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JAHRESGESPRÄCH MIT OB ALEX MAIER

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„ALS OBERBÜRGERMEISTER IST MAN STÄNDIG IM DIENST“

HALLO ALEX. DU BIST JETZT SEIT EINEM JAHR OBERBÜRGERMEISTER DER STADT GÖPPINGEN. WIE HAT SICH DEIN LEBEN SEITDEM -GANZ PERSÖNLICH- VERÄNDERT?

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Gute Frage…eigentlich wenig. Vielleicht habe ich noch etwas weniger Freizeit als früher. Es war zwar nicht so, dass ich als Abgeordneter nur Däumchen gedreht habe, aber als Oberbürgermeister ist es schon noch etwas anderes. Man ist eigentlich ständig im Dienst und wird natürlich noch einen Tick öfters erkannt und angesprochen, als es zuvor der Fall war.

NERVT ES NICHT AUCH AB UND ZU, WENN MAN STÄNDIG AUF DER STRASSE ZU ALLEN MÖGLICHEN BELANGEN ANGESPROCHEN WIRD?

Selten. Die meisten Leute sind sehr nett und anständig und dann höre ich mir auch alles gerne an. Wenn ich abends mal privat unterwegs bin, dann sage ich es einfach und das wird dann meist auch respektiert. Zu Beginn meiner Amtszeit war es sicher eine Umstellung, als mir manche in den Einkaufswagen geschaut haben, das war ich so nicht gewohnt. Aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und es ist auch ok für mich.

ALS OBERBÜRGERMEISTER WIRST DU AUCH PERMANENT AUF DIE AKTUELLE CORONALAGE ANGESPROCHEN. WIE BEURTEILST DU DIE KOMMUNIKATION DER POLITIK BEZÜGLICH DER SICH STÄNDIG WECHSELNDEN VERORDNUNGEN?

ich merke auch in meiner jetzigen Position, dass es schon schwierig ist, da man auch oft tagesaktuell und schnell reagieren muss auf eine Lage, die man so bisher noch nicht kannte. Aber mittlerweile ist es zwei Jahre her, als der erste Corona-Fall in China aufgetreten ist. Und dass man jetzt immer noch auf dem Level ist, dass man jedes Mal wieder von vorne anfängt nachzudenken, das stört mich. Die Lernkurve ist mir viel zu fl ach. Dass die Situation jetzt wieder so ist, wie sie ist, darauf haben alle Experten bereits im Sommer 2021 hingewiesen. Man hätte einen Plan in der Schublade haben müssen. Es kann nicht sein, dass man freitags kurzfristig Verordnungen erlässt, sie samstags gleich abändert und sonntags gleich nochmals revidiert. Das versteht niemand mehr und das ärgert mich. Zumal wir als Kommune diese Verordnungen umsetzen müssen und auch als erste die Prügel dafür einstecken müssen.

DIE SITUATION IST NUN SO, WIE SIE IST. SPEZIELL FÜR EINZELHANDEL UND GASTRONOMIE IST DIE SITUATION WIEDER VERHEEREND. WAS KANN DIE STADT GÖPPINGEN KONKRET TUN, UM HIER ZU HELFEN?

Wir haben hier leider nur begrenzte Möglichkeiten. Im Rahmen unserer Möglichkeiten liegen Dinge wie Gutscheinaktionen für den Einzelhandel oder Sondernutzungsrechte für die Gastronomie. Dort tun wir auch, was wir können. Aber dies reicht natürlich bei weitem nicht aus, um den betroff enen Branchen zu helfen, dazu haben wir Kommunen schlicht nicht die fi nanziellen Mittel. Hier sind Bund und Länder gefragt und diese müssen dringend handeln.

JAHRESGESPRÄCH

TEXT: Lars Tielesch FOTO: Heiko Herrmann

TRADITIONELL FÜHREN WIR ENDE JEDEN JAHRES EIN GESPRÄCH MIT DEM AMTIERENDEN OBERBÜRGERMEISTER DER STADT GÖPPINGEN. HIERZU TRAFEN WIR ALEX MAIER MITTE DEZEMBER IN SEINEM AMTSZIMMER UND AUF DEM TURM DES RATHAUSES.

„DIE CORONA-KOMMUNIKATION DER LANDESREGIERUNG ÄRGERT MICH“

DU BIST VOR ZWEI JAHREN MIT DEM WAHLVERSPRECHEN ANGETRETEN MEHR BÜRGERBETEILIGUNG ZU ERMÖGLICHEN. WAS KONNTEST DU BISHER VON DIESEM VERSPRECHEN UMSETZEN?

