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Urbaner Lifestyle in den Bergen
from ART OF SNOW 2020
Engelberg – ein Klassiker für jeden Touristen, der in die Schweiz kommt. Meist klassisch und ein wenig verstaubt auch die Hotellerie. Und dann – trifft einen im positiven Sinne fast der Schlag, wenn man das Hotel Bellevue-Terminus betritt. Von aussen kommt es ganz unscheinbar in der klassischen Belle Époque-Fassade daher. Einige Stufen den Eingang hoch und man bleibt perplex stehen.
Modern, frech, witzig, ein wenig shabby chic, verspielt statt imposant. Grosse farbige Tapeten wechseln sich ab mit modernen Möbeln. Nur der alte Parkettboden spiegelt sich noch in den hohen Belle Époque-Fenstern, welche die Halle regelrecht mit Licht fluten. Ein Raum zum Atmen, der gute Laune macht. Wir sind angekommen – im modernen Engelberg.
Designkonzept: Rough Style
Hier ein großer Kronleuchter, dort eine Marmorsäule, Stuckaturen. Meterhohe Decken geben ein Gefühl von Freiheit; die Wände sind bewusst unverputzt, alles wirkt „raw“ und urban – ein Gefühl von London, inmitten der Alpen. Der eklektische Einrichtungsstil hat etwas Behagliches; man fühlt sich sofort wohl. Man kann auch sagen: Man spürt die Seele des Ortes. Der Makel wird nicht nur akzeptiert, sondern inszeniert. Es ist das, was der Wiener Psychiater und Begründer der Logotherapie Viktor Frankl als „Mut zur Vollkommenheit“ bezeichnet hat. Die Lobby im ersten Stock des Hauses ist nun beliebter Treffpunkt mit Essbereich und Lounge. Es gibt eine tiefe, lauschige Couchecke, in der man gemütlich plaudern, seinen Gedanken nachgehen oder das Draußen vor den großen Fenstern betrachten kann. Die Couch ist eines der Einrichtungsstücke der Marke Bullfrog, von denen es hier so einige gibt. In den Zimmern ist es vor allem das Bett, das die Blicke auf sich zieht. „Das Bett haben wir eigens für das Hotel entwickelt“, erzählt Kurt Beier. Es ist eine schwebend wirkende, ultramoderne Konstruktion. Das Besondere daran ist, dass es sich in ein paar Handgriffen vom Doppelbett in zwei Einzelbetten verwandeln lässt, inklusive Holzablage in der Mitte und auf beiden Seiten. Passend dazu wurde eine praktische Kofferbank entworfen, wie sie eigentlich in keinem Hotelzimmer fehlen sollte. „An der Entwicklung des Bettes haben wir ein halbes Jahr gearbeitet. Es war eine Herausforderung, aber wir beschäftigen uns gern mit Dingen, die es vorher noch nicht gab,“ so Designerin Kati Quinger.
Anspielungen auf die Belle Époque
Um nicht wie ein futuristischer Fremdkörper zwischen den alten Mauern zu wirken und weil gutes Design immer den Kontext miteinbezieht, spiegelt sich das Thema Jahrhundertwende in den Materialien und Farben wider. „Die Kopfteile sind, als Anspielung auf die Belle Époque, aus Velours-Samt und mit Knopfreihen versehen.“ Drei Farbwelten gibt es im Hotel: dunkelblau-petrol-grün, dunkelgrün-blau-senf und pink-rot-orange. Auch Schaukelsessel von Bullfrog stehen in einigen Zimmern, „den können Sie drehen und schaukeln ohne dass man es von außen sieht.“ Hochlehnig ist er, kompakt, ganz anders als ein konventioneller Schaukelstuhl.
Design als „Vorfühler“
Wenn man sich die Möbel ansieht, bekommt man das Gefühl, dass sie ihrer Zeit einen Schritt voraus sind – so wie die Fassade des Hotels im Gegenzug Vergangenheit zur Schau trägt. Das ist dem Designverständnis von Kurt Beier und Kati Quinger zu verschulden, denn: „Letzten Endes ist Design ein Vorfühler“, wie Kurt Beier sagt. Es nimmt Bedürfnisse vorweg, von denen die Menschen noch gar nicht wissen, dass sie sie haben. Darum beschäftigt sich sein Designstudio gerne mit Dingen, die es noch nicht gibt. Und das geht am besten, wenn man den Luxus hat, Zeit zu investieren. „Der schönste Moment im Designprozess ist, wenn du ein Ding baust, und nach sechs Wochen setzt du dich hin, trinkst einen Kaffee und es gefällt dir immer noch,“ so der Designer. − MM/DC
WWW.BELLEVUE-TERMINUS.CH
HOTEL BELLEVUE-TERMINUS | 6390 ENGELBERG | SWITZERLAND
WWW.BULLFROG-DESIGN.DE
KATI QUINGER & KURT BEIER | 96247 MICHELAU | GERMANY