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JAN BRAND: SKISCHULLEITER ZWISCHEN BERG UND HIGH SOCIETY

An der Promenade 63 in Gstaad befindet sich die Swiss Ski School. Hier geht nicht nur Jan Brand, seines Zeichens Skischulleiter, ein und aus, sondern auch ein breites Spektrum an Kundschaft. Diese reicht vom Gstaader Bergler bis zum Weltstar. Nach einer notfallmässigen Übernahme der Leitungsfunktion kurz vor Weihnachten 2009 ist Jan heute in seiner 10. Wintersaison. Topmotiviert, auch diesen Winter jedem Gast ein unvergessliches Pistenerlebnis zu verschaffen, versucht er das beste Matching zwischen Skischüler und Skilehrer zu treffen.

Kurz vor Weihnachten 2009, schon fast am Ende der Vorbereitungen für die anstehende Hauptsaison, musste Jan Brand die Skischule Gstaad notfallmässig von seinem Vorgänger übernehmen. Damals noch hauptberuflich tätig als Zimmermann, wurde er sprichwörtlich ins kalte Wasser geworfen. Nur ein paar Tage Zeit blieben ihm, sich und sein Team so aufzustellen, dass sie der weihnachtlichen Gästeschar gewachsen waren. Improvisation ist glücklicherweise für einen erfahrenen Skilehrer und Rennfahrer wie Jan Brand kein Fremdwort. Zudem hat er mittlerweile diverse Weiterbildungen absolviert, es gibt daher nicht mehr vieles, das ihn aus der Ruhe bringt. „Eine spezielle Herausforderung für mich als Ehemann und Familienvater ist allerdings die ungleiche Auslastung über das Jahr. In den Wintermonaten arbeite ich 200%, bin deshalb praktisch nie zuhause anzutreffen. Im Sommer nehme ich mir dafür konsequent einen Monat frei und fahre mit meiner Familie weg.“

In seiner zehnten Saison als Skischulleiter steht Jan nur noch selten auf den Skis. «Zeit, Skischüler und Skischülerinnen zu unterrichten, bleibt mir kaum. Auf der Piste bin ich meist mit Journalisten oder einem meiner neusten Angestellten unterwegs. Letztere versuche ich so rasch als möglich persönlich kennenzulernen, nachdem die Bewerbungen oft via E-Mail und Skype laufen, der persönliche Kontakt also zu kurz kommt. Damit ich meine bis zu 120 Skilehrer/-innen mit Namen kenne, weiss, wer welche Sprache spricht oder welches Niveau unterrichten kann, investiere ich viel Zeit. Nur so kann ich sicherstellen, dass jedem Gast genau derjenige Lehrer zugeteilt wird, der zu ihm passt. Dabei geht es nicht nur um das skifahrerische Können, sondern insbesondere um Sozialkompetenz. Unterstützt werden wir dabei durch ein smartes Buchungssystem. Allerdings können dort nur die Hard Facts erfasst und gematcht werden, nicht jedoch die Soft Skills. Umso wichtiger ist die langjährige Erfahrung in der persönlichen Kombination von Gast und Lehrer/-in. » Genau diese Erfahrung ist es, die die Gstaader Skischule so einzigartig macht. Gäste aus dem allerhöchsten Segment (von diesen gibt es in Gstaad überdurchschnittlich viele) sind nur mit allerhöchster Qualität zufrieden, und höchste Qualität ist stets das Ziel von Jan. Seine SkilehrerInnen sind vielseitig begabt: Sprachkenntnisse in Deutsch, Englisch und Französisch sind Voraussetzung, für Gäste aus anderssprachigen Ländern werden Skilehrer mit Russisch- oder Arabischkenntnissen angestellt. „Sprachkenntnisse allein reichen natürlich nicht aus. SkilehrerInnen müssen mit jedem Typ Mensch umgehen können, vom Kleinkind zum Greis, vom Scheich zum Gstaader Landwirt, vom Einzelgänger zum Partylöwen. Von den 120 Skilehrern, die in der Hochsaison auf den Gstaader Pisten unterwegs sind, stammen ungefähr zwei Drittel aus der Schweiz. Deren Gäste kommen vor allem aus den Golfstaaten, der Genferseeregion, aber auch aus England oder Frankreich.“

Wie geht man in Gstaad mit dieser hohen Dichte an Berühmtheiten um? «Die Skilehrer (meist „Bergler“) wollen nicht wissen, was ihre Gäste im „richtigen“ Leben sind oder machen. Ich sage immer, dass die Bauern hier oben auch wegen Madonna oder Justin Timberlake nicht vom Traktor springen.» Was macht den Job denn so speziell? In Jans Augen ist dies der ständige Kontrast. «Stell dir folgende Szene vor: Am Schalter 1 steht eine Gstaader Mutter, deren Kind für CHF 90 an unserer „Einheimischen-Woche“ teilgenommen hat, davon jedoch einen Tag krankheitsbedingt ausfiel. Die Mutter erkundigt sich besorgt, ob sie die CHF 15 für den verpassten Tag zurückbekommen könne. Am Schalter 2 steht der Butler eines superreichen Moguls, der für jedes der 7 Familienmitglieder je einen Skilehrer für 14 Tage bucht. Kostenpunkt inklusive Heliskiing, Hundeschlittenfahren etc.: 20‘000 Schweizer Franken. Mit solchen Situationen müssen unsere Mitarbeitenden elegant umgehen können.»

Muss sich ein Skilehrer/-in eigentlich von Gästen aus diesem Segment alles gefallen lassen? «Nein, es gibt deutliche Grenzen, die von keinem Gast, und sei er noch so reich und berühmt, überschritten werden dürfen: Respektlosigkeit oder Vulgarität haben bei uns keinen Platz.»

Und was ist die skurrilste Geschichte des Skischulleiters? Er lacht: «Eiskalt war es draussen, minus 25 Grad, auf dem Programm stand Skiunterricht mit einer Gruppe kleiner Kinder, alle ungefähr gleich gross. Wegen der Kälte trugen alle KinderSkimasken unter ihren Helmen, ich konnte ihre Gesichter also nicht sehen, sondern sie nur anhand ihrer verschiedener Helme unterscheiden. Gegen Mittag führte ich die Gruppe wie üblich ins warme Bergrestaurant, aber ich selber musste zuerst einige Dinge erledigen. Wieder zurück im Restaurant, stellte ich mit Schrecken fest, dass ich keine Ahnung hatte, welche der vielen Kinderskigruppen meine war, denn nun sassen alle ohne ihre Helme am Tisch. Zum Glück winkte mir «meine» Gruppe zu, so dass niemand meine kurzzeitige Unsicherheit bemerkte.»

Zum Schluss Jans Tipp für den Umgang mit verschiedenen Gästen: «Überleg niemals, ob etwas normal ist oder nicht, denn «normal» ist für jeden Menschen etwas komplett anderes.» − MR

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