Einschränkung der Entertauglichkeit nahe legen, die betroffenen Soldaten beim Schiffsarzt vorstellig werden zu lassen. Ein Entern auf allein freiwilliger Basis hat an Bord der Gorch Fock bis zum Unfall am 07.11.2011 nicht stattgefunden. Vielmehr waren alle Kadetten, die die genannten Voraussetzungen erfüllten,
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gehalten, an den Enterübungen teilzunehmen. Soldaten, die sich bei den Enterübungen schwer taten, wurden unter besonderer Aufsicht weiter am Topp ausgebildet, bzw. durch einen Ausbilder individuell am Besanmast ausgebildet und dabei behutsam an das Lehrgangsziel herangeführt.
Richtlinien für das Entern ab dem 11.11.2011 (nach dem Unfall in Salvador de Bahia) Auf Weisung des Kommandanten fanden weitere Enterübungen nur noch auf freiwilliger Basis statt. (Am ersten Tag gingen 20 OA’s von 70 nicht in die Takelage, am zweiten Tag nur noch 14). Wie oben ersichtlich, wurden nach dem Unfall in Salvador einige neue Voraussetzungen festgelegt, um die Sicherheit der Soldaten bei Arbeiten/Ausbildungen in der Takelage zu erhöhen. Auch hier hat die Schiffsführung richtig, und unserer Meinung nach, nicht überzogen reagiert. Die Darstellungen in der Presse sind falsch und extrem verzerrt. Natürlich müssen die Ausbilder gegenüber den Soldaten die Stimme erheben, denn wir bewegen hier einen Großsegler, mit ca. 2000qm Segelfläche im offenen Seeraum. Dieses Segeln findet nicht nur bei angenehmen Wetterverhältnissen statt, sondern auch bei schwerer See mit Windstärken bis zu Bft. 12. Dass ein Befehl beim Segeln für das Schiff und die an Deck befindlichen Soldaten sicherheitsrelevant ist und durch die erhöhten Windgeräusche laut ausgesprochen, bis hin geschrien werden muss, ist nur logisch und im Rahmen der Fürsorgepflicht richtig. Daher muss im Hafen eine hohe Leistungsbereitschaft der Lehrgangsteilnehmer hergestellt werden, um das Schiff im Seebetrieb sicher zu führen. Der Kommandant hat sogar die Pflicht, eine hervorragende Ausbildung zu verlangen, so dass er mit der Besatzung das Schiff sicher bewegen kann und das zum Wohl aller an Bord und anderer Verkehrsteilnehmer. Lehrgangsteilnehmer, die mit dieser Situation nicht zurecht kommen, sollten sich überlegen, ob sie den richtigen Beruf gewählt haben! Denn dieser Ausbildungsabschnitt gehört nun mal zur Offizierbasisausbildung dazu. Vorwürfe wegen sexueller Belästigung Lapidar geäußerte Sprüche von jungen Soldaten wie die in der Presse aufgeführten sind und bleiben schlechte Sprüche unter der Gürtellinie und sind auch nur SPRÜCHE! Zu keiner Zeit wurde hier an Bord ein Soldat von einem anderen angefasst oder gar sexuell belästigt! Natürlich ist die Schiffsführung über die gefallenen Äußerungen nicht erfreut gewesen und hat daher entsprechende Konsequenzen gezogen; nämlich eine Musterung mit deutlichen Worten des Kommandanten an die Soldaten. So etwas wird und wurde hier an Bord nicht toleriert! Der Name GORCH FOCK ist nach diesen Vorfällen nur noch sehr schwer reinzuwaschen. Dies bedauern wir und wie wir denken auch ein Großteil der deutschen Bevölkerung, die immer stolz auf seine „Weiße Lady“ war, zutiefst! Wie viele Empfänge und Reisen wurden mit diesem Schiff durchgeführt. Überall wo es auftauchte, freuten sich die Menschen über das Schiff und unser Land. Natürlich haben sich sehr gerne Politiker jeder Parteizugehörigkeit und übergeordnete Instanzen im Schein des Schiffes gefeiert. Genau die, die uns jetzt fallengelassen haben. Ich hoffe, sehr geehrter Herr Minister zu Guttenberg, Sie verstehen nun auch die Sicht der Stammbesatzung, die immer Ihr Bestes gegeben hat, um sicher und qualitativ hochwertig Kadetten an Bord auszubilden. Wir werden nun in der Presse als schlechte Menschen, ja gar als Unmenschen, dargestellt. Dies macht uns und unseren Familien sehr zu schaffen. Wir, die Stammbesatzung Gorch Fock fühlen uns sehr alleine gelassen hier am Ende der Welt. Hochachtungsvoll
Foto: Besatzung GORCH FOCK
Besatzung Segelschulschiff GORCH FOCK
(Red. Anmerkung: Der offene Brief der Stammbesatzung SSS GORCH FOCK war Anfang 2011 an den damaligen Bundesminister der Verteidigung, Karl Theodor zu Guttenberg gerichtet.)