Durch die Pandemie war vieles sicher nicht so einfach, wie ich mir das eigentlich vorgestellt habe. Klassische Bürgerforen mit Präsenz vor Ort waren natürlich nur sehr eingeschränkt möglich. Dennoch konnten wir einige davon durchführen. So waren wir im Sommer in allen Ortsteilen und haben uns die Nöte und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger anhören und oft auch direkt reagieren können. Aber wir konnten auch Online-Formate umsetzen, wie zum Beispiel die Nachbarschaftsgespräche in Ursenwang. Einmal im Monat habe ich zudem meine Bürgersprechstunde per Telefon in der man mich direkt anrufen kann. Mit dem Format „Frag Alex“ haben wir jetzt auch ein Online-Angebot für die Social Media Kanäle, in dem man mir direkt Fragen stellen kann und die ich auch sehr gerne beantworte. Aber natürlich freue ich mich jetzt schon darauf, all das hoff entlich bald wieder live zu erleben und ohne Maske mit allen sprechen zu können.

EINE AUTOFREIE INNENSTADT IST AUCH EINES DEINER ANLIEGEN?

selbstverständlich eine Mehrheit im Gemeinderat, um dies umzusetzen. So etwas geht auch nicht von heute auf morgen. Für eine autofreie Innenstadt brauchen wir einen breit angelegten Beteiligungsprozess. Wir müssen mit dem Einzelhandel und den Anwohnerinnen und Anwohnern reden und natürlich bedarf es auch eines Angebots wie die Menschen in die Stadt kommen können. Im öff entlichen Personennahverkehr gibt es hier noch einiges zu verbessern, speziell was die Taktung und Erreichbarkeit angeht. Wir haben hierzu ein Gutachten in Auftrag gegeben und werden uns in 2022 auch mit dem Landkreis zusammensetzen, damit diese Ergebnisse in die Nahverkehrsplanung einfl ießen. Erstes Ziel muss sein, dass die Leute überhaupt erstmal die Möglichkeit haben, leicht und bequem mit dem ÖPNV in die Stadt zu kommen und ihr Auto stehen lassen können. Ebenso gehört auch ein Gesamtkonzept dazu, welches auch die Fußgänger, Menschen mit Behinderung und Radfahrer mit einschließt. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, dann bin ich überzeugt davon, dass sich die guten Argumente durchsetzen und sich auch Mehrheiten für eine autofreie Innenstadt fi nden. Ein Ziel eint uns ja alle: eine attraktive Innenstadt.

Zudem ist jede Reduzierung des Individualverkehrs natürlich auch gut fürs Klima, was ich sehr wichtig fi nde. Mein Ziel bleibt ganz klar ein klimaneutrales Göppingen bis 2035!

„MEIN ZIEL BLEIBT GANZ KLAR EIN KLIMANEUTRALES GÖPPINGEN BIS 2035“

MIT DEM BÖHRINGER-AREAL IST GÖPPINGEN IM BESITZ EINER SEHR GROSSEN, AKTUELL FAST BRACHLIEGENDEN FLÄCHE. DIES WIRD WOHL IN DEN NÄCHSTEN JAHREN DAS GRÖSSTE STÄDTEBAULICHE PROJEKT?

Ja, das ist richtig. So eine Fläche hat keine Stadt in Süddeutschland und darin liegt auch eine Riesenchance. Wir können quasi einen kompletten Stadtteil völlig neu gestalten und zukunftssicher machen. Wir können hier ein richtiges Innovationszentrum schaff en. Dazu gehören nicht nur Büros, Werkstätten, Produktion oder Labore, dazu gehört auch Gastronomie, Nachtleben und Kultur. Mir schwebt ein Stadtteil vor, in dem es attraktiv ist, zu arbeiten und seine Zeit zu verbringen. In dem sich StartUps ebenso wohlfühlen wie eingesessene Unternehmen und der Strahlkraft hat, über die Stadtgrenzen hinaus. Bei dem man nicht sagt „da muss ich jetzt hin, weil nichts anderes frei ist“, sondern weil man sagt „da will ich hin, weil es dort toll ist, weil da was entsteht“. Junge Leute sollen motiviert werden, hier ihre Ideen umzusetzen, in Göppingen zu bleiben und nicht irgendwo anders hinzugehen. Das ist das Ziel.