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Entscheidung ist gefallen
Ko m m anda nt der GO RC H FO C K i st bena nnt
Der neue Kommandant der „Gorch Fock“ will eine moderne und individuelle Ausbildung auf dem Segelschulschiff der Deutschen Marine etablieren. „Der „harte Hund“ als Ausbilder passt ebenso wenig in die moderne Zeit wie der allzu gütige Vorgesetzte“, sagte Kapitän zur See Helge Risch der Nachrichtenagentur dpa in Norfolk in Virginia. „Wir brauchen ein modernes Konzept, mit dem wir auf jeden einzelnen eingehen können. Dabei müssen wir dem jungen Menschen auch den Sinn vermitteln, warum wir das machen. Das ist keine Zauberei. Das ist lediglich harte Arbeit.“ Seit vergangenem Jahr hatte es viele Negativschlagzeilen über die „Gorch Fock“ gegeben: Der Unfalltod einer Offizieranwärterin sowie Berichte über angebliche Schikane und unwürdige Rituale an Bord sorgten für Aufsehen. Kapitän zur See Norbert Schatz war als Kommandant zu-
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nächst suspendiert worden, bis er schließlich „auf eigenem Wunsch“ auf das Amt verzichtete. Sein Nachfolger Risch soll das Kommando am 1. August 2012 übernehmen. Risch betonte, dass er sich eine Marineausbildung ohne Segelschulschiff kaum vorstellen könne: „Nirgendwo sonst können junge Menschen Verantwortung und vor allem Zusammenarbeit und Teamgeist lernen. Die „Gorch Fock“ hat ihren Platz in der modernen Zeit wie sie ihn immer in der Marine hatte.“ Eine moderne Ausbildung sei der Schlüssel für die Zukunft der Marine: „Das ist bei der Bundeswehr nicht anders als in jedem Unternehmen.“ Risch, der 1983 mit 20 Jahren in die Marine eintrat, geht „mit großer Freude, aber auch gehörigem Respekt“ an die Arbeit. „Das Ausbilden junger Soldaten ist eine der herausforderndsten, aber auch schönsten Aufgaben in den ganzen Streitkräften. Man möchte den Menschen ja etwas mitgeben, etwas, was ihnen hoffentlich noch über Jahrzehnte weiterhilft.“ Im Januar werde er in Deutschland viele Gespräche führen und dann ein Ausbildungskonzept erarbeiten. „Ziel ist es, die „Gorch Fock“ wieder in die ruhigen Fahrwasser zu bringen, die sie verdient hat.“
Wenn Helge Risch am 1. August 2012 die »Gorch Fock« übernimmt, treffen zwei alte Bekannte aufeinander. Der zukünftige Kommandant war bereits vor zehn Jahren auf der Bark, damals als Erster Offizier. Risch kennt sowohl die Seefahrt als auch die »Landmarine«. Nach seiner Zeit auf der »Gorch Fock« fuhr er auf der Fregatte »Brandenburg«, ebenfalls als Erster Offizier. Die »Brandenburg« war das Typschiff der damals modernsten Fregattengeneration der Deutschen Marine. Nach seiner Zeit auf See wechselte Risch in den Führungsstab der Marine nach Bonn. Nach der bei der Bundeswehr üblichen zweijährigen »Verwendung« erhielt er das erste eigene Kommando: Im September 2006 übernahm er die Fregatte »Hamburg« – als zweiter Kommandant überhaupt. Die »Hamburg« gehört zur »Sachsen«-Klasse, der neuesten Fregattengeneration der Marine. Leicht fiel ihm der Abschied im Juli 2008 offenbar nicht: »Es war mir eine Ehre, Ihr Kommandant zu sein, und ich werde Sie vermissen«, waren die Abschiedsworte an seine Mannschaft. Nach den knapp zwei Jahren auf See wechselte Risch in das Einsatzführungskommando nach Potsdam. Von hier aus ging er nach Norfolk in Virgina, nicht weit von Washington. Der gewaltige Stützpunkt ist der größte Marinehafen der Nato. Hier arbeitete Risch als Militärattachée und Verbindungsoffizier und bekam auch den vierten Streifen des Kapitäns zur See, das ist der höchste Dienstgrad unterhalb des Admirals.
Fotos: PIZ Marine, Frank Behling.
Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Axel Schimpf, hat die Entscheidung für den neuen Kommandanten des Segelschulschiffes der Deutschen Marine getroffen. Zukünftiger Kommandant der GORCH FOCK wird Kapitän zur See Helge Risch (48). Die Übernahme des Kommandos ist für den 1. August 2012 vorgesehen.
Bonn, 20.12.2011
Tagesbefehl des Inspekteurs der Marine zum Jahreswechsel für die Deutsche Marine geht ein forderndes Jahr mit vielfältigen Aufgaben zu Ende. Ich weiß, dass dieses Jahr für viele von Ihnen persönlich nicht einfach gewesen ist: Die Einsatzbelastung unserer Flotte, lange Abwesenheiten, die Neuausrichtung der Bundeswehr, die Stationierungsentscheidungen, der Übungs- und Grundbetrieb, aber auch die alltäglichen Aufgaben haben Ihnen viel abverlangt. Für Ihre Tatkraft, Ihre Leistungen und Ihr Auftreten danke ich Ihnen herzlich. Dieser Dank gilt ganz ausdrücklich auch Ihren Familien. Wir denken heute ganz besonders an die Kameradinnen und Kameraden, die fernab der Heimat dienen: Fast 800 Angehörige unserer Marine werden Weihnachten und den Jahreswechsel nicht zu Hause verbringen. Sie übernehmen die „Fahrwache“ im Einsatz - an der Küste des Libanon, im Mittelmeer, am Horn von Afrika, auf dem Balkan und in Afghanistan. Durch Ihren couragierten und professionellen Einsatz leisten Sie einen wichtigen Beitrag zum Frieden auf der Welt und zum Schutz Deutschlands. Ihnen, die Sie diese fordernden Belastungen gerade in dieser Zeit übernehmen, gilt mein besonderer Dank. Ich danke auch unseren Reservisten, ohne Sie wäre die Aufgabenerfüllung der Marine nur schwer zu bewältigen. Unsere Gedanken, unsere Erinnerung und auch unsere Trauer gelten allen Kameradinnen und Kameraden unserer Marine und der Bundeswehr, die ihr Leben verloren haben oder körperlichen und seelischen Schaden erfahren mussten. Unser Mitgefühl begleitet ihre Angehörigen. Auch wenn kein Wort das Leid der Familien und Freunde mildern kann, sage ich von Herzen: Wir werden unseren Toten in Respekt ein ehrendes Andenken bewahren. Die Herausforderungen für das kommende Jahr sind groß. Die Einsätze gehen weiter; der Umbau der Marine erfordert doppelte
Anstrengung. Wir sind aber auf dem richtigen Weg. Es gilt die eingeleiteten Reformen umzusetzen, sie zu festigen, und vor allem für diese Verständnis und Vertrauen zu schaffen. Hier sind wir im „Alle-MannsManöver“ gefragt – denn die Zukunft unserer Marine betrifft uns alle. Sie stehen mit mir gemeinsam in der Verantwortung, ich zähle auf Sie. Wir müssen künftig unsere Kräfte konzentrieren. Ich erwarte von allen Vorgesetzten in der Marine truppennahe, vorbildhafte und fürsorgliche Führung. Gestalten Sie aktiv den Übergang, lassen Sie keine Gerüchte aufkommen, informieren und beteiligen Sie rechtzeitig und nehmen Sie sich vor allem die Zeit, mit Ihren Soldaten zu sprechen. Führen Sie von Vorne. Stellen Sie sich Ihrer Verantwortung! Treffen Sie Entscheidungen und stehen Sie für diese ein. Priorität hat auch im kommenden Jahr die Vorbereitung unserer Soldatinnen und Soldaten für den Einsatz. Jeder muss in der Lage sein zu kämpfen. Er muss sich in Einsätzen behaupten, und die Aufträge entschlossen, in vollem Bewusstsein der damit verbundenen Risiken ausführen. Dies gilt für alle Bereiche unserer Marine. Unser Land und unsere Werte mit Willen und Können zu schützen, ist eine wichtige, fordernde aber auch ehrenhafte Aufgabe. Unsere Demokratie lebt davon, dass Men-
schen Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen und vorleben. Wir als Deutsche Marine leisten einen entscheidenden Beitrag für die Sicherheit unseres Landes. Ich freue mich, unseren Auftrag auch im kommenden Jahr gemeinsam mit Ihnen zu erfüllen. Ich wünsche Ihnen allen ein frohes, gesegnetes Weihnachtsfest. Für das Jahr 2012 wünsche ich Ihnen vor allem Gottes Segen, Gesundheit, Erfolg und persönliches Wohlergehen.