EIN HEISSES EISEN WAR IN DEN LETZTEN JAHREN IMMER WIEDER DIE FRAGE NACH WOHNRAUM. GÖPPINGEN IST IM EINZUGSGEBIET VON STUTTGART UND FÜR JUNGE FAMILIEN INTERESSANT. WOHNRAUM IST KNAPP.

Wir sind gerade dran eine Wohnraumstrategie zu entwickeln. Wie ist der Bedarf, welche Möglichkeiten haben wir? Und damit meine ich nicht zuerst neue Flächen auf der grünen Wiese sondern zuallererst in der Innenentwicklung. Wo sind versiegelte Flächen, wo sind Lücken, die wir füllen können, was kann man sanieren oder neu bauen? Als Beispiel nenne ich hier mal den Freihof in Faurndau. Das war schon länger in Planung, also nichts, was ich mir selbst auf die Fahnen schreiben möchte. Hier gab es einen Wettbewerb und diese Fläche wird nun qualitätsvoll entwickelt. Es werden nicht nur graue Klötze hingestellt sondern es wird hier so nachverdichtet, dass es den Charakter des Ortes nicht durchbricht und sich harmonisch einfügt. Sehr wichtig ist für mich hierbei auch, dass wir klima-positiv bauen. So stelle ich mir die Schaff ung neuen Wohnraums auch in anderen Ortsteilen vor.

ALEX, ZUM ENDE UNSERES GESPRÄCHES: WAS WÜNSCHT DU DIR, UNABHÄNGIG VON CORONA, FÜR DAS JAHR 2022 FÜR GÖPPINGEN?

Unabhängig von Corona lässt sich das aktuell kaum sagen. Der wichtigste Wunsch, den ich habe ist, dass dieser Mist endlich vorbei, wir wieder richtig arbeiten und vor allem auch wieder normal leben können! Von Corona losgelöst wünsche ich mir, dass unsere Bürgerinnen und Bürger erkennen, was für eine tolle Stadt das hier ist und

ALEX, ZEHN STICHWÖRTER MIT DER BITTE, MIT EINEM SATZ ZU ANTWORTEN:

DIE NEUE BUNDESREGIERUNG ... Ein spannendes Projekt und ich hoff e, dass sie gut arbeitet.

JOE BIDEN ... Lange nichts von ihm gehört. Was für eine Wohltat im Vergleich zu seinem Vorgänger.

KARL LAUTERBACH ... Kann jetzt mal beweisen, dass er nicht nur die richtigen Prognosen, sondern auch die richtigen Maßnahmen ergreifen kann.

ALLGEMEINE IMPFPFLICHT ... Es bleibt uns wohl leider nichts anderes übrig, weil sich einige immer noch weigern an Wissenschaft und Vernunft zu glauben.

GUIDO TILL ... Ihm wünsche ich, dass es ihm gut geht.

ALMUT COBET ... Sie ist eine großartige Erste Bürgermeisterin und ich freue mich sehr, mit ihr arbeiten zu dürfen.

BORIS PALMER ... Ich habe wichtigeres zu tun, als mich mit Boris Palmer zu befassen.

GENDERN ... Finde ich wichtig, weil Sprache einen Einfl uss darauf hat, was wir denken, was wir tun und wie wir handeln.

FRISCH AUF! GÖPPINGEN... Steht gerade gut da und ich hoff e, dass es so weitergeht.

WIE SPIELT DER VFB STUTTGART HEUTE

ABEND GEGEN DEN FC BAYERN? ... Obwohl ich VfB-Fan bin, befürchte ich, es geht 2:3 aus (Anmerkung der Redaktion: wir führten dieses Interview am 14.12.2021. Der VfB verlor 0:5). welches Potential wir hier haben. Und das führt dann hoff entlich auch dazu, dass sie sich bei den Projekten, die wir vorhaben, beteiligen und auch mitmachen. Das würde ich mir sehr wünschen.

LETZTE FRAGE: WAS IST DAS FÜR EIN GLOBUS IN DER ECKE DEINES AMTSZIMMERS?

Das ist ein Geschenk von meinem Vater und meinen Brüdern zu meinem 30. Geburtstag und es ist eine kleine Whiskey-Bar darin. Ich bin passionierter Whiskey-Genießer und ab und zu gönne ich mir -selbstverständlich nach Feierabend- einen.

NACH DIESEM GESPRÄCH HAST DU FÜR HEUTE FEIERABEND. BEKOMMEN WIR AUCH EINEN?

Klar. Einer geht!

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