Axel Schimpf Vizeadmiral
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(Foto: © 2011 Bundeswehr / Thomas Ströter /PIZ SKB )
Kameraden und Kameradinnen, Angehörige der Marine,
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Zeitungsartikel vom 02.02.2011 aus der Regionalzeitung „Pfälzischer Merkur“ Zweibrücken, geschrieben von einem ganz jungen Redakteur nach einem intensiven Gespräch von ca 1,5 Std. Als Beleg für seine Aussagen stellte Reinhard Franke (Crew X/66) sein Logbuch zur Verfügung.
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BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock
Vorschau auf das Treffen 2012 Liebe Kameraden, ich freue mich ganz besonders, dass ich euch schon jetzt mitteilen kann, dass unser Treffen schon diesem Jahr zum Abschluss der „Kieler Woche“ statt finden wird. Es handelt sich immer um das letzte „volle“ Wochenende im Juni, also wenn Samstag und Sonntag noch in den Juni fallen. In diesem Jahr also vom 22.-24. Juni. Die Planung sieht folgenden Ablauf vor: Freitag: Ankunft und am Abend Seemannsabend mit Mitgliederversammlung. Samstag: Wahlweise ein oder zwei Besichtigungen mit Führung in Kiel oder Teilnahme an der Windjammerparade auf einem Segler (z.B. auf der Kruzenstern). Abends festlicher Bordabend. Sonntag: Abreisetag. Für den Vormittag könnte man bei Interesse ein Programm anbieten, zum Beispiel gemeinsamer Brunch nach Kranzniederlegung am Marineehrenmal Laboe, oder einen Seemannsgottesdienst auf einem Großsegler. Hier bin ich gespannt auf weitere Vorschläge. Die Trennung von Mitgliederversammlung und Bordabend bringt uns den Vorteil, dass wir am Freitag „unter uns“ sind und zum festliche Bordabend auch Gäste einladen können. In wie weit sich in Zukunft „unser“ Schiff einbinden lässt, wenn es denn in Kiel ist, werden wir abwarten müssen. Residenz in Kalifornien Aufgrund der oft höheren Preisstruktur zur „Kieler Woche“ erschien es sinnvoll, in diesem Jahr etwas außerhalb zu wohnen. Auch war mir wichtig, unterschiedliche Preiskategorien zu finden, was natürlich mit unterschiedlichem Anspruch einher geht. In Schönberg-Kalifornien, direkt an der Ostsee und ca 10-15 km von Laboe entfernt, befindet sich in der gleichen Straße ein Naturfreundehaus (96 Betten 17/3, 4/4, 8/2, 5/3, 1/4 Zimmer/Betten) und ein Hotel. Bei beiden Häusern sind alle noch nicht reservierten Betten für uns geblockt. Sicher werden einige Spaß daran haben, vorher anzureisen oder länger zu bleiben. Die Preise werden noch verhandelt, sind aber durchaus moderat: Im Naturfreundehaus ab 34,50 € (bei Vollpension, die wir nicht benötigen), im Hotel Kalifornien 37 Euro bis 40 Euro für Einzelzimmer und 70 Euro bis 90 Euro für ein Doppelzimmer, jeweils mit Frühstück.. Es gibt auch Dreibett- und Familienzimmer. Um Planungssicherheit zu bekommen, bitte ich um verbindliche Anmeldung bis Ende Februar 2012. Internetseite Wer über einen Internetzugang verfügt, sollte sich auf unserer Homepage registrieren und bei der Gruppe „Bordkameradschaft“ anmelden. Hier kann man sich noch schneller informieren. www.gorchfock.de
Die „Kruzenstern“ ex „Padua“.
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